Zwischen Liebe und Loyalität von Traumschreiberin (Robin Hood (BBC)) ================================================================================ Kapitel 1: Zwischen Liebe und Loyalität --------------------------------------- .o°O°o. _____________________________ .o°O°o..O.o° °o.O¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯ O.o° °o.O. Between Love and Loyalty One Shot für Lady Olesia (Guy/OC) Autor: Lady Gisborne P16 Inhalt: Seit ihre Eltern die Grafschaft verlassen haben, lebt Amelie bei den Outlaws im Sherwood Forest und unterstützt sie bei der Versorgung der Armen – bis eine unerwartete Begegnung ihr Leben auf den Kopf stellt… Disclaimer: Alle bekannten Charaktere und Orte in dieser Geschichte gehören der BBC bzw. Tigeraspect und der Inhalt ist frei erfunden. Ich verdiene mit dieser Story kein Geld, sondern schreibe nur aus Spaß an der Freude. Anmerkung: Bei dieser Geschichte handelt es sich um einen One Shot, den ich schon vor einiger Zeit für Lady Olesia geschrieben und in meiner Sammlung Stories for you veröffentlicht hatte. Die Idee zu Ava, dem OC dieser Geschichte, stammt ebenfalls von ihr. Nach reiflicher Überlegung hatte ich mich schweren Herzens entschieden, meine Geschichtensammlung zu löschen und die bereits veröffentlichten One Shots als einzelne, in sich abgeschlossene Geschichten zu veröffentlichen. Die erhaltenen Prompts, die bislang noch nicht veröffentlicht werden, werde ich trotzdem auf jeden Fall weiterschreiben und zu gegebener Zeit veröffentlichen. Natürlich nehme ich auch weiterhin gerne eure OS-Wünsche entgegen! :D Hier noch ein paar Informationen über den OC: Name: Amelie Alter: 24 Jahre Aussehen: hellbraunes Haar, blaue Augen Stärken: ruhig, geduldig, ist nicht leicht aus der Ruhe zu bringen, bemüht sich, ihre Ängste nicht zu zeigen Schwächen: etwas leichtgläubig, wenn sie einmal die Geduld verliert, sollte man sie nicht noch mehr reizen .o°O°o. _____________________________ .o°O°o..O.o° °o.O¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯ O.o° °o.O. Mit einem erleichterten Lächeln verließ Amelie das karge, ärmlich eingerichtete Haus und trat hinaus auf die sonnenbeschienene Straße. Einen Moment blieb sie mit geschlossenen Augen stehen und atmete befreit durch. Nach einem langen und harten Winter war nun endlich der erste Hauch des Frühlings zu spüren und die frische Luft war für die junge Frau eine Wohltat, denn der Behausung, die sie gerade verlassen hatte, war es dunkel und stickig gewesen. Eine Weile blieb sie einfach vor der Tür stehen und genoss die Wärme der Sonne, bevor sie ihre Augen wieder öffnete und sich suchend umschaute. Wo mochten Robin und die anderen sein? In den frühen Morgenstunden war Amelie mit den Outlaws nach Nottingham gekommen, um die notleidenden Familien mit Nahrungsmitteln zu versorgen. Seit sie sich Robins Gang vor einigen Wochen angeschlossen hatte, war sie die meiste Zeit im Camp geblieben und hatte ihre Freunde nur gelegentlich in die umliegenden Dörfer begleitet, um ihnen bei der Versorgung der dort lebenden Bauern behilflich zu sein. Oft hatte Much ihr Gesellschaft geleistet, wenn sie im Camp zurückgeblieben war, während die anderen ihre Streifzüge unternahmen. Gemeinsam sorgten sie dort für Ordnung und bereiteten die Mahlzeiten zu. Unwillkürlich musste die junge Frau lächeln, als sie an Robins ehemaligen Diener dachte. Mit Much hatte sie sich vom ersten Tag an am besten verstanden und inzwischen war er ihr bester Freund geworden. Trotz seiner Gesellschaft hatte Amelie sich im Camp jedoch mehr und gefühlt, wie ein Tier in der Falle und sich danach gesehnt, frei umherstreifen zu können.  Doch Robin hatte sich zunächst heftig dagegen gesträubt, sie mitzunehmen und Amelie hatte ihn lange bitten müssen, bis er ihr schließlich erlaubte, mit in die Dörfer zu kommen, wo es weitaus weniger gefährlich war, als in der Stadt. Anfangs hatte er daran gezweifelt, die richtige Entscheidung getroffen zu haben, aber die junge Frau hatte ihn bald vom Gegenteil überzeugt, sodass er ihr an diesem Morgen zum ersten Mal erlaubt hatte, die Outlaws nach Nottingham zu begleiten. Für die junge Frau war die Entscheidung ihres Anführers ein Beweis für das Vertrauen, das er in sie setzte und sie war fest entschlossen, ihn nicht zu enttäuschen. Aber wo waren Robin und die anderen nur? Amelie hatte sich auf dem Marktplatz von ihren Freunden getrennt, um die Einwohner der Stadt zu versorgen, die in unmittelbarer Nähe der Burg wohnten. Da niemand in Nottingham wusste, dass sie zu den Outlaws gehörte, konnte sie sich der Burg gefahrlos nähern, ohne befürchten zu müssen, von den Wachen auch nur bemerkt zu werden. Auch ihren Anhänger, an dem sie als Mitglied von Robin Hoods Gang erkannt werden konnte, trug Amelie zur Vorsicht unter ihrer Kleidung versteckt. So blieb er zwar vor unerwünschten Blicken verborgen, doch sie konnte sich, wenn es nötig war, jederzeit zu erkennen geben. Wie sich im Laufe des Tages gezeigt hatte, war dies eine kluge Entscheidung gewesen, denn viele Menschen waren ihr, da sie längst nicht so bekannt wie die anderen Outlaws war, zunächst mit Misstrauen begegnet. Manche hatten sie sogar für eine Spionin des Sheriffs gehalten und Amelie konnte es ihnen nicht einmal verdenken, dass sie Angst hatten, in den Kerker geworfen zu werden. Doch wer immer den Anhänger der jungen Frau sah, war von der Wahrheit ihrer Worte überzeugt und hatte ihre Hilfe dankbar angenommen. Wenn sie an die aufrichtige Dankbarkeit dachte, die sie in den Blicken dieser Menschen gesehen hatte, spürte Amelie eine tiefe Wärme in sich aufsteigen. Es war ein gutes Gefühl, wenigstens einen kleinen Teil dazu beitragen zu können, die Härte und Ungerechtigkeit in dieser Grafschaft zu lindern. Außerdem hoffte sie im Stillen, dass Robin sie, nachdem sie sich nun auch in Nottingham bewährt hatte, nicht mehr allzu oft im Camp zurücklassen würde und sie endlich ihren Platz in der Gang gefunden hatte. O°O°O°O°O°O°O°O°O Tief in ihre eigenen Gedanken versunken erreichte Amelie nach einer Weile den Marktplatz, wo sie sich erneut aufmerksam umsah, ohne jedoch ein Zeichen ihrer Freunde zu entdecken. Wo waren sie nur? Hatte Robin nicht gesagt, sie wollten sich in der Nähe des Marktes treffen? Verunsichert begann die junge Frau, sich in den umliegenden Straßen und Gassen umzuschauen, in denen sich die Outlaws am besten vor den Soldaten verstecken konnten. Sicher war es ihnen als zu gefährlich erschienen, sich am helllichten auf dem offenen Platz aufzuhalten. Sie mussten einfach irgendwo in der Nähe sein… Während Amelie sie sich so schnell sie konnte durch die Menschenmenge drängte, die den Markt bevölkerte, warf sie möglichst unauffällige Blicke in jeden Winkel, der ihr als Versteck geeignet erschien. Sie war so sehr in ihre Suche vertieft, dass sie nicht mehr auf den Weg achtete, bis sie plötzlich und unvermittelt gegen einen warmen, festen Körper prallte und beinah unsanft zu Boden gegangen wäre, hätten nicht zwei starke Arme sie im letzten Moment aufgefangen. Als sie wieder sicher auf den Beinen stand und aufblickte, erstarrte sie. Kaum eine Handbreit von ihr entfernt stand der Mann, den sie bislang glücklicherweise nur aus der Ferne gesehen und dessen bloßer Anblick sie sie jedes Mal in Angst und Schrecken versetzt hatte. Sir Guy of Gisborne. Vor Entsetzen blieb der jungen Frau beinah das Herz stehen. Von allen Menschen in der Stadt hatte sie ausgerechnet ihm in die Arme laufen müssen! Verängstigt suchte sie nach einer Möglichkeit zu fliehen, doch sie konnte sich nicht von der Stelle rühren, konnte den Handlanger Vaiseys nur mit angehaltenem Atem anstarren und auf seine Reaktion warten. Was würde er jetzt tun? Sie an den Pranger stellen oder sie gar einsperren lassen? Amelie wusste nur zu gut, dass er jedes Recht dazu hatte, sie dafür zu strafen, dass sie ihm in den Weg getreten war, war er doch von weitaus höherer Stellung als sie selbst. Im Stillen schalt sich die junge Frau selbst für ihre Unachtsamkeit. Warum war sie nicht aufmerksamer gewesen und hatte während ihrer Suche darauf geachtet, was um sie herum geschah? Sollte sie in Gefahr geraten, würden ihre Freunde Kopf und Kragen riskieren müssen, um sie zu retten. Wenn sie überhaupt jemals von ihrem Schicksal erfuhren… „Seid Ihr in Ordnung?“ Guys unerwartet sanft klingende Stimme holte Amelie abrupt zurück in die Wirklichkeit und sie bemerkte erleichtert, dass er sie nicht zornig, sondern aufrichtig besorgt anschaute. Auch seine starken Arme, die sie vor einem unsanften Sturz bewahrt hatten, fühlten sich eher beschützend als bedrohlich an. Er würde ihr kein Leid zufügen. Ihr unerwarteter Zusammenstoß hatte ihn genauso überrascht wie sie, aber  er zürnte ihr nicht und hatte sicher nicht vor, sie gefangen zu nehmen. „Geht es Euch gut?“ wiederholte Guy nach kurzem Schweigen beunruhigt und schaute sie forschend an. „Oder habt Ihr Euch verletzt?“ Schlagartig wurde Amelie bewusst, dass sie ihm auf seine Frage noch eine Antwort schuldig war. Wenn sie weiter vor ihm stehen blieb, wie ein verängstigtes Tier in der Falle, würde Gisborne sehr bald misstrauisch werden und das musste sie verhindern. Um seine offensichtliche Sorge zu zerstreuen, schüttelte sie den Kopf und zwang sich zu einem kleinen Lächeln. „Vergebt mir, Mylord“, flüsterte sie zerknirscht. „Ich war in Gedanken und habe nicht auf den Weg geachtet. Bitte verzeiht mir meine Unachtsamkeit.“ Bei diesen Worten entspannte sich ihr Gegenüber sichtlich und das anfängliche Misstrauen verschwand aus seinem Gesicht. „Es gibt nicht zu verzeihen“, versicherte er ihr, wobei ein flüchtiges Lächeln auf seinen Lippen erschien. „Ich war genauso unachtsam wie Ihr, denn auch ich war in Eile.“ Seine ruhig Stimme und die Tatsache, dass Gisborne keine Anstalten machte, ihr Gewalt anzutun, ließen die junge Frau ihre Ängste langsam vergessen und ihr zuerst zaghaftes Lächeln vertiefte sich sogar. „In Eile, Mylord? Welchen Grund zur Eile könnte es wohl an einem so wundervollen Tag geben?“ Abrupt verfinsterte sich das Gesicht ihres Gegenübers, hatte diese unschuldige Frage ihn wieder an sein ursprüngliches Vorhaben erinnert. „Einen sehr guten Grund“, antwortete er grimmig. „Mir ist zu Ohren gekommen, dass sich Outlaws in der Stadt aufhalten sollen.“ Augenblicklich erstarb Amelies Lächeln und ihre Angst gewann wieder die Oberhand. Nun waren ihre schlimmsten Befürchtungen wahr geworden. Wenn Gisborne auf der Jagd nach ihren Freunden war, dann war auch sie selbst in Gefahr. Und sie war ihm obendrein auch noch geradewegs in die Arme gelaufen! Wenn er herausbekam, dass sie zu Robin Hoods Gang gehörte… Der bloße Gedanke an das, was er ihr antun konnte, erfüllte sie mit kaltem Grauen. Glücklicherweise deutete Gisborne ihr deutlich sichtbares Entsetzen jedoch falsch und nahm an, die Outlaws, die sich in der Stadt herumtrieben, waren der Grund für ihre Furcht. „Sorgt Euch nicht.“ In einer beruhigenden Geste hob er die Hände. „Diese Strolche werden im Kerker landen, noch bevor der Tag zu Ende geht. Ich gebe Euch mein Wort, dass Ihr nichts zu befürchten habt.“ Gisborne hatte sehr ernst und entschlossen gesprochen, doch seine Stimme klang beinah weich, als er der jungen Frau vor sich erneut ein kleines Lächeln schenkte. „Dann…will ich Euch…nicht länger aufhalten,…Mylord.“ Stotternd und kaum hörbar kamen diese Worte über Amelies Lippen, als sie einen Schritt zurücktrat, um ihm den Weg freizugeben. Ihren Blick hatte sie zu Boden gerichtet und konnte deshalb nicht sehen, wie der ganz in Schwarz gekleidete Mann sie noch einen Moment aufmerksam anschaute, bevor er gleich einem großen schwarzen Schatten an ihr vorbeilief, um die Jagd nach den Outlaws wieder aufzunehmen. O°O°O°O°O°O°O°O°O Nachdem Gisborne aus ihrem Blickfeld verschwunden war, blieb Amelie noch eine Weile wie angewurzelt stehen, bis sie das Zittern ihres Körpers unter Kontrolle bekam. Sie war unsagbar erleichtert, diese gefährliche Begegnung überstanden zu haben, gleichzeitig aber auch zutiefst verwirrt. Bislang hatte sie Gisborne für einen Mann gehalten, der seine Macht ohne Rücksicht auf Verluste ausspielte, war sie doch, als sie noch mit ihrer Familie in Nottingham gelebt hatte, mehr als einmal Zeugin der Grausamkeit geworden, zu der er imstande war. Als sie ihm unabsichtlich in die Arme gelaufen war, hatte sie fast erwartet, dass er sie anschreien, sie beleidigen, sie vielleicht sogar auspeitschen lassen würde und sie war mehr als verwundert, dass er über ihre Unachtsamkeit nicht einmal verärgert gewesen war. Anstelle von Zorn hatte sie Verwunderung in seinem Blick gesehen und sogar den Anflug eines Lächelns auf seinen Zügen erkannt. Amelie war überrascht gewesen zu sehen, wieviel weicher sein Gesicht in diesem Moment geworden war. In diesem Moment hatte sie mehr in ihm gesehen, als den grausamen Handlanger des Sheriffs, der nur zu Gewalt und unnachgiebiger Härte fähig war. O°O°O°O°O°O°O°O°O Die junge Frau wanderte noch einige Zeit ziellos durch die Straßen Nottinghams und hatte die Suche nach ihren Freunden beinah vollkommen vergessen, so sehr war sie in Gedanken noch immer in die Begegnung mit Gisborne vertieft. Rein zufällig entdeckte sie die anderen, als sie an einer der zahlreichen dunklen Gassen vorbeiging und eine Bewegung aus dem Augenwinkel sie aufschrecken ließ. Beunruhigt wandte sie sich um, atmete aber gleich darauf erleichtert auf, als sie ihre Freunde entdeckte, die im Schatten der Häuser auf sie warteten. Langsam, um keinerlei Aufmerksamkeit zu erregen, ging sie zu ihnen hinüber. „Du hast dir Zeit gelassen“, begrüßte Robin sie leicht tadelnd, doch mit einem freundlichen Lächeln. „Wir haben uns schon Sorgen um dich gemacht und wollten gerade anfangen, nach dir zu suchen.“ Amelie blickte für einen Moment verlegen zu Boden, konnte jedoch nicht anders, als das Lächeln ihres Anführers zu erwidern. „Es tut mir leid. Ich bin so schnell hierher gekommen, wie ich konnte, aber überall in der Stadt sind Soldaten unterwegs. Mehr als einmal wäre ich ihnen fast in die Arme gelaufen.“ Schlagartig wurde Robin wieder ernst. „Irgendwie muss der Sheriff Wind davon bekommen haben, dass wir hier sind“, murmelte er mehr zu sich selbst als zu den anderen. „Er hat Gisborne geschickt, um uns aufzuspüren.“ Das Gesicht des Bogenschützen verfinsterte sich, als er den Namen seines Erzfeindes aussprach. „Hat Gisborne dich gesehen?“ Seine Stimme klang nun so eindringlich, dass Amelie fast erschrak. „Bist du ihm über den Weg gelaufen?“ „Nein!“ Kaum hatte sie dieses Wort ausgesprochen, verfluchte sich die junge Frau im Stillen selbst. Ihre Antwort war so schnell und so gehetzt gekommen, dass Robin zwangsläufig glauben musste, dass sie ihm etwas verheimlichte. „Ich meine“, versuchte sie die Situation zu retten, „dass Gisborne sicher irgendwo in der Nähe ist, aber ich habe ihn nicht gesehen.“ Während sie sprach, ließ Amelie ihren Anführer und wartete angespannt auf seine Reaktion. Sein ernster, fast strenger Blick schüchterte sie mehr als nur ein wenig ein, hatte sie ihn doch bisher immer nur als freundlichen, unbeschwerten Menschen gekannt, den nichts so leicht aus der Fassung brachte. So beunruhigt wie in diesem Moment hatte sie ihn niemals vorher erlebt. Trotzdem gab sie sich alle Mühe, ihre innere Unruhe zu verbergen und tatsächlich schien ihre Antwort Robins Bedenken zu zerstreuen. Zwar schaute er sie noch einen Augenblick forschend an, als wollte er ergründen, on sie ihm vielleicht etwas verschwieg, nickte dann aber leicht, bevor er sich den anderen zuwandte. „Lasst uns von hier verschwinden. Wir haben unser Glück lange genug auf die Probe gestellt.“ O°O°O°O°O°O°O°O°O Im Nachhinein hätte Amelie nicht sagen können, auf welchen verschlungenen Wegen sie mit ihren Freunden aus der Stadt hinaus und zurück zum Camp gelangte und auch die fragenden Blicke, die die anderen ihr immer wieder zuwarfen, bemerkte sie nicht. Noch immer musste sie an ihre Begegnung mit Gisborne denken und sah sein Gesicht so deutlich vor ihrem geistigen Auge, als würde er leibhaftig vor ihr stehen. Sie war erleichtert, mit heiler Haut davongekommen zu sein, aber nach wie vor mehr als verwirrt. Warum hatte Gisborne sie nicht bestraft? Schließlich war sie ihm in ihrer Gedankenlosigkeit geradewegs in die Arme gelaufen und sie hatte in der Vergangenheit oft genug mitansehen müssen, wie er andere Menschen für weitaus geringere Vergehen hart bestraft hatte. Er hätte nach seinem Belieben mit ihr verfahren können und doch hatte er ihr kein Haar gekrümmt. Was hatte ihn davon abgehalten? Nicht nur seine unerwartete Milde, sondern auch sein sanfter Blick und sein Lächeln, das ihn so weich hatte aussehen lassen, waren für Amelie ein einziges Rätsel und die bloße Erinnerung daran ließ ihr Herz schneller schlagen. Er war so freundlich, beinah gütig zu ihr gewesen, dass sie kaum glauben konnte, demselben Mann begegnet zu sein, der den Gesetzen des Sheriffs auf so grausame Art Geltung verschaffte… Bis vor wenigen Stunden hatte Amelie nicht glauben können, dass Gisborne so etwas wie ein Gewissen oder eine menschliche Seite haben konnte, doch nun kamen ihr zum ersten Mal Zweifel. Hatte sie ihn zu vorschnell verurteilt? War er am Ende nicht der grausame, gefühllose Mann, für den ihn alle hielten? Allmählich begann sie zu glauben, dass es so sein konnte und stellte sogar erstaunt fest, dass sie mehr über Guy of Gisborne erfahren wollte. Ob sie ihn bald wiedersehen würde? Wenn sie die Gelegenheit bekäme, mit ihm zu sprechen, würde sie vielleicht herausfinden, was für ein Mann sich hinter der kalten Fassade verbarg, die er nach außen hin zur Schau trug. Aber würde sich Gisborne überhaupt an sie erinnern? Immerhin war sie für ihn nur ein gewöhnliches Bauernmädchen, an das er wahrscheinlich keinen Gedanken verschwenden würde. Sicher hatte er sie schon längst wieder vergessen. O°O°O°O°O°O°O°O°O Amelie ahnte nicht, wie sehr sie Guy mit dieser Vermutung Unrecht tat. Er hatte sie keineswegs vergessen, seine Gedanken weilten im Gegenteil unaufhörlich bei der jungen Frau, die ihm auf dem Marktplatz in die Arme gelaufen war. Seine Jagd nach den Outlaws war erfolglos verlaufen, aber auch als er sich längst in seine Gemächer in der Burg zurückgezogen hatte, sah er ständig ein Gesicht mit dunkelblauen Augen, umrahmt von hellbraunen Locken vor sich und durchlebt ihre Begegnung immer wieder von neuem. Insgeheim fragte er sich selbst, wie er es fertiggebracht hatte, der jungen Frau mit soviel Ruhe und Geduld zu begegnen. Ihr Zusammenstoß war nur ein Versehen gewesen, dennoch hatte er jeden Grund gehabt, ihr zu zürnen. In ihren Augen hatte deutlich gesehen, dass sie fest damit gerechnet hatte, bestraft zu werden, doch ihr Blick hatte ihn besänftigt. Ihre Angst hatte ihn seinen Ärger sofort vergessen lassen und von einem Moment zum anderen hatte er die junge Frau nur noch beruhigen wollen. Im Nachhinein verstand Guy sich selbst nicht mehr. Bisher war er dem einfachen Volk immer mit unnachgiebiger Härte begegnet und hatte sich niemals von einer Entscheidung abbringen lassen. Niemals zuvor hatte ihn ein Blick so tief berührt. Wer war diese junge Frau? Guy konnte sich nicht erinnern, sie schon einmal in Nottingham gesehen zu haben, aber für gewöhnlich blieben ihm die Gesichter der Einwohner ohnehin nicht lange im Gedächtnis. Zu ähnlich sahen sie sich und für gewöhnlich bedachte er sie nur mit einem flüchtigen Blick. Aber diese junge Frau ging ihm nicht mehr aus dem Kopf. Für ein einfaches Bauernmädchen war sie wirklich außergewöhnlich hübsch… Unwillkürlich versuchte Guy sich vorzustellen, wie es wohl wäre, wenn diese Augen ihn nicht furchtsam, sondern voller Vertrauen anschauen würden. Hoffentlich würde er die junge Frau eines Tages wiedersehen und es herausfinden. O°O°O°O°O°O°O°O°O Wenige Tage später sollte der Wunsch der beiden in Erfüllung gehen. Etwa eine Woche nach dem Vorfall in Nottingham begaben sich die Outlaws nach Locksley, um den derzeitigen Lord um einige seiner Reichtümer zu erleichtern und diese in der Stadt und den Dörfern zu verteilen. Die Gelegenheit, ihr lange geplantes Vorhaben in die Tat umzusetzen, war günstig, denn Guy war bereits früh am Morgen nach Nottingham aufgebrochen und würde wahrscheinlich erst in einigen Tagen zurückkehren. Insgeheim war Amelie über seine Abwesenheit enttäuscht, obwohl sie wusste, dass sie und ihre Freunde nur sicher warten, wenn er so weit wie möglich von ihnen entfernt war. Trotzdem hatte sie gegen jede Vernunft gehofft, ihn wenigstens von weitem zu sehen, einen kurzen Blick auf ihn werfen zu können… Die Enttäuschung der jungen Frau währte jedoch nicht lange, denn Robin hatte beschlossen, sie erneut mitzunehmen und ihr obendrein die verantwortungsvolle Aufgabe übertragen, die Straße nach Nottingham im Auge zu behalten und die Outlaws zu warnen, sollte Gisborne unerwartet zurückkehren. Amelie war stolz und zugleich mehr als ein wenig erleichtert, sich nicht in unmittelbare Gefahr begeben zu müssen, war sie im Umgang mit Waffen noch zu ungeübt, um die anderen im Kampf zu unterstützen. Indem sie Wache hielt, konnte sie einmal mehr ihren Nutzen unter Beweis stellen und wenn sie sich erneut bewährte, würde Robin sicher endgültig von ihren Fähigkeiten überzeugt sein.Doch es sollte anders kommen, als die junge Frau erwartet hatte. Sie wählte ihren Aussichtspunkt auf einem der Hügel außerhalb des Dorfes, von dem aus sie die gesamte Umgebung im Blick hatte. Dort würde sie eine mögliche Gefahr früh genug bemerken und hätte Zeit genug, ihre Freunde zu warnen. Amelie hatte noch nicht lange im hohen Gras gesessen, als das Geräusch von Pferdehufen an ihre Ohren drang und gleich darauf weiteten sich ihre Augen vor Entsetzen, als sie eine Gestalt die Straße entlangreiten sah, die sie überall wiedererkannt hätte. Guy. Er wurde von zwei Wachen begleitet und war offensichtlich auf dem Weg nach Locksley. Aber warum kehrte er so bald aus Nottingham zurück? Die Outlaws waren überzeugt gewesen, dass er einige Tage dort bleiben würde. Hatte er irgendwie von ihrem Vorhaben erfahren? Der Gedanke, dass jemand Robin an Guy und den Sheriff verraten könnte, kam der jungen Frau absurd vor, doch ganz gleich wie dankbar ihm die notleidende Bevölkerung für seine Hilfe sein mochte, sehr viele von ihnen fürchteten Vaiseys Zorn und würden alles tun, um sich selbst und ihre Familien zu schützen. Oder hatte Gisborne ihnen eine Falle gestellt? War er nur zum Schein in die Stadt aufgebrochen, um die Outlaws unverhofft überraschen zu können? Vor Angst war Amelie wie gelähmt, doch als sie sich die näherkommenden Reiter genauer ansah, beruhigte sie sich wieder ein wenig. Sie waren nur zu dritt und ritten nicht so schnell, als wäre sie auf der Jagd nach den berüchtigtsten Outlaws des ganzen Landes. Außerdem hätte Gisborne, wäre dies der Fall, sicher mehr Soldaten mitgenommen, um ihre Freunde gefangen zu nehmen. Nein, er konnte es nicht wissen… Doch selbst wenn Guy nicht die geringste Ahnung hatte, dass sich die Robin und die anderen im Dorf aufhielten, waren sie dennoch in großer Gefahr. Sobald er Locksley Manor betrat, würde sich ein Kampf nicht mehr vermeiden lassen, deshalb musste sie unbedingt verhindern, dass Guy ihre Freunde entdeckte. Aber wie? Selbst wenn es ihr gelang, die anderen zu warnen, würde Gisborne sie spätestens bei ihrer Flucht bemerken und sich wie ein Bluthund an ihre Fersen heften. Vielleicht konnte sie ihn ablenken… Dann könnten Robin und die anderen ihr Vorhaben zu Ende bringen und unbemerkt in den Wald fliehen… Erstaunt stellte die junge Frau fest, dass ihr der Gedanke, sich dem Schwarzen Ritter erneut zu nähern, keine Angst einjagte. Seit ihrer Begegnung in Nottingham war sie fest davon überzeugt, dass er ihr kein Leid zufügen würde und sie konnte auch nicht leugnen, dass die Aussicht, ihm gegenüber zu stehen, ihr Herz schneller schlagen ließ. Amelie zögerte nicht länger und verließ so unauffällig wie möglich ihren Aussichtspunkt, um hinunter ins Dorf zu gehen und dort ihren Plan in die Tat umzusetzen. Nur wenn Guy sich von seinen Wachen entfernte, konnte sie es wagen, sich ihm zu nähern. Ihren Freunden gegenüber konnte sie später wahrheitsgetreu behaupten, dass sie Gisborne nur abgelenkt hatte, um sie zu schützen. Wenn es auch nur ein Teil der Wahrheit war… Bereits kurze Zeit später ergab sich die ersehnte Gelegenheit, als Guy seinen Wachen ein Zeichen gab, am Rand des Dorfes auf ihn zu warten. Aufgeregt und ängstlich zugleich sah die junge Frau, wie er zielstrebig den Weg zu seinem Anwesen einschlug. Sie durfte nicht einen Moment länger warten, wenn sie ihre Freunde schützen wollte! Entschlossen trat sie aus dem Schatten der Hütten hinaus auf die schmale Dorfstraße und ging zielstrebig auf den Schwarzen Ritter zu. O°O°O°O°O°O°O°O°O „Sir Guy?“ Tief in Gedanken versunken durchquerte Guy das Dorf. Er war erleichtert, dass sein Treffen mit Vaisey schneller als erwartet zu Ende gegangen war und er nun nach Locksley Manor zurückkehren konnte. Der Sheriff mochte sein Schlüssel zu Macht und Einfluss sein, doch Guy war für seinen Moment dankbar, den er nicht in dessen Nähe verbringen musste. Als er die Dorfstraße entlangging, wurde er plötzlich von einer Stimme, die ihm seltsam bekannt vorkam, aus seinen Gedanken gerissen. Überrascht sah er sich um und ein leichtes Lächeln stahl sich auf seine Lippen, als er die junge Frau erkannte, der er erst vor kurzem begegnet war. Im Laufe der letzten Tage hatte er unauffällig nach ihr Ausschau gehalten, sie aber zu seinem Bedauern nirgends finden können. Und nun lief im hier in Locksley über den Weg! Am meisten überraschte Guy, dass die junge Frau genau auf ihn zukam und keinerlei Furcht zeigte, sondern ihn freimütig und offen anschaute. Beinah gegen seinen Willen wurde er neugierig, was sie ihm zu sagen hatte. O°O°O°O°O°O°O°O°O „Sir Guy, ich…“ In Gedanken hatte sich Amelie bereits zurechtgelegt, was sie Gisborne sagen wollte, sobald sie ihm gegenüberstand, aber bereits nach den ersten Worten versagte ihre Stimme, so unruhig machte sie seine bloße Nähe. Außerdem wusste sie nicht, wie er auf die Dreistigkeit, die sie sich soeben herausgenommen hatte, reagieren würde. Ihr Zusammenstoß in Nottingham war ein Versehen gewesen, doch dieses Mal war sie ihm in voller Absicht in den Weg getreten… Mit vor Aufregung heftig schlagendem Herzen schaute Amelie zu ihrem Gegenüber auf, beruhigte sich jedoch sofort, als er das Lächeln sah, das seine Lippen umspielte. Er war nicht verärgert, sondern sah vielmehr erfreut aus… „Wie ist Euer Name?“ Beinah bevor es ihm bewusst wurde, war Guy diese Frage entschlüpft und einmal wunderte er sich darüber, wie sehr die junge Frau vor ihm seine Gedanken in Anspruch nahm. Seit er sie zum ersten Mal gesehen hatte, hatte er fast ständig an sie denken müssen und ihm war bewusst geworden, dass er sie nicht nur wiedersehen, sondern auch mehr über sie erfahren wollte, wenn es auch nur ihr Name war. „Amelie, Mylord. Meine Name ist Amelie.“ „Amelie.“ Langsam, als wollte er den Klang ihres Namens auskosten, kam dieses eine Wort über seine Lippen und er schien Gefallen daran zu finden, denn sein Lächeln vertiefte sich. „Was führt Euch hierher, Amelie? Unsere Begegnung scheint kein Zufall zu sein.“ Die Frage traf Amelie unvorbereitet und sie schwieg einen Moment unsicher, doch gleich darauf kam ihr die rettende Idee. „Leider muss ich Euch enttäuschen, Mylord. Es war nur der Zufall, der mich heute hierher geführt hat. Deshalb bin ich froh, Euch zu begegnen, denn ich…wollte Euch um Vergebung bitten.“ Nur mit Mühe konnte die junge Frau ein Lachen unterdrücken, als sie die tiefe Verwunderung sah, die sich bei ihren Worten auf Gisbornes Gesicht widerspiegelte. „Mich um Vergebung bitten? Aber wofür?“ „Für meine Ungeschicklichkeit vor einigen Tagen“, erinnerte sie ihn vorsichtig. „Ich bin Euch auf dem Marktplatz direkt in die Arme gelaufen, als Ihr auf der Jagd nach den Outlaws wart und wahrscheinlich ist Hood Euch nur deshalb entkommen. Dafür bitte ich Euch um Vergebung.“ „Das müsst Ihr nicht“, beteuerte Guy mit einem leichten Kopfschütteln. „Es war nur ein Versehen, nichts weiter. Außerdem ist es durchaus möglich, dass die Outlaws überhaupt nicht in der Stadt waren und der Sheriff nur durch falsche Gerüchte in die Irre geführt wurde.“ Vollkommen unerwartet wich sein verwunderter Gesichtsausdruck nach diesen Worten einem offenen, beinah verschmitzten Lächeln. „Aber dass Ihr mir in die Arme gelaufen seid, war mir eine vergebliche Jagd durchaus wert.“ Bei diesen Worten konnte Amelie nicht verhindern, dass eine zarte Röte über ihre Wangen schlich und sie war zu glücklich und überrascht, um ein Wort zu sagen, konnte ihn nur stumm ansehen und sein Lächeln erwidern. Guy war allein ihre Begegnung Lohn genug für seine Mühen. Das musste bedeuten… O°O°O°O°O°O°O°O°O „OUTLAWS! Ergreift sie!“ Ein lauter, aufgebrachter Ruf bereitete den Tagträumen der jungen Frau ein jähes Ende. Erschrocken schaute sie in die Richtung, aus der der Lärm gekommen war und erstarrte, als sie ihre Freunde so schnell sie nur konnten auf den Waldrand zulaufen sah. Mehrere Wachen waren ihnen dicht auf den Fersen und gleich darauf nahmen auch Gisbornes Soldaten, die am Dorfrand geblieben waren, die Verfolgung auf. Mit angehaltenem Atem beobachtete Amelie die Flucht ihrer Freunde. Was hatte sie nur angerichtet? Wie hatte sie vergessen können, dass das Anwesen auf während Gisbornes Abwesenheit zu jeder Zeit bewacht wurde? Nun hatte sie Robin und die anderen in wirklich ernste Gefahr gebracht. „Hood!“ Auch Guy hatte die fliehenden Outlaws inzwischen bemerkt. Sein gerade noch so freundliches Gesicht war nun wie versteinert vor Zorn und seine Stimme glich einem bösartigen Zischen. „Dieses Mal entkommst du mir nicht!“ Er warf der jungen Frau noch einen kurzen, aber nicht unfreundlichen Blick zu, bevor er ebenfalls die Verfolgung der Outlaws aufnahm. O°O°O°O°O°O°O°O°O Amelie blieb noch eine Weile reglos auf der Stelle stehen und verließ das Dorf erst, als sowohl ihre Freunde als auch deren Verfolger im Schatten des Waldes verschwunden waren. Glücklicherweise fand sie den Weg zum Camp inzwischen ohne fremde Hilfe und als sie wenig später dort ankam, bemerkte sie erleichtert, dass sie bereits von den anderen erwartet wurde. Trotzdem wurde ihr etwas unbehaglich zumute, als sie den Unmut sah, der vor allem Robin deutlich ins Gesicht geschrieben stand. „Amelie, wie konnte das nur passieren? Ich hatte dir aufgetragen, uns beim ersten Anzeichen einer Gefahr zu warnen, aber dennoch hätte uns Gisborne um ein Haar entdeckt und wir sind ihm und den Soldaten nur mit knapper Not entkommen.“ „Es tut mir leid“, beteuerte die junge Frau und schaute reumütig zu Boden. „Ich habe Wache gehalten und mich sofort auf den Weg gemacht, um euch zu warnen, als ich Gisborne die Straße entlangreiten sah. Aber als er auf das Anwesen zuging, bekam ich Angst, dass ich euch nicht mehr rechtzeitig erreichen würde, also beschloss ich, ihn abzulenken. Leider hatte ich die Wachen darüber völlig vergessen und deshalb ist alles schief gegangen. Aber es war wirklich nur ein Versehen.“ Einen Moment, der Amelie wie eine Ewigkeit vorkam, herrschte atemloses Schweigen. Robin sagte kein Wort, schaute sie aber so forschend an, dass sie sein Misstrauen beinah körperlich spüren konnte. Als ihr Anführer jedoch keine Anstalten machte, sie des Verrats zu beschuldigen und sogar langsam nickte, atmete sie wie befreit auf. „Also gut“, meinte er schließlich nachdenklich. „Aber du hast uns alle durch deine Unachtsamkeit in Gefahr gebracht und so etwas darf nie wieder passieren. Du hast dich bei der Verteilung von Nahrungsmitteln am besten bewährt, deshalb wirst du von nun an diese Aufgabe übernehmen, während wir uns um alles andere kümmern.“ O°O°O°O°O°O°O°O°O Robin machte seine Ankündigung war und übertrug Amelie von diesem Tag an die Aufgabe, sich um die bedürftigen Einwohner von Nottingham zu kümmern, denn weder Vaisey noch Gisborne ahnten, dass sie zu den Outlaws gehörte und somit konnte sie sich gefahrlos in der Stadt bewegen. Zuerst ärgerte und schämte sich die junge Frau, in Locksley so kläglich versagt zu haben, doch sie musste zugeben, dass ihr diese Wendung der Ereignisse durchaus nicht ungelegen kam. Immerhin gab ihr neuer Auftrag ihr die Möglichkeit, Guy des Öfteren zu sehen und mehr über ihn herauszufinden. Die Gelegenheit, ihm wie zufällig über den Weg zu laufen, ergab sich sogar öfter, als Amelie sich erhofft hatte und im Laufe der folgenden Wochen gingen sie oft zusammen durch die Stadt. Ihre anfängliche Befangenheit vergaßen beide schnell und während die Tage vergingen, wurden sie immer vertrauter miteinander. Amelie verlor bald jegliche Scheu vor dem Schwarzen Ritter und auch Guy genoss die Gesellschaft der jungen Frau mit jedem Tag mehr. Insgeheim war er selbst erstaunt, wie sehr sie ihm inzwischen ans Herz gewachsen war, mit welcher Leichtigkeit sie ihn tief in seinem Innersten berührte und Gefühle in ihm weckte, die er geglaubt hatte, niemals empfinden zu können. Sie akzeptierte ihn mit all seinen Fehlern und trotz aller Gräueltaten, die er begangen hatte, fürchtete sie sich nicht vor ihm. Im Gegenteil, er spürte, dass sie ihn wirklich gern hatte und fühlte sich in ihrer Nähe einfach nur wohl. Mehr als einmal betete er, dass die Zeit mit ihr niemals enden möge. O°O°O°O°O°O°O°O°O So vergingen einige glückliche Wochen, in denen Amelie jede sich bietende Gelegenheit ergriff, um Guy zu sehen. Oft ging sie ohne jede Aufforderung nach Nottingham und verließ sogar einige Male auf eigene Faust das Camp, wobei sie vorgab, nur ein wenig spazieren gehen zu wollen. Ihr rätselhaftes Verhalten führte dazu, dass die Outlaws mit jedem Tag misstrauischer wurden. Besonders Robin erinnerte sich nur zu gut an den Vorfall in Locksley und die Furchtlosigkeit, die Amelie Gisborne gegenüber an den Tag gelegt hatte. Im Stillen befürchtete er, dass die junge Frau heimlich die Nähe des Schwarzen Ritters suchte und dieser sie zu seinem Vorteil ausnutzte. Aber das konnte er nicht zulassen! Er würde die Wahrheit so schnell wie möglich herausfinden! O°O°O°O°O°O°O°O°O Amelie hingegen ahnte noch nichts von dem Ungemach, dass ihr schon sehr bald bevorstehen sollte. Einmal mehr ging sie an Guys Seite durch die Straßen  von Nottingham und genoss seine Gesellschaft. Einmal mehr war sie dankbar, dass so gut wie niemand in der Stadt wusste, dass sie zu den Outlaws gehörte und somit auch Robin nicht allzu bald von ihrer Freundschaft zu Guy erfahren würde. Was er dazu sagen würde, konnte sie sich lebhaft vorstellen… Wenn sie sich die Reaktion ihres Anführers nur vorstellte, musste die junge Frau schwer schlucken. Sicher würde er alles andere als erfreut sein, aber vielleicht konnte sie ihn milde stimmen, ihn sogar dazu bringen, sie zu verstehen, wenn er die Wahrheit aus ihrem Mund hörte. Ihre innere Zerrissenheit musste sich auch in ihrem Gesicht widergespiegelt haben, denn als sie zu ihrem Begleiter aufblickte, bemerkten sie die Sorge in seinem Blick. „Ihr seht traurig aus, Amelie. Was bekümmert Euch?“ Allein der sanfte Klang seiner Stimme bewirkte, dass Amelie warm ums Herz wurde und sie ihre Sorgen für den Moment vergaß. „Es ist nichts“, antwortete sie mit einem beruhigenden Lächeln. „Ich habe nur gerade an meine Familie gedacht.“ Im Stillen hasste sie sich dafür nun auch Guy anlügen zu müssen, doch sie konnte ihm einfach nicht sagen, was sie wirklich bedrückte. Glücklicherweise ließ ihre Antwort den Dunkelhaarigen keinen Verdacht schöpfen. „Was ist mit Eurer Familie?“ fragte er vorsichtig. „Wann immer wir uns begegnen, seid Ihr allein.“ Mit einem Mal stieg eine schlimme Vorahnung in ihm auf. „Sind sie…?“ Amelie schüttelte den Kopf. „Bis vor kurzem lebten wir alle zusammen hier in Nottingham. Mein Vater besaß eine kleine aber gut gehende Schmiede, mit der er unseren Lebensunterhalt verdiente. Vor ein paar Wochen beschlossen meine Eltern plötzlich, nach London zu ziehen, um dort ihr Glück zu versuchen. Doch ich wollte Nottingham nicht verlassen und alle ihre Bitten konnten mich nicht umstimmen. Also blieb ich zurück, um mir mein eigenes Leben aufzubauen, aber ich denke noch oft an meine Eltern.“ „Das verstehe ich“, erwiderte Guy mit einem liebevollen Lächeln. „Aber ich bin froh, dass du nicht fortgegangen bist.“ Die Augen der jungen Frau weiteten sich erstaunt, als sie die vertrauliche Anrede bemerkte. Sein Blick war so sanft wie niemals zuvor und in seinem Blick lag etwas, das sie nicht zu deuten wagte. Etwas, das einer tiefen, unendlichen Zärtlichkeit gleichkam… „Ich auch“, hauchte sie mit leicht zitternder Stimme. Erneut lächelte der Dunkelhaarige sanft, bevor er sich langsam zu ihr hinabbeugte und mit seinen Lippen zart die ihren berührte. In dem Augenblick, in dem sich ihre Lippen trafen, hielt Guy vollkommen still und wartete beinah nervös auf ihre Reaktion. Ein Teil von ihm war darauf gefasst, dass Amelie ihn von sich stoßen und davonlaufen würde, doch gleich darauf merkte er erleichtert, wie sich ihr Körper in seinen Armen entspannte und ihre Lippen weich wurden. Als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt, schlang sie die Arme um ihn und strich durch das weiche Haar in seinem Nacken. Guy verstand die stumme Aufforderung sofort und vertiefte den Kuss behutsam, während er sich noch etwas fester an sich drückte. Dass die junge Frau diese zärtliche Geste nicht nur duldete, sondern sogar erwiderte, war mehr, als er zu hoffen gewagt hatte. Empfand sie am Ende soviel für ihn, wie er für sie? Nachdem die beiden sich endlich voneinander gelöst hatten, blickten sie einander stumm in die Augen, bis Amelie leise seufzte. „Ich muss gehen“, murmelte sie bedauernd. „Ich habe noch etwas Wichtiges zu erledigen.“ Daraufhin schaute Guy sie enttäuscht und fragend an, nickte aber kurz darauf verständnisvoll. „Wann werde ich dich wiedersehen?“ „Bald, hoffe ich“, antwortete sie sanft. „Ich weiß noch nicht wann, aber ich werde zurückkommen, sobald es mir möglich ist.“ Ihre Antwort schien den Schwarzen Ritter wenigstens etwas zu beruhigen, wenn auch die Sehnsucht nicht aus seinem Blick verschwand. „Dann werde ich jeden Tag voller Ungeduld auf dich warten.“ Zum Abschied küssten sich die beiden noch einmal, bevor sich ihre Wege vorübergehend trennten. O°O°O°O°O°O°O°O°O Auf dem Weg zurück zu ihren Freunden fühlte sich Amelie, als würde sie auf Wolken schwebend sie konnte an nichts anderes als an den Kuss denken, der so leidenschaftlich und doch so zart gewesen war. Niemals hätte sie erwartet, dass Guy zu solcher Zärtlichkeit fähig war! Sie hatte damit gerechnet, dass er wild und ungestüm sein würde, doch er hatte seine Leidenschaft in Zaum gehalten und war unendlich behutsam mit ihr umgegangen. In diesem Moment war ihr bewusst geworden, wieviel sie wirklich für ihn empfand und nun konnte sie darauf hoffen, dass er ihre Gefühle erwiderte und eines Tages etwas aus ihnen werden würde. O°O°O°O°O°O°O°O°O Die Zuversicht der jungen Frau fand jedoch ein jähes Ende, als sie wenig später das Camp erreichte.Dort knisterte die Luft geradezu vor Anspannung und die Outlaws, die bereits auf sie gewartet zu haben schienen, schauten sie sehr ernst, fast schon anklagend an. Unwillkürlich senkte sie den Blick zu Boden, denn tief im Innersten ahnte sie bereits den Grund für die schlechte Stimmung ihrer Freunde. „Amelie, es gibt etwas, worüber wir reden müssen.“ Robins Stimme klang zornig und enttäuscht zugleich, als er das Wort an sie richtete. „Ich hatte schon seit einiger Zeit den Verdacht, dass es für deine häufigen Besuche in Nottingham einen ganz bestimmten Grund gibt und nun weiß ich, dass du mit Gisborne gemeinsame Sache machst.“ Amelie schaute ihren Anführer erschrocken an und war zu keiner Erwiderung fähig. Nun war die Wahrheit also heraus. Sie hatte zu lange auf den richtigen Moment gewartet. Wie sollte sie ihm nun alles erklären? „Ich…“ Vor Aufregung und Angst brachte sie kaum ein Wort heraus. „Ich…habe euch nicht verraten. Ich…“ „Spar dir die Mühe, es abzustreiten!“ fiel ihr Robin aufgebracht ins Wort. „Ich bin dir in die Stadt gefolgt und habe euch mit eigenen Augen zusammen gesehen!“ Beschämt schaute die junge Frau zu Boden und suchte verzweifelt nach einem Ausweg aus dieser Situation. Wie konnte sie Robin davon überzeugen, dass er aus seinen Beobachtungen vollkommen falsche Schlüsse gezogen hatte? Würde er ihr glauben? „Es ist also wahr.“ Muchs Stimme klang so endlich traurig, dass Amelie abrupt den Kopf hob und als sich ihre Blicke trafen konnte sie seine Enttäuschung und Traurigkeit schmerzhaft deutlich spüren. Es war offensichtlich, dass ihr vermeintlicher Verrat ihn weitaus härter traf als alle anderen und vor Scham wäre sie in diesem Moment am liebsten im Boden versunken. „Es ist wahr“, wiederholte Much fassungslos. „Du hast uns an Gisborne verkauft!“ „Nein!“ Langsam aber sicher verwandelte sich ihre Reue in Wut. Eine solche Anschuldigung konnte und würde sie nicht so einfach hinnehmen! „Es ist wahr, dass ich mich mit Gisborne getroffen habe, aber ich habe euch nicht verraten und das werde ich auch niemals tun. Dazu gibt es auch keinen Grund, denn er weiß nicht, dass ich zu euch gehöre.“ „Das glaube ich dir sogar“, erwiderte Robin gefährlich ruhig. „Sonst hätte er dich ohne auch nur mit der Wimper zu zucken in den Kerker geworfen. Was hast du dir nur dabei gedacht? Immerhin weißt du genauso gut wie wir alle, wozu Gisborne fähig ist!“ Amelie biss sich unsicher auf die Unterlippe, begann aber nach kurzem Zögern zu erzählen, was sich zwischen Guy und ihr ereignet hatte, von ihrer ersten, zufälligen Begegnung, bis zu ihrem letzten Treffen vor wenigen Stunden. Während sie sprach, schaute sie ihre Freunde eindringlich an und entdeckte tatsächlich einen Anflug von Verständnis in ihren Blicken. Auch Robin hörte schweigend zu und schien ihre Worte genau abzuwägen. „Also gut“, seufzte er schließlich resigniert. „Ich glaube dir. Denn wenn du Gisborne irgendetwas über uns erzählt hättest, hättest du auch dich selbst in Gefahr gebracht. Aber wie soll es nun weitergehen?“ Die junge Frau antwortete nicht sofort. Tief im Herzen wusste sie längst, was sie wollte und dass es nur einen Weg für sie gab. „Robin“, begann sie nach einer Weile, wobei sie ihre Worte mit bedacht wählte, „ich bin euch allen wirklich dankbar, dass ihr mir damals geholfen habt und ihr seid mir alle sehr ans Herz gewachsen. Aber das Leben eines Outlaws ist kein Leben für mich, das ist mir inzwischen bewusst geworden. Für mich ist es an der Zeit, meinen eigenen Weg zu gehen und mein eigenes Leben zu leben.“ Schlagartig verfinsterte sich Robins Gesicht. „Du machst dir die Sache wirklich sehr einfach. Als du auf dich allein gestellt warst, waren wir dir gut genug, doch nun nutzt du die erstbeste Gelegenheit, um uns zu verlassen – für Gisborne!“ „Weil ich ihn liebe!“ verteidigte sich Amelie zunehmend heftiger. „Glaub mir, ich hatte nie die Absicht, es soweit kommen zu lassen, aber man kann sich nun einmal nicht aussuchen, in wen man sich verliebt!“ Als sie diese Worte aussprach, wurde Amelie bewusst, dass es die reine Wahrheit war: sie liebte Guy of Gisborne und wünschte sich nichts sehnlicher, als ein Leben mit ihm. Robin hingegen war von dieser Wendung der Ereignisse ganz und gar nicht angetan. „Genau das ist das Problem! Natürlich kannst du nichts für deine Gefühle, aber ich kann und werde nicht zulassen, dass du uns alle in Gefahr bringst. Von nun an wirst du das Camp nicht mehr verlassen und es wird immer einer von uns bei dir bleiben, wenn die anderen unterwegs sind.“ O°O°O°O°O°O°O°O°O Amelie spürte, dass jeder Widerstand vergeblich sein würde und fügte sich Robins Befehl, wenn auch widerwillig. Den größten Teil der folgenden Tage verbrachte sie in ihrem Bett und starrte hinauf in das dichte Blätterdach des Waldes, während ihre Gedanken  unaufhörlich bei Guy waren. Ging er vielleicht genau in diesem Moment durch die Stadt und hielt nach ihr Ausschau? Immerhin hatte sie ihm versprochen, dass sie sich bald wiedersehen würden und sich vorzustellen, dass er jeden Tag vergeblich auf sie wartete, brach der jungen Frau fast das Herz. Er fehlte ihr so sehr! Wie konnte sie ihren Freunden nur begreiflich machen, dass Guy nicht nur der grausame Mann war, den sie in ihm sahen? Seit Robin ihr verboten hatte, das Camp zu verlassen, hatten die anderen mehrmals versucht, mit ihr zu reden, doch Amelie war fest überzeugt, dass sie nur versuchen wollten, sie von ihrem Entschluss abzubringen und darauf konnte sie verzichten. Deshalb schwieg sie beharrlich, bis die Outlaws ihre Bemühungen schließlich aufgaben. Obwohl es der jungen Frau leid tat, ihre Freunde so hart zu behandeln, wollte sie sie dennoch deutlich spüren lassen, dass sie kein recht hatten, sie gefangen zu halten. O°O°O°O°O°O°O°O°O Amelie ahnte jedoch nicht, dass ihren Anführer ganz ähnliche Gedanken beschäftigten. Seit ihrer Auseinandersetzung hatte er die junge Frau aufmerksam beobachtet und oft über ihre Worte nachgedacht. Mitansehen zu müssen, wie die einst so fröhliche Amelie sich mit jedem Tag mehr von ihnen zurückzog, schmerzte ihn ebenso sehr wie alle anderen und er begann einzusehen, dass er zu weit gegangen war. Ungefähr eine Woche später ging Robin deshalb zu der jungen Frau hinüber, die Much gerade bei der Zubereitung der Mittagsmahlzeit half. Zufrieden bemerkte er, dass sie in der Nähe ihres besten Freundes sehr viel entspannter wirkte und hin wieder sogar leicht lächelte. Sobald sie Robin näherkommen sah, erlosch ihr Lächeln jedoch sofort wieder und auch ihr Körper verkrampfte sich in stummer Abwehr. „Amelie, ich möchte noch einmal mit dir reden“, begann er vorsichtig. Die Angesprochene nickte stumm und folgte ihrem Anführer aus dem Camp, weigerte sich aber nach wie vor, ihn anzusehen. Eine Weile gingen die beiden schweigend die verschlungenen Pfade entlang, bis Robin endlich das Wort ergriff. „Amelie, ich habe über alles, was du gesagt hast, noch einmal gründlich nachgedacht. Glaub mir, ich will dich ganz bestimmt nicht einsperren, aber ich mache mir auch Sorgen um dich. Du hast doch selbst erlebt, zu welcher Grausamkeit Gisborne fähig ist. Wie kannst du dir so sicher sein, dass er dir nichts antun wird?“ „Weil er dazu bereits mehr als genug Gelegenheit gehabt hätte“, erklärte Amelie ruhig. Auch wenn das Verhalten ihres Anführers sie tief gekränkt hatte, rührte sie nun seine Sorge um ihr Wohlergehen. „Als ich im in Nottingham buchstäblich in die Arme gelaufen bin, hätte er jedes Recht gehabt, mich zu bestrafen und ob ich zu euch gehöre oder nicht hätte letztlich keinen Unterschied gemacht. Anfangs hatte ich sehr große Angst vor Guy, doch er hat kein einziges Mal auch nur im Zorn mit mir gesprochen. Im Gegenteil, er war immer so freundlich und geduldig zu mir, dass ich bald Vertrauen zu ihm fasste. Wann immer wir zusammen waren, war er so sanft, wie ich es nie für möglich gehalten hätte. Und…“ „Und so hast du dich schließlich in ihn verliebt“, vollendete Robin den Satz für sie und seine Stimme klang merklich freundlicher als noch kurz zuvor. „Hat Gisborne dir Hoffnungen gemacht, dass er deine Gefühle erwidert?“ Unvermittelt musste Amelie an den Kuss denken, den sie bei ihrem letzten Treffen geteilt hatten und der Hauch von Röte, der bei dieser Erinnerung über ihre Wangen schlich, war Robin Antwort genug. „Dann hoffe ich, dass du für ihn nicht nur ein flüchtiges Abenteuer bist, sondern dass es ihm genauso ernst ist wie dir.“ „Ich auch“, seufzte die junge Frau, die die Zweifel ihres Anführers durchaus verstehen konnte, leise. „Aber wenn ich dieses Wagnis nicht eingehe, werde ich es auch nie herausfinden.“ Robin schaute sie noch einen Moment lang schweigend an, bevor er schließlich lächelte. „Dann werde ich dir nicht länger im Weg stehen. Geh zu ihm, wenn es das ist, was du willst. Aber falls es anders kommen sollte, als du erwartet hast, denk daran, dass du noch immer Freunde hast, die für dich da sind.“ Amelie brauchte einen Moment um zu begreifen, was der Bogenschütze gerade gesagt hatte, doch als seine Worte vollends in ihr Bewusstsein vordrangen, fiel sie ihm überglücklich um den Hals. „Danke Robin. Ich danke dir für alles.“ O°O°O°O°O°O°O°O°O Noch am selben Nachmittag verließ Amelie das Camp und machte sich auf den Weg nach Nottingham. Die Outlaws bedauerten ihren Abschied sehr und auch der jungen Frau viel es sehr viel schwerer, ihre Freunde zu verlassen, als sie erwartet hatte. Als sie sich von Much verabschiedete, liefen sogar einige Tränen über ihre Wangen. Erst nach einer Weile brachte sie es über sich, Robin und die anderen am Waldrand zurückzulassen und sich allein auf den Weg in die Stadt zu machen. O°O°O°O°O°O°O°O°O Zur gleichen Zeit lief Guy rastlos durch die Straßen von Nottingham und suchte unablässig nach Amelie. Eine Woche war nun vergangen, seit er sie zuletzt gesehen hatte und seitdem hatte es keinen einzigen Tag gegeben, an dem er nicht an sie gedacht, sich nicht nach ihr gesehnt hatte.Wann immer er in der Stadt unterwegs gewesen war, hatte er gehofft, sie zu sehen und jedes Mal war er enttäuscht worden. Langsam aber sicher begann Guy, sich Sorgen um die junge Frau zu machen. Sie hatte ihm doch versprochen, dass sie sich bald wiedersehen würden! Wenn ihr nun etwas zugestoßen war? Allein der Gedanke ließ kalte Furcht in ihm aufsteigen. Er musste sie finden und das so schnell wie möglich! O°O°O°O°O°O°O°O°O „Guy!“ Als er diese schmerzlich vermisste Stimme seinen Namen rufen hörte, vergaß der Dunkelhaarige sofort all seine Sorgen und Ängste. Erleichtert wandte er sich um und lächelte wie befreit, als er Amelie mit wehenden Haaren auf sich zulaufen sah und sie gleich darauf in den Armen hielt. Sofort drückte Guy sie fest an sich und vergrub das Gesicht in ihrem weichen, hellbraunen Haar, atmete ihren inzwischen vertrauten Duft ein. „Wo bist du nur gewesen?“ fragte er mit sanftem Tadel in der Stimme. „Ich habe mir Sorgen um dich gemacht.“ Bei diesen Worten hob Amelie den Kopf und sah ihren Geliebten so ernst an, dass auch sein Lächeln sofort erlosch. Auf dem Weg nach Nottingham war ihr bewusst geworden, dass sie Guy die ganze Wahrheit sagen musste, wenn sie beide eine gemeinsame Zukunft haben wollten. Aber wie würde er reagieren? War seine Liebe stark genug, ihr ihre Freundschaft mit den Outlaws zu verzeihen? Oder würde sie unverzüglich dem Sheriff vorführen? Allein die Vorstellung jagte ihr kalte Schauer über den Rücken. „Amelie, was hast du?“ Der besorgte Blick des Dunkelhaarigen ließ sie schwer schlucken, doch sie wusste, dass es kein Zurück mehr gab. „Guy, ich…“ Ihre Stimme zitterte, als sie endlich zu sprechen anfing. „Es gibt etwas, das ich dir sagen muss, aber das kann ich nicht hier tun, denn es wäre zu gefährlich.“ Guy runzelte die Stirn und wirkte noch beunruhigter als zuvor. „Was meinst du damit? Hast du etwas angestellt?“ „Das kann ich dir nicht auf offener Straße sagen“, beharrte Amelie mit einem flehenden Blick. „Sobald wir unter vier Augen sind, werde ich dir alles sagen und was du dann tust, ist allein deine Entscheidung.“ Für einen Moment schaute Guy die junge Frau hilflos an, bevor er nickte. „Also schön. Wir brechen sofort nach Locksley auf und dort werden wir über alles reden.“ O°O°O°O°O°O°O°O°O Wenige Stunden später standen die beiden einander in Locksley Manor gegenüber. Inzwischen war die Dunkelheit hereingebrochen und Guy hatte alle Bediensteten bis zum nächsten Morgen heimgeschickt, damit niemand etwas von ihrer Unterredung mitbekam. Nun schaute er die junge Frau ernst an und wartete gespannt, was sie ihm zu sagen hatte. Eine Weile schwieg Amelie, als suchte sie nach den richtigen Worten, fasste sich dann jedoch ein Herz. „Guy, es gibt etwas, das ich dir bisher verschwiegen habe“, begann sie zögernd. „Bis vor einigen Stunden habe ich bei den Outlaws im Sherwood Forest gelebt.“ Diese Worte trafen den Dunkelhaarigen wie ein Schlag ins Gesicht. Entsetzt starrte er die junge Frau an und weigerte sich zu glauben, was er gerade gehört hatte. „Du…du meinst“, stotterte er fassungslos, „du meinst, du warst…“ „Ja, ich war ein Mitglied von Robin Hoods Gang“, bestätigte sie leise. „Erst heute Nachmittag habe ich mich von ihnen getrennt und bin nach Nottingham zurückgekehrt, um bei dir zu sein. Weil ich mich für dich entschieden habe.“ „Ist das so?“ Guy entfuhr ein kurzes, bitteres Auflachen. „Oder hat Hood erfahren, mit wen du deine Zeit verbringst? Hat er dich verstoßen und du hast nun keine Bleibe mehr? Bist du deshalb zurückgekommen?“ Amelie schüttelte heftig den Kopf. „So war es nicht“, beteuerte sie fast verzweifelt. „Es stimmt, dass ich anfangs Angst vor dir hatte und mich dir nur genähert habe, um meine Freunde zu schützen. Aber schon damals habe ich gespürt, dass du mir niemals etwas zuleide tun würdest. Ich wollte Zeit mit dir verbringen, mehr über dich erfahren…“ „Damit du Hood alles erzählen und ihr mich zum Gespött der ganzen Grafschaft machen konntet!“ fiel ihr der Dunkelhaarige zornig ins Wort. „Das habe ich nie getan!“ verteidigte sich die junge Frau entschlossen. „Bis vor wenigen Tagen wusste Robin nichts von unseren Treffen und als er es erfuhr, verbot er mir, das Camp zu verlassen. Erst heute Nachmittag konnte ich ihn überzeugen, mich gehen zu lassen. Aber die ganzen letzten Tage konnte ich nur an dich denken und wollte bei dir sein, weil ich…dich liebe.“ Erneut entfuhr Guy ein abfälliges Schnauben. Ihm war deutlich anzumerken, dass er der jungen Frau kein Wort glaubte. „Guy, was wirst du jetzt tun?“ fragte sie ängstlich. „Ich weiß es nicht“, gestand er mit heiserer Stimme. „Ich weiß nicht einmal, was ich denken soll. Bis jetzt dachte ich, du hättest mich wirklich gern, aber wie es scheint, hast du mich die ganze Zeit belogen. Eigentlich müsste ich dich zum Sheriff bringen und dann in den Kerker werfen. Aber das werde ich nicht tun“, fügte er kühl hinzu, als er Amelies entsetztes Gesicht sah. „Wie es jetzt weitergehen soll, weiß ich nicht. Darüber werde ich gründlich nachdenken müssen.“ „Guy, ich…“ Vorsichtig legte die junge Frau eine Hand auf seinen Arm und verspürte einen schmerzhaften Stich, als er zurückzuckte, als hätte er sich verbrannt. „Ich kann jetzt nicht mehr dazu sagen“, meinte er tonlos. „Aber ich bin kein solcher Unmensch, dass ich eine Frau bei Nacht und Nebel aus dem Haus werfe. Du kannst heute Nacht in einem der Gastgemächer schlafen und morgen früh werde ich dir sagen, wie ich mich entschieden habe.“ O°O°O°O°O°O°O°O°O In dieser Nacht fand Amelie keinen Schlaf. Rastlos warf sie sich von einer Seite auf die andere und versuchte vergeblich, ihre aufgewühlten Gedanken zur Ruhe zu bringen. Unter anderen Umständen wäre sie glücklich gewesen, in Guys Anwesen zu sein, doch nun war sie von Angst und Sorge erfüllt.Mehr als einmal wollte sie aufstehen und noch einmal versuchen, Guy von der Aufrichtigkeit ihrer Gefühle zu überzeugen, aber ihre innere Stimme sagte ihr, dass sie auf diese Weise alles nur noch schlimmer machen würde. Er musste ganz allein entscheiden, aber sie trotz ihres Geständnisses noch lieben konnte. Nur dann hatten sie eine gemeinsame Zukunft und so schwer es für sie auch zu ertragen war, sie konnte nur warten und hoffen. O°O°O°O°O°O°O°O°O Auch für Guy verging die Nacht schleppend. Hellwach lag er im Bett und dachte immer wieder über Amelies Worte nach. Ihr Geständnis hatte ihn tief verletzt, doch nun, da er langsam Ordnung in seine aufgeregten Gedanken brachte, konnte er das Verhalten der jungen Frau sogar verstehen und bewunderte sie insgeheim für ihren Mut. Immerhin war sie ein sehr großes Wagnis eingegangen, weil sie ihm gestanden hatte, mit den Outlaws gemeinsame Sache gemacht zu haben. Außerdem hätte sie sich, wären ihre Gefühle nicht aufrichtig gewesen, überhaupt nicht mit ihm abgegeben müssen, sondern hätte einfach bei Hood bleiben können. Doch sie hatte den Outlaws abgeschworen, um bei ihm zu sein. Weil sie ihn liebte… Dieser Gedanke ließ Guy seine Enttäuschung vergessen und wieder ein warmes, zärtliches Gefühl für die junge Frau in ihm aufsteigen. Nun wusste er ohne jeden Zweifel, was er tun würde. Amelie hatte sich für ihn entschieden und er würde sie niemals mehr gehen lassen. O°O°O°O°O°O°O°O°O Kurz vor dem Morgengrauen war Amelie schließlich doch noch von der Erschöpfung übermannt worden und in einen unruhigen Schlaf gefallen. Daher bemerkte sie nicht, wie die Tür zu ihrem Schlafgemach geöffnet wurde und leise Schritte sich dem Bett näherten. Erst als eine warme Hand sachte durch ihr Haar strich, fuhr sie auf und ihre Augen wurden weit, als sie Guy sah, der auf der Bettkante saß und sie mit einem Blick bedachte, der soviel weicher war, als noch am Abend zuvor. Nun glich er wieder dem sanften, liebevollen Guy, der er während der vergangenen Wochen gewesen war. Neue Hoffnung keimte in ihrem Herzen auf. Konnte es wirklich sein…? Eine kleine Ewigkeit schauten die beiden einander einfach nur an und als sich schließlich ein zärtliches Lächeln auf die Lippen ihres Geliebten legte, hatte Amelie das Gefühl, vor Glück zu schweben. „Guy“, hauchte sie glücklich, „verzeihst du mir? Darf ich…darf ich hier bei dir bleiben?“ Das Lächeln des Dunkelhaarigen vertiefte sich bei diesen Worten. „Für immer, wenn du willst“, antwortete er und in seinem Blick lag soviel Wärme, dass Amelie der Atem stockte. „Ich liebe dich.“ Noch bevor sie ein Wort der Erwiderung hervorbringen konnte, beugte Guy sich vor und versiegelte ihre Lippen mit einem Kuss, der so innig und voller Leidenschaft war wie damals in Nottingham, der aber gleichzeitig sehr viel tiefer ging. Deutlicher, als sie es mit Worten vermocht hätten, gestanden sie einander ihre Liebe und versprachen einander, sich niemals wieder zu trennen. Sie gehörten zusammen, bis in alle Ewigkeit. O°O°O°O°O°O°O°O°O Von diesem Tag an sprachen Guy und Amelie nicht mehr über die Vergangenheit der jungen Frau als Outlaw. Anfangs war Guy versucht gewesen, sie über Hood und die anderen zu befragen, doch er tat es nicht, denn er respektierte Amelies Wunsch, auch ihren Freunden die Treue zu halten wofür sie ihm unendlich dankbar war. Trotzdem war die erste Zeit für die beiden und besonders für Amelie nicht gerade einfach. In Nottingham und den umliegenden Dörfern gab es einige, die sich an die junge Frau als Mitglied von Robin Hoods Gang erinnerten und die sie nun als Verräterin betrachteten. Mit einiger Mühe gelang es Amelie jedoch, auch die letzten Zweifler davon zu überzeugen, dass sie ihre Freunde niemals verraten würde und musste somit auch nicht mehr fürchten, selbst an den Sheriff verraten zu werden. Vor allem bereute Amelie ihre Entscheidung, bei Guy zu bleiben, nicht einen Augenblick und als er sie ein Jahr später auf Knien bat, seine Gemahlin zu werden, war ihr Glück vollkommen. Ende .o°O°o. _____________________________ .o°O°o..O.o° °o.O¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯ O.o° °o.O. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)