Verloren und Gefunden von Winterwolke ================================================================================ Kapitel 13: Blickwinkel ----------------------- Rein rechnerisch war Kenny der Jüngste in der Mannschaft und obwohl der Unterschied nur ein paar Monate betrug, brachte ihm das eine außergewöhnliche Rolle ein. Er war kein Außenseiter, das auf keinen Fall, aber manchmal fühlte er sich als Außenstehender. Nicht, dass ihn dieser Umstand gestört hätte. Er brachte vielmehr interessante neue Perspektiven mit sich. Kenny war damals der Erste gewesen, der mitbekommen hatte, dass Tyson und Max ein Paar waren und er war auch der Erste gewesen, der gemerkt hatte, dass es zwischen den beiden anderen Teammitgliedern gefunkt hatte. Er sonderte sich nicht bewusst ab, es war eher so, dass er und Dizzy ein Zweiergespann bildeten und sie sehr viel Zeit miteinander verbrachten. Menschen, die keine Ahnung von Bitbeasts hatten, wäre das merkwürdig vorgekommen, aber sie war nicht nur ein Haufen Daten, sondern ein denkendes, fühlendes Wesen und seine beste Freundin. Früher hatte Kenny gedacht, dass er ein bisschen in Dizzy verliebt war, aber nachdem er sich in seine erste Freundin verknallt hatte, erkannte er, dass seine Gefühle für das Bitbeast tiefer gingen und nichts mit romantischer Liebe zu tun hatten. Er liebte sie für ihr Verständnis, für ihren Humor und ihr Einfühlungsvermögen - wie man seine große Schwester liebte. Er hatte noch nie mit den anderen Jungs darüber gesprochen und er war sich auch nicht sicher, ob sie seine Gefühle hätten nachvollziehen können. Oh ja, sie waren eng mit ihren Bitbeasts verbunden, das stand außer Frage. Allerdings bedeutet es für sie stets einen immensen Kraftaufwand, mit ihnen in Verbindung zu treten, da sie ja nur während des Bladens gerufen werden konnten. Seine Dizzy jedoch war stets und ständig an seiner Seite und auch das grenzte ihn ein wenig von den anderen ab. Außerdem führte er akribisch Tagebuch. Angefangen damit hatte er bereits in der Grundschule. Schon seit er schreiben konnte, hatte er von jedem Tag Aufzeichnungen gemacht, manchmal nur einen kleinen Satz, manchmal einen halben Roman. Seit er sich in der Mannschaft engagierte, waren seine Beobachtungen noch wichtiger geworden. Er schrieb minutiös jedes Match auf, sei es im Training oder bei Wettkämpfen. Das machte ihn für das Team so wertvoll, auch wenn es nicht nur das war. Seine Kameraden zogen ihn manchmal sogar damit auf, aber das machte ihm gar nichts aus. Er brauchte dieses Hobby und Dizzy unterstützte ihn tatkräftig dabei, das war die Hauptsache. Sogar während ihres Urlaubs führte er sein Tagebuch, wenn auch weniger um Beyblades zu analysieren, sondern vielmehr seine Teammitglieder. Schon der erste Tag war höllisch interessant gewesen und Kenny betrachtete das Ganze als eine Art Studie für menschliche Verhaltensweisen. Bei Tyson und Max war es eindeutig - sie waren einfach unheimlich glücklich. Wenn sie gegen zehn Uhr aufstanden, strahlten ihre Gesichter bereits und sie tauschten immer wieder heimlich Blicke und Berührungen aus. Zumindest dachten sie, dass es heimlich war, denn der Chef sah es ja trotzdem. Wie lange waren die beiden jetzt schon zusammen? Zwei Jahre? Länger? Jedenfalls seit einer gefühlten Ewigkeit und es freute ihn, dass die Beiden immer noch so innig miteinander umgingen. Warum sie sich weigerten, es vor dem Team offiziell zu machen, war ihm allerdings ein Rätsel. Manchmal konnten sie kaum die Finger voneinander lassen und dann sah man förmlich die Spannung, die in der Luft lag, weil sie sich beide immer noch versteckten. Immer dann warfen er und Ray (und manchmal auch Kai) sich wissende Blicke zu. Einmal wollte er das Outing schon selbst übernehmen, aber Dizzy hatte ihn rechtzeitig davon abgehalten. Sie hatte Kenny erklärt, dass es unfair von ihm wäre, sich in die Angelegenheit einzumischen. Deshalb ging es weiter wie bisher, abgesehen von einer kleinen Wette, die die drei restlichen Mitglieder abgeschlossen hatten: Wann die Beiden endlich mit der Sprache rausrücken würden. Das war natürlich nicht ernst gemeint, aber derzeit lief es für Ray nicht gut. Sein Tipp war, dass es noch vor Ende des Jahres passieren würde, schließlich war es schon November. Dabei war es eigentlich völlig egal, ob und wann sie sich den anderen offenbarten, solange sie glücklich mit der Situation waren. Und das waren sie, definitiv. Anders sah es leider bei Ray und Kai aus. Vor der Weltmeisterschaft oder besser gesagt, vor Kais Verschwinden, waren die zwei nahezu unzertrennlich gewesen. Wann genau das angefangen hatte, wusste Kenny nicht mehr, aber sobald er es einmal mitbekommen hatte, war es einfach nicht mehr zu übersehen gewesen, für keinen von ihnen, außer den beiden Personen, um die es wirklich ging. Die flammenden Blicke, das leichte Erröten, wenn sich ihre Blicke wie ausversehen trafen, wieso bekamen das die drei Anderen mit, aber nicht Kai und Ray? Gerne hätte er den Beiden auf die Sprünge geholfen, aber er wusste auch ohne Dizzys Interventionen, dass er sich dort nicht einmischen durfte. Stattdessen saß er jeden Abend zwischen zwei Paaren, die sich nicht trauten, offen zu sein, auf die eine oder andere Weise. Nicht, dass es ihn störte, dass es in der Mannschaft gleich zwei schwule Pärchen gab. Sollten die Vier doch machen, was sie wollten. Es stimmte ihn eher nachdenklich, dass sie dachten, ihre Geheimnisse für sich behalten zu müssen. Er spürte die unterschwellige Anspannung im Team, konnte aber nichts dagegen tun. Wie viel zufriedener wären sie alle, wenn sie mit offenen Karten spielen würden? Gerade bei Ray und Kai würde ein offenes Gespräch Wunder wirken, und welchen positiven Einfluss das auf sie alle haben würde, stand außer Frage. Mittlerweile schien sich das Blatt aber gewendet zu haben. Seit Kai wieder aufgetaucht war, verhielt nicht nur er sich merkwürdig. Obwohl Ray sie noch in Russland gebeten hatte, es langsam angehen zu lassen und ihren Captain nicht zu bedrängen, schien er sich als Einziger nur halbherzig daran zu halten. Seit dem Vorfall am ersten Tag ihres Urlaubs herrschte zwischen ihnen eine einseitige Funkstille. Während Kai Ray ignorierte, wo es nur ging und selbst harmlose Fragen mit Schweigen beantwortete, schien Ray gar nicht mehr aufhören zu können, ihn mit Fragen zu löchern. Man sah ihrem Captain an, wie schwer es ihn ankam, seine Beherrschung nicht zu verlieren, so wie es während des Streits passiert war. Doch gerade Ray schien gegen die Todesblicke völlig immun zu sein, obwohl er Kai am besten kannte und es hätte besser wissen müssen. Wenn Kenny an den Tag zurückdachte, fiel ihm immer wieder auf, dass er Ray nie so schreien gehört hatte... ~~~ Kenny lachte gerade über einen Witz von Tyson, als die drei Abenteurer noch weit vor der Terrasse lautes Geschrei hörten. Mit jedem Schritt wurde der Inhalt klarer und verwundert stellten sie fest, dass es nicht Kai war, der sich aufregte: "Verdammt, mach jetzt endlich den Mund auf! Wie lange willst du die Schweigenummer noch durchziehen? Wir haben ein Recht darauf, es zu erfahren!" Das sah Ray, dem Ray, der stets Zurückhaltung und Besonnenheit predigte, absolut nicht ähnlich. Die Antwort auf diese scharfe Aufforderung bekamen sie nicht mit, dafür waren sie zu weit entfernt. "Kai! Ich will das jetzt wissen! Was hat Dr. Mikase mit Therapie gemeint?" Wieder war die Antwort nicht zu verstehen, dafür jedoch ein neuer verbaler Angriff. Wenige Augenblicke später betraten die drei Japaner das Wohnzimmer und fanden einen wütend und frustriert aussehenden Ray, der schreiend im Zimmer herumtigerte und gelegentlich sogar fauchte. Manchmal war es unheimlich, wie sehr sich Blader und Bitbeast gleichen konnten. Er schien sie nicht zu beachten, zeigte aber keine Spur von Überraschung, als Max ihn ansprach: "Ray, was ist passiert?" Sofort brauste er wieder auf: "Das fragst du mich? Frag doch ihn!" Er machte eine wegwerfende Bewegung in Richtung des Eingangsbereiches. Entweder hatte sich Kai vor dem Ausbruch gerettet, oder er war seit der Verabschiedung des Arztes keinen Meter weiter gekommen. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt, wobei das vielleicht der falsche Ausdruck war. Vielmehr hatte er sie um sich geschlungen, so als würde er frieren. In der gegenwärtigen Situation sah es sogar danach aus, als würde er sich unterbewusst vor Rays Wüten schützen. Sein Gesicht war noch bleicher als sonst, die roten Augen blickten schockiert, soweit man das sagen konnte. Viel konnte man sowieso nicht aus ihnen lesen. Ausgerechnet Tyson versuchte sich als Vermittler. Man sah ihm an, dass ihn die Situation ebenso schockiert hatte. Etwas Vergleichbares war noch nie, niemals passiert. "Hey, können wir uns jetzt vielleicht alle mal beruhigen? Ich meine, was ist überhaupt los? Und damit meine ich nicht, dass du wieder ausflippen sollst, Ray." Der hatte zum sprechen - oder besser gesagt, schimpfen - angesetzt, doch eine Geste von Tyson schnitt ihm das Wort ab. "Vielleicht fragen wir Jemanden, der hier noch nicht alles zusammengebrüllt hat. Kai, kannst du uns das hier erklären?" Ihr Captain zuckte mit den Schultern. "Dr. Mikase war da und hat die Untersuchungsergebnisse mitgebracht. Das war Alles." "Aha, und deswegen rastet Ray jetzt so aus?" "Das war eben nicht 'Alles' - warum erzählst du ihnen nicht den Rest?" "Weil euch der Rest nichts angeht, verdammt noch mal." "Und wie der uns was angeht!" "Nein!" "Doch! Immerhin sind wir ein Team und sie haben das Recht, zu erfahren, dass du nicht mehr bladen kannst!" "Was soll das heißen?" Jetzt beteiligte sich auch Max wieder an dem Gespräch. Schweigend waren sie dem Schlagabtausch gefolgt, mit wachsendem Entsetzen. War das wirklich Ray? Er erschien mit einem Mal so rücksichtslos. "Genau das, was ich gesagt habe. Der Arzt sagt, man kann frühestens im April über eine Operation nachdenken und wer weiß, ob das überhaupt hilft." Obwohl ihm alle einen bitterbösen Blick zuwarfen, konnte Ray gar nicht mehr aufhören zu schimpfen. Doch noch bevor einer von ihnen reagieren konnte, hatte Kai sich an Tyson, der sich vorsorglich zwischen die Beiden gestellt hatte, vorbeigeschoben und war zum Wohnzimmertisch gegangen. Bevor sie zu dem kleinen Erkundungsausflug gegangen waren, hatte Kenny mit Dizzy über die neue Generation Starter gesprochen. Das Testmodell lag noch genau dort, wo er es zurückgelassen hatte. Jetzt nahm Kai den Starter und den dazugehörigen Testblade, setzte alles zusammen (was eine Weile dauerte durch die eingeschränkte Beweglichkeit seiner Finger), zog an der Ripcord und feuerte den Blade in Richtung Ray ab. Es war keine Kraft dahinter, was nicht nur daran lag, dass Starter und Blade nur für Tests gedacht waren, und der Beyblade flog gute zwanzig Zentimeter neben Ray gegen die Wand, ohne eine Spur zu hinterlassen. Blicke flogen zwischen den beiden hin und her, gespannt warteten die drei Japaner auf das, was als nächstes passieren würde. Sie waren einigermaßen schockiert, noch nie hatte ein Teammitglied seinen Blade gegen ein anderes verschossen. Die Blades, die sie benutzten, waren aus Karbon und Aluminium, stark genug, um die langen, materialintensiven Kämpfe mit Bitbeasts zu überstehen. Gleichzeitig waren sie aber auch hart genug, um Menschen zu verletzen. Es hatte ein paar teils unschöne Trainingsunfälle gegeben und es gab die stille Übereinkunft, dass ein Beyblade nie gegen einen Menschen gerichtet werden durfte. Diese drastische Handlung war mehr als deutlich: Ray hatte Kai tief verletzt. Nach einem kurzen Moment des Schweigens knallte Kai den Starter samt Cord auf den Tisch. Alles an seiner Haltung sprach von unterdrückter Wut und insgeheim bewunderte Kenny, wie ihr Captain sich selbst in dieser Situation noch im Griff hatte. Trotz des Zorns, der fast greifbar war und der drastischen Veranschaulichung, dass er durchaus noch im Stande war, einen Kampf zu bestreiten, war jede Handlung kontrolliert. Er hatte bewusst so weit daneben gezielt. Er hielt seine Stimme bewusst ruhig, selbst jetzt. "Wenn du endlich damit fertig bist, mich anzuschreien und unsinniges Zeug zu verbreiten, lass mich dir eins sagen: Ich kann, seit ich ein Kind war, mit beiden Händen bladen, also geht es weder dich, noch das Team irgendetwas an, was genau mit meiner Hand ist oder nicht ist. Ich komme sehr gut ohne diese falsche Fürsorge zurecht, also spar sie dir. Und das nächste Mal, wenn du vertrauliche Gespräche zwischen Arzt und Patient belauschst, solltest du dafür sorgen, dass man dich nicht erwischt." Danach war Kai in seinem Zimmer verschwunden und hatte sich den Rest des Tages dort vergraben. Übelnehmen konnte man es ihm nicht. Mit der letzten Enthüllung, nämlich dass Ray sein Gespräch mit Dr. Mikase belauscht hatte, hatte er sie erst recht schockiert. Das hätten sie nie von Ray gedacht. Der stand immer noch im Wohnzimmer und versuchte zu fassen, was sich gerade ereignet hatte. Anscheinend hatte Kai nicht nur die Drei überrascht. Bevor Ray jedoch auch das Weite suchen konnte, ergriff Max das Wort: "Ray, ich glaube, wir sollten uns mal unterhalten. Jetzt sofort am Besten..." Der reagierte nicht, sondern verschwand wortlos in der Küche. Seufzend tauschten Max, Kenny und Tyson Blicke aus, dann verschwanden sie kurz in ihre Zimmer, um sich frisch zu machen. Gut fünfzehn Minuten später hatten sie sich unabgesprochen wieder im Wohnzimmer eingefunden, Kenny mit Dizzy in Begleitung. Er fühlte sich auf eine gewisse Art schuldig. Er wusste, dass sie jetzt über Kai sprechen würden, doch ohne, dass der anwesend war. Das fühlte sich falsch an, wo er sich doch lediglich in einem anderen Zimmer befand. Sie sollten miteinander sprechen, nicht über einander. Er sah dieses Unbehagen auch in Tysons und Max' Augen, doch keiner sagte ein Wort. Ray hatte unterdessen Tee gekocht, stellte die Teetassen allerdings so heftig auf den Couchtisch, dass ein Großteil des warmen Getränks im Holz versickerte. Erneut war es Max, der das Wort ergriff: "Was hast du getan?" Sofort versteifte sich Ray. "Nichts." "Nach 'Nichts' sah das hier aber nicht aus. Und ich finde, ein Lauschangriff ist auch nicht 'Nichts'. Ehrlich, was hast du dir bitte dabei gedacht?" "Gedacht? Ich glaube nicht, dass er dabei gedacht hat, Max." Tysons abfälliger Tonfall ließ Ray zusammenzucken. Nachdem sie alle Zeit gehabt hatten, sich zu beruhigen, war auch sein Kampfgeist enorm zusammengeschrumpft. Vielleicht gab er deshalb auch so schnell klein bei. "Ich... also... vielleicht... Ich weiß es nicht. Ich weiß ehrlich gesagt gerade überhaupt nicht, was da passiert ist." Er sah sie entschuldigend an, doch so leicht wollte Tyson ihn nicht davon kommen lassen: "Was da passiert ist, kann ich dir ganz genau sagen: Kai geht es verdammt dreckig, das kann man unschwer erkennen. Er kommt hierher, damit er sich erholen kann, damit er vielleicht verarbeiten kann, was passiert ist. Wir wissen nicht was, aber wir wissen, er braucht dringend Ruhe. Sein Arzt kommt hierher, damit er ihn untersuchen kann und bei der Vielzahl der Verletzungen bedeutet das Stress, also das Gegenteil von Ruhe. Er schickt uns alle weg, damit er sich wenigstens darum keine Gedanken machen muss, doch ein gewisser Ray erfindet irgendeine Ausrede, um hier zu bleiben. Statt dann wenigstens seine Privatsphäre zu respektieren, belauscht er das wichtige Gespräch und bekommt Dinge mit, die er gar nicht wissen soll. Gibt er sich damit zufrieden? Nein, er fängt an, Kai mit Fragen zu bombardieren und als er keine Antwort bekommt, flippt er aus, aber so richtig. In einer Lautstärke, die selbst die Tiere im Wald aufscheucht. Ich glaube, das beschreibt es ganz gut, meinst du nicht?" Ray war bei diesen Worten immer mehr zusammengesunken. Tyson hatte ja Recht. "Vielleicht sollte ich mich entschuldigen." "Und du meinst, das reicht?" "Ich weiß nicht, aber irgendwo muss ich ja anfangen, oder?" ~~~ Kenny seufzte leise, streckte sich und stand auf, um sich Kaffee zu machen. Es war noch ziemlich früh, und die Sonne war noch nicht ganz hinter den Bergen aufgetaucht. Er liebte dieses Zwielicht, wenn es weder hell noch dunkel war. In den paar Tagen, die sie hier waren, hatte er sich angewöhnt, vor allen anderen aufzustehen. Nach dem Aufstehen putzte er nur schnell die Zähne, schnürte seine Laufschuhe und lief in den Wald. Er war kein großartiger Jogger und kein überragender Sportler, aber er genoss die Stille um sich herum. Hier konnte man nachdenken, ohne Störung oder dizzymäßiges Gequatsche. Wenn er wieder zurück kam, war Kai meistens schon auf den Beinen. Die verquere Situation belastete sie alle stärker, als sie zugeben wollten. Ihr Captain trieb sich den ganzen Tag draußen im Wald herum. Sie verstanden ja, dass er allein sein wollte, doch das Wetter hatte sich Tag für Tag verschlechtert und das beunruhigte sie. Das schwache Nieseln war in beständigen Regen übergegangen und es konnte nicht gesund sein, jeden Tag pitschnass zu werden. Trotzdem traute sich keiner von ihnen, dagegen einzuschreiten. Kai mochte Probleme haben, aber den abweisenden arktischen Blick konnte er ungehindert jederzeit einsetzen. Während Kai seine einsamen Ausflüge in den Wald machte, wartete Ray in der Hütte. Seit dem Vorfall hatte er sich keine zwanzig Meter vom Haus entfernt. Wenn das Wetter es zuließ, trainierte er auf der Veranda, meist saß er jedoch im Wohnzimmer und starrte hinüber zum Wald. Er sprach kaum, sondern murmelte ab und zu etwas Unverständliches vor sich hin. Manchmal ging er Kenny damit ganz schön auf die Nerven. Insgeheim ärgerte der Chef sich: Seit dem Streit gingen sich seine Teamkameraden aus dem Weg und keiner schien sich daran zu stören. Nachdem Tyson Ray zusammengestaucht hatte und Ray sich daraufhin in sein eigenes Zimmer verkrümelt hatte, hatten die Drei intensiv beratschlagt, was sie in der Sache unternehmen konnten. Sie waren sich einig gewesen, dass sie in die Situation eingreifen sollten, vielleicht sogar mussten. Jedoch wollte keinem einfallen, wie sie das bewerkstelligen konnten, ohne alles zu verschlimmern. Sie waren übereingekommen, dass zuerst ein Plan her musste, doch seither waren sieben Tage vergangen und keiner hatte etwas Vernünftiges herausgebracht. Kenny hatte das Gefühl, dass sich hier ein Sturm anbahnte, doch ob er alles kaputt machen oder Erneuerung bringen würde, war völlig offen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)