Auftragsnummer YT1985M von xManja (Hosting by Yakuza) ================================================================================ Kapitel 6: Bitte ... küss mich, bitte. -------------------------------------- Kapitel 7 – Bitte … küss mich, bitte. ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- 12.10.2016 – 30.05.2017 Auftragsnummer YT1985M Es war ein seltsames Gefühl, welches sich in Masao entfaltete, als er die Treppen zum dritten Stock emporstieg, und sich das eben Geschehene einberief. Er fühlte sich mittlerweile nicht einfach nur wohl im Beisein des Hosts, sondern kam tatsächlich gerne hier her. Hier her, in diesen Club. Unterhielt sich gerne mit Kenta, weil der ihm nach wie vor sympathisch war und hatte auch das Gefühl nicht gelogen zu haben, als er diesem sagte, Yasu zu mögen. Es schien sich also in kurzer Zeit etwas entwickelt zu haben, was sich gar nicht entwickeln sollte. Normalerweise hatte er immer alles Griff. Dachte rational, sachlich, aber niemals emotional. Das konnte er sich in seiner Welt einfach nicht erlauben. Die 'HappyPils' halfen mitunter nicht nur locker zu bleiben, sondern Vieles schlichtweg nicht auf emotionaler Ebene an sich herankommen zu lassen. Sein Auftrag schien diesbezüglich allerdings eine Nebenwirkung zu sein, die Gefühle weckte, Emotionen zuließ und einen kleinen Hauch von Sehnsüchten und Wünschen öffnete, welche längst ganz tief im Inneren verstaubten und verrosteten. Es war derzeit das Einzige in seinem Leben, was ihn ernsthaft Freude bereitete. Was ihn ablenkte vom Alltag, was ihn von ganz allein auf andere Gedanken brachte, ja, gar hin und wieder ehrlich zum Lächeln brachte – obwohl es genau das Gegenteil bewirken sollte. Immerhin kam er her, um die Schwester des schönen Clubprinzen ausfindig zu machen. Sollte Masao das nicht innerhalb der besagten sechs Monate schaffen, würde er dafür angemessen bestraft werden. Nur wusste er langsam nicht mehr so genau, welche Strafe schlimmer wäre. Eine Hinrichtung, wegen Nichterfüllen seiner Pflicht? Ein Haken an der Akte, und Yasu als abgeschlossenen Fall nie wieder sehen? Oder aber- Moment! Worüber dachte er da eigentlich nach? Überrascht über sich selbst schüttelte der Yakuza den Kopf und fuhr sich mit der Hand über den Nacken. Dieses komische Gefühlszeug und Nachgedenke musste ganz dringend aufhören – ganz, ganz, dringend! Reichte etwa die Dosis der Pillen nicht mehr aus, oder vertrugen sich Drogen und Hostclubs schlichtweg nicht miteinander? Wenn ja, dann sollte das in Zukunft zwingend im Beipackzettel unter Punkt Neun aufgeführt werden! *„Kurde … Nie mam pojęcia ...“, schlich sich ein Flüstern in der gelernten Muttersprache über die Lippen, um andeutungsweise in Worte zu fassen, wie durcheinander der Junge Mann seit einigen Wochen war. Hier passierten Dinge, die vollkommen im Selbstlauf arbeiteten. Gegensteuern Zwecklos! Im dritten Stock angekommen dehnte sich ein Seufzer hervor, welcher in ein Gähnen umschlug. Er musste wahrlich aufpassen nicht zu vermenschlichen. Jahrelang unterband er es, um einigermaßen gut schlafen zu können, und dann kam da irgendein Host dahergelaufen und sollte all das zu Nichte machen? Zudem war Masao gar nicht der Typ, der sich verliebte, oder Sehnsuchtsvoll nach einer Beziehu- Wow! Okay – Stopp! Der Schlag auf die Nase musste bis ins Kleinhirn durchgedrungen sein und einige Gehirnwindungen verdreht haben. Schluss jetzt! Der Blick schweifte über den Flur, aber Watanabe schien nicht hier zu sein, weswegen er niemanden eine Erklärung schuldete, allein hier hoch gekommen zu sein und steuerte schließlich Yasus Wohnung an - mit einem Tee in der linken Hand. Dabei meinte Kenta, Yasu würde schlafen, als Masao das Gespräch beendete, um diesen endlich aufzusuchen. Irgendwann würde er schließlich aufwachen – und wenn es mitten in der Nacht wäre. Dennoch hielt Kenta den Gast davon ab gleich nach oben zu gehen, um den schlafenden Dornröschen noch einen Tee zu kochen, der, sobald es erwachte, sicherlich eiskalt war. Verstehe einer die Logik von Herzensmenschen. Kurz hieß sich der Yakuza erneut als verblödet in dieser Welt, trat an die Tür heran, legte die Hand auf die Klinke und hielt inne, als dumpfes Gepolter und Gemurmel die empfindlichen Gehörgänge erreichten. Skeptisch glitt der Blick auf die Klinke hinab, bevor er den Kopf neigte und lauschte, als es erneut polterte. Rastete Yasu gerade aus? Abermals erklang ein dumpfer Schlag, was beinahe zu einem Schmunzeln führte, welches nicht ausreifte. Unruhe, sowie zweierlei Stimmfarben kristallisierten sich heraus, ließen höchstwahrscheinlich nur einen Gedanken aufkommen, welcher Vergnügen zu Zweit beinhaltete. Doch das Gepolter, die übertriebene Unruhe und diese dumpfen Laute verengten Masaos Augen angestrengt lauernd. Er hatte Yasu ausgebucht. Alle Hosts, sowie Kellner, einschließlich Kenta, befanden sich in den Gasträumen. Unwahrscheinlich also, dass der Host Besuch hatte - geschweige denn eine Liebelei auf seinem Privatzimmer. Noch einmal lauschte der Teebringer konzentriert, um nicht doch gleich in eine ungewöhnliche Situation zu geraten und riss anschließend, ohne weiteren Gedanken, die Tür auf. Hörbar zog ein eisiger Wind durch den Aufschwung um die Ohren, ließ selbst einen hartgesottenen Yakuza frösteln, welcher geradewegs auf die sich abspielende Szene vor dem geöffneten Fenster starrte. Noch ungesehen, fiel die Tür mit Hilfe des Windes lautstark ins Schloss und Masao schritt Zielgerade auf den Fremden zu, welcher von seinem Tun, den halb erstickten Yasu in einen Kleidersack zu stecken, inne hielt, und erschrocken aufblickte. „Lass ihn sofort los, oder ich vergesse mich! SOFORT!“, donnerte Masao tief und herrisch von sich, zögerte nicht und schüttete den dampfend heißen Tee direkt in das maskierte Gesicht des Unbekannten. Schockiert darüber zischte der Eindringling auf, stieß das Opfer dabei heftig von sich und legte beide Hände auf das glühende Gesicht. Auch die Waffe landete zusammen mit dem Clubprinzen, sowie einem schmerzlichen Geräusch auf den Boden, als die Stimme undeutliche, aber beklagende Laute formte. Tja – wenn Kenta sagte, er koche ordentlich Tee, dann kochte er ordentlich Tee. Die Lage ausnutzend, schritt Masao auf den Mistkerl zu, stieß diesen mit beiden Händen und sehr viel Energie rücklings gegen die Wand. „Was hast du hier zu suchen?!“ Kein Mensch dieser Welt vergriff sich am Hab und Gut eines Yakuza. Keiner! „Was du hier zu suchen hast?!“ Hart klang die sonst so weiche, angenehme Stimme. Herrisch war das sonst so umgängliche Handeln, als beide Hände nach dem Kragen des doch recht stämmigen Mannes packten, ihn zu sich zogen, nur um ihn erneut kräftig mit Nachdruck gegen die Wand zu stoßen. „Bist du taub, oder was?! Sprich!“ „Pendejo!“, beleidigte ein spanischer Ausdruck voller Hass und Groll den jungen Mann, welcher darüber kurz stutzte und natürlich nicht verstand – etwas Nettes wird es allerdings wohl kaum gewesen sein, weswegen Masao reagierte, als hätte er das Wort für „Wichser“ genauestens verstanden, um seine Sicherheit nicht zu verlieren. So griff er nach, schüttelte ihn am Kragen gepackt und drückte den Körper erneut mit Schwung zurück gegen die Wand, als sein Gegenüber versuchte den Griff mit gezieltem Handling zu lösen. Eindeutig kein Möchtegern Überfall. „Was du hier willst, hab ich dich gefragt! Mach's Maul auf und sag mir, was du vor hattest, na wird’s bald?!“ Kräftig begann er den anderen zu schütteln, winkelte ein Bein an und zog den Körper mit einem ebenso kräftigem Ruck gen Unterleib seinem Knie entgegen. Klägliche Laute lösten sich, doch wollte der Yakuza eine Antwort auf seine Frage, weswegen das Knie erneut mit Kraft und Schwung nachzog. Die Hände stießen anschließend gegenteilig den Oberkörper zurück an die Wand und entrissen dem Fremden die Maske unsanft vom Gesicht. Wer war das verdammt nochmal? Was wollte er von seinem Host? Was? Kurz musterte das Augenpaar das errötete Teegesicht, doch es blieb Unbekannt. Jedoch stach sofort ins Auge, dass es sich hierbei um keinen Japaner handelte, gar einen Asiaten. Die Züge waren zwar weicher, als man es von Europäern oder Amerikanern kannte, doch passte es haargenau zu dessen Akzent und benutzter Fremdsprache. Englisch oder Amerikanisch war es nicht. Vielleicht Französisch, Italienisch oder Spanisch? Das Spektrum ließ sich gut eingrenzen - die Antwort auf die Frage, was der Typ hier zu suchen hatte, blieb allerdings offen bislang. „Ich warte!“ Deutlich spürbar war die zu tiefst wütende Aura Masaos. Deutlich hörbar lag Zorn und Gewalt in der Stimme, während er mit schnellem Griff das Handgelenk des Einbrechers auf schmerzliche Weise nach links drehte, sodass dieser mit schmerzverzerrtem Gesicht einknickte. „Auftrag abholen, verfluchter Bastard!“ Die Stimme war nicht minder bedrohlicher, doch der ausländische Akzent wiegelte den Groll der Stimmfarbe deutlich ab. „Wohin?“ „Geht dich 'n feuchten Scheißdreck an.“ „...“ Aus engen, musternden Augen blickte Masao seinen Gegenüber an, konnte sich keinen Reim darauf bilden, was eine andere Organisation von seinem Host wollen könnte und stieß den Typen abermals unsanft mit sehr viel Kraft gegen die Wand. „Ich hasse es, wie die Pest, wenn man unangemeldet vorbeikommt, weißt du?“, näherte er sich einem Ohr, umklammerte mit einer Hand den Hals, drückte mit nötigem Enthusiasmus an der Halsschlagader zu und leckte sich die Lippen. „Du nennst mir einen gängigen Namen, oder es geht gleich six feed under du Miststück. Und zwar so, wie du bist, dass du elendig erstickst! Letzte Warnung! Ich bin nicht besonders geduldig, also sprich!“, zischte er ruhig, aber bestimmt, drückte sogleich den Daumen fester gegen den spürbaren Puls und empfing pure Kapitulation, welche der andere Körper ausstrahlte. „St.Marriott!“, stieß der Unbekannte hektisch hervor, ließ sich, trotz seiner stattlichen Figur, vollkommen von Masao beeindrucken, der gerade einmal halb so muskulös wirkte – es jedoch doppelt so viel zu sein schien. „Der Auftrag geht über St.Marriott, okay?! Mehr sag ich nicht!“ „...“ Masao stockte der Atem für den Bruchteil einer Sekunde und wurde in seiner Unachtsamkeit heftig zur Seite gestoßen. Der Hüftknochen begrüßte die Tischkante herzlich, zog dadurch sämtliche Muskulatur binnen Sekunden zusammen, sodass der Körper in sich zusammensackte. Halt fand eine Hand an der Tischkante, zog den schmerzenden Körper empor, während der Blick hastig zum Fenster glitt, wodurch eine Flucht über die angrenzenden Dächer gelungen schien. *„Skurwysyn!“, zischte der Groll durch den Raum, während sich der Yakuza ächzend auf die Beine zog, um wie ein Jagdhund zum Fenster zu hechten. Dem Ziel zum Greifen nahe, setzte er einen Fuß nach draußen in die eisige Kälte, als ein hyperventilierendes Röcheln und Würgen aus dem Raum seine Aufmerksamkeit direkt auf den Host lenkte. Der Host. Der schöne Clubprinz. Yasu! Der musste Todesängste durchstanden haben, und ja, dem war auch so. Jetzt musste jener sich allerdings anstrengen um richtig atmen zu können, glaubte sogar noch immer, jemand drücke ihm dem Kehlkopf zu, und war gefangen zwischen übergeben müssen, Heulkrampf und Ohnmacht, sodass er völlig Trunken vor Panik, geistesgegenwärtig versuchte aufzustehen, wie ein junges Rehkitz aber stetig gegen Schrank, Wand, oder andere Einrichtungsgegenstände taumelte. Masao hielt kurzweilig inne, bevor er den Blick losriss und nach draußen in die Dunkelheit sah, die Umrisse des Typen erkannte und- „Ach!“, stießen die Stimmbänder frustriert voller Inbrunst in den Abend. „Ach, Scheiße verfluchte! Scheiße!“, stieg er zornig zurück auf den Tisch, sah ein letztes Mal in die Nacht, beobachtete wie der Schatten verschwand, und knallte das Fenster schwungvoll zu. Er war so unglaublich bescheuert! Er war einfach so unfassbar dämlich dem Kerl nicht nachzujagen, aber wieso tat er es nicht einfach?Was zum Teufel hielt ihn davon ab? Was war es, was ihn daran hinderte, was war das bloß verflucht?! Und wo verdammt nochmal war dieser verdammte Watanabe!? Fluchend in den nicht vorhandenen Bart gemurmelt, sprang er vom Tisch, drehte sich mit beiden Händen in die Hüfte gestemmt um und sah dabei zu, wie Yasu den Eimer erreichte, sich daran festklammerte und sich schließlich übergab – wortwörtlich mit hängen und würgen drohte er in seiner halb knienden Position, samt Eimer, umzukippen. Es entlockte dem Älteren im Raum zunächst ein grummelndes Augenrollen. Ein Kopfschütteln. Ein Schnaufen. Ein Handeln – denn schließlich kniete sich Masao also in Anbetracht dessen zu seinem Host auf den Boden, der unter seinem Würgen krampfig versuchte Luft zu holen und zeitgleich einen Heulkrampf erlitt. Zumindest hörte es sich so an, dabei glaubte der Zyklop mittlerweile sämtliche Stimmlagen des anderen zu kennen. „Hey“, sprach er ruhig aus, drängte sich soweit gegen ihn, dass Yasu zwischen ihm und dem Bett Halt fand und mit einer Hand vorsichtshalber den Rand des Eimers festhielt - während die andere auf dem bebenden Rücken lag, diesen behutsam auf und ab streichelte. Schon wieder … „Atme durch die Nase ein. Immer durch die Nase, sobald du kannst Yasu, hörst du? Beruhige dich, ist gleich vorbei.“ . . . Während der bebende, aber wesentlich ruhiger gewordene Körper im Bett lag, nahm sich der Yakuza der Sauerei an und spülte den Eimer im Badezimmer aus. Dabei entging ihm das Chaos natürlich keineswegs und er ließ sich die ganze Szenerie nochmals durch den Kopf gehen. Stellte sich vor, wie die Wasserlache auf den Fließen entstand und entwarf sinnbildlich mehrere Varianten. Doch ganz gleich, wie diese aussahen, stellte sich all die Zeit die Frage, wie es der Kerl schaffte unbemerkt in dieses Gebäude einzudringen. Ebenso zogen sich die Brauen des Yakuza fragend zusammen, als er sich bewusst darüber wurde, dass trotz des Lärms, kein Watanabe auf der Matte stand. Es sei denn man ging davon aus, dass Yasu um diese Zeit ebenso in den Gasträumen arbeiten würde. Dennoch reichte diese Begründung nicht, um einen Leibwächter völlig abzusetzen. Ein Blick auf das Display des Handys zeigte keine außergewöhnlich viele Versuche auf, ihn in der letzten Stunde dringend erreichen zu müssen. Auch die Nachrichten waren weder Alarmierend, noch Besorgniserregend, weswegen er den Drang, sein rechte Hand anzurufen auf später verschob. Yasu war zwar bisweilen noch zwischen Nirwana und Realität, aber genau dies war ein unberechenbarer Zustand. Trotzdem musste er so schnell wie möglich Kontakt mit seinem Clan aufnehmen. Nur was sollte er sagen? Wie sollte er die Flucht eines Marriotts erklären, wo er ihn doch so gut wie im Sack hatte? Was hatte er bloß getan? Was hatte ihn da bloß gelenkt, ihm das Hirn vernebelt, ihn den womöglich größten Fehler seines Lebens begehen lassen? „Shit ...“, seufzte sich das innere Wohl leise über die Lippen, nachdem die Hand straff über die Stirn strich. Er musste nachdenken. Der Eimer wurde mit einen leicht plastischen Geräusch auf die nassen Fließen gestellt, bevor sich die Hände am Rande des Beckens abstützten, um das Augenpaar einen Blick in den Spiegel werfen zu lassen. Jener war ebenso benetzt mit Wasserspuren und der umgefallene Seifenspender ließ zusammen mit Yasus nassem Haar darauf schließen, dass man dessen Kopf hier unter Wasser drückte. Also musste er in unmittelbarer Nähe gestanden haben, als der Unbekannte ihn überraschte. Und weil er natürlich versuchte sich zu wehren, drückte man seinen Kopf hier unter Wasser. War nichts Ungewöhnliches, um ein Opfer schnell zum Schweigen zu bringen, wenn man keine anderen Mittel und Geschicklichkeiten besaß. Trotzdem konnte er sich keinen Reim darauf machen, was es mit dem Überfall auf seinen Spuck-Weiner auf sich hatte. Ging es tatsächlich gezielt um Yasus Person, oder war der Angriff auf einen Dritten bedacht? Auf Masao selbst? Stand er selbst im Fadenkreuz und das Zögern, sowie das Zurückbleiben in Yasus Wohnung waren gar nicht der größte Fehler, sondern sein größtes Glück? War es eine Falle, die er, wie durch ein Wunder, nicht betrat? Fragen über Fragen. Tief sog der Yakuza die Luft ein, füllte die Lungen mit Sauerstoff und bemerkte dabei sehr deutlich den stechenden Schmerz, an der geschlagenen Stelle, welcher ihn in die Beuge zwang und ebenso an den Zusammenstoß mit der Tischkante erinnerte. Ein zischender Laut huschte über die vollen Lippen, dann richtete sich der Körper wieder auf, während eine Hand nach dem Saum des Hemdes griff, um es anzuheben. Deutlich zeichnete sich eine geschwollene rote Spur vom Hüftknochen aufwärts auf der Haut ab, welche sich in den nächsten Stunden farbenfroh verfärben würde. Murrend über diese Entdeckung, verzog Masao genervt darüber das Gesicht, versuchte die Schwellung nach hinten abgehend zur Lendenwirbelsäule zu verfolgen und zog das Hemd schließlich aus. Der Stoff störte – das aufgezeigte Spiegelbild allerdings auch, als er mit einer halben Drehung und einem Schritt zurück sah, dass er sich die ganze Seite hervorragend geprellt haben musste. Scheiß Europäer! Ein Handtuch, welches an einem Haken neben dem Waschbecken hing, landete im Becken, während die rechte Hand mürrisch den Hahn aufdrehte. So ein verfluchter Drecksköter! Sein schöner Körper, total entstellt! Der konnte was erle- Sein Blick fiel auf die Badezimmertür, welche bislang nur einen Spaltweit geöffnet war. Nun stand mit dem nächsten Wimpernschlag Yasu im Türrahmen gelehnt, die Arme vor der Brust verschränkt um sich selbst zu wärmen und starrte teilnahmslos auf Masaos nackten Oberkörper. Starrte auf dessen Rücken. Starrte auf die großflächige Tätowierung. Noch nie hatte er sie gesehen – noch nie zeigte sich Masao mit nacktem Oberkörper von seiner Kehrseite, wie ihm in diesem Augenblick unbewusst auffiel. Etwa deswegen? Außer dem Wasserrauschen hüllte sich der Raum in Schweigen, bevor Masao den Blick abwendete, das Handtuch mit beiden Händen knetete, um es vollkommen zu tränken, und stellte anschließend den Hahn ab. Überschüssiges Nass wurde aus dem Textil gewrungen, dann warf der Yakuza Yasu durch den Spiegel hindurch einen Blick zu, welcher noch immer teilnahmslos auf dessen Rücken starrte. Er fand es anziehend. Nicht verstörend, nicht ungewöhnlich heutzutage. Sogar sexy – ganz gleich was auch immer dahinterstand. Es passte zum mystischem Wesen seines Zyklopen, welcher nun beobachtete, wie der Host gemächlich zum Waschbecken tapste mit nackten Füßen, um nach Zahnpasta und Zahnbürste zu greifen, welche im Eckregal des Spiegels beherbergt wurden. Starr richtete sich der Blick auf eine Stelle im Keramikbecken, während eine größere Menge Zahnpasta als nötig auf den Borsten landete. Wie in Trance schien das Hirn auf weitere Informationen zu warten um Bewegungen auszuführen, doch die Tube blieb mit dem Rand an die Bürste gelehnt, während sich das blasse Gesicht ein wenig verträumt nach links neigte. Er war so unbeschreiblich fertig. Masao beobachtete das Ganze aus dem Augenwinkel, überlegte einen Moment lang und erbarmte sich schließlich, den Musiker aus seiner Trance zu holen. Vorsichtig tastete eine Hand nach der Zahnpastatube, als könne eine zu schnelle Bewegung eine Explosion verursachen, und nahm diese an sich. Weiterhin durch den Spiegel hindurch musterte das Augenpaar die Gestalt neben sich, welche langsam den Blick hob, um direkt in Masaos Augen zu sehen. Doof war der Junge keineswegs. Trotzdem sollte er so wenig wie nur möglich von der Wahrheit erfahren. Die Wahrheit darüber, wer Masao wirklich war, welcher das Handtuch nahm, es auf die geschlagene Stelle an der Hüfte legte und wortlos das Badezimmer verließ - in der Hoffnung, dass er dem Host jetzt nicht noch die Zähne putzen musste. Eigentlich ein lachhafter Gedanke, doch zu dieser Stunde gar nicht so abwegig. Dabei hatte er ihn am Nachmittag endlich soweit, mal abzuschalten und zu entspannen. Masao seufzte schwer, erfreute sich kurze Zeit darauf jedoch über die Geräusche des Zähneputzens, als er sich das Fenster besah, durch welches seine Zielführung verschwand. Hatte er seine womöglich einzige Chance darauf, seinen Auftrag zu erledigen, in diesem Augenblick verspielt? Wäre er in einer Falle gelandet? Galt dieser Übergriff überhaupt ihn? Wenn nein, was hätte der Kerl mit Yasu angestellt? Wozu sollte er ihn holen? Der Yakuza seufzte in Folge, griff sich an die Stirn und schloss für einen Moment die Augen. Er hatte das Gefühl das Wesentliche aus den Augen zu verlieren. Er wurde unachtsam, geriet an neue Grenzen, welche er sich einst selbst setzte und überschritt sie mit banaler Leichtigkeit. Sollte er Kentas Forderung, die Sache mit Yasu zu beenden, doch beherzigen? Immerhin brauchte er den Host für Informationen, für wegweisende Hinweise – doch er konnte ihm all das nicht geben. Yasu war nicht nützlich, würde ihn nicht weiterhelfen, und dennoch. Dennoch stand Masao in genau diesem Moment in dessen Zimmer, anstatt seinen Auftrag auszuführen, welchen er in jener Nacht hätte lösen können, wäre er diesem Mistkerl gefolgt. Vielleicht – so hoffte Masao – war es genau richtig gewesen, dies nicht zu tun. Abgeschlagen fuhr er sich durch die Haare, blies die Wangen auf, entlies die Luft durch aufgepresste Lippen und schloss abermals für einen kleinen Moment die Augen. Unangenehm begann der Kopf zu pochen, die Hände zitterten und er steuerte instinktiv die Garderobe an, bis ihm einfiel, dass er seine Jacke unten bei Kenta liegen ließ. Innehaltend über diese Erkenntnis seufzte er abermals murrend auf, klemmte die Unterlippe zwischen die Zähne und warf einen Blick zurück auf den Host, welcher das Zähneputzen augenscheinlich bewältigte, und nun geradewegs, wenn auch langsam, den Nachtschrank ansteuerte. Das Augenpaar des Älteren verfolgte den steifen Körper, welcher die Schublade öffnete, um eine Blisterpackung hervorzuholen. Seine Blisterpackung! „Du brauchst die jetzt, oder?“ Dünn war die Stimme, mit Unsicherheit und Vorsicht besetzt. Der Ölprinz regte sich nicht, gab ihm keine Antwort und musterte ihn nur wieder mit dem gleichen Blick, wie er es am Nachmittag bereits getan hatte. Wissend. Durchbohrend. Drohend? Wieder verunsicherte es Yasu maßlos, doch so langsam glaubte er zu wissen, dass sein Märchenprinz ein Junkie, vielleicht auch ein Dealer war, und wollte sich diesbezüglich nicht noch mehr Ärger mit diesem Einhandeln. Glaubte in diesem Augenblick sogar, dass der Überfall garnicht ihm galt, sondern Masao, weil der irgendwelche Drogen noch nicht bezahlte oder bei ihm versteckte – wer wusste das schon? „Sind aus deiner Tasche gefallen … schon vergessen...?“ Eine 'Aha-Geste' schlich sich mitspielend auf Masaos Züge, der dennoch nicht verstand, wieso Yasu solch ein Spielchen begann und kam auf diesen zu, um seine Pillen an sich zu nehmen. Doch der Host wartete bis zum letzten Moment, zog die Pillen zurück und musterte seinen Zyklopen eindringlich mit großen Augen. „Das sind keine Schmerztabletten, richtig?“ „Und?“ Gereizt trat er einen weiteren Schritt auf Yasu zu, streckte die Hand flach aus und forderte stumm die Pillen ein. „Du nimmst Drogen. Und diese Arzthelferin wusste das, oder hat das vermutet, stimmt's? Deswegen solltest du zum Arzt gehen und besser aufpassen.“ „Gib mir einfach meine Tabletten und hör auf Detektiv zu spielen.“ „Und was ist das hier?“ Das Kokain kam zum Vorschein, ließ Masaos Augen böse aufblitzen und den Host erschaudern. „Durchwühlst du etwa meine Sachen? Gib das her!“ „Ist dir auch aus der Tasche gefallen ...“, log der Musiker diesmal offensichtlich. „Erzähl mir keine Märchen! Aus der Innentasche ist die Tüte sicherlich nicht einfach herausgefallen, Yasu!“ Ein kräftiger Schubs erreichte den Host, ließ den Körper unsanft auf die Matratze fallen und mit erschrocken großen Augen zu dem böse dreinblickenden Gast aufsehen. Sein ach so schöner Zyklop, sein ach so perfektes mystisches Wesen! Sollte sein Luftschloss in jenem Agenblick in sich zusammenbrechen? Sollte das, der wahre Masao sein? Er wirkte plötzlich so unsagbar fremd, so unbeschreiblich beängstigend und strahlte eine so übertrieben kühle Aura aus, dass das Blut in den Adern gefror. Wieder lähmte all dies den Körper, wieder überkam ihm die Angst, die Hilflosigkeit. „Du hast kein Recht meine Sachen zu durchwühlen, Yasu, hast du mich verstanden?“ Wütend drückten die Hände des Yakuzas den Körper unter sich erneut ins Laken, während zwei große, erschrockene Augen zu ihm aufblickten, welche verräterisch zu glitzern begannen. „Tut … tut mir leid, ich … es tut mir leid. Ich ... du machst mir angst, lass … lass mich bitte los,“ entwich es der Kehle jämmerlich, ängstlich, ja, fast schon vollkommen unterwürfig, was Masao wiederum sinngemäß die Augen öffnete, in Anbetracht der Situation. Yasu stand ihm bereits viel näher, als er es wahrhaben wollte. Er löste Gefühle und Emotionen in ihm aus, die er all die Jahre wegsperrte, und plötzlich wurde er wütend, wegen einer Sache, die er selbst verbockte? Weil er unachtsam wurde in Yasus Nähe? Der ihn noch immer mit großen Augen anstarrte, leicht zu zittern begann unter dem Griff, welcher sich nun lockerte, um schließlich von ihm abzulassen. Was war denn bloß los mit ihm? Was stellte dieser verschissene Host bloß mit ihm an, was passierte da zwischen ihnen, und vor allem mit Masao selbst? Er brachte nicht nur Yasu in Gefahr – seine Infoquelle, die keine weitere Nutzung aufwies – sondern auch sich selbst! „Masao?“ Das zögerliche Nachfragen löste die Starre des Angesprochenen, sowie den Griff. Eilig distanzierte sich der Ältere der beiden, löste sich, nahm Pillen und Pulver an sich und machte auf den Absatz kehrt. Die Sache war erledigt, er würde gehen. Als auch Yasu begriff, setzte er sich ruckartig auf, hielt sich den Kopf aufzischend und versuchte gar hektisch aufzustehen, schaffte es jedoch nicht. Einzig und allein ein kräftiges: „Nein!“ brachte er Zustande, welches ankommen sollte bei seinem Ölprinzen. Der hielt tatsächlich inne und wandte sich zu ihm mit fragendem Blick. Nein? „Geh bitte nicht“, bat Yasu kläglich, streckte sogar die Hand nach ihm aus, in der Hoffnung ihn vom Gehen abhalten zu können. Doch Masaos Blick war noch immer rau und befremdlich, ganz anders, als gewöhnlich. Es kam wie aus dem Nichts und verunsicherte den Jüngeren zu tiefst. Trotzdem wollte er ihn bei sich haben, wollte nicht alleine sein. Außerdem musste er sich entschuldigen. Masao hatte alles Recht der Welt wütend auf ihn zu sein. Man stöberte schließlich nicht in fremden Sachen herum. Er durfte wütend sein, das war okay. „Wir wissen beide was Sache ist, richtig?“, fragte jener überheblich wirkend nach, drückte eine Pille aus der Verpackung und schluckte diese ohne Weiteres – ganz offensichtlich provokativ. „Und du wirst nicht damit klarkommen, also-“ „Was?“, entwich es Yasu erschrocken, welcher wenig begeistert über die Handlung war. Trotzdem … „Nein. Nein, ich … ich will deiner Buchung nachkommen, wie es sich gehört. Es tut mir leid, du hast ja Recht. Die Tüte ist nicht raus gefallen ... keine Ahnung warum ich das gemacht habe, okay? Es wird nicht wieder vorkommen, und ja, es geht mich auch nichts an, aber bitte geh jetzt nicht. Du darfst von mir aus angefressen sein, du darfst dich auch gerne beschweren gehen über mich, aber … geh bitte nicht.“ Nervös zupften die Finger an der Bettdecke herum. Es fühlte sich wahrlich jämmerlich an, und wahrscheinlich war er das auch, aber die Panik im Inneren beherrschte das Handeln. Anders, als Masao, hatte er nichts getan, als der Kerl ihn überfiel. Masao hingegen war plötzlich da und handelte mit sicherem Auftreten. Ein Aspekt, welcher ihn in diesem Augenblick zusätzlich einschüchterte. Denn diese Seite des Zyklopen kannte er bislang noch nicht. Sie hatte etwas wahnsinnig sicheres, aber auch etwas sehr furchteinflößendes – je nachdem auf welcher Seite man stand. Der Yakuza hingegen hob erneut die Brauen und seufzte schwer, als er sich allmählich beruhigte und der Lage bewusst wurde. Er hatte Yasu angst gemacht, weil er selbst angst verspürte. Er war unvorsichtig. Es war sein Fehler und nicht der des schönen Hosts, der wie ein Häufchen Elend auf der Bettkante saß. „Hör zu, ich wollte dir keine angst machen. Entspann dich. Aber ich kann es nicht ausstehen, wenn man mich ausspioniert. Wenn ich dich darüber in Kenntnis setzen wollen würde, würde ich es tun, klar?“ Yasu knickte ein, entspannte ein wenig und ein reuevolles Nicken folgte. „Ich möchte … einfach nur gerne mehr von dir wissen, und als ich diese Pillen gesehen habe … ich bin ja nicht … gänzlich bescheuert ...“, murmelte er schultern hebend, während Masao ihn diesmal musterte und ein Moment der angespannten Stille entstand. Erst dann trat er langsam auf den Host zu, welcher mit gesenktem Haupt auf dem Bett an der Kante saß und erneut nickte. Er war zu weit gegangen. Die privaten Stunden waren vorbei, das hier war Buchungszeit und wahrlich unprofessionell von ihm. „Das ist nicht für mich“, wedelte Masao das Päckchen diesmal vor Yasus Augen herum, der den Blick hob und es sich besah, ehe er gänzlich aufblickte. Die gewohnte Aura war zurück. „Ab und zu zieh ich ne Line, das ist richtig, aber Großteils verticke ich das Zeug.“ Er ließ den Satz wirken, doch der Host verzog kaum eine Mine und schien in sich gekehrt. „Okay.“ Okay? Überrascht über diese Antwort, seufzte der Ältere zum unzähligen Male an diesem Abend und kniete sich anschließend auf den Boden, um Yasu, der den Blick wieder gesenkt hatte, ansehen zu können. Wesentlich entspannter und ruhiger. „Okay? Keine weiteren Fragen euer Ehren?“ Ein Lächeln deutet sich an, doch unehrlicher hätte es nicht sein können. Erneut löste diese Feststellung etwas im Inneren des Ölprinzen aus, was jener nicht zu deuten wusste, welcher sich seicht räusperte und am Hinterkopf kratzte. Wieso nur, fühlte sich das so komisch an? Wieso hatte er das Bedürfnis einen Witz zu reißen, um ein ehrliches Lächeln auf diesen schönen Zügen zu sehen? Wieso nur wurde sein Herz so schwer, je länger er den Jüngeren musterte? „Hör auf dich so zu beugen, Yasu, das bist du nicht.“ „...“ Die Schultern hoben sich nur angedeutet, dann sanken sie niedergeschlagen hinab. „Was meinst du, welche Art von Dienstleistung, außer Sex, lässt mich als steinreicher, alter Sack ausdienen, hm? Bauarbeiter sicherlich nicht“, versuchte er den Host auf ihren Anfang zu lenken, doch noch immer wollte Yasu den Kopf nicht heben, weswegen Masao dies für ihn übernahm, indem er mit dem Zeigefinger unter dessen Kinn griff, um den Blick des anderen geradewegs einfangen zu können. „Warum Interessiert es dich so sehr?“ „Sollte es nicht, ich weiß.“ Hart schluckte die Kehle die Traurigkeit hinab. „Beantwortet meine Frage nicht“, seufzte Masao gedehnt aus und holte tief Luft. „Aber gut … sei es drum, beantworte ich dir eben deine.“ „...“ Eine Frage? Es waren so viele! Es waren unbeschreiblich viele, wieso woll- „Ich verticke Drogen.“ Diese Worten schienen sich direkt ins Herz zu bohren, sodass Yasu die Augen länger als nötig schloss, während sein Gast fortfuhr. „Heute Nachmittag hätte dieses Päckchen den Besitzer wechseln müssen, aber wie du ja mitbekommen hast, kam mir etwas dazwischen“, scherzte dieser locker auf seine Nase zeigend, um die Stimmung wieder aufzuheitern, sowie Yasus Vertrauen zurück zu gewinnen. „Manches … kann man sich im Leben leider nicht aussuchen. Du machst das hier freiwillig. Ich hingegen ...“ Er ließ es im Raum stehen, warf das Tütchen auf den Nachttisch und setzte sich schließlich mit auf das Bett. „Um nicht völlig den Verstand zu verlieren, nehme ich 'HappyPils'. Stimmungsaufheller, wenn du so willst. Sie lassen dich weniger nachdenken, weißt du? Ohne die Dinger drehe ich durch“, lachte er verhalten auf und kreiste den Zeigefinger neben der Schläfe, wobei Yasu endlich den Kopf wieder hob und Masao ansah. Diesmal nicht nur traurig, sondern betroffen. Doch sagen konnte er im Moment nichts. „Ich kann nicht einfach kündigen und sagen dass ich das nicht mehr tun möchte. Das ist es doch, was du als nächstes wissen wollen würdest, richtig?“ „...“ Sein Finanz-Minister hatte seine Hellseherischen Fähigkeiten also nicht verloren. „Deswegen, Yasu, sei bitte nicht so naiv und finde auf eigene Faust irgendwelche Dinge über mich heraus. Das könnte Kreise nach sich ziehen, wo du am Ende in Dingen steckst, die du dir nicht einmal erträumst, okay? Ich will dich durch Unachtsamkeiten nicht in Schwierigkeiten bringen, das ist alles. Meine Klienten sind Stammkunden, die Orte der Übergabe weit Außerhalb deines Clubs. Mehr kann ich dir dazu auch nicht sagen und ich bitte dich, das für dich zu behalten. Das Getratsche ist groß, wie du weißt und ich mache das nicht erst seit ein paar Wochen, oder Monaten, wenn du verstehst.“ Zögerlich bekam der Ältere ein Nicken als Antwort, doch Yasu holte Luft und blickte ihn entschlossen an. „Was … was nimmst du noch?“ „...“ Masao schwieg, verengte den Blick, wirkte jedoch nicht gefährlich – vielmehr bockig, konnte man es so beschreiben? Es machte dem Host zumindest keine Angst mehr, welcher die vertraute Aura deutlich spürte, die ihm genug Sicherheit gab. „Du hast mich gebeten nichts weiter darüber zu fragen, aber … nimmst du 'nur' diese scheiß Pillen und ziehst ab und zu … das Zeug da, oder … ist da noch mehr?“ „Findest du das zu wenig?“, scherzte Masao locker, doch konnte der Host nicht Ansatzweise darüber lachen, weswegen erneut schweres Seufzen durch den Raum glitt. „Vielleicht zieh ich zu manchen Zeiten öfter Lines, aber im Grunde sind's nur die Pillen. So schlimm ist das nicht, sie machen locker und entspannen dich. So, wie du mich kennst, so bin ich wirklich, falls es das ist, was du dich fragst.“ „Nh, nein, das … darum geht’s gar nicht“, schüttelte der Jüngere den Kopf. „Aber du bist abhängig von ihnen, richtig?“ „Ja. Dem will ich gar nicht widersprechen.“ „Dann … dann ist das nicht einfach nichts, wie du meinst. Drogen sind Drogen und sie beeinflussen definitiv deinen geistigen Verstand und sind sicherlich alles andere als 'nicht so schlimm'“, griff er Masaos Worte neu auf, der Yasu still anblickte und sich über den Nacken fuhr. „Du rauchst und trinkst Alkohol, das sind genauso Drogen, wie diese beiden Dinge hier.“, deutete er auf besagte Utensilien und brachte Yasu diesmal zum Seufzen. „Schon. Aber ich werde nicht … bewusst daran zu Grunde gehen ...“ „So? Du hast ordentlich recherchiert, hn?“ Ein kesses Schmunzeln stahl sich auf die sündigen Lippen. „Du sagst es doch selbst! Das Zeug lässt dich entspannen und ohne würdest du durchdrehen. Jetzt sagst du, du kannst dir nicht aussuchen, wo du bist, was du tust … du … du siehst darin vielleicht einen Ausweg, oder?“ Masao lachte verhalten und schüttelte den Kopf darüber. „Die Dosis macht das Gift über kurz oder lang. Darum sagte ich eben, dass ich zu mancher Zeit mehr Lines ziehe – dafür fallen die Pillen dann weg, verstehst du? Ich habe nicht vor mich gezielt damit wegzuräumen, das wäre echt ein uncooler Abgang.“ „...“ Tröstete Yasu keineswegs. „Jetzt hör mir mal genau zu“, bat die vertraute Stimme ruhig. „Bevor ich die 'Happys' genommen habe, war ich ein Wrack, glaub mir. Jetzt denk ich nicht mehr so viel nach über das was ich tun muss, sondern mehr über das, was ich tun möchte. Zum Beispiel hier bei dir sein. Nicht, weil ich dich bezahlt habe, sondern weil ich deine Gesellschaft begrüße. Der Unfall heute Nachmittag hat dazu geführt, dass du Dingen auf die Schliche gekommen bist, die du normalerweise niemals von mir erfahren hättest. Du hast die Situation für dich genutzt, das ist menschlich, das kann ich dir nicht ankreiden. Dass du mir die Dinger aber ein zweites Mal entwendet hast, ist nicht nur dreist, sondern auch Risiko für dich. Mag sein, dass du mehr über mich wissen möchtest und dass unser Zusammentreffen irgendetwas hat, was Neugier weckt, und ich muss zugeben, irgendwie war das so nicht geplant, dass du … ich weiß gar nicht, wie ich es nennen soll, aber du machst seltsame Dinge mit mir, die sich seltsam bemerkbar machen, aber gut anfühlen, verstehst du? Aber Yasu. Ich bitte dich jetzt das erste und das letzte mal darum. Lass das. Lass es, mir nachzuschnüffeln, lass es, mir weiter Fragen zu stellen zu diesem Thema. Es ist nicht so, dass du kein Recht dazu hast, es jemals zu erfahren. Vielleicht wirst du es eines Tages erfahren – aber dann gezielt und ausführlich. Aber nicht jetzt, okay?“ „...“ War Masao in einer Gang? Einer Clique, einer Sekte – irgendeine Art Verein, wie diese tausenden Underground Gruppen, wo man nie wieder, oder nur sehr schwer austreten konnte? War dem so? Und was genau meinte er damit, dass er Dinge mit ihm tat und in ihm auslöste? War das eine Art Kompliment? Würde Masao vielleicht gerne Bauarbeiter sein, durfte aber nicht? Trug er noch mehr Lasten mit sich herum, musste es sein ganzes Leben schon ertragen? „Brauchen wir wieder Zettel und Stift?“ „Da ist noch mehr, oder?“, flüsterte Yasu traurig gen Boden, bevor er den Blick des anderen gezielt aufsuchte. „Was meinst du?“ „Du nimmst die Dinger nicht, weil du Drogen vertickst... du … da ist noch mehr, hab ich Recht? Sag einfach nur ja, oder nein, ich will keine genaue Erklärung, ich will nur wissen ob ich re-“ „Ja.“ „...“ Innehaltend kehrte erneut ein Moment der Stille ein. „Kanntest … kanntest du den Typen?“ „Nein.“ Masao sah Yasu ehrlich und ernst an. „Nie gesehen.“ Nickend, dennoch betreten sah der Host erneut gen Boden, während der Yakuza ihn von der Seite musterte. Er konnte regelrecht spüren, wie es in Yasu arbeitete, welche Gedanken dieser hegte und wie nervös und aufgebracht er noch immer war. Doch mehr konnte er ihm dazu beim besten Willen nicht erzählen. Es war bereits zu viel was er wusste. Noch mehr war schier unmöglich, wenn er ihn in Sicherheit wissen wollte. Und das wollte Masao. Er spürte es in jenem Augenblick zum ersten Mal in seinem Leben – die Sorge um einen anderen Menschen! Die Sorge, und die damit verbundene Fürsorge. „Und jetzt? Möchtest du dass ich gehe?“ „Nein.“ „Ich kann auch Samu oder Kenta holen, wenn es dir darum geht, nicht allei-“ „Nein.“ „Du willst mir allen Ernstes erzählen, dass du dich trotz Allem sicher fühlst bei mir?“ „Ja.“ Diese wortkarge Kommunikation seitens des Jünglings, raubte selbst einen Yakuza wie ihm den kompletten Wortschatz. Machte Liebe wirklich blind? War der Jüngere so sehr in ihn verknallt? Yasu seufzte schwer. „Ich … glaube einfach nicht, dass du mir … ich glaube einfach nicht, dass du mir jemals etwas tust. Du warst wütend vorhin. Das war in Ordnung, du hattest allen Grund dazu. Ich glaube dir, wenn du sagst, du hast den Typen nicht gekannt. Ich glaube … deine Reaktion, als du reingekommen bist, war nicht gespielt. Da warst du auch wütend, so wie jetzt auf mich. Und ... wozu all die Mühe, wenn du mich ums Eck bringen wollen würdest oder so? Vielleicht bin ich mal wieder naiv, aber das ist eben … meine Happy Pille, auch wenn … na ja ...“ Ein trauriges Lächeln erreichte Masao wie aus dem Nichts und ließ ihn kalt erschaudern. „Auch wenn das alles eben inszeniert war von dir … und du diesen Kerl angeheuert hast … oder weil er … wegen dir hier war, weil du … keine Ahnung, Drogen hier versteckst oder so? Ich weiß es nicht … aber … du wirst mir nichts tun … richtig?“ Was genau es war, was Masao tief in seinem Inneren spürte, wusste er nicht zu beschreiben, doch es nahm ihm kurzweilig die Luft zum Atmen und lies das Herz eine seltsame Schwere mit sich pumpen, die sich im gesamten Körper verteilte. Es fühlte sich nicht gut an. Räuspernd fuhr sich der Ölprinz durch das Haar, griff sich stöhnend in den Nacken und war für einen kleinen Moment etwas aus der Bahn geworfen, bevor er sich wieder fing. „Oh Gott, Yasu ...“, schmunzelten sich die Worte über die Lippen. „Dann sei weiterhin naiv und vertraue darauf und schnüffle nicht noch weiter in meinem Leben herum, okay? Es würde dir nicht gefallen. Versprich mir das bitte. Ich habe keine Lust den Kontakt abzubrechen, weil du zu viel weißt. Aber, um dich zu beruhigen – ich bringe keine Leute ums Eck. Ich glaube, wenn dem so wäre, würde ich mit meinen 'HappyPils' nicht weit kommen. Und was hätte ich davon, dir irgendetwas anzutun? Du hast kein Blattgold zwischen den Zähnen, es lohnt sich also nicht einmal, dich zu verkaufen. Ist das vorerst Erklärung genug?“ „Mhm ...“, nickte der Host etwas betreten, merkte aber dennoch, dass er langsam wieder entspannte, als er im nächsten Moment überrascht über die aufkommende Frage des Gastes aufsah. „Hm?“ „Ob es einigermaßen geht? So, in dir drin, meine ich, wegen vorhin? Kommst du langsam wieder runter?“ „Ich weiß nicht“, murmelte sich die Antwort in den Raum, während die Finger noch immer nervös an sämtlichen Dingen zuppelten, die sie zu fassen bekamen. „Aber ich glaube … ich glaube der Typ war das, der mich die ganze Zeit verfolgt. Ich habe die Aura gespürt, als er hinter mir war. Das war die gleiche, die ich seit Wochen auf der Straße spüre, aber immer wenn ich mich umdrehe, war da keiner. Vielleicht bilde ich mir das auch nur ein, aber wieso steht auf einmal jemand in meiner Wohnung? Ich habe niemanden was getan. Ich wüsste nicht was! Ich hab aber keine Ahnung wer das sein soll. Vielleicht ein ehemaliger Kunde. Ein verrückter Fan, ein Stalker, wieder irgendein Irrer, der mich nur für sich haben will? Aber ich hab echt nichts getan, ich-“ „Yasu“, hob Masao die Hand, um anzudeuten, dass er runterkommen sollte. „Bleib ruhig, okay? Es ist nichts passiert und ich denke der wollte dich wirklich einfach nur mitnehmen.“ „Nur mitnehmen!“, schockierte sich Yasu über die Worte. „Der stand hier plötzlich i-“ „Ich weiß, ist ja gut, war doof ausgedrückt. Morgen sagen wir Bescheid, dass deine Fenster kontrolliert ...werden und … hn?“ Was tat der Andere denn da? „Tut`s sehr weh?“, flüsterte die Stimme Yasus, welcher seine kalte Hand an den sichtbar geschwollenen Hüftknochen legte, sanft mit den Fingerkuppen über die erhitzte Haut strich. Auch wenn er neben sich stand, so entging ihm das Geschehen nicht. Das Geschehen, die Wortlaute, das verlorene Handtuch auf dem Fußboden. Auch stand er bereits in der Tür, bevor Masao sein Shirt auszog und schmerzlich seinen Körper betrachtete. Sicherlich tat es weh, die Frage war unnötig, so wie sich der Andere vor den Spiegel krümmte, nun aber nach der eisigen Hand griff, um den Blick geradewegs in den Seinen zu führen. „Ist dir kalt?“, flüsterte eine Gegenfrage zurück, ohne wirklich eine Antwort darauf zu wollen. Denn da war es wieder. Dieses seltsame Gefühl, dieser seltsame Drang danach hier zu bleiben und das Telefonat hinten anzustellen. Es war unwichtig in jenem Augenblick. „Lass uns in ein Gästezimmer gehen heute Nacht, okay?“ „Oh.“ Leise kam der Ausdruck über die Lippen. Damit rechnete Yasu soeben am aller wenigsten, aber was bitte glaubte er auch, würde hier passieren? Masao schien solche Situationen zu kennen. Ihm schien es nichts auszumachen, weswegen es ein leichtes war zurück zur Normalität umzulenken und dem musste sich Yasu fügen. Er war schließlich Kunde. Sein Kunde. Sein aller schönster in all der Zeit, welchem er wahrscheinlich sein Leben verdankte. „Okay, aber … Ich … war noch nicht duschen, entschuldige bitte.“ „Eh?“ Masao zog die Augenbrauen tief ins Gesicht, schüttelte den Kopf und sah Yasu an, als habe er den Vorschlag gebracht ihn jetzt auf der Stelle physikalische Formeln beizubringen. „Sag mal spinnst du? Für wie unsensibel hältst du mich bitte?“ Lachend über die Fehlinterpretation schnippte der Zeigefinger an die fremde Stirn, die sich zu kräuseln begann. „Wir können auch hier bleiben, ich dachte nur du würdest dich in einem anderen Raum besser fühlen, bis du die Sache verdaut hast und alles weitere geklärt wird.“ Hoppla ... Yasu bekam augenblicklich wieder Farbe ins Gesicht und sah ohne weitere Worte beschämt zur Seite. Gott, was war das peinlich! Und noch viel peinlicher war die Tatsache, dass ihm die Antwort missfiel, weil sein Junkie anscheinend nicht vor hatte mit ihm zu schlafen – obwohl er eben noch enttäuscht darüber war, weil er dachte, er wollte genau das mit dem Zimmerwechsel bezwecken. Logik? Zumindest Belustigung für den Kunden, denn der lachte verhalten auf, legte Zeigefinger und Daumen an Yasus Kinn, und zwang ihn somit sanft, ihn erneut anzusehen. „Du kannst natürlich trotzdem gerne duschen gehen, nein werde ich dazu nicht sagen, mein Mausezähnchen.“ „Ach … sei still, ich steh noch unter Schock und bin traurig.“ Genuschelte Worte, und eine flache Hand erreichten den Yakuza, welcher nicht damit rechnete, dass sich der andere tatsächlich genierte über seine Aussage und lachte darüber erneut verhalten auf. „Ich werde hier bleiben zum entschocken und enttraurigen, hm?“, tippte der Zeigefinger die Nasenspitze an, während die andere Hand wiederum Yasus am Gelenk sanft von seinem Gesicht zog. „Also lass uns heute wo anders schlafen, dass du zur Ruhe kommst. Morgen meldest du den Vorfall und dann geht es dir bestimmt ein wenig besser.“ Dieser Zyklop! Wie konnte er mit solch einem Mann sein Luftschloss nicht wiederaufbauen? Es war schier unmöglich und der Host längst am Schachten und Schichten! Er war zu perfekt. Er war ein verfluchter Junkie, aber verdammt nochmal, er schien das nicht freiwillig zu tun! Was auch immer die ganze Wahrheit war, es machte den Älteren zu keinen anderen Menschen. Vor ihm saß sein reicher Zyklop, wie er ihn kennenlernte – mehr wollte er doch gar nicht, außer ... „Bitte … küss mich, bitte.“ In den darauffolgenden Sekunden, in welchen nichts geschah, klopfte das Herz nahezu ungehalten und ungestüm gegen den Brustkorb. Hände und Beine begannen zu kribbeln, der ganze Körper füllte sich mit bleierner Schwere und sobald die Lider geschlossen waren, rann eine Träne nach der Nächsten über die erhitzten Wangen. Sanft legten sich angenehm warme Hände auf sie und ebenso sanft legten sich weiche Lippen auf die zittrigen Schluchzer. Noch nie in seinem Leben sehnte sich der Musiker so sehr nach Nähe und Halt, wie in diesem Moment. In diesem Moment, in welchem er an einen ruhigen und warmen Körper herangezogen und überraschend zärtlich geküsst wurde. Ihm blieb gar keine Wahl, als sich fallen zu lassen und die Hände fest in Masaos nackten Rücken zu krallen. * * * „Liebes Tagebuch, es ist erneut passiert. Aber meine Bauchschmerzen sind weg. Weil er ♥ bei mir ist. Egal wer er wirklich ist, ich möchte ihn nie wieder loslassen. Nie wieder. Bitte lass mich ihn behalten dürfen ... Yasu“ * * * ---------------- Next? ---------------- Übersetzung: Kurde – verdammt; scheiße Nie mam pojęcia – Ich habe keine Ahnung (davon; wohin das führt; etc) Skurwysyn - Hurensohn Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)