Keine Kompromisse von Nightprincess (Kaiba gegen die Yakuza) ================================================================================ Kapitel 12: ertragenes Leid --------------------------- ~~ Noah Kaiba ~~ Wenn ich eines hasse, dann sind es Krankenhäuser, daran ändert auch dieses private Krankenzimmer nichts. Es ist ein Glück, dass es mir körperlich soweit wieder gut geht, dass ich dieses Krankenhaus schon verlassen kann. Der Arzt hat mir zwar strickte Bettruhe für die nächsten drei Tage und eine Schonfrist für mindestens zwei Wochen verordnet und mir etliche Schmerzmittel verschrieben, aber das nehme ich gerne in Kauf, wenn ich mich dafür zuhause ausruhen kann, bei meinen Brüdern. Gottseidank ist Mokuba nichts passiert und zum Glück war Seto so schnell da. Allerdings war ich sehr überrascht, als mir Kemo erzählt hat, dass Seto nicht nur in Begleitung von Roland erschien, sondern auch in Begleitung von Saburos verdammten Sohn und dass sich besagter Sohn zurzeit zusammen mit einem weiteren Yakuza-Bengel in der Villa aufhält. Was denkt Seto sich dabei? Ist er jetzt völlig durchgedreht? Seine Alleinaktionen sind ja schon schlimm genug, muss er sich jetzt auch noch mit dem Feind verbünden? Nun ja. Er wird seine Gründe haben, das hat er eigentlich immer. Verstehen tu ich zwar nicht immer, was in seinem Kopf vorgeht, aber es verwundert mich nicht, denn er lässt sich ungern in die Karten schauen. So war er schon bevor mein Vater ihn adoptiert hatte. Ein misstrauischer Junge, der schon viel Leid ertragen hatte und jetzt versuchte, für seinen kleinen Bruder stark zu sein. Seto hat immer versucht, es meinem Vater Recht zu machen und uns zu beschützen, dabei hätte er es nicht nötig gehabt, mich ebenfalls vor der oftmals brutalen Strenge meines Vaters zu beschützen. Ich bin doch nicht mal sein leiblicher Bruder, dennoch hat er nie einen Unterschied zwischen Mokuba und mir gemacht. Er hat uns beide in Schutz genommen und alles ertragen, was mein Vater ihm angetan hat. Ich weiß, dass er nicht nur körperlich unter meinem Vater gelitten hat, sondern auch seelisch, doch zugeben würde Seto es nie. Und doch glaube ich, dass er mittlerweile sowas wie eine Borderline-Persönlichkeitsstörung entwickelt hat. Selbstverletzendes Verhalten, hoher Schlafmittelkonsum, der sich mit in seinem privaten Arbeitszimmer durchwachten Nächten abwechselt, unregelmäßige Nahrungsaufnahme, die oftmals sogar komplett verweigert oder schlicht vergessen wird, unangemessene Wutausbrüche, ständige Alleingänge gegen die Yakuza, die man nur noch als selbstmörderisch bezeichnen kann, Bindungsängste, gepaart mit dem übermäßigen Wunsch, Mokuba und mich vor allem Übel zu beschützen, selbst auf die Gefahr hin, dass er sich selbst dabei in Lebensgefahr bringt. Nach dem Tod meines Vaters hat er sich zwar nicht mehr selbst geritzt, aber dennoch sorge ich mich um ihn. Oftmals wirkt er wie tot, seelenlos, wie ein Roboter, der auf Automatik läuft. Nur bei Mokuba zeigt er ab und zu ein anderes Gesicht. „Sir?“ Ich schaue zur offenen Krankenzimmertür, in der Fugata steht. „Ja?“ „Wir können los. Kemo wartet unten in der Limousine.“ Ich nicke ihm zu und erhebe mich etwas mühselig von dem gemütlichen Sofa meines privaten Krankenzimmers. „Soll ich Sie stützen?“ Ich schüttle den Kopf. „Geht schon. Ist ja nur meine Schulter.“ Und die ist ziemlich fest verbunden. Mein Arm ist zusätzlich mit einem Dreieckstuch an meinem Oberkörper fixiert, damit ich meine Schulter nicht bewege und wirklich schone, wie es der Arzt verlangt hat, aber das behindert mich zum Glück nicht beim Gehen. Ich folge Fugata durch die Gänge des Krankenhauses, in den Fahrstuhl und hinaus zur Limousine. Kemo öffnet mir die Tür und ich steige vorsichtig hinein. Schmerzen habe ich zum Glück keine mehr, dafür sorgen die Schmerzmittel. Aber umständlich ist es dennoch, wenn man nur noch einen Arm bewegen kann, selbst wenn es nicht der dominante Arm ist, der zur Bewegungsunfähigkeit verdammt wurde. Ich schaue aus dem Fenster der Limousine und beobachte das Treiben auf den Straßen und Gehwegen, während wir durch neutrales Gebiet in Richtung Kaiba Villa fahren. Es kommt äußerst selten vor, dass ich mich um diese Zeit in der Limousine befinde, immerhin ist es Sonntagnachmittag und Sonntag ist der einzig freie Tag für uns Kaibas, was bedeutet, dass wir meistens irgendetwas gemeinsam unternehmen und in der Regel ein Privatauto benutzen, wenn wir unterwegs sind. Ist unauffälliger, meint zumindest Seto. Bisher ist zwar nie etwas passiert, wenn wir alle zusammen auf diese Weise unterwegs waren, aber das mag daran liegen, dass wir ständig andere Autos benutzen und nie zweimal dasselbe Auto an aufeinanderfolgenden Wochenenden. Mein Vater hat sich zu Lebzeiten eine riesige Sammlung an alten und neuen Autos angeschafft, die wir natürlich genauso nutzen, wie alles andere, was ihm je gehört hat. Wenn man bedenkt, wie sehr wir unter ihm gelitten haben, ist das allerdings nur ein schwacher Trost. Die Limousine fährt durch das riesige Tor des Kaiba Anwesens und die Auffahrt hinauf, stoppt aber ziemlich ruckartig auf halben Weg zur Villa, was mich mürrisch die Stirn runzeln lässt. „Warum halten wir hier? Die Villa ist doch weiter oben?“ Der Fahrer dreht sich zu mir um und sieht so aus, als hätte er gerade einen Geist gesehen. „Der Weg ist uns versperrt, Sir. Eine Weiterfahrt ist unter diesen Umständen nicht möglich.“ „Versperrt? Durch was?“ „Nicht durch einen Gegenstand, Sir, sondern durch eine Person, beziehungsweise zwei Personen, die sich scheinbar lautstark mitten in der Auffahrt unterhalten, wenn man es nicht sogar streiten nennen könnte.“ Ich wechsle einen Blick mit Fugata, der direkt neben mir sitzt. „Streiten? Wer würde es wagen, sich ausgerechnet hier zu streiten?“ „Wer die zweite Person ist, kann ich Ihnen nicht sagen, Sir, aber, ob Sie es glauben oder nicht, die andere Person ist Master Seto.“ Ungläubig zieh ich meine rechte Augenbraue hoch. „Seto streitet sich mitten in der Auffahrt mit irgendwem? Das muss ich sehen!“ Ohne eine Antwort abzuwarten, öffne ich die Tür der Limousine und höre auch sofort Setos sehr laute Stimme. „Ich habe Dir schon einmal gesagt, dass es nicht mein Problem ist, dass die Polizistin mein Grundstück verlassen hat, während Du beschäftigt warst. Ist doch Deine eigene Schuld, wenn Du Dich dermaßen provozieren lässt und alles um Dich herum vergisst. Also jammere mir hier nicht die Ohren voll. Du wirst das Grundstück nicht verlassen, nicht ohne meine ausdrückliche Erlaubnis und wenn Dir das nicht passt, dann kann ich auch ganz andere Seiten aufziehen, der Keller zum Beispiel ist ausbruchssicher.“ „Du willst mich hier einsperren?“ „Wenn Du es so ausdrücken willst?“ „Du kannst mich mal!“ „Liebend gerne, aber bitte zu einem späteren Zeitpunkt, Du siehst doch, dass mein Bruder gerade eingetroffen ist, ich habe also zu tun.“ „Dein Bruder interessiert mich nicht, ich unterhalte mich gerade mit Dir, also bleib gefälligst stehen und schau mich an, während ich mit Dir rede!“ „Du redest nicht, Du bellst, Hündchen. Schalte mal die Lautstärke etwas runter, das macht keinen guten Eindruck.“ „Scheiß auf den guten Eindruck, ich bin nicht hier, um Eindruck zu machen, sondern nur zu eurer Sicherheit, wenn Dir das nicht passt, kannst Du mich ja wieder rauswerfen, kümmert mich doch nicht, dann kann ich die Polizistin doch noch erwürgen, bevor sie irgendetwas tut, was mir schaden könnte.“ „Du wirst mir vermutlich nicht sagen, woher Du sie kennst oder woher sie Dich kennt?“ „Nein. Das geht…“ „Das geht mich nichts an, schon verstanden. Aber verzeih, wenn ich aus diesem Grund keinerlei Verständnis oder gar Mitleid für Deine Situation aufbringen kann. Du bleibst hier und das ist mein letztes Wort.“ „Leck mich doch, Kaiba!“ „Das hatten wir schon mal, wenn Du das noch ein paar Mal wiederholst, tu ich das wirklich noch, also vorsichtig mit Deinen Äußerungen.“ „Arschloch!“ „Du legst es tatsächlich darauf an, oder? Bettelst Du gerade um eine Wiederholung der letzten Nacht?“ „Nie im Leben! Das bildest Du Dir ein.“ „Hört sich aber ganz danach an. Und jetzt entschuldige mich bitte, mein Bruder wartet und ich lasse ungern jemanden warten. Du kannst gerne mitkommen und Dich vorstellen.“ „Und wenn ich nicht will?“ „Dann verschwinde einfach zurück in die Villa und belästige mich nicht weiter.“ „Du mieser, arroganter Mistkerl! Was glaubst Du eigentlich wer Du bist?“ „Ich bin Deine einzige Möglichkeit, Dich an Deinem Vater zu rächen und gleichzeitig der einzige Zufluchtsort, damit er Dich nicht vorher erwischt. Vergiss das niemals, Katsuya!“ „Warum zum Geier hört es sich immer wie eine Beleidigung an, wenn Du mich bei meinem Vornamen ansprichst?“ „Weil es vielleicht eine ist?“ „Du bist merkwürdig, Kaiba.“ „Und das sagst ausgerechnet Du?“ „Jaja, schon klar. Ich bin auch nicht viel besser, aber im Gegensatz zu Dir weiß ich, dass ich merkwürdig bin. Und jetzt geh endlich zu Deinem Bruder, der sieht so aus, als würde er gleich in Ohnmacht fallen, aus welchem Grund auch immer.“ Tja. Ob ich kurz vor einem Ohnmachtsanfall stehe, kann ich derzeit wirklich nicht sagen, geschweige denn ausschließen. Fest steht jedenfalls, dass ich Seto noch nie so gesehen habe, so energiegeladen, so animalisch, so lebendig. Das ist nicht der Seto, den ich kenne. Wer, zum Geier, ist das? Und wer, in Gottes Namen, ist der blonde Idiot neben ihm? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)