Muzukashii Sekai von Harulein (MiA x Meto / Tsuzuku x Meto) ================================================================================ Kapitel 30: [meto] Act 30 ------------------------- Tsuzuku war bald eingeschlafen, doch ich lag noch eine ganze Weile wach. Mein Hintern tat ziemlich weh und ich spürte leichte Kratzer auf meinen Schulterblättern, dort wo Tsu mich in die Matratze gedrückt hatte. Die Heftigkeit, mit der er mich genommen hatte, hatte mich, obwohl ich seine Leidenschaft kannte, überrascht und zuerst doch ein wenig erschreckt. Doch letztendlich hatte ich es genauso gewollt wie er und es war trotz der Schmerzen schön gewesen. Mein erstes Mal, mit dem Mann, der mich über alles liebte. Ohne die Bettdecke wurde mir langsam kalt und so stand ich, sehr vorsichtig, auf und hob sie vom Boden auf. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich mich gerade wirklich kaum ohne Schmerzen bewegen konnte. Und dass ich mal auf die Toilette musste, um die Spuren der Liebe meines Freundes loszuwerden. Vorher breitete ich die Bettdecke über seinen nackten, schlafenden Körper, beugte mich über ihn und hauchte ihm einen sanften Kuss aufs Haar. Ich zog mir meine Schlafshorts an, um nicht ganz nackt auf den Flur hinaus zu müssen, und wagte mich dann in mein Badezimmer. Als ich von dort wieder kam, legte ich mich sofort wieder ins Bett und bemerkte erst jetzt wirklich, wie praktisch es war, dass ich mir damals ein Doppelbett ausgesucht hatte. Dabei fand ich das Kondom und die offene Packung Gleitgel, stand vorsichtig wieder auf und warf beides in den Mülleimer, um mich dann gleich wieder ins Bett zu legen. Ich kuschelte mich eng an Tsuzukus warmen, schmalen Körper, legte den Kopf auf seine Brust und lauschte seinem ruhigen, kräftigen Herzschlag, bis ich schließlich eingeschlafen war. „Meto?“ „Hmm?“ „Wach auf. Es ist Mittag.“ Ich öffnete die Augen und hob den Kopf, wurde dadurch langsam wach und das erste, was ich richtig spürte, war ein schmerzhaftes Unbehagen in meinem Hintern und leichter Schmerz an meinen Brustwarzen. Dadurch fiel mir wieder ein, was in der Nacht gewesen war und ich ließ den Kopf seufzend wieder sinken. „Hast du gut geschlafen?“, fragte Tsuzuku und sah mich liebevoll an. Er kniete, schon komplett angezogen, vor meinem Bett, sodass wir auf Augenhöhe waren. „Ja“, antwortete ich, denn geschlafen hatte ich wirklich gut. Und abgesehen davon, dass ich die Folgen meines Ersten Males spürte, ging es mir auch prima. Tsuzuku stand auf, beugte sich über mich und drückte mir einen kurzen Kuss auf die Lippen. „Ich auch.“ Und dann: „Tut’s noch weh?“ Ich sah Sorge in seinen Augen, auch einen Anflug von Reue. „Ein bisschen. Aber das macht mir nichts aus“, antwortete ich und lächelte. „Wirklich nicht?“, fragte er und sah mich ernst an. „Du kannst das ruhig sagen. Ich weiß, dass ich nicht unbedingt lieb zu dir war.“ „Klar tut es weh“, sagte ich ehrlich. „Aber, weißt du, das macht mir wirklich nicht viel aus. Du bist eben so und ich liebe dich dafür. Mir ist es sehr viel lieber, von dir hart genommen zu werden, als dich weinen oder dich selbst verletzen zu sehen.“ „So siehst du das?“, fragte er ungläubig. „Ja, so seh ich das. Denn seit wir so zusammen sind, sehe ich, dass es dir besser geht.“ Tsuzuku lächelte, dieses unglaublich süße Lächeln, und küsste mich wieder. „Meto, du bist so süß.“ „Ich geh dir trotzdem mal ‘ne Schmerztablette holen“, sagte er dann. „Wo habt ihr die?“ „Unten im Badezimmer“, antwortete ich. „Das ist die erste Tür links neben der Küche.“ Während ich dann darauf wartete, dass Tsuzuku mit besagter Schmerztablette wieder kam, blieb ich erst einmal liegen. Langsam kam die Erinnerung an die Nacht zurück und mir fiel wieder ein, dass ich ja im Grunde den Anfang gemacht hatte. Beim Gedanken daran spürte ich, dass mir das Blut in den Kopf stieg und ich sah unsicher zu Ruana, die auf ihrem Platz neben meinem Bett saß und das alles sicherlich mitbekommen hatte. Wie kam es eigentlich, dass man sich, sobald es um Sex ging, so anders verhielt? Dass Tsuzuku, der sonst immer so lieb und vorsichtig mit mir umging, im Bett eine ganz andere Seite von sich zeigte? Nicht, dass mir das nicht gefiel (es gefiel mir sogar sehr), doch es verwunderte mich, wenn ich so näher darüber nachdachte, doch ein wenig. Nachts war er heiß, leidenschaftlich, stand auf ein, wie er sagte, Machtgefühl, machte sich kaum noch Gedanken und zeigte nicht die geringste Scham, während er sich am Morgen danach in den liebevollen, vorsichtigen Tsuzuku zurückverwandelte, als den ich ihn kannte. Es dauerte ziemlich lange, bis er zurückkam und als er langsam die Tür öffnete, sah ich auch, warum er so lange gebraucht hatte: Er hielt ein Tablett in den Händen, mit Brötchen, Kaffee und allem, was zu einem Frühstück im Bett dazugehörte. „Wow“, entkam es mir. „Ich dachte, damit du noch nicht aufstehen musst …“, sagte er. Ich sah ihn mit einer Mischung aus Frage und Dankbarkeit an und er fügte hinzu: „Ich mach’s wieder gut.“ „Musst du nicht“, sagte ich leise. „Will ich aber.“ Er stellte das Tablett vorsichtig auf meinem Bett ab und hielt mir dann ein Glas Wasser hin, in welchem sich die Reste einer fast aufgelösten Tablette befanden. Ich nahm es entgegen und trank es, obwohl es etwas bitter schmeckte, ganz aus. Tsuzuku kroch zu mir unter die Decke und nahm sich einen der beiden Kaffeebecher. Das sah so selbstverständlich aus, als wäre er vollkommen gesund. Er bemerkte meinen Blick und lächelte. Mir erschien es so, als würde er immer stärker und glücklicher, je mehr wir zusammen waren. Ich nahm eins der Brötchen, schnitt es auf, riss von der oberen Hälfte ein Stück ab und hielt es meinem Freund vor die Nase. „Mach nom nom!“ Er grinste und schnappte danach, ich lachte und zog es wieder weg, ein kleines Spiel, das er gewann und mir dann mit leuchtenden Augen einen kurzen Kuss stahl. Ich musste mich, um an das Tablett heranzukommen und mir ein Brötchen zu schmieren, ganz aufsetzen, doch das tat ziemlich weh. „Warte, lass mich das machen.“ Und schon hatte er mir das Brötchen und die Butter aus der Hand genommen. „Musst du nicht, das geht schon“, log ich und versuchte, den Schmerz zu ignorieren. Irgendwie war es mir unangenehm, dass Tsuzuku mich so umsorgte. Vielleicht, weil es noch vor gar nicht langer Zeit andersherum gewesen war. Seit ich ihn kannte, hatte immer ich mich um ihn gekümmert, mir Sorgen gemacht und ihn gefüttert. Es fühlte sich einfach irgendwie komisch an, dass jetzt er mir Essen ans Bett brachte, mein Brötchen schmierte und so tat, als sei ich schwer verletzt. Er ignorierte meinen Widerspruch, fragte stattdessen, was ich denn außer Butter noch auf dem Brötchen haben wollte. Ich zuckte nur mit den Schultern und so nahm er einfach Marmelade. Ich achtete genau auf den Ausdruck in seinen Augen. Immer, wenn es um Essen ging, rechnete ich mit diesem traurigen, selbstverachtenden Blick, doch der war wirklich kaum noch zu sehen. Irgendwas musste passiert sein, etwas, das mit dem Grund für seine ganze Traurigkeit zusammenhing. Ich kannte ja den Grund, trotzdem verstand ich es nicht so ganz. Zuerst traute ich mich nicht zu fragen, doch dann nahm ich meinen Mut zusammen und fragte: „Sag mal, das liegt doch nicht nur an mir, dass es dir jetzt so gut geht, oder?“ Er zuckte ein wenig zusammen und sah mich an. „Was meinst du?“ „Na ja … Bis vor ein paar Tagen hast du immer, wenn’s ums Essen ging, diesen Blick in den Augen gehabt, als würdest du das Essen und dich selbst hassen. Der ist jetzt fast weg und … mich interessiert, wieso.“ „Doch“, sagte er, „Das liegt an dir. … Jedenfalls unter anderem.“ „Und was ist der andere Grund?“ Tsuzuku legte das, was er gerade in der Hand hatte, auf dem Tablett ab und blickte auf seine Hände, während er sprach: „Ein Teil von meinen Schuldgefühlen ist weg.“ Schuldgefühle? Was für Schuldgefühle? Dieses Wort hörte ich so von ihm zum ersten Mal. Ich sah ihn fragend an. „Wegen … meiner Mutter. Ich hab … mir die Schuld an ihrem Tod gegeben. Wir hatten Streit und dabei ist … es passiert.“ Ganz kurz schimmerten Tränen in seinen Augen, doch ebenso schnell waren sie weggeblinzelt. „Aber jetzt … fühlt es sich wirklich so an, als könnte ich mir das doch irgendwie verzeihen. Ich kann mich wieder selbst annehmen, kann wieder essen und denke kaum noch daran, mich zu verletzen.“ „Aber … warum hast du mir nie was davon gesagt?“, fragte ich. „Ich wollte nicht, dass du das weißt, verstehst du? Sonst hättest du dir doch nur noch mehr Sorgen um mich gemacht. Und … ich hab mich so gehasst …“ „Jetzt nicht mehr?“ „Jetzt ist alles irgendwie … Es fühlt sich weiter weg an. Ich hatte, vor ein paar Tagen, so eine Art … Gespräch … mit meiner Mutter.“ Ich sah ihn fragend an. „Hört sich verrückt an, oder? Mit ‘ner Toten reden … Aber … ich hab sie irgendwie gespürt, weißt du? Sie hat gesagt, dass es ihr da, wo sie jetzt ist, gut geht und … dass sie will, dass ich glücklich werde. Seitdem … komme ich irgendwie besser damit klar.“ Wieder sah ich, dass Tsuzuku Tränen in den Augen hatte und wieder, wie er sie wegblinzelte. Vorsichtig richtete ich mich noch etwas weiter auf und nahm ihn in meine Arme. „Du wirst glücklich“, sagte ich und dachte an das, was er über seine Träume von unserer Zukunft gesagt hatte. „Weil ich nämlich immer bei dir sein werde. Ich pass auf, dass du nicht wieder so unglücklich wirst.“ Er sah mich an, schaute mir fest in die Augen. „Meinst du das ernst, Meto? Würdest du mit mir zusammenleben?“ Ich versuchte, mir das vorzustellen: Tsuzuku und ich, zusammen in einer Wohnung, vielleicht in einer anderen Stadt, ein neues Leben als Paar. Eine schöne Vorstellung, auch wenn ich so die Ahnung hatte, dass es nicht immer einfach sein würde. Aber ich liebte ihn und wenn ich daran dachte, jeden Morgen neben ihm aufzuwachen, dann war ich sofort ganz sicher, dass ich das wollte. „Ja“, sagte ich. „Ich mein das ernst.“ Er hob den Kopf ein wenig, küsste meine Wange und flüsterte: „Du machst mich so glücklich, Meto.“ Und ich lächelte, froh darüber, ihn zu haben und ihn glücklich machen zu können. Wir frühstückten noch zu Ende (wobei Tsu jedoch nicht mehr viel aß), dann versuchte ich, aufzustehen. Ich hatte ja gewusst, dass es auch nach dem Ersten Mal ganz schön wehtun konnte, doch irgendwie kam es mir so vor, als sei es bei mir schlimmer. Ich wusste nicht, was da mit mir nicht stimmte, nur, dass ich mich irgendwie verkrampft hatte. „Willst du duschen gehen?“, fragte Tsuzuku. Ich nickte, hob mein Schlafshirt und meine Shorts auf und zog beides ein wenig umständlich an. Nicht nur mein Hintern tat weh, auch in meinem Rücken spürte ich ein schmerzhaftes Ziehen. Obwohl die Schmerztablette langsam zu wirken begann, hoffte ich, dass das warme Wasser unter der Dusche die Unannehmlichkeiten ein bisschen lindern würde. „Soll ich dir helfen?“, fragte mein Freund und sah mich dabei so lieb und hilfsbereit an, dass ich automatisch „Ja“ sagte. Als wir rüber in mein Badezimmer gingen, hörte ich meine Eltern unten in der Küche reden. Anscheinend war Papa ausnahmsweise mal über Mittag da. Und da fiel mir auf einmal etwas ein, das mich auf der Stelle erröten und stehen bleiben ließ. Oh Gott! Was, wenn Mama und Papa mich und Tsuzuku letzte Nacht gehört hatten? Ich erinnerte mich an meine eigenen Schreie und an die meines Freundes, an unsere Hemmungslosigkeit, in der keiner von uns beiden daran gedacht hatte, dass wir nicht alleine im Haus waren. Und Papa kannte Tsu nicht mal! „Tsuzuku?“, fragte ich und packte ihn am Ärmel. „Als du vorhin das Frühstück geholt hast … war da auch mein Vater da?“ Er drehte sich zu mir um. „Ja, wieso?“ „Er kennt dich ja noch gar nicht …“ „Deine Mama hat mich ihm vorgestellt.“ Entweder verstand er nicht, worauf ich hinauswollte, oder meine Eltern hatten wirklich nichts gemerkt oder sich zumindest nichts anmerken lassen. „Und haben die beiden … irgendwas gesagt, oder dich komisch angeschaut?“, fragte ich, nun etwas präziser. Und Tsu verstand endlich. Allerdings reagierte er ziemlich schamlos: Er lachte. „Du meinst, ob sie uns letzte Nacht gehört haben? Nein, also gesagt haben sie nichts. Würde dich das denn stören?“, fragte er dann. „Hm…“, machte ich, wusste nicht, was ich sagen sollte. Irgendwie war mir der Gedanke, dass meine Eltern mich und meinem Freund bei unserem Ersten Mal gehört haben könnten, nicht recht und doch ziemlich peinlich. „Hey, es ist nur Sex, was ganz natürliches, und du bist erwachsen!“ Tsuzuku grinste und nahm meine Hand. „Es ist okay, dass dir das peinlich ist, muss es aber nicht sein.“ Ich versuchte, den Gedanken daran, dass meine Eltern etwas von dem in der Nacht mitbekommen haben könnten, zu verdrängen, betrat hinter Tsu mein Badezimmer und zog mich langsam aus. „Sollen wir zusammen duschen?“, fragte er. Ich hörte keinen zweideutigen Ton in seiner Stimme, kein solches Verlangen. „Du willst das echt wieder gut machen, oder?“, bemerkte ich. „Bereust du’s?“ „Die Schmerzen, die ich dir zugefügt habe. Alles andere nicht.“ Tsuzuku lächelte und jetzt sah ich doch einen Funken Lust in seinen dunklen Augen. Er zog sich aus und wir stiegen zusammen in die Dusche, wo er gleich das Wasser einstellte, welches sofort schön warm auf uns herunterregnete. Ich schlang meine Arme um seinen nackten, schmalen Körper, schmiegte mich an ihn und legte meine Lippen auf seine. Er erwiderte den Kuss, ganz sanft, und streichelte mit beiden Händen über meinen Rücken. Schließlich löste er sich vorsichtig von mir, stellte das Wasser aus, nahm eine meiner auf dem Sideboard stehenden Duschgel-Flaschen und begann, etwas von deren Inhalt zu Schaum zu reiben und auf meinem Körper zu verteilen. Mir lief ein leichter, angenehmer Schauer über den Rücken und ich seufzte leise. Die Art, wie Tsuzuku mich berührte, tat unheimlich gut und ließ mich die Schmerzen, die sowieso inzwischen von der Tablette gelindert wurden, vergessen. Erst recht, als er seine Hand von meinem Rücken nach vorn wandern ließ und meine Körpermitte berührte, um mich dort zu waschen. Ich wurde ein wenig rot und blickte zur Seite, was er bemerkte und leise sagte: „Das macht dich so süß, dass du so rot wirst.“ „Findest du?“ „Ja. Ich finde das sehr, sehr süß“, sprach er und stellte das Wasser wieder an, um mir den Schaum abzuwaschen. Als ich dann wieder ganz sauber war (und mich auch so fühlte), drückte er mir die Duschgel-Flasche in die Hand. „Jetzt du.“ Ich wurde wieder rot. Bei Licht war es mir immer noch etwas unangenehm, meinen Freund so am ganzen Körper anzufassen. Er lächelte mich an, legte die Hände auf meine Schultern und küsste mich. „Du bist so süß, Meto.“ Ich spürte, dass er innerlich schwebte vor Verliebtheit, und ich fühlte mich bei ihm so gut aufgehoben und geliebt, dass ich meine Scheu vergaß und begann, bei ihm dasselbe zu tun wie er zuvor bei mir. Ließ meine Hände über seinen schmalen Körper wandern und spürte und sah wieder, wie furchtbar dünn er war. Doch trotzdem wirkte er irgendwie stärker als früher und fast kam es mir so vor, als hätte er in der letzten Zeit sogar ein bisschen zugenommen. Tsuzuku seufzte angetan und ich sah ein Lächeln über seine Lippen huschen. „Magst du das?“, fragte ich. „Mmhhh…“ Er schloss die Augen und zog mich an sich. Mein Herz begann wild zu klopfen und ich spürte wieder leichte Schauer auf der Haut. „Wenn du mich so festhältst, kann ich aber nicht weitermachen“, sagte ich und lächelte, woraufhin er mich losließ und ich fortfuhr, ihn in Schaum zu kleiden. Das dunkle Blau seiner Tätowierungen schimmerte durch die weißen Seifenblasen und ich fand diese Bilder auf der Haut meines Freundes in diesem Moment so wunderschön und so perfekt zu ihm passend. Zärtlich strich ich mit den Fingerspitzen über das Implantat, spürte die feste Beschaffenheit und die besondere Ausstrahlung, die so etwas an sich hatte. Ihm schien das zu gefallen und so machte ich weiter, widmete mich seinen gepiercten Brustwarzen, die ich sehr vorsichtig berührte, wissend, dass ihn das ziemlich heiß machen konnte. Er sog scharf die Luft ein, stieß sie langsam wieder aus und keuchte leise: „Lass das …“ „Ist das so gut?“, fragte ich. „Viel zu gut“, antwortete er und ging kurz ein bisschen auf Abstand. „Okay.“ Ich ließ meine Hände weiter nach oben wandern, über seine Schultern bis zu seinem Hals. Spürte seinen Pulsschlag unter meinen Fingern und ein leichtes Zittern in seinem Innern. Ich fühlte mich ihm in diesem Moment so nah, war so glücklich ihn zu haben und hätte ihn am liebsten geküsst. Doch stattdessen stellte ich das Wasser wieder an und wusch ihm den Schaum ab. Nachdem ich ihm dann, und anschließend er mir, die Haare gewaschen hatte, wickelten wir uns in große, flauschige Handtücher und gingen in mein Zimmer zurück. Tsuzuku wollte sich Klamotten aus seiner Tasche zusammensuchen, doch ich deutete auf die Schublade unter meinem Bett. „Zieh doch mal was davon an.“ Ich zog die Schublade hervor und nahm eine helle Jeans und ein schwarzes, langärmliges T-Shirt heraus. „Meinst du?“ Ich nickte. „Ich würde nachher gern mit dir in die Stadt gehen, zu den anderen.“ „Die fragen sich bestimmt schon, wo ich stecke“, sagte er. Auf einmal schien ihm etwas einzufallen, er schlug sich mit der Hand gegen die Stirn und lachte auf. „Was ist?“, fragte ich verwirrt. „Verdammt, das hätte ich fast vergessen! Heute ist der Tag, an dem ich in die Unterkunft vom Tempel ziehen soll!“ „Das ist heute?!“ „Heute oder Morgen. Aber heute wäre besser.“ „Dann wäre es doch gut, wenn du schön aussiehst, oder?“, fragte ich, doch Tsuzuku hörte mir kaum zu. Er blickte geistesabwesend aus dem Fenster und sagte leise: „Nach anderthalb Jahren … heute also von der Straße weg …“ „Du hast es fast geschafft“, erwiderte ich und lächelte. „Dann gehen wir heute nochmal in den Park, ich verabschiede mich von der Brücke und du begleitest mich zum Tempel.“ Er sah richtig euphorisch aus, hatte dieses hübsche Leuchten in den Augen. Wir zogen uns an, gingen zusammen ins Bad zum Haare stylen und Schminken, und dann runter in die Küche, wo meine Eltern saßen und irgendwas berufliches diskutierten. Ich sah erst Mama, dann Papa etwas unsicher an, doch sie ließen sich, sofern sie etwas von letzter Nacht mitbekommen hatten, nichts anmerken, und so hoffte ich einfach mal, dass sie nichts gehört hatten. „Geht ihr heute raus?“, fragte Mama und sah aus dem Fenster. „Es ist so schönes Wetter.“ Ich schaute ebenfalls nach draußen, wo alles nach einem sonnigen Herbsttag aussah, und nickte. „Ich ziehe heute in den Hikuyama-Tempel“, sagte Tsu. „Die haben da so ein Hilfsprojekt, nicht wahr?“, fragte Mama. „Ja. Ich will wirklich weg von der Straße.“ „Dann wünschen wir dir viel Glück!“ Mama lächelte meinen Freund an und ich hatte zum ersten Mal das Gefühl, dass er jetzt irgendwie zu meiner Familie gehörte. Kurz musste ich an MiA denken, verdrängte diesen Gedanken jedoch schnell wieder, indem ich hastig blinzelte und Tsuzuku ansah, der immer noch dieses hübsche Leuchten in den Augen hatte. Ich wusste jetzt, wen ich liebte, doch die Erinnerung an das, was ich davor für MiA empfunden hatte, war noch recht präsent und tat weh. Mit aller Kraft dachte ich an die vergangene Nacht, versuchte, mich wieder ganz auf Tsuzuku zu konzentrieren, was allerdings zur Folge hatte, dass ich knallrot wurde. „Meto? Alles okay?“ Tsu sah mich fragend an. „Hm, ja … ja, alles gut“, brachte ich mit zitternder Stimme heraus. „Woran denkst du denn gerade?“ Unter den Blicken meiner Eltern konnte ich unmöglich zugeben, dass ich an die vergangene Nacht gedacht hatte. Aber Tsu würde mir ein „Ach, gar nichts“ sicher nicht abnehmen. Und so wandte ich mich ihm ganz zu, legte meine Arme um seinen Hals und drückte schnell meine Lippen auf seine, flüsterte dann so, dass nur er es hören konnte: „Ich … hab an letzte Nacht denken müssen …“ Seine Antwort war ein süßes, breites Grinsen. „Na dann, habt ihr zwei einen schönen Tag“, riss uns Mama aus unserer ‚Verliebten-Seifenblase‘. Ich drehte mich zu ihr und Papa um, der uns aufmerksam ansah, jedoch nichts dazu sagte. Wir gingen noch mal rauf in mein Zimmer, Tsuzuku nahm seine Tasche und ich meinen Rucksack, dann gingen wir aus dem Haus und in Richtung Akutagawa-Park. „Heey, ihr!“, rief Hanako, als sie uns sah. „Wo wart ihr denn?“ „Ich hab bei Meto übernachtet“, antwortete Tsuzuku und nahm meine Hand. Hanako schaute hin, sah dann erst ihm, dann mir ins Gesicht und fragte: „Seid ihr jetzt so was wie ein Paar?“ Ich nickte. „Ja…“ „Und was ist mit MiA?“, fragte Hana weiter. „Ich dachte, du wärst mit ihm zusammen.“ „Das… ist vorbei…“, sagte ich leise, es tat immer noch ein bisschen weh. Ich wusste, so ganz weggesteckt hatte ich die ganze Sache noch nicht. Aber dass es definitiv vorbei war, weil ich jetzt richtig mit Tsuzuku zusammen war, machte es irgendwie ein wenig leichter. Haruna kam dazu, küsste Hanako und fragte dann ebenfalls, wo Tsuzuku und ich gestern gewesen waren. Hana wiederholte das, was wir gesagt hatten und Haruna sah sich aus irgendeinem Grund genötigt, mich zu umarmen. „Alles okay?“, fragte sie. „Ja…“, antwortete ich, „…geht schon.“ „Koichi war gestern hier und hat dich gesucht, Tsuzuku“, sagte Hanako. „Wir haben uns aber schon gedacht, dass du wahrscheinlich bei Meto bist. Also ist er heute wieder gekommen und wartet jetzt da hinten auf dich.“ Tsu und ich gingen zusammen zu seinem Schlafplatz, wo Koichi auf einer Decke auf dem Boden saß und sich mit dem einzigen obdachlosen Mädchen unserer lockeren Gruppe unterhielt. Sie nannte sich Yami, hatte kurzes, schwarzes Haar und war meistens eher allein. Ihre Kleidung bestand aus abgetragenen VK-Sachen, die sie bei irgendwem lagerte, wo sie offenbar aber nicht übernachten konnte, denn sie schlief meistens hier unter der Brücke. Als wir vor ihr standen, sah sie auf und grinste. „Tsu, du Verräter! Wo treibst du dich rum?“ „Er… war bei …mir“, sagte ich. „In deinem schicken Akayama-Haus?“, fragte sie. Ich nickte und dachte daran, dass die Leute hier das alles von MiA wussten. „Ich werde der Straße untreu“, sagte Tsuzuku, woraufhin Yami ihn mit großen Augen anstarrte. „Wie, was, untreu?!“ „Ich zieh in das Hilfsprojekt im Hikuyama-Tempel. Heute.“ „Wow, wie cool! Haben die dich genommen?“ Jetzt mischte sich Koichi in unser Gespräch: „Ja, haben sie. Und ich hab auch schon ‘ne Wohnung für Tsu gefunden.“ „Noch eine?“, fragte Tsuzuku, „Du hast mir doch letztens erst die ganzen Wohnungsanzeigen vorgelegt.“ „Aber die, die ich jetzt gefunden hab, ist die beste von allen: Sie liegt am Meer, in der Nähe des VK-Clubs, wo du mit Meto warst, und sie wird erst Ende Februar frei. Ich war gestern noch da, diese Wohnung ist ein Traum. Und teuer ist sie auch nicht. Du könntest da also gleich einziehen, wenn du nächstes Frühjahr aus dem Tempel raus bist.“ Tsuzuku sah mich an und ich wusste, er dachte an seine Zukunftsträume. Daran, dass er mit mir zusammen leben wollte, wie ein richtiges Paar. In einer anderen Stadt, einer eigenen Wohnung. Wie hatte er noch gesagt? „Ich will dich abends im Arm halten, nachts lieben und morgens neben dir aufwachen, jeden Tag.“ Allein beim Gedanken daran schlich sich ein Lächeln auf meine Lippen. Das klang so schön, nach lauter Glück und Liebe! Tsuzukus Hand umschloss meine, fühlte sich warm und liebevoll an. „Ihr beiden seid echt süß“, sagte Koichi und lächelte. „Kommst du mit zum Tempel, Meto?“ Ich nickte enthusiastisch, fühlte mich schwebend, freute mich riesig, dass Tsuzuku endlich wegkam von der Straße. Wenn ich daran dachte, wie schlecht es ihm noch vor ein paar Wochen gegangen war und wie glücklich er jetzt wirkte, kam es mir fast wie ein kleines Wunder vor. Yami erhob sich und lief zu Haruna und Hanako hinüber, erzählte den beiden anscheinend davon, woraufhin die Nachricht, dass Tsuzuku den Park verließ, offenbar schnell die Runde machte, denn als ich, inzwischen mit Koichi und Tsu auf seinem Schlafplatz sitzend, mich umdrehte, kam eine Gruppe von Leuten auf uns zu, diejenigen, mit denen er und ich uns im letzten Jahr mehr oder weniger angefreundet hatten. Haruna und Hanako, Yami, einer namens Akira und dessen Freundin Yuki, gefolgt von ein paar anderen, die ich nicht so gut kannte. „Du willst also wirklich heute gehen, Tsuzuku?“, fragte Haruna. Er nickte, lächelte sie an. „Und nach dem Tempel? Nimmst du dir dann hier in der Stadt eine Wohnung?“, wollte Haruna weiter wissen. Tsuzuku sah mich abwartend an und ich brauchte einen Moment, bis mir klar wurde, dass ich mich jetzt entscheiden musste: Wollte ich wirklich mit ihm zusammen in die größere Stadt am Meer ziehen, mein Elternhaus verlassen und mit meinem Freund als Paar leben? Meine Eltern wussten ja nicht mal, dass ich überhaupt ans Ausziehen dachte, geschweige denn, dass ich mit Tsuzuku zusammen leben wollte. Ich wusste, irgendwann würde ich mich sowieso dazu entschließen müssen, von zu Hause auszuziehen, und nachdem ich noch einmal tief durchgeatmet hatte, war beschlossen, dass das jetzt der Moment dafür war. Ich nickte. „Nein. Meto und ich ziehen weg, zusammen“, sagte Tsuzuku auf mein Nicken hin und lächelte. „Wohin?“ Er nannte den Namen der Stadt, und Koichi fügte hinzu, dass er schon eine passende Wohnung gefunden hatte. „Aber ihr kommt uns doch mal besuchen, oder?“, fragte Hanako. „Mal sehen. Ich glaube, wir brauchen dann erst mal ein bisschen Abstand zu dieser Stadt. Meto wegen MiA, und ich … ich will nach vorn schauen, versteht ihr?“ „Na ja“, sagte Haruna, „Wir können euch ja auch besuchen.“ Ich fühlte mich ein wenig seltsam. Einerseits war ich glücklich, weil Tsuzuku glücklich und in Aufbruchsstimmung war, doch mir war auch klar, dass jetzt die Zeit, als wir fast jeden Tag zusammen hier im Park gewesen waren, vorbei ging, und das machte mich ein bisschen traurig. Im Winter war hier sehr viel weniger los und es war lange nicht dasselbe wie im Sommer, wenn alle hier zusammen saßen und diese Gemeinschaft bildeten, in der man sich einfach wohlfühlte. Tsuzuku nahm meine Hand und drückte sie fest. ‚Nächstes Jahr, Meto, dann nur wir beide‘ hieß das und brachte mich dazu, mir vorzustellen, wie das wohl sein würde, mit Tsu zusammen zu wohnen. So, wie er zurzeit drauf war, würde das sicher schön werden, doch ich kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass es nicht so bleiben würde. Er hatte manchmal gute, dann wieder sehr schlechte Zeiten, ich kannte seine Stimmungsschwankungen und wusste, dass er immer noch, auch wenn es im Augenblick vielleicht nicht so sichtbar war, diese Tendenzen zur Selbstschädigung hatte. Zwar hoffte ich, dass er irgendwann damit aufhörte, doch ich ahnte, dass das ein sehr langer, steiniger Weg sein würde, davon loszukommen. Auf einmal ließ Tsuzuku meine Hand wieder los und stand auf. Nahm seine Tasche und seinen Schlafsack und sagte: „So, ich gehe jetzt. Meto, Koichi, kommt ihr mit?“ Ich erhob mich, Koichi stand ebenfalls auf und wir verließen nach einem doch recht kurzen Abschied den Park in Richtung Fluss, wo wir an der Bank vorbeikamen, auf der Tsu und ich oft zusammen gesessen hatten. Er blieb stehen, strich mit der Hand über das dunkle Holz und blickte hoch zum Himmel. „Jetzt wird alles anders“, hörte ich ihn leise sagen. „Ich hab ein bisschen Angst.“ „Brauchst du nicht haben“, erwiderte Koichi. „Du schaffst das schon. Wir helfen dir ja.“ Tsuzuku sah mich an und ich nickte. „Ich besuch dich, wann immer ich kann. Vielleicht kannst du auch zwischendurch mal zu mir kommen?“, sagte ich. „Ich weiß nicht, ob das vom Tempel her okay ist …“ „Das erlauben die bestimmt“, sagte Koichi. „Schließlich wollen sie doch, dass es dir gut geht.“ Ich wusste nur ungefähr, wo der Tempel war, aber Tsu und Koichi waren ja schon einmal dort gewesen und so ging ich einfach mit, hielt die Hand meines Freundes und hoffte, dass er das, was jetzt vor ihm lag, anpackte und schaffte. Er wirkte so motiviert und glücklich, dass es eigentlich keinen Grund zum Zweifeln gab, doch ich hatte ihn schon so anders erlebt, dass ich doch nicht ganz sicher war. Er bemerkte meine Unsicherheit und sah mich an. „Meto, du musst dir keine Sorgen machen. Ich schaff das“, sagte er und lächelte selbstsicher. Und als wir den Tempel erreichten, spürte ich, dass er es kaum noch erwarten konnte, dort hineinzugehen und den Winter über da zu bleiben. Am Tor stand eine Frau im schlichten, eleganten Kimono. Sie lächelte freundlich, als sie uns sah, und öffnete uns die Tür. „Aoba Genki-san, richtig?“, fragte sie. Tsuzuku bejahte, verbeugte sich leicht. Genki Aoba. Das war also sein richtiger Name. Irgendwie merkwürdig, dass ich den bisher noch nicht kannte. Wir hatten schon alles zusammen gemacht, sogar miteinander geschlafen, und das alles, ohne dass ich seinen wahren Namen gewusst hatte. Namen waren eben doch irgendwie Schall und Rauch. Ich kannte ihn als Tsuzuku, er mich als Meto, wir hatten unsere Taufnamen bisher nicht gebraucht, also würden wir sie auch weiterhin nicht brauchen. Wir betraten den Tempel und die Frau führte uns gleich durch einen langen Gang zu einem Zimmer. „Sie sind der Erste heute“, sagte sie zu Tsuzuku und öffnete die Tür, an der eine kleine, goldene 10 befestigt war. „Das Zimmer kennen Sie ja, Essen ist in einer halben Stunde.“ „Ich habe eine Frage“, erwiderte Tsu. „Kann ich, während ich hier bin, auch mal woanders schlafen?“ Er legte einen Arm um mich, was mich erröten ließ, und fügte auf den fragenden Blick der Dame hin hinzu: „Meto ist mein fester Freund und ich würde gern ab und zu die Nacht bei ihm verbringen.“ Die Dame lächelte etwas verlegen, sah uns beide einen Moment lang einschätzend an und lächelte dann wieder. „Wenn Sie sich vorher hier abmelden, wird das schon in Ordnung sein. Wir bräuchten aber die Adresse, damit wir Sie erreichen können.“ „Kann… ich nachher ….aufschreiben“, antwortete ich leise und stockend. „In Ordnung. Das Aufnahmegespräch findet auch gleich statt. Sie können Ihre Sachen hier im Zimmer lassen“, sagte die Dame dann. Ich spürte, dass Tsuzuku jetzt doch ziemlich aufgeregt war, und legte meinen Arm um seine Taille, um ihn wissen zu lassen, dass ich da war und es keinen Grund zur Angst gab. Ich hatte keinen Zweifel daran, dass sie ihn aufnehmen würden. Ob er es letztendlich durchhielt, war etwas anderes, doch auch dessen war ich mir jetzt sicherer. „Und Sie beide können gern im Garten warten“, wandte sich die Dame an Koichi und mich. Tsuzuku folgte ihr zu einem Raum am unteren Ende des Ganges. Koichi und ich gingen derweil raus in den Tempelgarten und setzten uns auf eine der Bänke am Rand des grauweißen Kiesfeldes, auf dem jemand, vielleicht einer der Mönche, mit einer Harke gleichmäßige Kreise um Steine und Bäume gezogen hatte. „Und, wie geht’s dir?“, fragte Koichi und lächelte mich an. „Ich kenn dich ja bis jetzt noch gar nicht richtig.“ „…Gut“, antwortete ich automatisch. „Tsu war jetzt ja zwei Nächte bei dir, ne?“ Ich nickte. „Reden ist nicht deins, oder?“ Ich schüttelte den Kopf. „Hab… nen … Sprachfehler.“ Koichi lächelte wieder. „Ich hab den Eindruck, dass du mit Tsuzuku aber ganz gut reden kannst.“ „Kann… ich …auch. Aber … nur bei… ihm…“ „Wie süß!“, kam es von dem Rosahaarigen. Ich sah ihn überrascht an. „Nee wirklich, ich finde das total niedlich, euch beide! Wie ihr euch lieb habt und so.“ Er lachte, wurde dann aber mit einem Mal ernst. „Sag mal, was ist denn jetzt eigentlich mit MiA?“ MiA. Mein Herz machte einen schmerzhaften Satz. „Er hat’s … rausbekommen, … das mit Tsu …und mir, …und hat… mich… verlassen“, antwortete ich, sah zu Boden und spürte schon die Tränen in meinen Augen. „Ich weiß, …dass ich mich… total mies… verhalten habe…, aber“ Meine Stimme zitterte, verriet meinem Gegenüber, dass ich kurz davor war, in Tränen auszubrechen. Der kramte kurz in seiner Handtasche und hielt mir dann ein Taschentuch hin. „Hier, nimm, Meto-chan, sonst verschmiert doch dein ganzes Make-up.“ Ich legte den Kopf in den Nacken und versuchte, die Tränen möglichst vorsichtig daran zu hindern, mein Make-up in eine Panda-artige Schmiererei zu verwandeln. Meine Kontaktlinsen wollten ebenfalls davonschwimmen und so blinzelte ich wie wild, um sie an ihrem Platz zu halten. Wieder suchte Koichi in seiner Tasche herum und hielt mir dann einen kleinen Spiegel hin. „…Danke“, sagte ich leise und dachte: ‚Koichi ist wirklich toll. Tsu hat so ein Glück mit ihm…‘ Nachdem ich mein Make-up für’s erste gerettet hatte, sagte er: „Ich glaube, es tut euch beiden, dir und Tsuzuku, ganz gut, wenn ihr nächstes Frühjahr zusammen weggeht. Ich behalte die Wohnung, die ich für euch gefunden habe, im Auge, und dann zieht ihr da ein, sobald Tsu hier fertig ist.“ Ich nickte. Bisher hatte ich mich erst zwei, drei Mal mit dem Gedanken beschäftigt, von zu Hause auszuziehen und mir ein eigenes Leben aufzubauen, doch je mehr ich darüber nachdachte, umso besser gefiel mir der Gedanke und ich gewöhnte mich irgendwie daran. Mit meinen neunzehn Jahren wurde es langsam Zeit, dass ich flügge wurde. Einziges Problem bei der Sache war: Ich hatte keinen sonderlich guten Schulabschluss gemacht und nie irgendeinen Beruf gelernt. Nach dem Ende der Oberschule war ich einfach zu Hause geblieben, unentschlossen und mit Sprachfehler. Ich hatte keine Vorstellung davon, was und wie ich arbeiten sollte, wusste aber, dass ich irgendetwas tun musste. „…Koichi…?“, fragte ich leise, „… Was …arbeitest du …eigentlich…?“ „In der Großstadt gibt es so ein Café, das ist so ähnlich wie ein ‚Anna Millers‘. Da arbeite ich als Kellner“, antwortete er. „Wieso fragst du?“ „Ich … ich hab nie… einen Beruf… gelernt… oder so…“, sagte ich. „Aber… wenn… ich… mit Tsu zusammen… leben will … Ich will …ihn… nicht… das ganze Geld …alleine verdienen… lassen.“ Koichi lächelte. „Du findest bestimmt auch irgendwas. In so einer großen Stadt gibt es noch mal ganz andere Möglichkeiten als hier und bestimmt ist da auch was dabei, wo du ohne viel Ausbildung und so, wie du bist, was tun kannst. Ich kann mich auch gerne mal ein bisschen umhören.“ Ich sah ihn dankbar an. In dem Moment kam eine junge Frau im Kimono um die Ecke. Sie hatte ein Klemmbrett und eine Stift in der Hand und als sie vor uns stand, hielt sie mir beides hin. „Ihren Namen, ihre Adresse und die Telefonnummer bitte“, sagte sie mit einem freundlichen Lächeln und ich schrieb alles drei auf. „Und? Wie läuft das Aufnahmegespräch?“, fragte Koichi sie. „Aoba-san hat gute Chancen. Ich denke, wir werden ihm hier sehr gut helfen können. Hat er noch irgendwelche Angehörigen, die wissen sollten, dass er hier ist?“ Ich schüttelte den Kopf. „Hat… keinen Kontakt… mehr… zu… Familie.“ „Also sind Sie beide zurzeit seine einzigen Bezugspersonen?“ „Ja, so in der Art“, sagte Koichi. „Es ist gut, dass er jemanden hat, der ihn hier besuchen kann“, sagte die Frau. „Das stärkt in den meisten Fällen die Motivation.“ Sie wandte sich wieder zum Gehen und verschwand um die Ecke. Koichi stellte mir noch ein paar mehr oder weniger belanglose Fragen, alltägliche Dinge, die ihn aus irgendeinem Grund interessierten, und ich antwortete, so gut ich konnte. Irgendwann gingen wir zurück in Richtung des Zimmers, in dem Tsuzuku wohl von jetzt an leben würde. Er war schon wieder da, saß auf dem Bett und lächelte, als wir hereinkamen. „Und?“, fragte Koichi, „Wie ist es gelaufen?“ Tsu hob die Schultern. „Ganz gut, glaube ich. Musste halt viel erzählen.“ Er wirkte ziemlich erschöpft, na klar, so ein Gespräch konnte ja auch ganz schön anstrengend sein. „Bist du … müde?“, fragte ich. „Ja, ich … ich glaub, ich leg mich gleich erst mal hin. Nachher, wenn derjenige kommt, der auch hier schläft, muss ich ja halbwegs fit sein.“ Ich ging zum Bett, setzte mich neben Tsuzuku und nahm ihn in meine Arme. „Ich komm dich besuchen, wann immer ich kann“, sagte ich und küsste ihn, wobei ich allerdings ein bisschen rot wurde, da Koichi ja auch noch zugegen war. Tsuzuku nahm den Rotschimmer auf meinen Wangen mit einem leisen Lächeln zur Kenntnis und drückte mich noch einmal fest an sich, bevor ich aufstand und zusammen mit Koichi, der Tsu noch einmal zuwinkte, das Zimmer verließ. Koichi begleitete mich noch nach Hause, dann ging er und Mama, die mich an der Tür empfing, fragte: „Wer ist das denn?“ „Bester Freund … von Tsu“, antwortete ich. Es fühlte sich immer noch ein bisschen seltsam an, dass ich Koichi als den besten Freund meines ehemals besten und jetzt mich eben liebenden Freundes bezeichnete, doch ich wusste, irgendwann würde ich mich sicher daran gewöhnt haben, dass Tsuzuku und ich jetzt keine bloßen Freunde mehr, sondern ein Liebespaar waren. „Yuu …?“, fragte Mama, als ich mich in der Küche hinsetzte, um mir eine Kleinigkeit zum Essen zu machen. Sie sah mich ein bisschen verlegen an und ich brauchte einen Moment, bis ich aus dieser Verlegenheit lesen konnte. „Hm?“, fragte ich und tat erst mal noch so, als wüsste ich nicht, worauf sie hinauswollte. Mama setzte sich mir gegenüber an den Tisch und begann leise: „Heute Nacht … so gegen eins … da bin ich aufgewacht.“ Sie blickte auf ihre Hände, schwieg einen Moment und sagte dann: „Ich hab … dich schreien gehört …“ Hatte ich eben noch versucht, so zu tun, als wäre nichts, so wurde ich jetzt knallrot. Oh Gott, sie hatte es doch mitbekommen! Hatte ich wirklich so laut geschrien, dass sie es im Schlafzimmer am anderen Ende des Hauses gehört hatte?! In einem mehr impulsgesteuerten als sinnvollen Versuch, die Röte auf meinen Wangen zu verdecken, hielt ich mir die Hände vors Gesicht. Eigentlich war ich nicht der Typ ‚schüchterner Bottom, dem alles peinlich ist‘, aber vor meinen Eltern war es mir doch unangenehm, auf mein Sexualleben angesprochen zu werden. „War alles … in Ordnung?“, fragte Mama. Vermutlich konnte sie noch nicht so recht glauben, dass ich, ihr einziger Sohn, schon alt genug für Sex war. „J-ja…“, brachte ich mit vor Verlegenheit zitternder Stimme heraus. Ich atmete tief durch und sagte: „Alles … okay. Tsu und ich … hatten Sex, aber … alles gut …“ Jetzt war es Mama, die die Hände vors Gesicht schlug und ein leises Jammern von sich gab. „Du meine Güte … Mein kleiner Junge ist erwachsen … Die Zeit vergeht so schnell …“ Ich wusste nun wirklich nicht, was ich darauf antworten sollte, also verließ ich die Küche und verzog mich auf mein Zimmer, wo ich den Rest des Tages vor der Spielekonsole verbrachte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)