Muzukashii Sekai von Harulein (MiA x Meto / Tsuzuku x Meto) ================================================================================ Kapitel 7: [MiA] Act 7 ---------------------- Ich hatte einen anstrengenden Tag auf meiner Arbeit gehabt. Manch einer mochte glauben, dass Arbeit in einem Buchladen langweilig und einfach war, doch das galt nicht für den Laden, in dem ich arbeitete. Es war ein etwas spezielles Geschäft voller Manga und Fantasy-Bücher und bot auch einiges an Merchandise an. Jedenfalls war es der einzige Laden in der ganzen Stadt, der mir mit meinen blasslila-blonden Haaren einen Job gegeben hatte. Dementsprechend bestand die Kundschaft aus Otakus jeder Schattierung und diese konnten schon mal ziemlich anstrengend sein. Jetzt war ich, geschminkt und zurechtgemacht, auf dem Weg in denselben Club wie letztes Wochenende. Vielleicht war Meto ja auch da. Er war da. Stand geschminkt und in schwarzen, kunstvoll zerfetzten Klamotten vor dem Club und rauchte. Irgendwie sah ich ihm dabei an, dass er nur Gelegenheitsraucher war. Wahrscheinlich rauchte er nur zur Beruhigung. Ich lief zu ihm hinüber. „Hey, heute wieder hier?“ Womit ich allerdings nicht rechnete, war, dass er mich mit einem Leuchten in den Augen anlächelte, das ich so bei ihm noch nicht gesehen hatte. Offenbar freute er sich wirklich sehr, mich zu sehen. „MiA…“, sagte er leise. „Wie war dein Tag?“, fragte ich. Das Leuchten verschwand. „…Will nicht reden drüber…“ Oh, anscheinend war es ihm heute nicht besonders gut gegangen. Ich fragte nicht weiter nach, sondern ging voraus in Richtung Tür, wo uns der Türsteher nach Vorzeigen unserer Ausweise einließ. „Wie alt bist du eigentlich?“, fragte ich Meto. „Neunzehn.“ „Da bin ich ja nur ein Jahr älter als du!“ Wir drängelten uns bis zur Bar durch und ich bestellte meinen geliebten Malibu-Kaluhamilk. Und Meto, wohl weil er unentschlossen war, bestellte dasselbe. Ich konnte mir gut vorstellen, dass dieser Drink zu ihm passte. Auch, wenn ich ihm durchaus zutraute, dass er auch härteres Zeug vertrug. „…Tanzen?“, fragte Meto, als wir ausgetrunken hatten, und klang zwar fröhlich, aber irgendwie aufgesetzt. „Ja, klar!“ Es war fast genauso wie beim letzten Mal. Meto ging ziemlich ran beim Tanzen, doch er wirkte längst nicht so leichtsinnig. Vielmehr hatte ich den deutlichen Eindruck, er wollte sich heute Abend von irgendetwas ablenken. Vielleicht war das auch schon letztens der Fall gewesen, doch heute fiel es mir wirklich auf und ich fragte mich, was wohl mit ihm los war. So, wie er seine Finger in meinen Rücken grub, als er sich im Takt der dröhnenden Musik an mich schmiegte, fühlte ich mich ein bisschen wie der berühmte rettende Strohhalm, an den Meto sich klammerte. Es war merkwürdig mit uns beiden: Wir wussten kaum etwas voneinander, doch trotzdem verhielten wir uns so, als würden wir uns schon lange kennen, bezogen einander in unsere Gedanken ein und bauten eine gewisse Bedeutung auf. „MiA lieb…“. flüsterte Meto an meinem Hals. Ich konnte es kaum hören, erriet es eher daran, wie seine Lippen dabei über meine Haut streiften. „Sag mal…“, war ich ganz ehrlich, „…wir kennen uns doch kaum. Wie kannst du da so sicher sein, mich zu mögen?“ „Ich muss… immerzu… denken… an dich…“, antwortete er. „Ich auch“, gab ich zu. Heute hatte ich mich mehrmals dabei erwischt, wie meine Gedanken während der Arbeit abgeschweift waren und sich statt mit Büchern lieber mit Meto beschäftigt hatten. Ich wusste, irgendwie hatte ich mich in ihn verliebt, doch das änderte nichts daran, dass ich ihn kaum kannte. Ich wusste ja nicht mal seinen echten Namen. Alles, was ich über ihn wusste, war, dass er anscheinend aus besseren Verhältnissen kam, und das geheim hielt, dass er ziemlich waghalsig sein konnte und dass er mit einem offenbar kränklichen Obdachlosen namens Tsuzuku befreundet war. Was davon es war, was ihn dazu brachte, sich so unbedingt ablenken zu wollen, konnte ich nur vermuten. „Hast du eigentlich auch einen richtigen Namen?“, fragte ich. Meto nickte an meiner Schulter und erwiderte: „Den sag ich… aber nicht…“ „Warum nicht? Also, ich kann dir meinen gern nennen.“ Meto reagierte seltsam heftig. Er ging ein Stück auf Abstand und sagte recht laut und vor allem fehlerfrei: „Ich bin Meto, okay?! Sonst nichts. Nur Meto.“ „Verstanden.“ Ich nickte. „Dann bin ich für dich weiter nur MiA.“ Offenbar war das mit dem Namen eine wunde Stelle oder so. Und noch offensichtlicher schien er, wenn er aufgeregt war, plötzlich normal reden zu können. Ich hatte erwartet, dass nun die Stimmung kippen würde, aber dem war nicht so. Stattdessen begann Meto, mich richtig anzugraben, drückte sich an mich und tupfte Küsse auf meinen Hals. Ich wurde nicht recht schlau aus ihm, doch das hieß nicht, dass ich seine Art, mich anzufassen, nicht genoss. Er war auf eine Art und Weise offensiv, die mir extrem gut gefiel und so stieg ich drauf ein, machte mit und bewirkte so, dass er immer weitermachte. Im bunten Blitzlichtgewitter und zwischen den vielen Leuten fielen wir längst nicht so auf, wie es auf der Straße oder sonst wo der Fall gewesen wäre. Aber auch die Blicke irgendwelcher Leute hätten jemanden wie Meto wohl nicht davon abgehalten, mich wieder heftig zu küssen. Seine vollen Lippen drückten sich auf meine, ich spürte das aufgewärmte Metall seiner Piercings. Er küsste wirklich gut, absolut wundervoll. Und verdrehte mir damit zum zweiten Mal den Kopf. Kurz darauf saßen wir wieder auf einem der roten, plüschigen Sofas, die an allen Wänden auf der zweiten Ebene aufgestellt waren und versuchten zumindest, uns trotz des Lärms ein wenig zu unterhalten. Doch so ganz klappte das nicht. Meto schien heute ziemlich viel erlebt zu haben und wohl nichts sonderlich gutes, denn als ich ihn danach fragte, was er heute so gemacht hatte, schüttelte er den Kopf und sagte: „Will nicht… drüber reden…“ „War’s so schlimm?“, fragte ich, hoffend, dass er mir doch noch was erzählte, aber er schüttelte wieder den Kopf und so gab ich das Thema fürs Erste auf. Schließlich gab es da noch eine andere Frage, die mich weit mehr interessierte, obwohl ich gern gewusst hätte, warum Meto sich vorhin so an mich geklammert hatte. „Sag mal, sind wir jetzt eigentlich so was wie ein Paar?“, fragte ich. Meto sah mich erschrocken an. „MiA… hör mir gut zu… es ist… nicht, dass ich… dich nicht will oder so, aber… ich brauch… noch Zeit, okay? Ich kann… jetzt noch nicht… so was Festes… anfangen…“, sprach er stockend und mit gesenktem Kopf. Und ich glaubte ihm. Weil ich da so eine Ahnung hatte, dass es da etwas gab, weswegen er noch nicht fest mit mir zusammen sein konnte. Dass es mit Tsuzuku zusammen hing und damit, dass dieser offensichtlich in schlimmen Schwierigkeiten steckte. Dass Meto sich zuerst darum kümmern musste, bevor er mit mir wirklich zusammen sein konnte. „Ist okay“, sagte ich. „Dann bin ich eben erst mal nur ein Freund, den du halt küssen darfst.“ Er strahlte mich an, war offenbar schwer erleichtert darüber, dass ich ihm diese Freiheit gewährte. Und ich lächelte zurück, froh darüber, dass wir zumindest irgendwas waren, wenn auch noch nicht fest zusammen. Das war wohl etwas, worauf ich warten musste. Aber das war okay, und vielleicht konnte ich ja auch ein wenig helfen? „MiA lieb.“ Und ehe ich mich versah, hatte Meto seine Arme um meinen Hals geschlungen und drückte mich an sich. Aber anders als das erotische Rummachen von vorhin. Vielmehr schien es nun ein Ausdruck tiefer Zuneigung zu sein, die er für mich empfand. Ich wusste nicht, wie ich das geschafft hatte, innerhalb so kurzer Zeit so wichtig für Meto zu werden, aber es machte mich glücklich, schließlich mochte ich ihn auch sehr gern. Nur, dass ich nicht in solchen Schwierigkeiten steckte. Ich legte meine Arme um ihn und hielt ihn fest, auch, oder gerade als ich seine Tränen an meiner Schulter spürte. „Hey, nicht weinen.“ „Ist… doch egal. Uns … eh keiner … bemerkt …“ So saßen wir eine ganze Weile auf diesem Sofa am Rand der zweiten Ebene des Clubs, ich hielt Meto im Arm und streichelte über seinen Rücken, bis er sich wieder beruhigt hatte. Er sagte nichts, erklärte nicht, warum er auf einmal weinen musste oder was an diesem für ihn offenbar ziemlich furchtbaren Tag geschehen war. Und ich fragte nicht mehr nach, weil ich ihn zu nichts zwingen und mich auch nicht einmischen wollte. „Aber, Meto, wenn du irgendwann mal reden willst“, sagte ich, „…dann bin ich da, hörst du?“ Er nickte. „Ich geb dir meine Nummer und meine Adresse. Hast du wieder einen Stift da?“ „M-hm.“ Er holte einen Kugelschreiber aus der Tasche und einen kleinen Block. Offenbar hatte er beides wegen seiner eingeschränkten Sprache dabei. Ich schreib ihm meine Daten auf und malte eine kleine Katze daneben. „Wirst du dich melden, wenn was ist?“, fragte ich sicherheitshalber. Meto nickte, fuhr sich mit dem Handrücken über die ohnehin dunkel verschmierten Augen und lächelte mich an. „…hab dich… echt gern, MiA…“ „Ich dich auch. Was ist, wollen wir noch mal tanzen?“ Ich stand auf und hielt ihm meine Hand hin. Der Song, der gerade lief, lud zum glücklichen Tanzen ein und genau das taten wir. Meto wirkte wie ausgewechselt, hatte wieder diese Leichtigkeit an sich, wie letzte Woche, als er auf dem Lautsprecher herumgeturnt war. Überflüssig zu sagen, wie süß ich ihn fand, wenn er so drauf war. Und ich war ein wenig stolz auf mich, dass ich es geschafft hatte, ihn wieder happy zu machen. Wir tanzten, holten uns dann was zu trinken, knutschten wieder und wieder rum, bis wir irgendwann den Club verließen und draußen weiter machten. Meto war jetzt richtig gut drauf, ich hörte ihn zum ersten Mal lachen und selbst als uns irgendein Idiot „Ey, ihr Schwulen!“ nachrief, konnte das unsere Hochstimmung kaum brechen. Doch irgendwann brach sie. Zumindest bei mir. Und zwar in dem Moment, als Meto sagte: „Ich muss gleich los, es ist weit bis Natsukita.“ Natsukita. Eine Hochhaussiedlung. Siedend heiß fiel mir wieder ein, dass ich ja ganz genau wusste, dass Meto eben nicht dort, sondern im Villenviertel Akayama wohnte. Meine gute Stimmung platzte wie eine Seifenblase. Mühsam tat ich so, als wäre nichts, und verabschiedete mich von ihm. Er ging tatsächlich in Richtung Natsukita, aber ich wusste, dass es von da eine gute Verbindung nach Akayama gab. Auf dem Weg nach Hause zu meiner Sawako dachte ich darüber nach, bis mir auffiel, dass Meto und ich jetzt etwas gemeinsam hatten: Er hatte ein Geheimnis und ich nun auch. Zwar war mein Geheimnis, dass ich eins von seinen kannte, aber es war eben eines und ich verstand nun zumindest ansatzweise, wie schwer es war, ein Geheimnis zu haben, das auf keinen Fall rauskommen durfte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)