Wovor fliehst du? von Petulia ================================================================================ Kapitel 1: Flucht ----------------- Weit und breit war es dunkel. Dunkle Wälder, dunkle Felder, dunkle Berge, dunkle Seen, dunkler Himmel. Nur wenn man genau hinsah, wenn man hinsehen durfte, tauchte plötzlich zwischen den Herbergen der Düsternis ein Lichtfleck auf. Je weiter man sich näherte, desto mehr fächerte der Lichtfleck sich viele kleiner Tupfer auf. Warme, flackernde Tupfer, manche draußen, die meisten gedämpft hinter den majestätischen Fenstern des Schlosses. Die meisten Fackeln hinter den Mauern brannten noch zuverlässig, um die Korridore zu erhellen. Manche beleuchteten nackte Steinwände, doch in den letzten Tagen hatte sich das graue Gestein besonders in den unteren Stockwerken in eine Leinwand für winterliche Kunst verwandelt. Einige Flure boten tausend schwebende Kerzen, während dicke Tannengirlanden sich von Tür zu Tür wanden und selbst von dicken glänzenden Kugeln geschmückt waren. Die Spure festlicher Dekoration bildeten ein kunstvolles Spinnennetz, in dessen Mitte die große Halle lag. Bereits in der Eingangshalle schneite temperaturloser, selbstauflösender Schnee und eine stattliche Fichte trug jede Hausfarbe zur Schau. Sie vereinte alle im Schloss besonders geschätzten Tugenden, während die schillerbunten, glitzernden und leuchtenden Kiefern in der großen Halle Schüler und Lehrer mit ihrer Lebensfreude, Gemütlichkeit und Vielfalt gleichermaßen blendeten und anzogen. Während es draußen zwar nicht fror, doch durch eisige Winde unliebsam war, gesellten sich die Schüler vor die Kamine oder wärmten sich an den Fackeln vor ihren Unterrichtsräumen auf, bevor sie eingelassen wurden. Sie alle fürchteten die beschwerlichen Wege zu den Gewächshäusern und zum Waldrand für Stunden in Pflege magischer Geschöpfe und begaben sich zu diesen Fächern stets Herden, die sich wie ein Flock Pinguine dicht aneinander drängten, sehnlichst auf den Beginn der Weihnachtsferien wartend. Einem dieser Flöcke konnte Albus gerade so ausweichen, indem er sich hinter eine eiskalte Rüstung kauerte. Er war so klein, dass man ihn meistens übersah, doch durch seinen dicken Winterumhang erschien er sich beinahe doppelt so breit, was ungünstig aber dennoch notwendig war. Denn er würde dem Wetter trotzen müssen, das war der einzige Weg. Als der Wiederhall des Stimmengewirrs verzogen war, traute er sich aus seiner Position heraus und tapste weiter, darauf achtend hoch frequentierte Korridore zu umgehen. Je näher er dem Ausgang kam, desto schwieriger wurde es. Abkürzungen zu nehmen würde ihn zwar dem Verkehr entziehen, doch sollte er dort jemandem begegnen, gab es keine Versteckmöglichkeiten mehr. War es falsch von ihm in den Fluren des Schlosses herum zu strolchen? Nein, eigentlich nicht. Entgegenkommende Mitschüler würden sich wohl ob seines warmen Aufzugs wundern, weshalb er einerseits herumschlich und andererseits überhaupt hinaus wollte. Das Problem war seine Familie und Merlin wusste, sie war überall. Es gab keinen Tag, an dem Albus nicht einen Weasley oder Potter Haarschopf erblickte. Beinahe als habe es eine Verschwörung ihrer Eltern gegeben die gesamte Generation ihrer Nachkommen innerhalb der sieben Jahre auf die Welt zu bringen, die sie auf der Schule verbringen würden. Zwölf Cousins und Cousinen, so wie die zwölf Geschenke der Weihnacht - oder auch Flüche, wer konnte das schon sagen. Eine kleine Weile kauerte er am Ende eines Korridors und wog seine Möglichkeiten ab. Jeder in seiner Familie kannte jede Abkürzung, wobei die jüngeren wie er sich dieses Wissen hatten hart erkämpfen müssen. Sehr hart. So hart, dass er in seiner Erinnerung definitiv viel Schweiß und Blut schmeckte. Ein Rufen ließ ihn zusammen zucken. Es war sein Name gewesen, ausgesprochen von einem Mädchen mit quietschiger Stimme, welches viel zu nah war. Innerhalb eines Augenblicks entschied er sich und schoss los. Zwei Stufen auf einmal erklimmend bewegte er sich wieder auf eine höhere Etage, wagte es doch eine Abkürzung zu nehmen und erreichte die Toilette der Maulenden Myrte. Beim verbotenen Betreten des Mädchenbads spürte er wie sich alles um ihn änderte. Der Raum hatte seit jeher als Portal gedient, als Tür und es war wie eine Ironie des Schicksals, dass Voldemort ein weiteres Mal in Myrtes Leben treten sollte, in dem er ihrem Heim erneut eine Bedeutung verlieh. Rasch marschierte Albus in eine der Kabinen und kniete sich vor die Toilettenschüssel. Dort auf dem Boden löste er genug Fliesen, sodass er hindurch passen würde, im Wissen, dass sie sich magisch wieder zusammenfügen würden. Dieser neue Weg aus dem Schloss war der schrecklichste und er ging ein großes Risiko mit der Benutzung ein, denn zwar war dieser nicht jedem Schüler, doch aber jedem Weasley-Potter bekannt. Albus holte Luft und rutschte in die Öffnung hinein. Die Rohre führten ihn fort vom Eingang zur Kammer des Schreckens und spuckten ihn stattdessen in ein Geflecht unterirdischer Gänge. Statt dem erwarteten harten und kalten Boden trafen Albus Füße jedoch auf etwas weitaus Nachgiebigeres. Begleitet von zwei Schreien stürzten sie zu Boden und machten sich dann hastig daran, sich zu entwirren. Das Schlimmste erwartend erblickte Albus nur das Gesicht eines blassen Jungen, der ihn wütend anfunkelte. “Spinnst du?”, knurrte dieser.
“Spinnst du?”, giftete Albus zurück. “Wer hockt am Ende einer Rutsche?” Sein Ton trug eine deutliche Wertung der Intelligenz des anderen Jungen mit sich. Dieser wurde etwas kleinlauter und rieb sich die schmerzenden Rippen. “Wusste nicht, dass viele den hier kennen und wollte mich nicht verlaufen.” “Du bist hierunter gekommen, ohne die Gänge zu kennen?”, fragte Albus ungläubig und war sich nun sicher, dass der Junge vor ihm nicht besonders schlau sein konnte. Er hatte ihn schon öfter gesehen im Gemeinschaftsraum, doch immer für zu arrogant für eine Unterhaltung gehalten. “Hast du einen Todeswunsch?”, drängte er, als der Andere schwieg. “Wie wärst du wieder hoch gekommen?” Der blasse Junge presste die Lippen auf einander und sagte nichts. Unsicher was er tun sollte, klopfte Albus sich den Staub von der Kleidung. Dann stand er stumm herum, bis es ihm zu blöd wurde. Jeden Augenblick könnte James die gestohlene Karte hervorkramen und ihn hier unten entdecken. Er musste vom Schulgelände herunter. “Wo willst du hin?”, blaffte der Andere, als er losging. “Raus.” “Wohin raus? Kennst du dich hier unten aus? Wohin führen die Gänge?” Neugierde aber auch Misstrauen spiegelten sich auf den Zügen des Gegenübers. “Klar kenne ich mich aus.”, sagte Albus ein wenig stolz. “Wenn man richtig läuft kommt man gleich vor den Toren raus.” Bewunderung mischte sich nun unter die Gefühlsregungen des Anderen. “Was willst du da draußen?”, fragte er weiter. “Ganz schön neugierig.”, kommentierte Albus, innerlich grinsend. So arrogant und einschüchternd Bleichgesicht auch immer erschienen war, dieser richtete sich jetzt nach ihm. Er hatte die Zügel in der Hand. “Ich will nicht gefunden werden.”
 “Wieso nicht? Ich will auch nicht gefunden werden, wieso willst du nicht gefunden werden?” Albus hielt sich vom Antworten ab. Er musste stark und sicher erscheinen. “Warum willst du nicht gefunden werden? Ist doch eh bald Weihnachten.”, fragte er daher zurück. “Eben.”, murmelte sein Mitschüler.“ Morgen reisen alle ab, zu ihren Familien. Ich will aber hier bleiben.” “Warum tust du das nicht einfach?” Diesmal bekam er nicht so schnell eine Antwort. “Meine Eltern haben gesagt ich soll nach Hause.” “Ist doch cool. Bei uns gibt’s immer tonnenweise Plätzchen, Braten und Beilagen und sowieso alles, was das Herz begehrt. Es gibt auch Suppe, aber die mag ich nicht.” Mit großen Augen versuchte der Andere seinen Neid zu verbergen. Albus setzte sich in Bewegung, beim Gedanken daran, dass James jederzeit seinen Namen auf der Karte finden könnte. “Komm mit. Wenn du hier so rum sitzt, rutscht sonst noch jemand in dich rein und schleppt dich wieder mit hoch.” Hastig rappelte sich der Blonde auf und stolperte ihm nach. “Also, gibt’s bei dir keine Plätzchen oder was ist da los?” “Klar, gibt’s bei mir Plätzchen!”, blaffte der Andere mit einer unerwarteten Forschheit. “Okay, was auch immer.”, gab Albus ebenso zickig zurück. Plötzlich ertönten eilige Schritte hinter ihnen. Panisch suchte Albus sich nach einer Versteckmöglichkeit um und verschwand gerade rechtzeitig hinter einer Ecke. Der Andere hatte nicht schnell genug reagiert und die Schritte stoppten. “Was machst du hier?”, fragte eine forsche Mädchenstimme. “Wo ist mein Cousin? Wo ist Albus?” Entweder der andere war sehr eingeschüchtert oder gänzlich unbeeindruckt, jedenfalls sagte er nichts. “Albus.”, sagte sie eindringlich. “Komm raus, oder ich sag’s James und dein Freund kriegt dann auch Ärger.” “Wir machen gar nichts falsches.”, zischte der Blasse.
“Er ist also hier.”, stellte das Mädchen zufrieden fest. Albus könnte den Idioten würgen. Grimmig trat er in den schwachen Schein ihres Zauberstabs. “Rose.”, grunzte er so tief es mit seiner jünglichen Stimme ging. “Das hier ist eine geschlossene Gesellschaft.” Sie verdrehte die Augen. “Albus, du musst wieder hoch kommen.”, befahl sie barsch. “James sagt, es gibt gewaltigen Ärger, wenn du es nicht tust.” “Gut, dass es mich nicht interessiert, was James sagt. Ich habe jedes Recht hier zu sein, genauso wie... mein Freund hier. Wir sind auf einer Exkursion ins Abenteuer.” “Es ist so anstrengend, wenn du so einen Blödsinn erzählst, Al.” Erneut verdrehte sie die Augen und musterte dann den Compagnien ihres Cousins. Als sie ihn erkannte, sog sie scharf Luft ein.
 “Weißt du eigentlich, mit wem du hier unterwegs bist, Albus?” Der zuckte mit den Schultern, sodass sie sich noch weiter aufplusterte. “Das ist Malfoy!”, deklarierte sie mit ausgestrecktem Zeigefinger. Bevor Albus irgendwas sagen konnte, trat der Andere energisch nach vorne. “Ich heiße Scorpius.”, zischte er. Im Gegensatz zu Albus war er ein gutes Stück größer als Rose, die ihn anfunkelte. “Was soll das für ein Name sein?” “Besser als Rose. Das ist langweilig.”, kommentierte er kühl. Das war genau der Typ, den Albus immer im Gemeinschaftsraum gesehen hatte. Ausgetauscht von einer Sekunde zur anderen. Es war tatsächlich ziemlich bewundernswert, wenn auch verwirrend. Rose schwieg. Man sah ihr an, wie krampfhaft sie nach einer schlagfertigen Aussage suchte. Doch diese blieb aus. “Komm jetzt einfach, Al. Mit Malfoys haben wir nichts zu tun.” Eine Wut braute sich in Albus zusammen. Sie rührte definitiv daher, dass Rose glaubte, ihn herum kommandieren zu können, doch wie sie Scorpius behandelte, trug definitiv dazu bei. Sie kannte ihn nicht einmal.
 “Warum bist du überhaupt auf James Seite?”, knurrte er. “Er hat’s nicht so gemeint.” Ungläubig verschränkte Albus die Arme. “Klar hat er das!”
“Weißt du gar nicht!” “Weiß ich doch!”
“Weißt du nicht!” Ein paar Sekunden ließ der Malfoy das Spielchen fort laufen, bis ihm die Ohren schmerzten und er beiden von ihnen eine Hand vor den Mund hält. “Das ist ja schlimm mit euch!”, näselte er und Rose schlug seine Hand fort.
 “Was fällt dir ein?”, fauchte sie, doch ihre Worte prallten an seiner kalten Fassade ab. Statt ihr zu antworten wandte er sich an Albus.
“Wenn ich mit dir flüchte, würde ich gerne wissen, wovor du fliehst und ob es mich in Mitleidenschaft reißen kann.” Während Rose ihre Albernheit verfluchte, dachte Albus scharf nach. “Gut, das ist fair. Andersrum läuft das genauso. Deal?” Scorpius ergriff die ihm entgegen gestreckte Hand.
“Deal.” “Dann lass uns erst weiter außerhalb der Reichweite des Schlosses gehen.” “Wartet!”, zeterte Rose und lief den davon stapfenden Jungs nach. “Du zuerst.”, sagten beide gleichzeitig und starrten einander solange an, ohne zu blinzeln, bis Malfoy ein Staubkorn ins Auge flog. “Okay.”, sagte er hektisch zwinkernd und atmete tief durch, als sich sein Auge beruhigt hatte. “Also... Es ist so...” “Jetzt sag schon.”, drängte Albus, der das Schritttempo anhob, sodass Rose nicht mithören konnte. “Du willst nicht heim. Warum?” “In Hogwarts ist alles warm und geschmückt und familiär. Zuhause ist es...” Er zögerte erneut. “Kalt und keiner redet. Es ist so steril. Die Plätzchen backen unsere Hauselfen. Die Geschenke kaufen sie auch ein.” Bedrückt ging Albus neben ihm her. Weihnachten war immer ein Highlight gewesen - sogar noch cooler als sein eigener Geburtstag! Sich vorzustellen, dass man sich gar nicht auf den 25. Dezember freuen konnte, fiel ihm mehr als schwer. Beim genauen Hinhören schienen sogar Roses Schritte etwas weniger laut und aufdringlich.
Scorpius schien auf eine Antwort zu sagen, doch Albus rang um Worte. Er wusste nicht was er darauf sagen sollte. 
“Weißt du, mein Bruder hat meine Geschenke gestohlen.”, platzte er dann heraus. “Alle die ich gemacht habe und alle, die meine Cousins für mich hatten. Und er hat gesagt, ich war dieses Jahr nicht artig genug und dass ich keine Geschenke verdiene. Ein paar Papierfetzen habe ich noch gesehen. Die Geschenke hat er aber kaputt gemacht.” “Was? Das geht doch gar nicht!”, keuchte Malfoy. “Ja, du kannst ganz glücklich sein, dass du keine Geschwister hast.”, pflichtete Albus ihm bei. “Aber warum haust du dann ab?” Stolz warf Albus sich in die Brust. “Ich war so wütend, dass ich seinen Vorrat Liebestränke kaputt gemacht habe.” Nun kicherte Scorpius, doch Rose mischte sich wütend wieder ein. “Das war nicht in Ordnung, Al! James hat deine Geschenke nicht kaputt gemacht.” “Hör auf dich ein zu mischen, Rosalie.”, schoss Albus zurück. “Du bist nur sauer, dass du nicht wie versprochen was von den Tränken abbekommen hast, damit Marcel mit dir Händchen hält.”
 “Das ist nicht wahr.”, rief sie beleidigt und die Jungs lachten wieder. Scorpius spürte einen kalten Zug an seinen Knöcheln und als er sich konzentrierte, roch er nasse Erde. “Wo sind wir?”, fragte er neugierig und Albus hielt an einer Sackgasse. “Wir sind angekommen.”, deklarierte er und begann mühsam an der erdigen Wand hochzuklettern. Die Schuhe anderer Besucher hatten leichte Kerben gegraben, an denen er sich stützte. Scorpius folgte und dann tat es auch Rose, bis ihnen allen ein eisiger Wind die Nasen fror und in die Wangen stach. “Toll, und jetzt?”, murmelte Rose wütend und beschwor eine Flamme, die wärmend an ihren Fingern leckte. Trotzig, da ihnen der Trick nicht eingefallen war, machten sie es ihr nach. Albus deutete in Richtung eines eingetretenen Weges. “Nach Hogsmeade würde ich sagen.” “Weil ihr da ja auch nicht gefunden werdet!”, keifte sie sarkastisch und Malfoy verdrehte die Augen. “Von dort aus können wir weiter planen.”, entschied er. Die beiden verfluchend folgte Rose ihnen weiter. Wie dumm konnte man sein! Was waren das für Gründe, um so zu tun, als wolle man ernsthaft abhauen? “Ihr habt nicht alle Zutaten im Kessel!”, fauchte sie nach zwanzig Minuten, doch die Jungs waren so vertieft in ein Gespräch über Quidditch, dass ihr Stimme zwar durch den Wind, jedoch nicht an ihre Ohren drang. Weitere 15 Minuten vergingen, bis sie eine dunkle Gestalt am Wegesrand hocken sahen. Wie erstarrt blieben sie stehen und gaben nur noch weiße Atemwolken von sich. Albus, den Tapferen spielend, schlich sich nach wenigen Verdauungsminuten an die Person heran. Sie war klein und zusammengekauert. “Hey, wer bist du und was machst du hier?”, forderte er mit seiner tiefsten, autoritärsten Stimme nach Antworten. Der Kopf der Gestalt fuhr hoch und sie entblößte sich als Mädchen. Rose war sich sicher, sie vorher schon einmal gesehen zu haben. Unter der dicken Kleidung war es allerdings schwer, sie zu identifizieren. “Wer seid ihr?”, fragte sie zurück, wenn auch sehr viel weniger energisch. Rose spürte, dass Albus ihr falsche Namen nennen würde, doch es war Malfoy, der vortrat. “Scorpius Malfoy und Albus Potter.” “Und Rose Weasley!”, fügte sie rasch hinzu. “Ja, die auch.”, gab er nach. “Merlin, sei dank!” Das Mädchen versuchte sich aufzurappeln, doch ihre Beine waren eingeschlafen und sie kippte wieder weg. Schnell stürzten die Drei auf sie zu und erkannten wie kalt ihr war. “Wie lange sitzt du hier schon?” “Lange.”, gestand sie. “Um Mittag bin ich abgehauen.” “Abgehauen?”, forschte Rose nach. Es war wieder an der Zeit, dass sie die Führung übernahm. “Ja.” “Warum zum Teufel solltest du abhauen?”, tadelte Albus sie, ohne die Ironie seiner Worte zu erkennen. Mittlerweile hatte Rose auch für das Mädchen wärmende Flammen heraufbeschworen. “Ich habe eine Strafarbeit bekommen.” “Ja und?”, lachte der Potter. “Ich hatte noch nie eine!”, jammerte sie und Rose verstand die Verzweiflung. Ihr kleines Abenteuer gerade könnte auch sie ihre weiße Weste kosten. “Meine Eltern werden benachrichtigt werden und dann muss ich ihnen alles erklären. Das wird schrecklich! Was für ein blödes Weihnachtsgeschenk.” Tränen flossen nun über ihre Wangen und für einen Augenblick wetteten sie alle heimlich, ob sie gefrieren würden. Doch das taten sie nicht. “Ich hab’s.” Malfoy blickte Albus wissend an. “Sie ist ein Ravenclaw.” Traurig nickte das Mädchen und mit einem Mal erkannte Rose sie. “Du bist Clara Bones! Wir haben zusammen in Kräuterkunde gearbeitet.” Clara musterte sie mit Tränen verschleiertem Blick und nickte dann. “Na klar, Rose. Tut mir leid, es hat eben nicht geklickt.”
“Ja, ja, egal. Wichtiger ist: Wofür hast du eine Strafarbeit bekommen?” Neugierig betrachteten die Jungs sie. “Hast du einen Weihnachtsbaum in Brand gesetzt? Hast du Mr Filchs Perücke herunter gerissen? Hast du eine Stinkbombe in Trelawnys Aura los gelassen?”
“Al, so funktioniert eine Aura nicht.”, unterbrach Rose genervt. Zu einem Streit darüber kamen sie nicht, da Clara bereits panisch antwortete. “Nein, nein! Ich war nur nicht beim Unterricht!” Selbst in Rose breitete sich Enttäuschung aus. “Wieso gehst du nicht zum Unterricht? Wie unsinnig ist es, sich eine Strafarbeit einzuhandeln, nur um länger zu schlafen?”
“Damit hatte es nichts zu tun.”, verteidigte Clara sich. “Sondern mit was?” Malfoy schien sie hübsch zu finden. Beinahe zu auffällig lehnte er sich in ihre Richtung. “Ich war mit einem Jungen verabredet.”, murmelte sie verschüchtert und Albus grunzte, während Rose begeistert in die Hände klatschte. “Was ist es mit Mädchen und Jungs?”, fragte er genervt, während besagte Mädchen sich über die Details des Treffens austauschten. Also setzte er sich wieder in Bewegung mit Malfoy auf den Fersen. “Wo willst du hin?”, keifte Rose. Als sei es offensichtlich zeigte er in Richtung des Dorfs. “Siehst du nicht, wie neblig es ist? Außerdem ist Clara eiskalt. Sie braucht Schutz.”
“Den sie dort bekommen wird.” “Wir werden das Dorf niemals finden.”, sagte Rose energisch. “Wenn wir hier sitzen bleiben nicht. Unsere Chancen zum Schloss zurückzukommen, sind dieselben, nur dass es bis dahin viel weiter ist.” “Albus, du Sturkopf. Wenn du einfach nicht abgehauen wärest -” Zum wiederholten Mal trat Malfoy zwischen sie.
 “Keine Zeit, um mit dem Finger zu zeigen. Bones braucht schnell Wärme, also gehen wir nach Hogsmeade.” Zwar wollte Rose noch einmal protestieren, doch selbst Clara hatte sich schon in Bewegung gesetzt. Wenig später stellte sich heraus, dass sie Rech gehabt hatte. Der Nebel war so dicht, dass sie gar nichts sahen. Albus tat stark und zielsicher, doch sie wusste, dass er keine Orientierung hatte. “Bald müssten wir da sein.”, verkündete er, falsche Hoffnung verbreitend. Sie alle froren, in Clara klapperten jedoch alle Knochen. Die Bewegung half zwar gegen die Kälte, doch der Wind wirkte stark gegen jegliches Aufwärmen. “Albus, ihr ist kalt.” “Ich weiß.”, brummte er in seinen Schal. Mit wenig Elan zückte er seinen Zauberstab und schoss eine Ladung roter Funken in den Himmel. Niemand würde sie sehen, war er überzeugt, etwas anderes blieb aber nicht übrig. Also schoss er alle paar Meter Funken jeder Farbe in den Himmel. Grün, Blau, Gelb, Orange, pink, wieder rot. Zwischendurch half Malfoy ihm, wenn auch nur für kurze Zeit, bis er aufgab. Clara knickten erneut die Beine weg. Sie zitterte am ganzen Leib und hatte Kleidungstechnisch das Wetter stark unterschätzt. “Hey, hey, kannst du weiter gehen?”, fragte Malfoy panisch. “Seht doch mal, was das alles gebracht hat!”, Rose war nun selbst den Tränen nah. Die Ravenclaw reagierte kaum noch. “Es ist doch nicht unsere Schuld, dass sie abgehauen ist!”, verzweifelte Albus und wollte schon seine Jacke ausziehen, um sie ihr umzulegen. “Willst du auch noch so enden? Stell dir mal vor, du wärst alleine hier rausgelaufen. Dann wäre dir das auch passiert!” 
“Hört auf zu streiten. Das macht keinen Sinn.”, bat Malfoy mit blauen Lippen.
 “Sie hat angefangen!”, zischte Albus. “Potter!” Er zuckte zusammen. Rose nannte ihn nur dann so, wenn sie wirklich wütend war. Bei einem Blick in ihr Gesicht stellte er fest, dass sie genauso überrascht war wie sie. “Potter, Weasley, und Bones!”, keuchte die Stimme und aus dem Nebel löste sich die Gestalt von McGonagall. Sofort eilte sie zu dem frierenden Mädchen und legte ihr eine Decke um. “Clara!”, rief nun eine andere Frau, die Rose sofort als Susan Bones erkannte. Sie stürmte ebenfalls zu ihrer Tochter und binnen Sekunden, schlang eine dritte Gestalt ihre Arme um Malfoy. “Scorpius.”, wimmerte sie und der Junge tätschelte seine Mutter. “Ich habe mir solche Sorgen gemacht! Was hast du dir nur gedacht?” Auch sein Vater löste sich aus dem Nebel und legte seiner Frau eine Hand auf die Schulter, um sie zu beruhigen. “Albus!” Die letzte war eine tiefere Stimme. Eine unproportional große Hand packte Albus am Kopf und zog ihn an sich. “Du Spinner.”, brummte James. Albus röchelte gegen die Brust seines Bruders gedrückt nach Luft, rang sich dann aber dazu durch, diesem die Arme umzulegen. “Was ist nur los?”, hörte man Mrs Malfoy ihren Sohn in dem Moment fragen, in dem die Bones disapparierten. Scorpius sah nur bedrückt zu Boden und warf dann Albus einen Blick zu. Es war beinahe als schrie er nach Hilfe. In Rose kickte ein ungewohnter Instinkt ein. “Es war meine Schuld, Mrs Malfoy. Albus war weg und ich dachte, wir könnten ihn alleine finden, sodass er keinen Ärger bekommt. Ich habe... Scorpius gefragt, ob er mir hilft.” Darauf antwortete Astoria Malfoy nicht, wobei Rose sich sicher war, dass die Frau sie gerne als einzige in der Kälte zurück gelassen hätte. Der Blick der Schulleiterin jedoch lag eindringlich auf Rose. In ihren Augen spiegelte sich eine Art erkennen, ein Wissen wieder. Anstatt ihnen allen eine Strafarbeit zu verpassen, legte sie ihr und Albus eine Hand auf die Schulter und geleitete sie zurück in Richtung des Schlosses. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)