Die lange Reise zurück ins Glück von HazelEyedButterfly ================================================================================ Kapitel 11: Die Wahrheit kommt immer ans Licht ---------------------------------------------- Aiko Der Sonnenaufgang war wunderschön. Die friedliche Stimmung die für den Moment in unserer Gruppe herrschte war angenehm. Aber mir entging nicht das Shouta leicht nostalgisch den Horizont betrachtete, fast so als würde es ihn an etwas erinnern was mit viel Trauer verbunden war. Zwar hätte ich ihn gerne darauf angesprochen, doch ich ließ es für den Moment lieber sein. Nach meinem Gespräch mit Rina war ich was Shouta betraf verunsichert. Je heller die Sonne am Horizont aufleuchtete, desto vernebelter wurden meine Gedanken über die ganze Sache. <><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><> Falls die Gerüchte um unsere chaotische Gruppe nicht genug wären, erschienen wir beinahe zu Spät zum Orientierungslauf. Die Besammlung war für relativ früh am Morgen geplant, was uns nicht viel Zeit zum schlafen gab. Ehrlich gesagt haben wir gar keinen richtigen Schlaf erhalten. Alle fünf mussten ja den Sonnenaufgang bestaunen. Tolle Idee. Naja, gelohnt hatte es sich ja, die Bilder des morgendlichen Himmels waren für immer in meinem Kopf eingebrannt. Wir erhielten keine Predigt von den Lehrern, dafür ernteten wir böse Blicke für unsere verschlafenen Gesichter. Nachdem uns der Orientierungslauf erklärt wurde und die dafür nötigen Gegenstände verteilt wurden, machten wir uns auf den Weg. Es dauerte auch nicht lange bis wir als zweite Gruppe, wie wir schnell fest stellten, am ersten Posten ankamen. Unsere Aufgabe bestand darin die Zutaten, des von den Lehrern zubereiteten Saftes, zu erraten. Shouta, unser groß Maul, versuchte sich als erster. Ziemlich schnell schien er seine Entscheidung zu bereuen, den sein Gesichtsausdruck sprach für sich. -„Da ist ganz klar Brokkoli drin...", gab er würgend von sich. Die Reaktion von mir und Yamato war dieselbe, wir verkniffen uns in lautes Gelächter auszubrechen. Oh ja, Brokkoli war Shoutas meist gehasstes Gemüse. Schon damals mochte er es nicht einmal riechen, das er es so deutlich raus schmecken konnte kam uns aber zu gute. Relativ schnell kriegten wir die volle Punktzahl für das erraten aller Zutaten. Nacheinander versuchten wir uns alle darin, abgesehen von Shouta der mit einem Glas bereits schon genug hatte. Zu wissen das wir von der Punktzahl her in Führung lagen, erwachte unser Teamgeist der sich aufs Gewinnen fokussierte. -„Alles klar Leute...ich kann den Sieg schon riechen. Beeilen wir uns damit wir als erste am Ziel ankommen", sagte Yamato völlig euphorisch. Zuvor wirkten wir noch wie eine zusammen getrommelte Gruppe von Zombies die durch die Gegend irrten, doch wenn ich meine Freunde betrachtete hatte sich dieses Bild verändert. Selbst Shouta hatte sich wieder gefasst und war von Yamatos Euphorie gepackt worden. Auf meinen Rat der Karte zu folgen, die uns am Anfang verteilt wurde, hörte niemand. Stattdessen folgten alle Yamato ohne überhaupt je einen Blick auf die Karte zu werfen in der die Posten eingezeichnet waren. Seine Begründung: -„Da vorne ist die Gruppe die vor uns waren, ihren Gesichtern nach haben sie schon den Weg zum nächsten Posten gefunden also folgen wir denen einfach. Bei der ersten Möglichkeit können wir sie überholen" Ich konnte mir nicht erklären Warum aber in dem Moment ahnte ich das unsere Gruppe zum Scheitern verurteilt war... Shouta Ohne Bedenken, was sehr selten vorkam, folgte die ganze Gruppe Yamatos Anweisungen. Dabei fiel mir auf das Aiko manchmal verzweifelt auf die Karte hinweisen wollte. Doch der Drang zu gewinnen war in uns allen so groß, das keiner auf sie Acht gab und praktisch ignorierte. Je mehr Posten wir erfolgreich bestanden, umso Näher waren wir dabei als erste Gruppe am Ziel anzukommen. Das würde unseren Ruf als chaotische Clique auflösen. Nach den ersten Posten, die sich im Wald befanden, führte uns der Weg langsam in Richtung Stadt. Leider liefen wir dabei über eine Straße, die ich nur zu gut kannte. Es war schwer die Fassung zu bewahren und nicht in Panik zu geraten. Ausgerechnet jetzt musste Aiko mit dabei sein, als wir die Stelle durchquerten an der ihr Vater damals gegen den Wagen meiner Mutter fuhr. -„Oi alles in Ordnung? Du bist plötzlich so blass" Yamatos Frage holte mich aus meinen Gedanken, seine Augen waren nicht die einzigen die auf mich gerichtet waren. , dachte ich mir genervt. -„Nein alles in Ordnung. Lass uns weiter gehen der nächste Posten ist ja nicht weit" -„Bist du dir sicher? Yamato hat Recht...du siehst nicht gerade aus als würde es dir gut gehen", Fumiko musste ja Öl ins Feuer gießen. Mein Blick ließ sie allerdings kalt, im Gegensatz zu den anderen Mädchen war sie nicht so schnell eingeschüchtert. -„Yoshida-kun...war es vielleicht der Saft? Bestimmt hat es dir nicht gut getan...", gab Rina besorgt von sich. Ich schüttelte den Kopf und zwang mich zu einem Lächeln: -„Nein...dann würdet ihr alle ja genau so blass sein. Immerhin haben wir alle davon probiert" Ehrlich gesagt war mir der Gedanke an diesen ekelhaften Saft viel lieber... -„Ist es wegen mir?...", fragte Aiko auf einmal leise. Seit Beginn des Orientierungslaufs war es das erste Mal das sie unsere völlige Aufmerksamkeit bekam. Überrascht über ihre Worte drehte ich mich zu ihr um. Ihre Worte lösten Panik in mir aus, denn sie wirkten fast so als wüsste sie bereits den Grund der mir jegliche Farbe vom Gesicht raubte. -„Dieser Ort...es geschah hier oder? Der Unfall meines Vaters..." Sie wusste es? Aber woher? Ich...War es ihre Mutter gewesen? Oder konnte Yamato seine Klappe nicht halten und hatte es ihr hinter meinem Rücken erzählt? -„Jetzt guckt nicht alle so...Es war...doch nur eine Frage", gab sie schüchtern von sich. Es war ihr anzusehen das die plötzliche Aufmerksamkeit ihr unangenehm war. Wie immer, machte dieser hilfloser Ausdruck es mir schwer eine Ausrede zu finden ... den ich wollte ihr die Wahrheit sagen aber gleichzeitig wollte ich sie nicht verletzen. Die Wahrheit würde sie völlig aus der Bahn werfen. -„Man echt...euch kann man nichts verheimlichen. Ja der Saft hat mir nicht allzu gut getan. Aber nichts um was ihr euch Sorgen machen müsst...macht aus einer Mücke nicht einen Elefanten" Auch wenn ich mich für diese Ausrede gerade selbst Ohrfeigen könnte, vor allen wollte ich Aiko nicht sagen das ihr Vater tatsächlich an dieser Straße den verhängnisvollen Unfall hatte. Fumikos Reaktion war bereits vorher zu sehen, sie grinste breit übers ganze Gesicht. Was sie sich unter meinen Worten vorstellte war auch nicht schwer zu erraten. Rina hingegen spielte nervös mit ihren Fingern, während Aiko enttäuscht wirkte und den Blick auf den Boden richtete. Nur eine Reaktion, die von Yamato, machte mir etwas Angst. Sein Blick war streng, wütend. Oft hat er mich schon darum gebeten endlich die Katze aus dem Sack zu lassen. Praktisch auf Knien schon angefleht Aiko nicht mehr anzulügen, doch ich tat das Gegenteil von dem was er von mir wollte. Mit einem lauten Seufzen fasste ich mich an die Stirn. Diese ganze Sache raubte mir jegliche Energie, viel länger würde ich es Aiko wirklich nicht verheimlichen können. -„Können wir einfach weiter machen? Die andere Gruppe holt uns sonst noch ein", fragte ich genervt in die Runde. Ich musste nichts Weiteres sagen, es reichte aus um alle zurück in die Realität zu holen. Wir befanden uns noch im Orientierungslauf und wollten diesen gewinnen. Zumindest strebten wir dieses Ziel ja an. Yamato Dank Shoutas Worte erwachte wieder der Kampfgeist in unserer Gruppe. Auch wenn es schwer war die Wut ihm gegenüber zu zügeln. Er war doch so ein Feigling! Da bot ich ihm praktisch die Chance endlich die Wahrheit zu sagen und der Idiot zog wie ein verängstigter Hund den Schwanz ein! Es war ein Wunder das meine Zähne nicht laut knirschten, bei der Art wie ich sie zusammen gepresst hielt. Selbst mein Atem war unregelmäßig. Zum Glück ließen die nächsten Posten nicht lange auf sich warten. Ehe wir uns versahen hatten wir schon die Hälfte der Stadt erkundet. -„Also bei diesen Fassaden wundert es mich nicht das du zurück nach Tokyo gezogen bist", hörte ich Fumiko plötzlich sagen. Ja solche Aussagen waren typisch für sie. Durch den Orientierungslauf und ihre zynischen Kommentare vergaß ich das ganze Drama um Shouta und Aiko. Vielleicht hätte ich einfach nie meine Nase in diese Angelegenheit stecken sollen, doch mir blieb nun mal nichts verborgen. Zumindest wenn es sich um andere Leute handelte. -„Ich weiß echt nicht was du dagegen hast. Die Häuser sind doch niedlich...und die Stadt ist auch nicht so übel", entgegnete Rina gleich. Seit dem Vorfall vorhin war Aiko seltsam ruhig geworden, sie sprach kaum ein Wort auf dem Weg zu den Posten. Bestimmt dachte sie an ihren Vater. Ohne es überhaupt zu bemerken stieß ich beinahe mit Shouta zusammen. Dieser war einfach stehen geblieben. -„Woah! Sag doch was wenn du eine Pause brauchst!", fuhr ich ihn wütend an. Ihm ging es aber völlig am A*** vorbei. Er ignorierte mich! Seinem Blick folgend erhielt ich aber auch schon eine Erklärung dafür. Jetzt war es Aiko die völlig blass im Gesicht war. Ach je wieso haben wir das nicht schon vorhin gemerkt. -„Aiko...dein Knöchel schmerzt oder?", fragte Shouta sie direkt, so wie er sonst immer war. , innerlich verdrehte ich die Augen bei dem Gedanke. Unsere braunhaarige Freundin reagierte nervös, zwang sich zu einem Lächeln und winkte ab. -„Wie? Nein...es ist alles in Ordnung. Ich benötige keine Pause" -„Du hast dir vorhin der Knöchel verstaucht...beim Sprung über den Fluss. Ist doch so. Du humpelst schon die ganze Zeit" So wütend ich auch auf den Kerl war, ich respektierte ihn dafür das er solch ein Talent hatte Sachen zu erkennen die anderen verborgen bleiben. Rina kniete sich gleich hin um sich Aikos Knöchel näher anzusehen. -„Oh nein...er hat Recht. Aiko er ist geschwollen!" -„Das...ist nichts. Wirklich machen wir weiter...sonst überholen die anderen uns noch", sie versuchte um jeden Preis uns davon zu überzeugen das es ihrem Knöchel gut ging. Es war uns aber anzusehen dass wir ihr kein Wort davon glaubten. Rina hatte es doch bestätigt, ihr Knöchel war angeschwollen. Mehr war auch nicht nötig. -„Fein...dann trage ich dich halt" -„W-was? Nein...ich kann selber laufen das ist nicht..." -„Jetzt hör auf. Willst du etwa das es noch schlimmer wird? Steig schon auf meinen Rücken" Shouta beharrte hartnäckig darauf das Aiko den Rest des Weges es sich auf seinem Rücken gemütlich machte. Sie hingegen schien nicht so begeistert davon zu sein. -„Na los ich nehm deine Tasche. Wenn dich Shouta trägt sind wir wenigstens schneller als wenn du hinter her humpelst", anscheinend war auch Rina dafür. Ihr Vorschlag klang wenigstens plausibel. Eine Sache in der Shouta so seine Schwäche hatte, er war schlecht darin gute Argumente für seine Handlungen zu bringen. Bestimmt ein Grund weshalb er wohl so lange den Mund gehalten hat. -„Okay okay...aber ich warne dich Shouta. Kein Wort über mein Gewicht!" Weshalb Aiko das sagte wusste ich nicht, alle kannten Shouta bereits gut genug um zu wissen das er sie aufs Korn nehmen wird. Es war typisch für die beiden. Diese Streitigkeiten als wären sie ein altes verheiratetes Paar. Eines der Gründe wieso es meistens so amüsant zu und her ging in unserer Gruppe. Nachdenklich kratzte ich mich am Hinterkopf, den mir kam dabei Fumiko in den Sinn. Auch wir waren manchmal wie die beiden. Leider war mir aber klar das mehr als Freundschaft nicht drin war... Ehe ich mich versah wanderten meine Augen zu ihr, sie grinste breit während sie die Diskussion zwischen Aiko und Shouta beobachtete. Ohne weiteres begann ich wieder die Führung der Gruppe zu übernehmen, ansonsten würden wir noch eine ganze Weile hier in der Gegend herum stehen. Ich steckte mir zwei Finger in den Mund und pfiff zwei Mal laut. -„Jetzt bewegt eure Ärsche und lasst uns diesen Orientierungslauf beenden" Rina Auch wenn ich heute Morgen noch nicht so begeistert davon war den Orientierungslauf zu machen, fand ich das er bis jetzt ziemlich amüsant war. Wir erkundeten die Stadt in der Yoshida-kun für einige Jahre gelebt hatte und arbeiteten an unserem Teamwork. Trotzdem fiel es mir schwer mich daran zu gewöhnen das ich Aiko wohl öfters mit Yoshida sehen würde. Es war aber meine Entscheidung aufzugeben. Meine Freundschaft zu ihr war mir aber viel wichtiger, kein Mann würde je zwischen uns stehen. Das wurde mir klar als ich ihren geschwollenen Knöchel sah, das wohl meiner Freunde stand über alles andere. Ganz besonders das von Aiko. Sie hatte schon vieles für mich getan, also war ich es ihr schuldig. Ja es versetzte mir einen Stich zu sehen wie Yoshida-kun sie auf seinen Rücken trug, doch ich freute mich auch gleichzeitig für sie. Solche Chancen sollte sie nutzen um ihm näher zu kommen und endgültig für sich zu gewinnen. Ich war nicht die einzige die das so sah. Es war Fumiko anzusehen dass sie die Idee mochte Aiko mit Yoshida zu verkuppeln, auch wenn sie es sehr gut verheimlichen konnte vor den anderen. Mir hatte sie es ja bereits anvertraut bei unserem Gespräch. Das Leben konnte manchmal sehr überraschend sein, es machte mich ganz schön neugierig zu wissen mit wem wir drei am Ende wohl unser Leben teilen würden. Zugegeben, ich konnte ein ziemliches Kind sein...ich träumte davon Prince Charming zu begegnen der mich auf seinem Pferd zum Sonnenuntergang reitet. Allerdings war die bittere Wahrheit eine andere. Männer konnten alles andere als Prince Charmings sein und manchmal wählten sie jemand anderes als seine Prinzessin. Ich war froh das wir den Orientierungslauf weiter machten, so vergeudete ich meine Gedanken nicht an solch Dummheiten. <><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><><> Langsam ging die Sonne am Horizont wieder runter, die Temperatur begann zu sinken, die Lichter an den Straßen Lampen begannen nacheinander aufzuleuchten. Unsere Gruppe hatte den Orientierungslauf beinahe erfolgreich beendet, nur auf den Weg zum Ziel verirrten wir uns ein wenig. So das einiges an Zeit verloren ging. Es wäre auch zu schön gewesen wenn alles genau so Problemlos gelaufen wäre wie bei den Posten. Inzwischen war unser Wunsch zu gewinnen bereits verflogen, wir wollten einfach den richtigen Weg finden und zurück zur Herberge gelangen. Hunger, Müdigkeit machten sich bei uns allen bemerkbar, außerdem war Aiko ja verletzt. Ihr würde etwas Bettruhe gut tun. -„Ich fasse es echt nicht...wir laufen schon seit Stunden nur im Kreis!", gab Fumiko mürrisch von sich. Ihre Wut konnte ich nachvollziehen, trotzdem übertrieb sie es gerne. Besonders wenn es darum ging Yamato die Schuld dafür zu geben. -„Hör zu ich habe mich ja schon tausend Mal entschuldigt. Was soll ich noch machen? Ich kenn mich doch in der Gegend nicht aus", entgegnete er genervt. Aiko, Yoshida und ich hielten Abstand zu den beiden und saßen auf einer Bank die sich auf einem kleinen Waldweg befand. Zumindest gingen wir davon aus das es einer war. -„Streit wird uns hier auch nicht weiter helfen", fügte Shouta ruhig hinzu. Synchron drehten sich Yamato und Fumiko in seine Richtung um, funkelten ihn wütend an und brüllten ihn gleichzeitig an: -„Klappe! Du hast hier gewohnt aber weißt selbst nicht wo wir uns gerade befinden!" Dieser Punkt ging ganz klar an die beiden. Yoshida seufzte bloß und ließ seinen Kopf resigniert hängen. -„Ihr seid unmöglich...so finden wir doch keine Lösung" Langsam war es aber sicherlich an der Zeit das auch ich mal meine Meinung zu dem ganzen sagte. -„Wo er Recht hat...wenn wir streiten und einen Schuldigen suchen verlieren wir bloß mehr Zeit...langsam wird es kalt und ich möchte zurück. Können wir uns also bitte zusammen reißen? Lasst uns einfach einen Ausweg aus dieser Sackgasse finden" Endlich herrschte wieder etwas Ruhe. Alle sahen mich einfach stumm an, verzogen dabei auch keine Miene. -„Hört hört...Rina hat Recht. Shouta bitte sieh dir die Karte nochmals genau an ...erkennst du wirklich nichts darauf was in der Nähe sein könnte?" Aiko war die erste die die Initiative ergriff. Es hätte mich auch gewundert wenn sie mir nicht beigestanden wäre. Shouta zögerte etwas doch er nahm die Karte entgegen, faltete sie auf und betrachtete sie konzentriert. -„Mal sehen wir sind...hier durch...dann Links...später sind wir an dem Gebäude vorbei gelaufen...Oh", bei seinem überraschten Oh kamen alle plötzlich näher. -„Also wenn ich richtig liege...das wir hier an dieser Stelle sind...dann müssen wir einfach hier lang um ins Stadtzentrum zurück zu gelangen" Unsere Gruppe hatte sich eine andere Antwort erhofft, das sah man. Immerhin klang Yoshida-kun nicht gerade sicher. Aber wenigstens hatten wir jetzt eine "theoretische" Idee wo wir uns befanden. Yamato atmete erleichtert aus und lächelte nach einer ganzen Weile zum ersten Mal wieder. -„Besser als hier rum zu sitzen. Falls wir wirklich ins Stadtzentrum gelangen, können wir den Weg zur Herberge finden" Shouta schüttelte bei seinen letzten Worten sofort den Kopf: -„Nein. Es ist bald dunkel und wenn wir uns erneut irren sind wir komplett aufgeschmissen. Wir sollten einfach anrufen und sagen wo wir sind." -„Ts na gut...meinetwegen. Ich fasse es aber nicht dass du dich hier nicht mehr auskennst", grummelte Yamato. -„Alter jetzt geh mir nicht auf den Sack mit dieser Sache! Ich habe halt andere Wege gekannt, die die für mich nötig waren Punkt." Schon wieder war die Ruhe hin, dieses Mal aber weil sich die beiden Jungs in eine heftige Diskussion stürzten. -„Oh toll. Das hilft uns ja wirklich weiter...", murmelte Aiko verzweifelt. Langsam wurde das ganze unangenehm für mich, selbst Fumiko schien die Situation nicht mehr genau einschätzen zu können. Sonst hätte sie bereits etwas gesagt. Irgendwie wirkte Yamato schon den ganzen Tag lang gereizt, wohlmöglich liegt es am Schlafmangel unter dem wir alle leiden. Zum Glück behielt Yoshida einen kühlen Kopf und ging nicht weiter darauf ein, so das die Diskussion, besser gesagt der Streit zu Ende war. Wie zuvor von ihm vorgeschlagen begaben wir uns in die Richtung in der er das Stadtzentrum vermutete. Nach vielen Schritten durch uns unbekannte Straßen, gelangen wir tatsächlich ins Stadtzentrum. Jubelnd suchten wir eine Telefonkabine auf von der wir Sensei Omura anriefen. Das er Yoshida-kuns Cousin war hatte seine Vorteile, auch wenn wir uns den Konsequenzen ganz alleine stellen mussten. Aiko Dank meinem Knöchel wurden wir verschont. Die Ausrede das wir deswegen so lange da draußen waren hatten alle Lehrer geschluckt. Auch wenn Sensei Omura als einziger die Wahrheit bereits kannte, gab er uns Rückendeckung und half uns somit aus der Sache raus zu kommen. Erschöpft ließ ich mich auf mein Bett fallen, automatisch fielen mir die Augen zu als ich mein Kopf aufs Kissen drückte. -„Ich könnte für die nächsten paar Jahre durchschlafen", seufzte ich mit heiserer Stimme. Meine Worte amüsierten meine Freundinnen hörbar, als ich die Augen öffnete um sie durch den Raum schweifen zu lassen entdeckte ich beide jeweils auf ihren Betten. Ja der Tag heute war trotz den Schwierigkeiten amüsant gewesen, auch wenn es gegen Ende unangenehm wurde. Der Streit zwischen den Jungs ging mir aber nicht aus dem Kopf, weshalb war Yamato bloß so aufgebracht gewesen? Ob es wirklich am Schlafmangel lag wie Rina behauptet hatte? Oder war zwischen den beiden etwas vorgefallen worüber wir nichts wussten? Ich rieb mir müde über die Augen. Bestimmt war es nur halb so schlimm, ich tendierte sowieso dazu zu viel über Kleinigkeiten nachzudenken. Weder Fumiko noch Rina machten sich noch Gedanken darüber. -„Ah so ein Mist! Ich hab vergessen das ich Yamato die Dokumente vom Eventkomitee abgeben muss", jammerte Fumiko plötzlich in die Stille hinein. Vorsichtig setzte ich mich im Bett auf, Rina tat es mir gleich. Neugierig blickten wir zu unserer Freundin die sich die Haare raufte. -„So wie er drauf war habe ich keine Lust ihm jetzt noch die Papiere zu geben. Aber die Lehrer brauchen sie Morgen" Gerade fiel mir ein das ich noch mit Shouta reden wollte, um unsere Situation zu klären. Rinas Behauptung das wir eine Art "Affäre" führten, war nicht genau das was man hören wollte. Ich musste einfach wissen ob Shouta es wirklich nur als eine Affäre betrachtete... Wenn Yamato das Zimmer verlassen würde, hätte ich kurz Zeit um mit Shouta alleine zu sein. -„Fumiko ich mach es sonst gerne für dich. I-ich muss sowieso noch etwas mit Shouta besprechen, dann könnte ich beides ja gleichzeitig erledigen", schlug ich ihr lächelnd vor. Sofort erstrahlten ihre Augen, da war mir klar das sie es sich nicht zwei Mal überlegen würde. Ihr war es also wirklich nicht angenehm Yamato die Papiere zu übergeben. -„Du würdest es echt machen? Danke!" Einige Sekunden später erhielt ich auch schon die Dokumente in die Hände gedrückt. Rina bestand darauf mir zu helfen oder es mir abzunehmen, da ich mein Fuß schonen sollte. Aber die Schmerzen waren bereits schwächer geworden, der Arzt im Krankenzimmer hatte es gut behandelt. Anfangs ging ich zielstrebig durch die Gänge, doch je mehr ich mir dem Raum der Jungs näherte umso nervöser wurde ich. Was wenn ich nicht die erwünschte Antwort erhielt? Darüber habe ich mir doch noch keine Gedanken gemacht. War ich den bereit dafür eine direkte Antwort zu kriegen? Könnte ich diese akzeptieren? Was für eine Antwort wollte ich überhaupt? Laute Stimmen die durch die Gänge hallten, holten mich aus meiner Starre. Es klang sehr danach als würden sich zwei Personen heftig streiten. Augenblicklich machte sich ein ungutes Gefühl in mir breit, es kam definitiv vom Zimmer unserer Jungs. Nein, das konnte nichts Gutes heißen. Zögerlich kam ich dem Zimmer immer näher, die Papiere eng an meine Brust gedrückt. Die Türe war ein Spaltbreit offen weshalb man deutlich hören konnte worüber die beiden diskutierten. -„Es ist nicht deine Sache Yamato! Wie oft habe ich es dir bereits schon gesagt? Ich werde es ihr sagen ...wenn der richtige Zeitpunkt da ist" -„Ach und wann? Du scheinst nämlich nie den richtigen Zeitpunkt zu finden...dabei habe ich dir schon oft Chancen gegeben darüber zu reden!" -„Ich habe dich aber nicht darum gebeten!" Ach je die beiden waren wirklich sehr in ihre Diskussion vertieft, das sie ihre Lautstärke kaum bemerkten. Leider verstand ich im Moment nur Bahnhof. Über wenn sprachen sie da? Es handelte sich auf jeden Fall um ein Mädchen aber...betraf es eine von uns? Oder...gab es jemand anderen? -„Sie verdient es die Wahrheit zu wissen Shouta. Zu wissen wer der Junge war der am Autounfall ihres Vaters beteiligt war", hörte ich Yamatos ruhigere Stimme sagen. Ich stand mit weit aufgerissenen Augen vor der Türe, konnte nicht mehr wahrnehmen was um mich geschah. Gerade drehte sich alles in meinem Kopf, meine Hände wurden kalt, mein Atem unregelmäßig. Yamatos Worte wiederholte ich in meinem Kopf immer wieder. Der Kloss der sich in meinem Hals bildete unterdrückte ich so gut es ging. Ohne zu überlegen drückte ich die Türe auf und trat in den Raum. Beide Jungs drehten sich geschockt in meine Richtung, ihre Gesichtsausdrücke war genug um zu wissen dass sie tatsächlich mich gemeint hatten. Sonst gab es ja niemand dessen Vater in einem Autounfall verwickelt war, zumindest nicht in unserer Gruppe! -„Aiko...", Shouta fand nicht die richtigen Worte alles was er sagen konnte war bloß mein Name. Noch immer fühlten sich meine Hände eiskalt an, zitterten heftig, hielten die wenige Papiere die mir Fumiko gegeben hatte fest. -„Du warst es?...Du bist der Junge des..des anderen Wagens?", meine Stimme zitterte genauso wie meine Hände. Hatte mich Shouta wirklich die ganze Zeit über angelogen? Mir etwas vorgemacht? War er wirklich so ein herzloser Mensch? Die wenige Male in denen ich mit ihm über den Unfall gesprochen habe, tat er so als wüsste er nichts... Auf meine Frage hin schluckte er schwer, sein Blick wanderte kurz zu Yamato, der ebenfalls hilflos im Raum stand. Jetzt wussten beide wohl nicht was sie machen sollten, dabei haben sie zuvor ja noch heftig darüber diskutiert. -„Aiko ich...Hör mir aber bitte zu ich kann dir alles erklären...", nervös versuchte Shouta die Situation zu kontrollieren. Er wollte sogar nach meiner Hand greifen aber ich wich zurück. -„Fass mich nicht an! Die ganze Zeit über...hast du mich angelogen..." -„Aiko bitte hör mir zu..." -„Nein! Ich hab genug...alles was je aus deinem Mund gekommen ist...war also eine Lüge! Du hast wohl gedacht du könntest ewig so weiter machen oder? Du bist echt das letzte!" Alles passierte gerade so schnell, das ich kaum klar denken konnte. Ich verpasste Shouta eine Ohrfeige und drückte Yamato darauf die Papiere in die Hand. -„Und du...ich kann nicht glauben das du ihn dabei unterstützt hast" Beiden ließ ich keine Zeit mehr etwas zu sagen, ich eilte aus dem Zimmer heraus, lief so schnell ich konnte durch die Gänge um zu flüchten. Zwar hörte ich wie Shouta verzweifelt nach mir rief, aber es war bereits zu Spät. Seine Lüge war aufgedeckt. Völlig aufgelöst, schluchzend, mit Tränen die mir über die Wangen liefen stürmte ich ins Zimmer indem Rina und Fumiko auf mich warteten. Ich ließ mich an der Türe gelehnt auf den Boden fallen, die Fragen meiner Freundinnen konnte ich nicht beantworten. Dafür war ich zu aufgelöst, nicht Mal den Schmerz an meinem Knöchel nahm ich war. Meine Welt bracht wieder einmal in sich zusammen. Während mich meine Freundinnen im Arm hielten schloss ich die Augen und hoffte das alles nur ein schlechter Traum war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)