Wie Frühling und Herbst von Memories_of_the_Moon ================================================================================ Kapitel 27: ------------ Thranduil erwachte in einer Welt, die nicht die seine war. Noch bevor er die Augen aufschlug, wusste er, dass er sich nicht im Waldlandreich, ja nicht einmal in Mittelerde befand. Dennoch empfand er weder Besorgnis, noch Furcht, noch Verwirrung... er fühlte sich nur unendlich leicht. Da bemerkte der Elb, dass er auf einer Wolke saß. Wie war er hier her gekommen? Was war geschehen? Thranduil versuchte, sich zu erinnern, doch seine Gedanken waren wie ein einziger Nebel, dicht und undurchdringlich, jedoch nicht schwer und zäh, sondern sogar recht angenehm. Es war, als gäbe es nur das Hier und Jetzt, nur diesen einen Moment, und kein Gestern, kein Morgen. Thranduil lehnte sich, auf die Arme gestützt, nach hinten und ließ die Füße baumeln. Es war so... so friedlich hier. Da ertönte plötzlich eine tiefe, männliche Stimme: „Thranduil, Sohn des Oropher, zukünftiger Herrscher über das Waldlandreich, was hast du hier zu suchen?“ Der Elb blickte sich erschrocken um, konnte aber niemanden entdecken. „Antworte mir!“, donnerte die Stimmer so laut, dass es in Thranduils Ohren hallte. „Ich weiß es nicht...“, entgegnete der Elb unsicher. „Ich weiß nicht, wie ich hier her gekommen bin...“ „Dann erinnere dich!“, befahl die fremde Stimme. Ja, wenn das so einfach wäre... Thranduil wollte eben etwas erwidern, als sich der Nebel in seinem Kopf zu lichten begann. Nach und nach tauchten Bilder auf, Geschehnisse, und Thranduil erinnerte sich: sein Vater, Gornarbelethas, Kalera, die Schlacht,... Mit jedem Stück Vergangenheit, das zu ihm zurückkehrte, mit jedem Stück Schmerz und Enttäuschung der jüngsten Ereignisse, wurde der Elb schwerer und schwerer und er sank tiefer und tiefer in die Wolke hinein, als wäre sie Treibsand. Thranduil wurde panisch, er schlug um sich und versuchte, sich zu wehren, doch vergeblich – er schien nur noch schneller zu versinken. „Wehr dich nicht...“, wisperte es auf einmal neben ihm. Wieder war niemand zu sehen. Sich nicht wehren? Das war doch absurd, oder? Dennoch hielt der Elb einen Moment lang still, nur um noch tiefer zu versinken. „Wie soll ich dann überleben?“, rief Thranduil, allmählich frustriert, in die unendliche Weite hinaus. „Wie soll ich zurückkehren und mich all dem stellen?“ „Lass los...“, flüsterte es im Echo von mehrere Seiten gleichzeitig. „Lass los...“ „Das versuche ich ja... ich versuche es...“, erwiderte Thranduil nun leiser. „Es tut nur so weh...“ „Schließ' die Augen...“, kam das Echo wieder. Der Elb tat, wie ihm geheißen wurde. Eine Weile lang passierte nichts. Dann fiel der erste Regentropfen, gefolgt vom zweiten und dritten und von vielen anderen. Und mit jedem Tropfen, den Thranduil spürte, entspannte er sich mehr – als ob das Wasser alles Schwere wegspülen würde. Als der Elb die Augen wieder öffnete, saß er wieder auf der Wolke wie zuvor, unversehrt und frei. „Und nun erlange deinen Mut zurück...“, wisperten die Stimmen. „Finde einen Grund, zurück zu kehren....“ Thranduil überlegte. Jetzt fühlte er sich zwar frei und entspannt, doch was würde ihn zuhause erwarten? Und selbst wenn er tatsächlich den Schmerz der jüngsten Ereignisse hinter sich gelassen hätte, es gab keine Garantie dafür, dass ihm nicht noch einmal so etwas passieren würde. Keine Garantie dafür, dass man ihm sein Herz nicht noch einmal brechen würde... „Dann verschließe es... verschließe dein Herz...“, hörte der Elb. Sollte er das wirklich tun? Wie konnte er dann noch lieben? Und wie konnte er dann eines Tages König werden? „Schlimme Zeiten kommen auf dich zu, o Thranduil, Sohn des Oropher, zukünftiger Herrscher über das Waldlandreich... Doch nun musst du gehen, kehre zurück in deine Welt...“ Noch bevor Thranduil etwas erwidern konnte, wurde es schwarz um ihn. Und dann, dann schlug er die Augen auf. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)