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Wie Frühling und Herbst

von

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„Du bist so ruhig, mein Sohn...“, stellte Oropher fest.

Er und Gornarbelethas saßen beim Abendmahl, eine Gelegenheit, die der Prinz immer gerne nutzte, um von seinen Erlebnissen zu erzählen. An diesem Abend aber war er tatsächlich auffallend still, in Gedanken war er weit weg, bei einer ganz bestimmten Person.

„Es fehlt dir doch nichts?“, fragte der König besorgt nach.

„Nein, nein, alles gut, Vater“, beruhigte ihn sein Sohn. „Ich träume nur...“

„Wovon träumst du denn?“ Der Elbenherrscher war neugierig, diesen verklärten Gesichtsausdruck hatte er bei Gornarbelethas noch nie gesehen. „Oder sollte ich besser frage: Von wem träumst du?“

Da verschluckte sich der Prinz so heftig an der Traube, an der er gerade herumgekaut hatte, dass er ordentlich hustete und ganz rot wurde im Gesicht.

Oropher sprang sofort auf und klopfte ihm auf den Rücken und ein wenig schuldbewusst meinte er: „Es tut mir Leid, mein Sohn, erschrecken wollte ich dich nicht.“

Doch als er sah, dass es Gornarbelethas schon besser ging, fügte er schelmisch hinzu: „Das war wohl ein Volltreffer...“ und zwinkerte ihm verschwörerisch zu.

Der Jüngere errötete wieder, diesmal allerdings, weil er sich ertappt fühlte.

„Nun, wer ist denn die Glückliche?“, wollte der König, noch immer neugierig, wissen.

„Niemand, niemand“, beeilte sich sein Sohn zu antworten.

„Hm, lass mich nachdenken...“ Oropher ließ nicht locker. „Vielleicht ist es eine aus meiner Wache... oder eine der Bogenschützinnen... die Menschenfrau wird es wohl nicht sein...“

Alles mögliche fiel dem Elbenherrscher ein. Wäre er jedoch nicht so in seinen Überlegungen versunken und hätte er den Reaktionen seines Sohnes mehr Aufmerksamkeit geschenkt, hätte er womöglich nicht übersehen, dass Gornarbelethas' Wangen bei der Erwähnung der Letzteren erneut einen rötlichen Schimmer aufwiesen...
 

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Aurmîdh trug Thranduil und Kalera immer tiefer in den Grünwald hinein. Gemächlich schritt er im Mondenschein dahin und dachte dabei immerzu an Thranduils Worte vorhin im Stall: „So habe ich mich in meinem ganzen Leben noch nie gefühlt, mellon nîn. Es ist, als wäre die Welt auf einmal eine andere... Wenn ich's nicht besser wüsste, müsste ich glauben, dass ich verliebt bin...“

Die Begegnung vorhin zwischen Thranduil und Kalera hatte Aurmîdh gezeigt, dass es seinen elbischen Freund tatsächlich „erwischt“ hatte. Eigentlich sollte er sich ja freuen für Thranduil, denn immerhin kannte Aurmîdh keine Person, die es mehr verdient hätte, glücklich zu sein – wäre da nur nicht dieses mulmige Gefühl in Aurmîdhs Magen gewesen, wann immer Kalera in der Nähe war...
 

Thranduil hatte das Gefühl, dass sich Kalera – je länger sie ritten – immer stärker nach hinter und somit an seine Brust anlehnte. Nicht, dass es ihn störte, im Gegenteil – ihre weichen, duftenden Haare an seinem Körper lösten ein behagliches, warmes Gefühl in ihm aus. Was ihn aber noch viel mehr erstaunte, war die vollkommene Ruhe in ihm drinnen, die von diesen Augenblicken ausging – es fühlte sich einfach „richtig“ an, vollkommen.
 

Nach einer Weile, an einer ganz bestimmten Stelle, ließ Thranduil Aurmîdh anhalten und stieg ab.

„Sind wir da?“ Kaleras Augen leuchteten neugierig.

Der Elb bejahte und half seiner Begleiterin vom Pferd herunter.

„Vertraust du mir?“, wollte der Prinz wissen.

„Ja, das tue ich“, antwortete die Menschenfrau mit solcher Inbrunst und so nahe bei ihm, dass Thranduil ein leichter Schauer über den Rücken fuhr.

„Schließ... schließ bitte die Augen“, bat er.

Sofort tat sie, was er sagte, allerdings nicht, ohne ihm vorher nochmals zuzulächeln.

„Darf ich... darf ich dich an der Hand nehmen?“ Langsam wurde der Elb wieder nervös.

Bereitwillig streckte ihm seine Begleiterin die Hände entgegen. Als Thranduil sie berührte, spürte er so was wie einen kleinen elektrischen Schlag, der sein Herz hüpfen ließ.

Er führte Kalera auf eine Waldlichtung, auf der sich eine Blumenwiese erstreckte.

Als er sie die Augen öffnen ließ, sah sich Kalera neugierig um und meinte dann scherzhaft: „Du weißt aber schon, dass Blumen bei Tag blühen?“

Thranduil lächelte geheimnisvoll. „Warte noch einen Moment...“

Und tatsächlich, als wenige Minuten später der Mond hinter einer Wolke hervorschaute, begann sich die Blumenwiese zu verändern: Nach und nach öffneten sich immer mehr Blüten und bald leuchtete die ganze Lichtung in einem warmen Blau-Weiß.

Kalera war zunächst sprachlos, doch quietschte dann vor Freude, sie gab Thranduil einen raschen Kuss auf die Wange und sprang dann lachend durch die Blütenpracht.

„Wunderschön!“, rief sie so laut sie konnte.

„Ja, tatsächlich“, gab Thranduil ihr leise recht, doch etwas anderes meinend. „Wunderschön...“



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