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Wie Frühling und Herbst

von

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„Ist das alles für heute?“

König Oropher erhob sich von seinem Thron, um seine vom vielen Sitzen etwas steifen Gliedmaßen auszuschütteln und sah seinen Berater fragend an.

„Nicht ganz, mein König...“

„Was ist denn noch?“, forderte Oropher seufzend Auskunft und rückte seine Krone zurecht. „Wen darf ich noch in meinen Hallen empfangen?“

„Euren Sohn, mein König“, antwortete der Berater bereitwillig. „Er bittet um eine Audienz.“

„Mein Sohn bittet um Audienz?“ Oropher glaubte, nicht richtig zu hören. „Welcher?“

„Der jüngere, mein König, Prinz Gornarbelethas.“

„Gornarbelethas bittet um Audienz?“, meinte der König mehr zu sich selbst als zum anderen. „Da stimmt doch etwas nicht...“ Doch er überlegte nicht lange, sondern befahl: „Lasst ihn eintreten. Und lasst uns allein.“

Der Berater verneigte sich untertänig und entfernte sich dann.

Wenige Momente später trat Gornarbelethas ein. Er kam zum Thron und blieb wie ein einfacher Bittsteller wenige Meter davor stehen, um sich zu verneigen. „Mein König...“

Oropher war so verblüfft, dass er nach Worten suchen musste. „Mein Sohn...was ist los?“

„Wieso denkt ihr, dass etwas los ist, Vater?“, antwortete Gornarbelethas mit einer Gegenfrage. „Gefällt Euch mein Benehmen etwa nicht?“

„Doch, doch“, beeilte sich der König zu sagen. „Es...es überrascht mich nur etwas...“ Er konnte es seinem Sohn ansehen, dass es diesem offenbar sehr ernst war. Also fügte Oropher rasch hinzu: „Aber sag' mir: Was führt dich zu mir?“

„Mein König, ich bin gekommen, um Gerechtigkeit zu finden“, kam die Antwort.

Noch immer verwirrt sah Oropher seinen Sohn an. Also fuhr dieser, in einem etwas ungehalteneren Ton, fort: „Die Sache mit dem Zwergenkönig, sie soll geklärt werden.“

„Mein Sohn, ich könnte dir nicht mehr recht geben“, entgegnete der Elbenkönig positiv überrascht. „Und ich muss schon sagen, dein Verhalten ist sehr lobenswert.“

Gornarbelethas deutete zum Dank eine Verbeugung an.

Oropher beschloss, sich später über diesen plötzlichen Sinneswandel seines Jüngeren zu wundern und rief eine Wache herbei. „Geh zu König Dukor und richte ihm aus, dass ich ihn gerne sprechen würde.“

Die Wache verneigte sich und tat wie ihr geheißen.
 

Wenige Minuten später betrat ein verärgerter Zwergenkönig die Hallen. „Ich bin kein Hund, den man einfach so herbeipfeifen kann, Oropher! Ich hoffe, das wisst Ihr“, knurrte er den Elbenkönig an.

„Mein lieber Freund, das war nicht meine Absicht“, entgegnete Oropher diplomatisch. „Ich werde nächstes Mal selbst erscheinen, damit mein Anliegen entsprechend vorgetragen wird.“

Dukor grunzte, scheinbar zufrieden mit diesem Vorschlag, und wirkte nun schon viel friedlicher.

Doch anstatt das Thema zu wechseln, fragte Oropher wohlwollend nach: „Mein Freund, Ihr wirkt etwas... 'unausgeglichen' heute... Es fehlt Euch doch nicht womöglich etwas?“

Der Zwergenkönig seufzte und strich über seinen Bart. „Da habt Ihr wohl recht; ich bin tatsächlich etwas jähzornig heute. Darum habe ich wohl auch Euren Sohn heute Morgen etwas ungerecht behandelt...Es war eben ein ungünstiger Zeitpunkt.“

Er blickte kurz zu Gornarbelethas und musterte ihn von Kopf bis Fuß. Der Elbenprinz musste sich mit aller Macht zusammenreißen, um nicht etwas zu erwidern; in seinen Ohren klang das nicht wie eine Entschuldigung, sondern eher wie ein „Selbst Schuld!“ Was erlaubte sich dieser freche Zwergenkönig eigentlich? Ihn, Prinz Gornarbelethas, gleich zweimal an einem Tag so zu behandeln?

Doch noch bevor Gornarbelethas etwas sagen oder tun konnte, entschärfte Oropher die Situation: „Mein Sohn, ich glaube, die Sache hat sich soeben geklärt. König Dukor hat eingesehen, dass es nicht deine Schuld war.“

Der Zwerg wollte widersprechen, doch Oropher war schneller: „Du kannst gehen, mein Sohn. Ich werde später nochmals mit dir sprechen. Ich danke dir vielmals für deine Dienste.“ Er neigte leicht seinen Kopf; eine Ehrung, die man vom König nur selten erhielt. Das wusste auch Gornarbelethas und so schaffte er es, sich wortlos zu verneigen und sich abzuwenden. Im Hinausgehen hörte er noch, wie sein Vater zum Zwergenkönig sagte: „Nun, mein Freund, erzählt mir doch, wer es gewagt hat, Euch so zu ärgern...“



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