Wie Frühling und Herbst von Memories_of_the_Moon ================================================================================ Kapitel 1: ----------- „Wo ist er? Ich will ihn sofort sehen!“ Eine laute, fordernde Stimme hallte durch die Hallen des Elbenkönigs Oropher. Als die Wachen den Störefried nicht durchlassen wollten, zog der seine lange, gebogene Elbenklinge. „Lasst mich sofort durch oder ihr werdet etwas erleben!“ „Tut mir Leid, aber Ihr dürft da nicht hinein“, meinte eine der Wachen entschuldigend. „Was fällt euch ein? Ich bin der Prinz...!“ „Genug!“, donnerte da eine andere Stimme durch den Raum. „Das reicht jetzt!“ Der König höchstpersönlich erschien hinter den Wachen. Als er den Störefried erblickte, seufzte er nur. Doch anstatt ihn hereinzulassen, fasste Oropher den jungen Elben, der ihm sehr ähnlich sah, an den Schultern und bugsierte ihn Richtung Garten. „Lass mich los, Vater!“, fauchte der junge Elb und versuchte, sich aus dem Griff des Älteren zu winden. Doch Oropher war eindeutig stärker. Erst als sie außerhalb der Hörweite der Wachen waren ließ er den Jüngeren los und sah ihn mit einem fordernden Blick an. „Was soll dieses Theater, mein Sohn? Du weißt doch, dass ich gerade in wichtigen Verhandlungen stecke...“ „Wieso darf ich dann nicht dabei sein, bei deinen 'wichtigen Verhandlungen'?“, entgegnete der Jüngere halb spöttisch, halb trotzig. „Du musst noch vieles lernen, mein Sohn...“, antwortete Oropher scheinbar unbeeindruckt. „Und wieso darf ER dann dabei sein?“ Der Neid in des Prinzen Stimme war nicht zu überhören. „ER ist dein Bruder. Und der Kronprinz. Es ist seine Pflicht.“ Der König sah es gar nicht gern, wenn sein jüngerer Sohn so über den älteren sprach; wusste er doch selbst nur allzu gut, welche Bürde und Verpflichtungen auf dem Kronprinzen lasteten. „Du solltest dankbar sein, dass du nicht...“ Doch weiter kam er nicht, denn der Prinz unterbrach ihn. „Dankbar!? Ich ihm? Wofür denn? Vielleicht dafür, dass er mich verraten hat?“, rief er leidenschaftlich aus, sodass es bestimmt im ganzen Palast zu hören war. Da wurde es selbst dem König zu bunt. „Durch das kluge und vernünftige Handeln deines Bruders wurden Leben gerettet. Hätte er mich nicht unverzüglich über deine Pläne, das Orklager anzugreifen, informiert, wärt du und deine Freunde jetzt vermutlich tot...“ „Er hätte auch einfach mitkommen können“, knurrte der Prinz, erbost darüber, dass sich sein Vater auf die Seite des Bruders stellte. „Und sein Leben auch noch riskieren!?“ Oropher konnte kaum glauben, was er da hörte. „Hast du überhaupt irgendeine Ahnung, was es bedeuten würde, das Leben eines Prinzen aufs Spiel zu setzen?“ „Ich denke mal, solange es nur meines ist, ist es sowieso egal“, fauchte der Prinz zurück. Ihm war sehr wohl bewusst, dass er seinen Vater damit provozierte. Doch anstatt der erwarteten Ohrfeige, die ihm erlaubt hätte, Vater und Bruder noch mehr zu verabscheuen, meinte der König nur: „Genug jetzt, Gornarbelethas! Du willst nicht wie ein Kind behandelt werden? Dann verhalten dich auch nicht so!“ Mit diesen Worten rauschte er davon und ließ einen griesgrämigen und auf Rache sinnenden, jungen Elben mit seiner Wut allein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)