Vertauschte Rollen von Felicity (Ein kleines Gedankenexperiment) ================================================================================ Kapitel 3: vergangen -------------------- Es war eine kalte, klare Nacht und der Mond war nur als schmale Sichel irgendwo weit entfernt zu sehen. Der Hof lag fast gänzlich im Dunkeln, nur das flackernde Licht der Fackel in seiner Hand malte Lichtspiele auf die Pflanzen und Ranken, die die Steine überwucherten. Eren fragte sich ernsthaft, was er hier eigentlich tat, warum zum Geier er nicht lieber Mina geweckt und losgeschickt hatte. Er konnte jetzt schon vorhersagen, wie das ganze enden würde und er war sich ganz und gar nicht sicher, ob er ruhig genug würde bleiben können, damit es nicht erneut eskalierte. Und doch hatte ihn sein Pflichtgefühl hinausgetrieben, als Armin ihm gesagt hatte, dass Levi verschwunden war ohne seine Wunden verbinden zu lassen. Eren wusste, dass er ihn mindestens einmal gut erwischt hatte und wenn sonst nichts, zumindest die Platzwunde am Kopf sollte versorgt werden. Ganz abgesehen davon, dass Levi nun mal leidigerweise unter seiner Verantwortung stand. Ein paar Schritte in Richtung Ställe und Eren entschied, dass es keinen Sinn hatte. Er würde nicht in irgendwelchen Winkeln herumkriechen und das entflohende Haustier zu suchen. „Levi!“, schrie er noch nicht in voller Lautstärke, aber definitiv laut genug, um gehört zu werden, „Komm raus und stell dich mir wie ein Mann.“ Keine Reaktion. Na wunderbar. „Hör zu, ich habe keinen Bock dich zu suchen und ich kann mir nicht vorstellen, dass du Spaß am Verstecken hast. Also komm her, lass mich deine Wunde untersuchen und wir reden nicht mehr drüber. Wenn du hier bleibst, muss ich die anderen wecken und dich suchen lassen. Das wird Konsequenzen haben, die wir beide nicht wollen.“ Ein Rascheln, aber keine Bewegung. Eren knurrte. „Gut, wenn du unbedingt in die Versuchskeller der Polizei möchtest …“ Wieder ein Rascheln und rechts neben ihm löste sich ein Schatten von der Wand. Levi zeigte keine Zeichen von Reue, als er in den Fackelschein trat. Er stand aufrecht, funkelte Eren wieder nur herausfordernd an und presste seine Lippen fest aufeinander. Eren biss sich selbst stark genug auf die Zunge, dass er Blut schmeckte, um nichts Unbedachtes zu sagen. Stattdessen unterzog er Levi einer schnellen Untersuchung. Schmutzig und blutig, zerrissene Kleidung, verkrampfter Gesichtsausdruck. Eren seufzte. „Komm mit.“ Er blickte sich nicht um, versuchte daran zu glauben, dass Levi ihm freiwillig folgte und lief voran in die Küche, wo ein großer Bottich bereitstand. Er setzte warmes Wasser auf und füllte es ein, registrierte aus den Augenwinkeln, dass Levi in der Ecke stehen geblieben war und ihm zusah. Als Eren die Temperatur für annehmbar hielt, deutete er darauf. „Los, wasch dich.“ Levi beäugte ihn kurz, begann dann aber ausnahmsweise einmal gehorsam seine Kleidung abzulegen. „Und dann lass mich deine Wunden sehen.“ Das wiederum ließ Levi innehalten und zischen wie ein wildes Tier. Eren hatte für heute genug von diesem Verhalten. „Keine Widerrede, wir können es uns nicht leisten, dass sich etwas entzündet, scheiß egal, was ich denke oder du denkst, du bist unser Soldat und ich habe dafür zu sorgen, dass du einsatzfähig bist.“ Damit wand er sich aus dem Raum und kam erst fünf Minuten mit dem medizinischen Bedarf zurück. Zu seiner angenehmen Überraschung saß Levi tatsächlich in das Nachthemd gekleidet, dass Eren ihm hingelegt hatte, sauber und mit noch nassen Haaren neben dem Bottich und wartete mit gesenktem Kopf. „Zeig mir deine Schläfe.“ Levi wand den Kopf ab. „Sie ist okay.“ Eren knurrte ungeduldig, packte Levis Kinn und drehte es zu sich. Hätte er sich wirklich wehren wollen, hätte Levi es sicher getan, aber er ließ es mit mahlenden Zähnen zu und Eren stellte erstaunt fest, dass die Wunde wirklich bereits geschlossen und beinahe verheilt war. Langsam ließ er die Hand wieder sinken. „Wie …?“ „Ich bin ein Monster, weißt du noch?“, fauchte Levi unwirsch und drehte sich erneut ab. Und für eine Sekunde schien es Eren, als würde ihm schlagartig etwas klar werden, dann aber verging der Moment und er blieb leicht verwirrt zurück. „Du … heilst mit Titanenrate?“, fragte er langsam. Levi verkrampfte sich, ballte die Fäuste und schien offensichtlich mit sich selbst zu kämpfen, dann unendlich langsam schüttelte er den Kopf. „Nicht ganz. Aber schneller als normal.“ Eren nickte langsam. „Das ist … praktisch.“ Levi fuhr entsetzt herum und starrte ihn fassungslos an, doch Eren sagte nichts darauf. Stattdessen beherzigte er Armins Rat, wenn Levi anscheinend zur Abwechslung mal seine Fragen beantwortete. „Levi, willst du unbedingt, dass ich die Beherrschung verliere?“ Levi hob langsam eine Augenbraue und sah ihn nur an, die stumme Frage, ob er das ernst meinte hing in der Luft, dann aber zuckte er nur die Schultern und stand auf. „Nein.“ „Warum reagierst du dann so?“ Levi schnaubte nur. „Respekt ist verdient, nicht geschenkt“, flüsterte er leise, dann stürmte er schnell durch die Tür hinaus und diesmal hoffentlich in sein Zimmer. Eren blieb zurück, nicht sicher, ob er sauer sein sollte oder nicht. Was war das für ein komischer Junge?   Die folgende Nacht war unruhig, Eren konnte kaum schlafen und lag grübelnd wach. Er wurde aus Levi einfach nicht schlau, aber er hatte wenigstens einen kleinen Hinweis bekommen. Monster. So hatten ihn einige der anderen aus der Ausbildungszeit auch genannt. Es war scherzhaft gemeint gewesen, genauso wie sein anderer Spitzname, aber seinerzeit hatte er gesessen. Niemand wurde gern als Monster bezeichnet und sich selbst so zu nennen … Ja, heute würde er das vielleicht tun, heute zuckte er auch nicht mehr, wenn jemand anderes das tat. Aber Levi war jung und etwas an ihm war einfach anders. Er war wirklich ein Monster. Aber konnte jemand ein Monster sein, wenn er selbst Angst davor hatte eins zu sein? Eren sah in ihm einen der verhassten Titanen – und wahrscheinlich spürte Levi diese Ablehnung in seinem Verhalten – aber was … was wenn Levi das selbst auch so sah? Als er am nächsten Morgen zum Frühstück kam, war Eren keinen Schritt weiter gekommen. Selbst wenn Levi sich selbst deswegen verachtete, hieß das nicht, dass Eren ihm sagen konnte, dass er es nicht tun sollte. Immerhin war er ein Titan … oder? Levi saß schweigend am Tisch, starrte in seine Haferflocken mit Milch und blickte nur kurz auf, als Eren eintrat. In seinen Augen stand heute Morgen einfach … nichts. Keine Entschuldigung, kein Bedauern, aber auch kein Hass oder Vorwurf. Einfach nichts. Und beinahe war es noch erschreckender als der kalte Blick der letzten Tage. Und fast sofort wand er sich auch wieder zurück zu seinem Frühstück – aber nicht schnell genug, als dass Eren nicht gesehen hätte, dass die Platzwunde rückstandslos verschwunden war. Eren kommentierte das ganze aber nicht, nahm sich auch eine Schale und erklärte stattdessen: „Ich werde nach dem Essen heute einen Ausritt machen und geeignetes Gelände untersuchen, Armin, erklär Levi bitte, was wir in den nächsten Tagen vorhaben, danach nehmt ihn bitte mit in die Wälder und macht ein Wettrennen. Ich will wissen, wie gut er mitkommt.“   Eren ging ihm den ganzen Tag aus dem Weg. Er blieb auch am Nachmittag in seinem Zimmer, aß getrennt von den anderen zu Abend und ließ sich nur von Mina einen Bericht geben. Er wollte in Ruhe nachdenken und dachte, dass es vielleicht auch Levi gut tun würde, statt mit ihm Zeit mit den anderen zu verbringen. Mit ihnen kam er ja scheinbar besser klar. Am Morgen des fünften Tages schließlich kam in aller Frühe ein Bote mit dem Brief an, auf den Eren gewartet hatte. Er war kurz und enthielt nicht alles, was er erhofft hatte, aber er erklärte ein wenig und er brachte Eren auf eine Idee. Es war noch vor der Frühstückszeit, aber er wusste, dass Levi Stalldienst hatte und nachdem er den Boten ins Haus geschickt hatte und sicher war, dass Sasha ihn mit Essen versorgen würde, machte er sich auch auf den Weg zu den Pferden. Dort fand er den Kadetten wie erwartet vor, pflichtbewusst dabei eine Stute zu bürsten. „Guten Morgen, Levi.“ Ein Schnauben war die einzige Reaktion, aber Eren ließ es ihm diesmal durchgehen, lehnte sich gegen die Box und verschränkte die Arme. „Deine Freunde sind ebenfalls der Aufklärungslegion beigetreten." Nun hielt Levi doch kurz inne und seufzte leise, dann fuhr er fort. „Du bist wegen ihnen hier, oder?“ Levi stockte erneut und wand nun allmählich den Kopf zu Eren um. Eren merkte sofort, dass er sich hier auf dünnes Eis begab, denn Levis Gesichtsausdruck fragte ganz eindeutig, ob er das Thema wirklich anschneiden wollte. Jetzt gab es kein Zurück mehr, entweder sie kamen darüber oder sie brachen ein. Alles oder nichts. Nichts Neues, Eren lebte schon lange nach diesem Prinzip. „Du bist nicht der einzige, aber du solltest dir im Klaren darüber sein, dass die Aufklärungslegion kein Spaß ist. Du musst hinter dem stehen, was du tust, sonst gehst du drauf.“ Levis Augenbrauen wanderten langsam nach unten, doch Eren fuhr unbeeindruckt fort. „Armin ist wegen mir hierher gekommen, das weiß ich und ich wollte es ihm ausreden. Er ist kein guter Kämpfer, er ist jedes Mal gefährdet, aber er ist einer der schlausten Menschen, die ich kenne und ohne ihn wäre das alles deutlich schwieriger. Er weiß das und er hat sich mit seiner Rolle mehr als abgefunden, wir verlassen uns alle auf ihn und er beweist uns immer wieder, dass wir das können.“ Schweigen, ein bohrender Blick. „Ich verstehe, dass du sie nicht alleine das Risiko eingehen lassen wolltest, aber, Levi, kannst du hinter deiner Entscheidung stehen? Kannst du wirklich ehrlich sagen, dass du hier sein wolltest?“ Levi knurrte. „Und wenn nicht?“ „Dann nehme ich dich nicht mit raus.“ Das ließ Levi nun kurz stutzen und Eren sah einen kleinen Spalt in seiner Mauer, wenn auch nur für den kurzen Augenblick. „Zögern oder zweifeln bringt dich da draußen um und wir nehmen niemanden mit, um ihn zu verfeuern. Ich weiß, dass du Potential hast, aber wenn du das nicht einsetzen willst, bist du für uns wertlos und wir können die ganze Aktion hier gleich abbrechen.“ Levi wand nur den Kopf ab und bürstete weiter, aber Eren sah seine verkrampfte Miene und wie die Hände sich fast schon in die Bürste und das Fell krallten. „Pass auf, wie es jetzt ist, kommen wir beide nicht weiter. Ich schlag dir einen Deal vor. Überzeug mich, dass du uns wirklich helfen willst und kannst, dass du echt lieber bei uns als der Polizei sein willst.“ Levi sah ihn nicht an und er sprach sehr leise, aber er fragte: „Und was kriege ich dafür?“ Eren machte eine kurze Kunstpause, dann antwortete er ruhig: „Ich hole deine Freunde her.“ Nun blickte Levi doch auf. „Du bist wegen ihnen hier und ich vermute, dass es effektiver ist, euch zusammen zu halten, als zu trennen. Ich werde Jean bitten sie hierher zu schicken. Allerdings erwarte ich dafür auch, dass du endlich zeigst, was du kannst und dich nicht wie ein wildes Tier hinter fauchen und kratzen versteckst. Denk darüber nach und schlag nur ein, wenn du es ernst meinst.“ Eren strich der Stute kurz über die Seite, dann warf er Levi einen letzten Blick zu und ging zum Frühstück.   Der Tag verlief ungewohnt ruhig. Levi war nicht gerade ein Übermaß an Motivation, aber seine Leistung nahm im Vergleich zum Vortag zumindest weit genug zu, dass Eren Hoffnung hatte, dass es vielleicht werden konnte. Und am Nachmittag überraschte er ihn sogar noch mit der seltsamen Bitte noch einmal mit ihm den Nahkampf zu üben. Erens Blutergüsse vom letzten Mal waren nicht mal ansatzweise verheilt, aber als er einen Blick mit Armin tauschte und der ihm sacht zunickte, gab Eren nach. Der zweite Kampf war beinahe genauso hart, wie der erste, aber er war kontrollierter und weniger blutig. Nach einer knappen halben Stunde hatte Eren Levi mit einiger Mühe in einem Haltegriff, von dem er wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis der Junge vermutlich ausbrechen würde. Da er aber keine Finger in seinen Augen oder ähnlich schmerzhafte Abwehrmechanismen provozieren wollte, ließ er los und erklärte den Kampf als unentschieden für beendet. Levi sagte dazu nichts, nahm aber das feuchte Tuch entgegen, dass Sasha ihm gab und wischte sich über die Kratzer, die er davongetragen hatte. Erens Sammlung an blauen Flecken hatte sich etwa verdoppelt, aber er dachte nicht zu sehr darüber nach. Da hatte er schon schlimmeres erlebt. Er würde heute Abend etwas Salbe darauf schmieren und sie die nächsten Tage ignorieren, bis sie von selbst wieder verschwanden. Nach dem Abendessen schließlich kam Levi von sich aus zu ihm. „Captain …“ Diesmal klang es immerhin nicht wie ein Fluch, verdammt, wenn Armin hiermit Recht hatte, würde Eren sich das beim nächsten Mal, wenn sie anderer Meinung waren, wieder ewig anhören dürfen. Egal, Hauptsache, sie kamen vorwärts. „Hast du …“ Ein kurzes Zögern, ein auf die Lippe beißen, dann ein Räuspern. „Habt Ihr einen Moment?“ Eren nickte nur und bedeutete ihm mit in sein Zimmer zu kommen, wo er auf den Stuhl deutete und sich selbst auf das Bett sinken ließ. „Ich schätze, du hast dir über mein Angebot Gedanken gemacht?“ Levi nickte langsam und sah ihm dann wieder direkt in die Augen. Mut hatte er ja, das musste er ihm lassen. „Ich … werde mir Mühe geben.“ Die Aussage kostete ihn ganz offensichtlich einiges an Überwindung und ließ Eren zumindest ein klein wenig aufatmen. Ein erster Schritt, immerhin. Wortlos streckte er Levi eine Hand entgegen, die sein Gegenüber erst einmal zweifelnd musterte, dann aber in einer ruhigen, etwas zögerlichen, aber sicheren Bewegung ergriff und schüttelte. „Sehr gut, Soldat“, erklärte Eren in einem Versuch zu zeigen, dass auch er es ernst meinte, „Ich werde gleich Jean einen Brief schreiben und das ganze erklären. Die Entscheidung wird vermutlich ein paar Tage dauern, aber ich werde mein Wort halten.“ Levi wirkte ein klein wenig erleichtert, als er langsam ein schwaches Nicken andeutete.   Letzten Endes dauerte es vier Tage, bis Jeans Antwort kam – aber sie war positiv. Er stimmte zu und würde die entsprechenden Neuzugänge in einer Woche vorbeischicken. In der Zwischenzeit machte Eren ein paar kleine Fortschritte mit Levi. Auch wenn der Junge noch immer recht einzelgängerisch wirkte und nie von sich aus etwas begann, er gab sich Mühe bei dem, was er tat. Und seine Leistungen mit dem Manövergear waren wirklich herausragend bis zu dem Punkt, an dem er die anderen Anwesenden übertraf. Eine solche Wendigkeit hatte Eren bisher nur bei Mikasa und manchmal Jean gesehen und sie erstaunte und beeindruckte ihn mehr, als er zuzugeben bereit war. „Er hat keinen Respekt, weil er denkt, wir können ihm nichts beibringen“, hatte Armin nach wenigen Tagen gesagt und jetzt verstand Eren den Teil auch. Ja, was das Gear anging, konnte er geradeso mithalten, wenn Levi aufdrehte, allerdings nur was das Tempo anging, nicht das Geschick. Eine weitere Erkenntnis war, dass die Androhung von Strafen nur deswegen gut funktioniert hatte, weil Levi eine absolute Abneigung gegen Dreck und Schmutz hatte und mehr davor zurückschreckte in einer dreckigen Zelle zu schlafen, als in einer Zelle an sich. Eren konnte darüber nur den Kopf schütteln, aber es hatte einen ungeplanten Nebeneffekt, den er selbst eigentlich nicht beabsichtigt hatte. Es machte Levi menschlicher. Er wirkte immer weniger wie ein Titan auf ihn, sondern mehr wie ein Junge, der nicht wusste, was er im Leben sollte. Eren versuchte sich solche Gedanken zu verbieten, um nicht zu vergessen, welche Gefahr von ihm ausging, aber er war nicht wirklich erfolgreich. Und so fiel es ihm unerwartet schwer, als Armin meinte, er hätte einen guten Ort gefunden, um Levis Verwandlung zu testen und würde das morgen gerne tun. Aber es brachte ja alles nichts, er musste mit Levi reden und so klopfte er nach dem Abendessen an dessen Zimmertür und wartete sogar auf das mürrische „Ja?“, ehe er eintrat. „Levi, ich muss mit dir reden …“, er brach ab, was war das bitte für ein Anfang? Eren strich sich durch die Haare und zuckte dann die Schultern. Lieber direkt raus, dachte er sich und erinnerte er sich, wie er solche Ansagen von Vorgesetzten hasste. „Pass auf, eigentlich sind wir ja hier, um deine Shifterfähigkeit zu untersuchen und Armin hat einen Weg gefunden, wie wir das … was ist?“ Levis Gesicht zeigte mit einem Mal blanke Panik, was so gar nicht zu seiner sonstigen, ruhigen Art passen wollte. „Nichts“, antwortete er unwirsch und sah wieder weg, „Also, morgen?“ Eren runzelte die Stirn, kommentierte das aber vorerst nicht. „Ja, Armin hat einen Weg gefunden, wie es ungefährlich für alle Beteiligten abläuft und ich denke, das ist in unser aller Interesse nicht?“ Levi nickte langsam und seufzte dann. „Es wäre einfacher, wenn ich wüsste … wie das geht, nicht?“, wisperte er leise und Eren war sich nicht sicher, ob er überhaupt mir ihm sprach. Dann, plötzlich zuckte Levis Kopf nach oben. „Captain, was ist, wenn jeder Titan eigentlich ein Mensch ist, der sich nicht unter Kontrolle hat.“ Und damit erwischte er Eren kalt. Die Frage hatte er sich nämlich auch schon gestellt ohne eine Antwort darauf zu finden. Ja … was, wenn das so wäre? Dann hätten sie seit Jahren Menschen umgebracht, aber auf der anderen Seite … „Wenn wir sie nicht töten würden, würden sie uns töten, Levi“, antwortete Eren mit leicht gesenkter Stimme, ehe er ihn einen Moment lang musterte, „Wie alt bist du? Sechszehn?“ Levi zuckte die Schultern. „Vermutlich so ungefähr, wieso?“ „Hast du den Fall von Maria miterlebt?“ Levi stutzte kurz und schüttelte dann aber den Kopf. „Ich war zu der Zeit weiter im Inneren im U… egal. Ich war nicht dort. Du … Ihr etwa?“ Eren erlaubte sich ein kleines, amüsiertes Seufzen. „Ehe du dir einen abbrichst, sag halt du. Und, ja, ich stamme aus Shiganshina. Meine Mutter hat zu dem Zeitpunkt noch dort gelebt und wir waren gerade in der Nähe, als die Mauer fiel. Es war die Hölle, glaub mir, kaum jemand, der nicht nahe des Tors war, hat überlebt.“ Für einen kurzen Moment sah er es wieder vor sich. Einstürzende Häuser, Trümmer, die durch die Luft flogen, schreiende Menschen, Panik. „Selbst wenn es Menschen sein sollten, müssen wir sie stoppen, ehe sie noch mehr Opfer fordern. Mir gefällt der Gedanke auch nicht, aber wenn du einen Menschen gegen einhundert aufwiegen musst, wofür entscheidest du dich?“ Levi wog den Kopf leicht hin und her. „Aber wenn es ein wichtiger Mensch gegen hundert Fremde ist?“ Eren verzog ironisch den Mund. „Dann hast du eine harte Entscheidung vor dir.“ Und eine, die er niemals wieder treffen wollte, soviel stand fest. „Werdet ihr mich morgen auch umbringen, wenn ich die Kontrolle verliere?“ Das war vermutlich eher die Frage, um die es ihm ging. Eren schüttelte versucht beruhigend den Kopf. „Armin hat einen alten Brunnenschacht entdeckt. Dort wirst du selbst als Titan nicht herauskommen und wenn es hart auf hart kommt, warten wir, bis du wieder du selbst wirst. Nach den Berichten bist du in Trost irgendwann vor Erschöpfung zusammengebrochen und wieder zum Mensch geworden. Wir setzen darauf, dass das noch einmal funktionieren wird.“ Levis nachdenklicher Blick aus dem Fenster ließ Eren erneut zweifeln, wen er da vor sich hatte: Ein verlorenes Kind oder ein Monster? „Du weißt wirklich nicht, woher du das hast, oder?“, flüsterte er und sprach damit mehr einen Gedanken laut aus, als eine wirkliche Frage. Levi knurrte wieder leise. „Wenn ich es wüsste, würde ich es sagen!“ Ja, allmählich konnte Eren ihm diese Aussage glauben. Allmählich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)