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Nachtgestalten

Von Monstern und Sagen
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Coco:
Trotz aller Warnungen durch Eltern, Verwandte und Lehrer, gibt es doch immer Kinder, die sich nicht zu benehmen wissen, sich unangemessen verhalten und andere beleidigen und provozieren. Diese Kinder jedoch, sollten sich in Acht nehmen, wenn sie nachts allein in ihrem Zimmer sind, denn in den dunklen Schatten der Nacht könnte Coco auf sie lauern. Niemand weiß, woher Coco kommt, doch er kann mit den Schatten verschmelzen und wenn ihm ein aufsässiges Kind aufgefallen ist, lauert er ihm auf und holt sich bei Nacht seine Seele. Wohin er die Seele des Kindes nimmt? Das weiß niemand – doch es ist fraglos ein Ort ohne Wiederkehr! Komplett anzeigen

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Lauernder Schatten

Die Katze sträubte sich, während Diana das Band an ihrem Schwanz festband. Mehrfach versuchte das Tier mit seinen Krallen nach ihr zu schlagen, doch das junge Mädchen sah es jedes Mal kommen und zog es am Schwanz, so das die Krallen in eine andere Richtung gerichtet waren.

„Was machst du da?“, hörte sie einen wütenden Schrei, den sie als den ihrer Mutter erkannte. „Lass das Tier sofort los!“

Sie ignorierte ihre Mutter und hatte das Band mittlerweile befestigt, so dass sie die Katze auch daran ziehen konnte.

Da griff die Hand ihrer Mutter schraubstockartig nach ihrem Arm und zog sie hoch. „Ich habe dir gesagt, du sollst damit aufhören!“, zischte sie und versetzte ihr eine Ohrfeige, während die Katze fauchend von dannen lief – das rote Band noch immer hinter sich herziehend.. „Kannst du nicht einmal hören.“

Doch auf Dianas Gesicht zeichnete sich nur Trotz ab, während sie ihrer Mutter die Zunge herausstreckte.

Sie dachte nicht daran, auf ihre Mutter zu hören, die sowieso alles viel zu ernst nahm. Ihre Mutter verstand nicht, dass es Spaß machen konnte, Dinge auszuprobieren oder andere Kinder zu ärgern. Wenn diese wollten, konnten sie sich schließlich wehren, nicht? Ihre Mutter verstand auch nicht, dass es einfach nur langweilig war, Sonntags in der Kirche herumzusitzen.

Denn wenn man Diana fragte, so konnte sich dieser Gott zumindest einmal zeigen, wenn man ihn schon anbeten sollte.

„Ich habe gehört, du hast schon wieder etwas angestellt“, meinte ihr Vater mit strenger Miene beim Abendessen.

Sie erwiderte nichts, sondern starrte nur Feindselig die Erbsen auf ihrem Teller an.

„Sie hat eine Katze gequält“, erwiderte ihre Mutter spitz und tauschte Blicke mit ihrem Vater.

„Ich habe die Katze nur ausführen wollen“, warf Diana störrisch ein.

„Indem du ein Band an ihrem Schwanz festbindest?“

Die Elfjährige zuckte nur mit den Schultern.

„Das geht so nicht weiter mit dir.“ Die Stimme des Vaters trug eine Warnung mit sich, doch das Mädchen sah ihn nur herausfordern an.

„Was willst du denn tun?“, fragte sie. „Mir den Hintern versohlen?“ Dafür musste er sie erst mal zu fassen bekommen – und sie war viel wendiger als er.

„Du solltest aufpassen, junges Fräulein“, meinte ihre Mutter scharf. „Wenn du so weitermachst, holt der Coco noch deine Sohle.“

„Ja, sicher“, erwiderte Diana. „Als ob ich an so etwas glaube!“

„Wenn du so weiter machst, dann werde ich darüber nachdenken, dich auf eine Klosterschule zu schicken“, sagte ihr Vater nach einer kurzen Pause.

Das Mädchen verschränkte seine kurzen Arme. „Das kannst du dir nicht leisten.“

„Es gibt auch Klosterschulen, wo die Schülerinnen arbeiten müssen, anstatt dass die Eltern bezahlen“, antwortete ihr Vater nun mit ungewohnter kühler Stimme. „Das sollte dich davon abhalten, weiter über Unsinn nachzudenken.“

Doch auch das glaubte sie ihm nicht.

Mit einem Klirren fiel ihr Teller zu Boden.

„Ups!“, sagte sie übertrieben spitz und stand dann auf. „Ich gehe in mein Zimmer“, fügte sie dann hinzu und ging wortlos aus der Küche, die Tür hinter sich zuknallend.

Wahrscheinlich sollte es eine Strafe sein, dass ihre Eltern den Rest des Abends nicht mehr mit ihr sprachen, doch ihr war es nur Recht. Und so saß sie in ihrem Zimmer und warf einen Ball gegen die Wand, ungeachtet dessen, dass sie dies nicht im Haus tun sollte.

Erst, als sie später in der Nacht ihre Lampe löschte, kam ihr die Warnung vom Coco wieder in den Sinn, doch sie vertrieb ihn schnell. Immerhin wusste sie, dass es nur eine Legende war, um kleinen Kindern Angst zu machen. Sie hatte noch nie gehört, dass tatsächlich ein Kind verschwunden wäre und sie kannte mindestens zwei, die es sicherlich verdient hatten.

Und als sie in der Nacht erwachte und meinte eine finstere Gestalt im Schatten unter ihrem Fenster zu erkennen, tat sie es als einen Traum ab.

Doch bald musste Diana feststellen, dass es nicht das einzige Mal bleiben sollte, dass sie diesen Schatten sah. Denn auch, als sie zweite Tage später mit ihrem besten Freund Pietro die Schule schwänzte und durch die Gassen der kleinen Stadt schlenderte, meinte sie eine Gestalt im Schatten zwischen zwei Häusern zu sehen.

„Was ist das?“, fragte sie, zog an Pietros Hemd und zeigte auf die Stelle, wo sie die Gestalt sehen konnte.

Doch kaum, dass Pietro in die Richtung sah, war die Gestalt verschwunden.

„Was?“, fragte er.

„Reingelegt“, sagte sie schnell und lachte gezwungen – immerhin sollte Pietro sie nicht für ein feiges Mädchen halten.

So verging bald eine Woche und immer wieder kam es vor, dass sie meinte eine Gestalt in dunklen Ecken zu sehen. Egal ob in ihrem Zimmer, einer dunklen Gasse oder einer Ecke von ihrem Klassenzimmer: Die Gestalt blieb immer im Schatten verborgen. Und gleichzeitig, so schien es Diana, wurde sie mit jedem Tag größer.

Sie bemühte sich, die Gestalt zu ignorieren oder sie als ein Hirngespinnst abzutun. Es war nur ein Schatten – nur ein Schatten...

Und wenn sie den Schatten nachts in ihrem Zimmer sah, dann drehte sie sich demonstrativ um – wandte der seltsamen Gestalt den Rücken zu.

Einige weitere Tage vergingen und der nächste Sonntag kam. Natürlich sollte sie wieder mit in die Kirche, ja, ihre Mutter redete sogar davon, dass sie nach der Messe beichten sollte. Doch auch wenn die Gestalt ihr ein wenig Angst machte, so brachte sie dies noch lange nicht zum Beten.

Also schlich sie sich aus dem Haus, noch während ihre Eltern sich für die Kirche fertig machten.

Es war ein sonniger Frühlingstag und die vormittägliche Sonne schien hell, doch dies bedeutete nur, dass die Schatten zwischen den Häusern noch dunkler waren, und während sie durch die verlassenen Straßen schlenderte, kam sie nicht umher, den Schatten misstrauische Blicke zuzuwerfen – doch sie erkannte nirgendwo die dunkle Gestalt.

Gerade wurden ihre Schritte sicherer, als sie etwas sich bewegen sah.

Sofort schreckte sie zusammen, sah dann jedoch, dass es nur eine schwarze Katze war, die aus einer Gasse gelaufen kam und sich mitten auf der gepflasterten Straße zusammenrollte – offenbar um sich zu sonnen.

„Hau ab, du blödes Vieh“, rief Diana, nun wütend über sich selbst und warf einen Stein in Richtung der Katze, der nicht traf, jedoch nah genug an dem Tier vorbei flog, um sie unter lautem Fauchen fortrennen zu lassen.

Als Diana jedoch tief durchatmete, sah sie, was sie die ganze Zeit schon fürchtete: Dort stand die Gestalt im Schatten und sah sie an. Nun zumindest glaubte Diana das, denn die Kapuze des dunklen Gewandes der Gestalt, bedeckte das Gesicht bis zur Nase, so dass sie nur ein fast skeletthaftes Kinn und einen halb geöffneten Mund mit spitzen Zähnen sehen konnte.

Die Gestalt schien außergewöhnlich groß zu sein und schien sie einfach nur anzusehen.

Nun packte die Wut das Mädchen und sie hob erneut einen Stein vom Straßenrand. „Wer auch immer du bist“, rief sie, „lass mich in Ruhe!“ Sie warf den Stein, der daraufhin das dunkle Gewand traf und darin verschwand.

Dann machte das dunkle Wesen einen Schritt auf sie zu.

Diana konnte ein Geräusch hören, fast so als würde die Kreatur scharf Luft einziehen.

„Hast du nicht gehört?“, schrie sie, nun leicht verunsichert, „ich habe gesagt, du sollst mich in Ruhe lassen!“

Doch noch immer kam die Gestalt auf sie zu.

Diana suchte einen dritten Stein, doch als sie sah, wie die Gestalt selbst den Schatten verließ, jedoch selbst keinen Schatten warf, überlegte sie es sich anders und lief. Sie lief davon, bis sie das Haus ihrer Familie erreicht hatte, über den Balkon hineingeklettert war und ihre Zimmertür hinter sich geschlossen hatte.

Sie verstand nicht, wie das sein konnte – was dieses seltsame Wesen war. Doch etwas sagte ihr, dass sie es gar nicht herausfinden wollte.

„Bist du da?“, rief ihre Mutter später aufgebracht, als sie nach Hause kam.

Diana antwortete nicht.

Sie hörte Schritte die Treppe hinaufkommen und ihre Tür wurde geöffnet. „Wieso bist du weggelaufen?“

„Messe ist langweilig!“, grummelte Diana. Sie würde ihrer Mutter sicherlich nicht von dem Erlebnis erzählen.

„Du musst beten, damit Gott dir deine Sünden vergibt“, drohte ihre Mutter. „Sonst wirst du in der Hölle enden.“

„Mir doch egal“, erwiderte das Kind und wandte ihrer Mutter den Rücken zu.

Sie hörte, wie ihre Mutter tief Luft holte. „Ich weiß nicht, was ich noch mit dir machen soll!“, rief sie dann und schlug nun selbst die Tür zu. Etwas später hörte Diana, wie der Schlüssel im Schloss gedreht wurde.

„Denk einmal über dein Verhalten nach“, rief ihr Vater.

„Als ob“, murmelte Diana.

Missmutig starrte sie aus dem Fenster. Noch immer hatte sie eine Gänsehaut, wenn sie an die Gestalt dachte, doch erneut redete sie sich ein, dass es nur eine Einbildung war.

Wieder spielte sie mit einem Ball, schnitzte dann etwas mit einem Messer, dass sie von einem Mitschüler geklaut hatte. Langsam wurde es draußen dunkler wurde, doch sie sie schreckte erst auf, als sie etwas rascheln hörte.

Langsam wandte sie sich um und da war es wieder: Die dunkle Gestalt stand in der Ecke ihres Zimmers und beobachtete sie.

„Geh weg!“, rief sie erneut, doch die Gestalt ging langsam auf sie zu.

Diana war flink und so lief sie zur Tür und zerrte an der Türklinge, ganz vergessen, dass ihr Vater sie in ihrem Zimmer eingesperrt hatte.

Die Tür bewegte sich nicht.

„Lasst mich aus!“, schrie sie.

Doch niemand schien sie zu hören.

Sie wandte sich an die Gestalt: „Hau ab! Lass mich in Ruhe!“

Ein Grinsen machte sich auf den dünnen, trockenen Lippen breit. Ein Grinsen, dass ihr Angst einflößte.

„So lasst mich doch raus!“, rief sie erneut, doch da legten sich knochige Hände auf ihre Schultern und ehe sie noch einmal rufen konnte, wurde sie eine kalte Finsternis fortgezerrt.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Ekolabine
2014-10-19T13:12:16+00:00 19.10.2014 15:12
Habe jetzt alle deine Kurzgeschichten dieser Reihe gelesen. Ich finde euer kleines Projekt toll. So herbstliche kleine Gruselgeschichten versüßen einem doch den Oktober =)

Von:  Fey
2014-10-18T18:32:20+00:00 18.10.2014 20:32
Ich liebe deine Geschichten und die Art wie du schreibst!
Bitte mach weiter so!!! *-*-* ♡♡♡


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