G.A.B.T. von Rigel (Grand Anime Booze Touring) ================================================================================ Kapitel 3: Auf den Spuren des Sündikats --------------------------------------- Während aus der Halle hinter ihnen das reiselustige teddsanische Volk, das trank, aß oder schwatzte, zu hören war, stand den Helden der Sinn aber nur nach Einem, nämlich die Herkunft des Flugblattes ergründen. Aus welchen Gründen sie auch immer hergekommen waren, jetzt fühlten sie sich wie Schatzsucher in einer fremden Welt und überall schien es mehr Hinweise zu geben. „Noch einmal zur Vollständigkeit. Die Adresse, die wir suchen, nennt sich Gilhiad-Adnebhshar P12 3-X4 Port Town“, resümierte Scarlet. „Was machen wir, um dorthin zu kommen? Sollen wir versuchen ein Taxi zu bekommen, wenn es das hier gibt“, fragte Momoko (gibt es schon, aber bevor man ein Taxi nimmt, sollte man eines bedenken: anders als in der irdischen Welt gibt es auf Theyzan kein Gesetz, das das Frisieren des Tachos verbietet. Weil die Regierung wichtigeres zu tun hat und die Teddsaner ohnedies eher Bus fahren, ist dagegen auch noch nie mit Vehemenz vorgegangen worden. Daher kann es, gerade für Touristen, die sich nicht auskennen, im Taxi schnell SEHR teuer werden). „Vielleicht... Aber hier gibt es auch noch Busse und die sind wohl günstiger, denke ich“, riet Yuri (gutes Kind, die teddsanischen Busse sind auf dem ganzen Planeten nämlich an einen einheitlichen Tarif gebunden, der sich seit einem halben Jahrhundert nicht mehr verändert hat). „Wir müssen uns schon entscheiden. Aber wenn wir eine bestimmte Adresse suchen, ist ein Taxi besser. Das kann uns gezielt zu der Adresse fahren. Ein Bus kann das nicht“, warf Yosuke ein. „Das mag schon sein, aber Taxis sind hier einfach zu teuer und auf der Streckenliste der Busse könnten wir unsere Adresse wiederfinden“, sagte Yuri. Die anderen entschieden (um ihr Geld fürchtend) für den Bus und sie betraten den Vorplatz des Hafengebietes, der von einigen kerzenförmigen Laternen in ein diffuses Licht getaucht wurde. Eine Haltestelle fanden sie am Ende des Vorplatzes zur Straße hin. „Schaut mal, der Mond“, staunte Jamapi, „der sieht so anders aus als der, den wir kennen, jama.“ „Das ist ja auch ein anderer, Jamapi“, erzählte Yuri, „Die Teddsaner nennen ihn Dispar. Der Krater, den ihr dort seht, ist das Meer der Zeit.“ Tatsächlich wirkte dieser Mond etwa doppelt so groß wie der Irdische und in der Mitte lag ein Krater, so tief, dass er selbst teilweise im Schatten lag. Das sah aus, als befinde sich im Mond eine schwarze Sichel. Zurück zur Streckenliste der Busse. Die Freunde mussten feststellen, dass sie bei ihren Überlegungen die Rechnung ohne teddsanische Abkürzungen gemacht hatten! Das wirre Gewusel verschiedener, mit Apostrophen getrennter Schriftzeichen verwirrte sogar Yuri. Leider beherrschte sie Theyzan in Wort und Schrift, eben aber nicht in jener speziellen Ausprägung der Schrift. Das Teddsanische Alphabet: Die teddsanische Sprache lässt sich, wie allgemein behauptet wird, viel schwerer sprechen, als schreiben, doch auch die geschriebene Sprache hat ihre Tücken. Theyzan besteht (wie das kyrillische Alphabet) aus einer Schriftzeichen-Gruppierung, bei der jedes Zeichen für einen bestimmten Lautwert steht. Diese Schriftzeichen können auseinander genommen und anders zusammen gesetzt werden, so dass die für Teddsaner das Wort kenntlich machende Lautstruktur erhalten bleibt, aber das Wort selbst kürzer wird. Diese Abkürzungen sind schwerer zu verstehen, weil bloß ein Skelett des einstigen Wortes erhalten bleibt. Es wäre vergleichbar, wnn mn lln dtschn wrtn d vkl sthln wrd (wenn man allen deutschen Worten die Vokale stehlen würde). Einfacher wird es, wenn man weiß, dass teddsanische Adressen so gut wie nie Postleitzahlen enthalten, da Städte dort immer in Abschnitte aufgeteilt sind (ähnlich den Arondissements von Paris). Man muss theoretisch nur die größtmögliche Ähnlichkeit der Schriftzeichen bei der gesuchten Adresse und den vorhandenen Abkürzungen suchen. Wie Bienen um ihre Königin scharten sie sich nun um den Stadtplan und Yuri entdeckte als erste die richtige Adresse. „Da ist sie: P 12 ist der Stadtteil. Die Straße nennt sich Gilhiad-Adnebhshar und die Hausnummer muss dann 3-X4 sein. Jetzt kennen wir die Position und müssen nun noch herausfinden wie der Adressname abgekürzt wird.“ „Takuro! Was treibst du denn da? Hör auf, du kannst kein Wort teddsanisch“, maulte Hinagiku, als sie sah, wie ihr Schulkamerad auf die Fahrplanliste starrte. Er aber erwiderte: „Ich mag kein Theyzan sprechen, aber in Memory war ich schon immer unschlagbar. Und die Schriftzeichen hier auf dem Fahrplan ähneln denen unserer Adresse auf dem Stadtplan.“ Sofort stürmten sie heran. „Dieses Straßenkürzel nennt sich Gil’h’ad-sh. Die könnte es sein?“ Yuri nickte sich selbst zu, „Ja, ich bin ziemlich sicher, daß sie das sein muss.“ „Hey, ich bin ja überrascht, was du alles drauf hast, Takuro. Hätte ich gar nicht gedacht“, lobte ihn Hinagiku, er aber wandte sich errötend ab. „Das ist die Linie E-124, Die kommt in fünfzehn Minuten“, sagte Yuri und sie warteten. Es wurde auch höchste Zeit, dass der Bus kam. Der Mond war hinter aufziehenden Sturmwolken verschwunden wie eine Zimmerlampe hinter verärgert zugezogenen Vorhängen und ein eisiger Wind wehte über die Straße. 15 Minuten später kam der Bus. „Narhes adnoshibh amha bai humhins, eydhya“, bat Yuri (Übersetzung: Eine Fahrkarte für 8 Menschen bitte). „Gowa menkhy?“ (Übersetzung: Welche Linie?). Sie überlegte kurz ehe sie antwortete: „Menkhy e-çerbha’tam’derhbe.“ (Übersetzung: Linie E-124; Kurzform für 124 - ausgeschrieben: çerbhaya-tamothy-derhbeçakh) „Sasmerhe Tezzhdhories.“ (16 Tedds Dollar; normale Langstrecke mit 38,40 €, also 4,80 € pro Person oder: 5312,03 Yen). Linienwechsel: Dass der Busfahrer nach der Linie gefragt hat, ist zu dieser Abendzeit normal. Das Prinzip verschiedener Routen ist bereits aus England bekannt - in Hull fahren die East Ridings of Yorkshire immer die Hauptstraßen ab, während die Stage Coaches sich den Nebenstraßen widmen; hier erledigt dies ein einzelner Bus, er bietet also je nach Tageszeit und Anzahl der Fahrgäste eine andere Linie an, wobei die 124 die Nebenstraßen abfährt. Sie genossen das außergewöhnliche Ambiente teddsanischer, öffentlicher Verkehrsmittel (jene, die nun schon Ironie schmecken, liegen richtig, denn das Ambiente heißt: Klein, eng und muffig Deluxe; es riecht nach Zigarettenqualm, denn ein generelles Rauchverbot schien der teddsanischen Regierung undurchführbar, alte Fastfood-Verpackungen liegen herum und die Polsterung der Sitze ist so weich, dass man darin versinkt). Trotz der wenig erbauenden Umstände waren sie froh, überhaupt ein erschwingliches Transportmittel gefunden zu haben. Nach etwa zehn Minuten erreichten sie ihr Ziel. Die Straße Gilhiad-Adnebhshar befand sich abseits der Hauptstraßen in einer vornehmen Ecke der Stadt. Umso überraschter waren sie also, als sie vor dem Haus 3-X4 standen: einem reichlich lädierten Altbau mit Holzverstrebungen und einer grünen Metalltür, von der schon die Farbe bröckelte. Yuri rümpfte die Nase. „Was, dieser verwahrloste Schuppen? Ich hoffe nur, dieses Flugblatt war wirklich seriös.“ (Meine Liebe, welche Quelle auf Theyzan ist denn bitte seriös?) In Ermangelung einer Klingel klopften sie und wählten - als es auch darauf keine Reaktion gab - die dritte Möglichkeit und öffneten die Tür. Neben ihnen zweigten verschlossene Türen in andere Räume, wahrscheinlich die Keller, ab. Vor ihnen fanden sie eine nun edle lackierte Holztür, durch die sie einen nostalgisch eingerichteten Raum betraten. Licht spendete eine grüne Banker-Lampe auf einem feudalen Schreibtisch, hinter dem eine Person saß, die - rein äußerlich betrachtet - absolut nicht in das Bild passte: Ein verwahrloster Kerl mit grauweißen, ohrlangen Haaren in einem grünen Pullover mit Dreitagebart und Ringen unter den Augen. Er wirkte abwesend und noch ehe einer der Freunde ein Wort gesprochen hatte schrie er: „Banzhalyblirhe!!!“ (Das hat keine Bedeutung) „Entschuldigen Sie. Wenn Sie uns sagen könnten, wo wir jemanden finden, der für dieses Prospekt hier verantwortlich ist.“ Momoko sagte dies in ihrer Sprache und zeigte dem Mann das Prospekt. Seine Augen weiteten sich manisch, so als wolle er wieder schreien, doch er schwieg und wies auf eine Tür rechts neben dem Schreibtisch an der Wand... Ohne ein weiteres Wort zu verschwenden, öffneten sie die Tür und gingen. Sie betraten einen langgezogenen, engen kellerähnlichen Gang, an dessen Ende sich eine weitere Tür befand. Als sie diese öffneten, bot sich ihnen das Bild eines feudal eingerichteten Studierzimmers, dem polierten Holz an den Wänden und den Gemälden nach zu urteilen sehr teuer. Ein Teddsaner im weißen Rollkragenpullover und einer schwarzen Weste saß auf einem gepolsterten Sessel und las in einem dicken Wälzer. Erst als sie näher kamen, sah er auf und begrüßte sie überraschend: „Ah, herzlich willkommen. Ihr seid spät dran. Also, ich habe die saisonalen Klassiker von Fazer und Linde und auch einige unabhängige Abfüllungen, die nachweislich nicht im Katalog stehen.“ „Ich fürchte, Sie irren sich“, unterbrach Yuri, „aber wir sind keine Wein-Sommeliers.“ Das bis eben noch freundliche Gesicht des Teddsaners verzog sich missmutig. „Nicht? Dann verschwindet wieder, ich bin beschäftigt.“ Momoko ließ dennoch das Prospekt auf den Schreibtisch fallen. „Wir werden gleich wieder gehen, wenn Sie uns sagen, was es damit auf sich hat.“ Ein kurzer Blick auf das Flugblatt und der Teddsaner fing laut zu lachen an. Er wendete es schließlich, rückte sich die goldene Brille auf der Nase zurecht und antwortete noch immer schmunzelnd: „Dann, fürchte ich, seid ihr deutlich zu spät dran. Einen Fetzen wie den habe ich seit neun Jahren nicht gesehen.“ Den Freunden blieb der Atem im Halse stecken. „Soll das heißen, wir sind völlig umsonst hergekommen“, fragte Momoko geschockt. „Das kommt darauf an, weshalb genau ihr hergekommen seid“, erwiderte der Teddsaner, „Soll ich euch sagen, was das wirklich ist? Dieses Flugblatt war eine Falle. Früher befand sich hier der Sitz eines Verbrechersyndikats. Sie veranstalteten Erlebnisreisen in die verbotene Stadt, füllten die Leute dort mit Alkohol ab und raubten sie aus. Das alles war ein riesiger Betrug, doch dieses Syndikat gibt es schon sehr lange nicht mehr. Aber sagt mal, wieso seid ihr überhaupt nach Theyzan gekommen?“ „Wir wollten nur die Sommerferien hier verbringen und nun auch wissen, woher dieses Flugblatt kommt... oder besser gesagt: wohin es führt“, erklärte Momoko. „Da fällt die verbotene Stadt eher in die Kategorie »Erlebnisreise« auf eigene Gefahr, wie Bergsteigen ohne Sicherungsseil. Die Stadt ist unmenschlich und gefährlich für jene, die nicht wissen, was sie tun und immer noch ein Risiko für jene, die es wissen. Wenn ihr da wirklich hin wollt, gibt es noch aktive Routen des ehemaligen Syndikats. Heute nutzt man die, um etwas Gutes für die Leute in der verbotenen Stadt zu tun. Eine dieser Gruppen nennt sich das Punk-Netzwerk. Zu denen unterhalte ich selbst einige Verbindungen. Der aktuelle Sitz ist in White Land.“ „Wir wollen die Sommerferien in der schlimmsten Stadt des Planeten verbringen“, fragte Yuri empört. Ohne von seinem Buch aufzublicken antwortete der Teddsaner: „Offensichtlich. Wenn ihr dem Flugblatt folgen wollt, ist das euer Ziel. Ich habe mir aber sagen lassen, dass es nirgendwo auf dem Planeten so gute Partys gibt wie dort.“ „Mal angenommen, wir wollten nach White Land, wie Sie sagten, wie genau kommen wir dorthin“, fragte Momoko. „Es gibt Spezialeinsatzwagen des führenden, teddsanischen Busunternehmens, die außerstädtisch fahren. Damit kommt ihr nach White Land. Allerdings ist es vielleicht besser, wenn ihr die Nacht hier verbringt und morgen weiterseht.“ „Das würden Sie für uns tun“, fragte Scarlet. „Ich habe viele Gäste und die Räumlichkeiten ohnehin anbauen lassen. Durch die Tür da geht es in die anderen Räume, die Gästezimmer sind hinter der Tür links im Empfangsraum.“ Bevor sie sich aber umwandten, ergriff Yuri noch einmal das Wort. „Ich kenne Sie. Kann es sein, daß Sie Marvhelh Labravhe sind?“ Der Teddsaner grinste sie zufrieden an: „Wenigstens eine erkennt mich. Ist aber auch nicht überraschend, wo die Teddsaner doch alle ziemlich gleich aussehen.“ Die anderen schauten dumm aus der Wäsche, denn sie kannten diesen Teddsaner nicht. Einige Infos zu Labravhe und dem „Schnapsbund“: Marvhelh Labravhe ist weit mehr als nur ein gewöhnlicher Teddsaner. Er ist viel mehr der Pionier des modernen, postimperialistischen, teddsanischen Unternehmergeistes. Nachdem der Krieg beendet und der Gründer entmachtet worden war, erlebte Theyzan einen wirtschaftlichen und kulturellen Tiefstpunkt. Die Teddsaner - durch ihre Niederlage in Krieg noch mehr in ihrem Minderwertigkeitskomplex bestärkt - versanken in Apathie und wollten nur noch überleben. Vorbei der Traum der teddsanischen Hochkultur. Die Teddsaner wollten direkt nach ihrer Geburt einen möglichst einfachen und anspruchslosen Beruf ergreifen, gerade mal genug Geld verdienen, um überleben zu können und sich in ihre Heime zurückziehen. Das hatte verheerende Konsequenzen. Berufsfelder mit geringen Anforderungen wurden überflutet, d.h. es gab viel zu viele Bewerber für die „Drecksarbeit“ während jene Berufe, die eine bessere Qualifikation erforderten, immer mehr Anwärter verloren, so dass dem Teddsland ein eklatanter Mangel an Ärzten, Technikern und Lehrkräften drohte. Da man niemanden zu einem Beruf zwingen konnte (und sich viele Teddsaner auch ganz ohne Beruf durch mogelten), stellte sich die Frage, was zu tun war. Derjenige, der den Teddsanern die Hoffnung darauf zurück gab, Großes vollbringen zu können, war Marvhelh Labravhe. Ursprünglich der kleine, unterbezahlte Gesell eines Fischhändlers aus Lighttown, kam er auf die Idee, aus den Fischabfällen des Verkaufs eine Fischsuppe herzustellen. Dass er damit zu einem kleinen Vermögen kommen würde, hatte anfangs wohl nicht einmal er selbst gedacht. Marvhelh Labravhe stieg zum Geschäftsführer einer eigenen Firma auf, die Suppen, Saucen, Dips und Lebensmittelaromen. Das Unternehmen expandierte schnell und wurde weltweiter Marktführer der genannten Produkte. Labravhe gab daraufhin die Führung seines Konzerns ab und ließ sich mit der enormen Abfindung und einem lukrativen Aktienanteil im leerstehenden Gebäude des ehemaligen Syndikats in Port Town nieder. Als persönliches Hobby trat er von dort aus dem renommierten Schnapsbund bei. Dieser geht zurück auf die zwei revolutionärsten Personen der teddsanischen Alkoholindustrie: die Imperialisten Spiderha und Pharanzu (die Japaner kennen ihn als Franz, da sie seinen Namen als Furanzu verstanden haben). Diese beiden begründeten den Spirituosenkult auf dem Planeten nachdem sie in die teddsanische Welt gekommen waren und sich den Imperialisten abgeschlossen hatten. Als sie einander nach langer Trennung wieder trafen, musste dies ausgiebig gefeiert werden und zu einer guten Feier gehörte Alkohol dazu. Da es zu diesem Zeitpunkt noch keinen solchen auf Theyzan gab, begannen die Freunde kurzerhand eigene Kreationen herzustellen. Die ersten Abfüllungen von Pharanzu waren eine Art Kakteenschnaps, der zwar fruchtig geschmeckt haben soll, aber hochgradig tödlich war... Sie versuchten es gemeinsam weiter, aber erst viele Jahre später zu Beginn des Krieges schafften sie es, Genießbares zu produzieren (Fazer und Linde sind zwei ihrer berühmtesten Marken, unter denen Pralinen, Wein und Spirituosen geführt werden). Der Schnapsbund basiert auf einer Idee, die sie während der Kriegsgefangenschaft hatten. Nach ihrer Freilassung wollten sie einen Club eröffnen, der regelmäßig zusammen kam, um neue Abfüllungen zu besprechen und zu verkosten sowie über alte Zeiten zu reden und den Nosthra-Kult hoch zu halten. Das schriftlich festgehaltene Vorhaben gelangte an die Öffentlichkeit und besagter Club ward gegründet. Spiderha und Pharanzu kehrten aus der Gefangenschaft zurück und mussten feststellen, dass ihr Club bereits gegründet worden war. Geselligkeit und Alkohol waren ein geeignetes Heilmittel in der Tristesse der Nachkriegszeit. Zu Anfang übernahmen Spiderha und Pharanzu selbst den Vorsitz des Schnapsbundes, doch nachdem sie Theyzan verlassen hatten, wurde Marvhelh Labravhe Stammmitglied und einer der Vorsitzenden des Clubs, der vor allem in den bekanntlich düsteren Städten wie Port Town und Junktown sehr beliebt wurde (ehemals Tedhsatonha II; heute ist die Stadt aber verfallen und pleite – alles ist dort umsonst, aber alles hat gleichermaßen auch die Qualität von ‚Umsonst’). Marvhelh Labravhe hat also auf vielen Gebieten einiges erreicht. Aber wie alle Teddsaner, die großen, finanziellen Erfolg hatten, vermeidet er Arbeit und genießt seit seinem Ausstieg aus der Geschäftswelt seine Mitgliedschaft im Schnapsbund in seinen privaten Räumlichkeiten in Port Town. „ Wo ihr mich schon kennt, ich kenne euch auch. Wir haben durch unsere Medien auch von der Erde erfahren und von den berühmten Liebesengeln. Und ihr seid wirklich nur wegen dieses Schmuddelblatts hier?“ „Also am Anfang wollten wir unserer Freundin nur zu mehr Selbstvertrauen verhelfen“, erklärte Momoko, „und nun ist es irgendwie eine Spurensuche nach den Ursprüngen und dem Ziel dieses Flugblatt geworden.“ „Verstehe. Wie ich sagte befindet sich ein Kontaktpunkt des ehemaligen Syndikats im Verwaltungsgebäude von White Land. Ob ihr da nun wirklich von wollt, ist freilich eure Ehescheidung.“ „Wie könnten wir denn an so einen Spezialbus kommen, von dem Sie gesprochen hatten“, wollte Yuri wissen. „Die Vegetationszonen dieses Kontinents spielen völlig verrückt, daher ist White Land eine Stadt inmitten einer riesigen Eiswüste, etwa vier Stunden von hier entfernt. Wenn ihr noch heute einen Spezialbus bucht, bekommt ihr ihn morgen für 25,00 TD (das sind 60 Euro bzw. 8106,04 ¥). Ich sag euch was: Ihr übernachtet hier und morgen früh wird der Bus auf euch warten. Ich lasse euch wecken.“ „Haben Sie vielen herzlichen Dank“, antwortete Momoko, „Nur aus Neugier: Wer ist der Mann im Empfangsraum? Er macht auf uns einen - wie soll ich sagen - leicht verwirrten Eindruck...“ Die Frage hatte allen unter den Nägeln gebrannt. Froh, sie endlich los zu sein, warteten sie auf die Antwort. Labravhe erwiderte mit mitleidigem Grinsen: „Verwirrt ist gut. Der Mann heißt Bongartz und war schon der Empfangsmann, als hier noch das Verbrechersyndikat saß. Leider hat er sich einmal auf ein Wettsaufen mit einem Teddsaner eingelassen und lag einige Monate im Koma. Er hatte Glück, daß er überhaupt wieder aufgewacht ist, aber er hat hierher zurückgefunden und von mir aus kann er gerne bleiben. Hier hat er Speis und Trank und er schläft in der meist leeren, linken Wohnung oder im Hinterzimmer. Und ich sage: Bevor er nun auf der Straße sitzen muß, ist es besser, wenn er hier bleibt. Keine Bange, er ist völlig harmlos. Seit damals rührt er aber kein Glas Schnaps mehr an, er lebt völlig abstinent. Überrascht mich nicht, er wäre beinahe draufgegangen. So vorteilhaft der Spirituosenkult für die teddsanische Rasse auch sein mag, hat er auch einige Opfer gefordert. Nun ja, aber das sind alte Geschichten, damit will ich euch nicht weiter langweilen... Oh, schon 22:47 Uhr. Die Weintester sind überfällig. Da werde ich jetzt mal anrufen und Rabatz machen. Und ihr geht besser schlafen, das wird morgen ein langer Tag für euch.“ Das hielten die Freunde auch für die beste Idee und verließen Marvhelh Labravhe. Im Empfangsraum angekommen, trafen sie erneut auf den ungepflegten Mann, der schon übertrieben freundlich mit der Hand wedelte. „Ist die Wohnung links noch frei“, fragte Hinagiku. Nickend antwortete er: „Frei, frei, gheu fheu.“ Die letzten Worte schienen aus einer ihnen unbekannten Sprache zu stammen (teddsanisch war es jedenfalls nicht). „Wir werden dann schlafen gehen. Gute Nacht“, versuchte der (barmherzige) Liebesengel Momoko Wohlwollen zu stiften, bekam aber nur als Antwort: „Schlaaf gutt, gho florh.“ (Das Wort florh gibt es im Teddsanischen wirklich, steht aber für Gülle... legt man dieses rätselhafte gho nun als ‚in’ aus, sollte man vielleicht über eine andere Schlafgelegenheit nachdenken) Wider Erwarten aber wirkten die mehrstöckigen Gästezimmer äußerst gepflegt. Das nötige Gepäck für die Nacht hatten sie ja. Einen Moment standen sie in dem geräumigen Vorraum und bewunderten die seltsam verzerrt gebaute Kuckucksuhr an der Wand (Vorsicht, nicht erschrecken! Kleiner Tipp: Teddsaner kennen gar keinen Kuckuck!). Das sollten die Anwesenden auch bald merken. Denn als sie sich der Uhr näherten, ertönte ein schriller Klingelton. Heraus aus dem Türchen kam eine Teddsanerpuppe, die von einer anderen in den Hintern getreten wurde und dabei den Glockenton erzeugte. Dazu verkündete der hintere Teddsaner mittels eines eingebautem Tonbands: „Gaçenh-dis domh çenarh. Bha ibdj-çe thuyj! Bha ibdj-çe thuyj, ghetaç-bodhorha! Uuuooooaaah!!!“ (Übersetzung: Noch 10 (Minuten) bis 11 (Uhr). Ab ins Bett! Ab ins Bett, Saubande! Uuuooooaaah!!!) „Wie unanständig“, empörte sich Yuri, als sie dies hörte. Die teddsanische Vorstellung einer Kuckucksuhr war wohl etwas grotesk im Vergleich zur Irdischen. Und nach dieser eher abschreckenden Botschaft beschlossen sie, schnell schlafen zu gehen. Dieser Planet hatte bisher eine Überraschung nach der anderen für sie bereit gehalten und sie konnten sich vorstellen, dass dies auch so weitergehen würde... Der nächste Morgen begann für die Freunde um 10:00 Uhr, als man sie weckte. Der Bus stand draußen auf der Straße und erwartete sie. Ihr Fahrer, ein (wie immer) rundlicher Teddsaner, der anscheinend über Kenntnisse ihrer Sprache verfügte, begrüßte sie und sie bezahlten (eine Fahrt von 4 Stunden für 8 Personen normalerweise nicht billig, aber diese Vorausplanung machte den Unterschied). Eines aber hatten die Helden vergessen und dies sollte ihnen bald eiskalt aufgetischt werden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)