Ein Herz und eine Seele von Memories_of_the_Moon ================================================================================ Kapitel 1: ----------- König Thranduil fluchte so laut, dass man es bestimmt bis zum anderen Ende das Düsterwalds hören konnte: „Ihr verflixten Bengel ihr! Jetzt habt ihr schon wieder alles auf den Kopf gestellt! Na wartet, wenn ich euch in die Finger kriege...“ Ja, dieses Verhalten war ziemlich untypisch und nein, eigentlich fluchten Elben nicht – besonders der König! – und ließen sich generell nicht so leicht dazu herab, ihre Gefühle so offen und in einer solchen Lautstärke zu zeigen – auch hier sollte besonders der König mit gutem Beispiel vorangehen – aber irgendwann wurde es selbst Thranduil, Herrscher über den Düsterwald, zu bunt. „Wo steckt ihr bloß wieder, ihr kleinen Racker?“ Er wusste ganz genau, wer sich mal wieder einen Spaß mit ihm erlaubt und seine höchst wichtigen, mühsam mit der Hand geschriebenen Dokumente, an denen er stundenlang gearbeitet hatte, mit Zwergenrunen übersät hatte. Na, die konnten was erleben... Aber die beiden Übeltäter waren viel zu gerissen, um sich erwischen zu lassen, und hatten sich längst in ein sicheres Versteck zurückgezogen, wo sie nun herzlich über ihren Streich und König Thranduils Wut lachten. Man musste schon Elbenaugen haben, um die beiden Blondschöpfe dort oben in der Baumkrone zu entdecken; sie waren so hoch hinaufgeklettert, dass selbst ihr Lachen sie nicht mehr verriet. „Wie gerne hätte ich sein Gesicht gesehen“, kicherte der Jüngere. „Vater sieht so lustig aus, wenn er wütend ist!“ „Das wäre dann vermutlich nicht gut für uns ausgegangen...“ Der andere war schon etwas reifer als sein Freund. „Du meinst wohl, für dich nicht gut ausgegangen“, korrigierte der Jüngere mit eifriger Miene. „Vermutlich hättest du mich nie mehr besuchen dürfen, schlechter Einfluss und so... Aber ich hätte dich natürlich unter meinen Schutz genommen!“ „Wie edel von dir“, kommentierte der Ältere sarkastisch. „Vielen Dank, Euer Majestät.“ Er deutete eine Verbeugung an. Da wurde der Jüngere ernst. „Ich wünschte, es würde immer so bleiben wie jetzt....“ Sein Freund konnte nicht umhin, die Sehnsucht in seiner Stimme zu bemerken und gleichzeitig das Wissen, dass es nie mehr so werden würde, wie es jetzt war. „Weißt du, Legolas, du wirst ein guter König werden. Nein, der beste sogar“, versuchte er seinen königlichen Freund, der oft weiser war, als er es ihm zutrauen würde, aufzumuntern. Und tatsächlich konnte er Legolas ein Lächeln entlocken. Doch dann wurde er wieder nachdenklich. „Ach, Haldir, ich wünschte, du wärst mein Bruder...“, seufzte der Prinz des Düsterwaldes. „Oder du würdest zumindest hier bei uns leben...“ „Ich weiß.“ Nun klang auch Haldir traurig. „Das wäre schön. Und vielleicht wird es auch eines Tages so sein...“ Irgendwie erschien es ihm absurd, dass sie sich in ihrem Alter solche Gedanken und solche Sorgen machten. Er teilte seinem Freund seine Überlegungen mit. „Du hast Recht“, stimmte Legolas ihm zu. „Wir sind eindeutig zu jung für so was... Aber warte, Haldir, bevor wir wieder zu Kindern werden, versprich mir eines...“ „Alles. Du weißt, ich würde dir alles versprechen!“ Legolas war für Haldir wie ein Bruder, ganz egal, wie weit sie voneinander entfernt waren, Prinz aus dem Düsterwald und einfacher Elb aus Lothlorien, ihre Herzen schlugen nun mal im selben Rhythmus. „Versprich mir, dass wir immer füreinander da sein werden. Dass wir dem anderen jederzeit aus der Patsche helfen. Dass wir uns nie im Stich lassen.“ „Ich verspreche es. Spitzohrenehrenwort!“ Haldir hatte noch nie etwas so ernst gemeint. Legolas schien beruhigt zu sein. Er lächelte dankbar an und drückte freundschaftlich Haldirs Hand. Dann zwinkerte er ihm verschwörerisch zu und meinte: „Vielleicht sollten wir dem Pferd meines Vaters beibringen, wie ein Zwerg zu tanzen; was meinst du?“ Haldirs Augen strahlten mit denen seines Freundes um die Wette. Lachend kletterten sie flink vom Baum herab und liefen Hand in Hand gemeinsam in ihr nächstes Abenteuer. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)