Stuck in your mind von HikariChisame ================================================================================ Kapitel 26 ---------- Nichts geschah. Ich verharrte noch etliche Momente mit den Händen am Griff und den Körper anstarrend. Vielleicht hoffte ich ja, dass sich nach einigen Minuten doch etwas tat. Irgendwann konnte ich meinen Körper und meinen Kopf wieder aus der Starre lösen und zog das Schwert auf der Stelle mit einem Ruck heraus. Meine Augen weiteten sich und nahmen einen entsetzten Ausdruck an. Was nun? Warum passierte nichts? Hatte ich mich geirrt? Ich wirbelte herum. "Karin?!", hektisch suchte ich die drei Zuschauer unseres Kampfes, "Karin, ich brauche deine Hilfe!!" Ich rannte zu der Stelle am Lichtungsrand, an der ich die drei zum letzten Mal gesehen habe. "Karin, das ist kein Scherz, wir müssen uns beeilen!", brüllte ich in den Wald hinein. Nach Sekunden der Stille stampfte ich auf und knurrte missbilligend. Ich kehrte zu Sasuke zurück und kniete mich zu ihm nieder, die Stoßwunde in seinem Bauch blutete tatsächlich und tränkte seine Kleidung. Ich presste die geschwollene aber immerhin nicht durchstochene Hand fest auf den sich langsam vergrößernden Fleck. Was hatte ich nur getan? Ich riss meinen Mantel von mir und schnürte die Ärmel um Sasukes Taille, um möglichst von vorn und von hinten die Wunde abzudecken, was jedoch kaum half. Ich hielt mir die mit Sasukes Blut verschmierte Hand vor, musterte Sasukes leblosen Körper von oben bis unten und verlor alle Hoffnung. Ich konnte ihn doch nicht alleine hier rumliegen lassen, um Karin zu suchen. "...Scheiße..!" Ich hatte ihn getötet, ohne mir vorher seiner Verzeihung sicher gewesen zu sein. Ich hatte riskiert, ihn umzubringen, um der Illusion zu entgehen. Damit ich weiterkam. "Nein... Nein..!" Wie hatte ich auf diesen Gedanken kommen können, es wäre riskierbar gewesen? Ich beobachtete Tropfen auf meine Mantelärmel plitschen. Meine Sicht verschwamm vor Tränen. Was war los? Es wurde heller vor meinen Augen, ich kniff kurz die Augen zusammen, um die restliche Tränenflüssigkeit zu verdrängen. Plötzlich sah ich in den Himmel und plötzlich war da Sasuke. Ich brauchte etwas, um zu merken, dass ich mich im freien Fall befand. Sasuke kam immer näher, sein Arm war nach hinten ausgeholt. Ich blinzelte und erschrak; Funken. Schnell blickte ich hinter mich, der Boden war noch gute zehn Meter entfernt. Mein Katana steckte unter mir in der Erde, von Nebel und Schlamm war nichts mehr zu sehen. In der Luft ist es schwer auszuweichen. Was tun? Er würde mich mit seinem Chidori noch bis zum Herzstillstand elektrisieren, so schutzlos wie ich war. Elektrisieren. Hektisch versuchte ich, mich in der Luft umzudrehen und mit dem Kopf voran zu kommen. Ich streckte einen Arm weit aus, erpicht, das Schwert zu greifen. Gleich hatte er mich erwischt. Ich spürte gerade die Funken an mein Bein peitschen, als ich den Griff meines Katanas erfasste. Und schrie. Sasuke hatte mich mit seiner sprühenden Hand am Bein gepackt. Ich umfasste den Schwertgriff mit aller aufbringbaren Kraft. Vor meinen Augen wurde es schwarz, ich fühlte noch vage, wie mein schwerer Körper zu Boden fiel.   Ich riss die Augen auf und atmete stoßartig ein. "Ruhig, sonst erstickst du noch an Luft.", meinte jemand zu mir. Ich hätte Suigetsu am liebsten geschlagen für diesen Kommentar. Ich musste kurz an Deidara und ein unwillkürliches Bedürfnis, ihn zu verprügeln, denken. Aber Deidara war tot. Als ich ihn bösartig anfunkelte, fand ich jedoch kein breites Grinsen in Suigetsus sonst so grinsebereiten Gesicht vor. Er wirkte eher neugierig und schaute auf mich herab. Etwas überrascht musste ich dann stutzen und mir anhören: "Okay, alles klar mit ihr." Verwirrt schaute ich in die Runde, Suigetsu, Karin und Juugo standen um mich herum und begutachteten mich. Ich lehnte an einen Baum. Mein Blick wanderte herunter zu meinen Händen: Unversehrt. Karin lachte triumphierend auf, als wollte sie ihrer Freude über meine Niederlage Ausdruck verleihen. Bei Suigetsu verzog sich das Gesicht endlich zu dem gewohnten Grinsen. Juugo reagierte nicht. Ich ließ die Augen schweifen und entdeckte Sasuke über mir wie eine wachsame Eule auf einem Ast. "Was davon war echt?", fragte ich, es war wirklich ernsthaft gemeint, doch ich beobachtete ihn nur amüsiert schmunzeln. Ich kam mir schon etwas veräppelt vor, letztendlich war ich allerdings lieber erleichtert. Ich lehnte den Kopf an den Baumstamm und atmete durch. "Das war echt mies von dir." "Irgendjemand musste dich ja mal von deinem hohen Ross holen!", meinte Sasuke. Ich zog eine Augenbraue hoch und sah beleidigt zu Boden. "Was für ein hohes Ross, du Lackaffe." Suigetsu fing an, zu lachen, Juugo besah mich weiterhin unentwegt. Ich wandte mich an ihn - den Zuverlässigsten von den Dreien, auch wenn er mich abweisen könnte. "War ich schon wieder ohnmächtig?" Er zögerte, mit mir vertrauensvoll umzugehen. "Wenige Minuten." Ich seufzte und rieb mir die Stirn, so konnte das nicht weitergehen, wenn ich ständig von irgendetwas wegtrat. "Wird so etwas wie damals wieder passieren?", hörte ich auf einmal von Sasuke. "..Weiß nicht. Vielleicht. Hoffentlich nicht." Ich wollte darüber eigentlich nicht reden. Hier und jetzt jedenfalls nicht. Aber er stellte zum Glück keine weiteren Fragen. Ich vernahm Karins abschätziges Zischen, ich konnte es ihr ja eigentlich nicht verübeln. Sie hatten es garantiert nicht einfach gehabt, aus dem Getümmel der Konoha-Nins davonzukommen. Es trat eine äußerst lange und vor allem unangenehme Stille ein, die mir das Gefühl vermittelte, dass ich irgendetwas sagen musste. "Es tut mir leid, was damals passiert ist." Ich starrte das Gras an, ihre auf mir liegenden Blicke versuchte ich gedanklich zu verscheuchen. "Ich hätte nie mit so etwas gerechnet. Ihr seid da meinetwegen reingezogen worden." "Hinter dir verbirgt sich anscheinend doch etwas mehr, als du anfangs behauptet hast.", warf Suigetsu ein, weswegen ich überrascht aufschaute. Ich erinnerte mich zurück an die Situation, als mich Suigetsu in dem Hügelversteck neugierig befragt hatte. Sichtlich verwirrt sahen Karin und Juugo zu ihm herüber. Verlegen sah ich zur Seite, ich hatte mir damals vorgenommen, nicht viel von mir preiszugeben. Niemand wagte es, mich weiter ins Detail auszufragen. Interessierte es sie nicht, warum sie in eine Massenfalle Konohas geraten sind? Fast war ich schon erleichtert, dass sie nicht mehr wissen wollten, als Juugo sprach: "Du bist aus Konoha, korrekt?" "Mhm." "Warum haben sie dich gefangen genommen?" "Darüber möchte ich nicht reden. Insbesondere nicht mit euch." "Wir schon." Sasuke kam plötzlich zwischen Karin und Juugo herabgesprungen. "Lass gut sein.", meinte er. Juugo widmete ihm einen langen nachdenklichen Blick, auf den ein Nicken folgte. Mir fiel daneben Karins etwas schmerzlich aussehender Gesichtsausdruck auf, mit dem sie Sasuke betrachtete. Ich konnte kaum glauben, was ich nun sagte. "Karin...", ihr Blick wanderte gelassen zu mir herüber, was mich etwas um Worte ringen ließ. "...Mir ist wirklich nicht gut, ich würde gerne ein bisschen rumlaufen. Du weißt schon, den Kreislauf ein bisschen in Schwung bringen." Sie hob die Augenbrauen. "Und was bewegt dich dazu, mir das so erwartungsvoll mitzuteilen?", sprach sie zu mir herab. Naja, dass sie sich nicht so gern mit mit abgeben mochte, war mir klar. "Du bist doch die mit den Medizinkenntnissen hier. Ich würde mich in deiner Gegenwart dabei wohler fühlen. Ich... breche doch ganz gern zusammen, weißt du doch." Beschwichtigend versuchte ich, sie mir gegenüber aufzubauen. Lange sah sie mich an, nachdenklich und innerlich grübelnd, bis Sasuke irgendwann meinte: "Gut, dann werden Suigetsu, Juugo und ich in der Zeit ein bisschen die Gegend absuchen, ob nicht jemand bei dem Lärm, den wir verursacht haben, auf uns aufmerksam geworden ist." Ich beobachtete, wie Karin sich schon protestierend an ihn wenden wollte. Doch die drei waren schon im Begriff zu gehen und als sie sich wieder zu mir umdrehte, entdeckte ich durchaus berechtigte Skepsis in ihren Augen. "Na gut, dann steh schon auf." Ich erhob mich auf meine noch recht wackligen Beine und lief mit Karin ein Stück in den Wald hinein, dahin, woher wir vor dem Kampf gekommen waren. Sie hielt sich stets ein zwei Schritte hinter mir. Lange herrschte Schweigen, in dem ich mir krampfhaft überlegte, was ich ihr sagen sollte. Es lief absolut nicht wie in meiner Vorstellung, jedoch brauchte mich das nicht wundern. "Sag, was ist in der Nacht, in der ich gefangen genommen worden bin, mit euch passiert?" "Ich glaube nicht, dass du das Recht hast, das zu erfahren." Ich kniff die Augenbrauen zusammen. "Hör mal, wenn ich irgendwie dazu beitragen kann, dass wir besser miteinander-" "Das kannst du, indem du verschwindest und uns nie wieder Probleme bereitest." Ich verdrehte die Augen, blieb abrupt stehen und drehte mich seitlich zu ihr um. "Karin, ich will nicht wieder mit dem Argument leben, wir müssten miteinander nun einmal auskommen, weil wir eben gezwungenermaßen zusammen in einer Gruppe reisen. Was damals passiert ist, ändert das Ganze völlig." Sie verschränkte vor mir ihre Arme, eine Geste die ich als abweisend interpretierte. "Was sollte das daran ändern? Nur weil er dich wieder akzeptiert hat, heißt das nicht, dass ich das muss." "Es ändert etwas, weil ich in eurer Schuld stehe. Dass es dazu gekommen ist tut mir unendlich Leid, da es allein meine Angelegenheit ist und ihr dort grundlos mit reingezogen wurdet." Es brachte eigentlich nicht viel, mit ihr darüber zu diskutieren. Ich meinte es zwar gut, aber Karin schien nicht der Typ für sentimentale Gespräche zu sein. Ich setzte mich an ihr vorbei zurück woher wir gekommen waren in Bewegung. "Das WAR keine Falle, nichts davon war jemals von mir wissentlich geplant. Ich bin selbst auf der Flucht.", ich blieb neben ihr noch kurz stehen, "Ob du mir das glaubst, liegt bei dir. Ich weiß, dass es für dich keinen Grund gibt, mir zu trauen." Mit diesen Worten lief ich zielgerichtet zurück. Ich hatte es ihr deutlich erklärt, mehr konnte ich nicht tun. Ich denke, damit konnte ich zufrieden sein. "Genjutsu.", ertönte es plötzlich hinter mir. Ich stoppte und lauschte. "Sasuke hat versucht, sie mit Genjutsu kurz außer Gefecht zu setzen, damit wir entkommen können. Es ist uns gelungen, allerdings hat er im Nachhinein einmal erwähnt, dass er für dieses gewaltige Genjutsu nicht alleine verantwortlich gewesen sein konnte und vermutlich Itachi dahinter steckt." Ich stand viele Sekunden da, verarbeitete einerseits das Gehörte, andererseits die Freude darüber, Karin erreicht zu haben. "...Danke." Wir machten uns auf den Weg, zu den Jungs zu stoßen. Ich wechselte kein Wort mehr mit Karin, was, denke ich, auch nicht nötig war. Ein wohliges Gefühl, das Zuversicht in mir auslöste, verbreitete sich in meinem Bauch, im Grunde galt es nur noch, Juugo zu knacken. Dann war ich wieder halbwegs mit mir und meinen Schuldgefühlen im Reinen. Dann konnte ich endlich aufhören, mir darüber den Kopf zu zerbrechen. Ich blieb jäh stehen. Karin zog an mir vorbei. Die Worte "Bist du gegen 'ne Wand gelaufen?" schallten um mich herum. Ich sah sie einen recht unverständigen Blick zu mir hinterwerfen und weiterlaufen. Sie wurde immer langsamer, ihre Bewegungen schienen wie in der Schwerelosigkeit zu hängen. Geräusche von außen wurden dumpf. Mein Verstand schien sich von der Welt der Sinnerwahrnehmungen abschotten zu wollen, um mir die Wahrheit vor Augen zu halten. Nun, wo ich mich bei ihnen eingeschläust hatte - Ja, was nun? Ich hatte jetzt, worauf ich aus war. Sasukes Vertrauen. Was war von nun an mein Antrieb, Akatsukis Zwang Folge zu leisten? Wenn ich es tat, führte das vielleicht wieder unweigerlich zu einem Vertrauensbruch. Diesmal einem echten, geplanten, denn wenn sie Sasuke in einem knappen Monat in Konoha haben wollten, dann musste dort im Anschluss auch etwas passieren. Und mit einem Mal wurde mir klar, was für einen Mist ich Karin erzählt hatte. Ich schluckte und lief in meiner seltsamen Zeitlupe weiter, ließ die Augen über die ahnungslose Karin schweifen, über die ahnungslosen drei, die gerade einige Meter vor uns an dem Baum, an dem ich gelehnt hatte, wieder zusammenfanden. Was war mein Antrieb? War mir mein Leben, das mir durch die Ausführung dieses Auftrags garantiert worden war, so viel wert, um mich in einen Teufelskreis zu begeben? Ich besaß keinen Grund mehr, mich von Akatsuki ins Verderben führen zu lassen. Damit wäre jedem geholfen: Akatsuki könnte seine Machenschaften nicht vollführen, Sasuke wäre sicher. Ich könnte in Frieden und von Nutzen für den Frieden verenden. Damit könnte ich diesem erbärmlichen Leid, das dieses Etwas in mir verursacht hatte, endlich ein Ende setzen. Unwillkürlich kam mir ein kugelrundes metallenes Kügelchen in meinem Nacken in den Sinn. Noch 26 Tage bis zur Katastrophe. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)