Gefallen von abgemeldet (Uruha x Kai) ================================================================================ | sechs | »Kai? Bin wieder da!«, rief ich fröhlich, als ich die Tür aufgeschlossen hatte und in meine Wohnung trat. Noch bevor ich meine Schuhe losgeworden war, erschien der Kleine schon in der Wohnzimmertür und lächelte mich an. So kam man doch gern nach Hause. »Aoi hat mir ein paar Sachen mitgegeben. Die ziehst du jetzt an und dann gehen wir los, okay?« Er nickte. Sah ein bisschen nervös aus, aber auch gespannt. Ob es jetzt an Aois seltsamem Klamottengeschmack lag oder an dem geplanten Einkauf, da war ich mir nicht so sicher. »Aoi ist übrigens ein ganz netter Freund. Er ist mit Reita zusammen.« »Zusammen?« Kais Fragezeichen-Gesicht verschwand im komisch gemusterten Strickpullover. Ich war viel zu abgelenkt von der Sex-Sache gewesen, dass ich gar nicht darauf geachtet hatte, was der Idiot mir da mitgegeben hatte. »Sie lieben sich und sind ein Paar. Gibt's das im Himmel nicht?« »Nein.« Da oben musste es wirklich langweilig sein. Zumindest war Kai definitiv Single. Ich half ihm, den richtigen Ausgang zu finden, ordnete grinsend die wirren Haare und kämmte dann noch einmal ausführlich mit den Fingern hindurch. Die waren aber auch weich. So wie alles an Kai. Ich wollte ihn als Kuschelbären im Bett. Also hinterher. Und davor. Und überhaupt. »Zwei Hosen?«, fragte er verwundert, als ich ihm die nächsten Kleidungsstücke reichte. »Klar. Die kurze drunter, falls der Sommer ausbricht.« Er starrte mich seltsam an. Inzwischen fragte ich mich auch selbst, wieso ich auf Unterwäsche bestanden hatte. Kai störte es doch sowieso nicht. Und ein Engel im Supermarkt ohne was drunter war noch viel heißer. »Hast recht, die lassen wir weg«, stimmte ich zu und dirigierte Kais Füße in die korrekten Hosenbeine. Reitas Socken waren ein bisschen groß, aber der Kleine schien sie zu mögen und wackelte begeistert mit den Zehen. »Okay. Jacke und Schuhe kriegst du von mir und dann können wir auch schon los.« »Wieso muss man so viel anziehen, bevor man rausgeht?«, fragte er neugierig, als ich ihn im Flur in meine mollige Winterjacke stopfte und nicht drumherum kam, es unheimlich niedlich zu finden, wie er in dem gepolsterten Ding dastand und sich kaum noch bewegen konnte. Nah, das war nicht die richtige Bekleidung für ihn. Wenn er stolperte und hinfiel, kam er ja nie wieder hoch. Schade. Ich schälte ihn wieder heraus und steckte ihn in eine andere, lang und schwarz. Jetzt sah er mehr heiß als niedlich aus. Und sie saß eng genug, um nichts zu verstecken. Kais Körper durfte man einfach nicht verstecken. Aber jetzt war der Hintern bedeckt. Vielleicht war das auch besser so, sonst würden ihn noch Wildfremde einfach betatschen. »Ruha?« Ich riss meinen Blick von seinem verhüllten Po los und sah ihn fragend an. »Wieso muss man so viel anziehen, bevor man rausgeht?« »Eigentlich zieht man sich nur Jacke und Schuhe extra für draußen an, den Rest haben die meisten immer an.« »Oh.« »Du kannst aber gerne weiter nackt oder leicht bekleidet in der Wohnung herumlaufen, mich stört das nicht.« Er freute sich. Er freute sich! Dabei musste ich mich freuen. Endlich wurde ich mal nicht als perverser Sack abgestempelt. »Ich finde es schön, dass du …« Er biss sich auf die Unterlippe. »Fuß hoch«, wies ich ihn an und popelte ihm den Schuh über die Socke. »Was denn?« Kai sah mich unsicher an, als ich mich wieder aufrichtete. Ich legte den Kopf schief. »Na ja, du bist so nett und lachst nicht über mich, wenn ich etwas falsch mache. Du hast mich einfach mitgenommen und hilfst mir, obwohl du mich nicht kennst. Ohne dich wäre ich wahrscheinlich …« »Hey.« Ich drückte den Süßen an mich. »Das ist doch eine ganz fremde Welt für dich, da kann man dich doch nicht einfach allein lassen. Im Himmel wäre ich auch überfordert und wüsste gar nicht, was ich machen soll.« »Du bist viel netter als die da oben«, flüsterte er an meinen Hals und schmiegte sich an mich. Mein Herz verstand zuerst, wie nah er mir gerade war, und schlug heftig in meiner Brust. Die Worte hatten so traurig geklungen, dass ich ihn nur noch fester umarmen musste. »Sind die anderen Engel nicht nett zu dir?« »Nein. Sie sind alle viel älter und schubsen mich herum. Sie wollen nicht, dass ich dort bin. Aber ich weiß nicht, was ich getan habe, dass ich ein Engel geworden bin.« »Vielleicht warst du ein viel besserer Mensch als sie und das ärgert sie.« Er schüttelte den Kopf. »Nein, das ist es nicht. Ich weiß es einfach nicht. Ich habe nur Angst, wieder zurück zu müssen. Und das muss ich, sobald ich wieder fliegen kann.« Ich erstarrte. Kai hatte Angst davor, wieder in den Himmel zurückzukehren? Das hieß, er wollte hierbleiben, bei mir. In einer Welt, die ihm ebenfalls Angst machte. »Diese Welt ist dir doch so fremd.« »Aber hier bist du.« Dieser kleine Satz ließ einen mächtigen Kloß in meinem Hals wachsen. Er fühlte sich also sicher bei mir, irgendwie beschützt. »Was tun sie dir nur an?«, wisperte ich erstickt in seine Haare, hielt ihn ganz fest, als würden gleich andere Engel neben uns auftauchen und ihn holen wollen. »Du bist nicht abgerutscht, oder?« »Hm?« »Von der Wolke. Du hast gesagt, du wärst du einer Wolke abgerutscht und auf die Erde gefallen.« »Sie haben mich geschubst.« Und das sollten Engel sein? Solche Arschlöcher? »Kai, du musst nicht zurück. Ich mag dich wirklich gern. Ich würde mich freuen, wenn du bei mir bleibst. Mein Bett ist groß genug. Und Kochen kriegen wir auch noch hin. Aber bleib bitte hier, geh nicht wieder dorthin zurück.« »Ich muss.« Er löste sich ein wenig, rieb sich über die Augen. »Ich muss zurück, wenn der Flügel wieder heil ist, es geht nicht anders. Aber bis dahin bin ich wirklich froh, dass ich bei dir gelandet bin. Es ist schön mit dir.« Er hatte ›mit dir‹ gesagt, nicht ›bei dir‹. Er mochte mich. Aber ich hatte das ernst gemeint, er sollte bei mir bleiben. Da oben wollte ihn doch scheinbar niemand. Ich schon. Es war egoistisch von mir, weil er schließlich ein Schutzengel war und auf jemanden aufpassen musste. Trotzdem. Kai brauchte doch jemanden, der ihn liebte. »Ich bin auch froh, dass du bei mir bist, Kai.« Ich küsste seine Stirn. »Wir finden schon eine Lösung. Jetzt bist du erst mal bei mir und gehst mit mir einkaufen, okay?« Einkaufen war noch nie eine besonders große Leidenschaft von mir gewesen. Man mühte sich durch die Stadt, quetschte sich an komisch riechenden Menschen vorbei und musste um seine Füße fürchten, wenn man in der Menschenmenge das unheilvolle Geklacker von spitzen Absätzen näherkommen hörte. Im Supermarkt war es auch nicht viel besser. Kleine Kinder, schreiende Mütter und renitente Omas, die sich verbittert um die Häppchen an der Käsetheke prügelten. Mit Kai war es anders. Zu zweit hatten wir uns unter den kleinen Regenschirm gequetscht und das Haus verlassen. Kai schaute fasziniert nach oben zu unserem blau schimmernden Dach, auf das leise die Regentropfen fielen. Ich musste ihn immer wieder ermahnen, auf den Weg zu achten, damit er nicht so oft stolperte. Und als wir aus den engen, düsteren und nicht besonders schönen Seitenstraßen raus waren, brach die Sonne durch die Wolken und beleuchtete eine Szenerie, die Kai stocken ließ. Vor uns lag eine mehrspurige Straße, Autos und Motorräder hupten sich gegenseitig fast zu Brei. Menschen drängten sich über den breiten Bürgersteig, ein Gesumme und Gebrumme lag in der Luft. Die hohen Gebäude waren mit bunter Werbung zugepflastert, alles war nass und glitzerte durch die Sonnenstrahlen. Ein alltäglicher Anblick, aber für Kai war es völlig neu. »Alles okay?«, fragte ich ihn und drückte lächelnd seine Hand, die sich in meine geschlichen hatte. Er war näher an mich herangerückt, dicht an meine Seite. Sein Kopf drehte sich hin und her, die staunend aufgerissenen Augen saugten die Flut an Farben und Bewegungen um uns herum auf. Er war heillos überfordert. »Wir gehen jetzt über diese Brücke da vorne auf die andere Straßenseite und nehmen da die U-Bahn.« Gut, der nächste Supermarkt war eigentlich gleich dort vorn an der Ecke, aber ich musste Kai doch etwas bieten, wenn wir schon mal draußen waren. Ich zog ihn sanft hinter mir her durch die hektisch umhereilenden Menschen und passte auf, dass er nicht plattgemacht wurde. Unsicher schob er sich immer dichter an mich dran, hing schon fast unter meiner Achsel. »Alles noch gut oder sollen wir lieber umdrehen?« »Nein, geht schon.« Wir erreichten den Übergang. Hier wurde es etwas leerer und Kai sah wieder etwas fröhlicher aus. Auf der Brücke blieb er stehen und beugte sich über das Geländer, sah mit großen Augen dabei zu, wie die Autos unter ihm entlangbrausten. Er musste sich vorkommen wie in einem real gewordenen Videospiel. Ich stellte mir den Himmel total ruhig vor, überall nur watteweiche Wolken und umherflatternde Engel. Dagegen war das hier eine Damentoilette. Laut, stinkend und voll. »Ist das immer so?«, fragte er mich mit diesem Wahnsinnsblick, der mich schon wieder fast fertigmachte. »Das ist Durchschnitt für einen Vormittag in der Woche. Voller wird es vor allem abends in der Rushhour. Da stopfen sie einen sogar in den Zug, weil so viele Menschen mitfahren wollen. Aber keine Angst, das wird heute nicht passieren. Sobald wir wieder in den schmaleren Straßen sind, wird es auch ruhiger.« Kai nickte nur. Wir gingen weiter, liefen auf der anderen Straßenseite die Treppe zur U-Bahn-Station hinab. Kai brauchte eine Weile, um durch die Ticketschranke zu kommen. Stirnrunzelnd starrte er den Schlitz an, der sein Ticket verschluckt hatte, und zog es überrascht ein paar Schritte weiter wieder heraus. Ich musste ihn zurückzerren, als er viel zu nah an die Gleise trat und neugierig in den dunklen Tunnel sah, aufgeregt zu den Lichtern deutete. »Kai! Du musst aufpassen, das ist gefährlich!«, fuhr ich ihn vor Schreck viel zu laut an und zerrte ihn unsanft nach hinten. Er zuckte zurück, sah mich traurig an, und als die Bahn direkt neben ihm einfuhr und quietschend bremste, drückte er sich verängstigt an eine Säule. Schnell stellte ich mich vor ihn, schirmte ihn vor den vielen Menschen ab, die sich an uns vorbeidrängten. Seine Augen huschten unruhig hin und her. »Tut mir leid«, sagte ich zerknirscht. »Du darfst nicht über die Linie da am Boden treten, die Gleise sind gefährlich. Wenn ein Zug einfährt, könnte er dich erfassen. In fünf Minuten kommt unserer, bis dahin bleiben wir hier stehen, okay?« Er lächelte zaghaft. Um uns herum wurde es wieder leerer, die Bahn fuhr ab. Kai wurde ruhiger. Auch ich entspannte mich langsam wieder. Der Kleine hatte mir wirklich einen Schrecken eingejagt, als er sich vorgebeugt und dem einfahrenden Zug entgegengesehen hatte. Wir hatten wirklich Glück gehabt, dass er hier gehalten hatte und nicht nur durchgefahren war, sonst hätte ich ihn wahrscheinlich nicht mehr rechtzeitig zurückziehen können. Ich wollte mir gar nicht ausmalen, was dann gewesen wäre. »Deine Finger zittern«, sagte Kai leise und griff nach meinen Händen, streichelte sie. Ja, das taten sie tatsächlich. Aber wen wunderte es? Lächelnd ließ ich ihn machen, genoss die leichten Berührungen. Leicht wie Federn, und Kais Finger waren ganz weich und zart. Hoffentlich gab es an Kai auch Stellen, die nicht weich und zart waren. Aber im Moment war ich vollkommen zufrieden und wünschte mir, dass die Bahn noch lange brauchen würde. Natürlich tat sie es nicht. »Ist die das?«, fragte Kai, als die nächste einfuhr. »Ja, beeilen wir uns.« Wir hatten Glück, die Bahn war nicht allzu voll. Kai saß neben mir und schaute sich neugierig um, betrachtete die Menschen, die uns gegenübersaßen, schaute aus dem Fenster hinter ihnen, sah nach oben zu den Werbeschildern und den Halteringen, dann zu den Türen, die sich zischend schlossen. Er griff wieder nach meiner Hand, als die Bahn sich in Bewegung setzte. »Wir fahren jetzt ein paar Minuten, dann steigen wir wieder aus und sind fast da. Im Supermarkt ist es etwas ruhiger, versprochen.« Kai nickte nur, dann sah er mich an. »Was war das eigentlich zu Hause, mit diesem schwarzen Ding und der Stimme?« »Das war ein Telefon. Meine Mutter hat in einer anderen Stadt auch eins und die Nummer von mir gewählt, dann hat es bei uns geklingelt. Und wenn man abnimmt, kann man mit demjenigen sprechen.« »Obwohl er so weit weg ist?« »Ja, irgendwie geht das über Funk oder so. Vielleicht sind um uns herum gerade ganz viele Telefongespräche und fliegen hin und her. Wie Stimmen, nur dass wir sie nicht hören können.« Die Vorstellung war irgendwie gruselig. »Ich höre sie manchmal.« Verdattert starrte ich ihn an. »Na ja, als Schutzengel hört man oft die Stimme von dem Menschen, den man beschützen soll, was er gerade sagt zum Beispiel.« »Jetzt auch?« Kai schwieg, lächelte nur. Und ich fragte mich, ob man auch das Stöhnen beim Sex hören konnte. Wäre ja möglich. Du meine Güte. Man wurde beim Sex belauscht! Geil. Das musste ich Aoi irgendwann mal erzählen. Und dann Reita ausweichen, wenn er vorerst keine Befriedigung mehr bekam. Das wäre mein sicherer Tod, aber vielleicht würde ich dann auch ein Engel werden und konnte selbst jemanden belauschen. Aber bei meinem Glück erwischte ich einen dieser Uke, die hysterisch quiekten, wenn es spaßig wurde. »Wieso hast du deiner Mama gesagt, dass du meinen Penis schön findest?« Ich lief das erste Mal in meinem Leben rot an. Entsetzt starrte ich Kai an, dann die Umstehenden, die den Blick nicht minder fassungslos erwiderten. »Das kannst du doch hier nicht fragen!«, zischte ich ihm zu. Ich hatte ja nichts dagegen, wenn jemand ungeniert über so etwas sprechen konnte, aber Kai blamierte sich hier, ohne es zu ahnen. Er outete sich als ein Perversling, der er gar nicht war. Oder noch nicht. »Warum nicht?« »Das erkläre ich dir, wenn wir wieder zu Hause sind.« »Tanzt du dann wieder so lustig unter der Dusche?« Ein paar Minuten später konnten wir aussteigen. Kai etwas eingeschüchterter als noch beim Einstieg, irgendwann hatte auch er die Blicke bemerkt und verstanden, dass er etwas gesagt hatte, das man in der Öffentlichkeit lieber verschwieg. Er schämte sich. »Ist Penis etwas Schlimmes?«, fragte er leise, als wir durch den Bahnhof marschierten und den Ausgang suchten. »Nein, eigentlich nicht. Aber vor Fremden redet man besser nicht darüber. Weißt du, was Sex ist?« Kai wurde tatsächlich niedlich rot. »Ich hab davon schon mal gehört«, nuschelte er undeutlich. »Na ja, ein Penis ist vor allem dafür da.« Seine Ohren begannen sich ebenfalls zu verfärben. »Aber das ist etwas Tolles! Man redet da nur nicht so drüber. Zu Hause ja, aber nicht vor anderen. Es ist für die meisten zu intim. Schade eigentlich.« »Redest du … gern darüber? Und … wie genau …« Schon süß, wie neugierig er war. »Zu dem Wie kommen wir irgendwann noch. Magst du dir mal einen Film dazu ansehen?« Sein ganzer Kopf leuchtete tiefrot. Aber er nickte tapfer. »Wie viel weißt du denn darüber?«, fragte ich gespannt nach und trat mit ihm an die frische Luft, lenkte ihn Richtung Supermarkt, den wir von hier aus schon sehen konnten. »Also … Im Himmel wird oft erzählt, dass es … etwas Sündiges ist.« Das war ja nicht sehr viel. Ich durfte ihn also in die Kunst des Fickens einführen. Gute Pornos hatte ich genug. Nur fraglich, wie Kai darauf reagieren würde. Er schien neugierig zu sein, aber auch peinlich berührt. Nach dem eben Erfahrenen würde er wohl nie wieder einfach so seinen Penis betatschen. Obwohl er gestern bereits gemerkt hatte, dass mich das nicht störte. Vor mir durfte er alles. Ich würde ihm auch einen Pickel an den Eiern ausdrücken, ohne ihn schief anzusehen. Zwischen uns sollte es keine Grenzen geben. Kai musste mir sowieso vertrauen, um auf dieser Welt zurechtzukommen. Ich wollte derjenige sein, mit dem er über alles sprechen konnte, jeden Zentimeter seines Körpers erkunden. Und er sollte mich genauso kennen. Ich wollte, dass wir uns so nah waren, wie man es nur konnte. Ich wollte sein Herz. Und er durfte mein Herz haben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)