Die gute Klopapierfee von Namaiki (Tualetnaya Bumaga) ================================================================================ Kapitel 2: Mitternächtliche Aktivitäten --------------------------------------- Die Klospülung hallte mir noch in den Ohren, als ich die Augen aufriss und um mich herum Dunkelheit wahrnahm. Ich war in meinem eigenen Bett. Keine alten Frauen, ihre Zauberstäbe oder Klopapierrollen in Sicht. Für einen Moment durchflutete mich Erleichterung. Ich hatte schlecht geträumt. Einen beunruhigend realen, beunruhigend verrückten Traum, aber nur ein Traum. Eine Klopapierfee, die mit einem kommunikativen Zauberstab in den Badezimmern dieser Welt lauerte? Wohl eher unwahrscheinlich. Ich rieb mir mit meiner linken Hand über das Gesicht im Versuch die letzten Fetzen meines Alptraums zu verscheuchen und schielte anschließend auf das Teufelswerk von Wecker neben mir. Die LED-Anzeige zeigte 01:14. Es war mitten in der Nacht. Entschlossen drehte ich mich zur Wand und versuchte wieder einzuschlafen. Ich scheiterte, als ich plötzlich Stimmen direkt vor meiner Zimmertür flüstern hörte. Offensichtlich meine Eltern, die wohl endlich von ihrem Date zurückkamen. Meine Mutter zwang meinen Vater ab und zu das Haus zu verlassen und wenn sie ihn einmal so weit hatte, nutzte sie das voll aus. Zu meiner Überraschung hörte ich, wie jemand meine Zimmertür aufstieß und herein schlüpfte. Meine Mutter war wohl wieder der Meinung, dringend etwas in meinem Zimmer suchen zu müssen. Wie etwa der Teller letzte Woche, den ich angeblich heimtückisch versteckt hatte, um sie zu ärgern oder irgendwelche Pornoheftchen, von denen sie überzeugt war, dass ich sie irgendwo haben musste. Tatsächlich lagerte ich sie bei Choji, meinem besten Freund, dessen Mutter im Allgemeinen keine solch mitternächtlichen, investigativen Anwandlungen hatte. Ich beschloss, sie machen zu lassen. Sich jetzt mit ihr auseinander zu setzen, würde nur für unnötige Anstrengung sorgen und alles, was ich wollte, war schlafen. Ich ignorierte also das Rascheln hinter mir, so gut es ging und tat, als schliefe ich. Was ich allerdings nicht ignorieren konnte, war, wie plötzlich meine Bettdecke angehoben wurde und jemand neben mich schlüpfte. Das war neu. Der Jemand presste seinen definitiv weiblichen Oberkörper an meinen Rücken und schlang seinen Arm um meine Hüfte, ganz zu schweigen von dem Bein, dass sich zwischen meine schob. Dann hörte ich nur ein wohliges Seufzen, das mir einen Schauer über den Rücken jagte. Eine Gänsehaut überzog meinen Körper, als sich eine Hand unter mein Shirt schob. Ich traute meiner Mutter einiges zu, aber inzestuöse Anwandlungen gegenüber ihrem Sohn gehörten nicht dazu. Ich spähte über meine Schulter, konnte aber nichts weiter erkennen, als Haar, das ausgebreitet auf meinem Kissen lag und das, wenn das auch in der Dunkelheit nicht einwandfrei feststellbar war, eine blonde Färbung hatte. Von meinen Bewegungen aufmerkend, streckte sich die vermeintliche Einbrecherin und gab mir einen Kuss auf die Wange. Er war warm und weich und sanft und genug, um mich endlich aus meiner Starre zu reißen. Ich tat das einzig Logische: Ich schubste sie aus dem Bett. Ein erschrecktes Auf keuchen und einen dumpfen Aufprall später, hatte ich meine Nachttischlampe angeschaltet und sah auf ein fluchendes, wütendes Mädchen hinab, das mich unter ihrem Pony hervor anblitzte und dass so gar keine Ähnlichkeit mehr mit dem sanften Wesen hatte, dass bis eben noch hinter mir gelegen hatte. „Sabakuno-san?“, fragte ich mit hochgezogenen Augenbrauen. Was zum Teufel hatte sie, die eigentlich in Suna sein sollte, in meinem Bett zu suchen? „Shikamaru, hast du sie noch alle? Warum schmeißt du mich aus deinem Bett?“ Ich fragte mich eigentlich eher, warum ich sie nicht aus meinem Bett schmeißen sollte. „Was tust du hier?“, fragte ich immer noch völlig verblüfft. Sie rappelte sich auf und sah mich nun von oben herab an. „Ich weiß, dass ich eigentlich erst morgen Mittag kommen sollte, aber ich wollte dich überraschen. Deine Mutter hat mich vom Bahnhof abgeholt. Und ich wollte es eigentlich vermeiden, dich zu wecken, aber das ist doch noch lange kein Grund, mich von der Bettkante zu schubsen! Und- warte, hast du mich gerade Sabakuno-san genannt?“ Sie starrte mich an. Ich starrte zurück und verarbeitete in Höchstgeschwindigkeit, was sie gerade gesagt hatte. Sie hatte mich einfach nur Shikamaru genannt. Sie hatte vorgehabt herzukommen und war überzeugt, dass ich davon wusste. Meine Mutter wusste, dass sie hier war und und war offensichtlich damit einverstanden. Sie meinte wohl, ein Recht zu haben, in mein Bett zu schlüpfen, ohne dass ich mich beschwerte. Und zu guter Letzt kam mir mein Traum in den Sinn, der wie ich befürchtete, kein Traum gewesen war. Sabakuno starrte immer noch, mittlerweile zunehmend wütender. Wütende Frauen sind nichts, was du mitten in der Nacht in deinem Zimmer haben willst. Vor allen Dingen nicht, wenn sie sich mit deiner Mutter verbündet haben. Also antwortete ich ihr wenn auch verspätet: „Äh... nein. Sorry, äh, Temari? Ich war nur überrascht. Ich hol einen Futon.“ Nun war sie an der Reihe, die Augenbrauen hochzuziehen. „Du holst einen Futon. Wo du doch ein Bett hast. Du stehst mitten in der Nacht auf – freiwillig – und holst einen Futon.“ Aus ihrer Antwort zog ich, dass das für mich ein eher untypisches Verhalten war. Zu meiner Verteidigung bemerkte ich, dass mein Bett nur für eine Person gebaut war. Das brachte sie zum Grinsen. „Das hat dich das letzte Mal, als ich hier war, auch nicht gestört.“ Etwas in ihrem Blick sagte mir, dass wir in meinem Bett wohl mehr getan hatten, als nur zu schlafen. Das brachte mich aus dem Gleichgewicht. Mich brachte normalerweise wenig aus dem Gleichgewicht, aber was war in dieser Situation auch normal? Unweigerlich ließ ich meinen Blick an ihr herunter wandern. Sie trug ein weites T-shirt, das ich erst einen Moment später als mein eigenes erkannte und... sie trug nur mein T-shirt. Es war lang genug, um sie zu bedecken, aber kurz genug, um mir einen guten Ausblick auf ihre Beine zu erlauben. „Und du bist dir sicher, dass du mir einen Futon holen willst?“, fragte sie keck als Reaktion auf mein Starren. Ich riss mich zusammen und stand auf. „Es ist zu warm, um im selben Bett zu schlafen. Warte kurz.“ Und es stimmte. Es war später Sommer und es schien mir, als wäre es in meinem Zimmer noch wärmer als sonst. Oder kam mir das nur so vor? Ich hörte sie noch was von „Weichei“ murmeln, dann war ich aus der Tür. Im Wohnzimmer traf ich auf meine Mutter. „Na?“, fragte sie. „Warst du überrascht?“ Ich sah mit einem Blick, dass sie Sabakuno mochte. Ich schnappte ich mir nach einem wortlosen Nicken nur einen der Futons, die wir in einem Wandschrank lagerten und verschwand wieder in mein Zimmer. Sie ließ mir das durchgehen, obwohl ich noch ein leises Kichern von ihr hörte. Meine Mutter kicherte. Wenn es doch noch Zweifel gegeben hätte, dann wäre ich nun sicher, dass irgendeine Magie am Werk war. Klopapiermagie hatte mein Leben umgekrempelt und ich mochte den Gedanken nicht. Als ich mein Zimmer betrat, stellte ich fest, dass ich es wohl sein würde, der auf dem Futon schlief. Sabakuno hatte es sich bereits in meinem Bett gemütlich gemacht und hatte es tatsächlich geschafft, in den paar Sekunden, in denen ich nicht da war, einzuschlafen und mir auf den Kissenbezug zu sabbern. Die dünne Decke bedeckte sie nur unzureichend, ein Beweis dafür, dass auch ihr warm war. Aber bevor ich mich wieder in der Betrachtung ihrer Körperteile verlieren konnte, rollte ich schnell den Futon aus und betrat erneut den Flur, an dessen Ende ich durch die Badezimmertür schlüpfte. Mein erster Blick galt dem Fußboden, aber entgegen meiner Befürchtung musste ich nicht durch ein Meer aus Klopapierrollen waten. Tatsächlich wirkte unser Badezimmer verdächtig normal. Von Tua war in jedem Fall kein einziges rosa Fitzelchen zu sehen. „Tua?“, flüsterte ich. „Irgendjemand?“ Keine Reaktion. Was tat man, um eine gute Fee in Badezimmerangelenheiten zu rufen? Mehr aus Mangel an anderen Ideen als aus tatsächlicher Hoffnung, betätigte ich die Toilettenspülung. „Liebes!“, ertönte eine Stimme hinter mir, die mich zusammenzucken ließ. Ich drehte mich um und sah... niemanden. „Hier unten bin ich!“ Ich trat näher heran und sah in unsere Badewanne hinab. Aus einer Pfütze, die nicht von mir stammte, sah mich Tua an. Sie wirkte noch gehetzter als zuvor, wenn das noch möglich war. Ihre Augen zuckten unfokussiert wild hin und her und weitere Strähnen hatten sich aus ihrem Haar gelöst. Schließlich richtete sich ihr Blick auf mich und wandelte sich zu einem wohlwollenden Strahlen. „Und, ist sie nicht toll? Eine Fernbeziehung! Wie romantisch!“, schmachtete sie. Ich konnte ihr da nicht zustimmen, wäre aber über ein wenig Ferne zwischen Sabakuno und mir froh gewesen. „Sie müssen das rückgängig machen! So schnell wie möglich.“ Sie begann, zu meinem Entsetzen, hysterisch zu lachen. „Das sagen sie alle. Die anderen auch. Aber keine Angst, alles bleibt so wie es ist. Die anderen haben keine Ahnung!“ Mir kam der Gedanke, dass die Stimmen in ihrem Kopf vielleicht kompetenter waren als sie. „Aber-...“, setzte ich an, ihr zu widersprechen, aber sie schnitt mir das Wort ab. „Du musst mir alles erzählen, aber nicht hier. Nicht jetzt. Sie sind hinter mir her und sie erwarten mich hier. Triff mich in einem anderen Badezimmer! Aber in keinem öffentlichen, der Gestank ist schrecklich, genauso wie das Ambiente. Ich muss gehen, sonst finden sie mich. Viel Spaß mit deiner neuen Freundin!“, wünschte sie mir noch und war im nächsten Moment verschwunden. Ich hing mittlerweile so tief über der Wanne, dass ich mein Gleichgewicht wieder finden musste, um nicht hinein zu fallen. Fluchend tauchte ich wieder auf. Da ich nicht vorhatte, mitten in der Nacht eine Toilette zu suchen, würde diese Angelegenheit bis morgen warten müssen. Zurück in meinem Zimmer versuchte ich, Sabakuno keinen allzu langen Blick zuzuwerfen und legte mich schlafen, immer in dem Bewusstsein, dass nur wenige Meter von mir entfernt ein Mädchen in meinem Bett lag, das der Überzeugung war, mit mir zusammen und wahrscheinlich in mich verliebt zu sein. Die Welt war verrückt geworden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)