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Persona: Shadows of Mirror

Kagami no Kage
von

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CII – Innere Leere

Montag, 14.September 2015 – Nachmittag
 

Summend stieg Mirâ aus der U-Bahn, während sie der Stimme von Akisu lauschte, die aus ihren Kopfhörern erklang. Vorsichtig drängte sie sich an den Menschen vorbei, die ebenfalls mit ihr ausgestiegen waren und fuhr dann die Rolltreppe hinauf zum Ausgang der Station, bevor sie in die Richtung ihres Elternhauses abbog. Vom Bahnhof aus war es noch ein ganzes Stück, welches sie zu Fuß zurücklegen musste. Doch das störte sie nicht. Sie lief gerne durch das Wohnviertel, in welchem sie lebte und betrachtete die einzelnen Häuser und Gärten. Manche Bewohner bewiesen wirklich ein gutes Händchen bei der Gartenpflege. Es gab so viele wunderschön gepflegte Gartenparadiese in diesem Viertel und der Violetthaarigen machte es Spaß sie alle anzuschauen. Und es wurde ihr nie langweilig, denn jedes Mal fand sie etwas Neues. So spazierte sie durch die schmalen Straßen und genoss den Anblick, der sich ihr bot. Kurz vor ihrem Heim befand sich ein kleiner gepflegter Spielplatz, welchen sie bereits mehrmals mit Junko besucht hatte. Er war nicht sehr groß, aber trotzdem ausreichend für die Kinder dieses Viertels. In der Mitte des Platzes standen mehrere steinerne Halbkugeln mit Röhren darin, durch die die Kleinen hindurch krauchen konnten oder darauf herumklettern. Leicht links versetzt davon standen zwei verschiedengroße Rutschen. Eine von ungefähr zweieinhalb Metern Höhe für die älteren Kinder mit einer schmalen Leiter zum heraufklettern und eine circa eineinhalb Meter hohe aber dafür ziemlich breite Rutsche mit leichtem Aufstieg für die Kleinen. Daneben war ein runder Sandkasten, in welchem Mirâ noch einige Förmchen liegen sah, die augenscheinlich hier vergessen wurden. Etwas im Hintergrund, weiter am Ende des Platzes, befanden sich mehrere Schaukeln, die auch auf die jeweiligen Altersgruppen der Kinder in Höhe und Form angepasst waren. Rechts von den steinernen Kugeln standen mehrere Stangen für Klimmzüge in verschiedenen Höhen und ein großes quadratisches Klettergerüst mit mehreren Ebenen, auf welchem eine männliche Gestalt hockte und hinaus zum Horizont blickte. Überraschte sah Mirâ zu dem jungen Mann, dessen Gesicht in der langsam untergehenden Sonne in ein tiefes Orange getaucht war. Auf den ersten Blick wirkte er tief in Gedanken versunken, doch dann schien er die Violetthaarige zu bemerken, die ihn von unterhalb beobachtete.

„Guten Tag, Shingetsu-senpai“, grüßte er die Ältere, welche nähertrat und langsam ihre Kopfhörer aus den Ohren zog, „Kommst du von der Schule?“

Angesprochene blieb unterhalb des Gerüstes stehen und nickte: „Hallo Arabai-kun. Geht es dir denn schon so gut, dass du hier herumspazieren kannst?“

„Es ist nicht so, dass ich topfit bin, aber hier habe ich mehr Ruhe, als zuhause“, grinste ihr Kohai und kam langsam heruntergeklettert, „Weil ich so lange verschwunden war gibt es mächtig Ärger zuhause. Mein Vater war echt sauer…“

„Ähm… wollte er wissen, wo du warst?“, fragte Mirâ frei heraus.

Ryu seufzte und erklärte, dass er seinen Eltern nur erzählt hätte er sei weggelaufen und habe sich irgendwo herumgetrieben. Es wäre egal gewesen, was er seinem Vater aufgetischt hätte, denn dieser hörte ihm sowieso nicht richtig zu.

„Er war so wütend, dass er nur herumgetobt hat… deshalb bin ich irgendwann einfach auf mein Zimmer gegangen“, erzählte er weiter, „Meine Mutter hatte ihn irgendwann wieder beruhigen können, aber naja… Ich denke es ist am besten, wenn sie denken ich sei weggelaufen. Von dieser merkwürden Welt zu erzählen würde wohl nichts bringen.“

„Nein, ich denke auch nicht. Das heißt, bei dir war kein Kommissar, der Fragen gestellt hat?“, hakte Mirâ nach und bekam als Antwort ein Kopfschütteln.

„Das würde mein Vater wohl auch nicht zulassen…“, murmelte der Brünette, woraufhin die Ältere ihm einen fragenden Blick schenkte, „Egal. Ich wollte mich aber nochmal bei euch bedanken. Dafür, dass ihr mich da rausgeholt habt. Bei Gelegenheit bedanke ich mich auch noch bei den Anderen. Vor allem mit Makoto-senpai muss ich noch einmal sprechen. Immerhin habe ich mich ziemlich undankbar verhalten.“

„Mach dir darüber keine Gedanken, Arabai-kun. Hiroshi-kun ist kein nachtragender Mensch. Er wird es verstehen“, lächelte die Oberschülerin.

„Ich hoffe du hast Recht“, formte sich auch auf seinen Lippen ein Lächeln, „Ach und du kannst mich ruhig Ryu nennen. Du bist immerhin älter als ich.“

Mirâ lachte: „Das hat doch damit nichts zu tun. Aber das Angebot nehme ich gerne an. Du kannst mich auch Mirâ nennen. Und um es noch einmal offiziell zu machen: Es freut mich dich kennenzulernen, Ryu-kun.“

Überrascht sah ihr Kohai sie an, doch lachte dann auch: „Danke. Das gebe ich gerne zurück, Mirâ-senpai.“

„Ich bin du… du bist ich…“, erklang die ihr bekannte Stimme in ihrem Geiste, während sie um Ryu ein zartes blaues Schimmern erkannte und sich in ihrem inneren eine angenehme Wärme breit machte.

Bevor sie sich darüber aber weiter Gedanken machen konnte, streckte sich der Jüngere und verabschiedete sich, da er langsam nachhause musste, um noch mehr Ärger zu vermeiden. Nickend nahm auch sie dem jungen Mann Abschied und sah ihm lächelnd nach, bis er aus ihrem Blickfeld verschwunden war. Dann machte auch sie sich endlich auf den Heimweg.
 

Am Abend hatte sich die Violetthaarige im Shâdo zu einer Schicht eingefunden, um die sie von einer Kollegin gebeten wurde, die an diesem Abend etwas vorhatte. Trotz des Wochenanfangs war die Karaokebar sehr gut besucht; ja sogar fast ausgebucht, weshalb ihre anderen Kollegen ihr für die Hilfe mehr als Dankbar waren. Den ganzen Abend durch war sie eigentlich nur damit beschäftigt Getränke von der Bar zu den einzelnen Kabinen zu tragen und Gäste zu verabschieden oder zu begrüßen. Auch Kyo war an diesem Tag einer der Besucher, so viel sie wusste. Jedoch hatte sie dieses Mal das Glück nicht seine Bedienung zu sein. Zwar kam sie mittlerweile besser mit ihm aus, trotzdem war ihr seine Art zuwider und sie war froh, wenn sie ihm aus dem Weg gehen konnte. Vor allem, wenn er ihr als Gast der Bar begegnete, denn dann war er noch unausstehlicher. Wahrscheinlich wegen seiner weiblichen Begleitungen, die er ständig bei sich hatte und die jedes Mal wechselte. Er gehörte anscheinend zu der Art Mann, die sich vor dem weiblichen Geschlecht profilieren mussten. Jedenfalls war das Mirâs Ansicht.

Erschöpft ließ sie sich kurz vor Ende ihrer Schicht auf die gepolsterten Bänke im Wartebereich der Bar nieder und legte den Kopf auf die hintere Lehne. Sie war so erschöpft. Schon lange hatte sie keine so stressige Schicht mehr erlebt. Doch zum Glück war es fast vorbei. Auch der Andrang der Gäste war mittlerweile zurückgegangen, sodass der Betrieb wieder ruhiger lief. Das Gelächter einiger Frauen, ließ sie aufschauen. Kurz darauf sah sie Kyo in Begleitung einiger junger Damen aus dem Gästebereich kommen. Gerne hätte sie kurz mit ihm gesprochen, empfand diesen Moment aber als ungünstig. Er wirkte schon etwas angetrunken und schäkerte mit seinen Begleiterinnen, während sie alle vergnügt lachten. Ihn jetzt anzusprechen, würde wahrscheinlich gar nichts bringen, weshalb sie sich dagegen entschied. Kyo jedoch schien ihren Blick auf ihm bemerkt zu haben und schickte die Damen schon vor, während er selbst auf die Violetthaarige zuging.

„Möchtest du etwas von mir?“, fragte er und wirkte dabei doch leicht genervt.

„Nicht, wenn du gerade keine Zeit hast. Deine Begleitung wartet doch sicher schon“, murrte die Oberschülerin, da sie keine Lust auf irgendwelche dummen Diskussionen hatte.

Der Blauhaarige seufzte und ließ sich neben ihr auf der Bank nieder. Er legte seine Arme auf die Lehne und überschlug die Beine:

„Na los. Spucks schon aus.“

Die junge Frau senkte den Blick. Wo sollte sie anfangen? Sie wollte ihm nicht zu nahetreten, dennoch…

„Deine Schwester war vor einiger Zeit bei mir“, begann sie und erntete dabei einen fragenden Blick des Studenten, „Sie bedankte sich bei mir, weil ich ihr ihre Kette zurückgebracht hatte und… weil du bei ihr warst. Sie schien sich riesig gefreut zu haben, dass du sie besucht hast. Aber sie hat mir auch davon erzählt, dass es Querelen mit deiner Mutter gibt. Stimmt es, dass sie nicht zulässt, dass du das Modelabel deiner Familie übernimmst?“

Der Ältere schnaubte verächtlich: „Ach diese alte Schachtel kann mich mal. Soll sie doch zusehen, wie sie den Laden am Laufen hält.“

„Das meinst du nicht ernst, oder?“, sprach die Violetthaarige ihre Gedanken aus.

Sie konnte sich nicht vorstellen, dass Kyo das Unternehmen seiner Familie so egal war. Immerhin liebte er das Designen und das sah man seinen Entwürfen auch genau an. Jemand der so begnadet Designs entwarf, konnte ihr nicht vormachen, dass es ihn nicht störte, dass er seine Chance in einem großen Label nicht bekam. Vor allem, wenn es die eigene Mutter war, die ihm im Wege stand. Das alles sprach sie an. In diesem Moment war es ihr dann doch egal, ob er sauer auf sie werden würde. Sie wünschte sich für ihn, dass er seine Chance bekam.

„Ich bin mir sicher, dass du es schaffen kannst deine Mutter zu überzeugen. Ich weiß zwar nicht wie, aber du kannst das. Du hast das Talent dazu und das wird deine Mutter mit Sicherheit auch irgendwann verstehen. Auch wenn du es nicht zugibst, dir liegt doch sicher einiges an dem Unternehmen deines Vaters. Wenn du in seine Fußstapfen treten willst, dann kämpfe dafür!“, endete sie mit ihrer Ausführung, bevor sich eine unangenehme Stille über die beiden legte.

Just in diesem Moment bereute es Mirâ ihn so direkt darauf angesprochen zu haben. Nun war er mit Sicherheit sauer. Ihre Befürchtungen bewahrheiteten sich, als er sich plötzlich ruckartig erhob und seine Hände zu Fäusten ballte.

Dann drehte er sich wütend zu ihr herum: „Was geht es dich an! Halt dich gefälligst aus den Angelegenheiten von anderen heraus!“

Erschrocken wich die Oberschülerin zurück, während der Blauhaarige an ihr vorbeistolzierte. Angst stieg in ihr auf, dass sie etwas Falsches gesagt haben könnte und sich der Social Link nun umkehrte, genau wie bei Megumi damals. Doch plötzlich blieb der Student wieder stehen und ließ dabei seine ganze Körperspannung wieder fallen. Wieder breitete sich Schweigen aus, bevor er sich noch einmal kurz zu ihr umdrehte:

„Aber trotzdem danke für die aufmunternden Worte. Auch wenn es nicht viel bringen wird.“

Damit hatte er sich nun endgültig abgewandt und die Karaokebar verlassen. Zurück blieb eine etwas irritierte Mirâ, die jedoch tief in ihrem inneren ein angenehm warmes blaues Glühen verspürte, dass sie wissen ließ, dass sie keinen Fehler begangen hatte.
 

Etwas später war sie bereits auf dem Heimweg. Als Shuichi seine Spätschicht angetreten hatte und sie noch in der Bar vorfand, hatte er die junge Frau sofort nachhause geschickt. Er wollte nicht verantworten, dass ihr irgendetwas passierte und hatte sogar dafür gesorgt, dass eine Kollegin sie bis zur U-Bahn begleitete. Mit einem leicht überforderten Lächeln hatte die Oberschülerin es über sich ergehen lassen und sich noch einmal bei ihrer Kollegin bedankt, bevor sie in die U-Bahn gestiegen war. Diese hatte nur gelacht, ihr noch einen schönen Abend gewünscht und sich dann von ihr verabschiedet. Nun war die junge Frau auf ihren letzten Metern von der Station bis zu sich nachhause und genoss dabei die kühle Herbstluft. Obwohl der Abend doch etwas anstrengend war, fühlte sie sich nun wieder erholter. Die frische Luft half ihr, ihre angestaute Müdigkeit zu vertreiben.

„…irâ… Mirâ…“, hörte sie plötzlich leise rufen.

Überrascht sah sie sich um, doch in ihrer unmittelbaren Umgebung war niemand, der sie hätte rufen können. Es brauchte einen Moment, bevor sie registrierte, dass das Geräusch aus ihrer Tasche kam. Irritiert griff sie hinein und holte daraufhin den kleinen Handspiegel heraus, den sie vor einiger Zeit gekauft hatte und dessen Gegenstück ihre kleine Freundin Mika hatte. Und nun erkannte sie auch deren Stimme. Noch einmal sah sie sich zu allen Seiten um, um sicher zu gehen, dass auch niemand in ihrer unmittelbaren Nähe war und sie für verrückt abstempeln könnte, wenn sie mit einem Spiegel sprach. Dann klappte sie den kleinen Gegenstand auf und erblickte kurz darauf das Gesicht der Blauhaarigen.

„Hallo Mika. Was gibt es?“, fragte sie lächelnd, „Und sorry, dass es gedauert hat. Irgendwie hab ich das nicht so ganz registriert. Ich dachte erst jemand anderes ruft nach mir.“

Angesprochene schüttelte lächelnd den Kopf: „Nein schon gut. Sowas konnte ich mir schon denken. Störe ich dich gerade?“

„Nein. Ich bin auf dem Heimweg von meiner Schicht. Wir haben also Zeit zum Reden“, sagte Mirâ, „Ist etwas passiert?“

Ihre kleine Freundin schüttelte den Kopf: „Nein. Ich würde dich gerne um deine Meinung bitten. Ryu-kun meinte, dass er mich von früher kennt. Ich bin mir nicht sicher, wie ich das auffassen soll. Kann es nicht auch sein, dass er mich einfach verwechselt?“

Die Ältere schwieg kurz und überlegte. Sicher, es konnte sein, dass Ryu sich nur einbildete Mika zu kennen, weil er sie mit jemandem verwechselte, der ihr ähnlichsah. Sowas war der Gruppe immerhin auch schon passiert, als ihnen in Mikadzuki-chô der Geist einer anderen Mika begegnet war. Auch diese sah dem kleinen Mädchen verdammt ähnlich, aber war es letzten Endes doch nicht. Andererseits meinte der Brünette ja auch, dass es bereits sieben Jahre her war, dass sie sich getroffen hatten. Und an die Glöckchen an Mikas Obi konnte er sich auch erinnern. Sicher, diese Situation war merkwürdig, aber vielleicht war wirklich etwas dran. Wenn die Blauhaarige kurz nach deren Treffen in diese Welt gelangt war, dann käme es ja irgendwie auch hin. Es war also nicht ganz abwegig, jedoch gab es keine einhundert prozentige Garantie dafür.

„Aber…“, holte sie die Stimme der Kleinen aus ihren Gedanken, „Ich habe auch das Gefühl ihn zu kennen. Irgendwie war mir so vertraut, als er mir erzählte, dass er mir die Glöckchen geschenkt hätte.“

Auch wenn sie nur das Gesicht von Mika sah, so konnte Mirâ erkennen, wie diese die kleinen goldenen Kugeln betrachtete. Für sie selbst wäre das ja schon Beweis genug gewesen, dass es stimmte, doch die Blauhaarige schien immer noch ihre Zweifel zu haben.

„Andererseits hat sein Shadow so etwas merkwürdiges gesagt…“, murmelte diese einen Moment später.

„Du meinst, dass du ein unvollkommenes Wesen dieser Welt seist?“, hakte die Oberschülerin nach und bekam als Antwort ein Nicken, „Das hat er mit Sicherheit nur gesagt, um dich zu verunsichern. Immerhin kamst du ihm in die Quere. Mika, alles wird sich aufklären. Wir alle haben dir versprochen, dass wir dich herausholen werden. Auch Ryu-kun hat dir dieses Versprechen gegeben und wir alle werden es halten! Darauf kannst du dich verlassen.“

Mit großen Augen sah die Jüngere sie an und lächelte dann: „Ich danke dir Mirâ. Ich werde mich etwas hinlegen.“

„Mach das. Schlaf gut. Wenn etwas ist, dann melde dich.“, sagte die Violetthaarige, bevor sie sich von ihrer kleinen Freundin verabschiedete.

Die Oberschülerin klappte den Spiegel zu und blickte in den dunklen Nachthimmel. Sie hoffte wirklich sehr, dass sie bald mehr über Mika erfahren würden. Aber wo sollten sie anfangen? Mirâ senkte den Blick, als ihr eine Idee kam. In der Bibliothek hatte sie davon gelesen, dass es bei einem Tsukinoyo zu einem Unglück gekommen war, wo mehrere Kinder verletzt wurden. In ihr machte sich plötzlich ein ungutes Gefühl breit, was ihr sagte, dass sie dort eventuell einen Anhaltspunkt hatten. Bei Gelegenheit würde sie dieser Spur noch einmal versuchen zu folgen. Vielleicht bekamen sie dann endlich ein paar antworten. Mit diesem Gedanken wandte sie sich ab und setzte endlich ihren Weg nachhause fort.
 

Sie saß auf einer Bank und starrte auf ihre Beine. Wut staute sich in ihrem Magen, während sie beleidigt ihre Wangen aufgeplustert hatte. Kurze Zeit zuvor hatte sie einen mächtigen Streit gehabt und dann auch noch Ärger von ihren Eltern bekommen, weshalb sie einfach weggelaufen war. Sie wollte ihre Ruhe haben und nicht mit diesen doofen Erwachsenen diskutieren. Es brachte ja sowieso nichts. Zumal sie sich keiner Schuld bewusst war. Sie hatte den Streit nicht begonnen, hatte letzten Endes aber das Nachsehen gehabt. Das wollte sie nicht auf sich sitzen lassen. Und trotzdem… traurig ließ sie ihre Schultern sinken und starrte weiter auf ihre Schuhe. Sie fühlte sich plötzlich einsam. Tränen sammelten sich in ihren Augenwinkeln. Wie gerne hätte sie sich jetzt an die Brust ihrer Mutter geschmiegt und einfach drauflos geweint. Wieso musste es auch so Enden? Dabei hatte sie doch gar nichts getan. Ohne es bemerkt zu haben, hatten sich ihre Tränen einen Weg gebahnt und liefen nun unaufhaltsam ihre Wangen herunter, weshalb sie nur noch ein Schluchzen von sich gab.

„Hey. Ist alles in Ordnung?“, fragte sie plötzlich jemand und legte seine Hand auf ihre Knie.

Erschrocken hob sie den Blick und sah in zwei rehbraune große Augen, die zu einem Jungen gehörten, dessen Gesicht von Sommersprossen übersäht war. Besonders viele davon hatte er auf der Nase und unter den Augen. Seine rotbraunen struppigen Haare standen zu allen Seiten ab, wirkten aber nicht ungepflegt. Er schien ungefähr in ihrem Alter zu sein, wirkte aber an sich eher klein und zierlich. Besorgt sah er sie an und legte dabei den Kopf schief, als sie ihm nicht antwortete. Plötzlich schien ihm etwas einzufallen und er entfernte sich wieder von ihr.

„Warte kurz hier. Ich bin gleich zurück.“, rief er und war davongerannt.

Wieder war sie alleine und so fühlte sie sich auch. Es dauerte nicht lange und die Tränen flossen erneut über ihr Gesicht. Obwohl er gesagt hatte, dass er gleich zurück sein würde, hatte sie das Gefühl er hätte sie nun auch verlassen. Dabei kannte sie diesen Jungen gar nicht. Und trotzdem… Plötzlich schrak sie auf, als sie ein zartes Klingeln hörte. Überrascht hob sie den Blick und erkannte ihn wieder, wie er vor ihr stand. Lächelnd hielt er ihr ein Eis am Stiel vor die Nase und dazu noch ein kleines Päckchen, in welches zwei goldene Glöckchen gemeinsam mit einem roten Band gepackt waren, die bei jeder Bewegung leise klingelten.

„Hier für dich“, sagte der Junge grinsend, „Eigentlich wollte ich nur ein Eis holen, aber ich fand die Glöckchen so schön. Ich schenke sie dir.“

„W-wirklich?“, fragte sie vorsichtig und nahm das Eis und die durchsichtige Packung samt Inhalt an sich.

Ein grinsendes Nicken war von dem Jungen zu sehen, weshalb auch sie endlich wieder lächelte: „Vielen Dank.“

Obwohl es nichts Großes war und der Junge auch nicht wirklich viel gemacht hatte, so machte sie diese kleine Geste unglaublich glücklich. Ein Lächeln, welches ihr bis über beide Ohren ging, breitete sich auf ihrem Gesicht aus und ihre Sorgen von kurz zuvor waren plötzlich wie weggeblasen.
 

Mit Tränen in den Augen erwachte Mika aus ihrem Traum und sah sich irritiert in dem dunklen Zimmer um. Es brauchte eine Weile bis sie sich orientiert hatte und wieder wusste, wo genau sie war. Dieser Traum… er war so real gewesen, als sei sie wirklich dort gewesen. Eine plötzliche Einsamkeit überkam sie, die sie die letzten Monate zuvor nicht einmal wirklich gespürt hatte. Mit Sicherheit war sie da gewesen, doch bisher war sie nie so stark, dass sie sie nicht hätte ignorieren können. Doch plötzlich fühlte sie sich extrem einsam und sie wünschte sich bei den anderen zu sein, in einem sicheren Heim, bei ihren Eltern… Traurig lehnte sie sich an die Wand hinter sich und zog die Knie eng an ihren Körper, um dann ihren Kopf darauf zu betten. Dann kehrte Stille ein, die nur durch ihr leises Schluchzen unterbrochen wurde.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Der Juni hat schon wieder die Mitte erreicht. Leute, das Jahr ist schon wieder zur hälfte rum. x___x Moah wo ist nur die Zeit hin? Aber für euch ist es natürlich schön, weil es ein neues Kapitel gibt. ^___^ Ich hoffe das Kapitel hat euch gefallen. Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  fubukiuchiha
2022-06-17T15:57:54+00:00 17.06.2022 17:57
Huhu Shio,

da hat Mirâ aber einen sehr ereignisreichen Abend hinter sich, wenn ich das so sagen darf XD Aber fangen wir mal vorne an und das ist der gute Ryu. Ernsthaft, wie ist der Vater von dem Kleinen bitte drauf? Wenn es zu hause bei dem so rund geht, kann ich mehr als verstehen, dass er einfach sagt, dass er abgehauen ist... Wäre auch wirklich die naheliegendste Entscheidung... Nun, da er jetzt aber offiziell ein Social Link der lieben Mirâ ist, wird ihm bestimmt bald geholfen. Und nicht nur von Mirâ, auch von Hiro, Akane und der ganzen Bagage.

Boah, Schule, Ryu und dann auch noch arbeiten? Nach dem Kampf sollte Mirâ wirklich mal ein bisschen langsam machen, sonst haut es sie noch aus den Schuhen. Aber immerhin kriegt sie alles hin und hat sogar die Möglichkeit, ein Gespräch mit Kyo zu führen. Ernsthaft, der Typ ist so eine derartige Tsundere, das ist ja nicht normal. XD
Aber ich denke mal, dass er nicht mit so einer Aussage seitens Mirâ gerechnet hat und auch wenn er sie erst einmal ordentlich anschnauzt, zeigt seine Aktion danach, dass Mirâ absolut recht hat. Ich bin mir sicher, dass es irgendwann noch ein Gespräch zwischen Mirâ und der Mutter von Akisu und Kyo geben wird, und wenn sie nur dabei ist, um Akisu bei etwas zu helfen.

Also du gönnst Mirâ echt keine Pause, oder? Jetzt darf Mika sich auch noch einmal zu Wort melden und es ist nur verständlich, dass ihr die Sache mit Ryu nicht aus dem Kopf geht... Würde mir nicht anders gehen. Auch wenn Mirâ momentan echt nicht viel tun kann, um der Kleinen zu helfen, so sind ihre Worte doch etwas, was Mika bestimmt eine große Freude ist. Manchmal reicht es schon, wenn du weißt, dass einer an dich denkt.

Okay, der nächste Traum von Mika macht es echt offensichtlich, dass sie und das Mädchen, welches Ryu kennt, ein und dieselbe sind. Jetzt bleibt natürlich die Frage, was ist damals mit Mika passiert, dass sie in der Spiegelwelt gelandet ist und dass sie immer noch ein Kind ist? Nun, ich habe zwar einige Theorien, aber da ich absolut furchtbar im Raten bin, behalte ich das alles für mich und warte geduldig darauf, dass es weitergeht.

Freu mich schon auf den 1. Juli und hoffe, dass du die Hitze bis dahin gut überstehst.

Lg Fubuki


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