Cake 2 Bake von blumenpups (Nichts gebacken kriegen (ZoTa)) ================================================================================ Kapitel 1: Nichts gebacken kriegen ---------------------------------- Schokoladenkuchen Zutaten: 200g Schokolade 200g Butter 160g Zucker 200g Mandeln 4 Eier ½ Pck. Backpulver Arbeitszeit: ca. 10 min. / Schwierigkeitsgrad: simpel Die Schokolade und die Butter im Wasserbad oder bei kleiner Flamme auf dem Herd (ständig rühren) schmelzen. Den Zucker, die Mandeln, Eier und das Backpulver mit dem Handrührgerät einrühren. In eine gefettete oder mit Backpapier ausgelegte Springform geben und bei 160°C 40 Minuten backen. Stäbchenprobe machen, eventuell mit Alufolie abdecken. Mit Puderzucker bestäuben. (Quelle: Chefkoch.de) Countdown: 7 Stunden, 2 Minuten Sanji zog an seiner Zigarette. Gierig. Er versuchte, dieses Chaos nicht persönlich zu nehmen. Man hätte schließlich damit rechnen können. Doch je öfter er seinen Blick über die rußgeschwärzten Wände gleiten ließ, desto wütender wurde er. Es war ihm ein Rätsel, wie man ein Anfängerrezept dermaßen vermasseln konnte. Abwechselnd blickte er auf das Rezept in seiner Hand und den schwarzen, unförmigen Klumpen in Zorros Händen. „Was zum Teufel hast du denn daran nicht verstanden?“, fragte er dann langsam. Zorro zuckte minimal mit den Schultern. Sein Gesicht war mehlbestäubt, sein T-Shirt starrte vor Dreck und beinahe wäre er auf dem Eigelb auf dem Boden ausgerutscht, als er sich umdrehte und das, was ein Kuchen hätte werden sollen, in den Mülleimer beförderte. Dabei klapperte es, als hätte er einen Stapel Geschirr fallengelassen. „Keine Ahnung!“, fauchte er gereizt und wischte sich mit dem Handrücken einen klebrigen Schokoladenfleck von der Wange. Eine Weile lang beobachteten sie, wie der schwarze Rauch vom Backofen aus dem geöffnetem Fenster waberte. Sanji brach das drückende Schweigen, als sein Blick auf die Uhr fiel. „Also…du hast noch sieben Stunden, bis Tashigi Feierabend hat“, teilte er dem Grünhaarigen mit. Prompt stand Zorro die Panik ins Gesicht geschrieben. Fassungslos glitt sein Blick durch die – zugegeben – ziemlich zerstörte Küche und er fragte sich, wie zur Hölle er das zeitlich auf die Reihe kriegen sollte. Denn eins stand fest: Wenn Jenkins von der Arbeit nach Hause kam und er ihr nicht den perfekten Geburtstagskuchen auftischte, war er geliefert. „Sag mir bitte, dass du meine Hilfe annimmst“, forderte Sanji und aschte auf den Boden. Machte eh keinen Unterschied mehr. Auf diesem Boden könnten Ratten kleben bleiben. Zorro nickte kaum merklich. „Und dass du den Ring aus diesem…Kohlestück rausgeholt hast.“ „Scheiße!“, fluchte Zorro, wirbelte zum Mülleimer herum und fischte den schwarzen Klumpen wieder hervor. Verbrannte sich die Finger, ließ den „Kuchen“ fallen und Sanji war beinahe verblüfft, dass er nicht wieder hochtitschte wie ein Flummi. Stattdessen brach eine Kachel entzwei. Kein gutes Zeichen. Zwei Minuten lang versuchte Zorro, sich durch den Teig zu wühlen, aber er kratzte gerade mal an der Oberfläche. Das Ding war steinhart. Probehalber klopfte er dagegen. Es hörte sich an, als schlug er auf eine solide Holzplatte. Beinahe verzweifelt warf er einen Blick zu Sanji herauf, der sich das Spektakel amüsiert ansah. Er verkniff sich einen hämischen Kommentar darüber, wie typisch diese Situation war und schluckte auch das „Ich hab es dir ja gesagt“ herunter. Dann krempelte er die Ärmel hoch, murmelte ein „Lass mich mal“, und trat so heftig auf den Klumpen, dass er in zwei Hälften zerplatzte. In der Mitte schimmerte ein silberner Ring. Es war so vorhersehbar gewesen, das Zorros Plan in die Hose ging. Der Kerl konnte einfach nicht backen, das war Fakt. Vor Jahren hatte er sich schon einmal daran versucht und jeder Feuerwehrmann in der Stadt würde (und hatte) es ihm schriftlich geben, dass er es besser sein lassen sollte. Aber unbelehrbar, wie der Grünhaarige nun mal war, waren Sanji‘s Einwände zu einem Ohr rein und zum anderen wieder raus gegangen. Und nun hatten sie den Salat. Sanji beobachtete, wie Zorro ein Messer zur Hilfe nahm, um den Verlobungsring aus dem Kuchen zu friemeln. Es überraschte ihn nicht sonderlich, dass er dabei abrutschte und sich die Klinge in die Hand rammte. Fluchend sprang Zorro auf die Beine, trat heftig gegen den Mülleimer, der scheppernd durch die Küche segelte und schmiss das Messer in die Spüle. Als er unter einer Schimpftirade die schmerzende Hand ausschüttelte, fügte er seiner ohnehin dreckigen Tapete ein paar neue Flecken hinzu, sodass sie glatt als modernes Kunstwerk durchgehen könnte. Seufzend fuhr Sanji sich durch das Gesicht. Das Trauerspiel konnte er sich nicht länger ansehen. Es wurde Zeit, dass der Profi das Ganze in die Hand nahm, sonst würde Tashigi auf die Fragen aller Fragen mit „Nein“ antworten. Sollte sie den Kuchen überhaupt überleben. Er warf Zorro ein Küchenhandtuch zu, dass er sich um die blutige Hand wickelte, dann suchte er sich Zettel und Stift zusammen und schrieb dem Grünhaarigen eine Einkaufsliste. Hauptsache, er verschwand endlich aus der Wohnung, bevor er sie auseinandernahm. Energisch riss er den Zettel vom Block und streckte ihn Zorro entgegen. „Hier. Du gehst einkaufen, ich mache klar Schiff“, kommandierte er und war ein bisschen irritiert, das Zorro kommentarlos nickte und die Liste in die Brusttasche schob. Kurz sah es so aus, als würde Zorro sich bedanken, dann klappte er den Mund wieder zu, hob die Hand (was wohl soviel heißen sollte wie „Bis später“) und rauschte aus der Küche, durch den Flur und türenknallend auch aus der Wohnung. Sanji seufzte erleichtert, als er hörte, wie draußen das Motorrad gestartet wurde und genoss die Stille, die sich in den vier Wänden seines besten Freundes ausbreitete. Während Zorro unterwegs war, würde er aufräumen, den Ring aufpolieren und dafür sorgen, dass der geplante Heiratsantrag nicht vollkommen in die Hose ging. Er zog das Jackett aus. Am besten, er fing sofort damit an. Countdown: 6 Stunden, 28 Minuten Zweiunddreißig Minuten und fünfzehn Sekunden lang bretterte Zorro mit seiner Dukati durch die Gegend. Es grenzte an ein Wunder, dass er nicht von der Polizei angehalten wurde, aber bei dem Tempo, dass er fuhr, hätten sie ihn eh nicht gekriegt. Dann legte er eine Vollbremsung ein, das Hinterrad schlug nach rechts aus und mit einem ohrenbetäubenden Quietschen kam er schließlich mitten auf der Straße zum Stillstand. Der Autofahrer hinter ihm stieg auf die Bremse und riss das Lenkrad hektisch nach links. Fluchend und wild gestikulierend fuhr er an dem Grünhaarigen vorbei, der ihn nur ignorierte, das Visier hochklappte und auf das Ortsschild starrte. Prüfend rieb er sich über die Augen, aber nein, es stimmte. Er hatte sich verfahren. Aber sowas von. Seufzend setzte er den Helm ab. Wie hatte ihm das bloß passieren können? Wie immer, stellte er selbst genervt fest. Er tastete nach dem Handy und warf einen Blick auf die Uhr. Die Zeit rannte ihm unerbittlich davon. Sechseinhalb Stunden noch, dann musste er geschniegelt und geleckt bei sich zu Hause sein und Tashigi den perfekten Kuchen präsentieren. Bei dem Gedanken erlaubte er sich ein kurzes Schmunzeln. Er hatte keinen blassen Schimmer, wie sie reagieren würde. Sie hatte ausdrücklich verlangt, dass er zu ihrem Geburtstag kein großes Tamtam veranstaltete und das hatte er auch nicht vor. Nur ein kleiner Kuchen. Und die beinahe beiläufige Frage, was sie den Rest des Lebens so vorhatte. Wer hätte denn ahnen können, dass das so schwierig werden würde? Nachdenklich tippte er sich ans Kinn. Dann sah er sich um, aber nichts kam ihm bekannt vor. Im Gegenteil, er war nicht einmal in der Nähe der Stadt. Egal, wohin er sah, nur Wiesen und Felder und Kühe. Ratlos trommelte er mit den Fingerspitzen auf dem Lenkrad herum, zog erneut sein Handy heraus und schaltete die GPS-Funktion an, dann öffnete er die Navigationsapp. Kein Empfang. Er stöhnte frustriert, packte das Handy wieder in die Jackentasche, setzte sich den Helm auf und fuhr in die entgegengesetzte Richtung weiter. Countdown: 6 Stunden, 11 Minuten Es klang wie ein Pistolenschuss, doch als das Motorrad unter ihm gefährlich ins Schlingern geriet, wurde ihm klar, dass es noch viel Schlimmer war. Zorro musste alle seine Kräfte aufbringen, um den Lenker unter Kontrolle zu halten, und trotzdem fuhr er Schlangenlinien und wackelte bedrohlich hin- und her, während er versuchte abzubremsen. Ganz und gar nicht lustig, wenn einem bei einem Tempo von 120 Meilen die Stunde der Vorderreifen platzte. Ein paar Sekunden sah es danach aus, als würde er mit dem Schrecken davonkommen. Dann geriet er in ein Schlagloch, verlor endgültig die Kontrolle über sein Fahrzeug und wurde kopfüber vom Sattel geschleudert. Das Motorrad fuhr noch ein paar Meter weiter, dann fiel es zur Seite und schlitterte mit einem ekelhaften Quietschen von der Straße herunter. Zorro drehte sich zwei Mal um die eigene Achse, dann prallte er schmerzhaft mit der Brust voran auf dem Boden auf. Als der Helm aufschlug, schleuderte es ihm den Kopf in den Nacken, und nachdem auch er noch ein paar Meter gerutscht war und der Asphalt ihm Kleidung und Haut von den Knochen gescheuert hatte, blieb er atemlos liegen. In seinem Kopf drehte sich noch alles und das Herz hämmerte ihm gegen die Rippen. So blieb er ein paar Sekunden liegen, atmete tief durch und versuchte herauszufinden, ob er sich irgendetwas gebrochen hatte. Doch die Schmerzen blieben in einem erträglichen Rahmen und so wagte er es, sich aufzusetzen. Er entdeckte seine Maschine dreißig Meter weiter in einem Straßengraben. So weich wäre er auch gerne gelandet. Zorro stolperte bei den ersten Schritten noch ein wenig, dann stützte er sich an einem Baum am Wegesrand ab und versuchte, wieder Ordnung in seine Gedanken zu bringen. Okay, das war blöd gelaufen, aber er war noch einmal glimpflich davongekommen. Ein paar aufgeschrammte Stellen an den Beinen und seine Lederjacke war am Arsch, aber insgesamt hätte es ihn schlimmer treffen können. Dann fiel ihm ein, wofür er unterwegs gewesen war. „Scheiße“, entfuhr es ihm rau. Hastig tastete die Jackentaschen nach seinem Handy ab. Erstaunlicherweise hatte es den Sturz beinahe unbeschadet überstanden, nur das Display präsentierte sich nun in Spiderman-Optik, aber nicht so schlimm, als das man nichts mehr darauf erkennen könnte. Er warf einen Blick auf die Uhr, dann auf den Empfang. Keine Balken. Probeweise versuchte er Sanji anzurufen, wurde jedoch nur an die Mailbox weitergeleitet. Mist. Ratlos wanderte sein Blick zu seinem Motorrad, dann sah er die Straße hinab, die vor ihm lag. Es gefiel ihm zwar nicht, aber es sah ganz danach aus, als müsste er zu Fuß weitergehen. Als läge er nicht sowieso schon katastrophal schlecht in der Zeit! Den Gedanken, die Polizei anzurufen, verwarf er wieder. Bei seinem Glück würde die Zentrale ihm Tashigi vorbeischicken und dann wäre er in Erklärungsnot. Außerdem wäre sie dann sauer auf ihn, warum auch immer. Irgendeinen banalen Grund würde sie schon finden. Es blieb ihm wohl nichts anderes übrig, als das Motorrad zurückzulassen und loszumarschieren. Doppelmist. Und damit stiefelte er los, nur leicht hinkend. Countdown: 5 Stunden, 48 Minuten Zorro blickte auf, als neben ihm ein LKW mit quietschenden Reifen hielt. Die Beifahrertür schwang auf und hätte ihn am Kopf getroffen, wenn er sich nicht weggeduckt hätte. Genau in dem Moment, in dem Zorro den Mund aufklappte und entnervt losmotzen wollte, steckte ein Mann in den Vierzigern den Kopf aus der Tür und blickte zu ihm hinunter. „Soll ich dich mitnehmen, Kumpel?“ Er schluckte seine Beleidigungen mühsam wieder herunter und blinzelte den LKW-Fahrer blöd an, verblüfft über das Angebot. Sah er so mitleidserregend aus? Der Blick des Fahrers sprach ein eindeutiges Ja, und als Zorro selbst an sich heruntersah, konnte er nur zustimmen. Und weil er sowieso keine Ahnung hatte, wo er hinmusste, war es nur sinnvoll, das Angebot anzunehmen. Also nickte er. „Danke“, stieß er erleichtert aus, hielt sich am Türgriff fest und kletterte hinauf ins Führerhaus des Lastwagens. Der Fahrer grinste ihm zu, als er die Tür hinter sich zuwarf. „Schlechten Tag gehabt, hm?“, mutmaßte er. Gut erkannt, Sherlock, dachte Zorro, nickte aber nur. Er ließ den Blick über die verschrammten Armaturen gleiten, die dreckige Windschutzscheibe und dachte bei sich, dass er von Glück reden konnte, dass der Kerl ihn durch die Staubschicht überhaupt gesehen hatte. Ein Ordnungsfanatiker war er eindeutig nicht, stellte er fest, als er auf die leeren Dosen in seinem Fußraum trat. „Wohin soll’s denn gehen, Meister?“, hakte der Fahrer nach, während er den Gang einlegte und langsam anfuhr. „In die Stadt“, erwiderte der Grünhaarige und hielt seinem Helfer die Hand hin. „Ich bin Zorro.“ „Buggy“, entgegnete der andere. „Freut mich.“ Dann schaltete er das Radio an und sie tuckelten los. Countdown: 5 Stunden, 23 Minuten Zorro zog den Reißverschluss an der Hose wieder zu. Das hatte keinerlei Aufschub geduldet, so eilig er es auch hatte in die Stadt zu kommen. Die Pinkelpause war dringend nötig gewesen und obwohl Buggy im Wagen geblieben war, hatte er irgendwie erleichtert gewirkt. Kurz hatte Zorro befürchtet, der LKW-Fahrer würde sofort losfahren, kaum dass er den Wagen verlassen hatte, aber er stand immer noch da und schien nur auf ihn zu warten. Also stapfte Zorro hastig die Böschung hinauf und schwang sich zurück in seinen Platz auf der Beifahrerseite. Erst als er die Tür hinter sich zuzog, fiel ihm auf, dass sich irgendwas geändert hatte. Er blinzelte zwei Mal, während aus dem Radio Steelers Wheel „Stuck in the middle with you“ dudelte, aber auch danach trug Buggy noch eine lächerliche Clownsmaske und spielte mit einem rasiermesserscharfen Dolch herum. „Ähm…“, setzte Zorro an und tastete hinter seinem Rücken unauffällig nach dem Türgriff. In dem Moment klickte es und die Türen verriegelten sich automatisch. Buggy grinste ihn beinahe entschuldigend an. Probeweise versuchte Zorro, die Tür zu öffnen, aber Fehlanzeige. Er war eingeschlossen. Well I don’t know why I came here tonight. I’ve got the feeling that something ain’t right. „Was soll denn der Scheiß?“, fuhr Zorro auf und versuchte noch ein paar Mal, die Tür zu öffnen, ohne dass es etwas gebracht hätte. „Sorry, Kumpel, heute ist wohl einfach nicht dein Tag“, sagte Buggy im Plauderton und fuhr sich durch die blaue Zöpfchen-Perücke, während er sich mit der Spitze des Dolches etwas zwischen den Zähnen wegpuhlte. Zorro suchte den Innenraum nach einer versteckten Kamera ab und als er keine fand, war er wirklich genervt. Und ein kleines bisschen beunruhigt. Er seufzte. „Fahr weiter oder ich geb‘ dir eins auf die Nase, du Spaßvogel“, kommandierte er gereizt. Clowns to the left of me, jokers to the right, here I am, stuck in the middle with you… “WAS HAST DU GEGEN MEINE NASE GESAGT?!”, explodierte Buggy mit einem Urschrei, so laut, dass ihm die Augen förmlich aus den Höhlen quollen. Er riss den Dolch in die Höhe und stürzte sich auf den Grünhaarigem, um ihm die vorlaute Zunge aus dem Mund zu schneiden. Zorro kam es zugute, dass Buggy vergessen hatte, sich abzuschnallen und zurück in den Sitz gerissen wurde. Ohne zu zögern winkelte Zorro die Beine am Körper an und trat dem Clown mit voller Wucht seine beiden Stiefel ins Gesicht. Im Takt zum Gitarrenriff aus dem Radio trat er auf Buggys Hand ein, bis er den Dolch losließ und der scheppernd im Fußraum verschwand. In der Zeit, die Zorro brauchte, sich herunterzubeugen, hatte Buggy sich abgeschnallt und suchte ebenfalls den Fußraum ab. Während sie beide hektisch nach der einzigen Waffe in diesem Wagen tasteten, prophezeite Buggy ihm einen langsamen, schmerzhaften Tod und rammte ihm gleich darauf den Ellbogen ins Gesicht. Fluchend zuckte Zorro zurück und spürte, wie ihm Blut über das Kinn sprudelte. In dem Moment sah er die Klinge aufblitzen, als sie einen einsamen Sonnenstrahl reflektierte, aber Buggy war schneller, wirbelte herum und stieß ihm den Dolch in die Brust. Sekundenlang starrten sie sich an, Auge in Auge. Über Buggys Gesicht wanderte ein zufriedenes, hämisches Viel-Spaß-beim-Sterben- du-Pisser-Lächeln, während Zorro sich einfach nur wunderte, warum es nicht wehtat. Nach fünf Sekunden merkte Buggy, das etwas nicht stimmte – viel zu wenig Blut und gar kein Geschrei – und zog den Dolch zurück. Zorro rechnete beinahe damit, dass es nur ein Theaterutensil mit einfahrbarer Klinge war und hätte fast erleichtert aufgelacht, da stieß ihm Buggy den Dolch in die Schulter. Und diesmal tat es weh. „BIST DU DES WAHNSINNS?!“, brüllte Zorro, mit dem Rücken an die Beifahrertür gepresst und als Buggy den Dolch zufrieden wieder herauszog und versonnen das Blut an der Klinge betrachtete, blieb ihm die Luft weg. Aber nicht lange. Er unterdrückte den Instinkt, eine Hand auf die blutende Wunde zu pressen, und holte aus und verpasste diesem Irren einen Schwinger, der sich gewaschen hatte. Er nutzte Buggys Irritation, entriss ihm den Dolch und versuchte, mit dem Ellbogen die Scheibe einzuschlagen. Ohne nennenswerten Erfolg. „Panzerglas“, keuchte Buggy grinsend und leckte sich Blut von der Lippe. „Dolch!“, erwiderte Zorro knapp und hielt ihm die Klinge an den Hals, bis die Pappnase anstandsgemäß vor ihm zurückwich. Ging doch. Ohne den Psycho aus den Augen zulassen, suchte Zorro nach einem Ausweg. Unwahrscheinlich, dass Buggy einfach die Türen öffnen und ihn herausspazieren lassen würde. Er linste über die Sitzlehnen hinweg und überlegte, ob er über die Ladefläche entkommen konnte. Laderaum und Fahrerkabine waren nur mit einer dünnen Sperrholzplatte voneinander getrennt, die konnte er eintreten. Buggy ließ ihn keine Sekunden aus dem Auge, wartete auf den richtigen Moment und stürzte sich kopfüber auf sein unwilliges Opfer. Zorro wich aus und es klatschte, als Buggy mit dem Gesicht voran auf die Holzplatte aufschlug. Während Buggy noch benommen damit beschäftigt war, sich aufzurichten und sich einen Plan D einfallen zulassen, holte Zorro umständlich mit den Beinen aus und trat ein Loch in die Sperrholzplatte. Nach ein paar Tritten hatte er sich ein paar Holzsplitter ins Bein gerammt, dabei aber auch ein Loch geschaffen, durch das er schlüpfen konnte. Den Dolch fest in der Hand bedeutete er Buggy, wegzugehen. Der Clown grinste hämisch und hob abwehrend die Hände vor die Brust, während er zurückwich. Scheinbar hatte er endlich kapiert, dass Zorro sich nicht so einfach abschlachten lassen würde. Zufrieden quetschte Zorro sich, den Blick immer noch auf Buggy gerichtet, rückwärts durch das Loch und sprang auf die Ladefläche herunter, der zumindest an den Seiten nur von Planen abgedeckt war. Sein Blick fiel auf den Boden und das Stroh, das darauf verteilt war. Unsinnigerweise waberte ihm ein Zitat aus einem schlechten Porno im Kopf herum. Warum liegt da Stroh? Gerade so gelang es ihm, ein nervöses Lachen zu unterdrücken. Es roch muffig, wie ein Hamsterkäfig, den man zu lange nicht saubergemacht hatte. Hinter ihm grollte es. Das Positive war, dass er im Laderaum auf keinerlei Leichenteile stieß, etwas, was ihn nicht sonderlich überrascht hätte. Das Negative war der Löwe, der ihn ansah wie das besonders leckere Stück Fleisch, das er war. Zorro schluckte, Buggy im Führerhaus lachte und der Löwe knurrte und stieß ein heiseres, hungriges Brüllen aus. Was ihn zu der nächsten Frage führte: Wie zur Hölle kam ein Löwe in diesen verschissenen LKW?! „Sag Hallo zu Richie, Zorro!“, krähte Buggy begeistert, der sich in der Fahrerkabine einen Logenplatz gesichert hatte und ihn durch das Loch in der Sperrholzplatte hämisch beobachtete. Zorro presste gereizt die Lippen aufeinander. Der Bastard fand das also auch noch komisch. Aus den Augenwinkeln bemerkte er, wie Richie sich auf den Boden kauerte, mit dem Schwanz peitschenartig das Heu vom Boden fegte und mit dem Hintern wackelte, als mache er sich zum Sprung bereit. Zorro erinnerte das an die Katze, die Tashigi einmal gehabt hatte. Die hatte ihn auch nicht leiden können und ständig seine Füße attackiert, im Prinzip kannte er das Spiel also schon. Nur, dass diese Miezekatze viel größer war, Krallen und Zähne eingeschlossen. Seine Finger schlossen sich fester um den Dolch in seiner Hand und er wich rücklings zur Plane zurück, den Löwen ständig im Blick. Er suchte nach einer Stelle in der Seitenplane des Lasters, die relativ ungeschützt war, nicht von Metallstreben verstärkt, und machte einen entschlossenen Schnitt, als er eine solche Stelle fand. Sofort klaffte das Plastik auf und frische Luft strömte hinein. Den Löwen schien das nicht zu kümmern, aber den Killer vorne im Führerhaus machte es wahnsinnig, als er erkannte, was sein potenzielles Opfer vorhatte. „Lass das!“, schnauzte Buggy und rutschte unruhig auf seinem Platz hin- und her. Zorro hätte ihm den Vogel gezeigt, wenn er nicht gerade zu beschäftigt gewesen wäre, sich den Schädel zu zermartern. So schnaubte er nur, ignorierte die anschwellenden, pochenden Schmerzen in seiner Schulter und riss an einer Seite der Plane, um den Riss darin zu vergrößern. Als das Loch endlich groß genug war, dass er hindurchschlüpfen konnte, schien auch Richie zu kapieren, dass seine Beute auf dem besten Wege war, zu entkommen, und er stieß sich kräftig mit den Hinterläufen ab. Zorro konnte die hungrige Gier in den dunklen Augen des Tieres sehen, als es auf ihn zusprang, trat jedoch geistesgegenwärtig einen Schritt bei Seite. Die ausgestreckten Pranken des Löwen verfehlten ihn um gute zwanzig Zentimeter und es gab einen lauten RUMMS, als 190 Kilo Wildkatze mit dem Kopf voran gegen die Plane knallte und genau eine solche Stelle traf, hinter der eine Metallstrebe zur Verstärkung angebracht war. Benommen landete das Tier bäuchlings auf dem Boden. Zorro fackelte nicht lange, schlüpfte durch das Loch in der Plane und landete etwas unsanft auf dem Boden, weil er sich im Fall ungünstig drehte. Sofort kam er wieder auf die Knie, dann auf die Füße und stolperte auf die Beifahrertür zu, als diese aufschwang und Buggy seinen hässlichen Kopf hinausstreckte, um ihm nachzusetzen. Der elende Clown schaffte es noch, mit den Fußspitzen den Boden zu berühren, dann erreichte Zorro das Führerhaus, packte die Beifahrertür und schlug sie kompromisslos zu. Ungeachtet der Tatsache, dass Buggy noch dazwischen steckte und sich so ziemlich alles quetschte, was irgendwie wehtun konnte. Buggy ächzte gequält, Zorro ließ die Tür locker, sodass der Clown wenigstens nach Luft schnappen und zu einer energischen Beleidigung ansetzen konnte. „DU-“ Zorro knallte die Tür erneut zu, mit aller Kraft, die er aufbringen konnte. Diesmal erwischte er auch Buggys Kopf, und als die Tür dieses Mal aufschwang, sackte der Psychopath dumpf zu Boden. Zorro blieb keuchend stehen, in einer Hand den Dolch, in der anderen die Wagentür, und wartete ab, ob sich der Irre noch einmal rührte. Tat er nicht. Stattdessen blieb er gekrümmt und reglos liegen, mit verrutschter Clownsnase. Erleichtert atmete Zorro durch, dann lehnte er sich rücklings gegen den LKW und gönnte sich eine kurze Verschnaufpause. Adrenalin strömte pochend durch seinen Organismus und hielt ihn auf Trab. Er steckte den Dolch zwischen Hose und Gürtel und presste die freigewordene Hand auf die blutende Schulterwunde. „Du blöder Penner“, murmelte Zorro, den Blick abwertend auf Buggy gerichtet. Der Clown widersprach nicht. Seufzend griff Zorro in die Innentasche seiner Jacke und zog sein Handy heraus. Zusätzlich zum zersplitterten Display präsentierte sich das Smartphone mit einem tiefen Schnitt. Das erklärte zumindest, warum Buggys erster Dolchstoß ihn nicht getötet hatte. Das Handy hatte den Angriff abgefangen. Und nun endgültig den Geist aufgegeben, stellte Zorro fest, als er versuchte, es einzuschalten. Er stopfte es gereizt zurück in die Jacke, stieg über den Clown hinweg und kletterte in den LKW hinein. Zorro durchsuchte das Führerhaus nach einem Telefon, aber abgesehen von ein paar verschmierten Tittenheftchen, einem Snickers-Einwickelpapier und ein paar leeren Bierdosen fand er nichts. Er hatte keinen blassen Schimmer, wie man das Funkgerät bediente – wie 1990 war das denn? – aber im Handschuhfach fand er zumindest eine Rolle Paketklebeband, mit dem er den Clown verschnürte wie ein verspätetes Weihnachtsgeschenk. Gerade, als er sein fertiges Werk betrachtete und dem Psycho noch einen genervten Tritt in die Seite verpasste, jaulte ein paar Meter weiter warnend eine Polizeisirene auf. Zorro blickte hinüber zu dem Streifenwagen, fast erleichtert. Dann stellte er sich die Situation aus dem Blickwinkel von jemand anderem vor und schluckte. Triple-Mist. Countdown: 4 Stunden, 12 Minuten „Muss ich es euch erst buchstabieren? DER. KERL. WOLLTE. MICH. UMBRINGEN!“, stieß Zorro genervt aus, beugte sich gegen das Trenngitter im Streifenwagen und versuchte, die unbequem auf dem Rücken gefesselten Arme nicht zu sehr zu bewegen. Die beiden Cops starrten stur weiter aus dem Fenster, ohne seinen Worten Glauben zu schenken. „Jaja, und im Laster ist ein Löwe“, feixte der Bulle auf dem Fahrersitz und lenkte den Wagen zielsicher über den Highway. „Da...ZUR HÖLLE NOCH MAL, DA WAR EIN LÖWE DRIN!“, verlor Zorro die Beherrschung und trat so angepisst gegen den Sitz vor sich, dass dem Beifahrer der Coffee-to-go aus der Hand rutschte. Fluchend tastete der Cop nach Servietten und warf ihm aus dem Rückspiegel einen potenziell tödlichen Blick zu. Zorro hielt ihm unbeeindruckt stand. Heute war schon so viel schiefgelaufen, da konnten ihm zwei Westentaschen-Bullen nicht mehr wirklich an die Karre pissen. An jedem anderen Tag hätte er dieses Missverständnis wahrscheinlich irgendwie komisch gefunden – es wäre ja auch nicht das erste Mal, dass er (mehr oder weniger) zu unrecht verhaftet wurde – aber momentan tickte der Countdown unerbittlich weiter. Er hatte noch ein bisschen mehr als vier Stunden, um das Unmögliche zu vollbringen. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf lehnte er sich zurück, schluckte die Wut hinunter und dachte nach. Groß rumtönen würde ihm in dieser Situation nicht weiterhelfen. Er musste diplomatisch an die Sache herangehen. „Hören Sie“, setzte er an. „Ich habe keine Drogen genommen. Ich leide auch nicht an einer Psychose oder bin sonst irgendwie gestört. Dieser...Clown hat mich angegriffen und er hatte einen Löwen auf seiner Ladefläche“, erklärte Zorro und merkte dabei selbst, wie unglaubwürdig das klang. Kein Wunder, dass die Cops vorne Mühe hatten, das Lachen zu unterdrücken. „Und der Löwe hat Sie auch angegriffen?“, stellte einer von ihnen schmunzelnd die Gegenfrage und wenn kein Trenngitter zwischen Vorder- und Hintersitzen gewesen wäre, Zorro hätte ihn für sein süffisantes Grinsen erwürgt. Er verkniff sich ein patziges „Ja“, beugte sich nach vorne und fragte mit versöhnlicherer Stimme zum fünften Mal: „Könnten Sie jetzt bitte einfach Captain Smoker anrufen? Dann wird sich die Situation ganz schnell klären.“ Die Cops warfen sich einen kurzen Blick zu. Klar. Das hörten sie dauernd. Meine Frau ist die Treppe heruntergefallen / Ich war das nicht / Es ist nicht das, wonach es aussieht. Das wird sich ganz schnell klären. Dafür würden sie den Big Boss ganz sicher nicht stören. Ganz besonders nicht, wenn der gerade seine Steuern machte und seit Stunden über das Finanzamt schimpfte. Es war einer dieser Tage, in denen man Smokers Stimmung an fliegenden Aschenbechern messen konnte und heute war ein ganz, ganz furchtbarer Tag auf der Skala. Und deshalb lautete die schlichte Antwort auch: „Nein.“ Zorro biss sich frustriert auf die Lippe und überlegte fieberhaft, wie er sich aus dieser Situation wieder herausreden konnte. Er durfte einfach keinen Schritt ins Polizeirevier setzen. Wenn herauskam, dass er wegen Entführung und Körperverletzung auf frischer Tat ertappt und verhaftet worden war, würde sich das wie ein Lauffeuer verbreiten, ganz egal, wie unschuldig er war. Der Flurfunk der Polizei war schneller als der einer durchschnittlichen Highschool, was hieß, dass Tashigi es ebenfalls innerhalb fünf Minuten herausfinden würde. Und dann konnte er sich die gemeinsame Zukunft in die Haare schmieren. Er zermarterte sich das Hirn. Eine glimpfliche Lösung wollte ihm einfach nicht einfallen. Die Cops glaubten ja noch nicht einmal, das ein verschissener Löwe auf der Ladefläche gewesen war (ernsthaft: wo war Richie hin, verfluchte Scheiße?!) und dass er den Dolch in seinem Besitz hatte, machte die Sache auch nicht leichter. Vielleicht hätte er die Situation noch erklären können, wenn der Laster wenigstens Buggy gehört hätte, aber – Überraschung! – der Wagen war knapp zwölf Stunden zuvor als gestohlen gemeldet worden. Zorro erwachte aus seinen Überlegungen, als der Wagen auf den Hinterhof des Polizeireviers einbog. Wenigstens ein Problem hatte sich in Luft aufgelöst: Zorro wusste endlich wieder, wo er war. Er duckte sich vom Fenster weg, als er Saga über den Hof schlendern sah, die Hände in den Hosentaschen vergraben. Officer Saga mochte zwar ein alter Freund von ihm sein, aber er war auch die größte Labertasche auf diesem Planeten. Leise vor sich hin fluchend spürte Zorro, wie sie über den unebenen Parkplatz ruckelten und der Wagen zum Stillstand kam. Die Tür neben ihm öffnete sich. „Aussteigen.“ Zorro schüttelte den Kopf. Kam gar nicht in Frage. Der Cop seufzte genervt. „Komm schon, Freundchen.“ Tausende unmögliche Szenarien schossen Zorro durch den Kopf. Keine davon ergab Sinn oder bot auch nur die geringste Hoffnung, dieses Problem heimlich, still und leise aus der Welt zu schaffen, geschweige denn diplomatisch. Ihm blieb gar keine Wahl. Als Beifahrer-Cop ihn an der Schulter packte, winkelte Zorro die Arme an – soweit das mit auf dem Rücken gefesselten Händen eben möglich war – und rammte dem Gesetzeshüter den Ellbogen ins Gesicht. Er spürte, wie unter der Wucht die Nase des anderen brach und verspürte den Anflug eines schlechten Gewissens, dann schüttelte er den Gedanken ab. Man sollte Reisende schließlich nicht aufhalten, das war altbekannt. Während die beiden Cops also noch versuchten zu verstehen, was hier gerade los war, stieß Zorro sie bei Seite, sprang aus dem Wagen und rannte geduckt über den Platz, hechtete durch einen Rhododendronbusch hindurch und stürzte über die Hauptstraße. Zwölf Autos legten wegen ihm eine Vollbremsung ein, ein Hup- und Fluchkonzert brach wie auf Knopfdruck los und für den Hauch einer Sekunde kam Zorro der Gedanke, dass es eine bessere Lösung hätte geben müssen. Nur war sie ihm leider nicht eingefallen. Countdown: 3 Stunden, 36 Minuten Unruhig trat Zorro auf der Stelle und drückte ungeduldig auf die Klingel der adretten Doppelhaushälfte vor sich. Den Kragen seiner abgewetzten Lederjacke hatte er hochgeschlagen und ja, er stand ein wenig geduckt, aber die Polizeisirenen heulten immer noch unerbittlich im Hintergrund. Cops mochten es nicht sonderlich, wenn man ihnen die Nase brach und dann einfach türmte. Was zur Folge hatte, dass er jetzt sofort von der Straße verschwinden musste, zumal sein blutverschmierter Look auch nicht unbedingt unauffällig war und nur unnötig Aufmerksamkeit auf sich zog. Außerdem wurde ihm schwindelig. Die Stichwunde in der Schulter blutete wie Sau, sein löchriges T-Shirt war schon ganz vollgesogen und klebte ihm an der Haut, und er kannte nur eine Person in dieser Stadt, die ihn wieder zusammenflicken konnte und nicht die Bullen einschalten würde. Lysop’s Verlobte Kaya. Als sich hinter der Eingangstür immer noch nichts rührte und die Polizeisirenen immer lauter wurden, hielt Zorro die Klingel gedrückt. Im Inneren schellte es lautstark und penetrant, und tatsächlich dauerte es danach keine 45 Sekunden, bis die Tür sich öffnete und Lysop vor ihm stand. Lysop musterte Zorro wie ein Mechaniker ein besonders schlimm zugerichtetes Autowrack begutachten würde: professionell, distanziert, den Schaden abschätzend. Sein Blick glitt über das blutige T-Shirt, die diversen Schrammen und Zorros blasses Gesicht, den schweißigen Film, der ihm auf der Stirn stand, und er machte einen Schritt zur Seite. „Kaya ist grade im Garten, geh schon mal ins Bad“, winkte er seinen lädierten Freund routiniert herein. Während Zorro an ihm vorbei ins Haus schwankte, streckte Lysop seinen Kopf hinaus und lauschte auf die Sirenen. Er unterdrückte seine aufsteigende Panik, ermahnte sich, Zorro nicht zu fragen, was passiert war, und schloss die Tür. Dann hechtete er Zorro nach, zog ihn aus der Küche und schob ihn sachte in Richtung Badezimmer. „KAYA! KOMMST DU MAL BITTE?!“, rief er über die Schulter hinweg, stieß mit dem Fuß die Badezimmertür auf, schubste Zorro hinein und sah zu, dass er sich auf den Badewannenrand setzte. Sekunden später stand Kaya in der Tür. Zorro hob zur Begrüßung die Hand und grinste, was in seinem Zustand irgendwie gruselig aussah. Sofort schaltete Kaya in den Ärzte-Modus, ihr Blick glitt professionell über den Personenschaden an der Badewanne und Lysop trat einen Schritt zurück und holte den Erste-Hilfe-Koffer, während seine Zukünftige ihren Patienten unter Beschlag nahm. „Was ist passiert?“, stellte Kaya die Frage, die Lysop nicht stellen und Zorro nicht beantworten wollte. „Das glaubst du mir eh nicht“, stellte Zorro knapp fest. Hatten die Polizisten schließlich auch nicht getan. Dann verbannte Kaya sämtliche Gedanken an die Bullerei, Tashigi oder die Einkaufsliste aus seinen Gedanken, indem sie seine Wunden verarztete. Countdown: 2 Stunden, 59 Minuten „Ernsthaft, wie konnte das passieren?“, fragte Kaya, beinahe tadelnd. Zorro saß frisch genäht und verbunden eingesunken auf der Couch im Wohnzimmer, in einer Hand ein Glas Whiskey. Selbstmedikation hatte er es genannt. Gewohnheitsmäßig zuckte Zorro mit den Schultern und verzog dabei schmerzhaft das Gesicht. Sein Blick fiel auf die Uhr. „Ich muss noch einkaufen.“ Lysop und Kaya starrten ihn sekundenlang ausdruckslos an. Er hielt das für einen schlechten Scherz, Kaya befürchtete, der Blutverlust könnte doch noch in einem ausgewachsenen Schock geendet sein und er redete wirres Zeug. „Du musst dich ausruhen“, verordnete Ärztin-Kaya dem Grünhaarigen streng, aber Zorro schüttelte nur den Kopf. „Nein, ich muss zum Supermarkt.“ Er blickte beinahe flehend zu den beiden Verlobten vor sich. „Ich muss, versteht ihr?“ Taten sie nicht, trotzdem nickten die beiden und wechselten dann gleich einen kurzen Blick. Der Vorteil einer langjährigen Beziehung wie der ihren war die Fähigkeit, ganze Diskussionen mit nur einem einzigen Blickwechsel ausfechten zu können. Nun führten sie eine solch stumme Diskussion und Kaya gewann um eine Nasenlänge. Lysop seufzte. „Soll ich dich fahren?“, bot er dem Grünhaarigen an. Zorro hatte noch nie dankbarer ausgesehen. Countdown: 2 Stunden, 55 Minuten Lysop schielte zu Zorro herüber. Der saß so zusammengesunken auf dem Beifahrersitz, dass man ihn von außen wahrscheinlich gar nicht sehen konnte, und Lysop wurde das Gefühl nicht los, dass das Absicht war. Dementsprechend nervös wurde er, als ein Streifenwagen mit blitzendem Blaulicht an ihm vorbeifuhr. Ziemlich reger Polizeiverkehr heute. „Hast du Stress mit der Polizei?“, hakte Lysop vorsichtig nach. Zorro gab ein unverständliches Brummen von sich, das so gut wie alles heißen konnte. Lysop vermerkte es als ein Ja und gab extrem darauf Acht, kein Stoppschild zu übersehen und immer brav den Blinker zu betätigen. Zorro linste behutsam durch das Fenster. Er trug einen alten Pulli von Lysop, der ihm an den Armen fünf Zentimeter zu kurz war. Aber er erfüllte seinen Zweck, verbarg die Verbände und war nicht starr vor Blut. „Darf ich fragen, wieso du einkaufen musst? Jetzt?“, unterbrach Lysop die Stille und Zorro rechnete ihm hoch an, dass er seine aufkeimende Panik zu verbergen versuchte. „Tashigi hat Geburtstag“, erklärte er knapp und stellte mit Erleichterung fest, dass sie auf den Parkplatz bogen. Lysop blinzelte. „Und du hast noch kein Geschenk?“, stellt er die naheliegende Frage. Zorro fummelte an der Brusttasche seiner Lederjacke herum, bis er den Einkaufszettel von Sanji in der Hand hatte. „Ich wollte einen Kuchen-...scheiße.“ Der Lockenkopf lachte. „Du wolltest Backen? Lernst du denn gar nichts dazu? Letztes Mal hast du schließlich aus Versehen ihre Katze mitgebacken“, schwadronierte Lysop amüsiert und bemerkte gar nicht, dass Zorro ausdruckslos auf den zerfetzten Zettel in seiner Hand starrte, als wäre es eine Bombe, die jederzeit hochgehen könnte. Er hatte heute wirklich schon viel Scheiß überstanden und der Zettel mit ihm. Eigentlich war es also gar nicht so abwegig, dass das kleine Blatt Papier ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen worden war. Aber dass sich das Blatt mit seinem eigenen Blut vollgesogen hatte, die Tinte darauf verwischt und außer „Eier“ nichts mehr zu lesen war, setzte dem ganzen die Krone auf. Zorro unterdrückte das hysterische Lachen, dass ihm die Kehle hinaufkroch, starrte auf den Zettel, als würden die Buchstaben sich wieder zu einer Liste zusammensetzen, wenn er sich nur schwer genug anstrengte. Fehlanzeige. Außer „Eier“ konnte er beim besten Willen nichts mehr entziffern. „Kauf ihr doch einfach ein Geschenk“, schlug Lysop in diesem Moment vor und riss Zorro damit aus seinen Gedanken. Der Grünhaarige starrte seinen Kumpel ausdruckslos an, während der den Wagen in eine Parklücke lenkte und zum Stillstand brachte. Wenn es doch so einfach wäre. Nicht, dass er nicht nach einem passenden Geschenk gesucht hätte, aber auch in dieser Disziplin würde er niemals eine Goldmedaille gewinnen. In den letzten Jahren hatte er immer zielsicher daneben gegriffen. Außerdem brauchte er diesen verdammten Kuchen. Also ignorierte er Lysops Einwände, stieß die Tür auf und fiel mehr aus dem Wagen, als dass er stieg. „Mann, jetzt...jetzt warte doch mal!“, rief Lysop verdattert, schnallte sich ab und setzte ihm nach. Mit diesem Kerl hatte man nichts als Ärger. Countdown: 2 Stunden, 49 Minuten „Sicher, dass du das alles brauchst?“ Lysop ließ seinen Blick zweifelnd über die Waren im Einkaufswagen gleiten. Zorro rauschte seit einer knappen Viertelstunde damit durch den Supermarkt und schmiss wahllos – wirklich wahllos – alles Mögliche hinein und so langsam bezweifelte Lysop, dass der Grünhaarige tatsächlich wusste, was er einkaufen musste. „Ja!“, raunzte Zorro knapp und ignorierte die Langnase, der mit spitzen Fingern einen Beutel Mohrrüben und eine Packung Cheddar heraussuchte und fragend hochhielt. „Ich dachte, du wolltest einen Kuchen backen?“, hakte Lysop nach, verstummte jedoch unter Zorros vollkommen entnervten Blick. Tatsache war, er hatte keinen blassen Schimmer, was er einkaufen musste. Das einzige, bei dem er sich sicher war, waren diese verdammten Eier, aber Sanji würde ihm die Weichteile aus dem Körper treten, wenn er irgendwas vergaß, also kaufte er lieber von jedem etwas und flitzte durch die Regale und lud Waren ein, als wäre er Teilnehmer beim Super Toy Club. Nur eben mit Lebensmitteln, statt Spielzeuge bei Toys R Us. Lysop hatte Mühe, mit ihm Schritt zu halten, während sie sich durch die Gänge kämpften, und versuchte immer noch, einen Sinn in dieser Aktion zu finden. Erfolglos. Also hängte er sich einfach an Zorros Fersen und versuchte, das Schlimmste zu verhindern. Als sie schließlich an einem Aufbau mit Eierkartons vorbeikamen, legte Zorro eine Vollbremsung ein. So abrupt, dass Schokosauce, ein Bund Petersilie und eine Packung Fertigpfannkuchen aus dem Einkaufswagen segelten und auf den Boden klatschten, ohne dass Zorro es bemerkt hätte. Kurz huschte ein Schimmer von Erleichterung über sein Gesicht, als er die Eier in den Einkaufswagen packte. Es war das erste Mal heute, dass Lysop seinen Kumpel vollkommen mit sich im Reinen sah, ein Zustand, der sonst ganz normal war. Lysop kannte niemanden, der so viel Selbstsicherheit ausstrahlte wie der Grünhaarige, aber Tashigi hatte das verstörende Talent, Zorro in einen Schatten seiner Selbst zu verwandeln. Was manchmal ganz gut war, aber heute hatte Lysop aufrichtiges Mitleid mit seinem Kumpel. „Hast du dann alles?“, fragte er vorsichtig, während Zorro die Eier musterte wie einen lang verloren geglaubten Sohn. Zorro nickte und überließ Lysop auf dem Weg zur Kasse die Führung. Countdown: 2 Stunden, 22 Minuten Ungeduldig blickte Zorro auf die Uhr über dem Eingang, während die Kassiererin seine Einkäufe quälend langsam einscannte. Er trat von einem Fuß auf den anderen, das Gesicht immer von den Kameras abgewandt, und blickte schließlich auffordernd zu Lysop. Mach was, sagte dieser Blick, aber was sollte die Langnase schon machen? Also zuckte Lysop bloß hilflos mit den Schultern und tätschelte Zorro den Rücken. Das half zwar nicht viel, bedeutete aber: Ich fühle mit dir, ganz egal, wie irrational, manisch und verrückt du dich im Moment verhältst. Zorro seufzte erleichtert auf, als die Frau an der Kasse das letzte Teil einscannte und ihn kaugummikauend anschaute. „Macht dann 233,78 Dollar“, schmatzte sie gelangweilt und blickte auf ihre scharlachrot lackierten Fingernägel. Zorro schluckte. Das war mehr, als er erwartet hatte. Widerwillig griff er nach dem Portemonnaie in der Innentasche seiner Lederjacke und...griff ins Leere. Er stutzte. Hektisch tastete er sämtliche Taschen ab, ohne fündig zu werden. Nicht mal sein Scheckbuch hatte er dabei, das nahm er nicht mehr mit, seit ihm mal wegen dem ein oder anderen ungedeckten Scheck Strom und Wasser abgestellt worden waren. Fieberhaft versuchte er sich daran zu erinnern, ob er das Portemonnaie überhaupt eingepackt hatte, als er gegangen war, konnte sich aber beim besten Willen nicht daran erinnern. Genauso gut konnte er es verloren haben, als er vom Motorrad gestürzt oder vor diesem irren Clown und der Polizei geflohen war. „Da-...DAS DARF DOCH NICHT WAHR SEIN! VERDAMMTE HACKE!“, entfuhr es dem Grünhaarigen, als ihm aufging, dass er endlich den Supermarkt erreicht hatte, nur um dann nicht bezahlen zu können. Panik wallte heiß in ihm auf und er spürte, wie ihm der Schweiß aus allen Poren rann. Er. Brauchte. Diesen. Verdammten. Kuchen! Und dafür brauchte er auch die Zutaten, zumindest die Eier (wusste der Himmel, ob er den Rest überhaupt gebrauchen konnte). Die Kassiererin blinzelte ihn abwartend mit ihren übertuschten Wimpern an und machte eine Blase mit dem Kaugummi. Als diese Blase platzte, griff Zorro sich den Eierkarton – und rannte. Die Schiebetür, die sich eigentlich automatisch öffnen sollte, registrierte sein Heranpreschen nicht und blieb geschlossen. Zorro krachte mit vollem Tempo gegen die Glasscheibe und hörte, wie mindestens ein Ei in dem Karton brach. Er rat einen Schritt zurück, die Tür glitt bei Seite, und er rannte auf den Parkplatz. Ohne nach links oder rechts zu sehen steuerte er Lysops Wagen an und ächzte überrascht, als ein Einkaufswagen in an der Seite rammte. Er wollte gerade jemanden dafür anschnauzen, da bemerkte er, dass dieser jemand Ace war. Der Schwarzhaarige mit den kecken Sommersprossen schien genauso überrascht, ihn zu sehen, und grinste ihn durch seine ausgefransten Haare warm an. „Hey, Zorro!“, begrüßte Ace ihn freudig. Zorro klappte den Mund auf- und wieder zu. Er war viel zu überrascht, um eine Antwort zu geben und vergaß für einen kurzen Moment sogar, dass er durchgeknallt und auf der Flucht war. Dann wurden seine Finger feucht und er spürte den angefeuchteten Karton. Resigniert klappte er den Eierkarton auf. Drei Eier waren zerbrochen, seit er die Kasse unrechtmäßig verlassen hatte. Dreißig Meter, drei kaputte Eier. Das Schicksal mochte das vielleicht für fair halten – Zorro hingegen platzte der Kragen und es traf Ace. „ICH BRING DICH UM!“, schwor er dem verdutzten Schwarzhaarigen, dann rannte er ohne ein weiteres Wort weiter. Als er den Wagen erreichte, riss er die Tür auf und warf sich hinter das Steuer. Gott sei Dank hatte Lysop in der Hektik vergessen, abzuschließen. Zorro erstarrte für zwei Sekunden. Lysop. Er hatte Lysop vergessen! Er stöhnte frustriert auf – die Langnase hätte ihm sicherlich das Geld geliehen, aber in seiner Panik hatte er seinen Kumpel total vergessen. Jetzt war es zu spät. Sein Blick fiel auf das Zündschloss und er lachte auf, als er den Schlüssel stecken sah. Er schüttelte das schlechte Gewissen ab – Lysop würde ihm schon verzeihen, ganz bestimmt – startete den Wagen, legte den Gang ein und drückte aufs Gas. Mit quietschenden Reifen setzte er rückwärts aus der Parklücke, wendete und raste vom Parkplatz herunter. Als er einen knappen Kilometer zwischen sich und den Supermarkt gebracht hatte, entspannte er sich ein wenig. Er warf einen Blick in den Rückspiegel, um zu schauen, ob Polizei in der Nähe war – und veriss vor Schreck das Steuer. Für ein paar Sekunden geriet er auf die Gegenfahrbahn, ein Hupkonzert brach los und mechanisch lenkte Zorro das Auto zurück auf die richtige Spur, den Blick immer noch fest auf den Rückspiegel gerichtet. Er versuchte zu leugnen, was er sah, und war versucht, sich über die Augen zu reiben. Das konnte einfach nicht sein. Das DURFTE nicht sein. Aber Tatsache war, das auf dem Rücksitz ein kleines Mädchen saß und ihn erstaunt ansah. „Wer bist du denn?“, fragte sie und legte den Kopf leicht schief, eher neugierig als beunruhigt, dass ein Fremder sie durch die Gegend kutschierte. Ein Fremder, der nicht im Geringsten auf den Straßenverkehr achtete. „Scheiße“, entfuhr es Zorro, dem in diesem Moment aufging, dass er den falschen Wagen geklaut hatte. „Die Frage ist wohl eher: Wer zum Teufel bist du?!“, stellte er die Gegenfrage und versuchte, sein hektisch pochendes Herz durch bloße Gedankenkraft ruhiger schlagen zu lassen. Vergeblich. „Ich bin Rika“, sagte das Mädchen auf dem Rücksitz, von dem Zorro immer noch hoffte, es wäre eine Halluzination. „Und scheiße sagt man nicht, Scheiße macht man. Hat Mama gesagt.“ Zorro nickte langsam, richtete den Blick wieder auf die Straße und fuhr weiter. Er war so was von am Arsch. Countdown: 2 Stunden, 1 Minute 7 Eier übrig Ziellos kurvte Zorro durch die Straßen. Deutlich schneller, als die Polizei erlaubte. Ständig warf er Blicke in den Rückspiegel, fest davon überzeugt, dass jeden Moment Blaulicht hinter ihm auftauchen würde. Oder eine Straßensperre vor ihm. Er knirschte mit den Zähnen, hielt das Lenkrad fest umklammert und fragte sich immer wieder, wie das hatte passieren können. Er hatte ein Kind entführt. Zwar nicht absichtlich, aber der Tatbestand blieb derselbe. Durch den Spiegel musterte er das Kind, das völlig entspannt mit den Füßen wippte und ihn neugierig beobachtete. Sofort brach ihm wieder der Schweiß aus und er spielte mit dem Gedanken, einfach rechts ranzufahren und Rika am Straßenrand abzuladen, brachte es aber nicht über sich. Wenn sie schon zu ihm so zutraulich war, wollte er sich gar nicht vorstellen, was passierte, wenn die falsche Person sie in die Hände bekam. Draußen waren so viele Bekloppte unterwegs! „Ey du, fahr doch mal langsamer!“, meldete Rika sich in diesem Moment vom Rücksitz zu Wort, nachdem sie in einer besonders scharfen Kurve gegen die Wand geworfen wurde. „Kann nicht“, entgegnete Zorro knapp. „Warum nicht?“ „Weil ich es eilig habe“, erklärte Zorro einen Hauch genervt und bog in eine Seitenstraße ab, als er in der Ferne Blaulicht blitzen sah. „Warum?“, hakte Rika penetrant weiter nach. Zorro antwortete nicht, konzentrierte sich auf die Straße. Mit dem Kind würde er sich später befassen, beschloss er, hatte die Rechnung aber ohne Rika gemacht. „Warum?“, wiederholte das Mädchen, und als Zorro dann immer noch keine Antwort gab, stellte sie die Frage erneut. Unermüdlich. „Weil jemand Geburtstag hat“, schnappte Zorro schließlich gereizt, bog driftend wieder auf die Hauptstraße ein und überfuhr eine rote Ampel, wobei sie nur haarscharf einem Zusammenstoß mit einem Lastwagen entgingen. Er hasste Lastwagen. „Jemand, den du lieb hast?“, bohrte Rika weiter nach. Zorro beschloss, dass es das einfachste war, mit der Wahrheit herauszurücken. Die Kleine gab eh nicht nach, aber bei dem Gedanken an Tashigi, ihren Geburtstag und seiner vollkommenen Unfähigkeit, irgendetwas richtig zu machen, bekam er Magenschmerzen. Für ihn hing so viel von diesem Abend ab. „Ja, ziemlich“, gab er zurück, was eine bodenlose Untertreibung war. „Ein Mädchen?“ „Eher eine Frau, aber ja.“ „Hat sie dich auch lieb?“ Die Magenschmerzen wurden schlimmer. „Nach dem heutigen Tag vermutlich nicht mehr“, seufzte er. Überraschenderweise stellte Rika keine weiteren Fragen und Zorro genoss die Stille, die sich im Auto verbreitete. Wenn auch nicht für lange. „Na, wenn sie dich aber lieb hat, dann findet sie es bestimmt besser, wenn du zu spät kommst als gar nicht. Das versteht sie“, beschloss Rika mit dem Pragmatismus eines Kindes. Zorro blickte in den Rückspiegel. Rika lächelte ihn gut gelaunt an. Obwohl ihm nicht danach zumute war, lächelte Zorro zurück. „Du bist schwer in Ordnung. Nervtötend, aber in Ordnung.“ Rika strahlte ihn an. Ihre Augen leuchteten förmlich vor Freude über das Kompliment. Zorro schmunzelte, richtete den Blick wieder auf die Straße und sein Herz blieb stehen, als er die Straßensperre direkt vor sich entdeckte. Der Weg vor ihm war abgesperrt, drei Polizeiwagen parkten quer davor und an ihnen lehnte eine Horde Polizisten, die ihm finster entgegen sahen, eine Hand in einer beinahe unbewussten Geste an ihre Waffen gelegt. „Scheiße! Fuck!“, entfuhr es Zorro, er schluckte mühsam. Sollte er sich ergeben – oder Vollgas geben und einfach hindurchbrettern? „Guck mal, Polizei!“, stellte nun auch Rika fest, richtete sich in ihrem Kindersitz auf und spähte über die Rückenlehne des Beifahrersitzes, um einen besseren Blick zu erhaschen. Sie kniff die Augen zusammen. „Die sehen aber böse aus“, stellte sie leise murmelnd fest und versuchte, Blickkontakt mit ihm aufzunehmen. Zorro starrte allerdings immer noch auf die Straßensperre und gab ihr nur im Stillen Recht. Ja, die sahen wirklich verdammt böse aus. Vermutlich sollte er sich einfach ergeben. Anhalten, mit erhobenen Händen aussteigen, sich seine Rechte vorlesen lassen und Einzelhaft beantragen, damit Tashigi ihn nicht in die Finger bekam. Denn wenn sie herausbekam, was er getan hatte, würde sie ihn eigenhändig erwürgen. Das Problem war nur: er wollte nicht, dass Tashigi irgendetwas hiervon erfuhr. „Sind die so böse auf dich?“, fragte Rika in diesem Moment und blickte ihn erstaunt an. Zorro nickte knapp. „Wieso das denn?“, wollte sie ehrlich verblüfft wissen. „Naja...“, setzte Zorro zögernd an und zermarterte sich das Hirn, wie er ihr das erklären konnte, ohne ihr Angst zu machen. „Weil ich ein Auto fahre, das nicht mir gehört. Mit einem Kind hintendrin, das auch nicht mir gehört. Den meisten Leuten gefällt so was nicht.“ „Aber wir fahren doch nur spazieren“, warf Rika entrüstet ein. Zuneigung zu dem kleinen Mädchen wallte in Zorro auf. Er nahm eine Hand vom Steuer, streckte sie nach hinten und zerzauste ihr die Haare, ohne sie über diesen Irrtum aufzuklären. Sie kicherte amüsiert. „Pass mal auf. Halt dich gut fest, denn jetzt fahren wir mal ganz schnell weg von hier“, beschloss Zorro. „Wie schnell?“ „Total schnell.“ „Wie ein Rennfahrer?“ „So ungefähr“, stimmte Zorro zu, und als Rika sich gemäß seinen Anweisungen an den Polstern festhielt, beschleunigte er mit quietschenden Reifen und raste auf die Straßensperre zu. Sofort kam Bewegung in die düster dreinblickenden Cops. Sie stoben davon wie ein Bienenschwarm, in dem man herumgestochert hatten. Ein paar von ihnen versuchten, noch rechtzeitig in die Wagen zu springen, überlegten es sich aber auf halben Wege anders. Die anderen stoben davon, suchten sich einen sicheren Platz, der ihnen Gelegenheit bot, die Waffe auf ihn zu richten und sich gleichzeitig vor seinem rasanten Fahrstil zu schützen. Zorro trat den Motor hoch, bis er aufjaulte und die Reifen auf dem Asphalt quietschten, jagte auf die Straßensperre zu, geradewegs in Richtung des flüchtenden Haufens. Kurz, bevor er den ersten Streifenwagen traf, riss er das Lenkrad herum, nahm den Gang heraus und nahm driftend eine 90-Grad-Kurve und brach mit dem Heck nur leicht aus, als er in eine Seitengasse einbog. Sein Herz schlug rasend schnell. Das war gerade noch mal gut gegangen. Auf dem Rücksitz quietschte Rika begeistert und applaudierte ihm für sein gelungenes Manöver. Zorro warf einen Blick auf sie in den Rückspiegel. Ihre kindliche Freude war ansteckend, und so ließ auch er sich zu einem kurzen, ausgelassenen Aufjubeln verleiten. Dann blickte er wieder nach vorne und entdeckte, dass er in eine Sackgasse eingebogen war. „FUUUUUUUUUUUUUUUUUUUCK!“, stieß er aus, geriet vor Schreck mit dem Wagen ins Schlingern, als er die Betonmauer am anderen Ende entdeckte (das Ende, auf dass er mit halsbrecherischen Tempo zusteuerte) und drückte den Fuß auf die Bremse. Einen Seitenspiegel schlug er an einer Mülltonne ab und er hinterließ tiefschwarze Reifenspuren in der vermüllten Gasse, aber er kam rechtzeitig zum Stillstand. Beide wurden in die Sicherheitsgurte geschleudert und Zorro blieb die Luft weg, als ihm der Gurt in die Schulter schnitt. Kaum, dass sie standen, wirbelte Zorro in seinem Sitz herum und sein Herz blieb vor Erleichterung stehen, als er sah, dass Rika ebenfalls mit dem Schreck davongekommen war. Entschlossen schnallte Zorro sich ab und griff nach dem Eierkarton, der im Fußraum des Beifahrersitzes lag. Dieser Irrsinn musste ein Ende haben. Er hörte, wie Rika sich ebenfalls abschnallte, um ihm vertrauensvoll zu folgen, und hielt in seinem tun inne. Streng drehte er sich zu dem Mädchen um. „Ich gehe, aber du bleibst gefälligst hier, okay? Die Bullen bringen dich zurück zu deinen Eltern“, befahl er ihr in seinem besten Ich-bin-hier-der-Boss-Tonfall. Beinahe wäre er weich geworden, als Rika ihn aus großen, traurigen Kulleraugen ansah. Wie so ein Welpe, den man auf Streichelentzug gesetzt hatte. „Ja, aber...“, setzte sie mit zitternder Unterlippe an und warf einen Blick nach hinten. Die Polizisten rannten bereits in die Gasse hinein und stürmten mit gezückten Waffen auf den Wagen zu. Zorro konnte die Kleine verstehen – sonderlich freundlich sahen die Cops wirklich nicht aus – aber er hatte keine Wahl. „Ciao“, verabschiedete er sich knapp. Gerne hätte er sich herzlicher von ihr verabschiedet, aber dafür hatte er keine Zeit mehr. Also sprang er auf den Wagen, kletterte auf eine Mülltonne, die an der Betonwand lehnte, und schwang sich darüber hinweg. Auf der anderen Seite fand er sich auf einem Parkplatz wieder und hätte beinahe erleichtert aufgelacht. Das kam ihm gerade gelegen. Entschlossen strebte er auf den erstbesten Wagen zu, schlug mit dem Ellbogen die Scheibe ein und entriegelte die Tür. Halb sank er in den Wagen, riss die Verkleidung unter dem Steuer heraus und kappte die wichtigen Kabel, um sie danach miteinander zu verbinden und den Wagen gekonnt zu starten. Zorro fackelte nicht lange, warf die Tür zu und setzte rückwärts zurück. Als er in den Rückspiegel blickte, rutschte ihm das Herz in die Hose und vor Schreck vergaß er, den Vorwärtsgang wieder einzulegen und rammte ein anderes, parkendes Auto. „SCHEISSE!“, stieß er fluchend aus, legte den richtigen Gang ein, blieb aber noch stehen. Das musste er erst klären „WAS ZUM TEUFEL MACHST DU HIER?!“, schnauzte er dabei verzweifelt Rika an, die auf dem Rücksitz lümmelte, als könne sie kein Wässerchen trüben. Er hatte ihr doch gesagt, sie solle dableiben! Hatten die Kids heutzutage denn gar keinen Respekt mehr vor dem Alter?! „Die sahen so gemein aus, deswegen bin ich dir nachgelaufen“, erklärte Rika kleinlaut, aber mit trotzig vorgeschobenem Kinn. Widerstand zwecklos. Zorro klappte den Mund einmal auf- und wieder zu. Dann sank er nach vorne, am Ende seiner Kräfte, und scherte sich nicht darum, dass er mit der Stirn die Hupe betätigte und damit alle auf sich aufmerksam machte. Countdown: 1 Stunde, 53 Minuten 7 Eier übrig „Damit das klar ist“, setzte Zorro streng an, während er den Parkplatz schnell hinter sich ließ. Erst der Schuss einer Pistole hatte ihn wieder aus seinen Gedanken gerissen und er hatte aufs Gas gedrückt. Mit Rika auf dem Rücksitz, da hatte er keinerlei Mitspracherecht mehr. „Sobald sich die Gelegenheit bietet, verschwindest du!“ Rika nickte hastig und warf einen Blick durch das hintere Fenster. „Die kommen immer näher!“, informierte sie ihn dann mit drängender Stimme. Als bräuchte er eine weitere Erinnerung daran, dass er in der Scheiße saß! Zorro atmete gepresst ein- und aus, jagte über die Straßen und versuchte verzweifelt, sich einen Ausweg einfallen zu lassen. Bis ihm etwas einfiel, kurvte er ziellos durch Seitenstraßen der Innenstadt, tunlichst darauf achtend, nicht wieder in einer Sackgasse zu landen. Ihm war immer noch nichts eingefallen, als das Blaulicht näherrückte und der Motor zu stottern begann. „Nein“, stieß Zorro beinahe weinerlich aus, als sein Blick auf die Tankanzeige fiel. Natürlich. Er stahl das einzige Auto auf diesem gottverdammten Parkplatz, dessen Tank leer war. Was auch sonst? Er kam mitten auf dem Bürgersteig zum Stehen, griff sich die verfluchten Eier und sprang aus dem Wagen. Rika stand erwartungsfroh neben ihm , bevor er „Du bleibst sitzen!“, bellen konnte und er verzichtete darauf, mit ihr herum zu diskutieren, als er das unverkennbare Schrapp-Schrapp-Schrapp eines Hubschraubers hörte. Fassungslos legte er den Kopf in den Nacken und blickte zu dem fliegenden Ungetüm auf. Als die ersten Polizeiwagen mit quietschenden Reifen auf die Straße bogen, nahm er Rika’s ausgestreckte Hand und rannte los. Für eine Sechsjährige hielt sie erstaunlich gut mit ihm mit, trotzdem musste er das Tempo drosseln. Bald würde ihm das zum Verhängnis werden. „Du musst hier bleiben!“, sagte er in fast flehendem Tonfall und verlor das Gleichgewicht, als Rika wie angewurzelt stehen blieb. „Was?!“, entfuhr es ihm entnervt und er blickte hektisch über seine Schulter. „Nein!“, sagte Rika und stapfte mit dem Fuß auf. „Ich will bei dir bleiben!“ Entgeistert starrte Zorro sie an. Als die Bullen nur noch knapp 200 Meter hinter ihnen waren, kapitulierte er, drückte dem Kind den Eierkarton in die Hand und packte sie um die Hüfte, hob sie auf seinen Arm. Dann rannte er weiter. Er sprang mit Rika auf dem Arm über einen kniehohen Zaun, hinein in einen Park. Brachte ein paar Meter mehr Abstand zwischen sich und die Polizei und sprintete in der Deckung von ein paar Büschen auf einen Spielplatz zu. Dort setzte er Rika ab und kauerte sich mit ihr zwischen ein besonders dichtes Gebüsch. „Du musst hierbleiben“, stellte er seine Forderung keuchend ein zweites Mal. „Versteck dich hier, ich hol dich später wieder ab“, fuhr er fort, bevor sie ihm widersprechen konnte. „Aber...“ Unsicher blickte Rika sich um, den Eierkarton fest an die Brust gedrückt. Zorro nahm ihn ihr ab und warf einen kurzen Blick hinein. Fünf Eier hatten die Fluchtaktion heil überstanden. Mehr, als er den Umständen entsprechend erwartet hätte. Er ging vor dem Mädchen in die Hocke. „Ernsthaft, ich muss die Arsch-...ich muss die Leute abhängen und ohne dich bin ich schneller. Ich hol dich wieder ab“, erklärte er ihr mit mehr Geduld, als er eigentlich übrig hatte. „Versprochen?“, fragte Rika kleinlaut. „Indianerehrenwort!“, versprach Zorro und hielt ihr den kleinen Finger hin. Sie lächelte, hakte ihren Finger ein und setzte sich im Schneidersitz ins Gras. Zorro wuschelte ihr ein letztes Mal durch die Haare, dann rannte er weiter, dieses Mal allein. So kam er viel besser und vor allem schneller voran. In Rekordzeit hechtete er durch den Park, abseits der üblichen Wanderwege. Er sprang über Gebüsche, halbhohe Zäune und Hunde, ohne seinen Lauf auch nur einmal unterbrechen zu müssen und schaffte es nach und nach, seine Verfolger abzuschütteln. Aber über ihm kreiste immer noch drohend der Helikopter und Zorro konnte unmöglich sagen, ob es ein Presse- oder Polizeihelikopter war. In dem Moment, in dem er einen zweiten Blick nach oben riskierte, rammte ein flinker Polizist ihm den Kopf in die Seite und riss ihn von den Beinen. Zorro prallte auf der Seite auf und ihm wurde vom eigenen Arm die Luft aus den Lungen gepresst. Viel Schlimmer aber war der Eierkarton, der ihm aus den Händen segelte, sich im Flug drehte und...öffnete. Mit offenem Mund beobachtete Zorro, wie seine hart erkämpften Eier durch die Luft segelten. Später konnte er nicht mehr sagen, wie er auf die Beine gekommen war, aber Fakt war, er schüttelte seinen hartnäckigen Verfolger ab und sprintete dem Ei hinterher, als wäre es ein Rugby, dem es zu fangen gab. Es war quasi der Super Bowl des Kuchen Backens. Mit einem phänomenalen Hechtsprung und ausgestreckten Armen landete er erneut hart auf dem Boden. Zum zweiten Mal trieb es ihm sämtliche Luft aus den Lungen und er schlitterte auf der Brust noch gute drei Meter weiter. Als er endlich still lag, hatte er den Mund voller Erde und Gras und ihm tat jeder Zentimeter weh, aber zumindest ein Ei lag unversehrt in seiner Hand. Er blinzelte, selbst überrascht von seiner Leistung, und erlaubte sich ein erleichtertes Grinsen. Dann trat der Polizist, der ihm nachgesetzt war, ihm auf die Hand. Knirschend zerbrach das fragile Ei und der Dotter lief ihm über die Hände. „Oh-oh“, entfuhr es dem jungen Cop, als er Zorros Gesichtsausdruck sah. Channel 4, Live-Übertragung Die Polizei verfolgt augenblicklich einen Verdächtigen quer durch die Innenstadt Logue Towns. Nach bisherigen Erkenntnissen hatte der Verdächtige auf dem Parkplatz der Supermarktkette Wapol ein Auto gestohlen, in dem noch ein kleines Mädchen saß und auf die Rückkehr seiner Mutter wartete. Der mutmaßliche Kindesentführer liefert sich nun bereits seit mehr als einer halben Stunde eine rasante Verfolgungsjagd mit den hiesigen Polizeikräften. Augenblicklich befindet er sich im Skypia Park und...moment, was macht er denn jetzt? Oh! Er liefert sich eine Schlägerei mit der Polizei! Countdown: 1 Stunde, 46 Minuten 0 Eier übrig? „DU DÄMLICHER PENNER! HAST DU NE AHNUNG, WAS ICH FÜR DIESE SCHEISS EIER DURCHMACHEN MUSSTE?!“, raunzte Zorro, während er sich mit dem Cop über den Rasen rollte und versuchte, ihm an die Gurgel zu gehen. Genug war genug. „Es tut mir Leid!“, kiekste der junge Polizist, viel zu verdattert, um auf den Gedanken zu kommen, nach seiner Waffe zu greifen. Der Kerl war ja total wahnsinnig! „DAVON KANN ICH MIR AUCH NICHTS KAUFEN! DU BLÖDER WICHSER!“, brüllte Zorro, außer sich vor Wut und am Ende seiner Nerven. Nachdem er den Cop – Officer Corby, laut seinem Namensschild – noch ein wenig durchgeschüttelt hatte, ließ er von ihm ab und kam schnaubend wieder auf die Beine. Verdammt! Verdammt! Verdammt! Ratlos klopfte Zorro sich den Dreck von den Knien, ging einen Schritt vorwärts und erstarrte, als es unter seinen Sohlen knirschte. Fassungslos sah er an sich herunter und entdeckte die Eierschalen, die ihm unter den Schuhen herausstachen. Erst jetzt fiel ihm auf, wie hoch das Gras an dieser Stelle gewachsen war. Sofort ließ er sich auf die Knie fallen und suchte den Boden nach weiteren Überlebenden ab. Er konnte sein Glück kaum fassen, als er ein weiteres unversehrtes Ei fand und es störte ihn auch nicht sonderlich, dass er mit der anderen Hand in Hundescheiße griff. Stattdessen musterte er das verbliebene Ei wie den heiligen Gral, dann nahm er die Beine in die Hand und rannte davon. Countdown: 1 Stunde, 33Minuten 1 Ei übrig „Da bist du ja endlich!“ Rika strahlte ihn an. Zorro hatte zwar nicht gezielt nach dem Mädchen gesucht, aber ihn überraschte gar nichts mehr. Er zuckte mit den Schultern und nickte ihr zu, was so viel hieß wie: Komm mir nach, wenn es unbedingt sein muss. Folgsam trottete die Kleine hinter ihm her, während Zorro ihnen einen Weg durch die Hecken freikämpfte und dabei ganz unauffällig seine dreckige Hand an Blättern abwischte. „Du stinkst“, informierte Rika in dennoch naserümpfend. „Du musst ja nicht bei mir bleiben“, gab Zorro zurück. Rika klappte den Mund wieder zu und beschleunigte ihre Schritte, um mit ihm gleichauf zu bleiben. Gleichmütig nahm Zorro das hin und überlegte fieberhaft, welchen Weg er nach Hause nehmen musste. Er war sich ziemlich sicher, dass sich seine Wohnung ganz in der Nähe des Skypia Parks befand, aber in welche Richtung er musste? Schwer zu sagen. „Ey, Kind“, wandte er sich schließlich an das Mädchen an seiner Seite. „Ich heiße Rika.“ „Na, von mir aus. Wie gut kennst du dich hier aus?“ „Weißt du denn nicht, wo wir sind?“, hakte Rika erstaunt nach. Zorro seufzte. „Würde ich dann fragen?“ Sie ließ sich das einen Moment durch den Kopf gehen, schüttelte ihn dann, dass ihre Zöpfchen nur so flogen. „Wo willst du denn hin?“ Nach Hause, dachte Zorro. Einfach nur nach Hause. Er nannte ihr den Straßennamen, aber sie hatte auch keine Ahnung, wo das war. Erst, als er das Spiders Café erwähnte, das quasi um die Ecke seiner vier Wände lag, nickte sie so begeistert, wie nur Kinder es konnten. Nämlich so heftig, dass man befürchten musste, ihr würde gleich der Kopf vom Hals abfallen. „Kannst du uns dahinbringen?“, fragte Zorro, erstaunt, dass es nun doch so einfach sein sollte. „Klar. Ist Pipifax!“, sagte Rika lächelnd, nahm ihm ganz behutsam das Ei aus der Hand und klammerte sich dann mit der freien Hand daran. Und so zog sie ihn in die richtige Richtung. Countdown: 1 Stunde, 16 Minuten 1 Ei übrig Respekt wallte in Zorro auf. Zielsicher hatte die Kleine ihn geradewegs zu dem Mietshaus gelotst, in dem er seine Wohnung hatte. Er schob den Gedanken, dass er sich von einer Sechsjährigen hatte führen lassen müssen und wie peinlich das im Großen und Ganzen war, beiseite und starrte beinahe ehrfürchtig zu dem Gebäude auf, dass er seit knapp sechs Stunden herbeisehnte. „Und?“, fragte Rika neugierig und trat ungeduldig von einem Bein auf das andere, während sie sein Urteil abwartete. Statt zu antworten, zerzauste er ihr liebevoll die Haare. Das musste als Dank reichen, ihm fehlten vor Erleichterung, endlich zu Hause zu sein, glatt die Worte. Dann schüttelte er seine Rührseligkeit ab und drückte energisch auf die Klingel. Der Türöffner summte beinahe sofort los und Zorro drückte die Tür auf. Anscheinend wurde er erwartet. „Wo zur Hölle warst du so lange?!“, rief Sanji das Treppenhaus hinunter, kaum dass die Haustür hinter Zorro zugefallen war. Seine wütende Stimme hallte von den verkachelten Wänden wieder, aber Zorro antwortete gar nicht. Er ließ sich von Rika das rohe Ei geben und trottete, dicht gefolgt von dem Mädchen, die Treppen in den dritten Stock hinauf. Sanji stand breitbeinig im Türrahmen zu seiner Wohnung, die Arme verschränkt, eine qualmende Kippe im Mundwinkel. Seit Stunden wartete er auf diesen Vollidioten. Was war so schwer daran, einkaufen zu gehen? Wahrscheinlich das gleiche, was so schwer war, einen Kuchen zu backen, ohne die Stadt ins Chaos zu stürzen, stellte Sanji für sich fest. Tausend Fragen und noch mehr wüste Beschimpfungen lagen ihm auf der Zunge, aber dann sah er sich Zorro mal genauer an, der müde und abgekämpft die Treppen hinaufkam. Er sah aus, wie durch den Fleischwolf gedreht. Seine Lederjacke konnte man höchstens noch als Putzlappen verwenden, ihm hingen Blätter in den Haaren und Erde klebte an seinen Knien. Ganz zu schweigen von den diversen Schrammen und Prellungen, die nicht von der Kleidung verdeckt wurde. Und außerdem...war das Hundescheiße an seiner Hand?! Angewidert wich Sanji einen Schritt in die Wohnung zurück. „Was zum Teufel ist denn mit dir passiert?!“, entfuhr es ihm unwillkürlich. Seine Kippe landete auf dem Boden, weil ihm verblüfft der Mund offen stehen blieb. Zorro antwortete nicht, sondern legte die letzten Meter so langsam zurück, als kämpfte er sich durch eine Wüste. Dann hielt er dem Blonden das letzte, verdammte Ei entgegen wie eine heiliggesprochene Opfergabe. Sanji rümpfte die Nase. Verdammt, der Marimo stank zum Himmel. Irritiert blickte Sanji auf das Ei, dass ihm dargeboten wurde, und seine Augenbraue zuckte gereizt. Sollte das ein Scherz sein? Der Kerl war sechs Stunden lang wie vom Erdboden verschwunden und tauchte dann mit einem mickrigen Ei wieder hier auf? „Was willst du denn mit einem Ei? Es ausbrüten?“ Zorro starrte ihn ausdruckslos an, also fuhr Sanji fort: „Außerdem hast du ewig und drei Tage gebraucht. Ich hab mir schon alles von deiner Nachbarin geliehen.“ Es war erstaunlich, welche Veränderung über Zorros Gesicht zog. Erst wurde sein Blick ganz leer und er ließ für ungefähr zwei Sekunden den Kopf hängen. Dann blickte er so abrupt Sanji an, dass der beinahe zusammenzuckte. Zorros linkes Auge zuckte unkontrolliert, seine Halsschlagader schwoll an und er ballte die freie Hand so fest zur Faust, das auch an seinen Unterarmen dicke Adern hervortraten. Dann schob er sich wortlos an Sanji vorbei in die Wohnung (wobei er den Blonden aus dem Weg rempelte) und stapfte ins Wohnzimmer und riss die Balkontür auf. Genauso heftig, wie er sie aufgerissen hatte, warf er sie auch wieder zu und es wunderte Sanji total, dass das Glas im Rahmen nicht klirrend zerbrach. Es hatte Zorro Mühe gekostet, Sanji nicht an Ort und Stelle zu erwürgen. Der Blonde hatte keinen blassen Schimmer, was er alles auf sich genommen hatte, um dieses scheiß Ei zu besorgen. Im Gegenteil, er wusste seine Bemühungen noch nicht einmal zu schätzen und das reichte aus, um in seinem Kopf die letzte Sicherung zu kappen. Zorro holte weit aus, schleuderte das Ei volles Mett über die Balkonbrüstung und schrie sich die Wut und Seele in einem einzigen Urschrei aus dem Leib. Sanji beobachtete das ganze vom Flur aus mit hochgezogenen Augenbrauen, sagte jedoch nichts. Schulterzuckend wollte er die Tür zuschieben und er blinzelte erstaunt, als sein Blick auf das kleine Mädchen fiel, dass ihn aus großen Augen misstrauisch anstarrte. „Wer bist du denn?“, fragte Sanji verblüfft, steckte den Kopf in den Hausflur und sah nach links und rechts. Von den Eltern war nicht die Spur zu sehen. „Ich bin Rika“, erklärte die Sechsjährige, schob sich an ihm vorbei in die Wohnung und tapste ins Wohnzimmer, wo sie sich auf Zorros zerschrammten Sessel sinken ließ und den Grünhaarigen neugierig bei seinem Tobsuchtanfall beobachtete. Neben seinem unverständlichen Brüllen jaulte nun auch noch eine Autoalarmanlage nervtötend herum, während Zorro auf dem Balkon dazu überging, die von Sanji liebevoll gepflegten Blumentöpfe auseinander zu nehmen. Verwirrt blieb Sanji im Türrahmen stehen und linste von Rika zu Zorro und wieder zurück. So sehr er auch darüber nachgrübelte, ihm fiel keine sinnvolle Erklärung dafür ein, dass das Kind hier war. Ihm schwante Übles. Ganz, ganz übles. Fahrig tastete er nach den Zigaretten in seiner Brusttasche, lächelte Rika an und schlich sich in Richtung Balkon. Dann schlüpfte er hinaus und der Blumentopf mit Basilikum verfehlte ihn um Zentimeter. „Zorro.“ „WAS?!“, grollte der Grünhaarige, trat gegen die Tomatenpflanzen, die Sanji seit ein paar Wochen bei ihm auf dem Balkon züchtete, und drehte sich nur widerwillig zu dem Blonden herum. Als er sah, dass Sanji ihm eine Kippe entgegenhielt, zögerte er nur kurz, dann griff er zu. Mit dem Zippo aus Sanjis Hosentasche zündeten sie die Glimmstängel an und ließen sich auf die beiden ausgeblichenen Gartenstühle sinken. Zorro inhalierte tief und stieß den Rauch beinahe aggressiv wieder aus. Normalerweise rauchte er nicht. Die Zigaretten, die er in seinem Leben geraucht hatte, konnte er immer noch an zwei Händen abzählen, aber heute war eine Ausnahme. Es half ihm, sich zu beruhigen, und wenn er nach diesem Horror-Trip irgendetwas gebrauchen konnte, dann Beruhigung. „Wo kommt das Kind her?“, machte Sanji seine Bemühungen zu Nichte. Prompt verschluckte er sich am Qualm. Den Hustenanfall zögerte er so lange hinaus, wie es ging, aber danach hatte Sanji seine Frage leider keinesfalls vergessen, sondern hakte gleich nochmal nach. „Zorro! Woher kommt das Kind?!“ „ICH WEISS ES DOCH AUCH NICHT!“, fauchte Zorro gereizt zurück. Erst jetzt erinnerte er sich daran, dass die halbe Polizeistation inklusive Hubschrauber hinter ihm her war. Er zupfte nervös am Kragen des Pullis, den er trug, und nahm den Himmel unter die Lupe, konnte den Heli aber nirgendwo entdecken. Das besänftigte ihn wieder ein bisschen, trotzdem zog er vorsichtshalber die Kapuze vom Pulli über. Sanji starrte ihn dabei an, als wäre er von allen guten Geistern verlassen. Was er vielleicht auch war, immerhin saß ein Kind, das nicht seins war, im Wohnzimmer und...- VERDAMMT, WAS TAT RIKA DA?! Zorro sprang so energisch auf die Beine, dass der Gartenstuhl umkippte. Er stürzte an Sanji vorbei, drückte die Balkontür mit ausgestreckten Händen auf und stolperte ins Wohnzimmer. Rika streckte sich auf einem kippeligen Stuhl so weit wie möglich nach oben und fummelte an seinen Schwertern herum, die er kunstvoll an der Wand befestigt hatte. Gerade so erreichte die Kleine den Griff des Yubashilis und es gelang Zorro in letzter Sekunde, sie von ihrem Vorhaben abzuhalten. Er packte Rika an den Hüften und stellte sie zurück auf den Boden, während ihm das Herz beinahe aus der Brust sprang. „Mach das nie wieder!“, beschwor er das Kind, dass ihn aus großen, verblüfften Augen anstarrte. Rika nickte mit zitternder Unterlippe, vollkommen überrumpelt von dem scharfen Ton in Zorros Stimme. Dass er sich nur Sorgen gemacht hatte, fiel ihr erst auf, als er sich tief seufzend in den Sessel sinken ließ. Ihr Blick wanderte zwischen den Schwertern, dem blonden Kerl und Zorro hin- und her, aber nichts davon rührte sich. Gerade, als sie darüber nachdachte, auf Zorros Schoß zu klettern, fiel dessen Blick auf die Digitaluhr über dem Fernseher und er sprang auf. „Scheiße! Fuck! Sanji!“, stieß er unzusammenhängend aus und sein Blick flog beinahe irre durch den Raum, bis er an dem blonden Kerl kleben blieb. „Der Kuchen! Sofort!“, schnappte er und marschierte aus dem Raum, ohne RIka eines weiteren Blickes zu würdigen. Aber die folgte ihm von ganz alleine, denn...hallo? Sie liebte Kuchen! Countdown: 1 Stunde, 03 Minuten Schokoladenkuchen Zutaten: 200g Schokolade 200g Butter 160g Zucker 200g Mandeln 4 Eier ½ Pck. Backpulver Arbeitszeit: ca. 10 min. / Schwierigkeitsgrad: simpel Die Schokolade und die Butter im Wasserbad oder bei kleiner Flamme auf dem Herd (ständig rühren) schmelzen. Den Zucker, die Mandeln, Eier und das Backpulver mit dem Handrührgerät einrühren. In eine gefettete oder mit Backpapier ausgelegte Springform geben und bei 160°C 40 Minuten backen. Stäbchenprobe machen, eventuell mit Alufolie abdecken. Mit Puderzucker bestäuben. (Quelle: Chefkoch.de) Sanji tat so, als würde er nicht bemerken, dass Zorro die komplette Küche auf ein Neues einsaute. Ohnehin schien ihm der Grünhaarige nicht mehr ganz bei Trost zu sein. Er sah aus, als wäre er einem von Lysops explodierenden Rasenmähern etwas zu Nahe gerückt und bewegte sich auch nicht mehr ganz so fließend, wie es sonst seine Art war. Die Klamotten hingen in Fetzen von ihm herunter und es hätte ihm sicherlich nicht geschadet, sich unter die Dusche zu stellen, aber Sanji wollte nicht derjenige sein, der das Pulverfass Lorenor Zorro knapp eine Stunde vor dem wichtigsten Moment seines Lebens hochgehen ließ. Also verkniff er sich jegliche Kommentare, stellte keine Fragen und ignorierte den Elefanten mitten im Raum (Rika), der auf der Arbeitsplatte saß und Schokolade knabberte. Stattdessen stellte er das Radio ein, zwang Zorro dazu, sich die Hände zu waschen und gab ansonsten nur darauf Acht, dass er die Küche nicht in die Luft jagte. „Kleine Flamme“, erinnerte er seinen Kumpel und drehte die Temperatur am Gasherd herunter. Die blaue Flamme zog sich zusammen und umzüngelte den Topf darüber. Das Wasser begann langsam zu dampfen und auch auf Zorros Stirn standen Schweißtropfen, die allerdings nichts mit der Hitze zu tun hatten. Er wurde panisch. Die Zeit rann ihm unaufhaltsam davon und überhaupt, ihn beschlich das Gefühl, er sollte das Ganze lieber sein lassen. „Ich kann das nicht.“ „Natürlich kannst du das nicht, deswegen helf’ ich dir ja. Rühren, Zorro.“ Das war zwar nicht das, was Zorro gemeint hatte, trotzdem rührte Zorro die klumpige Schokolade im Wasserbad. Ein wenig heftiger, als es nötig gewesen wäre, denn die bisher geschmolzene Schokolade spritzte prompt in alle Richtungen. Rika kicherte belustigt, als ein paar Tropfen sie trafen, und schleckte sich die Süßigkeit begeistert von den Fingern ab. Sanji legte eine Hand seufzend um Zorros Handgelenk und bremste ihn ein wenig, damit sie das Spiel nicht noch einmal von Vorne beginnen mussten. „Langsam und gleichmäßig. Das ist kein Zement, Zorro.“ Zorro nickte fahrig und schüttelte Sanjis Hand von seiner ab. Fehlte noch, dass der Koch das Zittern in seiner Hand bemerkte. Das ging nur ihn und sein Muffensausen vor der Frage aller Fragen etwas an. Wenn er nicht schon so viel auf sich genommen hätte, damit er dieser Abend gelang, hätte er alles abgeblasen. So stand er mit einem unnatürlich geduldigen Sanji, einem unbezwingbaren Kuchenrezept und einem entführten Kind in seiner Küche und rührte Schokolade in einem Wasserbad. Langsam und gleichmäßig. Irritierender Weise hatte diese Aufgabe, kaum dass er sich einmal darauf einließ, eine beinahe therapeutische Wirkung auf ihn. Ob es nun die ruhigen, eintönigen Bewegungen waren oder die Tatsache, dass Sanji bisher noch nicht sonderlich auf ihm herumgehakt hatte, sei mal dahingestellt, aber er merkte, wie sein Puls ruhiger wurde und auch die Panik ein bisschen von ihm abfiel. Laut der Uhr würde der Kuchen aller Kuchen noch rechtzeitig fertig werden. Alles andere würde sich irgendwie schon fügen. Dann unterbrach das Radio die nervtötende Dudelei der aktuellen Charts. „...unterbrechen unser Programm für eine wichtige Sondermeldung. Das Logue Town Police Department bittet um Ihre Mithilfe bei der Suche nach einem entführten Kind. Es handelt sich um die Sechsjährige RIka, zuletzt gesehen in einem lila-türkis gestreiftem Kleid, braune Haare, zu Zöpfen geflochten. Das Mädchen wurde vor knapp zwei Stunden von einem Parkplatz der Supermarktkette Wapol...“ Den Rest der Meldung hörte Zorro nicht mehr, denn Sanji schaltete das Radio ab und drehte sich zitternd vor unterdrückter Wut zu ihm herum. „DU HAST EIN KIND ENTFÜHRT?!!!!“, polterte er dann in einer Lautstärke los, die jede Heavy Metal Band neidisch gemacht hätte. Und Zorros temporäre Entspannung war den Bach runter. „Das war nicht mit Absicht!“, erklärte er hektisch und kam beim Rühren sofort aus dem Takt. Schokolade spritzte an die Wände, aber weder er noch Sanji bemerkten etwas davon. Generell überlegte Zorro, ob es nicht ratsamer wäre, sich etwas zur Verteidigung zu suchen, denn Sanji sah ganz danach aus, als würde er ihm jeden Moment an die Kehle springen. „WIE ENTFÜHRT MAN DENN EIN KIND UNABSICHTLICH?!“ „INDEM MAN DAS FALSCHE AUTO KLAUT!“, schnauzte Zorro zurück und versuchte, seine Unaufmerksamkeit am Herd durch umso hektischeres Rühren wieder wett zu machen. Vergeblich. „Du...DU HAST EIN AUTO GEKLAUT?!“ Zorro nickte knapp, versuchte sein Bestes, damit die Schokolade nicht anbrannte und versagte kläglich. Die Uhr gab ihm noch 59 Minuten. „Ja, verdammt! Ich erzähl dir alles später, jetzt hilf mir endlich!“, platzte es aus Zorro heraus, als die Schokolade begann, verbrannt zu riechen und der Dampf aus dem Wasserbad eine schwarze Färbung annahm. Sekundenlang starrte Sanji ihn einfach bloß an und erstickte beinahe daran, seine Wut hinunterzuschlucken. Dann nahm er Topf und Schüssel vom Herd und stellte es in die Spüle, griff sich frische Sachen und setzte ein neues Wasserbad mit neuer Schokolade auf. Dabei huschte sein Blick immer wieder unstet zu Rika hinüber, als könne er es einfach nicht fassen. „Das ist das Dümmste, was du je gemacht hast!“, zischte Sanji ihm zu und schob sich eine Kippe zwischen die Lippe. Und Zorro hatte schon sehr viele, sehr dumme Sachen angestellt. Zorro nickte kommentarlos. Countdown: 44 Minuten Sie schafften es, den Teig ohne weitere Zwischenfälle herzustellen, was wohl vor allem daran lag, dass sie kein Wort mehr miteinander wechselten. Stumm befolgte Zorro alles, was Sanji ihm mit Gesten bedeutete. Der Blonde wog sämtliche Zutaten ab und drückte sie ihm in die Hand, sodass Zorro eigentlich nichts weiter tun musste, als alles zusammen zu punchen. Und selbst dabei beäugte Sanji ihn mit Argusaugen, aber immerhin sah das, was er danach in der Schüssel vorzuweisen hatte, tatsächlich wie ein Kuchenteig aus. Er hielt Rika die Schüssel hin. Mit einer Feierlichkeit, die nur ein Kind aufbringen konnte, stippte sie ihren Finger hinein, bis er dick von Schokoladenteig überzogen war, und leckte restlos alles davon ab. „Lecker!“, fällte sie ihr Urteil und beobachtete, wie Sanji rauchend die Kuchenform einfettete. Die Art und Weise, wie Sanji danach den Teig in die Form füllte, hatte beinahe etwas künstlerisches, aber Zorro kam nicht dazu, sich weitere Gedanken dazu zu machen. Denn kaum hatte Sanji den Kuchen in den Backofen geschoben, drückte er die teigverschmierte Schüssel Rika zum auslecken in die Hände und zerrte Zorro mit sich aus der Küche hinaus. Bevor Sanji zu irgendeiner Tirade ansetzen konnte, nahm Zorro ihn in die Arme. Und nahm ihm damit die Luft aus den Segeln. Fassungslos blinzelte Sanji, der sich plötzlich in einer unbeholfenen, dafür umso stürmischeren Männerumarmung wiederfand. Um die Gelegenheiten zu zählen, bei denen Zorro ihn umarmt hatte, brauchte er weder Arme noch Füße. Es war noch nie vorgekommen. Einer der Gründe, warum ihm plötzlich sämtliche Worte fehlten. „Ähm...“ „Hör gut zu, denn ich sag’s nur ein Mal“, unterbrach Zorro ihn und lockerte die spontane Umarmung, um ihn ansehen zu können. „Du bist mein bester Freund und ich bin dir verdammt dankbar für das, was du heute getan hast“, fuhr er fort, ohne Sanji die Gelegenheit zu geben, auch etwas dazu zu sagen. „Aber-“ „Und du hast einiges gut bei mir für das, was du als nächstes tun wirst.“ Sanji runzelte die Stirn. „Was zu...was werde ich denn tun?“, fragte er mit dem unguten Gefühl, jeden Moment vom Zehn-Meterbrett geworfen zu werden. In einen Pool ohne Wasser. Zorro lächelte ihn offen an. Es war ein Du-weißt-es-doch-schon-längst-Lächeln. Dicht gefolgt von einem Komm-schon-Mann-heute-verlobe-ich-mich-Lächeln. „Oh nein“, sagte Sanji hastig und versuchte, sich aus der schraubstockfesten Umarmung zu winden. Vergeblich. Ihm blieb nichts anderes übrig, als so giftig wie möglich in Zorros freundlich schimmernde Augen zu starren. Entweder das, oder ihm in die Eier zu treten, aber das brachte er dann doch nicht über sich. Stattdessen merkte Sanji, wie sein Widerstand bröckelte. „Die werden mich verhaften!“ „Vorrübergehend vielleicht“, stimmte Zorro zu. „Aber nicht auf Dauer.“ „Du hast ein Kind entführt!“, versuchte es Sanji schon schwächer. „Aus Versehen, ja. Und ich habe sämtliche „Nimm keine Süßigkeiten von Fremden an“-Lehrsätze schamlos untergraben. Komm schon.“ Sanji kaute sich sekundenlang auf der Unterlippe herum. Zorro hatte ihn eingewickelt, in einem Geflecht aus freundschaftlichen Verpflichtungen, Zuneigung und Katastrophenschutz. Er legte sein Liebesleben in seine Hände. Und Sanji, alter Romantiker der er war, fiel prompt auf die Taktik rein, wenn auch ziemlich zerknirscht. „Du kannst mich loslassen, Lorenor.“ Zorro legte den Kopf schief, unsicher, ob sein Plan aufgegangen war. „Sicher?“ „Du bist schamlos, aber ja“, bestätigte Sanji seufzend und zupfte sein Hemd gerade, als Zorro endlich seine Baustämme von Armen von ihm nahm und breit grinsend einen Schritt zurücktrat. „In 40 Minuten muss der Kuchen raus. Vergiss den Ring nicht und – um Gottes Willen! – geh endlich duschen!“, ratterte Sanji letzte Anweisungen herunter, während er im Wohnzimmer nach seinem Jackett griff und es sich überzog. „RIKA! WIR GEHEN EIS ESSEN!“, rief er schließlich schicksalsergeben über seine Schulter. Sofort polterte in der Küche die Rührschüssel zu Boden. „JUHUUUU!“, jauchzte das Mädchen begeistert, rauschte an Zorro vorbei und auf Sanji, der bei der Haustür auf sie wartete, zu. Erst, als Sanji die Tür aufzog und Zorro keine Anstalten machte, mitzukommen, blieb sie stehen. „Kommst du nicht mit?“, fragte sie mit schiefgelegtem Kopf. Zorro schüttelte den Kopf. „Nein, ich hab noch was zu erledigen.“ „Wegen dem Mädchen, das Geburtstag hat?“, fragte Rika und ließ Sanji staunen, wie gut sie informiert war. „Genau“, stimmte Zorro zu und ging vor dem Kind in die Hocke. „Blondie bringt dich danach zurück zu deiner Mom. Sag ihr, nichts für Ungut.“ Er bezweifelte stark, dass ihre Mutter das als Entschuldigung akzeptieren würde, aber es war einen Versuch wert. Er versetzte dem Mädchen einen sanften Stups, aber Rika rührte sich trotzdem nicht von der Stelle. „Werden wir uns wiedersehen?“, fragte sie schließlich zögernd. Er biss sich auf die Unterlippe. Unwahrscheinlich. Wahrscheinlich würde man ihn nie wieder weiter als zehn Meilen an sie herankommen lassen. „Auch im Gefängnis gibt es Besuchszeiten“, stellte er nach kurzem Schweigen sachlich fest. Rika gluckste amüsiert – sie hielt das Ganze immer noch für einen aufregenden Abenteuertrip, ein großer Spaß – und warf ihm die Arme um den Hals, als sie sich auf ihn stürzte. Zorro ächzte überrascht, als Rika ihr Gesicht an seiner verletzten Schulter vergrub, und legte überrascht die Arme um das Kind. Dann sah er verblüfft zu Sanji herüber, der kopfschüttelnd, aber schmunzelnd im Türrahmen stand. „Es war lustig mit dir“, nuschelte Rika an seine Halsbeuge. Dasselbe konnte Zorro nicht gerade behaupten. Er hatte eine andere Definition von „lustig“. „Und du bist schwer in Ordnung, Zwerg“, gab er deshalb zurück und drückte sie noch einmal an sich. „Und jetzt geh Eis essen.“ Widerwillig löste sich Rika von ihm, lächelte ihn noch einmal strahlend an und hüpfte dann vollkommen entspannt zu Sanji herüber und in den Hausflur. „Vierzig Minuten!“, mahnte Sanji ein letztes Mal, bevor er sich umdrehte und dem Mädchen nach draußen folgte. „Und vergiss den Ring nicht!“ Countdown: 14 Minuten Er fühlte sich wieder wie ein Mensch. Unglaublich, was für eine Wirkung eine heiße Dusche auf einen Mann haben konnten. Es war, als hätte sich Zorro nicht nur Schweiß, Blut und Dreck, sondern auch die gesamte Anstrengung des heutigen Tages vom Leib gewaschen. Für ein paar herrliche Minuten hatte er das ganze Psycho-Drama um Buggy den Clown, die Verfolgungsjagd und das Kinder-Entführen vergessen. Er stand noch im heißen Dampf und trocknete sich ab, als es in der Küche piepste. Sämtliche Entspannung verpuffte augenblicklich ins Nichts. Er wirbelte so heftig herum, dass er auf den feuchten Kacheln ausrutschte und bäuchlings auf dem Boden landete. Statt sich die Zeit zu nehmen, aufzustehen, hechtete er auf den Knien bereits weiter und erreichte mehr stolpernd als alles andere die Küche. Lange blieb ihm das Herz stehen – der Kuchen! Er hatte den Kuchen vergessen! – und lachte erleichtert und nahe der Panik auf, als sein Blick auf die dämliche Uhr fiel, die auf dem Herd stand und bimmelte. Eine Eieruhr. Ausgerechnet eine verfluchte Eier-Uhr. Sanji dachte auch wirklich an alles. Mit dem Gedanken, dass er dem Koch viel mehr schuldig war, als er jemals wieder gutmachen konnte, öffnete er die Backofenklappe und war erstaunt, keinen Totalschaden vorzufinden. Was da vor ihm so verführerisch duftete, war tatsächlich ein Kuchen. Und er sah auch noch sehr präsentabel aus! Als seine Hände auf halbem Weg zur Backform waren, überlegte er es sich anders, griff nach den Ofenhandschuhen und zog damit den Kuchen heraus. Eine Schusswunde reichte ihm für den Tag, auf Verbrennungen ersten Grades konnte er gut verzichten. Ein bisschen stolz auf sich selbst betrachtete er den Kuchen, den er zum Abkühlen auf den Herd stellte. Man sah noch nicht mal mehr, an welcher Stelle er den Ring in den Teig gesteckt hatte. Tashigi würde also keinerlei Hinweis darauf finden, was er vorhatte. Sein Blick fiel auf die Uhr. Countdown: 13 Minuten Energisch putzte Zorro sich die Zähne. Gleichzeitig versuchte er, sich anzuziehen, und zumindest mit der Boxershorts klappte es schon mal ganz gut. Bei den Socken geriet er schon ins Schwanken und bei der Hose verhedderte er sich komplett und riss mit dem Ellbogen alles von der Ablage unter dem Spiegel weg, was nicht niet- und nagelfest war. „Feisse!“, fluchte er mit der Zahnbürste zwischen den Zähnen und verzog das Gesicht, als er das Gleichgewicht wiederfand und einen Blick auf seine Schulter erhaschte. Mit einem nackten Fuß – okay, das mit den Socken hatte nicht ganz so gut geklappt – angelte er nach dem Erste-Hilfe-Kasten, dann bückte er sich und durchwühlte die Plastikkiste nach zwei großen Wundpflastern. Mit übermenschlicher Anstrengung und zusammengebissenen Zähnen gelang es ihm tatsächlich, sich soweit zu verrenken, dass er beide Pflaster an den richtigen Stellen anbringen konnte. Dann spuckte er die Zahnpasta aus, gurgelte mit Mundwasser und zog sich endlich fertig an. Er fuhr sich zwei Mal durch die Haare – check – und fuhr sich prüfend über Wangen und Kinn. Zum Glück hatte er sich heute Morgen rasiert. Er fand die Krawatte, die Sanji ihm rausgelegt hatte, und legte sie sich um den aufgestellten Kragen. Fünf Minuten und 43 Versuche später hatte er es beinahe geschafft, sich selbst damit zu erwürgen, aber seinem eigentlichen Ziel, einen einfachen Windsor-Knoten zu binden, war er keinen Schritt näher gekommen. Er hatte bloß 43 Arten gefunden, wie man es auf keinen Fall machte. Fluchend zerrte er sich die Krawatte vom Hals und warf sie in den Mülleimer neben dem Klo. Er blickte in den Spiegel. Sein Herz raste vor Aufregung. Und Angst. Vor allem Angst. Und es war nicht nur die Möglichkeit, dass Tashigi wusste, wie sein Tag gewesen war und deshalb „nein“ sagte, die ihm Angst machte. Was, wenn sie es nicht wusste – und trotzdem „nein“ sagte? Feierabend Tashigi fuhr den Rechner herunter und lehnte sich tief aufseufzend zurück in den Schreibtischstuhl. Was für ein Tag. Abgedrehter ging es einfach nicht mehr. Den ganzen Tag lang war sie von einem verrückten Verbrechen zum anderen gejagt worden und war sich mehr und mehr veräppelt vorgekommen. Aber manchmal gab es solche Tage. Und wenn sie ganz ehrlich war, dann wollte sie es auch gar nicht anders. Ihr Blick fiel beinahe schuldbewusst auf die Aktenstapel auf ihrem sonst aufgeräumten Schreibtisch. Der Eingangsstapel quoll auf dem Ausgangsstapel über und eigentlich hatte sie noch etliche Berichte zu tippen. Der Papierkram war das Schlimmste an diesem Beruf. Aber nicht heute. Heute war ihr Geburtstag und sie hatte eigentlich bereits seit einer Dreiviertelstunde frei. Höchste Zeit, hier rauszukommen. Entschlossen stemmte sie sich hoch, sah sich im Großraumbüro um und marschierte mit gesenktem Kopf an der Wand entlang hinaus. Bloß keine Aufmerksamkeit erregen, sonst würde einer ihrer Kollegen hundert prozentig versuchen, ihr noch Arbeit aufzudrücken. Sie waren immer chronisch unterbesetzt und normalerweise übernahm sie gerne mal die ein oder andere Extraschicht, aber heute würde sie für niemanden in die Bresche springen. Zu ihrem Glück schienen die Kollegen allesamt schwer beschäftigt. Ungesehen schaffte sie es durch den Haupteingang und checkte ihr Handy. Immer noch kein Rückruf von Zorro. Sie hatte ihn vor einer Stunde versucht anzurufen, um ihm zu sagen, dass es später werden würde, war aber nur auf der Mailbox gelandet. Auch beim zweiten, dritten und vierten Mal. Sie würde trotzdem einfach zu seiner Wohnung fahren. Immerhin hatte sie einen Schlüssel und außerdem waren sie verabredet, Punkt. Gut möglich, dass er auf dem Sofa eingeschlafen war oder sein Handy aus Versehen in die Tiefkühltruhe gelegt hatte. Sie trabte die Stufen hinab und bog nach rechts ab, wo sie ihr Auto geparkt hatte. In Gedanken versunken hätte sie Sanji beinahe nicht bemerkt, der mit gesenktem Kopf an ihr vorbei eilte. „Hey, Sanji!“, rief sie dem Blonden verblüfft nach. Der Blonde erstarrte, als hätte man ihn bei einem Verbrechen ertappt. Ganz langsam drehte er sich zu ihr herum und lächelte sie strahlend wie immer an. Allerdings wirkte dieses Lächeln etwas steif. Tashigi runzelte die Stirn, musste aber lächeln, als sie das kleine Mädchen an seiner Hand erblickte. Mit eisverschmiertem Mund blickte sie Tashigi beinahe herausfordernd entgegen. „Hey, Tashi-Mausi!“, flötete Sanji in diesem Moment und nun sah Tashigi sich in ihrem Unbehagen bestätigt. Sanji wirkte total verkrampft. Normalerweise hätte er ihr nun schon längst die Füße geküsst, aber im Moment wirkte er nur, als wolle er so schnell wie möglich weg von ihr. Tashigi war gekränkt. Nicht mal zum Geburtstag hatte er ihr gratuliert. „Wer ist das denn?“, zwang sie sich lächelnd zu fragen und deutete auf das Kind an seiner Hand. Wenn möglich wurde Sanjis ohnehin blasses Milchgesicht noch ein wenig fahler. „Meine Nichte“, antwortete er. Einen Ticken zu schnell, um überzeugend zu wirken. „Du hast doch gar keine Geschwister“, entgegnete Tashigi überrascht. Und misstrauisch. Und verletzt, weil ausgerechnet Sanji ihr ohne zu Zögern ins Gesicht log. Paradoxerweise störte es sie mehr, als wenn Zorro das tat. Bei Lorenor rechnete sie allerdings mit so etwas – er konnte eiskalt lügen, wenn es darauf ankam – doch Sanji war ihr gegenüber immer aufrichtig gewesen. Und er war ein verdammt schlechter Lügner. Als ihm klar wurde, dass Tashigi ihn auf frischer Tat ertappt hatte, klappte er zunächst automatisch den Mund auf, um zu widersprechen. Seine Worte schienen ihm allerdings im Hals stecken zu bleiben, denn er klappte ihn einfach wieder zu, zog das Mädchen näher zu sich heran und ging ohne ein weiteres Wort seines Weges. Fassungslos starrte Tashigi ihm nach, hin und hergerissen, ob sie ihm folgen und zur Rede stellen sollte. Dann fiel ihr wieder ein, dass sie mit Lorenor verabredet war, und sie schob ihren Ärger bei Seite. Was auch immer Sanji plötzlich für ein Problem mit ihr hatte, sie würde sich später darum kümmern. 16 Minuten nach Feierabend Mit einer guten Stunde Verspätung parkte Tashigi auf der gegenüberliegenden Straßenseite von Zorros Wohnhaus. Sie drehte den Rückspiegel zu sich herum, sodass sie hineinsehen konnte, ohne sich den Nacken zu verrenken, und überprüfte ihr Aussehen. Sie fand sich ein bisschen blass und die Augenringe waren schon mal eine Nummer kleiner gewesen. Tashigi wischte sich einen Fleck von der Wange und kniff sich selbst, damit sie etwas Farbe ins Gesicht bekam. Sie fuhr sich durch die Haare und verfluchte sich dafür, dass sie sich nicht ein bisschen mehr in Schale geworfen hatte. Sie hatte Herzklopfen, als wäre es ihr erstes Date. Oder ihr letztes. Sie war sich nicht sicher. Mit Zorro hatte sie die Erfahrung gemacht, dass es manchmal einfach keine großen Worte brauchte. Er war ein Mann der Tat und sie stellte fest, dass dieses abgedroschene Sprichtwort von wegen Worten und Taten tatsächlich stimmen konnte. Zorro zeigte ihr lieber, dass sie ihm etwas bedeutete, als es auszusprechen. In einer SMS bekam sie kaum mehr als drei Worte am Stück aus ihm herausgekitzelt und ihre Telefonate hatten einen beinahe militärisch knappen Unterton. Umso verblüffter war sie gewesen, als er letzte Woche aus heiterem Himmel angerufen hatte, ganz in Plauderlaune. Und dann hatte er sich mit den Worten „Ich liebe dich“ verabschiedet und noch Minuten später war sie davon überzeugt, sich das bloß eingebildet zu haben. Er ging sparsam mit diesen bedeutsamen Worten um, so sparsam, dass sie immer noch Herzklopfen bekam, wenn er es ihr nachts zuflüsterte. Aber er hatte es noch nie am Telefon getan. Am nächsten Tag hatte sie einen Privatdetektiv engagiert, überzeugt davon, dass er sie betrog. Und obwohl die darauffolgende Observation keinen Beweis dafür brachte, hatte sie immer noch das Gefühl, dass er ihr etwas verheimlichte. Entschlossen wischte sie diese Gedanken bei Seite. Sie hatte Geburtstag, nicht einmal Zorro wäre so kaltschnäuzig, sie an so einem Tag in die Wüste zu schicken. Und auch sonst war sie sich eigentlich sicher, dass sie sich nur etwas eingebildet hatte. Zorro war loyal bis zur Selbstaufgabe, sie sollte es nach all den Jahren mit ihm besser wissen. Bevor sie sich weiter verrückt machen konnte, stieg sie aus und überquerte mit gezücktem Schlüssel die Straße. Erst, als sie schon auf halbem Weg zu Zorros Wohnung im dritten Stock war, hielt sie noch einmal inne. Als sie sich heute morgen verabschiedet hatten, hatte er ganz schön nervös gewirkt und sie bestimmt drei Mal daran erinnert, dass sie sich bei ihm treffen würden, sobald sie Feierabend hatte. Oh Gott, hoffentlich war nicht plötzlich der Partylöwe in ihm erwacht. Auf eine Überraschungsparty konnte sie gut und gerne verzichten. Etwas zögernder stieg sie die letzten Stufen hoch und wiederholte das Mantra (keine Überraschungsparty, keine Überraschungsparty, keine Überraschungsparty) in ihrem Kopf in Endlosschleife. Als sie die Haustür erreichte, sprang diese so heftig auf, dass Tashigi einen Satz zurück machte. Als ihr Blick an Zorro haften blieb, verschwanden alle Sorgen, die sich Tashigi um ihr Aussehen gemacht hatte. Zorro sah schlimmer aus. Er war so blass, als hätte er seit Tagen keinen Schlaf mehr bekommen oder mehrere Liter Blut verloren. Oder beides. Das war ziemlich schwer zu beurteilen angesichts der tiefen Schrammen und Schürfwunden, die sich in seinem Gesicht zeigten. Es hatte ganz den Anschein, als hätte sich der Grünhaarige für sie schick gemacht, aber das Hemd war nun hoffnungslos zerknittert. Er hatte irgendein weißes Puder im Gesicht und der einzige Gedanke, den sie fassen konnte, war: Bitte, lass es kein Koks sein. Trotzdem lächelte er sie warm, wenn auch etwas verstört, an. Triumphierend hielt er eine Sektflasche in den Händen und er hatte noch nie so erleichtert geklungen wie in dem Moment, als er sagte: „Du bist da. Endlich.“ Sie schluckte ihre Sorge hinunter, erinnerte sich daran, dass Zorro eine ungewöhnlich starke Kondition hatte, und ging schnurstracks auf ihn zu. „Ich freu mich auch, dich zu sehen“, schmunzelte sie und küsste ihn zärtlich. Dann blickte sie ihn prüfend an. Kein Mundwasser der Welt konnte vor ihr verbergen, dass er geraucht hatte. Und wenn er das getan hatte, musste sein Tag eine absolute Katastrophe gewesen sein. „Was ist los?“, fragte sie also geradeheraus, während sie sich an ihm vorbei in die Wohnung schob und die Jacke von den Schultern streifte. Zorro sah angemessen verblüfft aus der Wäsche. „Was soll sein?“ Er traf nicht einmal ansatzweise den unbekümmerten Tonfall, den er treffen wollte, und seinem Gesicht nach zu urteilen merkte er das auch selbst. „Du hast geraucht. Du rauchst sonst nie. Also, was ist los?“ Tashigi stemmte eine Hand in die Hüfte und zog eine Augenbraue hoch. Die unterschwellige Drohung, vorher nicht lockerzulassen. Zunächst einmal hauchte Zorro sich in die gewölbte Hand, als wolle er seinen Atem überprüfen. Dann wich sämtliches Leben aus ihm. Er sah sie völlig entkräftet an und seine Augen strahlten pure Bitte-zwing-mich-nicht-dazu-es-zu-erzählen-Verzweiflung aus. Sie musterte ihn prüfend – vermutlich wollte sie es gar nicht so genau wissen – und zuckte dann geschlagen mit den Schultern. Es war ihr Geburtstag, den wollte sie sich nicht selbst versauen. Zorro wirkte erleichtert. Dann schien ihm die Sektflasche in seinen Händen wieder einzufallen und er öffnete sie mit einem lauten Knall und störte sich nicht daran, dass der Perlwein überschäumte und auf den Boden tropfte. Stattdessen griff er nach zwei Gläsern auf dem Sideboard, goss sie randvoll und hielt ihr eins davon entgegen. Während Tashigi noch damit beschäftigt war, das Glas so zu balancieren, dass sie nichts verschüttete, stieß Zorro bereits mit ihr an. „Auf dich“, murmelte er halblaut und kippte das Glas in einem Zug herunter. Dann goss er sich nach. Tashigis Gedanken kehrten zu dem weißen Puder in Zorros Gesicht zurück und plötzlich schien der Einfall, es könnte Koks sein, gar nicht mehr so absurd. Zorro schien total neben sich zu stehen, wirkte gar nicht wie sich selbst. Er war aufgedreht, konnte die Hände nicht still halten und blickte gehetzt durch die Gegend, als hielte er sich an einen unsichtbaren Zeitplan. Sie kam nicht mehr mit, wusste aber auch nicht, wie sie die Frage verpacken sollte. „Du...eh...du hast da was“, machte sie ihn schließlich aufmerksam und tippte sich an die Wange. Auf die Reaktion war sie jetzt gespannt. Zorro wischte sich verdutzt über das Gesicht, entdeckte das weiße Zeug an seinem Finger – und leckte es ab. „Kuchen!“, stieß er dann so abrupt aus, dass Tashigi zusammenzuckte. Verständnislos starrte sie ihn an, während sich das Gefühl, im falschen Film zu sein, verstärkte. „Du hast Geburtstag – es gibt Kuchen!“, bestimmte Zorro, umfasste ihr Handgelenk und zog sie mit sich ins Wohnzimmer. Erst dort ließ er sie wieder los und baute sich beinahe verlegen hinter dem Wohnzimmertisch auf. Tashigi starrte auf den Tisch und ihr Herz flatterte nervös. Er hatte ihr tatsächlich einen Kuchen gebacken. Und nicht nur das, er schien auch noch essbar zu sein. Und er hatte sich scheinbar wirklich Mühe gegeben, den Tisch ordentlich zu decken. Er hatte an Teller und Gabeln gedacht (auch, wenn Kuchengabeln vielleicht zweckdienlicher gewesen wären, aber sie wollte nicht kleinlich sein). Statt Servietten hatte er Taschentücher genommen und in der Mitte stand eine Vase mit etwas Grünzeug, auch wenn sie sich ziemlich sicher war, dass es Petersilie war. Die Geste zählte. „Du hast gebacken? Und die Wohnung steht noch?“, witzelte sie, um ihre Verlegenheit zu überspielen, bereute es jedoch angesichts Zorros Reaktion. Er starrte sie einfach bloß an und sagte gar nichts. Was bedeutete, dass der Kuchen auf dem Tisch nicht beim ersten und vermutlich auch nicht beim zweiten Versuch gelungen war. Aber immerhin, das Haus stand noch, dafür musste ihm jemand Respekt zollen. „Danke“, sagte sie und meinte es vollkommen aufrichtig. Sie freute sich darüber. Zorros häusliche Fähigkeiten waren total verkrüppelt und es hatte einiges zu bedeuten, wenn er sich für jemanden stundenlang in die Küche stellte und Teig anrührte. Bei der Vorstellung, wie er in einer niedlichen Schürze in der Küche hantierte, musste sie sich das Lachen verkneifen. Zorro musterte sie einen langen Moment, wie um herauszufinden, ob sie es ehrlich meinte oder ihn nur aufziehen wollte. Dann schien mit einem Schlag sämtliche Anspannung von ihm abzufallen. „Komm, setz dich“, forderte er sie auf und kippte noch einmal Sekt nach. Tashigi hatte auf dem Weg ins Wohnzimmer die Hälfte verschüttet und er hatte seines schon wieder geleert. Also füllte Zorro die Gläser, während Tashigi sich an einem Platz sinken ließ, bereit, zu entspannen. „Wie war dein Tag?“, hakte Zorro nach, als Tashigi sich gegen die Rückenlehne sinken ließ. „Verrückt“, winkte sie ab, nicht gewillt, sich jetzt noch mit der Arbeit zu befassen. Sie beobachtete Zorro dabei, wie er ein Fleischermesser zum Kuchenanschneiden in die Hand nahm. Es hätte sie auch nicht gewundert, wenn er seine Katana dafür benutzt hätte. „Ich bin heute bestimmt zwei Stunden lang durch den Wald gestapft, weil ein Löwe ausgebrochen ist. Ein Löwe! Kannst du dir das vorstellen?“ Zorro, der gerade die Klinge am Kuchen ansetze, verrutschte beim Anschneiden. So heftig, dass es Tashigi nicht gewundert hätte, wenn er auch die Tischplatte durchgeschnitten hätte. Erstaunt hob sie eine Augenbraue. „Sachen gibt’s“, sagte Zorro mit hohler Stimme und grinste verkrampft. 31 Minuten nach Feierabend Zorro überlegte fieberhaft, an welcher Stelle des Kuchens er den Ring vergraben hatte. Er bezweifelte stark, dass er Tashigi dazu überreden konnte, den kompletten Kuchen zu essen, bis sie irgendwann auf den Ring biss und sich im schlimmsten Fall noch einen Zahn daran ausbiss. Er verfluchte sich dafür, die Stelle nicht irgendwo markiert zu haben, aber was hätte er tun sollen? Ein Fähnchen reinstecken?! Also stocherte er mit dem Messer ein bisschen im Kuchen herum und hoffte, dass Tashigi es als Unbeholfenheit werten würde. Auf Tashigi machte es eher den Eindruck, als würde er den Kuchen mit einem Messer vergewaltigen, aber sie verkniff sich jede Art von Kommentar. Endlich sah Zorro im Schokoladenteig etwas Silbernes aufblitzen. Es gelang ihm irgendwie, das Kuchenstück unfallfrei auf Tashigis Teller zu befördern, und das, obwohl seine Hände vor Nervosität wieder zu Zittern anfingen. Er wollte es endlich hinter sich haben und hatte gleichzeitig die Befürchtung, kein Wort herauszukriegen. In der Stunde, die Tashigi zu spät gekommen war, hatte er seine Ansprache unzählige Male geübt und war dennoch nie zufrieden gewesen. Jetzt, wo Tashigi begann zu essen und anerkennende Töne von sich gab, schnürte es ihm den Hals zu und sämtliche Worte, die er sich vielleicht zurechtgelegt hatte, verschwanden von jetzt auf gleich. Schweiß rann ihm über den Rücken und er war sich jedes Herzschlags nur allzu bewusst. „Ist irgendwas?“, fragte Tashigi mit vollem Mund und blickte ihn mit schiefgelegtem Kopf nachdenklich an. „Iss endlich den verdammten Kuchen!“, platzte es angespannt aus ihm heraus. In der nächsten Sekunde hätte er sich dafür am liebsten erwürgt, aber Tashigi starrte ihn nur kurz verwirrt an und aß dann weiter Sie hörte abrupt auf zu Kauen, als sie mit der Gabel gegen etwas Metallisches stieß. Zorro wurde schwindelig, während er beobachtete, wie Tashigi fassungslos den Teig vom Ring kratzte. Als sie ihn freigelegt hatte, starrte sie den Ring verständnislos an, und Zorro konnte richtig zusehen, wie die Gedanken hinter ihrer Stirn rasten und eine Lösung für dieses Rätsel suchten. Und dann rastete etwas ein. Als ihr sämtliche Farbe aus dem Gesicht wich, wusste Zorro, dass sie verstanden hatte. Sie starrte ihn einfach nur an und er konnte nicht anders: er musste lächeln. Allein für diesen Gesichtsausdruck hatte sich diese Odyssee gelohnt. Er räusperte sich. Jetzt war es soweit, er musste etwas sagen. Musste die richtigen Worte finden, damit sie die einzige Antwort gab, die ihn nicht zerstören würde. Er spielte mehrere Ansätze durch und verwarf sie alle. Dann setzte er an. „Ich-“ Die Haustür zerbarst mit einem lauten Knall. Tashigis Hand zuckte automatisch zu ihrer Dienstwaffe, die sie immer noch am Schulterhalfter trug. Zorro sprang auf die Beine – scheiße, scheiße, scheiße – und blieb dann doch am Tisch stehen, vollkommen ahnungslos, was er tun sollte. „POLIZEI! KEINE BEWEGUNG! LORENOR ZORRO, HÄNDE HOCH!“, brüllten die Cops, noch bevor sie das Wohnzimmer überhaupt betreten hatten. Zorro hob die Hände, knirschte aber mit den Zähnen. Perfektes Timing, das musste man dem SWAT-Team lassen, das mit gezückten Waffen in sein Wohnzimmer stürmte und den perfekten Moment zu Nichte machte. Tashigi, die Hand immer noch an ihrer Waffe, blickte verständnislos von einem zum anderen. Ihre Verwirrung war perfekt, wenn auch nicht so, wie Zorro es geplant hatte. „Was zum...Lorenor, was geht hier vor?“, stieß sie zusammenhanglos aus. „AUF DIE KNIE!“, befahl ein wahrer Schrank von einem Mann Zorro mit vorgehaltener Maschinenpistole. Er wartete gar nicht nach, bis Zorro seiner freundlichen Aufforderung nachkam, sondern riss ihm die erhobenen Hände auf den Rücken und trat ihm in die Kniekehlen. Zorro knickte ein und fand sich schneller auf den Knien wieder, als Tashigi „Was zur Hölle!“ murmeln konnte. Er spürte ihren Blick auf sich, der nach Antworten verlangte, die er ihr nicht geben konnte. Dann rasteten die Handschellen um seine Handgelenke ein und er fühlte, wie die Blutzufuhr zu den Händen eingeschränkt wurde. „Zorro?! Was geht hier vor?!“, verlangte Tashigi zu wissen. Zorro starrte zu ihr hoch. Er hatte keinen blassen Schimmer, wie er ihr erklären sollte, warum mitten in seinem Antrag ein SWAT-Team seine Wohnung stürmte und ihn festnahm. Jetzt oder nie. „Eigentlich wollte ich es auf meine Art machen. Das war mir immer zu klischeehaft, aber da ich nun schon einmal knie“, begann er mit plötzlich wiedergefundener Selbstsicherheit. Ihm gelang sogar ein schiefes Grinsen. Hätte er gekonnt, hätte er ihr den Ring entgegengehalten wie in einem dieser kitschigen Liebesfilme, aber mit den Handschellen gestaltete sich das etwas schwierig. Er holte ein letztes Mal tief Luft. „Tashigi Jenkins – willst du mich heiraten?“ Man hätte eine Stecknadel fallen hören können. Obwohl Sekunden vorher noch acht Männer des Spezialeinsatzkommandos seine Wohnung gestürmt hatten und immer noch die Räume sicherten, konnte man nichts hören außer Tashigis hektischen Atem, während sie versuchte zu verstehen, was er gerade gesagt hatte. „Awwwwwwwwwwwwwwww“, seufzten die Männer des SWAT-Teams dann synchron und die Spannung im Raum löste sich ein wenig. „Soll das...soll das ein Scherz sein, Lorenor?!“, entfuhr es Tashigi schließlich ungläubig. Sie sah ihn aus großen Augen an und für einen Augenblick gab es nur sie beide in diesem Raum, so intensiv starrten sie sich an. Tashigi suchte seinen Blick nach dem kleinsten Anzeichen von Zweifel, wartete förmlich darauf, dass der Schalk in seinen Augen aufblitzte, aber Zorro erwiderte den Blick mit einer nie dagewesenen Ernsthaftigkeit. So nervös und fahrig er zuvor auch gewesen sein musste, seine Worte hatte er ernst gemeint. Der Ring sprach für sich. Und jetzt, wo es endlich raus war, ruhte er auch wieder in sich selbst, obwohl er auf dem besten Wege war, für ein paar Jahre ins Gefängnis zu wandern. Keiner von ihnen sagte etwas, bis der Hüne aus dem SWAT-Team Zorro unter die Arme griff und ihn auf die Beine zerrte. Bevor er „Aufstehen!“ knurrte. „Jetzt warte doch mal ’ne Sekunde“, beschwerte Zorro sich unwillig, während er sich stolpernd in die Höhe ziehen ließ und sich dann schwer machte, damit der Kerl ihn nicht so einfach rausschleifen konnte. „Nein“, antwortete Mr. SWAT. Und schleifte ihn trotzdem einfach raus. Tashigi starrte ihnen mit offenem Mund nach, unfähig, sich zu bewegen, geschweige denn eine Antwort zu geben. Ihr Hirn kapitulierte, sie kam nicht mehr mit. Stattdessen hielt sie den Ring umklammert als wäre es ein Rettungsanker, auch wenn sie noch nicht wusste, was sie von der ganzen Sache halten sollte. Erst, als das Einsatzkommando ihren – Freund? Verlobten? Zukünftigen? Ex? – persönlichen Idioten aus dem Raum schaffte, kam Bewegung in sie. Sie sprang so heftig auf, dass der Stuhl umkippte, und ging ihnen wie in Trance ein paar Schritte nach. „Zorro!“, rief sie, das einzige, was ihr einfallen wollte. Seine Frage hatte ihren Wortschatz gelöscht. Zorro bäumte sich noch einmal gegen den schraubstockfesten Griff der Beamten auf, chancenlos. Nur, wenn er den Kopf weit nach hinten verdrehte, konnte er einen Blick in Tashigis verwirrtes Gesicht erhaschen. Er war sich der Tatsache vollauf bewusst, dass sie viel zu durcheinander war, um ihm jetzt eine Antwort zu geben. Nicht umsonst wünschte er sich verzweifelt, diese Idioten wären Minuten – nur ein paar verdammte Minuten! – später gekommen. „Nimm dir ruhig Zeit mit deiner Antwort!“, rief er noch über die Schulter hinweg, dann stieß ihm Mr. SWAT so heftig nach vorne, dass ihm die Luft wegblieb. Zwei Beamte sicherten den Hausflur ab, der Rest schlurfte mit gesenkten Waffen hinter ihnen her und dann schloss sich die Tür, auch wenn sie bloß lose in den Angeln hängen blieb. Tashigi blieb allein zurück. 3 Stunden, 22 Minuten nach der Verhaftung Zorro blinzelte gegen den Zigarrenqualm an. Im kleinen Vernehmungsraum konnte man kaum noch die Hand vor Augen sehen und er wünschte sich erledigt, jemand würde mal ein Fenster öffnen oder die Lüftung anschalten. Aber niemand hatte auch nur das geringste Interesse daran, ihm irgendwelche Annehmlichkeiten zu machen. Er hatte ein Kind entführt, so einfach war das. Etwas anderes konnte er selbst Smoker nicht weiß machen, der ihn anstarrte, wie ein Wolf seine Beute. Abwartend, geduldig, verschlagen. Sonderlich gut hatten sie sich nie leiden können, aber Tashigi zu Liebe hatten sie sich respektiert und miteinander arrangiert. Jetzt hatte Zorro eine Grenze übertreten und egal, was er sagte, das konnte er nicht mehr rückgängig machen. Smoker hatte die Angst und Verzweiflung von Rikas Mutter hautnah erlebt und würde sie so schnell nicht wieder vergessen. Deshalb kaute er die ganze Geschichte auch endlos mit Zorro durch, bis kein noch so peinlicher Punkt mehr ungeklärt war. Zorro hatte Smoker die Geschichte erzählt. Die ganze Geschichte, hatte nichts zurückgehalten außer den Antrag an sich, weil er überzeugt war, dass Smoker ihm mit dem gläsernen Aschenbecher den Schädel einschlagen würde, sollte herauskommen, dass er Tashigi für den Rest ihres Lebens an sich hatte binden wollen. Er hatte seine Geschichte von vorne erzählt, von hinten aufgerollt und hatte sämtliche Befragungsmethoden über sich ergehen lassen und jede gottverdammte Frage beantwortet, auch wenn ihm die Antwort manchmal im Halse beinahe stecken blieb und die Scham sein Gesicht in Flammen setzte. Nun pustete Smoker ihm den Rauch ins Gesicht. Er lehnte lässig in seinem Stuhl, die Füße auf dem Tisch gelegt, direkt neben Zorros auf dem Tisch gefesselten Händen. Er schien über das Gehörte nachzudenken und Zorro meinte, sowohl Belustigung als auch Schadenfreude hinter seinen klugen Augen aufblitzen zu sehen. Zorro hatte das Gefühl, Smoker wusste etwas, was er nicht wusste, und fragte sich erschöpft, ob er wohl mit Tashigi geredet hatte. Denn ab und an rauschte Smoker hinaus und kam mit einem dicken Stapel Akten wieder herein. Sein Schädel dröhnte. Eine Kopfschmerztablette hätte er zu schätzen gewusst. Er hatte alles erzählt, was er wusste, und nun wollte er eigentlich nur noch in seine Zelle gebracht werden, Dankeschön. Smoker glaubte ihm anscheinend mit keiner Silbe, dass er in das Schlamassel irgendwie hineingerutscht war und bloß ein paar übereilte, undurchdachte Entscheidungen getroffen hatte. Oder es war ihm einfach egal. Wahrscheinlich konnte selbst Smoker nichts mehr deichseln, um ihn aus dieser Misere hinauszuholen, oder Tashigi drängte ihn nicht mehr dazu. Er wusste es nicht und er war es müde, sich das zu fragen. „Du bist so blöd, Lorenor“, stellte Smoker in diesem Moment fest. Zorro nickte. Da konnte er nicht widersprechen. Das blöde Sprichwort stimmte, Liebe machte blind. Und taub. Und ganz fürchterlich dumm. Mehr hatte Smoker ihm anscheinend nicht mitzuteilen, jedenfalls schwiegen sie eintönig. Bis die Tür zum Vernehmungsraum aufschwang und Tashigi die Manege betrat. Zorro drehte den Kopf zu ihr herum und sank sichtlich in sich zusammen. Die – Ex? Freundin? Verlobte? – Frau die er liebte sah so unnahbar aus wie nie und verströmte Wut aus jeder Pore. Strammen Schrittes marschierte sie hinein und es war unmöglich zu sagen, ob sie ihn hier rausboxen oder ihm vielmehr ins Gesicht boxen würde. „Smoker, kannst du mal bitte gehen?“, sagte sie dann und allein die Schroffheit, mit der sie ihren Chef hinauskomplimentierte, ließ Zorros Hoffnung schrumpfen. Er richtete einen Blick auf seine Hände, als versuchte er die Zukunft in ihnen zu lesen. „Willst du ihn verprügeln? Ich kann die Kameras ausschalten“, bot Smoker grinsend an, während er auf die Beine kam und Tashigi den Stuhl anbot. „Mach das“, stimmte Tashigi knapp zu, nahm Smokers Platz ein und starrte Zorro eisig an. Bis die Tür krachend hinter Smoker zugefallen war, sagte sie keinen Ton und Zorro tat es ihr gleich. Er war sich ohnehin nicht sicher, ob seine Stimme halten würde. Noch immer weigerte er sich, sie anzusehen. Er wollte die Verachtung in ihren Augen nicht sehen. Tashigi wartete noch, bis das rote Lämpchen an der Überwachungskamera erlosch, dann brach sie das Schweigen. Und wehe dem, er log sie an und redete sich heraus. „Du hast ein Kind entführt?“ „Aus Versehen“, stellte Zorro kleinlaut klar. „Weil du das falsche Auto geklaut hast.“ Das war eine Feststellung. Sie hatte mit Lysop telefoniert, der ihr stockend von dem merkwürdigen Einkauf und dem anschließenden Fiasko erzählt hatte. Den Rest hatte sie sich aus den Polizeimeldungen zusammengereimt. „Ja.“ „Wegen ein paar Eiern.“ Auch mit Sanji hatte sie geredet, nun, wo ihr klar war, warum er ihr ein paar Stunden vorher in die Arme gelaufen war und sich so komisch verhalten hatte. Kein Wunder, die Cops hatten ihn ganz schön in die Mangel genommen, als er mit Rika in die Wache spaziert kam. „Ja“, gab Zorro zerknirscht zu. Er hatte sich das auch anders vorgestellt. „Und das ganze nur, um mir einen Kuchen zu backen?“, fragte Tashigi, die Arme vor der Brust verschränkt. Das war eine Vorstellung, die sie gleichermaßen verstörte und faszinierte. Er zog eine Spur aus Chaos und Zerstörung durch die ganze Stadt – und das alles wegen ihr? „Und um dir die Frage zu stellen. Ja“, antwortete Zorro leise. „Den Ring hast du aber nicht geklaut?“, hakte Tashigi nach. Endlich blickte Zorro auf. „Teufel, nein!“, stieß er entrüstet aus. Seine Empörung klang durch und durch echt. Tashigi sah ihn mit hochgezogener Augenbraue an. „Komm schon, so weit hergeholt ist der Gedanke auch nicht“, mahnte sie und Zorro tat das einzig richtige, sah auf seine gefesselten Hände und schwieg. Sie lehnte sich zurück und betrachtete den Grünhaarigen, mit dem sie die letzten Jahre ihres Lebens verbracht hatte. Es war nie einfach mit ihnen und würde es wohl auch nie sein. Doch jetzt lag es an ihr zu entscheiden, ob sie den HickHack weiter mitmachte oder Zorro in die Wüste schickte und ihr Leben in Ruhe fortsetzte. Ohne ihn und ohne Chaos. „Ja“, brach sie das Schweigen erneut. Er blickte verblüfft auf. „Was?“ „Ja“, wiederholte Tashigi ruhig und konnte nicht anders: beim Anblick seiner verständnislosen Miene musste sie lächeln. Außerdem schlug ihr das Herz bis zum Hals. Als Zorro sie nach mehreren Sekunden immer noch verständnislos anstarrte, erlöste sie ihn. „Die Antwort auf deine Frage. Ja“, führte sie weiter aus und fischte nach dem Verlobungsring, den sie in der Brusttasche versteckt hatte. Zorro blinzelte einen Moment irritiert, dann schien das Gewicht der ganzen Welt von seinen Schultern zu fallen und er sah sie an, als hätte sie ihm soeben nicht nur ihr Ja-Wort gegeben, sondern ihm auch sonst sämtliche Wünsche erfüllt. Sprachlos suchte er nach Worten, doch ihm fiel nichts ein. Seine Kehle war vor Erleichterung wie zugeschnürt. Liebend gerne hätte er einen lässigen Spruch losgelassen, doch ihm fiel ums verrecken nichts ein. Stattdessen wollte er aufspringen und sie an sich drücken, wurde aber von den Handschellen zurück an seinen Platz gerissen. Sein Herz raste. Nicht vor Nervosität oder Angst, sondern vor Glück. Er hätte die ganze Welt umarmen können. Bis Tashigi einen Finger hob. „Das heißt nicht, dass ich nicht noch stinksauer auf dich bin“, betonte sie überflüssigerweise und Zorro nickte beflissen. Schon klar, die nächsten Wochen hatte sie das Sagen. Tashigi nickte zufrieden. Damit waren die Fronten geklärt. Sie rappelte sich auf. „Du kommst unter einer Bedingung auf Kaution frei. Du hilfst uns, diesen Psycho-Clown zu finden“, erklärte sie, wieder ganz professionell. „Natürlich“, beeilte Zorro sich zu sagen, auch wenn er lieber öffentliche Toiletten mit der Zunge gereinigt hätte, als Buggy noch einmal gegenüberzustehen. Wieder nickte Tashigi. Sie musterte ihren Verlobten von oben herab, konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen und machte dann Anstalten, den Raum zu verlassen. „Jenkins?“, ließ Zorro sie innehalten. Bereits in der Tür drehte Tashigi sich zu ihm herum. Zorro hatte den Kopf total verrenkt, damit er sie ansehen konnte. „Das ist dein Ernst? Du bleibst trotzdem bei mir?“ Tashigi wurde warm ums Herz. Noch nie hatte sie ihn so zögerlich, so skeptisch gesehen. Anscheinend konnte er es wirklich nicht fassen, dass sie zu ihm stand. Sie zuckte mit den Schultern. „Du hast zwar total versagt, aber irgendwie hatte das Flair.“ Zorro schien sich das einen Moment durch den Kopf gehen zu lassen, dann grinste er und sank um einiges entspannter in den Stuhl zurück. Hinter Tashigi schloss sich die Tür. Ihr Herz klopfte immer noch heftig vor Aufregung, als sie durch den Flur eilte und sich den Ring an den Finger der linken Hand steckte. Lorenor Zorro mochte vielleicht ein heilloser Chaot sein. Aber er war ihr Chaot. Für immer. *** Newsticker Logue Town Police Department Gestern, 21:03 Uhr Aus dem Kumate Zirkus ist anscheinend ein Löwe entwischt. Dompteur Moji entdeckte in den frühen Abendstunden, dass der Käfig des Raubtieres leer war. Einbruchsspuren fanden sich nicht. Die Ermittlungen wurden eingeleitet. Verdächtigt wird ein Mitarbeiter aus den eigenen Reihen. Heute, 03:22 Uhr Vom Parkplatz der Raststätte Eastblue wurde ein LKW gestohlen. Der Fahrer hatte sich eine Pause im dazugehörigen Diner genehmigt und danach sein Fahrzeug als gestohlen gemeldet. Der Wagen hat das Kennzeichen GL-FU 845. Um Hinweise wird gebeten. Heute, 12:25 Uhr In der Böschung abseits der Landstraße 8, Richtung Grandline, wurde ein herrenloses Motorrad gefunden. Schäden und Bremsspuren nach zu urteilen gab es kurz zuvor einen Unfall. Von dem Fahrer fehlt jede Spur. Heute, 14:32 Uhr Ein junger Mann wurde soeben von zwei Beamten festgenommen, konnte jedoch entkommen, bevor man seine Personalien aufnehmen konnte. Die Beamten erwischten ihn während einer Schlägerei, er war bewaffnet. Sowohl Opfer als auch der Verdächtige konnten entkommen. Ein Beamter wurde verletzt. Der Verdächtige ist ca. 1,80 groß, grüne Haare und hat eine Verletzung an der Schulter. Um Hinweise wird gebeten. Heute, 15:42 Uhr In einer Zweigstelle der Supermarktkette Wapol kam es zu einem Ladendiebstahl. Der Dieb flüchtete mit einem Karton Eiern. Die Hintergründe sind noch ungeklärt. Heute,15:48 Uhr Auf dem Parkplatz einer Zweigstelle der Supermarktkette Wapol kam es zu einem Autodiebstahl. Ein Ladendieb stahl einen grauen Honda CRX, Kennzeichen GL-RM 253. Um Hinweise wird gebeten. Heute, 15:56 Uhr In dem geklauten Wagen, der heute auf einem Parkplatz der Supermarktkette Wapol gestohlen wurde, saß ein Kind. Die Polizei geht von Kindesentführung aus. Das Mädchen ist sechs Jahre alt, heißt Rika und hat braune Haare. Sie trägt ein lila-türkisgestreiftes Kleid. Der Verdächtige ist vielleicht bewaffnet und befindet sich gegenwärtig auf der Flucht. Um Hinweise wird dringend gebeten. Heute, 16:18 Die Polizei startete eine groß angelegte Verfolgungsjagd durch die Innenstadt Logue Towns, um den Entführer eines Kindes zu stellen. Der Verdächtige durchbrach eine Straßensperre und verletzte mehrere Beamte leicht. Das Kind befindet sich noch immer in seiner Gewalt. . Der Verdächtige ist ca. 1,80 groß, grüne Haare und hat eine Verletzung an der Schulter. Er ist vermutlich bewaffnet. Um Hinweise wird gebeten. Epilog: 14 Jahre später ----------------------- 14 Jahre später Tashigi hatte beide Beine hochgelegt und die Füße auf Zorros Schoß platziert. Wenn er nicht gerade damit beschäftigt war, an seiner Bierflasche zu nuckeln und das Spiel der Giants auf dem Bildschirm zu verfolgen, massierte er sie ihr ab und zu, sodass sie sich wohlig in die Kissen räkelte und beinahe das Weinglas in ihrer Hand fallen ließ. Wer hätte gedacht, dass es mal so einfach werden würde? Na schön, Zorro war nach wie vor ein Chaot. Noch immer wurde er hin- und wieder festgenommen, aber etwas wirklich ernsthaftes hatte er sich nicht mehr zu Schulden kommen lassen, seit er mal mit Sanji eine Gasleitung in der Innenstadt gesprengt hatte. Und selbst das war nur ein Versehen gewesen. Das war nun zwei Jahre her und sie hatte Hoffnung, dass in nächster Zeit ein bisschen Ruhe einkehren würde. Sie hatten immerhin genug um die Ohren. „Dad?“, unterbrach Rika die Stille. Sie saß im Schneidersitz auf einem Sessel und linste nun neugierig zu ihrem Vater herüber, der gebannt auf den Bildschirm starrte und nur grunzte, zum Zeichen, dass er sie gehört hatte. Rika war Tashigi beinahe wie aus dem Gesicht geschnitten. Die gleichen Augen, die gleiche Nase, die gleichen Haare. Die störrische Art hatte sie von ihnen beiden geerbt und Zorro betonte immer wieder, dass sie ihrer Namensvetterin alle Ehre machte. Tashigi verstand immer noch nicht, warum sie ihre Tochter unbedingt nach dem Kind hatten nennen müssen, dass er damals entführt hatte, aber diesen Kampf hatte er gewonnen. „Dad!“, verlangte Rika nun konsequenter nach Aufmerksamkeit und Zorro wendete endlich den Blick vom Fernseher. „Was denn?“ „Wie hast du Mum eigentlich dazu gekriegt, dich zu heiraten?“, hakte die Elfjährige nach, das Kinn auf die Hand gestützt. Neben ihr stöhnte Reid. Der Dreizehnjährige, schon jetzt ein Ebenbild Zorros, war davon überzeugt, dass die Antwort auf diese Frage mal wieder eine dieser eingespielten, langatmigen Geschichten werden würde, die Eltern eben so erzählten. Da hatte er sich verrechnet. Tashigi konnte nicht anders. Sie lachte los. Schallend, obwohl sie gerade an ihrem Wein genippt hatte. Prustend spritzte ihr der Wein aus beiden Nasenlöchern und sorgte für ein Brennen in der Kehle, während er das helle Polster der Couch ruinierte, aber sie schaffte es nicht, das Kichern zu unterdrücken. Wenn sie an Zorros Heiratsantrag zurückdachte, fragte sie sich selbst immer wieder, warum sie eigentlich ja gesagt hatte. Und dann warf sie einen Blick auf ihre Kinder und bereute nichts. Zorros Miene verfinsterte sich von einer Sekunde auf die andere. Seine Mundwinkel bekamen diesen verkniffenen Zug, wie immer, wenn er sich über etwas ärgerte. Ob über die Frage seiner Tochter an sich oder die Reaktion seiner Frau war schwer zu sagen. „Darüber reden wir in dieser Familie nicht“, beschloss Zorro eiskalt und musste an sich halten, bei dem flehenden Blick seiner Tochter nicht nachzugeben. Aber dieser Schmach würde er sich nicht erneut aussetzen, ganz besonders nicht vor seinen Kindern. Rika und Reid wechselten einen irritierten Blick. Dabei kommunizierten sie tausende Fragen, wie nur Geschwister es konnten. Reid zuckte mit den Schultern – eine Angewohnheit, mit der er Zorro zu hundert Prozent imitierte, ohne es zu merken – und Rika musste ebenfalls lachen, während sie beobachtete, wie ihre Mutter sich kichernd auf der Couch zusammenrollte und sich den vor Lachen schmerzenden Bauch hielt. Der unnahbare Blick ihres Vaters juckte keinen von beiden. Schniefend setzte Tashigi die Brille ab und wischte sich die Lachtränen weg. Zorro drehte den Ton am Fernseher lauter und igelte sich ein. Seine glutroten Ohren waren der einzige Hinweis darauf, wie peinlich ihm die ganze Sache immer noch war. Selbst nach 14 Jahren. „Das erzähl ich euch irgendwann in Ruhe mal“, versprach Tashigi an die Kinder gewandt, immer noch breit grinsend. Rika und Reid nickten. Zorro grollte ein „Das wirst du nicht!“, und warf halbherzig mit dem Kissen nach Tashigi. Die beiden Geschwister sahen sich erneut an und verdrehten die Augen. Manchmal waren ihre Eltern echt kindisch und peinlich. Hosted by Animexx e.V. 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