Once upon a time... von Vienne (Als wäre es erst gestern gewesen...) ================================================================================ Kapitel 5: Nobody but you ------------------------- Der Wind peitschte von allen Seiten auf und in das kleine Wartehäuschen hinein. Der Eisregen wurde immer heftiger und dichter und man sah nur noch trübe die Straßenlaterne. Konnte nur mehr einen leichten hellen Schein ausmachen. Ein unbedeutender Lichtfleck ohne Konturen. Die Eiskristalle prallten ungebremst gegen die gläserne Rückwand und donnerten auf das Holzdach. Es gab keinen Zentimeter mehr auf ihren Sachen, der nicht durchnässt war. Usagi spürte die Feuchtigkeit auf ihrer Haut. Bekam eine Gänsehaut. Ihre Lippen zitterten leicht und sie hatte ihre liebe Not, dass nicht noch ihre Zähne laut klapperten. Am liebsten hätte sie die Arme um ihren Körper geschlungen, aber sie wusste, dass es eh nichts brachte. Ihre Augen waren geweitet und sie starrte zu dem sogenannten Eiszapfenkönig Tsurara. Unverholen schaute er zwischen ihr und Mamoru hin und her. Noch immer hatte sie keine Ahnung, was sie tun sollte. Sie war sich ihrer eigentlichen Verantwortung gegenüber der Menschheit und somit auch Mamoru bewusst. Doch da war auch noch die Tatsache, dass sie ihre Identität als Sailor Moon geheimhalten musste. Und das unter allen Umständen. Innerlich musste sie sich eingestehen, dass es ihr bei einem Fremden in solch einer gefährlichen Situation sogar egal gewesen wäre, sich vor dessen Augen zu verwandeln. Aber Mamoru würde sie dabei in Gefahr bringen. Sie kannte nur allzu gut sein Verantwortungsgefühl. Er würde sie auf Teufel komm raus beschützen wollen. Leise seufzte sie. Bekam überhaupt nicht mit, was um sie herum vor ging. “Usako!” Ein Schrei drang an ihre Ohren, gefolgt von einem dumpfen Aufprall. Sie kniff die Augen zusammen. Ein Schwindelgefühl ergriff sie und neuerlich hörte sie ihren Namen. Es war Mamorus Stimme. “Usako! Usako, kannst du mich hören?” Er lag halb auf Usagi, halb auf dem Boden. Eine leichte Panik stieg in ihm auf. Seine Blicke glitten zwischen Tsurara und dem Mädchen unter sich hin und her. Sein Verstand arbeitete auf Hochtouren. Versuchte eine schnellstmögliche und sichere Lösung zu finden. Normalerweise hätte er sich ohne zu zögern in sein zweites Ich verwandelt. Doch nun war Usagi bei ihm. Er würde sie in höchste Gefahr bringen, wenn sie von seiner Identität als Tuxedo Kamen Bescheid wusste. Sie war ohnehin ein kleiner Angsthase und würde sich nur viel zu viele Sorgen um ihn machen. Was in seinen Augen auch verständlich war. Und vielleicht würde dieses Wissen und sein Weggang nach Harvard nur noch mehr auf ihre ohnehin komplizierte Beziehung drücken. Dabei war er ehrlich froh, dass es sich heute Abend um hundertachtzig Grad zum besseren gedreht hatte. “Usako!”, er verpasste ihr eine leichte Ohrfeige, um sie wieder ins Hier und Jetzt zu befördern. “Mamo-chan.”, ihre Stimme war leise, als sie blinzelnd die Augen aufschlug. Sie wollte sich gerade leicht aufsetzen, als sie erneut von Mamoru zu Boden gedrückt wurde. Doch dieses Mal ließ sie ihre Augen offen. Schaute sich verwirrt um. Erst zu Mamoru, dessen Gesicht nah an ihrem war und dann zu Tsurara. “Was ist passiert?” “Er beschießt uns.” ”Was?”, sie drehte ihren Kopf leicht und das Blut gefror ihr in den Adern beim Anblick, der sich ihr bot: Tsurara riss sich einen seiner eisigen Finger aus und warf ihn im rasanten Tempo in ihre Richtung. Der Fingereiszapfen verfehlte sie beide nur haarscharf. “Es sind seine Finger?!” ”Ja.”, Mamoru lachte bitter auf, “Und sie wachsen einfach wieder nach.” ”Was?” Der junge Mann sah sie an. Strich ihr über die Wange: ”Es wird alles gut werden. Ich werde dich beschützen.” Sie nickte tapfer. Wollte ihm so gerne glauben, aber es ging nicht. Sie war es doch, die ihn retten musste. Um jeden erdenklichen Preis. Usagi ertrank in seinen Augen “Oh wie niedlich ihr beide doch seid. Noch!”, Tsuraras Stimme donnerte zu ihnen hinüber, “Nicht mehr lange und ich hab euch eure Lebensenergie abgesaugt. Meine Königin wird so stolz auf mich sein!” Wieder brach er sich seine eigenen Finger ab, um sie auf das am Boden kauernde Paar zu schießen. In Sekundenschnelle wuchsen neue Finger nach, die er neuerlich abbrach. Immer schneller schleuderte er seine Finger in das Wartehäuschen hinein. Einige zersplitterten am Boden. Andere an der Dachkante. Feine Splitter rieselten auf das Paar hinab. “Mir scheint, dass ich besser zielen muss.” Tsuraras Lachen klang arrogant, aber er machte seine Drohung wahr. Ohne große Umschweife zog er wieder einen Finger von seiner Hand ab und traf damit Mamoru genau am Rücken. Dieser keuchte schmerzerfüllt auf. Warf seinen Kopf kurz in den Nacken, bevor er zurück auf sein Brustbein sank. Mit den Armen knickte er ein wenig ein. Konnte sich aber immer noch ein wenig abstützen. “Mamo-chan, ist alles okay?!”, Usagi kam die Frage selbst überflüssig vor. Sie sah selbst und mit eigenen Augen, dass es ihm wehtat. ”Alles gut. Ich bin ganz gut trainiert und kann das ab.”, er zwang sich ein Lächeln ab. Wollte sie damit beruhigen. Und verfluchte sich doch innerlich dafür, weil er sich nicht verwandeln konnte. Fieberhaft versuchte er immer noch eine Lösung zu finden. Oder zumindest einen möglichen Fluchtweg für Usagi. Doch abrupt wurden seine ohnehin schon wirren Gedankengänge durch einen wiederkehrenden Schmerz unterbrochen. Er spürte das Zersplittern zwischen seinen Schulterblättern. Fühlte die eisige Kälte, die augenblicklich durch seine ohnehin schon durchnässte Jacke drang. Seine Arme knickten ein wenig weiter weg. “Mamo!” “Alles okay.”, er musste husten. Wieder versuchte er sich ein Lächeln abzuringen. Erst recht als er die Tränen in Usagis Augen sah. Er wandte den Blick ab und in Richtung des Monsters. Jedoch nur für Sekunden bevor er den blonden Haarschopf wieder nach unten drückte und ihr so erneut das Leben rettete. Er presste die Zähne zusammen, als sich der Schmerz auf seinem Rücken bemerkbar machte. Kaum verklang einer, kam der nächste. Scheinbar schoss Tsurara nun unaufhörlich. Mamoru wagte es allerdings nicht den Kopf zu heben. Seine Gedanken galten einzig und alleine Usagi, die er unbedingt schützen musste. Deswegen drückte er sie noch mehr an sich. Er spürte ihren warmen Atem, der seine Halsbeuge streifte, da sein Schal verrutscht war. Ihre Haare kitzelten ihn ein wenig am Kinn. Ein wenig öffnete er die Augen, sah ihre gold-blonden Strähnen. Sanft strich er mit einer Hand darüber. Ein wohliger Schauer durchfuhr seine Fingerspitzen. Warum hatte er sich jemals mit ihr gestritten? War das ganze jetzt hier die Strafe dafür? Dafür das er so fies zu ihr war? Dafür das er sie immer mit ihren schlechten Noten aufgezogen hatte? Dafür das er sich immer lustig über ihre Haarknoten gemacht hatte, die ihr doch eigentlich so gut standen? Wieder krachte ein Eiszapfen in seinen Rücken. “Ich muss durchhalten.”, versuchte er sich Mut zu machen und drückte Usagi einen Kuss auf den Haarschopf, “Ich hol uns beide hier raus.” Seine Worte drangen an ihr Ohr und sie konnte nur allzu deutlich seinen Schmerz heraus hören. Es strengte ihn scheinbar unglaublich an. Einzelne Splitter trafen sie. Ein feiner Schnitt entstand auf ihrer Wange. Sie konnte den warmen Rinnsal ihres eigenen Blutes spüren. Mit zitternden Finger fasste sie darauf, nur um sich dann die rötliche Flüssigkeit anzusehen. Schwer musste sie schlucken. Ihr kam die Erkenntnis, dass, wenn ein kleiner Splitter schon solch eine Wunde schaffte, ein ganzer Zapfen noch viel mehr verursachte. Mamorus Rücken musste furchtbar geschunden sein. Einige Tränen rannen ihr über die Wangen. Sie schluchzte leise. “Hör auf zu heulen, Usako. Das bringt uns nicht weiter.” “Aber...aber du bist...verletzt...” ”Ich weiß. Aber vertrau mir doch einfach, wenn ich dir sage, dass ich uns hier rausbringe.” Ein lautes Krachen erfüllte die Hütte und Usagi musste nach Luft schnappen, als Mamoru auf sie sackte und regungslos liegen blieb. Sie blinzelte. Sah, dass das Holzdach über ihnen bedrohlich schwankte, um dann donnernd über ihnen nachzugeben und auf sie zu fallen. Usagi drehte den Kopf weg. Sie konnte den Holzgeruch wahrnehmen und den feinen Staub, der sich auf sie beide niedersenkte. Leicht musste sie husten, bevor sie zu Mamoru blickte. Er lag bewusstlos auf ihr. Sie konnte sehen, das er atmetet. Zwar schwer aber er tat es. Ihr Blick wanderte weiter und sie erkannte, dass sie nun ein wenig geschützt durch die Holzbretter waren. “Mamo-chan?!” Er zeigte keine Reaktion. “Gut, wenn nicht jetzt, wann dann?”, sie schob ihn vorsichtig von sich. Versuchte dabei so wenig Lärm wie möglich zu machen. Sie lauschte. Wollte wissen, wie viel Tsurara von ihrer Aktion mitbekam. Doch scheinbar stand er immer noch an der gleichen Stelle wie zuvor. Sie blieb in der Hocke. War so durch ein breites, dickes Holzbrett geschützt. In ihrer Manteltasche kramte sie nach ihrer Brosche. Sie war froh, dass sie sie nicht zuhause gelassen hatte, wie sie zunächst vorgehabt hatte. Ihre Finger umklammerten die golden verzierte Schatulle und sie sprach die magischen Worte. Konnte das wohlbekannte Kribbeln spüren, dass sich von der Brosche über ihren ganzen Körper ausbreitete. Fühlte die Bänder, die sich zu ihrem Body formten und die Falten ihres Rockes, der sich von ihrer Taille abwärts bildete. Weich schmiegte sich der Stoff ihrer Handschuh an ihre Unterarme und um ihre Waden bemerkte sie das leichte Leder ihrer Stiefel. Sie fühlte den leichten Druck, als sich ihre Schleife am Rücken selbst band und das kalte Metall ihres Diadems auf ihrer Stirn. So schnell wie das warme Licht sie umfangen und das Kribbeln ihren Körper ausgefüllt hatte, so schnell war es auch wieder verschwunden. Wie immer. Sie öffnete die Augen. Sah sich wieder um. “Wer bist du?” Scheinbar hatte Tsurara sie doch mitbekommen. Was kein Wunder war, da sie nach ihrer Verwandlung stand und nicht mehr hockte. “Ich bin Sailor Moon und ich kämpfe für Liebe und Gerechtigkeit. Und im Namen des Mondes werde ich dich bestrafen.” “Für was denn? Etwa wegen der paar Eiszapfen?”, lachte er höhnisch auf. “Ganz genau. Und dafür das du uns bei unserem Kuss gestört hast.”, Moon wurde leicht rot um die Nase, wenn sie daran zurück dachte. “Ach und was willst du dagegen tun? Etwa mich mit deinem Lächeln zum Schmelzen bringen? Ha, wie lächerlich!” “Äh, das wäre mein Plan A gewesen.” ”Und Plan B?” “Schneeballschlacht?”, Moon bückte sich und versuchte aus den sich am Boden gesammelten Eiskristallen Schneebälle zu formen. Was ein lächerliches Unterfangen war, wie sie selbst schnell einsehen musste. Verzweifelt schaufelte sie das elendig kleine Häufchen in ihren Händen zusammen. Doch so schnell wie sie es in den Händen hatte, zerrann es ihr auch wieder und sie blickte ängstlich zu Tsurara. “Na Hübsche? Klappt wohl nicht so?”, verhöhnte Tsurara sie. “Ach halt die Klappe.” “Nichts leichter als das!” Moon sah, wie er sich gleich alle fünf Finger seiner linken Hand abbrach und sie in Bruchteil von Sekunden in ihre Richtung schoss. Laut quiekte sie auf und warf sich hinter den Bretterverschlag. Das letzte Überbleibsel vom Dach. Nun war sie es, die halb auf Mamoru lag und ihn versuchte zu schützen. Was selbst ihr ausweglos erschien, da er ja doch einen ganzen Kopf größer als sie war und sie ihm so kaum Schutz mit ihrem Körper bieten konnte. Ihre Arme ruhten auf dem oberen Teil seines Rückens. Sie konnte den Eiszapfen praktisch schon hören, als er durch die Luft schnitt und auf sie zu raste. Schnell drückte sie sich an und auf Mamoru. ”Autsch!” Erschrocken wich sie ein Stück zurück. Bemerkte, wie der junge Mann unter ihr sich rührte. Sah, wie er sich etwas benommen an den Kopf fasste. Erkannte, wie er langsam die Augen öffnete und den Kopf in ihre Richtung drehte. “Was ist passiert?” Moon war unfähig, ein Wort zu sprechen. Stattdessen starrte sie ihn nur an. “Usako?”, Mamorus Augen waren geweitet beim Anblick Sailor Moon, “Oh, entschuldige. Ich hab dich verwechselt.” Das blonde Mädchen nickte nur. Ihr Hals war staubtrocken. Sie sah, wie er sich umblickte. Er suchte scheinbar etwas. Falsch. Sie schüttelte den Kopf, als ihr diese so unvermeindliche Erkenntnis kam. Er suchte nicht etwas. Er suchte sie! Er sucht ihr ziviles Ich Usagi Tsukino. “Usako?” Mamoru setzte sich etwas mehr auf und fasste sich augenblicklich an den Kopf, als er den leicht stechenden Schmerz spürte. Scheinbar hatte ihn ein Splitter am Kopf erwischt. “Usako? Wo bist du?”, er wandte sich um und sah zu Sailor Moon, “Hast du ein Mädchen gesehen?” Sie rührte sich nicht. “Sie ist so groß wie du. Und hat blaue Augen wie du. Und solche Haarknoten wie...” Sie bemerkte, dass er stockte. Seine Stimme immer leiser wurde. Sah, wie die Erkenntnis den Fragen in seinen Augen Platz machte. “Odangos wie ich.”, seufzte sie und blickte zur Seite. Er schaute sie mit weit aufgerissenen Augen an, bevor er noch einmal alles absuchte. Irrte er sich auch nicht? Lag Usagi vielleicht nicht doch unter den Brettern des Daches? Oder hatte sie vielleicht die Flucht geschafft? Es konnte doch unmöglich sein, dass ausgerechnet Usagi Sailor Moon war. Das waren doch zwei komplett unterschiedliche Personen. Wie sollte das gehen? Wieder schaute er zu ihr. Sie hatte ihren Blick wieder auf Tsurara gerichtet. Sah ihn entschlossen an. So wie immer wenn sie bereit zum Kampf war. “Mamoru, ich will, dass du rennst. Du rennst, sobald ich dir sage, dass du rennen sollst. Ich will dich hier nicht dabei haben, wenn ich Tsurara besiege. Und mach dir keine Sorgen. Ich kann das. Ich kenn mich damit aus.” “Ich mich auch.”, seufzte er resignierend. “Nein, nein. Tust du nicht. Ich kämpfe fast jeden Tag gegen sowas. Ich kann das schaffen. Aber du darfst mir dabei nicht im Weg stehen.” “Ich helfe dir.” “Das kannst du nicht.” ”Ich denke schon, ich bin...” ”Nur weil du ein Mann bist, heißt das nicht, dass du sowas da besiegen kannst.” “Mensch, Usako! Jetzt lass mich doch mal ausreden.” “Dazu haben wir keine Zeit!”, sie fuhr zu ihm herum und blickte ihn wütend an, “Was denn?” Er seufzte auf. Er hatte schon immer gewusst, dass sie störisch sein konnte. Aber selten hatte er Moon so erlebt. Scheinbar kamen jetzt doch ihre zivilen Charakterzüge durch. Er konnte nicht anders, als zu grinsen: ”Ich kann dich nicht alleine lassen, Moon.” Sie erschrak bei dem sanften Tonfall seiner Stimme. Ihr wurde schlagartig heiß und kalt. Ihr kam in Erinnerung, dass sie nur einen anderen Mann kannte, der so sanft klang. Mamoru sah, wie ihr Verstand arbeitete. Ihm war klar, dass sie sich bewusst wurde, wer er war. Wer er höchstwahrscheinlich war. Sah, wie sie die Hände vor den Mund schlug und im Zeitlupentempo den Kopf schüttelte. “Tut mir leid, dass ich es dir nicht schonender beibringen konnte.”, seufzte er, bevor er sich konzentrierte. Er spürte, wie das warme rote Licht ihn umfing und sich neuerliche Kräfte in ihm konzentrierten. Ihn durchfluteten und er schlussendlich den Smoking samt Umhang, Maske und Zylinder trug. Langsam öffnete er seine Augen und sah in die von Moon. “Du bist...” ”Tuxedo Kamen. Ja.” “Dann bin ich eigentlich in dich...”, das letzte Wort kam ihr nicht mehr über die Lippen. Verlegen senkte sie den Blick. Ihr Herz schlug bis zum Hals. Ihre Gedanken wirbelten durch ihren Kopf. “Wir sollten das später besprechen.”, Tuxedo Kamen hatte seinen Blick Richtung Tsurara gleiten lassen. Er wusste, was sie sagen wollte. Doch hier war nicht gerade der richtige Ort dafür. Sowas mussten sie in Ruhe bereden. An einem ruhigeren Ort. Wo sie unter sich waren. Aus dem Augenwinkel heraus sah er, dass sie nickte und nun ebenfalls zu Tsurara schaute. ”Was ist denn jetzt los? Wo kommst du denn her?”, verwirrt blickte das Eismonster zu den beiden herüber und verstand seine kleine Welt nicht mehr. “Ich bin Tuxedo Kamen.” ”Und was willst du hier?” ”Dich vernichten.” ”Ha, das hatte die Witzfigur neben dir auch schon vor.” ”Hey!”, empörte sich Moon, “Was heißt hier ‘Witzfigur’? Wenn hier jemand eine Witzfigur ist, dann ja wohl du.” “Du kleines ungezogenes Biest!”, wütend über diese Retourkutsche riss er sich nun ein eisiges Ohr ab und warf es wie ein Diskusscheibe in ihre Richtung. “Moon, pass auf!” Sie wurde zu Boden gerissen und landete mitten im Bretterhaufen. “Aua!” “Hast du dich verletzt?” Sie sah Tuxedos besorgten Blick und schüttelte den Kopf. Vorsichtig hob sie wie er den Kopf und sah in Richtung Tsurara. “Wie widerlich!” Das Monster riss sich das zweite Ohr ab, während das erste wieder nachwuchs. “Allerdings. Aber...” ”Aber was?” ”Ich glaube, seine Finger wachsen nicht mehr so schnell nach, wie eben noch. Sie mal!” Moon sah, was ihr Retter meinte: Nachdem Tsurara sein zweites Ohr verschossen hatte, schaute er auf seine beiden Hände. Doch an beiden waren nur Stummel zu sehen. Auch sein linkes Ohr war noch nicht wieder zur Gänze hergestellt. “Das ist unsere Chance!”, Moon stand auf und schob Tuxedo von sich. “Warte!” ”Nein. Jetzt oder nie!” Sie erklomm und überwand den Bretterhaufen und fasste sich beim Laufen an die Stirn. Nahm ihr Diadem und ließ es strahlend leuchtend aufscheinen. Sie stellte sich in Pose und wollte gerade ihren Mondstein los schicken, als sie etwas am Kopf traf und sie keuchend in die Knie zwang. Verwundert schaute sie neben sich. Sah ihren verschloschenen Mondstein und etwas, was wie ein Unterarm samt Stummelhand aussah. Verwirrt blickte sie zu Tsurara, der triumphierend auflachte. Erkannte, wie er mit seinem noch kompletten Arm über den verbliebenen Oberarm kratzte und so Unmengen an Eiskristallen aufwirbelte, um sie dann mit einem kräftigen Pusten zu ihr hinüber zu transportieren. Moon spürte das Stechen in ihren Lungen. Es verursachte eine Schnappatmung und sie musste Husten. “Moon!”, Tuxedo war neben ihr und zog sie in seine Arme, “Moon, ist alles okay.” Er wusste, dass seine Frage mehr als dumm war. Sie bekamm keine richtige Luft und keuchte bei jedem Atemzug. Reflexartig zog er eine seiner Rosen. Nur allzu gut hatte er erkannt, dass die Gliedmaßen von Tsurara immer noch langsam wuchsen und nicht vollständig waren. Er musste ihn unbedingt noch einmal schwächen, bevor sie ihn angreifen konnten. Zielsicher warf er seine Rose und traf die Hand, die begann zu splittern. Schnell wiederholte er das Spiel mit einer zweiten und dritten Rose und traf so das fast wieder hergestellte linke Ohr und ein Bein. Der junge Mann konnte das laute Fluchen des Eismonsters hören und das Krachen des Eises seines Körpers. “Moon? Moon, kannst du aufstehen?” ”Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich hier weg will.” ”Aber...” ”Der Sailorteleport.” ”Was?”, fragend sah er sie an. “Wenn meine Gefährtinnen und ich uns konzentrieren, können wir uns teleportieren.” ”Aber ich hab diese Kräfte nicht.” ”Doch.” ”Aber wie...” “Mamo-chan!”, sie setzte sich ein wenig auf und ihr Blick wandte sich kurz dem Monster zu. Sie erkannte, dass dieser immer noch dabei war, sich zu sammeln: ”Mamo-chan. Keiner bringt mich zum Heulen. Keiner schafft das. Außer du! Es ist wohl an der Zeit, das wir zusammenhalten. Und ja das stimmt. Es gibt keinen anderen. Keinen außer dir. Da ist keiner, der mir da jetzt richtig helfen kann. Keiner außer dir. Du bist eine bittersüße Freude für mich. Also komm schon und hilf mir durch diese Nacht!” Er musste ihre Worte sacken lassen, bis er begriff, was sie meinte. Dann nickte er. Er musste ihr vertrauen und seine Stärken, die er als Tuxedo Kamen besaß, an sie weiterleiten. Schnell zog er sie an sich. Umarmte sie und bettete ihren Kopf in seine Halsbeuge. In wenigen Sekunden fühlte er, wie ihre Aura seine empfing und sich beide miteinander verbanden. Er kniff die Augen zusammen, als ein Strahlen um sie herum auftauchte. Drückte sie noch fester an sich. Es kam ihm vor, als würde man ihm den Boden unter den Füßen wegziehen und genau in diesem Moment wusste er, dass es funktionierte. Es war ruhig um sie herum. Sie brauchte einige Minuten, um zu wissen, was passiert war. Und als ihrer Erinnerungen zurück kamen, schlug sie die Augen auf. Moon stützte sich mit den Armen ab und sah sich um. Wo war sie hier? Im Halbdunkeln der Nacht und Straßenbeleuchtung erkannte sie ein Sofa und einen Tisch. Ihr Blick wanderte weiter. Sie sah die breite Fensterfront und den Tokyo Tower in einiger Entfernung. ”Wo bin ich?”, sie stand auf und sah sich weiter um. Es schien eine Wohnung zu sein, soviel war ihr klar. Aber sie war noch nie hier gewesen. Langsam ging sie zwei Schritte und entdeckte den am Boden liegenden Tuxedo Kamen. Schnell eilte sie zu ihm und hockte sich neben ihm. Seine Maske lag neben ihm. Genau wie sein Zylinder. Liebevoll strich sie ihm über die Wange. “Aufwachen.” “Hm.”, Tuxedo blinzelte und rieb sich über die Augen, bevor er Moon neben sich erkannte. “Wir sind erstmal in Sicherheit. Danke für deine Hilfe!”, sie war schon wieder auf den Beinen und sah durch die breite Fensterfront. Tuxedo folgte ihren Bewegungen und erkannte ziemlich schnell, wo sie gelandet waren: ”Hey, dass ist ja meine Wohnung.” “Was?”, sie drehte sich zu ihm um. “Wir sind in meiner Wohnung gelandet. Wie das?” ”Lag wohl an mir.” ”An dir?”, nun kam auch er auf die Beine und sah fragend zu ihr. ”Als Anführerin der Sailorkriegerinnen muss ich mir generell den Ort vorstellen, wo wir hin sollen oder wollen.” “Und was hast du dir dann gerade vorgestellt? Ich meine, ich kann mich nicht daran erinnern, dass du jemals vorher in meiner Wohnung warst. Das war nicht mal Rei.” ”Ich hab dafür gebetet, an einen sicheren Ort zu gelangen, wo wir zwei alleine sind.” Er sah sie überrascht an: ”Alleine?” ”Wir müssen reden.” “Oh.” Moon ging an ihm vorbei und blieb vorm Sofa stehen. ”Darf ich?” ”Klar, setz dich.” Sie nickte nur und ließ sich auf das weiche Polster fallen. Den Kopf legte sie in den Nacken und sie seufzte laut auf. Sie mussten jetzt dieses Gespräch führen, bevor es vielleicht keine weitere Gelegenheit dazu kam. Wieder musste sie husten und sie bemerkte, wie Tuxedo scheinbar in seine Küche ging und mit einem Glas Wasser wieder kam. Dankend nahm sie es entgegen. Doch anstatt zu trinken, starrte sie nur darauf. Seufzte erneut: ”Mamoru.” Er schwieg und setzte sich nur auf die Armlehne des Sofas. Sein Blick war aus dem Fenster gerichtet. “Ich durfte es niemanden sagen. Und ich habe vorhin schon verzweifelt überlegt, ob ich mich verwandeln soll oder nicht. Aber als du dann plötzlich ohnmächtig wurdest vor Schmerzen, musste ich es wagen. Ich hatte gehofft, dass ich es schnell schaffen würde und du nichts mitbekommst. Und sonst wäre mir eben Tuxedo Kamen zur Hilfe geeilt.” Sie konnte sein Schnauben hören und sah auf. Aber noch immer vermied er ihren Blick. “Es muss unter uns bleiben. Ich bekomm sonst eine Menge Ärger.” ”Ich hatte nicht vor, es deinen Freundinnen, oder sollte ich besser sagen Gefährtinnen, weiter zusagen.” ”Woher weißt du, wer die anderen sind.” ”Ich bin nicht dumm, Usagi. Ihr hängt immer miteinander rum und werdet verdächtig still, wenn man sich eurem Tisch nähert. Und jetzt wo ich weiß, dass du Sailor Moon bist, kann ich das auch kombinieren.”, seine Stimme war leise aber ernst. “Bist du böse auf mich?” ”Warum sollte ich es sein?” ”Weil ich es dir nicht gesagt hab.” ”Schon okay. Ich hab es ja auch keinem gesagt.”, er drehte sich, immer noch auf der Armlehne sitzend, zu ihr rum. “Wie geht es jetzt mit uns weiter?” “Du meinst, ob ich noch nach Harvard gehen will?” ”Ja. Ich meine, immerhin bist du doch Tuxedo Kamen. Mein Retter. Und genauso wenig wie ich dich als Mamoru Chiba gehen lassen will, will ich dich auch als mein Retter nicht gehen lassen. Ich kann das doch nicht ohne dich.”, Tränen stiegen ihr in die Augen und sie wandte ihr Gesicht ab, “Ich brauche dich und niemand sonst. Keinen außer dir.” Tuxedo hörte ihr Schluchzen, dass sie so schlecht verstecken konnte. Ganz egal wie sehr sie es auch versuchte. Bis vor Kurzem war er davon ausgegangen, dass Sailor Moon ohne ihn gut zurecht kommen würde. Sie war immer stark und zuversichtlich. Doch nun musste er erkennen, dass es teilweise auch das genau Gegenteil sein konnte. So stark sie auch war, war sie gleichzeitig auch so schwach. Er hatte schon bei und nach der Party, und vorallem bei seinem Kuss mit Usagi, Zweifel gehabt, ob er wirklich alles in Tokio aufgeben sollte, was ihm wichtig war. Ob er wirklich gehen sollte. Aber jetzt wusste er wirklich nicht mehr weiter. Nicht mit dieser Erkenntnis. Vorsichtig streckte er seinen Arm aus und strich der weinenden Kriegerin über den Kopf. ”Bitte bleib, Mamo-chan. Wenn schon nicht für mich, dann wenigstens für Sailor Moon.”, all ihre Verzweiflung bahnte sich einen Weg. In den letzte Tagen hatte sie versucht, mit der Tatsache um seinen Weggang klar zu kommen. Es zu verstehen. Das schmerzliche Gefühl des Vermissens zu verdrängen. Doch nun brach alles aus ihr heraus. Er war Tuxedo Kamen. Sie hatte ihn von Anfang an bewundert und verehrt. Er war immer für sie da. Und jetzt war er Mamoru. Er war denjenige, den sie vor gut einer Stunde geküsst hatte. Er durfte einfach nicht gehen. Sie hob ihren Blick und ihr war es egal, dass er sah, wie sie heulte. Er hatte es ohnehin schon oft genug gesehen. “Usako!” “Bitte!” Er wusste, dass sie ihn nicht unter Druck setzen wollte. Sie wollte nur, dass er wusste, wie es ihr ging. Er seufzte auf und glitt von der Lehne hinunter zu ihr: “Würde ich dir so sehr fehlen, Moon?” ”Ja.”, sie schluckte und sah ihm dabei fest in die Augen. “Warum?” “Weil...” “Weil?” ”Weil...” “Weil du mich brauchst?” “Ja.” “Hm.”, er hauchte ihr einen Kuss auf die Lippen. Es war jetzt schon ihr dritter Kuss innerhalb weniger Stunden. Und wenn er ehrlich zu sich selbst war, sollte es nicht der letzte gewesen sein. Ihm war klar, dass sie ihn nicht nur brauchte als Sailor Moon sondern auch als Usagi. Doch er wollte ihr Zeit geben. Moon genoss den Kuss. Erwiderte leicht seinen Druck und eine letzte Träne rollte über ihre Wange. Ihr kam es vor wie eine kleine Ewigkeit, bis sich ihre Lippen trennten und sie ihre gegen seine Stirn lehnte. Ihre Hände ruhten auf seinen Wangen und sie sah ihm in die Augen: ”Wenn ich auch nur einen Wunsch frei hätte bei dir, dann der das du bei mir bleibst. Bei mir und deinen Freunden hier in Tokio.” Er nickte nur. Unter diesen Umständen konnte er ihr keinen Wunsch abschlagen. Liebevoll strich er ihr eine verirrte Strähne aus dem Gesicht. Er hätte mit ihr noch eine ganze Ewigkeit hier sitzen können, aber sie hatten noch etwas zu tun. “Geht es dir wieder besser?” ”Ja. Der Husten ist weg und es tut auch nicht mehr so in den Lungen weh.” “Meinst du, wir können den Kampf erneut aufnehmen und diesen Kerl jetzt fertig machen?” ”Schaffen wir das denn?” ”Ich geb dir einfach wie vorhin meine Kraft. Okay?!” ”Okay.”, sie platzierte einen kleinen Kuss auf seine Nasenspitze, bevor sie sich erhob und ihn mit sich zog: ”Machen wir das Vieh fertig!” Er lachte bei ihren Worten. “Lach nicht. Ich meine es ernst.” ”Ich weiß. Muss ich mich wieder auf dich konzentrieren?” “Ja bitte.” Tuxedo nickte: ”Komm her.” ”Was?” ”Komm her. Ich beiß schon nicht.” ”Ich weiß, aber warum?” ”Damit ich bei diesem Teleport nicht verloren gehe.” ”Baka!” ”Nein, aber ich fühl mich dabei, ehrlich gesagt, wohler, wenn ich dich nah bei mir habe.” Moon nickte verstehend und lehnte sich gegen ihn. “Ich mag es, wenn du mich so im Arm hälst.” ”Ehrlich?” ”Ja.”, sie platzierte ihren Kopf in seiner Halsbeuge und schmiegte sich noch mehr in seine Umarmung. Sie fühlte, wie seine Kraft in ihre überfloss und sich neuerlich ihre Auren verbanden. Wieder umfing sie ein Licht und beide spürten, wie sie scheinbar den Boden verloren. Moon wusste, wie alles von statten ging. Ganz im Gegensatz zu Tuxedo, der nun wieder instinktiv die Augen zusammen kniff. Er drückte das Mädchen in seinen Armen näher an sich. Und betete dafür dass diese Nacht bald vorbei sein würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)