Private Lessons von MissImpression (NaruHina, NP SasuSaku) ================================================================================ Prolog: Talk won't work this out -------------------------------- „Naruto, bitte komm einmal runter, wir müssen etwas besprechen!“ Die Stimme von Minato Uzumaki schallte durch das gesamte Haus, sodass der angesprochene Sprössling in seinem Zimmer fürchterlich zusammenzuckte. Er wusste ganz genau, warum seine Eltern ihn ausgerechnet jetzt zu einem Gespräch baten – den Auslöser hatte er am Nachmittag, als er von der Schule zurückkam, auf dem Küchentisch gesehen: einen blauen Briefumschlag mit dem Zeichen seiner Schule. Seine Noten waren in letzter Zeit wirklich nicht die Besten und er musste auch zugeben, dass er keine Lust auf Schule und den ganzen Kram hatte – aber da waren auch eindeutig seine Lehrer Schuld! Was mussten sie auch solch langweilige Themengebiete wie Stochastik und Gedichtinterpretationen durchnehmen? Langsam schlich Naruto die Treppe runter gefühlt seinem Untergang entgegen. Seine Eltern saßen im Wohnzimmer, der gefürchtete Brief lag offen auf dem Couchtisch. Minato wies seinen Sohn an, Platz zu nehmen. Kushina, die Mutter, hatte die Hände im Schoß gefaltet und ihr Gesicht zu einer besorgten Mine verzogen. „Naruto“, begann Minato, beugte sich leicht vor und sah ihm direkt in die Augen. „Weißt du, was das ist?“ Er zeigte auf den Brief vor ihm. Naruto schluckte leicht und entschied sich für die erstbeste Taktik, die ihm einfiel: Ahnungslosigkeit vortäuschen. „Ähm … nein?“ Sein Vater seufzte und schloss dabei seine Augen. Naruto war weder ein guter Lügner noch hatte er generell ein schauspielerisches Talent, weswegen man ihm eigentlich jede Gefühlsregung deutlich ablesen konnte. Und dass er mit seinem eingezogenen Kopf und einem leicht panisch Blick da saß, zeigte nur zu eindeutig, dass er sich seiner Schuld deutlich bewusst war. Doch Minato spielte mit. „Es ist ein Brief von deiner Schule.“ „Oh?“, kam es von Naruto, was ungläubig klingen sollte, aber recht kleinlaut rüberkam. Er räusperte sich. „Geht es … um einen Elternabend oder wie?“ „Nicht direkt.“ Nun meldete sich auch seine Mutter zu Wort. „Es ist eher die Info deines Klassenlehrers über deinen derzeitigen Leistungsstand.“ „Wenn man das überhaupt als Leistung bezeichnen kann“, murmelte Minato und strich sich durch die Haare. Dafür erntete er von Kushina einen bösen Blick. „Was … was meint ihr denn?“ Narutos Blick glitt von seinem Vater zu seiner Mutter. „Jetzt spiel bitte nicht den Ahnungslosen, du weißt ganz genau, worum es hier geht“, sagte Kushina, nahm den Brief und reichte ihn energisch zu ihrem Sohn. „Lies und erklär es uns.“ Mit leicht zitternden Händen umfasste er das Papier und überflog den Text. „Mangelndes Interesse am Unterrichtsgeschehen“, „Vernachlässigung der schriftlichen Hausaufgaben“, „störendes Verhalten“ und „Versetzung gefährdet“ waren die ersten Worte, die ihm auffielen. Er schluckte erneut – so schlimm, wie das hier geschrieben stand, konnte es doch gar nicht sein! Nächste Taktik: Empörung. „Das ist doch ungeheuerlich, Kakashi hat eindeutig was gegen mich! Es stimmt doch gar nicht, dass ich kein Interesse am Unterricht zeige – es ist eher so, dass wir es so lahm erzählt bekommen, dass man einfach nicht lange zuhören kann. Da kann ich doch nicht für! Und wenn ich dann mal mit meinen Mitschülern die Unterrichtsthemen bespreche ist das gleich störendes Verhalten? Na danke schön!“ Beleidigt klatschte er den Brief vor sich auf den Tisch. Nun seufzte auch Kushina. „Naruto, Schatz, es geht hier um deine Versetzung. Deine Noten scheinen sich nur noch zu verschlimmern und langsam wird es brenzlig. Kakashi hat sicher nichts gegen dich, denn sonst würde er sich nicht die Mühe machen, uns zu informieren, um dir noch eine Chance zu geben.“ „Eine Chance? Dann hätte er vorher mal mit mir reden sollen, anstatt gleich zu euch zu laufen und mich zu verpetzen!“ „Jetzt mach dich nicht lächerlich und hör mit dieser Schauspielerei auf. Du weißt ganz genau, dass dieser Brief berechtigt ist!“ Minatos Nerven waren strapaziert. Er stand auf, ging um das Sofa, das mitten im Zimmer stand, herum und stützte sich auf die Lehne. „So kann es nicht weitergehen. Du weißt, welches Licht das auf mich als Bürgermeister wirft, wenn mein eigener Sohn ein solches Verhalten an den Tag legt. Die Leute werden sich die Mäuler zerreißen darüber und das kann ich nicht gebrauchen.“ „Und außerdem“, fuhr Kushina fort, „ist es für deine eigene Zukunft sehr hinderlich, wenn deine Noten so absinken. Deswegen müssen wir etwas tun – gemeinsam. Und dafür haben wir uns überlegt, dass du Nachhilfeunterricht bekommst und dafür leider das Fußballtraining kürzer treten muss.“ „Wie bitte?!“ Nun war Naruto aber ehrlich empört und stand auf. „Das könnt ihr doch nicht machen!“ Sein Vater richtete sich wieder zur vollen Größe auf. „Doch das können wir und das werden wir. Diese Situation hast du dir selbst zu verdanken. Es wird keine weiteren Diskussionen geben.“ Mit diesen bestimmenden Worten ging er aus dem Wohnzimmer. Verzweifelt ließ sich Naruto zurück in den Sessel fallen. „Das könnt ihr mir doch nicht antun! Ich bin zur Zeit sogar so gut, dass ich fest im Team aufgestellt werde – wenn ich das Training sausen lasse, dann werde ich nur wieder auf der Ersatzbank landen!“ „Wir wissen das. Aber dein Vater hat recht: Das ganze hier hast du dir selbst zu verdanken. Wir schauen mal, wie das mit der Nachhilfe läuft, vielleicht lässt sich, wenn sich Besserungen bei deinen Noten zeigen, eine Lockerung bezüglich des Fußballs bei deinem Vater erwirken.“ „Und wer soll mir Nachhilfe geben?“ Kushina lächelte. „Die älteste Tochter der Hyuugas hat sich bereiterklärt, dir zu helfen. Ich habe heute mit ihrer Mutter gesprochen.“ „Hinata?“ Naruto schien aus allen Wolken zu fallen. „Aber die ist doch eine Klassenstufe unter mir oder nicht? Und besucht sie nicht eine Mädchenschule?“ Die Hyuugas waren Nachbarn der Uzumakis und die Eltern mehr oder weniger befreundet. Naruto hatte diese Hinata bereits einige Mal gesehen und immer wieder benahm sie sich wirklich merkwürdig in seiner Nähe: Erst wurde sie rot wie eine Tomate und dann versteckte sie sich entweder hinter einem Gegenstand oder einer Person. Jeglichen Kontakt, den Naruto in den letzten Jahren versucht hatte bei solchen gelegentlichen Nachbarschaftsfesten oder ähnlichem aufzubauen, scheiterte an Hinatas Kooperation, was Naruto dazu veranlasste, die Sache irgendwann einfach aufzugeben. In den letzten Jahren hatte er sie ein paar Mal von seinem Schlafzimmerfenster aus beobachtet, wie sie im Garten arbeitete oder wenn sie früh morgens auf den Bus wartete und dabei ein Buch vor der Nase hatte. Rein optisch gefiel das Mädchen Naruto, doch charakterlich – soweit er das auch nur im Entferntesten beurteilen konnte – war sie überhaupt nicht sein Fall. Sie war einfach stinklangweilig. Kushina nickte. „Das ist richtig. Aber sie hat bereits die Fortgeschrittenenkurse wählen dürfen, weswegen sie vom Lernstoff in etwa auf deiner Stufe liegt. Und im Gegensatz zu dir hat sie keine Probleme damit. Im Übrigen ist es bereits beschlossene Sache, diskutieren bringt nichts.“ Maulend und geschlagen begab sich Naruto zurück auf sein Zimmer. Wie sollte er denn Sasuke, seinem besten Freund und Kapitän der Fußballmannschaft, erklären, dass er nun statt des Trainings mit einer Büchereule abhängen sollte, die zwar nie mit ihm sprach, doch ihm nun wohl irgendwas über Wahrscheinlichkeitsrechnungen erklären sollte? Sasuke würde ihn erst auslachen und ihm dann den Kopf abreißen. Das würde ja noch was werden … Kapitel 1: I need to hear your voice, I can't do this on my own --------------------------------------------------------------- „Bitte sage mir, Dobe, dass es ein blöder Scherz ist“, knurrte Sasuke und packte seine Stulle weg. Während des Mittagessens am folgenden Tag hatte Naruto sich durchgerungen, das heikle Thema Schulnoten, Nachhilfe und Fußball anzusprechen. Wie erwartet war der Uchiha nicht begeistert von der Information, dass sein momentan bester Spieler kürzer treten musste und das Ganze aufgrund von solch einem Blödsinn. „Würde ich ja gerne, aber leider ist es wahr“, murmelte Naruto und biss von seinem Brot ab. „Und meine Nachbarin soll mir Nachhilfe geben.“ „Welche Nachbarin meinst du?“ „Hinata Hyuuga. Ich habe dir mal von ihr erzählt. Das ist die Kleine, die ständig vor mir weglief, wenn ich sie mal ansprechen wollte.“ Sasuke schaute ihn ein paar Sekunden lang schweigend an, ehe er laut loslachte. „Das ist nicht dein ernst.“ Naruto schmollte. „Ich habe es mir nicht ausgesucht, Teme. Kannst dich bei meinen Eltern und vor allem bei Kakashi bedanken.“ „Worum geht’s?“, fragte eine weibliche Stimme von der Seite. Sakura Haruno setzte sich mit ihrem Mittagessen dazu und schaute beide erwartungsvoll an. Narutos Herz machte einen Hüpfer, schon seit längerem war er in die hübsche Rosahaarige verliebt, doch so richtig nach einem Date fragen traute er sich nicht. Er erklärte ihr kurz sein Problem. „Oh“, kam es nur von ihr, wobei sie ihre Augenbrauen hochzog. „Das ist ja echt nicht schön - zumindest das mit dem Fußball. Die Nachhilfe kann doch echt spannend werden.“ Sie grinste schelmisch. „Wie meinst du das?“ Naruto schien ehrlich verwirrt. „Ein junges, süßes Mädchen, das du regelmäßig alleine triffst. Ihr kommt euch dabei sehr nah … Das könnte doch romantisch werden.“ Sasuke lachte. „Naruto und romantisch, der war gut.“ Dafür bekam er von Sakura einen Ellenbogen in die Rippen gerammt, sodass er sofort still wurde und sich wütend die schmerzende Stelle rieb. Wild mit den Armen fuchtelnd rief Naruto: „Nein, nein, nein, nie im Leben fang ich was mit der an. Sie ist so … langweilig!“ „Du hast doch noch nie mit ihr gesprochen, Dobe“, warf Sasuke ein und bedachte die Haruno mit einem wissenden Blick. „Ja, aber … Nein!“ „Gutes Argument“, sagte Sakura trocken und biss in ihren Apfel. Der Uchiha warf ihr einen fragenden Blick zu. „Wasch isch?“, fragte sie mit vollem Mund. „Ist es das einzige, was du heute essen willst?“ „Ja.“ Sie kaute und schluckte. „Hast du was dagegen?“ „Ist ein bisschen wenig oder?“ Sakura lachte. „Machst du dir etwa Sorgen, dass ich zu wenig essen könnte? Wie rührend!“ Eine verräterische Röte schlich sich auf Sasukes Gesicht, ehe er schnell aufstand und etwas von Sekretariat murmelte. „Was hat er denn?“, fragte Sakura und schaute ihm nach. Naruto zuckte zur Antwort nur mit den Achseln. Am Nachmittag, kurz bevor eigentlich das Fußballtraining anfangen sollte, trottete Naruto leicht geknickt nach Hause. Heute sollte die erste Nachhilfestunde stattfinden bzw. ein erstes „Schnupper-Treffen“, wie es seine Mutter so schön nannte, um zu schauen, wo Naruto leistungstechnisch stand und wobei er dringend Hilfe benötigte. Er hatte nicht sonderlich Lust drauf und das sah man ihm auch deutlich an. Kushina dagegen schien blendende Laune zu haben, die sie auf ihren Sohn zu übertragen versuchte, sobald er einen Fuß ins Haus gesetzt hatte. „Hallo mein Schatz, wie war die Schule?“, fragte sie, als Naruto die Küche betrat. Sie hatte ihre langen, roten Haare zu einem eleganten Knoten hochgesteckt und ein luftiges Sommerkleid angezogen, welches sie sonst nur im Urlaub trug. Er musterte sie kurz skeptisch, bevor er antwortete: „Ganz ok. Was soll denn das Trara hier?“ Seine Mutter kicherte albern. „Es kommt ein Mädchen in unser Haus! Eine Premiere!“ „Aha.“ Seine Begeisterung hielt sich sichtlich in Grenzen. „Ja, du bringst schließlich nie weibliche Wesen mit nach Hause. Nicht mal diese Sakura, von der du manchmal erzählst.“ Naruto kniff seine Lippen zusammen. „Und du fragst dich ehrlich warum?“ Er machte eine ausschweifende Handbewegung, die diese ganze sich bietende Szenerie umfassen sollte, drehte sich auf dem Absatz um und ging die Treppe hoch auf sein Zimmer. „Hey! Bin ich etwa so abschreckend oder was?“, rief Kushina mit einem belustigten Tonfall. Ihr war klar, dass Naruto einfach nur schlecht gelaunt war und sie seine Aussagen nicht ernst nehmen sollte. Vielleicht sollte sie ihm erstmal eine halbe Stunde Zeit lassen, sich zu akklimatisieren. Spätestens dann würde sie ihn ins Badezimmer jagen, damit er sich frisch machen konnte. Schließlich sollte Hinata nicht gleich vor Schreck umfallen oder Reißaus nehmen. In seinem Zimmer schmiss sich Naruto aufs Bett und blieb dort ein paar Minuten bewegungslos liegen. Seine Motivation war gleich null und die Aussicht, den ganzen Nachmittag mit einem Mädchen zu verbringen, das wahrscheinlich eh kein Wort mit ihm wechseln würde, machte das ganze nicht unbedingt besser. Lustlos stand er auf, zog sich sein T-Shirt aus, riss das Fenster auf und drehte seine Musikanlage auf eine Lautstärke, die für die Ohren eigentlich nicht mehr gut sein konnte. Bässe schienen sich mit Presslufthammern zu duellieren. Als Kushina zwanzig Minuten später ins Zimmer schaute, fand sie ihren Sohn halbnackt mit dem Gesicht nach unten auf seinem Bett liegend, die Musik schlug immer noch wie wild um sich. Sie drehte diese leiser und blieb mit verschränkten Armen vor Naruto stehen. Sie wusste, dass dieses Verhalten im Grunde nur pure Sturheit aufgrund seiner derzeitigen Lage war. Fußball war für ihn seit Jahren ein Hobby, dem er mit Leidenschaft nachging und ihm sehr wichtig war – deswegen hatten sich Kushina und Minato auch sorgfältig darüber beraten, ob eine Kürzung dieser Tätigkeit wirklich sinnvoll war. Und darüber waren sie sich einig – mit der Hoffnung im Hinterkopf, dass er so eine Motivation haben würde, seine Noten tatsächlich zu verbessern. Doch vor der Phase der Produktivität musste er erstmal rebellieren – so war Naruto nun mal, ganz der Papa. „So, steh jetzt auf, zieh dir was an, Hinata kommt gleich. Genug geschmollt.“ „Ich schmolle nicht“, kam es gedämpft aus den Kissen. „Ich streike.“ „Du streikst? Das ist ja wunderbar. Dann schick ich Hinata gleich mal hier hoch und du darfst dich erstmal blamieren.“ Mit diesen Worten drehte sie sich um und verließ das Zimmer. Mit einem resignierten Seufzer drehte er sich auf den Rücken und starrte ein paar Sekunden lang die Decke an. Kurz wog er die Pros und Kontras bezüglich seines Outfits und Hinatas potentieller Reaktion ab, ehe er sich entschied, sich doch etwas anzuziehen. Als Naruto einige Minuten später die Treppe runterkam, hörte er aus dem Wohnzimmer Stimmen. Er bog um die Ecke und sah Kushina, wie sie auf Hinata, die mit dem Rücken zu ihm im Sessel saß, leise einredete. Diese nickte nur gelegentlich zur Antwort. „Ah, da ist ja unser kleiner Rebell!“, rief Kushina grinsend und Hinata drehte ihren Oberkörper im Sitzen so, dass sie Naruto sehen konnte. Sie lächelte schüchtern. Naruto ging zu den beiden und reichte der Hyuuga die Hand. Sofort sprang sie auf und erwiderte die Begrüßung, wobei sie hochrot anlief und ihm dabei nur flüchtig in die Augen schaute. „Hinata, möchtest du einen Tee oder sonst etwas zu trinken?“, fragte Kushina, sobald die beiden sich wieder setzten. Die Angesprochene schüttelte mit dem Kopf. „Nein, danke, Frau Uzumaki.“ Ihre Stimme war leise und klang sehr zart. Naruto musterte das Mädchen vor ihm unauffällig. Ihre dunklen Haare waren zu einem Zopf geflochten, welcher ihr locker auf der Schulter lag. Ihre Gesichtszüge, die er bisher nur selten von nahem betrachten konnte, waren sehr weich und ebenmäßig und auch ihre Figur, soweit er das beurteilen konnte, machte etwas her – vor allem ihre Oberweite. Aber vor allem faszinierten ihn ihre Augen, die so ungewöhnlich hell waren. Wäre sie nicht so extrem schüchtern und verschlossen, würden sicherlich viele Kerle voll auf sie abfahren, da war sich Naruto sicher. Ihre Blicke trafen sich kurz, ehe sie schnell wieder zur Seite schaute. „Na gut, ich lass euch mal alleine, ihr habt sicherlich ein bisschen was zu besprechen. Wenn ihr etwas braucht: Ich bin im Garten.“ Zwinkernd stand Kushina auf und ging fröhlich summend aus dem Zimmer. Eine peinliche Stille trat ein. „Also“, begann Hinata vorsichtig und fixierte dabei den Tisch vor sich, „ich soll dir ein bisschen helfen, die Noten aufzubessern?“ Ihre Stimme wurde zum Ende hin immer leiser. „Richtig.“ Naruto löste sich von ihrem Anblick und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. „Ja, genau. Meine Eltern haben mein Fußballtraining kurzerhand gegen Nachhilfeunterricht eingetauscht, da mein Klassenlehrer mich verpetzt hat.“ Sie blickte kurz hoch. „Es tut mir Leid, dass dein Training darunter leiden muss.“ Er winkte ab. „Ach, passt schon. Wenn meine Noten sich bessern, dann darf ich auch wieder mehr spielen.“ Hinata lächelte. „So ist das also. Dann werde ich auf jeden Fall mein Bestes geben, um dich dabei zu unterstützen.“ Sie nahm den Stapel Bücher und Hefte, die auf dem Tisch vor ihnen lagen und die Naruto so geflissentlich ignoriert hatte, und blätterte kurz darin rum. Waren das seine Schulunterlagen? Hatte seine Mutter die aus seinem Zimmer angeschleppt? „In welchen Fächern bräuchtest du deiner Meinung nach ein bisschen Hilfe?“ Naruto stutzte kurz, denn ihre Stimme hatte sich unmerklich gewandelt. Sie klang weniger zaghaft, eher fest und geschäftsmäßig – so als hätte sie ein Terrain betreten, das ihr sicher und vertraut war. Sie blickte fragend auf, weil er nicht auf ihre Frage reagiert hatte. „Äh, wahrscheinlich Mathe – also Stochastik oder so. Und eigentlich überall sonst auch.“ Er lachte wieder verlegen. Irgendwie hatte das Mädchen vor ihm eine merkwürdige Wirkung auf ihn, er konnte es noch nicht einschätzen. „Okay. Ich sehe, dass ihr gerade Gedichte und Kurzgeschichten interpretiert, das habe ich momentan auch in meinem Kurs, das passt gut. Wahrscheinlichkeitsrechnung hatte ich letztes Jahr, aber das geht schon irgendwie, da kann ich mich wieder reinarbeiten. Chemie könnte schwierig werden, das Thema Alkohole und Carbonsäuren hatten wir noch nicht, da müsste ich schauen, wie ich dir da helfen kann.“ Während sie das alles sagte, fiel Naruto auf, dass sie weder stotterte noch leiser wurde noch in irgendeiner Art und Weise schüchtern oder unsicher rüberkam. „Sag mal, Hinata, warum hast du dich dafür bereiterklärt, mir Nachhilfeunterricht zu geben?“ Sie hielt in ihrer Bewegung inne. „Ähm, meine Mutter denkt, es wäre gut, wenn ich meine Sozialkompetenz damit erweitere. Ich … kann nicht so gut mit Menschen sprechen, wie dir sicher schon aufgefallen sein wird.“ Ihre Stimme wurde wieder leiser. „Also helfe ich dir damit, dass du mir hilfst?“ „Genau.“ Sie schaute hoch und lächelte. Naruto lehnte sich zufrieden zurück. „Gut, dann wäre es für dich doch nur vom Vorteil, wenn ich dir da auch Tipps gebe und so, oder?“ „Das musst du nicht“, sagte sie hastig. „Mach dir bitte keine Umstände.“ „Jaah“, sagte er gedehnt. „Aber ich möchte das. Wie gesagt: Du hilfst mir, ich helfe dir.“ „Okay.“ Sie schlug ihre Augen nieder. „Gut, dann kommen wir gleich mal zu Lektion eins.“ Er lehnt sich vor. „Mir gegenüber darfst du nicht schüchtern sein. Sieh mich als eine Art Puppe, an der du Grenzen austesten darfst. Du darfst mir gegenüber sogar böse und laut sein, wenn du willst. Ich sag dir dann, wenn etwas zu weit geht. Ich werde dich nicht auslachen oder verurteilen.“ Sie schaute hoch und ihr Blick verriet Panik. „Aber …“ „Nee, ich will das so. Du musst mir vertrauen, dann kommt alles andere von ganz allein.“ Naruto war ganz stolz auf seine kleine, improvisierte Rede und generell der Idee, Hinata dabei zu helfen, selbstbewusster aufzutreten. So langweilig, wie sie ihm vorher vorkam, war sie ja doch gar nicht, musste er zugeben. „Ähm“, sagte sie nur und krallte sich leicht in ihren Rock fest. Sie schien die Information gerade zu verarbeiten und nicht einordnen zu können. „Du gehst auf eine Mädchenschule oder?“ Hinata nickte. „Das heißt, viel Kontakt zu Jungs hast du nicht oder?“ Hinata wurde wieder rot und murmelte: „Ich weiß nicht, ob ich tatsächlich darüber reden möchte …“ Naruto merkte, dass er mit dieser Frage zu weit ging und ruderte zurück: „Entschuldige, da bin ich wohl zu forsch.“ Sie atmete leicht aus und schloss ihre Augen, als habe sie sich innerlich zu etwas entschieden. „Nein, du hast Recht, vielleicht sollte ich versuchen, mich dir gegenüber mehr zu öffnen. Das sollte eine gute Übung sein.“ Sie schaute ihn an. „Es ist richtig, zu Jungs habe ich kaum Kontakt, wenn mein Cousin nicht mitzählt. Deswegen habe ich auch mehr Probleme mit Jungs offen zu sprechen als mit Mädchen.“ Narutos Gesicht hellte sich auf. „Das heißt ja, dass ich tatsächlich die perfekte Testfigur darstelle!“ Sie lachte leicht. „Aber genug von mir. Kommen wir mal zu dem, weswegen ich eigentlich hier bin.“ Sie besprachen ihre Vorgehensweise des Nachhilfeunterrichts für die nächsten zwei Wochen. Drei Mal die Woche würden sie sich treffen für je mindestens zwei Stunden – zumindest anfangs, um zu schauen, wie gut das alles funktionierte. Die nächste, wichtige Klausur, die für Naruto anstand, war in Mathematik, weswegen sie sich erstmal darauf konzentrieren wollten. Und irgendwie hatte Naruto das Gefühl, mit Hinata könnte das Lernen tatsächlich Spaß machen … Kapitel 2: Me vs. me has always been my biggest fight ----------------------------------------------------- Am nächsten Tag in der Schule saßen Naruto und Sasuke wie gewohnt beim Mittagessen zusammen. Da sie beide unterschiedliche Klassen besuchten, war die große Pause die einzige Gelegenheit sich zwischen den Unterrichtsstunden zu treffen. Normalerweise war auch Sakura mit von der Partie, doch heute schien sie aufgehalten worden zu sein. Sasuke sprach seinen Freund auf die Hyuuga und die Nachhilfe an. „Es war erstaunlich gut“, sagte Naruto und stopfte sich einen Löffel voll Nudeln in den Mund. „Sie scheint echt Ahnung zu haben von dem ganzen Kram und so.“ Dann beugte er sich leicht vor und flüsterte: „Und ihre Figur ist der Hammer, sag ich dir.“ Sasuke grinste. „Nur leider ist sie so schüchtern“, fügte der Uzumaki hinzu. „Aber daran werden wir arbeiten.“ „Wie meinst du das?“ Naruto lehnte sich selbstzufrieden grinsend zurück. „Wir haben einen Deal: Sie hilft mir bei dem Schulzeug und ich helfe ihr dabei, selbstbewusster aufzutreten.“ „Aha.“ Der Uchiha schaute ihn skeptisch an. „Und wie willst du das anstellen?“ Er winkte ab. „Weiß ich noch nicht, wird sich aber bestimmt irgendwie ergeben.“ In dem Moment ließ sich eine gestresst aussehende Sakura auf den Stuhl neben Naruto fallen. „Ich bin FIX UND FERTIG“, stöhnte sie und massierte sich die Schläfen. „Tsunade hat mich heute fast zerfetzt, weil ich einen Teil meiner Hausaufgaben nicht gemacht habe. Ich hatte diese blöde Aufgabe ÜBERSEHEN.“ Sie nahm einen Schluck von ihrem Wasser, seufzte und schaute in die kleine Runde. „Und was gibt’s bei euch so?“ Naruto erzählte ihr von seinem gestrigen Tag und dem Deal. „Perfekt“, sagte sie grinsend und holte eine kleine Box mit geschnittener Paprika aus ihrem Rucksack. „Hab ich nicht gesagt, das kann noch was werden? Ich hab’s doch gesagt!“ Während sie ihr Gemüse aß, lag ein undefinierbarer Blick seitens des Uchiha auf ihr, der jedoch schwieg. „Nee, so ist das doch nicht gemeint. Sie hilft mir, ich helfe ihr – mehr ist da nicht“, beeilte sich Naruto zu erklären. Irgendwie mochte er es nicht, dass Sakura so über ihn und seine Nachbarin sprach. Verdammt, er war schließlich in sie verliebt und nicht in Hinata! Warum sah sie es nicht? Er musste handeln. „Bevor ich das vergesse: Im Kino läuft so ein neuer Action-Film mit dem Schauspieler, den du doch so gerne magst. Wir könnten ihn doch am Wochenende uns angucken, was meinst du?“ Sakuras Augen begannen zu leuchten. “Stimmt! Also ich wäre dabei. Was ist mit dir, Sasuke?“ Narutos Herz zog sich vor Enttäuschung kurz zusammen. Eigentlich wollte er doch mit ihr alleine hin. Er bedachte seinen besten Freund mit einem hoffnungsvollen Blick, doch dieser schien ihn zu missinterpretieren. „Klar“, sagte Sasuke und stand auf. „Ich muss los. Wir sehen uns dann morgen bzw. dich“, er zeigte auf Naruto, „sehe ich gefälligst heute Nachmittag auf dem Feld.“ Dieser nickte etwas abwesend. „Vielleicht schau ich auch noch mal kurz vorbei“, meinte Sakura, als Sasuke bereits außer Hörweite war, und begutachtete das letzte Stück Paprika in ihrer Box. „Mein Date heute hat abgesagt.“ Plötzlich schien Naruto aus allen Wolken zu fallen. „D-Du hast ein Date?“ Mit einer hochgezogenen Augenbraue schaute sie ihn an. „Ja, nee, fällt ja aus. Hörst du nicht zu?“ „Aber seit wann … ich meine … mit wem?“ Sakura lachte. „Oh mein Gott, Naruto, du benimmst dich echt merkwürdig. Muss ich dir erzählen, mit wem ich alles ausgehe? Oder ist es so verstörend, dass sich tatsächlich Jungs für mich interessieren?“ „Nein, natürlich nicht!“, rief er einen Tick zu laut, sodass sich einige Schüler nach ihm umdrehten und sprach dann etwas leiser weiter: „Selbstverständlich interessieren sich Jungs für dich. Ich meine, wie könnten sie das nicht?“ Er wurde ein bisschen rot um die Ohren. Sie lächelte ihn an und legte ihm sanft eine Hand auf die Schulter. „Danke, Naruto. Aber du brauchst mich nicht aufmuntern über mein abgesagtes Date. Ich bin nicht sonderlich traurig darüber.“ „Echt nicht?“ Sie winkte ab. „Der kann mir gestohlen bleiben. Das ist jetzt schon das vierte Mal, dass er mich versetzt.“ „Wer überhaupt?“ „Sai.“ „Der aus meiner Klasse? Der stille Kerl, der ständig alleine irgendwo rumhängt und Musik hört?“ Seine Stimme überschlug sich leicht. „Auf sowas stehst du?!“ Ihre Augen blitzten kurz auf. „Stille Wasser sind tief, so sagt man.“ Die folgenden zwei Wochen vergingen wie im Flug und Naruto powerte sich bei jedem Fußballtraining sehr aus, da er das Gefühl hatte, Training nachholen zu müssen, welches von seinen Eltern auf nur noch zwei Mal pro Woche gekürzt wurde. Zudem freute er sich jedes Mal ein kleines bisschen mehr auf die Nachhilfestunden mit Hinata – auch wenn er selbst noch nicht genau wusste, warum. Seitdem sie sich regelmäßig trafen, entwickelte sich so langsam eine Freundschaft zwischen den beiden. Auch das heutige Training tat ihm sehr gut und er fühlte sich gleich viel befreiter und wohler als er auf dem Weg nach Hause war. Kurz vor der Haustür hielt er inne, als er zum Nachbarsgarten rüber spähte und Hinata mit dem Rücken zu ihm kniend im Beet entdeckte. Leise schlich er sich heran, bis er direkt am hüfthohen Zaun stehen blieb. Er konnte nicht genau erkennen, was sie da gerade machte, doch er hörte ein leises Summen, das von ihr zu kommen schien. Das Lied kam ihm entfernt bekannt vor, konnte es aber nicht genau zuordnen. „Hinata?“ Er rief ihren Namen nicht sonderlich laut, weil er sie nicht erschrecken wollte, doch sie reagierte nicht. Er wiederholte seinen Ausruf dieses Mal etwas lauter. Sie zuckte kurz zusammen und drehte sich schwungvoll um, sodass sie mit dem Hintern auf dem Boden landete. Sie legte ein ziemlich scharf aussehendes Messer zur Seite, streifte ihren Handschuh ab und holte ihre In-Ear-Kopfhörer aus den Ohren. „Hallo, Naruto“, sagte sie zaghaft und stand sich den Dreck von der Hose abschlagend auf. Dieser Abgang war ihr sichtlich unangenehm. Naruto grinste verlegen und kratzte sich am Hinterkopf. „Hey … entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken.“ „Ist schon okay.“ Sie lächelte und sein Herz machte einen merkwürdigen, kleinen Hüpfer. „Was gibt’s?“ „Ähm, eigentlich gar nichts. Ich habe dich nur eben gesehen und wollte hallo sagen.“ „Ach so.“ Ihre Wangen färbten sich rosa und ihr Blick glitt zu seiner Sporttasche, die er geschultert hatte. „Wie war das Training?“ „Gut. Sehr gut sogar. Und wenn ich so darüber nachdenke, dann sollte ich dringend duschen gehen! Ich hoffe, ich habe dich nicht vollgestunken jetzt.“ Er lachte und machte zwei Schritte rückwärts. „Aber bevor ich gehe: Was hörst du gerade?“ Er zeigte auf ihre Kopfhörer. „Ähm, warte.“ Sie hielt sich einen der Hörer ans Ohr und lauschte kurz. „Ach ja, White Stripes.“ „Seven Nation Army?“ „Das lief gerade, ja.“ Sie lächelte. „Eins meiner Lieblingslieder.“ „Ha!“ Er schnippte mit den Fingern. „Wusste ich’s doch, dass ich es kenne!“ Sie legte ihren Kopf leicht schief und schaute ihn fragend an. „Weil du vorhin etwas gesummt hast, ich habe es nur nicht sofort erkannt.“ Hinata wurde wieder rot und schaute auf den Boden. „Oh, hab ich das?“ Plötzlich hatte Naruto eine Idee. „Sag mal, hast du Lust, in einer halben Stunde rüberzukommen und bei mir im Zimmer Musik zu hören?“ Er zeigte mit dem Daumen in Richtung seines Hauses. Hinata zögerte kurz und zupfte an ihrem Handschuh rum. „Ich … ich frag mal meine Mutter, ob sie mich gleich noch braucht. Wartest du kurz hier?“ Naruto nickte und sie huschte über die Terrasse ins Haus. Einen Augenblick später kam sie wieder raus und sagte ihm, sie würde in einer halben Stunde zu ihm kommen. Nachdem Naruto geduscht hatte und grob das Zimmer auf Vordermann gebracht hatte (zumindest die getragene Wäsche musste weg!), klopfte es bereits an seiner Zimmertür. Der blonde Haarschopf Minatos lugte herein. „Hinata steht unten in der Tür. Seid ihr verabredet?“ „Ja, schick sie bitte hoch“, sagte Naruto ohne aufzuschauen und schob gerade alles, was auf dem Boden lag, unters Bett. Hätte er hochgeguckt, wäre ihn definitiv der verwirrte Blick seines Vaters aufgefallen. „Ist heute Nachhilfe angesagt?“, fragte dieser verwundert. „Nein.“ Mit einer Bewegung fegte Naruto den Müll von seinem Nachttischchen in den Papierkorb. „Okay …“ Sein Vater ging wieder und ein paar Sekunden später stand plötzlich Kushina im Türrahmen dicht gefolgt von Hinata. „Was ist?“, fragte Naruto und schaute seine Mutter an. Diese schüttelte nur mit leicht geweiteten Augen den Kopf. „Ich bin nur so erstaunt. Dein Vater hat ja gar nicht gelogen, du räumst tatsächlich mal auf!“ Ein genervter Ausdruck machte sich auf Narutos Gesicht breit. „Ihr seid doch blöd.“ Mit diesen Worten packte er die etwas verwirrte Hinata am Handgelenk, zog sie zu sich ins Zimmer und schlug die gespielt empörten Ausrufe seiner Mutter ignorierend die Tür hinter sich zu. „Setz dich“, sagte er zu der Hyuuga und zeigte auf sein kleines Sofa, bei dem man das Alter anhand seiner Knautschigkeit erkennen konnte. Nachdem Naruto sein Tablet vom Bett geholt hatte, setzte er sich dazu. „So … was möchtest du hören? Darfst dir was wünschen“, sagte er und tippte auf dem Touchfeld rum, bevor er es an Hinata weiterreichte. Zaghaft nahm sie es entgegen und scrollte die Songliste runter. „Das meiste kenne ich gar nicht“, musste sie zugeben und sah leicht überfordert aus, da entdeckte sie tatsächlich ein Lied, das sie kannte. Durch die beiden Boxen, die rechts und links neben dem Fernseher standen, drangen die ersten Klänge von Johnny Cashs „Folsom Prison Blues“. Naruto grinste. „Nicht schlecht für den Anfang, auch wenn es eine recht spezielle Tanzmusik darstellt.“ Hinatas schaute ihn fragend an. Er lehnte sich zurück. „Ich habe mir ein bisschen Gedanken gemacht wegen der Sache mit dem Selbstbewusstsein stärken und so. Und da ist mir meine Mutter eingefallen, die ständig durchs Haus tanzt, wenn sie gerade Lust hat. Sie hat mir mal erzählt, dass Tanzen befreit oder son Schmarrn. Wieso also nicht versuchen?“ Er stand auf und reichte ihr die Hand. „Lass uns tanzen!“ Eine leichte Panik stand Hinata ins Gesicht geschrieben und sie schüttelte wild mit dem Kopf. „Ich kann gar nicht tanzen!“ Doch Naruto winkte ab. „Ich auch nicht und wir sind hier unter uns. Lass uns einfach Spaß haben.“ Mit diesen Worten zog er sie auf die Beine und fing an, sich zur Musik zu bewegen. Es sah weder elegant oder in irgendeiner Weise kontrolliert aus, aber es schien ihn Freude zu bereiten und Hinata musste lächeln, auch wenn sie sich selbst nicht traute, zu bewegen. Naruto erkannte, dass er so nicht weit kommen würde mit Hinata und stoppte. „Hm, vielleicht sollten wir zu etwas unkonventionelleren Methoden greifen“, sagte er und ging zu seinem Schreibtisch. In der Zwischenzeit hatte sich Hinata wieder auf das Sofa gesetzt und wirkte dabei recht fehl am Platz. Da kam auch schon Naruto wieder auf sie zu in jeder Hand ein kleines Fläschchen mit klarer Flüssigkeit haltend. „Hier“, sagte er und hielt ihr eins davon vor die Nase. „Was ist das denn?“, fragte Hinata und nahm es entgegen. Das Etikett war fast komplett abgepuhlt, sodass man nichts mehr erkennen konnte. „Wunderwasser“, meinte er grinsend und kippte den Inhalt mit einer Bewegung in seinen Mund. Hinata öffnete das Fläschchen, roch dran und rümpfte die Nase. „Also Alkohol.“ „Du musst natürlich nicht, wenn du nicht willst!“ Naruto ging direkt vor ihr in die Hocke und guckte sie erwartungsvoll an. Kurz schaute sie ihm direkt in die Augen, ehe sie sich einen Ruck gab und das Fläschchen an ihren Mund führte. Der Alkohol brannte in ihrer Kehle und hinterließ ein heißes Gefühl in ihrem Magen. „Oh Gott, was ist das für ein Zeug?“, keuchte sie und wischte die kleinen Tränchen weg, die sich in ihren Augen gestohlen haben. Naruto zuckte mit den Achseln. „Weiß ich nicht mehr. Irgendwas Hochprozentiges, das bei der letzten Party noch übrig geblieben ist.“ „Wie viel Prozent könnten das sein?“ „Hm, ich schätze mal irgendwas zwischen 30 bis 50.“ Hinatas Augen wurden riesig. „Wie bitte?!“ Ihr wurde heiß und kalt gleichzeitig. Sie hatte nicht mit etwas so heftigem gerechnet. Das letzte Mal, dass sie tatsächlich betrunken war, kam von Sekt und da hatte sie genug Blödsinn gemacht – beinah eine Freundschaft zerstört. Was wenn sie das schon wieder tat? Und das auch noch direkt vor Naruto? Was wenn seine Eltern ins Zimmer kamen und sie dabei erwischten? Dann würden auch ihre Eltern davon erfahren. Ihr panischer Blick glitt im Zimmer hin und her. Sie hatte das Gefühl, gleich zu hyperventilieren. Naruto merkte, dass etwas nicht stimmte und stand auf. Statt sich zu entspannen und lockerer zu werden, schien das Ganze bei Hinata irgendwie nach hinten loszugehen. „Alles in Ordnung?“, fragte er vorsichtig und legte ihr eine Hand auf die Schulter. Mit angsterfüllten Augen sah sie zu ihm hoch und sprang auf. „Ich muss hier weg, bevor ich irgendwas Dummes anstelle“, sagte sie und ihre Stimme klang ernsthaft besorgt. Narutos Augenbrauen zogen sich zusammen. Er wusste nicht, wovon sie sprach, aber sie schien wirklich aufgeregt zu sein und ihm fiel spontan nur eine Möglichkeit ein, sie zu beruhigen: Vorsichtig legte er seine Arme um die Hyuuga und drückte sie sachte an sich, strich ihr dabei sanft über den Rücken. „Es ist alles gut, du wirst nichts Dummes anstellen, das verspreche ich dir“, flüsterte er ihr ins Ohr und drückte sie noch ein bisschen fester an sich. Hinata erstarrte kurz, ehe sie sich nach ein paar Sekunden entspannte. Eine Gänsehaut überspannte ihren Körper und sie nahm den Duft von Seife und Deo wahr. Einige Augenblicke später löste er sich wieder von ihr und schaute sie an. „Besser?“ Sie nickte und murmelte ein Danke, bevor sie sich entschuldigte. Sie setzten sich beide hin. „Warum glaubst du, dass du etwas Dummes tust?“, fragte Naruto und lehnte sich auf dem Sofa weit zurück. Hinata wusste nicht, warum sie ausgerechnet jetzt den Drang verspürte, aber sie wollte es Naruto tatsächlich erzählen. Und Naruto hörte ihr zu, nickte verständnisvoll an den richtigen Stellen und schien ein unglaublich guter Zuhörer zu sein. Als sie geendet hatte, nahm er ihre Hand und drückte sie kurz. „Ich pass auf, dass dir das nicht noch einmal passiert“, sagte er lächelnd, als er plötzlich aufsprang und sie mit hochzog. „So und jetzt lass uns endlich tanzen! Vertreiben wir die trüben Gedanken!“ Und Hinata wusste nicht, ob es am Alkohol lag oder ob es Naruto zu verdanken war, denn sie fühlte sie ein bisschen befreiter, fast wie high, und so tanzte sie mit ihm bis die Sonne am Horizont verschwand. Kapitel 3: Tell me, baby, what’s your story? -------------------------------------------- Es war Silvester letzten Jahres. Tenten, Hinatas beste Freundin, schmiss bei sich zu Hause eine Party, zu der eine Menge Freunde und Bekannte kamen. Draußen herrschten eisige Temperaturen, pünktlich zu Weihnachten hatte ein Schneesturm das Land in eine weiße Decke gehüllt, die bis lange nach Neujahr noch liegen bleiben sollte. Da ihre Eltern sie nur kurz vor 23 Uhr erst zu Tenten entließen, kam Hinata als letzte der geladenen Gäste an. Sie stand einen Augenblick länger als nötig vor dem Haus ihrer Freundin, die laute Musik und die noch lauteren Stimmen ließen auf eine relativ große Menschenansammlung schließen und sowas machte Hinata grundsätzlich nervös. Vorsichtig klingelte sie, doch der Ton ging bei der Lautstärke unter. Gerade erwog sie, bei Tenten aufs Handy anzurufen, da wurde die Tür mit einem Ruck geöffnet und ihr kam ein Typ entgegengefallen, den die Hyuuga im letzten Moment, bevor er den Boden küsste, noch als Kiba Inuzuka erkannte, Tentens damaligen Freund. „Hey, du Blödmann, was stellst du mir ein Bein?!“, pöbelte er vom Boden aus los und versuchte ziemlich umständlich, sich wieder aufzurappeln, wobei er sich in seiner halb angezogenen Jacke verhedderte. „Sorry“, kam es nur halbherzig von dem Kerl, der auch gleich weiterging, ohne Kiba eines weiteren Blickes zu würdigen. Beherzt griff Hinata nach seinem Arm und half ihm wieder auf die Beine, die dann recht wackelig auf dem Boden standen. Kiba war eindeutig betrunken. „Danke“, nuschelte er und bedachte sie mit einem undefinierbaren Blick durch seine halb geschlossenen Lider, ehe er an ihr vorbei vor die Tür trat und sich eine Zigarette anzündete. Schnell schlüpfte Hinata ins Haus hinein und stolperte beinah über eine riesige Ansammlung von Schuhen, die kreuz und quer auf dem Boden im Eingangsbereich verteilt waren. Hier und da gingen einige Leute an ihr vorbei, die sie teilweise vom Sehen kannte, mit denen sie aber bisher kaum ein Wort gewechselt hatte. Sie zog ihren Mantel aus und hing ihn an den letzten freien Platz in der Garderobe, bevor sie sich zum Wohnzimmer durchkämpfte auf der Suche nach Tenten. Die Luft war stickig und Hinata kam es vor, wie in der Sauna. Vorsichtig zupfte sie an ihrer schneeweißen Bluse und hielt Ausschau nach ihrer Freundin. Sie war noch nie bei einer Hausparty und wusste nicht so recht, was sie nun mit sich anfangen sollte. Die Leute tanzten, unterhielten sich, einige knutschten. Doch Tenten war nicht in Sicht. Plötzlich entdeckte Hinata ein kleines Grüppchen mit Mädchen aus ihrer Klasse, die sich um den Couchtisch herum versammelt hatten und angeregt tuschelten. Mit vorsichtigen Schritten näherte sie sich denen und wurde sogleich von einem blonden Mädchen entdeckt, das von der Hyuuga als Ino Yamanaka erkannt wurde. „Hey Hinata! Du stehst da wie bestellt und nicht abgeholt, setz dich doch zu uns“, flötete sie fröhlich und rutschte ein Stück zur Seite, um ihr Platz zu machen. Sie lächelte dankbar und setzte sich. Wenigstens würde sie jetzt nicht unproduktiv in der Gegend rumstehen und Löcher in die Luft starren. Auch wenn sie sich immer noch fragte, wo Tenten abgeblieben war. „Hier“, sagte Ino und reichte ihr ein Sektglas, das mit einer sprudelnden Flüssigkeit gefüllt war. „Aber ist es zum Anstoßen nicht noch zu früh?“, fragte Hinata unsicher und nahm ihr das Glas ab. Die Blonde lachte. „Süße, das ist ein Hugo. Sekt mit Holunderblütensirup und Minze. Der ist nicht zum Anstoßen. Probier‘ mal.“ Vorsichtig nippte sie an dem Getränk und musste zugeben, dass es sehr lecker war, schmeckte süß und kaum nach Alkohol. „Danke“, erwiderte Hinata lächelnd und nahm einen weiteren Schluck. Ino grinste zufrieden und wandte sich wieder ihren Freundinnen zu. „Worüber haben wir noch gleich gesprochen?“ „Über Sasuke Uchiha. Du meintest, du hättest seine Handynummer?“, sagte Mizuki, ein braunhaariges Mädchen mit auffällig großen Vorderzähnen. „Ach ja! Genau.“ Sie holte ihr Smartphone raus, welches in einer rosafarbenen Hülle mit Hasenohren steckte und tippte darauf rum. „Ich habe ihm auch eine SMS geschrieben, aber bisher kam keine Antwort.“ „Was hast du denn geschrieben?“ Ino grinste geheimnisvoll. „Verrate ich nicht. Aber er wird sicher noch darauf antworten.“ „Und woher hast du die Nummer?“, kam die Frage aus der Gruppe. „Sein bester Freund war da so freundlich. Wir haben auf der Party von Sakura rumgemacht. Er war völlig blau. Wie heißt der nochmal? Naruto?“ Hinata verschluckte sich an ihrem Hugo und bekam einen Hustanfall. Ino schaute sie skeptisch von der Seite her an und schlug ihr kurz auf den Rücken. „Geht’s?“ Diese nickte und winkte ab, immer noch leicht hustend. „Entschuldigt mich.“ Damit stand sie auf und marschierte mit ihrem Getränk in Richtung Küche. Dort sah es so aus, als würde man eine kleine Küchenstehparty feiern – überall standen die Menschen und es gab fast keinen Durchlass. Woher kannte Tenten bloß all‘ diese Leute? Hinata stellte sich an den Tresen und trank ihren Hugo in wenigen Zügen aus. Von der Gastgeberin fehlte immer noch jede Spur. Nachdenklich strich Hinata über die Kante des Tisches. Hatte Ino tatsächlich mit Naruto rumgemacht? Sie kannte den Kerl nicht besonders gut, obwohl sie Nachbarn waren, doch irgendwie ging ihr diese Information gegen den Strich. Durch ihre heimlichen Beobachtungen hatte sich bei ihr wohl eine kleine „Junge von nebenan-Schwärmerei“ entwickelt, doch mehr würde darauf sowieso nicht werden, das wusste sie. Ihre ständigen Ausweichmanöver als Kind hatten dazu geführt, dass er sie bei Nachbarschaftsfesten nicht mehr ansprach oder sogar mied. Dafür könnte sich Hinata noch heute in den Hintern beißen – blöde Schüchternheit! „Hinata, möchtest du noch einen Hugo?“, kam es von der Seite im selben Moment wie ihr das Glas aus der Hand genommen wurde. Ino hatte sich neben sie gestellt und lächelte. Sie hatte mehrere der Sektgläser vor sich stehen und begann, sie aufzufüllen. Hinata nickte. „Bitteschön.“ Ino reichte ihr das volle Glas und tippelte mit den restlichen geschickt in beiden Händen tragend zurück zu ihren Freundinnen. Gerade als Hinata etwas davon trinken wollte, wurde ihr von hinten eine Hand auf die Schulter gelegt. „Hey!“, rief eine ihr bekannte Stimme und die Hyuuga wirbelte herum. Tenten stand grinsend vor ihr, ihre Haare waren voll mit Konfetti. „Wie lange bist du schon hier?“ „Bin eben erst gekommen. Wo warst du?“ „Auf der Terrasse“, sie zeigte mit dem Daumen nach hinten und ihre Mine verfinsterte sich kurz, „weil so ein Blödmann unbedingt unseren neuen, kleinen Buchsbaum vollreihern musste. Ich hab den Kerl mit Zeitungspapier verkloppt und dann den Scheiß noch wegmachen müssen.“ Hinata verzog leicht angewidert das Gesicht. „Igitt.“ „Jepp. Was trinkst du da feines?“ Sie beäugte neugierig das Glas. „Hugo. Möchtest du auch? Ein paar Flaschen habe ich eben dort auf dem Tresen gesehen.“ Tenten schnappte sich eine davon und zog Hinata am Handgelenk die Treppe hoch zu ihrem Zimmer. Das Obergeschoss war komplett leer. Tenten rutschte seufzend die Wand hinab und setzte sich im Flur auf den Boden. „Meine Eltern werden mich umbringen, wenn sie das sehen“, sagte sie mit geschlossenen Augen. „Irgendwie ist mir das über den Kopf gewachsen.“ „Woher kennst du so viele Leute?“, fragte Hinata und setzte sich ebenfalls dazu. „Tu ist gar nicht, das sind zum größten Teil Freundesfreunde und Freundesfreundesfreunde oder so. Eingeladen habe ich fünfzehn, gekommen sind gefühlte tausend!“ Sie öffnete die Flasche mit dem fertig gemixten Hugo und nahm einen Schluck direkt da raus. So saßen sie und sprachen eine Weile, leerten die Flasche gemeinsam. Hinata merkte gar nicht, wie der Alkohol langsam seine Wirkung entfaltete. Ein Klirren von unten ließ beide aufhorchen, Tenten sprang wie von der Tarantel gestochen auf und lief fluchend die Treppe runter. Auch Hinata wollte aufstehen, doch irgendwie wollten ihre Beine das nicht. Vorsichtig richtete sie sich auf, der Boden schien sich zu bewegen. Generell nahm sie jede Bewegung wie in Zeitlupe war und ein Glucksen entwich ihrem Mund. Was für ein lustiges Gefühl – und gleichzeitig so befremdlich. Sie lehnte eine Weile mit geschlossenen Augen gegen die Wand. Doch die Dunkelheit war nicht unbedingt besser, in ihrem Kopf drehte sich alles. Langsam machte sie ein paar Schritte Richtung Treppe – okay, es ging. Alles wieder gut. Zuversichtlich marschierte sie ins Erdgeschoss, wie sie die Stufen ohne Halsbruch runtergekommen war, wusste sie selbst nicht. Den Gesprächsfetzen um sie herum entnahm sie, dass das Feuerwerk in fünf Minuten beginnen sollte. Umständlich schlängelte sich Hinata durch die Masse, die Richtung Tür unterwegs war. Sie schlüpfte in ihre Schuhe, die sie mit Müh und Not gefunden hatte, und ging nach draußen. Auf der Straße hatten sich bereits einige Partygäste wie auch die Nachbarn versammelt und bereiteten alles vor. Hinata fröstelte es, doch ihren Mantel holen wollte sie nicht, durch die Eingangstür war sowieso kein Durchkommen mehr möglich. Ihr wurde von einem fremden Typen ein gefülltes Sektglas in die Hand gedrückt – wo hatte sie eigentlich ihr erstes gelassen? – und dann erblickte sie auch schon Tenten, zu der sie hinlief. Kurze Zeit später wurde auch schon der Countdown angezählt, sie stießen alle an und Hinata stürzte den Sekt in einem Zug runter. Ab dem Moment gab es nur noch ein paar Bilder, an die sie sich erinnern konnte: das Wohnzimmer, in dem noch getanzt wurde; ein besoffener Kiba, der sein volles Glas Bier über Hinatas weiße Bluse kippte und sie ins Badezimmer schleppte, um es abzuwaschen; ihre eigene hysterische Lache; wieder ein Kiba, dieses Mal sie leidenschaftlich küssend; der kurze, reuevolle Gedanke an Tenten und das übermannende Gefühl, begehrenswert zu sein; der Rest war ein kunterbuntes Wirrwarr aus Traumsequenzen und Realitätsfetzen. Kurzum: Das war der Grund, warum Hinata bei Alkohol so nervös wurde. Die nächste Nachhilfestunde fand aufgrund einer kranken Kushina im Hause Hyuuga statt. Pünktlich um vier Uhr am Nachmittag klingelte Naruto bei seinen Nachbarn und ein leichter, kalter Schauer überkam ihn, als Hinatas Cousin Neji, seines Zeichens Polizist in Ausbildung, die Tür öffnete. Die charakteristischen hellen Augen der Hyuugas hatten vielleicht bei Hinata eine warme Wirkung, aber Nejis Blick schien einem förmlich die Haut abzuziehen und anschließend mit Salz einzureiben. „Oh, äh, hey“, sagte Naruto und konnte einen nervösen Unterton nicht unterdrücken. „Ich möchte zu Hinata. Nachhilfe.“ Wie zur Entschuldigung hielt er seine Mappe und die beiden Schulbücher, die er heute benötigte, in die Höhe. „Komm rein“, sagte Neji nur knapp und trat einen Schritt zur Seite. „Sie ist oben auf ihrem Zimmer, die zweite Tür links.“ Naruto nickte, schlüpfte aus seinen Schuhen und eilte die Treppe rauf den Blick des Hyuugas im Nacken spürend. Schon als Kind fand er Neji unheimlich, welcher nicht besonders gesellig zu sein schien. Wenn man ihn antraf, dann nur in Begleitung Hinatas oder alleine. Naruto hatte seine Eltern mal als Kind gefragt, warum Neji eigentlich immer bei seinem Onkel und seiner Tante war und wo denn seine Eltern abgeblieben wären. Die Antwort war für ihn damals erschütternd: Neji war Waise und lebte seit seinem fünften Lebensjahr bei seinen nächsten Verwandten. Doch heute empfand er ihm gegenüber mehr Angst als Mitleid – und Naruto wusste noch nicht einmal wieso, schließlich hatte er ihm nie etwas getan. Er blieb vor Hinatas Tür stehen und klopfte sachte an, ehe er eintrat. Ihr Zimmer war sehr hell eingerichtet, alles schien seine Ordnung zu haben bis auf zwei Bücherregale, die völlig aus diesem Bild sprangen, weil sie schlicht und ergreifend überfüllt waren. Bücher über Bücher stapelten sich dort ohne jegliches System, was bei der sonst so einnehmenden Übersichtlichkeit extrem herausstach. Hinata bemerkte Narutos Blick darauf, bevor sie in einem entschuldigenden Tonfall sagte: „Ich habe ständig vor, es aufzuräumen, aber es kommen so schnell neue Bücher dazu, dass ich es nicht schaffe.“ „Das gleiche kann ich von meinem Zimmer und dem ganzen Zeug darin auch sagen. Ich habe es vor, aber ich komme nicht hinterher“, meinte er zwinkernd. Sie lächelte. „Was steht heute auf dem Plan?“ So setzten sie sich zusammen und Hinata half Naruto bei der Vorbereitung seiner Chemiepräsentation. In den letzten Wochen hatten die beiden sich recht gut kennengelernt, was dazu führte, dass auch Hinata etwas mutiger wurde im Umgang mit ihm. Auch der eine Abend, an dem sie ihm von ihrem unglücklich gelaufenen Silvester erzählt hatte, hatte ihrer Beziehung gut getan. Im Gegenzug unterhielt er sie mit Geschichten und Pannen aus seinem Leben wie beispielsweise das eine Mal, als Naruto ein Mädchen beeindrucken wollte und einen Salto vom Beckenrand ins Wasser machen wollte, dabei ausrutschte und so unglücklich mit dem Kopf auf den Fliesen aufgeschlagen war, dass er erst im Notarztwagen zu sich gekommen war. „Ich habe gehört, dass es am Wochenende einen Meteoritenschauer geben soll“, sagte er in einem beifällig klingenden Tonfall, während er gerade die losen Zettel zusammensammelte, die er gewohnheitsmäßig fast auf dem gesamten Boden verteilt hatte. „Und es soll von uns aus sogar gut zu sehen sein. Zumindest gegen Mitternacht.“ Hinata horchte auf. „Ich hab mir gedacht, dass wir uns vielleicht in den Garten setzen und das gemeinsam anschauen?“ Er grinste sie frech an. „Ich verspreche auch, dass ich meine Griffel bei mir lasse. Also die meiste Zeit.“ Sie wurde rot. Eigentlich war sie solche Witze von ihm schon gewohnt, das schien einfach seine Art zu sein, mit Mädchen umzugehen. Doch trotzdem reagierte ihr Körper immer noch genau so darauf wie vor einigen Wochen. Und vor allem wurde dieses Bauchkribbeln immer intensiver. War das normal? Sie lächelte ihn an. „Gerne.“ Und Naruto strahlte so, dass ihr Herz vor Freude einen Hüpfer machte. Kapitel 4: These old habits die so hard --------------------------------------- „Naruto, könnte ich dich kurz sprechen?“, fragte Sakura und lugte in den Klassenraum. Es war gerade eine kurze Pause zwischen den ersten beiden Unterrichtstunden und für gewöhnlich sahen sie sich in dieser Zeit nicht. Narutos Magen vollführte gefühlt einen kleinen Salto vor Freude darüber, dass sie ihn alleine sprechen wollte. Vielleicht würde sie ihn um ein Date bitten? Oder gleich ihre Liebe gestehen? Wie sollte er reagieren? Normalerweise hatte er keinerlei Probleme, mit Mädchen zu sprechen, doch Sakura hatte einfach eine merkwürdige Wirkung auf ihn. Möglichst lässig marschierte er zu ihr in den Gang. „Was gibt’s?“ Sakura stand am Fenster und fummelte an ihrem Rock herum. Kam es ihm nur so vor oder wirkte sie nervös? „Mir sind in letzter Zeit ein paar Sachen aufgefallen“, begann sie leise und schaute verlegen zur Seite. „Also es gibt da ein paar Zeichen, die ich zu deuten versuche. Ich weiß nicht, wie eindeutig sie sind oder ob sie tatsächlich auch das bedeuten, was ich glaube, was sie bedeuten.“ Sie stockt kurz und schaute ihn direkt an. „Das klang jetzt sicherlich völlig wirr, oder?“ Naruto kratzte sich am Hinterkopf und lachte kurz. „Ich weiß nicht.“ Was für Zeichen meinte sie? Was wollte sie deuten? War er selbst damit gemeint? „Wäre es denn gut, wenn es so wäre, wie du es momentan deutest?“ Sie schaute aus dem Fenster. „Ich denke schon. Also es würde mit meinen Gefühlen übereinstimmen.“ Sein Herz begann zu rasen. Also doch! Sie wollte ihm jetzt ihre Liebe gestehen! In seinem Bauch kribbelte es. „We-welche Gefühle wären das denn?“ Er schluckte. Sie sah ihn an und lächelte. „Ich glaube, ich bin verliebt.“ „Und in wen?“ Er hörte seinen eigenen Herzschlag, so laut und stark. Hörte sie ihn womöglich auch? Sie lachte. „Guter Witz, Baka. Würdest du mir einen Gefallen tun?“ „Jeden“, sagte er sofort. „Könntest du versuchen, Sasuke unauffällig deswegen auszufragen?“ Sein Herz blieb kurz stehen. Sasuke? Was hatte er denn damit zu tun? Wieso sollte er ausgerechnet ihn ausfragen? Sie brauchten doch nicht Sasukes Segen dafür! Und just in dem Moment dämmerte es Naruto. Es machte Klick in seinem Kopf und er verstand. Etwas in seinem Inneren schien sich zu verkrampfen. „Weil ich glaube“, flüsterte sie. „dass ich eine Abfuhr von ihm nicht überstehen würde. Lieber ganz oder gar nicht.“ Er nickte mechanisch. Und hörte sein eigenes Herz brechen. In der Mittagspause saß Naruto bei Sasuke und es war ungewohnt still. Unauffällig beobachtete der Uchiha seinen Freund, wie er lustlos seine Nudeln kreuz und quer über den Teller schob, ehe er resigniert seufzte und eben jenen von sich weg schob. Schnaubend legte Sasuke sein Besteck zur Seite. „Was ist los, Dobe? Dein Gestöhne nervt dezent.“ Kurz funkelte Naruto ihn böse an, ehe er seinen Kopf auf den Tisch platzierte. „Das Leben ist scheiße.“ „Hast du schon wieder eine Sechs geschrieben?“ Naruto schüttelte mit dem Kopf, wobei er weiterhin mit der Stirn auf der Tischplatte liegen blieb. „Und was zum Teufel ist dann passiert?“ „Gar nichts“, sagte er eingeschnappt. „Aha. Dann spar dir mal dein ‚Gar nichts’ für eine andere Zeit des Tages auf, Gezicke brauche ich in meiner Pause nicht.“ „Amen.“ Es folgte eine unangenehme Stille zwischen den beiden, die lediglich durch die Hintergrundgeräusche ergänzt wurde. Plötzlich setzte sich Naruto wieder auf und schaute Sasuke direkt an. „Sakura steht auf einen Vollidioten“, sagte er in einem resignierten Tonfall. Der Uchiha hob eine Augenbraue und fragte: „Wie kommst du denn jetzt bitte auf das Thema?“ „Sie hat es mir gesagt. Heute Morgen.“ Sasukes Blick wurde unmerklich kühler. „Und warum sollte es mich interessieren?“ „Weil er ein unsensibler Klotz ist.“ „Aha.“ „Stört es dich nicht?“ „Sollte es?“ Er schaute weg. Naruto seufzte und stand auf, sein Blick wirkte leer. „Ich habe heute keinen Bock auf Fußball. Wir sehen uns nach dem Wochenende.“ Mit diesen Worten verließ er die Mensa. Sasuke schaute ihm verwirrt nach. Er musste die Haruno dringend sprechen, Narutos Verhalten war definitiv ungewöhnlich und sie schien etwas damit zu tun zu haben. So machte er sich auf die Suche nach ihr. Normalerweise aßen sie mittags gemeinsam, doch heute war Sakura nirgends zu sehen. Und schon allein dieser Fakt machte die ganze Sache so verdächtig. Auch wenn man es ihm nicht ansah und er es am liebsten leugnen würde, so wurmte ihn auch die Tatsache, dass Sakura wohl Gefühle für einen anderen Kerl hatte. Nach zehn Minuten, kurz vor dem Anfang des Nachmittagsunterrichts, fand er sie endlich, wie sie gerade dabei war, die Schulbücherei zu verlassen. Als stellvertretende Leitung eben jener besaß sie einen Schlüssel, um zu unbeaufsichtigten Zeiten die Räume abzuschließen. „Sakura?“ Mit schnellen Schritten kam Sasuke auf sie zu und sah, wie sie kurz zusammenzuckte. „Oh, hey. Tut mir Leid, hab es heute nicht zum Essen geschafft“, sagte sie und zog langsam die Tür hinter sich zu. „Wir müssen reden, es geht um Naruto.“ Sein Blick war durchdringend und sie bekam eine Gänsehaut. Hatte Naruto etwas verraten? War Sasuke deswegen hier? Blöder Uzumaki, Diskretion war für ihn wohl ein Fremdwort! Die Schulglocke kündigte den Unterrichtsbeginn an und Sakura schaute erleichtert auf. „Können wir später reden?“ Doch in dem Moment wurde von Sasuke die Tür zur Bücherei geöffnet und Sakura mit hineingezogen. „Ich habe später keine Zeit und ich will das jetzt klären.“ Er klang bestimmend. Sie verschränkte die Arme vor ihrer Brust und funkelte ihn an. „Aber ich muss in die Stunde. Orochimaru wartet nicht.“ „Egal.“ Er schloss die Tür und sah Sakura an. „Was hast du Naruto heute Morgen erzählt?“ Sie tat so, als wäre sie verwirrt. „Was meinst du?“ Ihr war seine Nähe bewusst und sie begann an den Händen zu schwitzen, weswegen sie diese aneinander rieb. „Ich weiß nicht, ob es in irgendeinem Zusammenhang steht, aber er war völlig am Boden zerstört und hat mir erzählt, du hättest ihm gesagt, du wärst in einen Vollidioten verliebt.“ Sakura prustete los. „Hat er echt ‚Vollidiot‘ gesagt?“ „Was ist denn so witzig daran?“ Sie winkte ab. „Also er übertreibt, so schlimm ist der Kerl gar nicht.“ „Von wem ist überhaupt die Rede?“ Täuschte sie sich oder klang Sasuke tatsächlich erhitzt? „Warum willst du das denn wissen?“ „Weil es Naruto anscheinend gegen den Strich geht.“ Und ihm selbst sichtlich auch. Sakura lächelte ihn an. „Naruto entscheidet nicht über mein Liebesleben.“ Stumm blickte er sie an. Darauf wusste er gerade keine Antwort. „Ob Vollidiot oder nicht, wenn ich mich verliebt habe, dann hab‘ ich mich eben verliebt. Pech gehabt“, sagte sie und klang leicht trotzig. „Darf ich jetzt in den Unterricht?“ Er drückte mit der Hand gegen die Tür. „In wen bist du verliebt?“ „Warum sollte ich es dir sagen?“ Sie funkelte ihn herausfordernd an. Plötzlich trat er näher, wobei sie einen Schritt rückwärts machte und gegen die Wand stieß. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals und ihr wurde heiß. Sein Blick war intensiv und nicht zu deuten. „Sasuke, es ist wirklich meine Sache. Ich weiß gar nicht, warum -“, versuchte sie zu sagen, da wurde sie unterbrochen. Er hatte sich vorgebeugt und sie einfach geküsst. Auf einen kurzen Moment des Schocks folgte ein wohliger Schauer, der ihr den Rücken hinab lief. Sie seufzte selig auf und er grinste in den Kuss hinein, ehe er sie näher zu sich heran zog und sie ihre Arme um seinen Hals schlang. Mit erhitzten Wangen lösten sie sich von einander. „Was ist mit dem Unterricht, Vollidiot?“, flüsterte sie. Sein Blick blieb an ihren Lippen haften. „Scheiß drauf.“ Und sie versanken wieder in einem leidenschaftlichen Kuss. Als Naruto zu Hause ankam, war seine Stimmung nicht unbedingt besser, als sie es bereits in der Schule war. Er war traurig und wütend zugleich, wobei die Wut sich gegen ihn selbst richtete und er nicht genau verstand, warum. Er schmiss seinen Rucksack in den Flur und ging schnurstracks in Richtung Terrasse. Seine Mutter lag immer noch mit Grippe im Bett, weswegen er es vermied, wie gewohnt bei mieser Laune die Musik auf volle Lautstärke aufzudrehen. Stattdessen legte er sich mitten auf den Rasen und sah in den Himmel. Seit ein oder zwei Jahren nun hatte Naruto Gefühle für Sakura, schlich um sie herum, traute sich aber nichts. Immer wieder gab es kurze Liaisons mit anderen Mädchen, die ihn aber nie so faszinierten wie die Haruno. An manchen Tagen reichte es ihm, nur in ihrer Nähe zu sein, an anderen war es schlichtweg frustrierend. Doch nun war es eindeutig: Sie interessierte sich nicht für ihn. Sein Herz blutete bei diesem Gedanken. Er schloss seine Augen und hielt für einige Sekunden die Luft an, spürte den Wind in den Haaren und die Wärme der Sonne auf der Haut. Doch ihm war trotzdem kalt. Ein Schatten legte sich über sein Gesicht und er blinzelte. „Geht es dir gut?“, fragte Hinata und beugte sich weiter runter. Ihre langen Haare kitzelten ihn am Hals. Er richtete sich auf und sah sie stumm an. „Du siehst traurig aus. Ist etwas passiert?“ Ihre Stimme war sanft und voller Gefühl. Sie setzte sich auf ihre Knie und schaute ihn an. „Sie liebt mich nicht“, murmelte er und richtete seinen Blick aufs Gras. „Wen meinst du?“ „Sakura.“ Hinata kniff ihre Lippen zusammen. Er hatte ihr mal von diesem Mädchen erzählt, sie wäre seine beste Freundin und sie würden sich schon lange kennen. Sie hatte bereits geahnt, dass Naruto mehr für diese Person empfand, als er ihr offenbart hatte. Ihr Herz wurde schwerer. „Möchtest du darüber reden?“ Statt einer Antwort legte er seinen Kopf auf ihren Schoß. Eine Gänsehaut machte sich auf ihrem Körper breit. Vorsichtig strich sie ihm durchs Haar und nach einer Weile fing er tatsächlich an, ihr von seinem Erlebnis zu erzählen. Er klang resigniert und müde. „Ich wusste es, ich bin nicht gut genug für sie“, beendete er seinen Monolog. „Aber das ist doch Quatsch“, sagte Hinata eine Spur zu laut, sodass er verwundert seinen Kopf hob und sie ansah. „Wenn überhaupt, dann ist SIE nicht gut genug für DICH. Wenn sie es nicht merkt, dann hat sie dich auch nicht verdient.“ Sein Blick wanderte über ihr Gesicht, die geschwungenen Lippen, die geröteten Wangen, ihre faszinierenden Augen. Sein Herzschlag wurde schneller, er spürte ihn sehr deutlich, lebendig und kraftvoll. Aber war es nicht falsch? Sein Herz hing doch schließlich an Sakura. Schon so lange. Doch woher kam dieser Drang, Hinata nah zu sein? Konnte man zwei Menschen gleichzeitig lieben? „Nein, das glaube ich nicht“, sagte die Hyuuga. Naruto setzte sich auf. Er hatte seinen letzten Gedanken unbewusst laut ausgesprochen. „Wenn man in zwei Personen verliebt ist, dann sollte man die Zweite wählen, denn wenn man die Erste wirklich liebt, dann würde man sich nicht in die Zweite verlieben.“ Sie sah ihn traurig an. „Ich denke nicht, dass Sakura zwei Menschen liebt. Das wäre doch auch nicht fair, keinem gegenüber.“ Naruto stutzte kurz. Hinata hatte also angenommen, er würde von der Haruno reden und nicht von sich selbst. „Du hast Recht.“ Er lächelte sie an, hob seine Hand und strich ihr mit dem Daumen über die Wange. „Danke.“ Sie schaute verlegen nach unten, ihr Gesicht glühte. Die Stelle, die er berührte hatte, kribbelte leicht und sie hatte das Gefühl, in ihrem Bauch würde ein Luftballon anschwellen. Doch der Gedanke an die Sakura-Problematik versetzte diesem auch gleich wieder einen kleinen Stich. Naruto legte sich wieder ins Gras und sah in den Himmel. „Die Wolken sehen flauschig aus. Ich frage mich, ob sie auch so weich sind, wie sie aussehen.“ Hinata war kurz irritiert über den prompten Themenwechsel, doch schließlich legte sie sich neben ihn auf die Erde. „Sie bestehen aus Wasser, also werden sie wohl nass sein“, sagte sie leise. „Das stimmt. Viele Dinge sehen auf den ersten Blick anders aus, als sie in Wirklichkeit sind.“ Sie drehte ihren Kopf zur Seite und sah ihn an, doch er hatte seinen Blick weiterhin gen Himmel gerichtet. Da spürte sie plötzlich eine Hand, die sanft nach der ihren griff. Er strich mit dem Daumen über ihren Handrücken. „Heute wird es den Sternenschauer geben. Bleibt es bei unserem Date?“, fragte er. Ihr Herz setzte kurz aus bei dem letzten Wort. „Natürlich.“ Er drehte sein Gesicht zu ihr und lächelte. „Das freut mich.“ Kapitel 5: Love is nothing but a psychic suicide ------------------------------------------------ Unschlüssig stand Hinata vor ihrem Kleiderschrank und verstand wahrscheinlich das erste Mal in ihrem Leben, warum so viele Mädchen behaupteten, sie hätten nichts zum Anziehen, obwohl der Schrank komplett voll war. Bereits zum gefühlt tausendsten Mal stellte sie sich vor ihren großen Spiegel und hielt abwechselnd je ein weißes und ein rotes Oberteil an ihren Körper, nur um mit einem resignierten Seufzer beide zu den bereits aussortierten anderen Blusen und Tops aufs Bett zu schmeißen. Vorsichtig setzte sie sich auf den Boden und lehnte sich mit dem Rücken an einen der Bettpfosten. Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass sie bereits seit einer geschlagenen Stunde dabei war und sie sich in einer halben Stunde treffen würden. Warum machte sie sich plötzlich so einen Kopf darum? Es würde sowieso dunkel sein und keiner würde sehen, ob sie nun ein Kleid oder eine Hose an hatte, mal ganz davon abgesehen, dass sie sowieso nur zu zweit da sitzen würden. Und trotzdem beschäftigte es sie. War es, weil Naruto das Treffen als „Date“ bezeichnet hatte? Oder weil sie seit geraumer Zeit dieses eigenartige Bauchkribbeln hatte in seiner Nähe? Waren das die berüchtigten „Schmetterlinge“? Wie sollte sie das herausfinden? Jedenfalls nicht durch rumsitzen. So sprang sie auf und schaute sich noch mal ihre Kleidung an, irgendwas musste sich ja finden lassen. Kurz vor Mitternacht und somit auch kurz vor ihrer verabredeten Zeit trat Hinata aus dem Haus, eine schwarze Hose und eine hellblaue Bluse tragend. Ihre Haare hatte sie offen gelassen und ein dezentes Make-up aufgelegt. Sie war zwar nicht gänzlich zufrieden mit ihrem Outfit, doch hatte auch keinen Nerv mehr, sich weiter damit zu beschäftigen. Naruto saß bereits am anderen Ende des Gartens, wo es am dunkelsten war. Sie sah ihn sofort, weil seine blonden Haare durch den Schein seines Smartphones in der Dunkelheit strahlten. Er hatte eine große Decke auf dem Rasen ausgebreitet und ein kleines Windlicht an die Seite gestellt. Vorsichtig setzte sie sich neben ihm, während er ihr erklärte, dass er im Internet gelesen hatte, es würde bald losgehen. Er schien wirklich aufgeregt zu sein. „Hast du sowas schon mal beobachten können?“, fragte Hinata und schaute ihm leicht über die Schulter auf das Display. Er schüttelte mit dem Kopf. „Nee, irgendwie habe ich es bisher immer verpasst. Und du?“ „Auch noch nicht.“ Er drehte seinen Kopf lächelnd zu ihr und ihr Herz setzte einen Augenblick aus, da sein Gesicht plötzlich so nah an dem ihren war. Sie schaute nach unten. „Also am besten, wir legen uns gleich mal hier hin und hoffen, dass das Schauspiel bald startet“, meinte er und legte sein Handy weg. „Wir haben tatsächlich Glück mit dem Himmel, keine einzige Wolke zu sehen. Ich bin begeistert!“ Er ließ sich nach hinten fallen und verschränkte die Arme hinter seinem Kopf. Auch Hinata legte sich hin, wobei sie langsam merkte, dass es doch kühler wurde und ihr dünnes Oberteil für diese Temperaturen nicht geeignet war. Sollte sie noch schnell nach Hause laufen und sich eine Jacke überziehen? Oder wäre das so störend, dass sie die ganze Stimmung damit kaputt machen würde? Sie entschied sich, durchzuhalten. So schlimm würde es schon nicht werden. „Manchmal, wenn ich mir so die Sterne angucke, fühle ich mich ganz klein und bedeutungslos angesichts der Weite, die sich vor einem erstreckt – so wie ein Tropfen im Ozean“, sagte Naruto und klang dabei leicht verträumt. „Das stimmt“, flüsterte Hinata. So lagen sie da fünf Minuten schweigend und wartend, bis die Hyuuga wieder das Wort ergriff: „Wie fühlt es sich eigentlich an, verliebt zu sein?“ Es war kaum mehr als ein Hauchen und trotzdem verstand Naruto jedes einzelne Wort. „Also“, begann er langsam und drehte seinen Kopf in ihre Richtung, „es ist eine leichte und schwierige Frage gleichzeitig. Man weiß es irgendwie. Ich würde es als ein intensives Gefühl beschreiben: dein Herz schlägt ganz schnell, dir wird warm, dein Magen kribbelt so merkwürdig, du freust dich innerlich einen gigantisch großen Keks. Dazu kommt dann noch Nervosität und Aufregung und ein Drang zur Nähe.“ Hinata hakte innerlich die genannten Stichpunkte ab und nickte dabei unbewusst. Jupp, es passte alles. Ein leichter Wind zog auf. „Ist dir nicht kalt?“, fragte er und betrachtete ihre kurzärmlige Bluse, soweit es in der Dunkelheit überhaupt möglich war. „Ein bisschen“, gestand sie. „Aber ich möchte nichts verpassen.“ „Musst du auch nicht.“ Er setzte sich auf und streckte seinen Arm nach etwas aus, das neben ihm lag. „Für alle Fälle hab ich die hier mit rausgenommen.“ Mit diesen Worten breitete er über sich und Hinata eine große, weiche Sommerdecke aus. Dankend schlang die Hyuuga sie etwas enger um sich und merkte erst in dem Moment, wie sehr sie eigentlich fror. Naruto rutschte derweil ein bisschen näher an sie heran, sodass sich ihre Oberarme berührten. „Bist du denn verliebt?“, fragte er. „Ich glaube schon.“ „Schlimm wird das Ganze, wenn es eine unerwiderte Liebe ist. Es zerreißt dich innerlich in tausend Stücke.“ Seine Stimme klang traurig. Sie sah ihn an, doch sein Blick war gen Himmel gerichtet. Sie wusste, wovon er sprach. Wolke Sieben bot einen tiefen Fall für all jene, die unglücklich verliebt waren. „Manchmal glaube ich, dass Liebe einfach ein psychischer Selbstmord ist – und obwohl man es weiß, lässt man sich doch davon einlullen. Die Welt ist voller Masochisten.“ Er lachte leicht. „Hattest du schon mal eine Freundin?“, fragte Hinata leise. „Ja, aber es hielt nie lange. Die meisten Mädchen sind hinter Sasuke her und ich soll dann den Mittelsmann spielen, das kann sehr frustrierend sein, aber ich habe mich mittlerweile daran gewöhnt.“ Und so wie er das sagte, klang es auch, was die Hyuuga wütend machte. Sie erinnerte sich an Ino, die damit geprahlt hatte, Sasukes Handynummer über den Uzumaki bekommen zu haben. Und Sakura, die Narutos Gefühle völlig überging und ihn in ihre Liebessachen mit hineinzog, ihm beinah das Herz herausriss und es nicht mal merkte. „Das ist nicht fair.“ Ihre Stimme zitterte leicht. Er lächelte traurig. „Das stimmt. Aber was ist schon fair in diesem Leben?“ Hinata setzte sich auf und sah ihn an. Ihr gefiel dieser melancholische Naruto nicht, der so negativ über die Liebe sprach. Wo war der optimistische, gut gelaunte Naruto geblieben, den sie kennengelernt hatte? Der impulsiv die Sachen anpackte und sie immer zum Lachen brachte, selbst wenn sie mal nicht so gut gestimmt war. Und das erste Mal in ihrem Leben entwickelte Hinata eine Abneigung gegenüber einer Person, die sie nicht persönlich kannte. Sakura war ein Miststück. „Oh, es fängt an“, rief Naruto freudig auf und berührte die Hyuuga am Oberarm, was für sie wie ein kleiner Stromschlag war. Sie sah nach oben und vor ihr erstreckte sich ein Schauspiel der besonderen Art: Einige kleine und größere Sternschnuppen durchzogen für je einen kurzen Moment den Himmel wie weiße Striche auf schwarzem Papier. Einige waren gut sichtbar, bei anderen hatte man das Gefühl, man hätte sie geträumt, so sanft und fein erschienen sie. „Wie schön“, flüsterte Hinata und lehnte sich wieder zurück, wobei sie einen kurzen Schreck bekam, da Naruto seinen Arm unter sie schob und sie an sich zog. So lagen sie da, fest aneinandergedrückt, und bestaunten das Naturschauspiel, das so nah wirkte und gleichzeitig so fern war. Ihr Herz raste und fühlte sich an, als würde es anschwellen. Sie spürte seine Wärme, sog gierig seinen Geruch ein und entspannte sich allmählich. Die sterbenden Sterne über ihnen tanzten für sie ein letztes Mal. Es war bereits eine Stunde vergangen und Hinatas Augen fielen langsam zu. Auch wenn der Sternenregen faszinierend war, so war es doch bereits ziemlich spät. Sie konnte ein Gähnen nicht unterdrücken. „Bist du müde?“, fragte Naruto, wobei sein Atem ihr Ohr streifte und ihr eine Gänsehaut bereitete. „Ja, etwas.“ „Dann lass uns nach Hause gehen, nicht dass wir hier noch einschlafen.“ So rappelten sie sich auf und packten die Sachen zusammen. Kurz bevor sich ihre Wege dann trennten, legte Naruto die beiden Decken zur Seite und umarmte Hinata fest. Ihr Herz raste wie verrückt, doch sie erwiderte die Geste. „Danke, dass du das mit mir gemacht hast“, flüsterte er und gab ihr einen Kuss auf die Wange. „Gute Nacht.“ Mit diesen Worten hob er seine Decken wieder auf und ging in Richtung seines Zuhauses. Hinata blieb einen kurzen Moment noch stehen, berührte ihre Wange an der Stelle, die er sanft geküsst hatte, und wurde sich just in diesem Augenblick bewusst, dass sie ihr Herz tatsächlich und wahrhaftig an diesen Jungen verloren hatte. Nervös stand Sakura am Eingang des Schulgeländes und betrachtete das Gebäude. Sie war früh dran, früher als sonst, und so traf sie auf nur wenige Schüler. Sie sah auf den Schlüssel der Bibliothek in ihrer Hand und merkte, dass diese zitterte. Seit dem kleinen Stelldichein in der Bücherei hatten sich Sasuke und Sakura nicht mehr gesehen, da sie das Wochenende über mit ihren Eltern bei einem Familientreffen in einem Kaff war, Funkloch inklusive. Somit hatten sie seitdem auch keinerlei Kontakt, zumindest bis Sakura Sonntagabend auf ihr Handy schaute und folgende Nachricht las: „Montag 7.15 Uhr bei der Bücherei, Sasuke“. Ihr Magen schien sich mit jedem Schritt, den sie in Richtung der Schule tat, immer weiter zusammenzuziehen. Das ganze Wochenende über hatte sie sich danach gesehnt, endlich wieder bei ihm zu sein, seine Lippen zu schmecken, ihn zu berühren. Doch da es nun so greifbar nah war, kam die Aufregung zurück. Was, wenn er ihr jetzt sagen würde, dass er sich geirrt hatte? Dass es ein Fehler war, sich auf sie einzulassen? Sakura schüttelte ihren Kopf und versuchte, diese negativen Gedanken abzuschütteln. Das brauchte sie momentan definitiv nicht. Sie kam bei der Tür zur Bibliothek an, doch niemand war da. Hatte sie sich geirrt? Sie holte ihr Handy raus und wollte gerade nach der SMS suchen, da kam Sasuke um die Ecke. Ihr Herzschlag setzte einen kurzen Moment lang aus – wenn es so weiterging, dann würde sie bald an einem Herzstillstand sterben, da war sie sich sicher. Ein Wink seinerseits in Richtung der Bücherei verriet ihr, dass sie die Tür dazu öffnen sollte. Er schaute sich unauffällig um, während sie etwas umständlich den Schlüssel ins Schloss steckte. Sie verschwanden gemeinsam im noch dunklen Raum und die Tür wurde geschlossen. Unbeholfen stand Sakura da, sah ihm in die Augen und zitterte vor Aufregung und Vorfreude. Er lächelte sie an und es war um sie geschehen. Beinah mit Anlauf schmiss sie sich an seinen Hals, küsste ihn gierig, drückte ihren Körper gegen seinen. Auch in ihm schien ein Feuer zu lodern, seine Hand ruhte in ihrem Nacken, die andere auf ihrem Rücken, presste sie näher an sich heran. Er schob sie zurück, drängte sie gegen die Wand, ließ keinen Zentimeter zwischen sich und ihr. Sakura atmete schwer, ihre Wangen waren gerötet. Sie wollte mit ihm sprechen, die Sache zwischen ihnen klarstellen, um zu wissen, wo sie bei ihm stand. Er wusste sehr wohl, dass sie ihn liebte, doch umgekehrt wusste sie nichts über seine Gefühle, außer dass er körperlich eindeutig nicht abgeneigt war. Doch er ließ sie nicht durchatmen, keinen klaren Gedanken fassen, sie gab sich ihm ganz hin und genoss diese Situation. So früh morgens würde niemand die Bibliothek betreten, denn es gab feste Öffnungszeiten und die begangen in der ersten längeren Pause. Und erst als die Klingel die erste Unterrichtsstunde einläutete, lösten sich die beiden voneinander. Ihre Lippen fühlten sich geschwollen an und beide atmeten so, als hätten sie einen Sprint hinter sich. „Wir müssen los in die Stunde“, flüsterte Sakura. Er legte seine Stirn an ihre und schloss die Augen. „Sehen wir uns beim Mittagessen?“ Sie nickte, woraufhin er ihr einen letzten Kuss gab, seinen Rucksack vom Boden aufhob und die Bücherei verließ. Und Sakura hatte plötzlich das ungewöhnliche Gefühl, etwas Verbotenes getan zu haben. In der Mittagspause saßen Naruto und Sasuke bereits in der Mensa, als Sakura dazu stieß. Der Blonde war gerade dabei, über irgendeinen Sternenregen zu erzählen, den er am Wochenende beobachtet hatte. „Hallo Leute“, sagte sie und setzte sich direkt neben Sasuke, der aber nicht aufschaute. Ihre Augenbrauen zogen sich kurz zusammen. Ignorierte er sie? Naruto schien jedenfalls nichts zu merken und begrüßte die Haruno überschwänglich. Sie lächelte ihn an, dankbar für die Ablenkung von den Zweifeln, die sie gerade gepackte hatten. „Das Wochenende tat dir wohl gut, was?“ Sein Blick war fragend. „Was meinst du?“ „Naja, am Freitag sahst du irgendwie bedröppelt aus. Und heute strahlst du.“ „Ja.“ Er lachte verlegen. „Das Wochenende hat mich gerettet.“ Er verkniff es, Hinata zu erwähnen. Er wollte nicht, dass sie ihn wieder damit aufzog. Das, was da zwischen ihm und der Hyuuga passiert war, würde fürs erste sein kleines Geheimnis bleiben. Während Naruto von seinem Erlebnis im Freien erzählte, spürte Sakura plötzlich etwas an ihrem Oberschenkel. Sie schaute nach unten und sah, wie Sasuke unauffällig unter dem Tisch nach ihrer Hand griff. Er drückte sie kurz und strich mit dem Daumen drüber und Sakura spürte, wie die Anspannung von ihr wich. Sie hatte gar nicht gemerkt, dass sie sich so verkrampft hatte. Sie lächelte und wand sich wieder Naruto zu, tat so, als würde sie zuhören, doch ihre gesamte Aufmerksamkeit galt einzig und allein Sasukes Berührung. Auch wenn da noch ein paar Zweifel in ihrem Hinterkopf blieben. Kapitel 6: Break down these walls around you -------------------------------------------- Eine neue Nachhilfestunde stand an und Hinata begab sich mitsamt ihren Unterlagen zum Haus der Uzumakis. Sie war etwas nervös und das spiegelte sich eindeutig in ihren Augen wider, weswegen Kushina sie nach einer kurzen Begrüßung auch leicht skeptisch beäugte, doch sie schwieg. „Ich habe gehört, Sie waren gesundheitlich angeschlagen“, sagte Hinata, während sie sich die Schuhe auszog. „Geht es Ihnen wieder gut?“ Kushina nickte lächelnd. „Ja, alles bestens. Danke der Nachfrage.“ Als die Hyuuga kurze Zeit später vor Narutos Zimmertür stand, zögerte sie einen Augenblick, bevor sie anklopfte. Im selben Moment wurde auch eben jene Tür aufgerissen und ein Paar meeresblaue Augen funkelten ihr entgegen, ehe sie stürmisch umarmt wurde. Als er sie wieder los ließ, glich ihr Kopf von der Farbe her einer überreifen Tomate. Sie stammelte eine Begrüßung. „Du glaubst nicht, was passiert ist!“, rief Naruto laut aus und führte die Hyuuga in sein Zimmer. Vor Aufregung hüpfte er von einem Bein aufs andere und sah sie gespannt an. Hinter seinem Rücken raschelte Papier. Hinata wusste in dem Moment nicht, was sie sagen sollte – es gab so viel, was hätte passieren können. Doch ehe sie sich überhaupt überlegen konnte, was sie tippen sollte, sprach Naruto auch schon weiter: „Ich habe eine Zwei plus in meiner Matheklausur geschrieben!“ Mit diesen Worten hielt er ihr stolz seine Arbeit vor die Nase, die er hinter seinem Rücken versteckt hatte. Ihre Miene hellte sich sofort auf. „Das ist ja großartig!“ Sein Grinsen wurde breiter. „Ich bin großartig, ich weiß. Aber ohne dich hätte ich das so nicht geschafft.“ Sie wurde wieder rot und lächelte. „Hast du deinen Eltern schon davon erzählt?“ „Nee, ich wollte, dass du zuerst davon erfährst.“ Er schmiss sich rückwärts auf sein Bett und stöhnte erleichtert auf. „Wenn es so weitergeht, dann kann ich bald wieder mehr Fußball spielen. Ich könnt‘ dich knutschen dafür, weißt du das?“ Hinata setzte sich neben ihn und lachte auf. „Traust du dich ja eh nicht!“ In ihrem Inneren schien etwas aufzulodern. Es wurde still im Zimmer und ein verschmitztes Lächeln fand seinen Weg auf Narutos Gesicht. „Das glaubst du doch selbst nicht.“ Noch bevor Hinata auch nur an Flucht denken konnte, hatte sich Naruto auf sie gestürzt und begann, ihr Gesicht mit wilden Küssen zu bedecken, was sie zum Kichern brachte. Ihr Herz schien zu explodieren. „Aufhören!“, quiekte sie lachend, auch wenn sie innerlich nach mehr schrie. Naruto legte seine Stirn gegen ihre und sah ihr in die Augen. „Von wegen ich trau‘ mich nicht!“ Er grinste von einem Ohr zum anderen und gab ihr einen letzten Kuss auf die Nasenspitze, ehe er wieder etwas Abstand nahm. „Du hast Glück, dass ich keinen Lippenstift trage, sonst würdest du jetzt sicher sehr witzig aussehen!“ Daraufhin schmiss sie mit einem Kissen nach ihm. „Du bist unmöglich!“ Was vorwurfsvoll klingen sollte, erweckte anhand ihrer Stimme den Eindruck von Belustigung. Ihr Herz schlug unnormal schnell und ihr wurde sehr heiß – doch sie ahnte nicht, dass es Naruto nicht anders erging, nur ließ dieser es sich nicht so anmerken. Innerlich freute er sich über ihre Reaktion. Generell musste er feststellen, dass ihre Anwesenheit eine beruhigende Wirkung auf ihn hatte – zumindest nach außen hin. Seine Gefühlswelt spielte in ihrer Gegenwart dagegen völlig verrückt. Und langsam aber sicher ahnte er, wohin ihn seine Gefühle leiteten – doch er wartete ab. Nachdem sich beide wieder einigermaßen eingekriegt hatten, begannen sie mit dem Nachhilfeunterricht. Narutos Lernleistung hatte sich, seitdem sich Hinata seiner angenommen hatte, deutlich gesteigert, auch wenn trotzdem noch eine Menge Nachholbedarf bestand. „Übrigens haben wir am Wochenende ein Fußballspiel gegen einen anderen Verein“, sagte Naruto, während er eine Formel aus dem Buch abschrieb. „Und ich wollte dich fragen, ob du zum Anfeuern mitkommst.“ Ihr Herz machte vor Freude einen kurzen Hüpfer. „Aber natürlich! Gerne!“ Er lächelte sie an. „Dann wirst du sehen, wie gut ich spielen kann! Wenn du zusiehst, werde ich mich doppelt anstrengen!“ Die Woche verging wie im Flug und am Samstagvormittag stand Naruto bei den Hyuugas auf der Matte, um Hinata abzuholen. Gemeinsam gingen sie zum Sportplatz, auf dem das Spiel ausgetragen wurde. Die Hälfte der Mannschaft war bereits da – so auch Sasuke, der bereits das Trikot an hatte. Neben ihm stand Sakura und sprach eindringlich auf ihn ein, doch verstummte, als sie Naruto entdeckte. Er winkte ihnen zu. „Hallo Leute!“, rief er, während er seinen Schritt beschleunigte und dabei nach der Hand der Hyuuga griff, um sie mitzuziehen. Sakuras Gesicht hellte sie plötzlich auf, als sie ihren besten Freund Händchen haltend sah. Sie begrüßten sich, wobei der Uzumaki Hinata den anderen vorstellte. „Ohne sie würdet ihr heute wohl ohne den besten Stürmer des Teams spielen!“, sagte er lachend und legte einen Arm um die Hyuuga, die sofort errötete. Sasuke grinste. „Du und der beste Stürmer? Ist klar, Dobe, träum‘ weiter.“ Er klopfte ihm kameradschaftlich auf die Schulter. „Was soll denn das heißen?“, rief Naruto entrüstet, doch die anderen lachten nur. „Komm, Hinata, wir gehen schon mal zur Tribüne“, sagte Sakura. Diese folgte ihr zögerlich, nachdem sie noch viel Glück gewünscht hatte. „Ziemlich schüchtern“, sagte Sasuke und schaute den beiden Mädels nach. „Kann sie dich Wildfang überhaupt unter Kontrolle halten?“ „Was meinst du?“ Naruto war gerade dabei, sein T-Shirt gegen das Trikot einzutauschen – und das mitten auf dem Feld. „Seid ihr nicht zusammen?“ Sasukes Augenbrauen zogen sich fragend zusammen. „Nein, sonst hätte ich dir das schon erzählt.“ Der Uchiha schwieg kurz, seine Lippen waren leicht zusammengekniffen. „Und außerdem“, fuhr Naruto fort, „solltest du dich erstmal um dein Liebesleben kümmern. Ich komm schon klar.“ „Mein Liebesleben?“ „Ja, Sakura und so.“ Es sollte beiläufig klingen, um zu schauen, ob Sasuke über das Thema bereits bescheid wüsste. Seitdem Naruto von Sakuras Gefühle erfahren hatte, hatte er mit keinem der beiden mehr darüber gesprochen. „Woher weißt du, dass zwischen mir und Sakura was läuft?“ Narutos Augen wurden tellergroß. „Wie bitte? Bei euch läuft was?“ „Du hast es doch gerade angesprochen.“ Sasuke klang verärgert. Er hatte das Gefühl, der Uzumaki würde ihn verarschen. „Ja, nein, das war … das war doch nicht so gemeint!“, rief er verzweifelt aus. „Und warum zum Teufel weiß ich nichts davon?!“ Sasuke schaute weg. „Das ist … kompliziert.“ „Inwiefern?“ „Insofern dass es ein paar Faktoren gibt, die dagegen sprechen.“ „Gegen eine Beziehung?“ Sasuke nickte. „Und welche wären das?“, fragte Naruto und verschränkte seine Arme vor der Brust. „Zum Beispiel ich selbst. Du weißt, wie ich bin. Ich will sie nicht verletzen.“ „Wirst du nicht“, sagte Naruto und legte eine Hand auf Sasukes Schulter. „Glaub mir, das passt alles. Sakura ist anders als jedes Mädchen, das du bisher zur Freundin hattest. Einfach unvergleichbar.“ „Und was ist mit dir?“ „Was soll denn sein?“ „Ich weiß, dass du Gefühle für Sakura hast.“ Naruto schwieg kurz, ehe er langsam sagte: „Ja … Hatte. Ich habe verstanden, dass es eine sinnlose Schwärmerei war. Das hätte bei uns nie geklappt, wir sind da zu gleich.“ Sasuke nickte. „Deswegen passt auch Hinata so gut zu dir. Ein Ruhepol.“ „Das glaube ich auch“, meinte Naruto nachdenklich. „Das glaube ich auch …“ Während sich die Jungs ein bisschen aufwärmten, hatten Sakura und Hinata einen Platz auf der Tribüne gefunden, von dem sie das Feld gut überblicken konnten. „Also du und Naruto seid Nachbarn, richtig?“, fragte Sakura und lächelte die Hyuuga freundlich an. „Genau, ich gebe ihm seit ein paar Wochen Nachhilfe.“ Sie knetete etwas nervös ihre Hände im Schoß, da sie die Haruno kaum einschätzen konnte, auch wenn sie bisher sehr nett war. „Aber du bist nicht bei uns auf der Schule.“ Hinata nickte. „Ich gehe auf die Konoha Mädchenschule.“ „Ah! Ja, da kenne ich auch ein paar Mädels von.“ Sie unterhielten sich noch eine Weile und merkten mit der Zeit, dass sie sich ganz gut verstanden. Hinatas Nervosität ließ nach. Sakura war nicht das herzlose Miststück, das sie sich ausgemalt hatte. Das Spiel lief bereits auf Hochtouren und die beiden Mädels fieberten mit. „Seid Naruto und du ein Paar?“, fragte die Haruno unvermittelt. Hinata senkte ihren Blick, lächelte aber. „Nein. Doch so, wie es momentan ist, ist es auch schön. Irgendwie.“ „Aber du hättest gerne mehr oder?“ Sakuras Stimme klang einfühlsam, woraufhin Hinata schüchtern nickte. „Kann ich verstehen, Sasuke ist da auch nicht gerade der Schnellste.“ Die Hyuuga schaute fragend auf. Sakura seufzte. „Im Grunde sind wir seit ca. zwei Wochen zusammen, aber irgendwie auch nicht. Jedes Mal, wenn ich ihn auf unsere Situation anspreche, habe ich das Gefühl, ihn zu bedrängen, weil ihn irgendwas hemmt, das ganze offiziell zu machen. Und diese Geheimnistuerei macht mich zum Teil echt fertig.“ „Was, glaubst du, könnte ihn hemmen?“ „Ich weiß nicht. Vielleicht bin ich ihm zu peinlich als feste Freundin?“ Sakura lachte gequält. „Naruto wollte er bisher auch nichts sagen, was meiner Meinung nach sehr zweifelhaft ist, schließlich sind wir beste Freunde. Das ist alles so albern.“ Sie lehnte sich vor und vergrub ihr Gesicht aus Verzweiflung in den Händen. Hinata wusste nicht, was sie sagen sollte, schließlich konnte sie als Außenstehende die Situation noch weniger einschätzen. Stattdessen tätschelte sie mitfühlend Sakuras Rücken. In der Zwischenzeit war ein Tor der Gegnermannschaft gefallen und die erste Halbzeit wurde beendet. „Komm, wir müssen unseren Jungs ein wenig einheizen, sonst verlieren sie noch“, sagte Sakura plötzlich, stand auf und lief die Stufen hinab. Hinata folgte ihr. „Ein bisschen mehr Power bitte!“, rief die Haruno, als sie auf die Mannschaft ihres Freundes zulief. „Ihr wollt doch nicht gegen die da verlieren!“ Doch statt einer Erwiderung ging Sasuke nur stumm auf sie zu und küsste sie direkt vor allen anderen. Ein paar Leute pfiffen und Naruto lachte. „Ist es dir jetzt offiziell genug?“, fragte Sasuke flüsternd, während er sie noch kurz umarmte. Auf ihren Wangen hatten sich rosa Flecken gebildet, doch sie strahlte. Die zweite Halbzeit lief für die Mannschaft um Sasuke und Naruto großartig. Sie gewannen im Endeffekt zwei zu eins. Nachdem die Jungs kurz geduscht hatten, gingen sie mit Sakura und Hinata in den benachbarten Stadtpark und legten sich ins Gras. „Das war ein grandioses Spiel!“, rief Naruto und verschränkte die Arme hinter seinem Kopf. Die anderen stimmten ihm zu, da stöhnte Sasuke plötzlich genervt auf, als er auf sein vibrierendes Handy schaute. „Was ist los?“, fragte Sakura. „Ach, so ein blödes Mädel ist anscheinend irgendwie an meine Nummer gekommen und schreibt mir seit über einem halben Jahr regelmäßig irgendwelche merkwürdigen SMS. Ich reagiere zwar nicht auf die, aber die hört einfach nicht auf. Was für eine Ausdauer.“ Hinata horchte auf. Sie hatte da so eine Ahnung. „Gib‘ mal her“, meinte die Haruno und nahm ihm sein Telefon aus der Hand, suchte die Nummer raus und rief an. Eine süßlich hohe Stimme antwortete ihr: „Hallo Sasuke! Endlich meldest du dich auch mal zurück.“ Es folgte ein wildes Gekicher. „Hör mal zu, Schätzchen“, meinte Sakura, die die Stimme irgendwo her kannte, sie aber nicht zuordnen konnte, „hier ist Sasukes Freundin. Wenn du dich nochmal auf diese Nummer hier meldest, dann schwör ich dir, werde ich rausfinden, wer du bist und dir das Leben zur Hölle machen, haben wir uns verstanden?“ „Sakura?!“, kam es leicht panisch vom anderen Ende. „Wer bist du?“ Doch auf diese Frage bekam sie keine Antwort, denn die Person am anderen Ende hatte bereits aufgelegt. Skeptisch beäugte Sakura das Handy. „Anscheinend kannte sie mich.“ „Ich glaube, es war Ino“, sagte Hinata leise und wurde rot, als sie alle fragend anschauten. „Woher weißt du das?“, fragte Naruto. „Sie geht in meine Klasse und hat mal erzählt, sie wäre an die Nummer rangekommen.“ Sie verschwieg lieber, wie es dazu gekommen war. Sakura schnippte mit den Fingern. „Natürlich! Daher kam mir ihre Stimme so bekannt vor!“ Naruto schwieg. Der Name kam ihm irgendwie bekannt vor, doch er wusste nicht mehr woher. „Ich habe ihr beinah die Nase gebrochen in der Disco. Die blöde Kuh hat mich grundlos beleidigt, weil ich ihr nichts über dich erzählen wollte“, meinte Sakura lachend und sah dabei ihren Freund an. „Kein Wunder, dass sie gerade solche Angst bekommen und einfach aufgelegt hat!“ „Gut gemacht“, meinte Sasuke und küsste sie dankend auf die Wange. Naruto beobachtete die beiden mit gemischten Gefühlen – und traf in diesem Moment eine Entscheidung. Zu viert blieben sie noch eine Weile im Gras liegen und unterhielten sich, bis Sakura meinte, sie müsse langsam nach Hause. Den Uchiha nahm sie mit. Auch Naruto und Hinata machten sich langsam auf dem Weg nach Hause, auch wenn es erst Nachmittag war – doch er wollte seine Sportsachen nicht die ganze Zeit mitschleppen. Mitten auf dem Weg blieb er plötzlich stehen. „Was ist los?“, fragte Hinata, da zog er sie unvermittelt in eine Umarmung und vergrub sein Gesicht in ihrer Halsbeuge. „Hinata …“ Er atmete schwer. Kapitel 7: Always is in your eyes - in all ways I realize, that always is you and I ----------------------------------------------------------------------------------- Narutos Atem streifte Hinatas Haut und ließ sie kribbeln. Ihr Herz schlug viel zu schnell und stark. Spürte er das auch? Sie klammerte sich an sein T-Shirt. „Hinata …“, sagte er erneut und drückte sie ein bisschen fester, da durchbrach ein lautes Gedudel die Stille um die beiden herum. Widerwillig löste Naruto sich von der Hyuuga und kramte in der Hosentasche nach seinem Handy. „Ja?“ Er klang genervt. „Ja, bin gleich zu Hause. … Nein, ich kann jetzt keine Eier holen, bin schon fast da. … Ist gut, mach ich später. Bye.“ Er legte auf und schaute Hinata an, die sich halb von ihm weggedreht hatte, als er sie losgelassen hatte. „Entschuldige, es war meine Mum.“ „Ähm … Wollen wir weiter?“, fragte sie schüchtern und machte einen Schritt rückwärts. Die ganze Situation hatte sie verunsichert. Warum hatte Naruto sie so plötzlich umarmt? Was wollte er sagen? „Äh ja, klar.“ Er lachte verlegen und folgte ihr. Seine Mutter hatte ja wahrhaftig ein perfektes Timing drauf, dachte er ironisch und schmollte leicht. Gerade hatte er seinen Mut gefunden – oder zumindest meinte er, welchen gefunden zu haben – und dann das. Den Rest des Weges gingen sie stillschweigend nebeneinander her und auch die Verabschiedung fiel knapp aus. Und beide fühlten sich mit dieser Situation mehr als unzufrieden, doch keiner zeigte es deutlich. Es kam der Abend und Naruto saß allein in seinem Zimmer. Seine Mutter hatte ihn, kaum dass er den Fuß über der Türschwelle hatte, zum Einkaufen verdonnert, sodass er den Rest des Nachmittags Tüten schleppend verbracht hatte. Ein Klopfen riss ihn aus seinen Gedanken – die momentan nur um eine bestimmte Person kreisten – und er bat herein. Sein Vater betrat den Raum. „Hey“, sagte er und setzte sich neben seinen Sohn aufs Bett. „Ich habe gehört, deine Noten hätten sich gebessert. Die Nachhilfe trägt Früchte, was?“ Er klopfte ihm auf die Schulter. Naruto grinste. „Ja, Hinata macht ihre Sache richtig gut.“ „Das stimmt.“ Minato nickte. „Möchtest du sie nicht heute Abend zu uns zum Essen einladen? Das wäre eine großartige Gelegenheit für uns, sich bei ihr zu bedanken.“ „Ähm, ja klar, ich kann sie fragen, ob sie Zeit und Lust hat.“ Narutos Herz machte einen kleinen Hüpfer bei dem Gedanken, Hinata gleich wiederzusehen. Er sehnte sich nach ihr, jede Faser seines Körpers wollte bei ihr sein. „Also gut, ich sag dann mal deiner Mutter bescheid und du läufst mal rüber und fragst nach.“ Mit diesen Worten stand er auf. Doch bevor er das Zimmer verließ, drehte er sich noch kurz um. „Ich glaube, ich sage dir das viel zu selten, aber: Ich bin wirklich stolz auf dich.“ Er lächelte und ging. Also Naruto die Treppe runterkam, war Kushina in der Küche bereits fleißig am rumwerkeln – und es sah nicht gerade danach aus, als hätte sie eben gerade erst damit angefangen. Hatten seine Eltern das Essen bereits geplant, bevor sie ihn gefragt hatten? Er schüttelte kurz seinen Kopf, um die leicht paranoiden Gedanken zu verscheuchen, und ging aus dem Haus. Als er vor der Haustür der Hyuugas stand, überkam ihn eine sonderbare Anspannung. Naruto hatte Glück und nicht Neji sondern Hinata selbst öffnete die Tür. Ihr war die Überraschung deutlich anzusehen. „Naruto!“, quiekte sie kurz. „Meine Eltern wollten fragen, ob du zum Essen rüberkommen möchtest.“ Sie stutzte, lächelte dann aber. „Aber gerne. Ich sag nur eben schnell bescheid.“ So verschwand sie wieder aus seinem Sichtfeld, kam aber nur ein paar Augenblicke später wieder und zog sich die Schuhe an. Gemeinsam gingen sie zum Haus der Uzumakis zurück. Ein strahlender Minato öffnete ihnen die Tür. „Entschuldigt bitte“, sagte er. „Ihr müsst aber noch eine halbe Stunde warten. Ist das okay? Ihr könnt ja solange nach oben gehen.“ Sobald beide sich ihrer Schuhe entledigt hatten, bugsierte er sie die Treppe hinauf. „Es soll eine kleine Überraschung werden, also nicht luschern!“ Damit schloss er Narutos Zimmertür und ließ die beiden allein. Etwas unschlüssig standen sie nun im Raum, bis sich Naruto einfach auf die Couch fallen ließ und neben sich auf den Platz klopfte. „Setz dich, das dauert erfahrungsgemäß doch etwas mehr als eine halbe Stunde.“ Hinata folgte seiner Aufforderung. „Tut mir Leid. Hätte ich das gewusst, dann hätte ich dich später geholt“, sagte er und lachte verlegen. „Ach, das ist schon in Ordnung. Ich hatte sowieso nichts geplant für den Abend und hätte mich sicherlich nur wieder in meinen Schulsachen vergraben.“ Ein verschmitztes Grinsen umspielte seine Lippen. „Ich denke, du wirst irgendwann eine tolle Lehrerin sein.“ Sie wurde rot. Vor gar nicht all zu langer Zeit hatten sie sich über ihre Zukunftsvorstellungen ausgetauscht. Da hatte ihm Hinata offenbart, dass sie ein Studium auf Lehramt anstrebte, auch wenn ihre Eltern eigentlich mehr etwas in Richtung Management erwarteten. Doch sie sprach kaum mit ihnen darüber und hielt ihren Wunsch momentan noch mehr oder weniger geheim. „Hatte ich dir nicht bei unserem Kennenlernnachmittag versprochen, ich würde dir dabei helfen, selbstbewusster zu werden?“, fragte er und schaute ihr dabei fest in die Augen. Sie nickte langsam. „Ich glaube, ich habe es vernachlässigt“, sagte er und legte seinen Kopf leicht schief. „Aber du hast es auch ohne mich ganz gut hinbekommen.“ „Meinst du?“ Sie wirkte verunsichert. Wollte er auf etwas Bestimmtes hinaus? Er rutschte ein bisschen näher an sich heran. „Wobei du jetzt wieder ganz rot wirst.“ Naruto grinste und sie drehte ihren Kopf weg. Ihr Herz schlug plötzlich wieder so unglaublich schnell. Er legte eine Hand an ihre Wange und drehte ihr Gesicht wieder zu ihm. „Das ist okay. Ich finde es sehr süß.“ Sie sah ihm in die Augen, die sie genau musterten, und senkte ihren Blick auf seine Lippen. Wie sie sich wohl anfühlten? „Du hast gesagt, ich soll dir gegenüber nicht schüchtern sein“, flüsterte sie und sah ihn mit einem entschlossenen Ausdruck in den Augen an. „Du hast gesagt, ich dürfte alles mit dir machen.“ Er lächelte verschmitzt und kam ihrem Gesicht näher. „Habe ich das?“ Sie schluckte und antwortete mit der festesten Stimme, die sie gerade bereitstellen konnte: „Ja. Das heißt … ich dürfte dich dann auch küssen. Richtig?“ „Probier’s doch aus.“ Sein Grinsen wurde breiter, als er sich leicht zurücklehnte. Sie wusste, dass er gerade ein bisschen mit ihr spielte und das schien ihm sichtlich zu gefallen. Doch sie sah nicht, dass seine Gefühle gerade komplett verrückt spielten. Er wollte sie – jetzt. Doch er hielt sich zurück, was ihm extrem schwer fiel. Doch sie war gerade dabei, mutiger zu werden, und das wollte er ihr nicht nehmen. Sie strich sich eine Haarsträhne hinter das Ohr und senkte ihren Blick. Das Selbstbewusstsein, das sie vorhin noch gepackt hatte, schien sich wieder unter das Bett verkriechen zu wollen. Nein, sie durfte diese Chance jetzt nicht ungenutzt lassen! Mit einem entschlossenen Blick lehnte sie sich vor und hielt nur Millimeter vor seinem Gesicht an. Ihre Lippen berührten sich beinah und sie merkte, wie sein Atem schwerer wurde. Seine Muskeln waren angespannt, die Augen halb geschlossen. Er grinste auch nicht mehr und legte seine Hand leicht an ihren Oberarm. Und plötzlich entschied sie sich, ihn auch zu ärgern, strich mit ihren Lippen nur kurz über seine – spürte, wie er den Kuss bereits erwidern wollte – doch legte ihre Lippen schließlich mit einem schmatzenden Geräusch an seine Wange. Lachend lehnte sie sich wieder zurück, als sie seinen verwirrten Blick sah. Ihr Herz schien rausspringen zu wollen, sie höre es übermäßig laut schlagen. Doch ehe sie etwas zu der Situation sagen konnte, begrub Naruto sie plötzlich unter sich. Sie lag mit dem Rücken auf der Couch, die Beine waren noch auf dem Boden und er hielt ihre Arme rechts und links neben ihrem Kopf fest, beugte sich über sie. „Ich glaube, wir haben beide verschiedene Ansichten, was das Küssen angeht“, sagte er und hob eine Augenbraue. „Ich zeig dir mal, was ICH darunter verstehe.“ So beugte er sich herunter und legte seine Lippen auf ihre. Ein Feuerwerk der Gefühle explodierte in ihrem Bauch. Instinktiv streckte sie ihren Oberkörper und seufzte. Naruto grinste und ließ ihre Hände los, stützte sich aber mit den Ellenbogen neben ihrem Kopf ab, woraufhin Hinata ihre Hände in seinen Nacken legte und ihn näher zu sich zog. Sie stöhnte leicht auf, als er sich vollends auf sie legte und dabei ihre Brust berührte. Zu ihrem Leidwesen unterbrach Naruto schon bald den Kuss. „So geht das“, sagte er und klang leicht außer Atem. Seine Wangen waren gerötet. „Zeig es mir nochmal“, flüsterte sie und zog ihn wieder zu sich, strich mit der Zunge vorsichtig über seine Lippen, was er nur all zu gerne erwiderte. Seine Hand wanderte ihre Seite hinab und blieb auf der Hüfte liegen, wo er mit seinem Zeigefinger kleine Kreise zog. Ihr Rock war hochgerutscht und entblößte ihre Oberschenkel. Naruto ließ von ihrem Mund ab und küsste ihren Hals, saugte kurz an der empfindlichen Haut und merkte zufrieden, dass er einen kleinen, roten Fleck hinterlassen hatte. Hinata schien das nicht gemerkt zu haben, ihre Augen waren geschlossen und der Mund leicht geöffnet. Sie strich Naruto über den Rücken, die Schultern, die Taille – und schien es sichtlich zu genießen, selbst berührt zu werden. Die Zeit schien für beide stehengeblieben zu sein als sie so dalagen und sich liebkosten, sodass sie erschrocken zusammenfuhren, als es plötzlich an der Tür klopfte und Minatos Stimme sie zum Essen rief. Naruto seufzte erleichtert auf, als er merkte, dass sein Vater nicht wie gewohnt einfach reinkam – eventuell könnte die Szene vor ihm sonst ein kleines Bisschen peinlich sein: 1. Narutos T-Shirt lag irgendwo in einer Ecke, 2. er lag immer noch auf Hinata und 3. ihre Bluse war komplett offen. „Wir kommen gleich“, rief Naruto, wobei sich seine Stimme ungewöhnlich rau anhörte. Etwas widerwillig stand er auf, was seine Beule in der Hose nun deutlich zeigte. Auch Hinata, immer noch rot im Gesicht, setzte sich auf und strich ihren Rock glatt. Er reichte ihr eine Hand und zog sie zu sich in eine Umarmung. So standen sie einen Augenblick da, seine nackte Haut an ihre zum Teil entblößte. Er küsste sie auf den Kopf. „Also Nachhilfe in Küssen brauchst du doch keine“, meinte er und sie hörte, wie er dabei grinste. „Aber ich wette, du findest noch etwas, was du mir beibringen kannst.“ Sie schaute hoch und er küsste sie erneut auf den Mund. „Wie wär’s, wenn wir gemeinsam lernen?“ Vorsichtig strich er ihr über die Taille, was bei ihr eine Gänsehaut hinterließ. „Aber erstmal müssen wir meine Eltern überleben. Sie warten schon.“ Er drehte sie um, umarmte sie von hinten und knabberte an ihrem Ohr, während sie ihre Bluse wieder zuknöpfte. Anschließend suchte er nach seinem T-Shirt und zusammen gingen sie hinunter ins Esszimmer, wo der Tisch bereits gedeckt stand. Minato und Kushina saßen an ihren gewohnten Plätzen und empfingen die beiden mit strahlenden Lächeln. „Es gibt ja Ramen!“, rief Naruto freudig und rannte um den Tisch herum zu seinem Platz. „Ja, ich dachte, das wäre zur Abwechslung mal wieder gut.“ Kushina zwinkerte und zeigte auf den Stuhl ihr gegenüber. „Hinata, setz dich doch.“ Diese folgte der Aufforderung und ließ sich auf den Platz neben Naruto gleiten. Kushinas Blick fiel auf Hinatas Hals und sie blinzelte kurz, ehe sie mit einem unterdrückten Grinsen wegschaute. Auch Minato fiel der Knutschfleck auf, was ihn dazu veranlasste, Naruto einen vielsagenden Blick zuzuwerfen. Doch dieser schien sich gerade so überhaupt nicht für seine Eltern zu interessieren und starrte nur seine Schüssel mit Ramen an. Sie fingen an, zu essen. Während Naruto nur so über seine Nudelsuppe herfiel, unterhielt sich Hinata mit seinen Eltern. Sie lobten ihre Fähigkeit, Naruto etwas in den Kopf einprügeln zu können, und bedankten sich überschwänglich für ihre Hilfe. „Ich glaube, ich war noch nie so froh, dass mein Junge sich ein so tolles Mädchen zur Freundin gesucht hat“, sagte Kushina. „Nicht wahr, Schatz?“ Naruto und Hinata verschluckten sich gleichzeitig. Minato nickte zustimmend. „Der Nachhilfeunterricht war eine tolle Idee. Es ist alles genau so gelaufen wie -“ Plötzlich heulte er vor Schmerz auf. „HEY! Hast du mich etwa getreten?!“, rief er zu seiner Freu. Doch diese legte nur einen Finger an die Lippen, um ihn zum Schweigen zu animieren. Naruto fiel diese Geste natürlich auf. „Gibt es irgendwas, das ich wissen muss?“, fragte er skeptisch, doch seine Eltern schüttelten nur vehement mit den Köpfen. „Und warum zum Teufel glaube ich euch nicht?“ „Weil du paranoid bist, Schatz.“ Kushina lachte gekünstelt und beeilte sich, aufzustehen. „Möchtest du noch mehr Suppe?“ Dazu sagte Naruto nicht nein. Auch wenn ihm diese merkwürdige Situation mit seinen Eltern nicht aus dem Kopf ging, so sprach er sie nicht mehr darauf an – das würde er schon noch früher oder später aus ihnen rauskitzeln. Doch vorher wollte er noch eine „Lerneinheit“ mit Hinata durchgehen… Epilog: The taste of love is sweet when hearts like ours meet ------------------------------------------------------------- Narutos Augen glitzerten bedrohlich, als er seine Eltern, die beide auf dem Sofa im Wohnzimmer saßen, langsam umkreiste. „Also … Verstehe ich das jetzt richtig: Ihr hattet Angst, dass ich schulisch nichts auf die Reihe bekomme und dann völlig abstürze, so in einen falschen Freundeskreis gelange, eine blöde Freundin mit nach Hause bringe, die genau wie ich dann ein Loser wäre und ihr mich dann für den Rest eures Lebens durchfüttern müsstet?“ Kushina seufzte theatralisch auf, während Minato einwarf: „Wir haben lange darüber beraten und Hinata als eine würdige Schwiegertochter für uns ausgesucht.“ Er zwinkerte der Hyuuga zu, die gerade etwas verschüchtert an der Wand stand und die Szene so aus sicherer Entfernung beobachtete. „Eine würdige Schwiegertochter FÜR EUCH?“, wiederholte Naruto fassungslos. „Und meine Meinung spielt da etwa keine Rolle?“ „Ach komm, die Wahl, die wir getroffen haben, kann dich jetzt nicht ernsthaft stören oder?“ Der jüngere Uzumaki warf einen raschen Blick auf seine Freundin, die ihn mit weit aufgerissenen Augen ansah. „Nein, natürlich nicht. Hinata ist wundervoll -“ „Und was ist dann das Problem?“, fragte Kushina und hob eine Augenbraue. Naruto stampfte mit dem Fuß auf. „Es geht um das verdammte Prinzip.“ „Aber wenn wir nichts gemacht hätten, dann hätte sich eine solche Chance für dich gar nicht ergeben können – weder schulisch noch privat“, sagte Minato und zeigte auf Hinata. „Sie spielt in einer völlig anderen Liga als du. Du hast Glück, dass sie sich auf dich einlässt.“ Er grinste und Hinata wurde rot. Es war ihr sichtlich unangenehm, dass die beiden Naruto so in ihrer Nähe niedermachten, während sie selbst in den Himmel gelobt wurde. Doch sie wusste nicht, was sie sagen sollte. „Aber es hätte genauso gut alles völlig nach hinten losgehen können!“, rief Naruto und ruderte mit den Armen. Ihn juckte es wenig, dass seine Eltern ihn nicht auf die gleiche Ebene mit Hinata stellten. Was ihn tatsächlich wurmte, war die Tatsache, dass seine Eltern ihn scheinbar für inkompetent hielten! „Das Risiko war es wert.“ Kushina sah wenig beeindruckt. Sie merkte, dass Naruto nur nach einem Grund suchte, sauer zu sein, aber keinen triftigen hatte. „Sei doch einfach dankbar, dass deine wunderbaren, lieben, fürsorglichen Eltern dir in den Arsch getreten haben!“ Minato verschränkte die Arme vor der Brust und nickte zustimmend. „Du könntest wirklich ein bisschen mehr Dankbarkeit zeigen, deine wunderbare, liebe und fürsorgliche Mutter hat völlig Recht.“ Kushina kicherte albern. In dem Moment wurde Naruto bewusst, dass die beiden ihn nicht ernst nahmen, drehte sich beleidigt um und stampfte aus dem Raum, nicht ohne Hinata noch an der Hand zu packen und mitzuschleifen. Die Hyuuga warf noch einen kurzen Blick zu den Uzumakis und meinte gesehen zu haben, dass sie sich gegenseitig ein High-Five gegeben hatten. Aber wahrscheinlich hatte sie sich nur versehen. Hinata und Naruto waren nun schon seit drei Tagen zusammen und es war wunderbar. Sakura war völlig hin und weg von der Nachricht und hatte die beiden zu einer spontanen, kleinen Party bei sich zu Hause eingeladen, auf sie dann Hinata beiseite nahm und ihr jedes bisschen an Informationen rausquetschte, die sie bekommen konnte. Gleiches galt auch für Tenten, die keine fünf Minuten nach der SMS vor dem Haus der Hyuugas stand, einen völlig perplexen Neji umrannte und Hinata bis tief in die Nacht mit Fragen bombardierte. Diese drei Tage kam Hinata sich vor, als würde sie auf Wolken schweben – es erschien ihr immer noch ein kleines bisschen unwirklich, was passiert war. Und ihr Herz drohte immer noch rauszuspringen, wenn Naruto sie berührte – ganz zu schweigen von ihrem bereits chronischen Rotwerden. Naruto stampfte mit Hinata im Schlepptau die Treppe hoch und schlug die Tür beleidigt zu, sobald sie sein Zimmer betreten hatten. „Ich fasse es nicht, dass sie mich für so blöd halten“, schnaubte er und schmiss sich rücklings aufs Bett. Hinata setzte sich vorsichtig neben ihn und quiekte kurz auf, als er sie zu sich herunter zog, sodass sie halb auf ihm lag. „Bist du wirklich sauer auf sie?“, fragte die Hyuuga vorsichtig und streichelte mit einer Hand über seine Wange. Er schloss seine Augen und atmete tief aus. „Nein“, sagte er schließlich. „Es ist ja alles gut gegangen. Wahrscheinlich haben sie recht, dass ich sonst nie auch nur eine geringe Chance bei dir gehabt hätte.“ Energisch schüttelte Hinata mit ihrem Kopf. „Das stimmt doch gar nicht!“, rief sie und schaute ihm fest in die Augen. „Du hättest JEDERZEIT eine Chance bei mir! Du bist das Beste, was mir je in meinem Leben passiert ist.“ „Dieses Kompliment kann ich nur zurückgeben.“ Er lächelte und küsste ihre Nasenspitze. Sie legte ihren Kopf auf seine Brust und lauschte seinem Herzschlag. So aneinander gekuschelt lagen sie noch eine Weile, bis Naruto wieder das Wort erhob: „Hinata?“ „Hm?“ Sie hörte, wie sein Herz plötzlich schneller schlug. War er nervös? Er streichelte sie an der Seite entlang. Ein wohliger Schauer jagte ihr den Rücken hinunter. „Ich möchte dir etwas sagen, was ich noch nie im meinem ganzen Leben zu einem Mädchen gesagt habe.“ Ihr Herz raste wieder, während er kurz schwieg. Sie hob ihren Kopf ein bisschen an und sah ihm wieder in die Augen. Sein Blick hielt sie gefangen. „Ich liebe dich“, sagte er mit fester Stimme und sie lächelte. „Ich liebe dich auch, Naruto“, flüsterte sie, schloss ihre Augen und legte ihre Stirn an seine. „So sehr.“ Er hielt sie fest in seinen Armen. Er würde sie nicht mehr loslassen – nie mehr. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)