Plan B (empfohlen +16) von Yeliz (Zwischen Liebe und Sucht) ================================================================================ Kapitel 4: Plan B ----------------- In den letzten Wochen passierte nichts Spektakuläres. Sasuke und ich besuchten nach unserer Auseinandersetzung den Arzt. Ich war freiwillig dort, um mich krankschreiben zu lassen. Sasuke wurde von Karin mit allen Mitteln dorthin gezerrt. Ich hätte schwören können, dass sie zu Betäubungsmitteln gegriffen hätte, wenn er sich weiterhin geweigert hätte. Um ehrlich zu sein, hatte ich bis zu Karins Ausbruch nicht erwartet, dass sie den Uchiha gegen seinen Willen handeln ließ. Doch als sie wie ein Vulkan ausbrach und das ganze Haus zusammenschrie, wurde mir bewusst, dass Sasuke damals nicht gelogen hatte. Sie sah wirklich nur unschuldig aus, doch hatte das Temperament einer Barbarin. Mich schauerte es bei der Erinnerung daran. Wir kamen mit ein paar Prellungen, Verstauchungen und leichten Rippenbrüchen davon. Der Arzt war sehr verwirrt, als er sich meinen Rücken ansah. Zumindest kaufte er mir die Geschichte mit dem Tisch ab. Ich erholte mich fleißig. Sakura besuchte mich regelmäßig. Ihre Begeisterung hielt sich in Grenzen, als sie erfuhr, dass mein Mitbewohner und ich uns grünblau geschlagen haben. Ich versicherte ihr, dass sich die Beziehung zwischen uns verändert hat. Dahingehend musste ich auch nicht lügen. Unser Verhältnis nahm seit der Prügelei eine harmonische Form an. Sasuke und ich tranken ab und zu ein Bier. Wir schauten gemeinsam TV-Reality-Shows und South Park. Wir frühstückten sogar miteinander, zumindest wenn es sich ergab. Obwohl man Sasukes Frühstück nicht wirklich als Einnahme von Nahrungsmitteln bezeichnen konnte. Mir ist aufgefallen, dass der Schwarzhaarige einen ungesunden Lebensstil führte. Er ernährte sich größtenteils von Zigaretten und Kaffee. Von schwarzem Kaffee, der gleichzeitig seine Laune am Morgen widerspiegelte. Er war bitter und dunkel. Ich lernte damit umzugehen. Stück für Stück passte ich mich an ihn an und allzu schwer war es auch nicht. Sasuke war viel auf Achse oder sperrte sich in seinem Zimmer ein, wenn er keine Gesellschaft brauchte. An diesem Tag besuchte uns Karin. Sie war des Öfteren zu Besuch. Meistens holte sie Sasuke am Freitag ab und dann schaute sie Sonntagabend nochmal vorbei. Vielleicht war sie besorgt darüber, dass der Jurastudent das Wochenende nicht überlebte. Es war jedenfalls Freitag und ich durfte in ein paar Stunden zur Spätschicht. Glücklicherweise wurde ich für meine Fehlzeit nicht gefeuert, da ich ja theoretisch noch in der Probezeit war. Scheinbar mochte mich mein Chef. Möglicherweise bildete ich mir das nur ein, aber wir hatten einen ähnlichen Humor, sodass wir oft miteinander herumblödelten. Er war ein seltsamer Kauz und pervers. Ich war nicht prüde. Anderen würden sogar behaupten, dass ich das Gegenteil davon war. Eigentlich hatte ich noch nie gefährliche oder außergewöhnliche Sexerfahrungen, aber ich war offen dafür und das zählte irgendwie. Wäre ich ein dominanter Typ? Zählt Kamasutra auch schon darunter oder was meinte der alte Kauz, als er verschmitzt lachte und mir dumm zu zwinkerte. Ich überlegte verkrampf, weshalb mich Hiraya prüde nannte. Meine Gedankengänge waren noch bei dem Aspekt, ob mich Schmerzen beim Sex interessierten. Plötzlich riss mich Karins Stimme aus meinen Überlegungen heraus. Wir saßen zu zweit im Wohnzimmer und schauten TV, als sie mich fragte, wie es mit der Wohnungssuche lief. „Leider nicht so optimal. Alle Wohnungen, die ich in Betracht gezogen hatte, sind zu teuer oder viel zu weit entfernt. Ich will keine langen WG bis zur Uni haben. Ich muss wohl wieder in eine WG ziehen.“, seufzte ich niedergeschlagen bei dem Gedanken an den bevorstehenden Stress. An und für sich hatte ich noch nie etwas an Gesellschaft auszusetzen, doch die WG – Castings nervten mich. Schließlich war nach einer Stunde Plaudern noch längst nicht geklärt, ob der Mensch vor einem wirklich als Mitbewohner taugte. Doch mir blieb nichts anderes übrig. Bei Sasuke wohnen zu bleiben, war keine Option. Ich lebte in seinem Wohnzimmer. Wie so oft, als ich an den besagten Besitzer dachte, erschien er wie gewohnt mit Bier und Kippe im Wohnzimmer. Ich hatte mich auch mit dem Rauchen abgefunden, da es unser Zusammenleben erleichterte. Der Schwarzhaarige war um einiges erträglicher mit Zigarette als ohne. Allerdings störte mich der Gestank trotzdem und erleichterte mir die Wohnungssuche. Nachdem sich Sasuke in den Sessel geschmissen hatte, wendete sich Karin an ihn und fragte: „Wie sieht es bei dir aus, Sasuke? Hast du auch schon nach einer Wohnung gesucht?“ Meine Augen weiteten sich, da mir neu war, dass Sasuke umziehen wollte. Doch Karin ließ mir keine Zeit, um darüber nachzudenken und haute schon die nächste Frage raus: „Willst du nicht vielleicht mit mir zusammenziehen?“ Sasukes Miene veränderte sich sichtlich. Karin schien das nicht wirklich aufzufallen, da er sonst auch grundlos eisig schaute. Mir fiel die graue Gewitterwolke über seinem Kopf auf und ich fühlte irgendwie mit ihm. Karin war süß und ordentlich. Sie kümmerte sich rührend um ihn und sorgte sich um seine Gesundheit. Karin war eine geeignete Ehefrau. Sasuke behielt lieber seine Freiheit. Plötzlich schaute er mich an und grinste unmerklich. Sein kurzes Mundwinkelzucken jagte mir einen Schauer über den Rücken, der wohlgemerkt vernarbt war. Sein flüchtiges Zeichen ließ in meinem Schädel die Alarmglocken läute. Die kleinen Arbeiter in meinem Kopf hörte ich wortwörtlich verzweifeln. „Nicht möglich, Naruto und ich ziehen schon zusammen.“, bei diesem Satz weiteten sich meine Augen zum Äußersten und ich musste mir verkneifen meine Kinnlade mit der Hand zu stützen. Hätte ich gerade etwas getrunken, wäre die Flüssigkeit so schnell, wie sie in mich eingeflossen war, auch wieder in kleinen Speichelpartikeln nach außen gelangt. Wahrscheinlich hätte es ausgesehen wie im Film. Doch das waren nur meine spekulativen Hirngespinste, die sich diese Szene gewünscht hätten, um den Schock zu überspielen. War das jetzt ein schlechter Witz oder musste mich dieser Bastard wirklich als Vorwand nutzen, um Karin zu entkommen? Dachte er wirklich, dass es funktionieren würde, wenn er log? Was wenn er nicht gelogen hatte? Die Fragen in meinem Kopf rotierten unaufhörlich und ich glaubte einen leichten Schwindel zu spüren. Aus einer Kurzschlussreaktion, für die ich mich selbst loben und schlagen wollte, sagte ich: „Ja, das war Plan B, falls ich nichts anderes finde.“ Bei meinen Worten blickte ich Sasuke weiterhin fragend und geschockt an. Ich hoffte für ihn, dass er sich in diesem Moment überlegte, wie er das wieder gut machen konnte. Ich wollte nämlich nichts von Karins geballter Wut abbekommen. Vulkan Karin sollte nicht wieder ausbrechen, wenn sie erfuhr, dass der sogenannte Plan B eine Lüge war. Nach meiner Äußerung schien Karin etwas geknickt, weshalb ich ihr als Entschädigung ein Bier oder besser gesagt, Limonadenbier holte. Ich ging danach zur Arbeit und traf davor Sakura, die von der Frühschicht kam. Sie stand rauchend am Personaleingang. Hinata holte sie scheinbar von der Arbeit ab. Wie immer war sie schüchtern, fast so wie bei unserer ersten Begegnung. Ich wünschte mir sehr, dass sie in meiner Gegenwart auftaute. Sie war mir sehr sympathisch. Ich konnte mir nicht mehr richtig vorstellen, wie sie auf der Tanzfläche tanzte. Ich erinnerte mich noch daran, dass sie gut tanzte und viel lachte. Das schüchterne Mädchen neben meiner Kollegin erschien wie ausgewechselt. „Warum legst du die Stirn in Falten, Naruto? Alles in Ordnung?“, fragte sie und riss mich somit aus meinen Gedankengängen. Ich ließ den Gedanken an Hinatas Verhalten los. Wie immer grinste ich sie zur Begrüßung an und sagte: „Alles bestens. Wie sieht's bei euch Hübschen aus?“ „Hinata und ich treffen uns gleich mit ein paar Freundinnen und machen einen Mädelsabend.“ „Klingt spannend, geht ihr shoppen und dann in einen kitschigen Film?“, fragte ich lächelnd, während beide das Gesicht verzogen. Sie schauten mich mit in Falten gelegter Stirn an. Als Sakura verstand, dass ich sie ärgerte, boxte sie mir auf den Arm. „Nein, Naruto! Wir gehen gemeinsam essen und danach in einen Club. Sehen wir etwa aus wie Barbies?“, harkte sie noch einmal prüfend nach und ich wusste, dass mich eine falsche Antwort den Kopf kosten könnte. Ich hob abwertend meine Hände hoch und schüttelte den Kopf. „Selbstverständlich nicht! Sakura, du bist doch die Beste! Stimmt's, Hinata? Sakura und du, ihr seid eine viel angenehmere Gesellschaft als irgendwelche Shoppingqueens.“, erwiderte ich mit einem flehenden Blick an Hinata gewandt. Sie errötete und konnte nur nicken. „Sei froh, dass Hinata hier ist und ich dich verschone.“, grinste mich Sakura diabolisch an. Mir lief es kalt den Rücken runter. Mir war bewusst, dass sie das ernst meinte und ich war mir auch sicher, dass Sakura in einer SM – Beziehung das S wäre. Die beiden verabschiedeten sich nach ein paar Minuten. Ich fing an zu arbeiten. Nachdem ich von der Arbeit zurückkehrte und die letzten Treppen zur Wohnung erklomm, rauschte mir plötzlich ein Rotschopf entgegen. Es war Karin, die ihren Kopf stur gegen den Boden richtete. Sie hätte mich beinahe umgerannt, aber anstatt sich zu entschuldigen, rannte sie stumm die Treppen hinunter. Ich sah ihr einen Moment verwirrt nach, beschloss jedoch die letzten Schritte zur Wohnung zu überbrücken und Sasuke zu fragen, was das eben war. Ich stellte meinen Rucksack im Flur ab und zog Schuhe sowie Jacke aus. Danach ging ich zu Sasukes offener Zimmertür. Dort stand ich nun und sah ihn erstaunt an. Er saß nur in Boxershorts bekleidet auf seinem Bett und rauchte. Vor ihm stand der neue Couchtisch, den ich ihm vor ein paar Wochen geholt hatte. Auf ihm standen wie immer unzählige Flaschen und ein paar Aschenbecher. Es wunderte mich immer wieder, dass Sasukes Zimmer sowie der Großteil der Wohnung ordentlich waren. Trotzdem stellte er ständig seinen Tisch mit halbleeren und leeren Flaschen voll, bis Karin es nicht mehr aushielt und sie wegräumte. Am liebsten hätte ich noch weiter über das Flaschenchaos nachgedacht, doch der Verursacher lenkte meine gesamte Aufmerksamkeit auf sich, als er große Schlücke aus einer halbleeren Whiskeyflasche trank. Er verzog keine Miene und rauchte seine Zigarette, nachdem die Flasche wieder auf dem Tisch stand. Bei anderen hätte dieses Verhalten etwas Asoziales an sich oder sogar mitleidige Gefühle hervorgerufen, allerdings saß vor mir nicht irgendwer. Vor mir saß Sasuke Uchiha, der selbst beim Whiskeytrinken aus der Flasche verflucht gut aussah. Mein Blick wanderte über seinen schlanken Oberkörper. Seine Art zu leben spiegelte sich in seinem Aussehen wieder. Er war dünn und wiederum sehr muskulös. Einerseits sah er wirklich abgefuckt aus, andererseits war seine Art anziehend und spannend. Der Kerl hatte eine mysteriöse Ausstrahlung, die niemanden kalt ließ. Egal, ob es Hass, Wut oder Interesse war. Der Uchiha weckte Gefühle, die einem selbst seltsam vorkamen. So stand ich dort in seiner Tür und betrachtete ihn eingehend, bis er seinen Kopf zu mir drehte und fragend eine Augenbraue hochzog. Ich konnte bereits aus dieser Entfernung seine Erschöpfung sehen. Sein Körper und sein Charakter kämpften gegen diese Erschöpfung an. Er schien ausgelaugt und lustlos. Es fehlte eigentlich nur noch, dass er genervt war. Möglicherweise besänftigte der Alkohol seine pissige Art, überlegte ich und sprach mir mit diesen Worten Mut zum Reden zu. Trotzdem traute ich mich nicht wegen Karin zu fragen, denn die Spannung lag immer noch in der Luft. Ich wusste, dass sie sich wie so oft gestritten hatten. Sie waren nicht zusammen. Das war wohl unvorstellbar bei Sasukes Charakter, aber es war offensichtlich, dass die Rothaarige ihn liebte. Es war nur unklar, wie er für sie empfand. Ich vergaß meinen Mund zu schließen, bevor ich meinem Gedankengang folgte und deswegen wie ein Depp im Türrahmen stand. Sasuke grinste amüsiert und in diesem Moment wurde mir bewusst, dass es wirklich betrunken war. Ich gab mir einen Ruck und fragte: „Was war das vorhin im Wohnzimmer? Meintest du das ernst oder wie hast du dir das vorgestellt? Du kannst Karin nach meinem Auszug schließlich nicht weiterhin anlügen.“ Seine Miene wurde bei ihrem Namen finster. Er drehte seinen Kopf wieder nach vorne. Emotionslos wie immer, meinte er nur: „Karin kann mich mal am Arsch lecken.“, danach zog er erneut an der Kippe. Sein Blick haftete an der Whiskeyflasche. Er bediente sich ein weiteres Mal an ihr und zündete sich eine neue Zigarette an. Dann nuschelte er halbwegs verständlich: "Finde eine Wohnung, die nah an der Uni liegt und drei Zimmer hat, wovon eins das Doppelte meines jetzigen ist.“, fügte er noch hinzu, bevor er einen weiteren Schluck aus der Flasche nahm und aufstand. Er drehte sich zu mir. Wir sahen uns in die Augen. Ich schluckte und verarbeitete vorsichtig die Informationen. Schließlich wollte ich nicht, dass mein Prozessor überhitzte, was bei so viel unvorstellbarem Input schnell der Fall war. „Du meinst das wirklich ernst.“, entgegnete ich unsicher. Ob das nun ein Ausruf oder eine Frage darstellen sollte, war mir selbst nicht klar. Sasuke kam mir näher. Ich blickte ihm stur in die Augen, bis er nur noch einen Schritt von mir entfernt stand. Von dieser Entfernung aus, sah ich mir sein Gesicht genauer an. Die pechschwarzen Haare fielen ihm ins Blickfeld. Sasuke sah nicht sehr asiatisch aus, doch die Haare waren sehr typisch für seine Abstammung. Ich hatte seinen Vater manchmal im Fernseher gesehen und wusste, dass er der Grund für Sasukes asiatische Wurzeln war. Ich wollte in diesem Moment gerne seine Mutter sehen. Ob er ihr sehr ähnelte, fragte ich mich. Seine Haut war blass. Sie erschien ziemlich weich und geplagt. Unter seinen Augen hatten dunkle Schatten ihr zu Hause gefunden. Ich kannte Sasuke kaum anders und ich wusste nicht, ob er jemals ausschlafen konnte. Seine Augen waren rot und glasig, doch sein Blick war amüsiert sowie seine Mundwinkel. Sie waren geschwollen, wahrscheinlich durchs Küssen mit Karin. Er verzog sie zu einem schelmischen Grinsen, als er merkte, wie ich ihn beobachtete. Ich wollte wegsehen, doch seine schwarzen Augen ließen mich nicht los. Nur das Geräusch unseres gleichmäßigen Atems war zu hören. Diese ruhige Situation spannte mich innerlich an. Meine Gedanken kreisten nicht, sondern sickerten in Sasukes schwarze Augen wie das Abwasser die Spülung hinunter. Erst als Sasuke den Mund öffnet und belustigt fragte: „Warum sollte ich dich anlügen, Wichser?“ Als ich den Alkohol vermischt mit seinem Atem roch, wachte ich aus einer Trance auf. Ich rümpfte die Nase und machte ihm Platz, als er andeutete, dass er vorbei wollte. Er ging ins Bad und nach ein paar Minuten hörte ich die Dusche. Ich blickte benommen in seinen Raum und wusste nichts mit mir anzufangen. Am liebsten hätte ich mir eine gescheuert, weil ich ihm offenkundig mein Interesse gezeigt hatte. Das verdiente er nicht, allein aus dem Grund, dass er selbst kein Interesse oder Mitleid für irgendjemanden hatte. Er war ein Egoist. Er liebte nur sich und das bewies schon die Art, wie er mit Karin umging. „Blöder Bastard!“, murmelte ich kleinlaut vor mich hin. Es war mir ehrlich gesagt unangenehm, dass Sasuke mich ständig aus der Bahn warf. Ich ließ ihn hingegen völlig kalt. War der düstere Typ denn nicht irgendwie aus der Fassung zu bringen, fragte ich verzweifelt das Universum. Es kam wie erwartet keine Antwort, also wand ich den Blick von der tristen Decke ab. Meine Augen blieben wieder an Sasukes Zimmer hängen. Es hypnotisierte mich. Ich wollte mich umsehen. Gleichzeitig wehrte ich mich innerlich Interesse zu äußern. Er war es meiner Meinung nach nicht wert angehimmelt zu werden, egal ob er aus reichem Elternhaus kam oder nicht. Mein Kopf kämpfte gegen die Neugier an, doch ich musste wie eine neugierige Katze, mit dem Risiko vom Balkongeländer zu fallen, spielen. Ich wagte ein paar Schritte in Sasukes minimalistische und mit Flaschen vollgestellte Reich. Mir fielen auf einmal die Gerüche auf, die ich zuvor völlig übergangen hatte. Ich roch Alkohol und Sex, doch vor allem roch ich etwas Illegales und mir gut bekanntes. Am liebsten hätte ich wie ein Detektiv den Finger gehoben und in fein englischem Akzent „Es liegt Gras in der Luft.“, gesagt. Ich verkniff es mir natürlich, mich wie ein Depp zu benehmen und fuhr mir stattdessen durchs Haar. Es war für mich in Ordnung. Ich selbst hatte es nur einmal probiert und es hatte nicht die gewünschte Wirkung erzielt. Gras wirkte auf mich nicht. Ich überließ damals Kiba das Kiffen und blieb beim Alkohol. Auf dem Tisch fand ich auch die Beweise für das Vergehen. Eindeutige Indizien waren die Longpapes und der Drehtabak. Tabak zu kaufen, war für den Uchiha untypisch. Er rauchte immer industriell gefertigte Zigaretten und ließ sich selten dazu herab Zigaretten zu drehen. Ich konnte nicht drumherum kommen, als die Pflicht eines Detektivs zu erfüllen und das Beweisstück näher zu inspizieren. Gedacht und getan, sodass ich den Tabak öffnete und mir unprofessionell der Mund aufklappte. Ich dachte mir das Sasuke kiffte. Seine oft geröteten Augen und seine „scheißegal Einstellung“ waren schon Beweis genug. Ich wusste von Kiba, wie viel das Gramm ungefähr kostete und wie viel man für eine ordentliche Wirkung brauchte. Wie bei jeder Droge stieg die Dosis mit regelmäßigem Gebrauch. Ich traute Sasuke auch zu, dass er am Wochenende einen 50er, sprich fünf bis sechs Gramm verrauchen konnte. Allerdings übertraf der Inhalt der Tabaktüte meine Vorstellung. Sasuke hatte Geld, das war mir klar. Er konnte sich das leisten und er brauchte nicht dealen, weil er es sich, wie gesagt, leisten konnte. Warum hatte er geschätzte vierzig Gramm, aufgeteilt auf fünf Tüten herumliegen? Die Tüten waren voll mit großen grünen Pollen und irgendwo zwischen ihnen lugte ein wenig Tabak hervor. Meine Fresse, wofür brauchte er soviel Zeug, fragte ich mich irritiert. Mein Kopf ratterte. Ich überlegte ernsthaft, was der Kerl mit dem ganzen Zeug anstellte. Ich dachte so angestrengt nach, dass ich ihn nicht bemerkte, als er zur Tür hereinkam. Ich hörte es nur Klopfen und erschreckte mich zu Tode. Mir wäre beinahe die Tüte aus den Händen geflogen. „Seit wann haben wir die Zimmer getauscht, Uzumaki?“, fragte Sasuke mit undefinierbarer Stimme. Ich wusste nicht, wie ich das deuten sollte. Entweder war Sasuke jetzt richtig angepisst wegen mir oder er war richtig angepisst wegen mir. Es gab keine weitere Option für Detektiv Uzumaki, als sich zu ergeben und den Job zu schmeißen oder sich aus dem Fenster zu werfen. Ich wog noch ab, was weniger lebensgefährlich erschien, als ich seine Schritte näherkommen hörte. Nackte Füße auf Linoleumboden, die nur einer Person gehören konnten. Kurzfristig bündelte ich meinen Mut und drehte mich zu meinem Drogen tickenden Mitbewohner um. In diesem Moment wurde mir bewusst, dass der Fenstersprung die bessere Option gewesen wäre. Ich erwartete einen Todesblick, einen angespannten Kiefer, womöglich einen Schlag ins Gesicht, doch das letzte, was ich erwartete, war ihn halbnackt zu sehen. Ein Handtuch bedeckte seine Körpermitte. Die restliche Haut lag frei und zeigte seine definierten Muskeln. Langsam sollte ich mir Sorgen machen, schoss mir der Gedanke durch den Kopf. Ich sagte mir jetzt zum tausendsten Mal in Gedanken, dass ich nicht schwul war und mich diese Situation bloß erröten ließ, weil es unerwartet war. Im Endeffekt war es auch dementsprechend, da ich mich ertappt fühlte. Da schoss einem das Blut in den Kopf und das Herz hämmerte schneller. Anatomisch gesehen, war das völlig normal und die anderen Regungen meines Körpers ignorierte ich gekonnt. Während ich mich von Sasukes Anblick ablenkte und tausende Theorien für meine Verhalten erstellte, fing dieser auf einmal an zu lachen. Daraufhin stand ich noch ratloser vor ihm. Ich befand mich in Sasukes Zimmer, der fast nackt war und dessen nasse Haare seine nackten Schultern mit Wasser benetzten. Das Wasser perlte über seine Brust, hinunter zu seinem Bauch und die Tropfen glitzerten durch das Licht, wodurch sich mein Blick wie der einer Elster darauf fixierte. Nicht zu vergessen, dass ich acht Gramm Gras in der Hand hielt, die höchstwahrscheinlich ihm gehörten. Außerdem hatte ich nichts in diesem Zimmer verloren und Sasuke hätte mir schon längst eine reinhauen müssen, aber er lachte nur. „Verdammt, Sasuke! Hör auf zu lachen. Was soll das?“, protestierte ich, nachdem ich aus meiner Fassungslosigkeit erwachte. Ich wollte schließlich nicht von diesem Idioten ausgelacht werden. Der Schwarzhaarige beruhigte sich dann endlich und sagte grinsend: „Scheiße, Naruto, deine Fresse hättest du sehen müssen.“ „Ach, fick dich doch! Was kann ich dafür, wenn du mich so erschreckst?“ Er zog eine Augenbraue in die Höhe und fragte dann: „Stehen wir nicht gerade in meinem Zimmer, in dem du gerade herumschnüffelst?“ Scheiße, durchfuhr es meinen Kopf. Er hatte es bemerkt und wahrscheinlich war es auch nicht so schwer gewesen, da ich immer noch sein Gras in meinen Händen hielt. Da sich meine Würde unter Sasukes Bett verkrochen und ich nicht mehr viel zu verlieren hatte, wagte ich es ihn direkt zu fragen: „Wofür brauchst du so viel Zeug?“ „Willst du was haben oder warum fragst du?“, konterte er meine Frage mit einer anderen und blieb weiterhin ernst. „Nein. Ich kiffe nicht. Ich wundere mich nur wofür du fünf solcher Tüten brauchst.“ „Ist meine Wochenration.“, antwortete er völlig gelassen, woraufhin sich meine Augen weiteten. Sasuke begann wieder zu grinsen, entgegnete jedoch: „Scheiße, Naruto. Hör auf mich wie ein Auto anzusehen. Karin hat ihre Hälfte vergessen.“ „Karin kifft auch?“, fragte ich immer noch etwas verwirrt, doch er würdigte mich bereits keines Blickes mehr und war auf dem Weg zur Küche. Ich legte die Tüte nun endlich zurück und verließ sein Zimmer. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)