The Return von Alaiya (Die Rückkehr der Tamer) ================================================================================ Prolog: Ein Jahr ---------------- Ein Jahr war es beinahe her, dass die Digimon Tamer D-Reaper besiegt hatten. Ein Jahr beinahe, seit die Digimon in die digitale Welt zurückgekehrt waren. Es war Oktober und seit etwa einer Woche war der Wind, der durch die Bucht von Tokyo wehte, kühler geworden, so dass man draußen immer mehr Menschen in Herbstjacken sah. Auch fielen immer wieder kurze Schauer von Nieselregen auf die Stadt hinab, die auch wenn der Regen noch nicht besonders kalt war, die Atmosphäre auf den Straßen unangenehmer machte und dafür sorgte, dass man sich lieber ins innere der Wohnungen und Häuser zurückzog. Ein solcher Regenschauer fiel auch jetzt auf die Straßen der Metropole, so dass die Menschen, die sich noch über die Straßen bewegten, entweder Regenschirme in verschiedenen Straßen bei sich trugen oder Kapuzen über ihre Köpfe gezogen hatten. Doch da es bereits spät war, waren zumindest in den Einkaufsstraßen von Nishishinjuku, wo sich verschiedene kleine Familiengeschäfte in den engen Straßen entlang reihte, kaum noch Menschen unterwegs. In der Wohnung über einem solchen Laden lag ein gerade elfjähriger Junge bereits im Bett und war in tiefen Schlaf versunken. Der Junge hatte hellbraunes Haar und trug einen blauen Pyjama. Neben seinem Kopfkissen lag ein weißes Gerät mit zwei Knöpfen unter einem leeren Bildschirm. Der Name des Jungen war Matsuda Takato und er war einer der Tamer, die vor beinahe einem Jahr gekämpft hatten, um diese Stadt zu beschützen, und am Ende einen Freund verloren hatte, der ihm sehr wichtig war. Hätte jemand den Jungen beim Schlafen beobachtet, so wäre ihm klar geworden, dass er gerade von genau diesem Freund träumte. „Guilmon“, murmelte er im Schlaf, während er sich auf die Seite drehte. „Guilmon... Du bist wieder... da...“ Zumindest in seinem Traum war er wieder mit seinem Partner vereint, doch in der Realität hatte er im ganzen vergangenen Jahr keine Nachricht von dem Digimon, das er einst selbst erschaffen hatte, gehört. Er wusste nicht, ob die Nachricht, die er selbst mit seinen Freunden an seinen Partner geschickt hatte angekommen war. Er wusste nicht einmal, ob sein Partner noch lebte. Und es sah danach aus, das der einzige Weg dies herauszufinden sein würde, in die digitale Welt zurückzukehren. Doch das Tor war verschlossen – zumindest im Moment. Nicht ganz einen Kilometer von der Einkaufsstraße entfernt jedoch arbeiteten zwei Männer daran ein solches Tor zu öffnen. Obwohl es bereits kurz vor elf war und das Tokyo Metropolitan Government Building beinahe verlassen wirkte, waren diese Männer noch in einen Versuchsaufbau vertieft, der auf der obersten Etage der tokyoter Zwillingstürme aufgebaut war. Der eine Mann hatte blondes Haar und saß mit einem Laptop neben dem Versuchsaufbau. Sein Name war Yamaki Mitsuo, doch die meisten riefen ihn nur bei seinem Nachnamen. Er war der mittlerweile wieder eingesetzte Leiter von Hypnos, der SIGINT Organisation der japanischen Regierung. Der andere Mann war offensichtlich chinesischer Abstammung. Sein schwarzes Haar war von grauen Strähnen durchzogen. Der Name dieses Mannes war Lee Janyuu und auch er arbeitete momentan für die japanische Regierung. Auch sie waren an dem Kampf gegen D-Reaper beteiligt gewesen und es war unter anderem ihre Schuld, das die Digimon der Kinder von ihren Partnern getrennt waren. Das war der Grund, warum sie zu dieser Stunde an einem Projekt, das von der Regierung zwar geduldet, aber nicht aktiv gefördert wurde, arbeiteten. Während Janyuu sich nun an eine feste Konsole neben dem Aufbau, der an eine Bühne aus weißen, spiegelnden Klötzen erinnerte, arbeitete, öffnete sich die Tür zu dem kleinen Saal und eine Frau mit rötlichem Haar kam herein. „Ich habe mir gedacht, dass ich euch hier finde“, meinte sie und ging zu Yamaki hinüber. Sie legte ihre Hände auf seine Schultern und sah auf den Bildschirm seines Laptops. „Ich werde langsam nach Hause gehen. Kommst du mit, Liebling?“ Yamaki seufzte und rieb sich mit der Hand über die Augen, ehe er in das Gesicht der Frau – seiner Frau – sah. „Wir wollen es noch einmal probieren.“ Daraufhin rieb die Frau, die seit nun knapp einem Monat auf den Namen Yamaki Reika hörte, über seine Schultern. „Ihr seht beide aus, als könntet ihr etwas Ruhe gebrauchen.“ Nun sah auch Janyuu von der Konsole auf. „Aber die Kinder“, seufzte er. Reika sah zu ihm hinüber. „Glaubst du, dass du deinen Kindern einen Gefallen tust, wenn du dich bis zur vollkommenen Erschöpfung überarbeitest?“ Der Chinese schüttelte den Kopf. „Ich weiß ja“, meinte er matt. „Aber ich ertrage es nicht mehr nach Hause zu sehen und die Enttäuschung zu sehen... Jenrya hat mittlerweile aufgehört mich zu fragen, aber Shuichon...“ Yamaki schüttelte den Kopf. „Lee-san hat Recht. Wir sind es den Kindern schuldig. Ohne sie...“ Erneut seufzte Reika und ließ sich nun auf einen Stuhl fallen. „Ich mache mir Sorgen um euch, wisst ihr?“ Sie verschränkte die Arme. „Ja“, erwiderte Yamaki mit einem Tonfall, der gleichzeitig schuldbewusst und grummelig klang. Tatsächlich arbeiteten sie seit mehr als einem halben Jahr – seit sie die Erlaubnis und genug Sponsorgelder bekommen hatten – daran ein stabiles, kontrolliertes Portal in die digitale Welt zu öffnen, doch bisher ohne Erfolg. Erneut versank Janyuu an seiner Arbeit über der Konsole, an der er noch einmal die Parameter kontrollierte. Sie hatten es bisher geschafft mithilfe von Shibumis Code Dinge aus der digitalen Welt zu materialisieren, sofern sie deren Position in der digitalen Welt kannten, doch war es ihnen soweit nicht möglich gewesen materielle Dinge in die digitale Welt zu schicken. Doch keiner von ihnen hätte es sich verzeihen können, so einfach aufzugeben. Ohne die Kinder und ihre Digimon, hätten sie es nicht geschafft D-Reaper zu besiegen. Denn auch wenn es ihr Programm gewesen war, dass D-Reaper degeneriert hatte, so wäre es ohne die Digimon nicht möglich gewesen, dieses überhaupt in D-Reaper zu übertragen. Und auch, wenn es sich von ihnen keiner genau erklären konnte: Zwischen Kindern und Digimon existierte ein Band, dass nichts anderes so einfach ersetzen konnte. „Bist du soweit, Yamaki-kun?“, fragte Janyuu schließlich und sah erneut von seiner Konsole auf. Wortlos nickte Yamaki. Er schloss seinen Laptop von dem Panel, mit dem es verbunden war, ab und trat einen Schritt zurück. Auch Janyuu nickte. „Also gut. 2. Oktober 2002, Versuch 52, Portal in die digitale Welt mit veränderten Übertragungsparametern.“ Er gab einen Befehl in die Konsole ein, vor der er stand, und legte dann einen Schalter um. Ein leises Summen erklang im Saal, während die Klötze, aus denen die Bühne bestand, langsam begannen zu leuchten. Über ihnen war ein Flimmern in der Luft zu erkennen, wie an heißen Sommertagen, doch ohne das irgendeine Wärme zu spüren war. Das Flimmern intensivierte sich, während auch das Summen anhob – etwas das nicht zum ersten Mal geschah – und für eine Weile schien es, als wäre das, das einzige, was passierte. Janyuu hob schon die Hand, um die Konsole auszuschalten, doch in dem Moment verstummte das Summen. Überrascht sah er zu den Klötzen und erstarrte im nächsten Moment. Neben dem Flimmern war etwas anderes zu sehen: Es war, als würden überdimensionale Pixel in Weiß und Schwarz über den Klötzen flimmern, die immer regelmäßiger wurden. Die beiden Männern starrten diese Pixel an, ehe sich schließlich Janyuu zusammenriss und auf die Konsole sah. Das Ergebnis auf dieser bestätigte nur, was die beiden anhand dem, was sie sahen, vermuteten. „Die Verbindung zur digitalen Welt... Ist stabil.“ Kapitel 1: Herbstsonne ---------------------- Die Herbstsonne strahlte warm und hatte bereits den Regen der letzten Nacht getrocknet, während Takato zusammen mit Hirokazu, Kenta und Juri auf dem Spielplatz nur einen Block von ihrer Grundschule entfernt saß. Sie hatten eine Matte vor sich ausgebreitet, auf der nun Digimonkarten lagen, während Takato und Hirokazu gegeneinander spielten. Es war Samstagvormittag und so hatten sie nun endlich einmal wieder Zeit etwas zusammen zu machen, ohne sich dabei um Hausaufgaben oder darum, dass sie zuhause noch helfen mussten, zu machen. „Ich spiele jetzt Devil's Chip auf Metal Greymon“, kündigte Takato an, als sie in die Kampfphase kamen, „und greife damit an.“ „Verdammt“, grummelte Hirokazu. „Ich habe keine Option Card mehr.“ Er sah auf die Anzeige seiner Punkte und seufzte. „Du gewinnst.“ „Du hast gut gespielt, Takato“, meinte Juri und lächelte ihm zu, was den Jungen sogleich erröten ließ. „Danke, Katou-san“, murmelte er. Hirokazu, der gerade dabei war, sein Deck neu zu mischen, bemerkte Takatos Verlegenheit und fing an zu kichern, ehe er Kenta etwas ins Ohr flüsterte. Kenta grinste ebenfalls und wandte sich nun wieder Takato zu, so leise, dass Juri es nicht hörte. „Du bist ja immer noch verliebt“, zischelte er hämisch, was Takatos Wangen noch röter anlaufen ließ. „D-Das ist gar nicht wahr!“, rief er aus und wich zurück. „Was?“, fragte Juri, doch gerade als Hirokazu ansetzte um eine weitere Bemerkung zu machen, hörten sie eine vertraute Stimme. „Hey! Takato! Hirokazu! Kenta! Katou-san!“, rief er, während er vom Rand des Spielplatzes auf sie zurannte und schwer atmend vor ihnen stehen blieb. Er stützte sich auf seinen Oberschenkeln ab, während er verschnaufte. „Ich habe dich gesucht, Takato“, keuchte er schließlich. „Und euch auch.“ „Uns gesucht?“, fragte Kenta verwirrt, während er seine Brille zurechtrückte. „Warum denn?“, ergänzte Hirokazu. Doch während die beiden Jenrya verwirrt ansahen, tat Takatos Herz einen Sprung. Konnte es etwa sein...? So aufgeregt, wie Jenrya war, ohne dabei in irgendeiner Form verzweifelt zu wirken... Noch bevor Takato jedoch seinen Verdacht äußern konnte, antworte Jenrya den beiden anderen: „Mein Vater hat es mir gestern erzählt. Er und Yamaki-san haben es gestern geschafft, ein stabiles Tor zur digitalen Welt zu öffnen.“ Für einen Augenblick herrschte überraschtes Schweigen, so als könnte niemand so ganz glauben, was ihr Freund gerade gesagt hatte. Es war genau das, was Takato vermutet hatte. Ein Tor zur digitalen Welt, ein Weg ihre Partner wieder zu sehen. Er konnte nicht anders, als breit zu grinsen, während sich Hirokazu und Kenta mit leuchtenden Augen ansahen. „Das heißt“, begann Kenta, was Hirokazu sogleich ergänzte: „wir können....“ Die beiden schlugen ihre Hände zusammen. „Unsere Digimonpartner wiedersehen!“ Begierig wandten sie sich wieder Jenrya zu: „Wann brechen wir auf?“ „Ich glaube, dass es nicht so einfach ist“, meinte Juri vorsichtig, als fiele es ihr schwer die Begeisterung der beiden Jungen zu hemmen. „Immerhin müssen wir eigentlich auch zur Schule und ich weiß nicht, ob man es dieses Mal zulässt, dass wir einfach so in die digitale Welt geht. Immerhin sind wir noch immer Kinder.“ „Aber wir sind die Kinder, die Tokyo vor D-Reaper gerettet haben!“, rief Hirokazu aus, doch Kenta legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Das waren eigentlich vorrangig Takato, Jenrya, Ruki und Ryou-san“, meinte er. Hirokazu warf ihm einen beleidigten Blick zu. „Ach was. Wir waren alle zusammen in der digitalen Welt! Und uns ist damals nichts passiert. Außerdem holen wir ja nur unsere Digimonpartner wieder, oder? Was soll dabei schon schief gehen.“ Er gestikulierte wild. „Ich meine, wir gehen in die digitale Welt und dann wieder raus! Das kann doch nicht so gefährlich sein!“ „Langsam, ihr beiden“, meinte nun auch Jenrya und machte eine besänftigende Geste. „Katou-san hat Recht. Ganz so einfach ist es nicht. Yamaki-san und mein Vater brauchen erst eine Erlaubnis, damit wir in die digitale Welt können. Außerdem wollen sie erst eine Nachricht an unsere Partner schicken.“ „Aber wann können wir dann in die digitale Welt zurück?“, fragte Kenta. „Ich weiß es noch nicht“, antwortete Jenrya. „Vielleicht in einer Woche. Vielleicht erst in einem Monat.“ Die beiden ließen die Köpfe hängen. Takato sah zu Juri hinüber, welche tatsächlich ebenfalls erfreut schien. Ihm kam das Verhalten von Hirokazu und Kenta unüberlegt vor. Selbst wenn sie warten mussten: Sie würden ihre Partner wiedersehen. Und er würde Guilmon wiedersehen! Doch Juri konnte Leomon niemals wiedertreffen. „Ein wenig können wir schon noch warten“, meinte er so an die beiden gewandt. „Immerhin wissen wir jetzt, dass es möglich ist und dass wir unsere Partner wiedersehen können.“ „Aber...“, begann Hirokazu, doch Kenta, der offenbar Takatos Blick zu Juri bemerkt und verstanden hatte, versetzte ihm einen Stoß in die Seite. „Takato hat Recht! Ein wenig länger zu warten macht doch nichts!“ Daraufhin seufzte Hirokazu und ließ die Schultern hängen. Juri wandte sich derweil Jenrya zu. „Hast du schon mit Ruki geredet?“ Zur Antwort schüttelte Jenrya den Kopf. „Noch nicht. Ich wollte jetzt zu ihr.“ „Dann komm ich mit.“ Juri stand auf, was Takato dazu brachte, es ihr gleich zu tun. „Ich auch!“ Hirokazu und Kenta blickten sich missmutig an und sahen dann zu den anderen. Schließlich seufzten sie. „Okay, okay. Wir kommen auch mit.“ So kam es dass die Gruppe etwa zwanzig Minuten später durch eine schmale Gasse zwischen zwei Gartenmauern im Nordwesten Shinjukus entlanglief, wo die meisten Häuser flach waren und von für tokyoter Verhältnisse enormen Grundstücken umgeben waren. Dabei war das Haus von Makino Rumiko, vor dem sie bald standen, jedoch eins der mit Abstand edelsten. Da die Tür in der Mauer, die auf das Grundstück selbst führte, wie meistens geschlossen war, mussten sie hier klingeln und warten, dass jemand über die Gegensprechanlage antwortete. Tatsächlich dauerte es fast eine Minute, ehe ein Knistern ihnen verkündigte, dass jemand an der Anlage abgehoben hatte. „Ja, hallo?“, ertönte eine ruhige Stimme, die fraglos Hata Seiko – Rukis Großmutter – gehörte. Als keiner von den anderen etwas sagte, ergriff Takato das Wort. „Hallo? Hier sind Takato, Jenrya und unsere Klassenkameraden. Wir wollten mit Ruki reden!“ „Mit Ruki?“, erwiderte die alte Frau. „Oh je...“ Sie schien zu zögern. „Kommt erst einmal rein.“ Ein Summen ertönte und sagte ihnen, dass die Tür zum Gründstück offen war, so dass sie in den großen, im altjapanischen Stil gehaltenen Garten treten konnten. Hata Seiko, die ganz offenbar ihre bequemsten Sachen angezogen hatte, wartete hier auf sie und lächelte ihnen entgegen. „Kommt erst einmal rein, wenn ihr wollt. Ich fürchte nur, Ruki ist heute nicht da.“ „Was?“ Takato sah sie an. „Aber wieso denn nicht?“ „Sie ist mit ihrer Mutter über das Wochenende nach Kyoto gefahren“, erwiderte Seiko, während die Kinder sich die Schuhe auszogen und auf die Veranda traten. „Oh je“, seufzte Juri. „Gibt es denn einen besonderen Grund, warum ihr mit ihr reden wollt?“, fragte die alte Frau und forderte sie mit einer Geste auf ihr in die Küche zu folgen. „Ja“, begann Jenrya, doch wurde er schon von Hirokazu unterbrochen, bevor er auch nur anfangen konnte zu erklären. „Wir können bald in die digitale Welt zurück!“ Seiko drehte sich zu ihnen um. „Tatsächlich?“ Sie musterte einen nach dem anderen ungläubig, doch als sie kein Anzeichen für einen Scherz erkennen konnte, nickte sie schließlich. „Ich verstehe. Ja, das ist tatsächlich etwas, was sie sofort erfahren sollte.“ Für einen Moment schwieg sie und dachte nach. „Setzt euch erst Mal. Ich bringe euch etwas Tee. Dann schaue ich, dass ich Rumiko auf dem Handy anrufe, damit ihr mit Ruki sprechen könnt.“ Als das Handy ihrer Mutter klingelte, stand Ruki zusammen mit ihrer Mutter, auf der großen Terrasse des Kiyomizu-dera. Sie verdrehte die Augen, als ihre Mutter ihr einen entschuldigenden Blick zuwarf und dann abhob. Wahrscheinlich war es wieder ihr Manager. Es wäre nicht der erste Urlaub, den sie wegen irgendeiner sich ergebenden Möglichkeit abbrechen oder verkürzen mussten. Bei diesem Gedanken war sie umso überraschter, als sie ihre Mutter sagen hörte: „Natürlich. Ja, sie steht neben mir.“ Sie wandte sich zu Ruki um. „Es ist für dich.“ Ruki zog eine Augenbraue hoch und nahm das Handy ihrer Mutter. „Ja, hallo?“, fragte sie, da sie nicht wusste, wer sie anrufen sollte. „Hallo, Ruki“, hörte sie die Stimme von Juri. „Alles in Ordnung, Juri?“, fragte sie sofort etwas besorgt. „Ja, ja, alles in Ordnung“, beruhigte Juri sie. „Es ist alles bestens.“ Doch Ruki war misstrauisch, da sie sich nicht vorstellen konnte, warum Juri sie anrufen sollte. „Wirklich? Ist etwas passiert?“ „Ja“, antwortete Juri. „Aber nichts schlimmes.“ Aus dem Hintergrund am anderen Leitungsende konnte Ruki eine andere Stimme hören, die sie als die Hirokazus erkannte. „Jetzt sag es schon!“ „Was?“, fragte Ruki gereizt und sehr wohl ahnend, dass mehr als nur Juri am anderen Leitungsende mithörten. „Jenrya hat es uns heute gesagt“, meinte Juri. „Sein Vater und Yamaki-san haben es geschafft, das Tor wieder zu öffnen.“ Auf diese Worte wusste Ruki nichts zu erwidern. So lange schon hatte sie die Hoffnung darauf eigentlich schon aufgegeben gehabt. Konnte es wirklich sein? „Ruki?“, fragte nun die Stimme Takatos. „Das ist gut“, presste Ruki schließlich heraus. „Wann brechen wir auf?“ „Das wissen wir noch nicht“, grummelte Hirokazu aus dem Hintergrund. „Jian sagt, wird brauchen erst eine Erlaubnis oder so.“ „Vater und Yamaki-san dürfen uns nicht einfach so losschicken“, meinte Jenryas Stimme. „Nicht während das Tor vom Government Building aus geöffnet wird.“ Natürlich hatte die Sache einen Harken, dachte Ruki. Doch war das nicht ihr einziger Gedanke. Denn gleichzeitig formte sich ein Entschluss in ihrem Geist: Wenn es einen Weg für sie gab, Renamon wiederzusehen, dann würde sie alles dafür tun. Wen kümmerten da schon irgendwelche Politiker oder wer es ihnen sonst verbieten würde. „In Ordnung“, hauchte sie schließlich in das Mobiltelefon. „Ihr... Ihr geht auch nicht ohne mich, oder?“ „Natürlich nicht!“, empörte sich Takatos Stimme sofort. „Gut“, erwiderte sie matt. „Wir sehen uns dann.“ Damit legte sie auf und rieb sich mit einer Hand die Freudentränen von den Wangen. Dabei hasste sie es doch zu weinen. „Ruki? Was ist denn?“, fragte ihre Mutter, während sie ihr das Handy wieder abnahm. Ruki lächelte sie an. „Ich werde Renamon endlich wiedersehen.“ Kapitel 2: Aufbruch ------------------- Dennoch dauerte es zwei Wochen, bis der Tag ihrer neuen Abreise kam. Zuvor hatten sich Yamaki und Janyuu um allerhand gesetzliche Freigaben und politische Einverständnisse und viele andere Dinge kümmern müssen, wovon keines der Kinder besonders viel verstand, noch etwas davon verstehen wollte. Denn alles, an das die Kinder denken konnten, waren ihre Partner, die sie vor fast einem Jahr verloren hatten – ihre Partner, die sie endlich wiedersehen wollten. Doch letzten Endes kam der Tag. Es war ein Samstag und Takato war bereits um kurz vor sechs aufgewacht und hatte kein Auge mehr zubekommen. Der einzige Gedanke, der in seinem Kopf kreiste war: „Heute werde ich Guilmon wiedersehen!“ So konnte er es kaum erwarten, dass seine Eltern ihn endlich zum Metropolitan Government Building begleiteten, wo sie sich alle um neun Uhr treffen wollten. Seine Mutter seufzte schwer, als sie vor dem Aufzug wartete und Takato wusste, dass sie sich wieder Sorgen machte. Natürlich konnte er dies verstehen, denn er – so dachte er sich zumindest – würde sich sicher auch Sorgen manchen, würde er eines Tages Kinder haben, die in eine fremde Welt aufbrechen wollten, doch er selbst hatte keine Angst. „Mach dir keine Sorgen, O-kaa-san“, meinte er deshalb und lächelte sie an. „Wir holen nur unsere Digimon und kommen dann sofort zurück.“ Matsuda Yoshie legte ihm die Hände auf die Schultern. „Ich weiß, ich weiß“ Sie seufzte. „Ich weiß auch, dass es wichtig für dich ist – und ich dich wohl eh nicht davon abhalten könnte... Aber...“ In dem Moment ertönte ein „Pling“, das verkündete, dass einer der Aufzüge im Erdgeschoss angekommen war. „Normal greifen Digimon Menschen nicht an“, versicherte Takato ihr, während sie in den Aufzug stiegen. „Letztes Jahr war es doch auch nur wegen D-Reaper. Also gibt es wirklich keinen Grund sich Sorgen zu machen.“ Er lächelte. „Du wirst sehen, O-kaa-san, morgen sind wir schon wieder da.“ „Ja, vielleicht“, seufzte seine Mutter. Der Aufzug setzte sich in Bewegung und Takatos Vater legte seinen Arm um seine Frau. „Ich bin mir sicher, dass Takato Recht hat.“ Er zwinkerte dem Jungen zu. „Außerdem ist ihnen das letzte Mal auch nichts passiert.“ Noch einmal seufzte Matsuda Yoshie, stemmte dann aber ihre Arme in die Seiten. „Ich weiß, ich weiß, aber man wird sich als Mutter ja wohl noch Sorgen um seinen Sohn machen dürfen.“ Takato lächelte. „Ich verspreche dir, wir sind morgen wieder da!“ Und ehe seine Mutter etwas erwidern konnte, kam der Aufzug mit einem weiteren „Pling“ im 45. Stockwerk des östlichen Turms an. Allerdings war Takato mit seinen Eltern nicht der erste hier. Neben Yamaki, Reika und Megumi – einer jungen Frau mit blond gefärbten Haaren, die ebenfalls für Hypnos arbeitete – waren einige weitere Angestellte Hypnos', sowie die gesamte Familie Lee anwesend. Auch Ruki lehnte gegen irgendeine elektrische Konsole, während ihre Mutter und ihre Großmutter neben ihr standen. Takato kam jedoch nicht dazu jemanden zu grüßen, ehe er auf den Streit zwischen Jenrya und seiner kleineren Schwester aufmerksam wurde. Jenrya stand neben Shuichon und massierte sich die Schläfen. „Wir haben darüber mehr als einmal gesprochen“, seufzte er. „Du bist zu jung. Du bleibst hier. Ich hole Lopmon für dich.“ „Ich komm mit!“, beharrte Shuichon und verschränkte die Arme. „Nein, kommst du nicht“, erwiderte ihr Bruder. Das kleine Mädchen blieb eisern. „Doch!“ Jaarin, die ältere Schwester der beiden, hockte neben Shuichon. „Jian und die anderen werden heute Abend oder morgen früh mit den Digimon wieder da sein. Du musst doch nicht unbedingt mit.“ „Muss ich doch!“, schrie Shuichon und stampfte mit dem Fuß auf den Boden. „Ich will Lopmon selbst wiederholen!“ „Aber Shuichon“, begann Jenrya. Seine Stimme klang deutlich gereizt, auch wenn er sich ganz offenbar bemühte, sie verständnisvoll klingen zu lassen. „Es macht doch keinen Unterschied, wenn du Lopmon sowieso morgen siehst.“ „Macht es wohl!“ Mit jeder Antwort wurde die Stimme der 8Jährigen lauter. „Ich bin Lopmons Tamer! Ich will meinen Partner selbst wiederholen! Weil ich sein Tamer bin!“ „Aber was macht es denn für einen Unterschied...“, begann Jaarin, die weitaus geduldiger wirkte, als Jenrya, wurde aber von ihrer kleinen Schwester unterbrochen. „Ja, wenn es keinen Unterschied macht, warum kann ich dann nicht mitkommen?“ Das Argument war offenbar gut genug, um ihre beiden älteren Geschwister für einen Moment verstummen zu lassen. Takato fiel dabei auf, dass sich sowohl Janyuu, der selbst noch damit beschäftigt war, irgendetwas in eine Konsole einzugeben, während die Mutter der beiden sich offenbar eher zurückhielt. Er konnte sich denken, dass sie nicht froh darüber war, dass auch nur ein Kind von ihr erneut in die digitale Welt ging. Da ging die automatische Tür zum Raum auf und hindurch kamen Hirokazu und Kenta mit ihren Eltern. Beide waren offenbar bestens gelaunt, trugen Rucksäcke auf ihren Rücken und maschierten im Gleichschritt in den Raum. „Hallo alle miteinander!“, grüßte Hirokazu alle, was Jenrya dazu brachte seinen Blick von seiner Schwester abzuwenden und Ruki dazu, die Augen zu verdrehen. „Guten Morgen“, erwiderte Takato und hatte den Eindruck, dass das Auftreten der beiden den Streit nur etwas verzögert, nicht jedoch verhindert hatte. „Wo ist Katou?“, fragte Kenta, der sich nun im Raum umsah. „Ganz offenbar noch nicht da, Genie“, meinte Ruki und zog eine Augenbraue hoch. Ihre Großmutter legte ihr eine Hand auf die Schulter – offenbar als Geste, dass sie sich beruhigen sollte, hielt das Mädchen damit jedoch nicht davon ab, den beiden Jungen einen weiteren genervten Blick herüber zu werfen. Hirokazu schien drauf und dran, etwas zu erwidern, doch Kenta, der kein Interesse an einem Streit zu haben schien, war schneller darin, etwas zu sagen. „Wann brechen wir denn auf?“ Nun hob Yamaki das erste Mal seit Takato amgekommen war, den Blick und sah zu ihnen hinüber. „Wir müssen noch einige Einstellungen überprüfen“, erwiderte er und Takato bemerkte, dass er sehr müde wirkte. „Außerdem wollt ihr nicht aufbrechen, so lange noch jemand fehlt, oder?“, fragte Reika und hob eine Augenbraue. „Natürlich nicht“, murmelte Kenta und ließ die Schultern hängen. Derweil nutzte Shuichon die Tatsache, dass ihr Bruder abgelenkt war, um ihm die Zunge heraus zu strecken – was allerdings von ihrer Mutter bemerkt wurde. „Shuichon!“, rief diese aus und ging nun auch zu ihrer Tochter, um sich vor sie zu knien. Das Mädchen verschränkte nur die Arme und zog einen Schmollmund, sagte aber nichts. Erneut öffnete sich die Tür zum Saal und Takato, der davon ausging, das es nun Juri sein musste, drehte sich um. „Katou-sa...“ Er brach ab. Denn statt Juri standen dort zwei Kinder, die gerade einmal im Grundschulalter waren, in Begleitung einer älteren Frau, die offenbar ihre Großmutter war. Die Kinder kannte Takato. Es waren Ai und Makoto. Natürlich hatte man auch ihnen Bescheid gesagt, dass Impmon wohl bald zurückkommen würde, doch damit, die beiden hier zu sehen, hatte niemand so wirklich gerechnet. „Endschuldigen Sie bitte alle“, meinte die alte Frau. „Ich fürchte, meine beiden Enkel wollten sich auch noch verabschieden.“ „Verabschieden?“, warf das kleine Mädchen ein. „Wir kommen mit!“, ergänzte ihr Bruder. „Aber, aber, Ai, Mako“, sagte die alte Frau nun, „wir haben doch schon darüber geredet. Ihr seid noch zu jung dafür.“ „Aber wir waren noch nie in der digitalen Welt“, jammerte Makoto. „Und wir wollen Impmon wiedersehen“, stimmte seine Schwester zu. Takato seufzte. Er konnte die Zwillinge sehr gut verstehen, sah bei ihnen aber auch, dass sie nicht nur zu jung waren, sondern auch allein deswegen in Gefahr waren, weil sie nie in der digitalen Welt gewesen waren und am Ende noch in einen Stream landen würden, da sie nicht hören wollten. „Wir werden euch Impmon mit zurück bringen“, meinte er und lächelte den beiden zu. „Ihr werdet sehen: Morgen habt ihr Impmon wieder.“ „Aber“, begannen beide wie aus einem Mund, als Shuichon zu ihnen hinüber ging und beiden jeweils eine Hand auf eine Schulter legte. „Macht euch keine Sorgen“, meinte sie mit hervorschwellender Brust. „Ich werde euch Impmon persönlich zurückbringen.“ „Aber du bist nicht viel älter als wir!“, beschwerten sich beide – erneut synchron. „Natürlich bin ich das!“, erwiderte Shuichon mit erhobenem Finger. „Ich bin schon in der dritten Klasse!“ „Wir sind auch schon in der Grundschule“, erwiderte Ai. „Und du kommst nicht mit!“, rief Jenrya resolut. Bevor nun Shuichon noch etwas erwidern konnte, meldete sich Ruki zu Wort. „Lass sie, Jian“, meinte sie und kam nun auch zu ihnen hinüber. „Was soll schon passieren?“ „Eben das wissen wir nicht“, antwortete Jenrya. „Aber du vertraust doch deinem Vater, oder?“, erwiderte Ruki und sah ihn an. „Ja, aber das heißt nicht...“, begann der junge Chinese, als Takato ihn vorsichtig unterbrach. „Ich bin mir sicher, dass alles gut gehen wird, also lass sie mitkommen. Ich glaube sowieso nicht, dass du sie davon abhalten kannst, sofern sie niemand festbindet.“ Shuichon nickte heftig. Daraufhin suchte Jenrya den Blick seines Vaters, der offenbar mit seiner Arbeit an der Konsole fertig war und nun nickte, was Jenrya zu einem ergebenem Seufzen brachte. Schon setzten Ai und Makoto an um erneut zu protestieren, doch in dem Moment ging die Tür erneut auf und Juri trat in Begleitung ihres Vaters ein. „Katou-san!“, rief Takato aus. Das Mädchen lächelte. „Guten Morgen, alle zusammen. Entschuldigt, dass wir etwas spät sind.“ „Das macht doch nichts“, erwiderte Takato schnell. „Wir sind ohnehin erst gerade fertig geworden“, meinte Janyuu. „Dann geht es jetzt los?“, rief Hirokazu ungeduldig aus. Reika lächelte. „Ja, dann geht es jetzt los. Nur Kenta sah sich verwirrt um. „Aber was ist eigentlich mit Ryou-san?“ „Akiyama Ryou lebt in Kitakyushu. Es ist nicht so einfach, für ihn hierher zu kommen“, meinte Yamaki. „Außerdem hat er durch seinen letzten Aufenthalt in der digitalen Welt einiges an Schulstoff verpasst und kann es sich kaum erlauben, noch einmal zu fehlen.“ „Ja, aber wenn wir doch morgen schon wieder zurück kommen“, begann Hirokazu. „Er kann sich nun wohl kaum her teleportieren“, grummelte Ruki. Daraufhin erwiderten weder Hirokazu noch Kenta etwas und Stille trat ein, während sich die Kinder vor den seltsamen Gerätschaften, die in der Mitte Raumes standen, versammelten. Das größte Stück war eine Art Bühne aus großen weißen Würfeln, bei der einige der offen herumliegenden Kabel zusammenliefen. „Um euch den geplanten Ablauf zu erklären“, begann Janyuu nun. „Wir haben euren Digimon wie bereits im Sommer Nachrichten zukommen lassen, dass ihr sie abholen werdet. Sie sollten auf der physischen Ebene auf euch warten.“ „Wenn ihr eure Partner habt“, fuhr an dieser Stelle Yamaki fort, „schickt ihr uns eine Nachricht und wir öffnen das Tor erneut, um euch mit euren Partnern zurück zu holen. Jenrya-kun hat einen Communicator dabei.“ Jenrya zog diesen aus seiner Tasche und zeigte ihn den anderen. „Wichtig ist, dass ihr euch um zurück zu kommen wieder an derselben Stelle versammelt, an der ihr angekommen seid“, ergänzte Yamaki nun, „da wir keine Möglichkeit haben, eure Position in der digitalen Welt zu orten.“ An dieser Stelle zeigte Kenta auf, als wäre er in der Schule. „Was ist denn?“, fragte Yamaki irritiert. „Was machen wir, wenn unsere Digimon nicht da sind?“, fragte Kenta und es war zugegebener Maßen eine Frage, die sich auch Takato gestellt hatte. „Dann schickt ihr uns sofort eine Nachricht“, antwortete Janyuu. Die Tamer sahen einander an. Jeder von ihnen dachte dasselbe: Sie konnten doch nicht einfach so ohne ihre Partner in die reale Welt zurückkehren. „Takato!“, hörte Takato nun die Stimme seiner Mutter, die mit den anderen Familienmitgliedern, sowie Ai und Makoto, die noch immer nicht besonders begeistert wirkten, an der Wand standen. „Ja?“, fragte Takato unsicher. „Versprich mir, dass ihr sofort zurückkommt, wenn irgendetwas nicht stimmt“, sagte sie und Takato zögerte. „Natürlich“, erwiderte er schließlich. „Ich verspreche es.“ Erneut wechselten die Tamer blicke und sahen zu ihren Eltern hinüber. „Ich verspreche es auch“, murmelte einer nach dem anderen – auch wenn keiner dabei besonders überzeugt klang. Doch zumindest eins wusste Takato: Er wollte nicht, dass sich seine Eltern seinetwegen noch mehr unnötige Sorgen machen würden, dass hatten sie schon im vergangenen Jahr genug. Aber erneut fragte er sich, was denn schon schief gehen sollte, wo sie nun doch kontrollierte Bedingungen hatten. „Wir werden das Tor hier öffnen“, erklärte Reika nun und zeigte auf das, was für Takato wie eine Bühne aussah. „Ihr müsst euch darauf stellen, bevor wir den Prozess einleiten.“ Die Kinder nickten. Noch einmal ging Takato zu seinen Eltern zurück, während auch die anderen zu ihren Eltern oder anderen Familienmitgliedern gingen um sich zu verabschieden. „Mach dir keine Sorgen, Okaa-san“, sagte Takato und lächelte seine Mutter an. „Morgen sind wir wieder da – versprochen.“ Dennoch hatte seine Mutter Tränen in den Augen, als sie ihn noch einmal umarmte. „Seid ja vorsichtig.“ „Natürlich“, erwiderte der Junge. „Und wenn ihr zurückkommt, warten wir mit Guilmon-Brot auf euch.“ Sein Vater klopfte ihm auf die Schulter. Daraufhin musste Takato lachen. „Das wird Guilmon freuen.“ So versammelten sich die Kinder schließlich auf der seltsamen Bühne und winkten ihren Eltern noch einmal zu. „Wir werden jetzt“, begann Yamaki zu erklären, als er die Konsole zu bedienen begann, doch in dem Moment wurde er von einer aufgehenden Tür unterbrochen. „Hey, wartet doch auf mich!“, rief jemand und als sie zur Tür sahen, stand dort Ryou, offenbar in Wandersachen gekleidet und mit einem Rucksack auf den Schultern. „Ich dachte, du kommst nicht“, grummelte Ruki. „Musst du nicht etwas für die Schule machen oder so?“ Ryou lief ohne auf eine Reaktion der Erwachsenen zu warten zu ihnen auf die Bühne. „Dann hättest du mich doch vermisst, Ruki-chan.“ „Sei ruhig!“, zischte das Mädchen und verschränkte – schon wieder – die Arme vor der Brust. „Weiß dein Vater, dass du hier bist, Akiyama-kun?“, fragte Janyuu. „Ja, natürlich“, erwiderte Ryou. „Er konnte mich nur nicht begleiten. Arbeit. Sie verstehen schon, Yamaki-san. Ich bin mit dem Flieger gekommen. Eigentlich sollte ich schon vor einer Stunde hier sein. Aber ich habe es gerade noch geschafft.“ Er machte das Victory-Zeichen mit der Hand und grinste breit. Yamaki sah ihn misstrauisch an und schien ernsthaft zu überlegen, das ganze erst einmal abzubrechen, doch irgendetwas bewog ihn dazu fortzufahren. „Ich leite den Prozess jetzt ein“, sagte er und stellte einige Dinge an der Konsole ein. Dann hörten sie ein lauter werdendes Surren. „Und denkt daran“, ermahnte Janyuu sie noch einmal, „ihr müsst an eure Ausgangspositions zurück, damit wir euch wieder hierher holen können.“ Ein letztes Mal winkten die Kinder ihren Eltern zu. Dann sahen sie auf einmal seltsame Zeichen um sich herumschwirren und im nächsten Augenblick war es, als wären sie von einem Sog erfasst worden, der sie sehr schnell nach unten zog. Kapitel 3: Komplikationen ------------------------- Einzelne Wolken von Staub, zusammen mit einigen Staubpaketen, wurden vom Wind über die physische Ebene der digitalen Welt geweht. Hier hatte Renamon die letzten Wochen verbracht, um zu trainieren. Es wollte stark genug sein, um seine Partnerin, sollte es sie jemals wiedersehen, verteidigen zu können. Allerdings wusste Renamon mittlerweile nicht einmal mehr, wie lange es schon her war, dass es zusammen mit den anderen Digimon in die digitale Welt zurückgekehrt war, ohne dass sie seither etwas von ihren Partnern gehört hatten. Anders als manche der anderen Digimon hatte Renamon durchaus verstanden, was geschehen war, als sie auf einmal die Form ihres Child-Körpers verloren hatten und in die digitale Welt zurückgezogen wurden. Zumindest im groben hatte es verstanden, dass der Status Quo zwischen den Welten wieder hergestellt worden war und das dies vorerst für beide Welten besser war, nach all dem Schaden, den D-Reaper angerichtet hatte. Dennoch hätte Renamon gelogen, hätte es gesagt, dass es Ruki nicht vermisste. Immerhin konnte es sich kaum an die Zeit in der digitalen Welt erinnern, bevor es zu Ruki gekommen war – auch wenn es selbst nicht wusste, wie das sein konnte. Irgendwann, so sagte es sich, würde es Ruki widersehen und dann musste es stark sein sie vor den neuen Gefahren zu beschützen, die in der digitalen Welt lauerten. So stand es nun vor einem Monochromon, das wütend mit seinem Vorderfuß im Sand der wortwörtlich endlosen Wüste, die die physische Ebene nun einmal war, scharrte. Dann stürzte es auf Renamon zu, welches jedoch nur mit einem hohen Sprung auswich. Es war anders zu kämpfen, wenn man auf sich allein gestellt war. Renamon konnte nicht auf die Unterstützung eines Card Slash vertrauen oder darauf, digitieren zu können. Auch wenn es von Viximon schließlich wieder zu Renamon geworden war, so fragte es sich, ob es überhaupt noch die Fähigkeit eines normalen Digimon hätte, sein Adult-Level ohne Rukis Hilfe zu erreichen. Monochromon fuhr herum und rasste erneut auf Renamon zu, das wieder auswich und nun vor einem großen Felsen landete. Als Monochromon erneut versuchte, es anzugreifen, wich das Child-Digimon wieder aus und ließ seinen Gegner in den Felsen rammen, woraufhin dieser seinen Kopf benommen schüttelte. Diesen Moment nutzte Renamon aus. Es sprang hinter Monochromon in die Luft und beschwor leuchtende, magische Blätter hervor: „Koyousetsu!“ Die Blätter rasten auf Monochromon zu und bohrten sich an seinem Hals durch die dort eher dünnen Stellen seiner Panzerung. Die Stellen begannen zu flimmern, als die Daten Monochromons beschädigt wurden. Dann versetzte Renamon, das noch immer in der Luft war, dem großen Dinosaurier-Digimon einen Tritt, der trotz ihres enormen Größenunterschiedes stark genug war, um Monochromon gegen einen anderen Felsen zu schleudern, der zerbarst, während auch Monochromon sich in eine Explosion aus Datenpartikeln verwandelte, die Renamon absorbierte. Dann landete es elegant auf der Spitze einer dünnen Felssäule und sah zum Himmel. Eigentlich wollte es sich seinen nächsten Gegner suchen, doch gerade, als sein Blick über den Himmel, wo in einiger Entfernung das Abbild der realen Welt zu erkennen war, wanderte, sah es dort ein Funkeln. Im selben Moment – Renamon hätte es anders nicht ausdrücken können – spürte es etwas und wusste genau, was dies zu sagen hatte. „Ruki!“, rief es aus und sprintete los. „Guilmon! Guilmon!“, rief Takato, ohne dass er eine Antwort bekam. Der digitale Wind rauschte um sie herum, war jedoch nicht so stark, wie das letzte Mal, das sie hier gewesen waren. „Wo sind sie denn nur?“, fragte Hirokazu und ließ die Schultern hängen. „Na, offenbar nicht hier“, erwiderte Ruki schnippisch, konnte jedoch nicht verbergen, dass auch sie enttäuscht war. Von ihren Partnern war keine Spur vorhanden, so dass sie nun ohne Digimon im Windschatten eines großen Felsens standen und sich umsahen. „Vielleicht haben sie nur unsere Position nicht gefunden“, meinte nun Ryou. „Ich schau nach.“ Und bevor irgendjemand etwas einwenden konnte, begann er den Felsen herauf zu klettern, wobei er deutlich zeigte, dass sein Jahr in der digitalen Welt ihm einige Erfahrung mit solch einer Kletterei eingebracht hatte. Überraschend schnell erreichte er das kleine Plateau oben auf dem vielleicht zehn oder fünfzehn Meter hohem, rötlichen Felsen und verschwand aus dem Blick der anderen Kinder, als er offenbar zum gegenüberliegenden Rand der Fläche ging. „Cyberdramon! Cyberdramon?“, hörten sie ihn rufen. „Haben wir sie vielleicht nur verfehlt?“, fragte Juri und sah sich ratlos um. Keiner der anderen antwortete, während sich jedoch bei allen ein ungutes Gefühl breit machte. „Es kann sein“, begann Jenrya schließlich, „dass sie unsere Nachricht nicht bekommen haben.“ Das erschien als die wahrscheinlichste Möglichkeit. Immerhin hatten Janyuu und Yamaki nie sicher gewusst, ob es klappen würde den Digimon über diesen Weg Nachrichten zukommen zu lassen. Kenta jedoch hatte einen anderen Gedanken: „Ihnen wird doch nichts passiert sein?“ Einen Moment später bekam er einen wütenden Blick von Jenrya zugeworfen, als dessen kleine Schwester anfing zu quängeln. „Ich will Lopmon wiedersehen!“, jammerte sie. „Lopmon kann nichts passiert sein! Ich will wieder zu Lopmon! Und Terriermon-chan!“ Jenrya kniete sich vor sie. „Ihnen wird nichts passiert sein. Wahrscheinlich haben sie einfach unsere Nachricht nicht bekommen.“ „Ich will Lopmon wiedersehen!“, jammerte seine kleine Schwester seiner ungeachtet weiter. Takato seufzte und holte sein Digivice heraus. „Ich habe früher Guilmon mehrfach mit meinem Digimon gefunden“, meinte er dann schließlich und drückte einen der beiden Knöpfe, als hoffe er, dass sich wie früher schon einmal jener Kompass auf dem Bildschirm des kleinen Gerätes zeigen würde, der sich nach Guilmon auszurichten schien, doch nichts dergleichen passierte. „Vielleicht ist Guilmon nicht auf derselben Ebene wie wir“, sagte Ruki. „Vielleicht geht es deswegen nicht.“ Juri schaute zögerlich auf Takatos Digivice. „Ich glaube, wenn Guilmon-chan...“ Sie zögerte immer noch und sah zu Shuichon, ehe sie die Stimme senkte. „Ich glaube, wenn Guilmon-chan gestorben wäre, würde dein Digivice... So wie meines...“ Takato sah sie an und schüttelte schnell und heftig den Kopf. „Ich bin mir sicher, dass es Guilmon gut geht“, sagte er voller Überzeugung. „Ich kann es spüren!“ Die anderen sahen ihn an und sogar Shuichon hörte auf zu weinen. „Aber was sollen wir jetzt machen?“, fragte Hirokazu. Jenrya sah ihn an und holte den Messager aus seiner Tasche. „Wir sollten Otoo-san und Yamaki-san eine Nachricht zukommen lassen, damit sie uns zurückholen.“ „Aber...“, begann Kenta und wechselte einen Blick mit Hirokazu. „Ich gehe nicht ohne Lopmon!“, stellte Shuichon derweil in erneut quängeligem Tonfall fest. Die anderen sahen sie an. „Aber wir haben es unseren Eltern versprochen“, sagte Takato schließlich und sah Schuldbewusstsein auf den Gesichtern seiner Freunde. So standen sie für einen Moment ratlos in der Runde, während Shuichon wieder zu schluchzen begonnen hatte. „Wir könnten schauen“, meinte Jenrya schließlich, „ob einer unserer Partner in der Nähe ist.“ Er steckte den Messager wieder weg. „Vielleicht kann einer von uns ja ein Signal empfangen. Und wenn wir einen unserer Partner finden, weiß dieser vielleicht auch, wo die anderen sind.“ „Gute Idee“, stimmte Ruki zu und warf gleichzeitig einen Blick auf den Felsen, auf dem Ryou verschwunden war. „Was macht der Trottel eigentlich so lange?“ „Er kommt schon wieder“, meinte Jenrya. So holte jeder von ihnen – bis auf Juri natürlich – sein Digivice heraus und tat dasselbe, das Takato getan hatte. „Nichts“, sagte schließlich Kenta, während auch Hirokazu den Kopf schüttelte. „Hier auch nicht“, seufzte Jenrya. Offenbar hatte auch Shuichon keinen Erfolg, da sie sogleich wieder begann „Terriermon! Lopmon!“ zu jammern, während sich Tränen in ihren Augen bildeten. Da zuckte Ruki vor Überraschung zusammen. „Renamon!“, rief sie aus und sah auf ihr Digivice, auf dessen Bildschirm tatsächlich ein Kompass erschienen war, der in eine Richtung zeigte. „Na also“, atmete Takato erleichtert aus. Doch ehe sie sich versahen verschwand das Bild auf Rukis Digivice. „Was...?“, begann sie verwirrt. Ehe irgendeiner der anderen eine Theorie zu dem, was passiert war, verlauten konnte, hörten sie Ryou nach ihnen rufen. „Da kommt irgendwas!“, schrie er zu ihnen hinab, ehe er einfach vom Felsen heruntersprang, als seie dieser nicht besonders hoch. „Und was auch immer es ist, ich glaube nicht, dass es etwas gutes ist.“ „Was denn?“, fragte Hirokazu verwirrt, doch Ryou schüttelte nur den Kopf. „Ein Sturm oder etwas schlimmeres.“ Takato atmete tief durch und sah dann zu Jenrya. „Schreib deinem Vater und Yamaki.“ Sein Freund nickte und holte das Gerät, das er von seinem Vater bekommen hatte wieder hervor. Dieses sprang tatsächlich auch an, doch dann. „Keine Verbindung“, murmelte Jenrya, ehe der Bildschirm zu flackern begann. Ryou schüttelte den Kopf. „Das hat jetzt keinen Sinn. Wir sollten einen Unterschlupf suchen. Eine Höhle. Ich habe nicht weit von hier einen weit größeren Felsen gesehen, in dem es vielleicht eine gibt.“ Unschlüssig sahen die anderen einander an, während Ryou bereits loslief. „Nun kommt!“, rief er ihnen zu. Dann hörten auch sie ein Heulen, wie von einem schweren Sturm, und liefen ebenfalls los. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)