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Gebieter des Feuer und der Leidenschaft

von

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Würde das immer so sein, wenn sie sich sahen? Würde sie immer so aufeinander reagieren? Würde sein Herz immer so schnell rasen, wenn er sie für einen kürzeren Augenblick nicht mehr gesehen hatte?

Wenn ja, wäre ich für immer verloren. Für alle Zeit...

Genau das waren die Fragen, die ihm gerade durch den Kopf schossen, als er sie jetzt das erste Mal wieder sah. Wie sie im Schein des Feuers da am Brunnen saß. Sie sah bezaubernd und wunderschön aus. Es gab kaum Worte die er benutzen konnte. Sein Herz spielte bei ihrem Anblick verrückt und sein Körper war wie versteinert, aber er wollte unbedingt zu ihr und sie in seine Arme reißen, weil er sie nie wieder loslassen wollte, wie er es versprochen hatte. Er wollte sie nie wieder gehen lassen. In seinem ganzen unendlichen Leben. Wie konnte das nur möglich sein?

Immer hatte er geglaubt, Frauen seien ihm egal und er brauchte sie nur, um seine Bedürfnisse zu befriedigen, aber jetzt war es viel mehr als das. Jetzt brauchte er Emmanline für mehr als nur seine Bedürfnisse zu befriedigen. Er brauchte sie in seinem Leben. Er stellte immer mehr fest, ohne sie würde er nicht mehr Leben können. Nicht weil sie seine vorherbestimmte Seelengefährtin war, sondern, weil sie ihm wirklich am Herzen lag. Langsam aber allmählich verliebte er sich in Emmanline und er konnte nichts dagegen tun. Jeden Tag wuchs seine Liebe zu ihr immer mehr und es wurde unmöglicher sie gehen zu lassen. Egal was er tun würde, er könnte es niemals. Wenn sie gehen würde, würde er mit ihr gehen.

Heute hatte sie ihm schon wieder einen Beweis geliefert, nicht weil sie musste, sondern, weil sie es wollte. Sie hatte ihnen schon wieder geholfen und er konnte noch nicht einmal sagen, wie freiwillig sie es getan hatte. Aber was sie heute für Informationen gesammelt hatte, waren furchtbar genug. Dennoch waren sie weiter gekommen. Wenn das wirklich alles stimmte und die Geburtenrate mit den blutroten Rubin zusammen hängt, dann steckte sein Volk in wirklichen Schwierigkeiten.

Diesmal musste er sich ernsthafte Gedanken machen und seine Eltern und vorherigen Könige, oder wer auch immer, hatten schwerwiegende Fehler begangen, die er anscheinend jetzt korrigieren musste und er wusste jetzt nicht wo er anfangen sollte. Absolut nicht. Mit diesem Wissen darüber stand er alleine da. Außer das Emmanline an seiner Seite stand. Obwohl sie zu Anfang nicht wollte und nun versucht ihm zu helfen. Sie war zurzeit in der Sache seine einzige Hilfe und musste feststellen, das sie großartig war.

Aber das durfte nicht alles gewesen sein und die ganze Verschwiegenheit dürfte es auch nicht geben. Er empfand es als einen großen Fehler, den seine Eltern und vorigen Könige oder sonst wer begangen hatten. Wie könnte man denn sonst den Fluch brechen, der auf sein Volk lastet? Ohne fremde Hilfe würde er das niemals schaffen können.

Zarte Hände berührten ihn und er bekam eine Gänsehaut. Aus Gedanken gerissen, blickte er in silberne warme Augen, die ihn besorgt anblickten und die sagten ihm, dass er nicht alleine sein würde. Genau das was er brauchte und er wusste überhaupt nicht, woher Emmanline all die Kraft nahm und warum sie ihm all das gab. Doch er schwor sich, dass es nicht alles umsonst war, was sie ihm alles gab.

Mit einem Lächeln berührte er hauchzart ihre weiche Wange. „Ich habe dich warten lassen.“

„Nein, hast du nicht. Ich habe mich gut unterhalten. Hauptsache du konntest das tun, was du tun musstest. Genau das zählt.“

Sie war einfach unbezahlbar. „Ja, es ist so geschehen, wie es sein sollte und es war atemberaubend gewesen, Emmanline. Dein Geschenk was du uns gegeben hast, war unglaublich. Während des Rituals begleiteten uns die kleinen Lichter wie funkelnde Sterne. Es war wie ein Pfad oder ein Weg, als hätten sie ein Eigenleben. Und dann dein gelbes Blumenmeer von der Luft aus. Es ist ein reines Kunstwerk, was du erschaffen hast. Das trotz in der Nacht, durch das Leuchten, einzigartig aussah. Vielen Dank.“

Erst stand Emmanline reglos vor ihm, während sie sich eine weiße Haarsträhne aus dem Gesicht strich, die ihr gerade durch einen Windhauch ins Gesicht geweht wurde. „Ich habe es für die verlorenen Seelen getan. Ich kann sie sehen und als ich auch kleine Kinder gesehen habe, musste ich es tun. Auch für dich, weil ich wusste, es wäre für dich wichtig.“

Für einen Augenblick hielt er den Atem an, da sie ihm jetzt und hier etwas gestand. Zum ersten Mal hatte sie auch etwas für ihn getan. Nur für ihn, auch wenn es für die Verstorbenen ging. Aber sie hatte auch an ihn gedacht, weil es für ihn wichtig war. Das war es in der Tat. Ihm hatte es etwas bedeutet und würde es immer sein.

„Das werde ich dir niemals vergessen“, sprach er atemlos, als er sie in die Arme nahm und sie einfach nur fest hielt. „Niemand wird es tun. Jeder weiß das.“

„Das sind Nachtblumen. Sie blühen jede Nacht und sie werden nie verblühen“, erzählte sie nach einer längeren Stille hinein, die über sie herein gebrochen war. „Ich habe sie in eines der Bücher in der großen Bibliothek im Schloss entdeckt. Als ich in ihnen gelesen habe“, murmelte sie an seiner Brust.

Verwundert drückte er sie etwas von sich, damit er sie anschauen konnte. „Du hast diese Blumen entstehen lassen, weil du sie in eines der vielen Büchern gelesen oder gesehen hast?“, hob er eine Augenbraue dabei.

„Nun, jein. Ich habe die Blumen zwar gesehen, aber als ich bei der Ruhestätte war, habe ich mich von meinen Gefühlen leiten lassen und das kam dabei heraus. Ich wusste nicht, das ich genau die Nachtblumen habe wachsen lassen, bis ich meine Augen geöffnet habe. Aber es muss etwas bedeuten, das ich diese habe wachsen lassen.“

„Das hat es, Emmanline.“ Atmete Lucien tief aus, als er ihren Namen aussprach. „Ich habe von der Art von Blumen gehört, aber noch nie zu Gesicht bekommen, jetzt wo du mir davon erzählst. Bevor die Elfen für immer verschwanden, hörte ich Geschichten, dass sie solche besonderen Nachtblumen wachsen lassen können, die Lichter hervorrufen können. Sie tun das für ihre Verstorbenen in ihrem Volk, wenn sie ins nächste Leben übertreten. Soweit ich das weiß.“

„Bedeutet das, dass meine Elfe in mir genau das getan hat, was sie ohnehin getan hätte? Weil dort Verstorbene waren, die noch nicht ihren Frieden gefunden haben, um ins nächste Leben überzutreten?“

„Ich weiß es nicht. Normalerweise machen das die Elfen nur in ihrem Volk und nicht in irgendeinem anderem. Auch wenn ich das so sagen muss, sie sind in der Sache, wenn es um ihre Toten und Bestattungen ging, ziemlich eigen. Elfen und ihre Rituale, da wissen wir so gut wie nichts darüber. Ich weiß nur, dass sie sich immer zurück gezogen haben und unter sich gelebt haben. Es gibt wenige, die es schon mit eigenen Augen erlebt haben, aber ob es wahr ist, ist dann eine zweite Frage. Das Einzige was ich weiß, ist, das die Elfen die sogenannten Nachtblumen wachsen lassen, die am Ende leuchten. Das Leuchten ist wie ein aufsteigender Teppich und es bewegt sich. Dennoch weiß ich, es sind keine Lebewesen wie wir. Sobald man sie berührt verschwinden sie im Nichts.“ Weil er es nämlich ausprobiert hatte, wie viele andere auch. Jetzt wo er hautnah dabei sein konnte.

„Solange es euch eine Freude bereitet hat und es helfen konnte.“ Senkte sie ihren Kopf und schloss halb ihre Augen dabei.

Ihm stockte der Atem. „Emmanline, egal was du jetzt denkst, aber du tust mehr, als du denkst. Was auch immer da passiert ist, hat etwas in Bewegung gesetzt. Was heute dort stattgefunden hat, habe ich selbst bei meinem Vater lange Zeit nicht mehr gesehen. Du hast mir bei der Ruhestätte erzählt, wir müssen unsere Traditionen bewahren und auch wieder aufnehmen. Heute Nacht haben wir zum ersten Mal wieder eine Zeremonie abgehalten, wo Drachen aus aller Länder kamen. Aus irgendeinem Grund wurden sie von einer inneren Stimme gerufen. Darum waren so viele Drachen hier.“

Was er sich noch immer nicht erklären konnte. Jeden den er angefragt hatte, aus welchen Grund sie zur heiligen Ruhestätte gekommen waren, war so ziemlich der gleiche gewesen. Eine innere Stimme hatte zu ihnen gesagt, sie sollten hier her kommen, weil sie es mussten. Als wäre es ein Drang, den sie nachgehen müssten. Selbst seine Geschwister hatten ihn verspürt.

Irgendwas ging nicht mit rechten Dingen zu und eine Macht war hier am Werk, was sie nicht kontrollieren konnten. Das gefiel ihm ganz und gar nicht. Irgendwer spielte hier Spiele und das mit seinem Volk.

„Sie wurden von einer inneren Stimme gerufen?“ Schien Emmanline nachzudenken. „Dann kann es nur von der Frau mit dem roten Haar kommen.“ Drehte sie sich um und wandte sich zum Brunnen um, was sie zum zusammen zucken ließ.
 

„Ganz richtig analysiert. Das bin ich gewesen.“ Klang eine Frauenstimme amüsiert, als Emmanline sich zum Brunnen umgedreht hatte.

„Du bist noch hier?“ Fand Emmanline ihre Stimme, denn vor ihr stand die alte Frau, die sie zuvor auf der heiligen Ruhestätte begegnet war. Sie war wunderschön und wahnsinnig mächtig, trotz das sie tot war, war sie noch immer hier.

„Ja, mein Mädchen, noch bin ich es. Es ist nicht leicht, meine letzte Macht für etwas einzusetzen, was vielleicht entscheiden sein kann. Dabei hätte alles anders ablaufen können, wenn damals nicht alles verkehrt gelaufen wäre, aber nun ist es so, nicht wahr?“ Lächelte sie genauso wie Jade sie kannte, als wäre nichts, aber dem war nicht so.

„Emmanline, was ist los? Was siehst du?“ Berührte Lucien sie besorgt auf den Schultern.

Das Lächeln auf den Lippen der schönen Frau blieb. „Erzähle es ihm ruhig mit wem du sprichst. Das seine Großmutter hier ist und mir wird gleich das Herz brechen. Lucien war immer mein Liebster gewesen.“ Seufzte sie auf. „Er war stets mein bester Schüler.“

Emmanline wandte den Blick von ihr ab und schaute Lucien an. „Sie ist hier. Deine Großmutter.“

„Was? Meine Großmutter?“ Wirkte Lucien schockiert, während sie ihn weiterhin anblickte, „Warum?“

„Genau das meinte ich.“ Seufzte sie noch einmal auf. „Doch dafür bleibt jetzt keine Zeit. Mir bleibt sie nicht. Mädchen, du musst mir jetzt gut zu hören.“

„Ich weiß es nicht, Lucien. Egal was es ist, aber es scheint wichtig zu sein. Ihr bleibt nicht viel Zeit.“ Richtet sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Frau.

„Die Worte die ich sage, musst du Lucien genau wiedergeben. Für ihn sind das genauso wichtige Informationen, die er sehr gut gebrauchen kann und wissen muss. Ich kann sie nur heute, hier und jetzt weiter geben.“ Nickte Emmanline als Bestätigung, dass sie verstanden hatte.

„Jetzt warte mal. Wenn meine Großmutter wirklich hier ist...“

„Er glaubt nicht wirklich das ich hier bin. Sage ihm, wie oft ich ihm heimlich als junger Drache Stunden in Magie gegeben habe, obwohl sein Vater mich verabscheut hatte. Er mochte es nicht wirklich, wenn ich mit dem zukünftigen König Umgang hatte, da ich ja eine so böse Drachenhexe war.“ Kicherte sie leise und sie war ganz Jade. Dabei hatte sie das Gefühl, Jade und sie waren sich nie begegnet, aber sie hatten irgendwie einen Hauch von einem gleichen Charakter. „Nur scheint mir so, als sehen sie es jetzt lockerer. Vermutlich verdanke ich das jetzt meiner Tochter.“ Schnalzte sie mit ihrer Zunge, als wäre es ihr jetzt belanglos. „Lucien war einer meiner besten Schüler gewesen und er lernte sehr schnell. Er hatte wirkliches Talent, bis sein Vater mir in die Quere kam. Raziz und ich haben uns nicht sonderlich gut verstanden, aber wenn es um Lucien ging, haben wir gekämpft.“ Wurden ihre Gesichtszüge weicher. „Eines hatte er besonders gemocht, was nur ausschließlich ich konnte. Nämlich, wenn ich gesungen habe.“ Lächelte sie warmherzig.

„Großmutter Araveena?Wie kann das sein?“ Stockte Lucien der Atem, weil er Emmanlines wiedergegeben Worte genau zugehört hatte. Schließlich konnte sie das nicht einfach alles erfinden.

„Oh, es kann so vieles möglich sein, mein Junge. Man muss nur die Augen für Dinge offen halten, die unerklärlich sind. Wie oft habe ich dir das schon versucht begreiflich zu machen? Doch ich bin heute nicht hier um dir alte Lektionen beizubringen.“ Mahnte sie und Emmanline wiederholte ihre Worte, was Lucien zum lächeln brachte.

„Sie ist es wirklich. Es gibt keine Zweite, die das so sagen würde.“ Was sein Lächeln nicht verschwinden lies und das ließ Emmanlines Herz einen Hüpfer machen, weil sein Lächeln auf einmal so kindlich aussah. So ganz anders, als sie es kannte und es gefiel ihr.

„Warum ich hier bin, ist wegen dem Rubin, der schon seit Jahrtausenden im Besitz der Drachen ist und auch auf dem ein Fluch lastet. Schon seit einer Unendlichkeit lastet er auf uns und wir wissen nicht warum. Schon damals habe ich und meine beiden Schwestern versucht diesen Fluch zu brechen, da wir die mächtigsten Drachenhexen in unseren jenen Zeit waren, aber selbst wir waren nicht mächtig genug. Als wir den Fluch durch einen Magiespruch brechen wollten, ging es schief und ich opferte mein Leben dafür. Hätte ich es nicht getan, wären meine anderen beiden Schwestern vermutlich jetzt auch hier, aber das konnte ich nicht riskieren.“

Nun klang Lucien ungläubig dabei. „Großtante Seena und Havanna leben noch? Sie wurden seit deinem Tod nicht wieder gesehen. Wir alle gehen davon aus, das sie bei der Katastrophe damals mit ums Leben gekommen sind.“

Es musste witzig aussehen, wenn irgendjemand jetzt sehen könnte, wie er ins Leere sprach. Als würde er mit der Luft reden. Oder gar einen Geist, was er jetzt wirklich tat.

„Nein.Vermutlich wurden sie schwer verletzt und konnten sich gerade noch so retten. Sie werden sich irgendwo versteckt halten und sind ins Exil gegangen, wo sie sich nach tausenden Jahren noch immer befinden. Sie müssen gefunden werden, denn ihre Zeit ist gekommen, dass sie zurück kehren müssen. Die Zeit der Einsamkeit und Abgeschiedenheit ist beendet. Für sie ist es an der Zeit andere Aufgaben zu erfüllen, als alte und mächtige Drachenhexen.“

Es konnte Emmanline am Anfang nur die Sprache verschlagen, bevor sie es Lucien weiter gab, der dann ebenfalls dastand und sie ungläubig anschaute. Aber es waren ihre Worte gewesen.

„Wie sollen wir die beiden denn finden, wenn wir sie bisher auch nicht gefunden haben? Das wäre ja eine Suche wie eine Nadel im Heuhaufen.“ Meinte er dann.

Da kicherte Araveena. „Nicht unbedingt. Es gibt da jemanden, denen sie schon einmal begegnet war, aber anscheinend vergessen hat.“

Im ersten Augenblick merkte sie das gar nicht wie intensiv die Frau sie musterte und sie am Ende damit meinte. „Mich? Ich kenne die beiden überhaupt nicht.“

„Alles wurde in Gang gesetzt, als sie die Höhle betraten, wo du zuletzt gewesen warst, Mädchen. Die Eishöhle wo man dich gefunden hat und herausgeholt hatte. Meine Schwestern waren dort gewesen, bevor meine Enkelin und ihre dummen Garnison kam, um alles kaputt zu machen. Es war eigentlich die Höhle meiner Schwestern gewesen, die sie bewohnten, bevor sich der Bastard Culebra dort breit gemacht hatte. Erst wollten sie ihn angreifen, um ihn zu vertreiben, bis sie dich sahen.“ Lächelte sie gewissenhaft.

„Wie, bis sie mich sahen?“ Kam nur Unglauben aus ihrem Mund.

„Oh, Kindchen.“ Tadelte sie sie, als wäre sie noch ein kleines Kind. „Glaubst du, wir wüssten nicht wer und was du bist? Natürlich weiß ich das. Meine Schwestern wissen das und wir wissen auch zu wem du gehörst. Was in dir steckt ist so alt wie die Unsterblichkeit selbst und wahre dich Kindchen, sollte das Wissen in die falschen Hände kommen, ist es nicht gut.“ Mahnte sie. „Seit meine Seele in diesem Rubin gefangen ist und nicht wiedergeboren werden kann, ist mir etwas aufgefallen und ich in einer Zwischenwelt wanderte, wo mich niemand sehen konnte. Es ist wirklich erstaunlich was du alles herausgefunden hast, obwohl du nicht zu dem Volk der Drachen gehörst und wirklich allen Grund haben könntest uns zu hassen, was du durch Culebra hast durchleben müssen. Doch du ziehst es wirklich durch und ich hätte damals nicht damit gerechnet, als ich dich damals hast lenken lassen, den Rubin zu holen. So vieles nicht, wenn ich es mir so überlege. Nicht mal eure Beziehung zueinander und...“

„Stopp.“ Schrie Emmanline fast. Hatte sie sich da gerade verhört? Denn die Frau redete ohne Punkt und Komma, so hatte sie das Gefühl. Doch was sie jetzt sagte, stockte ihr jetzt den Atem. „Du hast mich damals gelenkt, damit ich den Rubin stehle? Aus Luciens Hort?“ Musste sie noch einmal nachfragen um Klarheit zu bekommen.

„Ja, das war nicht gerade leicht bei dir gewesen, aber ich musste es tun. Nur so konnte ich dich zu mir holen, aber da kam mir wohl mein Enkel zuvor und hatte sich einen Narren an dir gefressen. Sogar seine Seelengefährtin in dir gefunden. Wer hätte das gedacht.“ Grinste sie verschmitzt, als wüsste sie mehr, aber das wollte sie nicht weiter nachgehen, denn sie war wütend.

„Wie konntest du es wagen.“ Würde sie am liebsten auf sie losgehen, aber Lucien hielt sie auf, indem er seine Arme um sie schlang.

„Emmanline, was ist verdammt noch einmal los?“

„Was verdammt noch einmal los ist?“ Sie fluchte nie. „Das kann ich dir sagen. Deine Großmutter ist daran Schuld. Sie hat mich damals manipuliert, damit ich deinen Rubin aus deiner Höhle stehle. Darum habe ich keine Erinnerungen mehr daran, wie es dazu kam, weil sie mich einfach benutzt hatte. Ihr verdankst du deinen Verlust deines Schatzes und meiner eigentlichen Freiheit.“

„Na na, wer wird denn gleich so böse und aufbrausend.“ Tadelte sie wieder und sie mochte es langsam schon nicht mehr. „Sei froh das ich es getan habe, sonst wärst du vermutlich schon längst wieder unter Culebras Griffel. Lucien beschützt dich und setzt alles daran, dass du auch weiterhin in Sicherheit bleibst. Immerhin bist du seine wertgeschätzte Seelengefährtin. Sein ein und alles. Culebra ist ein krankhafter und besessener Schweinehund, den du besser als jeder andere kennst. Du weißt was du behüten musst, Mädchen, und er darf das Wissen nicht bekommen.“

„Du musst mir nicht sagen was ich zu tun habe. Es rechtfertigt nicht, was du mir genommen hast.“ Wurde sie immer wütender, weil es nicht gerecht war. Sie wollte sich das nicht mehr gefallen lassen. Nie mehr. „Ich werde gehen.“ Machte sie sich von Lucien los und wollte gehen, aber er hielt sie wie immer auf.

„Warte.“ Sprach er kurz, schaute sie aber dabei nicht an. Sein Blick war in der Richtung seiner Großmutter gerichtet, auch wenn er sie nicht sehen konnte. „Großmutter Araveena, du warst für mich immer da gewesen, hast mir vieles beigebracht und hast mir alles gegeben, aber das war nicht richtig.“ Zog er Emmanline an sich ran, als müsste er etwas bekräftigen. „Emmanline gehört jetzt in mein Leben und es wird immer so bleiben. Ich werde nicht zulassen, dass jemand sie verletzt oder ausnutzt. Nicht einmal meine Familie, die ich liebe. Nie wieder.“ Sagte er die Worte, die sie gedacht hatte und sie war sprachlos. „Mag jeder denken was er will. Mir mag es egal sein, aber Emmanline gehört zu mir.“

Ihr blieb fast das Herz stehen, je mehr die Worte in ihr Hirn sickerten. Meinte er seine Worte wirklich ernst? Doch bevor sie fragen konnte, hatte er auch schon ihre Hand genommen und zog sie hinter sich her, raus aus dem Dorf. Sie konnte die Situation noch immer nicht ganz greifen. Nicht einmal, als sie das Dorf nicht mehr sehen konnte, solange schwiegen sie schon. Dabei waren sie zu Fuß unterwegs und nicht einmal außer Atem.

Dennoch brach sie jetzt die Stille. „Lucien, warte einmal. Warum?“ Wollte sie es doch irgendwann wissen. „Warum hast du das getan?“

Lucien blieb stehen, aber drehte sich noch nicht sofort um, aber tat es dennoch. Mit geschlossenen Augen kniff er sich mit Daumen und Zeigefinger auf dem Nasenrücken, während er seufzte. „Langsam machst du mich wirklich fix und fertig, Emmanline.„ Gab er schlicht und weg zu. „Da du es mir noch immer nicht wirklich glaubst, wie sehr du mir eigentlich bedeutest, will ich dir einmal deutlich vor Augen halten, wie wichtig du mir eigentlich bist. Du liegst mir mehr am Herzen, als wie ich vorher eingestehen wollte und das ist mir jetzt klar geworden. Auch wenn du jetzt vielleicht weglaufen wirst und Angst bekommst, aber ich muss es endlich loswerden, sonst werde ich noch verrückt, aber ich bin dabei mich in dich zu verlieben, Emmanline. Da ist es ja wohl klar, das ich alles daran setze, dich zu beschützen, weil du hier bist. Du lebst und bist greifbar für mich, was meine Großmutter nicht ist. Warum sollte ich an etwas festhalten, was nicht mehr da ist?“

„Du bist dabei dich in mich zu verlieben?“ Saß der Schock tief in ihr. Er hatte Recht, sie könnte den Drang besitzen wegzulaufen.

„Es könnte auch schon zu spät sein. Ich weiß das ich dich immer bei mir haben will und du weckst in mir ungeahnte Gefühle, die ich nicht geglaubt habe zu kennen. Ich kann sie nicht länger leugnen, egal wie sehr ich mich dagegen sträuben würde. Ich kann dir nicht entkommen. Mein Herz und meine Seele sind unwiderruflich an dich gebunden. Solltest du irgendwann gehen, werde ich auch gehen. Ohne wenn und aber.“

„Weißt du was du da sagst? Du beschreibst deinen Untergang. Und ich wäre daran Schuld.“ War sie entsetzt. Doch das schlimme daran war nur eines. „Du weißt doch ganz genau, ich könnte dir niemals das geben, was du willst. Das kann ich nicht. Dazu bin ich nicht fähig. Ich wäre dein Untergang.“

„Woher willst du das wissen, wenn du es noch nicht einmal probiert hast? Du hast selbst gesagt, Erinnerungen von dir hast du verschließen müssen. Vielleicht ist ein Teil davon irgendwo in dir und du musst sie nur finden. Warum gibst du einfach auf, ohne es vorher versucht zu haben? Wenn du mir schon sagst, ich soll dich nicht gehen lassen, dann gebe uns eine Chance.“

Sprachlos traf es sie einfach, während sie ihn anstarrte. Lucien sah energisch und entschlossen aus, als würde er um sie kämpfen, sollte es möglich sein und sie würde keine Sekunde daran zweifeln, dass er es tun würde. Er war ein geborener Krieger, der stets seine Kämpfe austrug und gewann. Schließlich war er ein Drache.

Ergeben senkte sie ihre Schultern und ihr Blick wurde weicher. So viel Kraft wie dieser Mann ausstrahle, Ehrgeiz und Energie, da konnte sie nicht anders, als sich mitreißen zu lassen. Vielleicht wollte sie einmal noch die Hoffnung haben, wie ihre Mutter es gezeigt hatte, geliebt zu werden. Wie es heißt, von ganzen Herzen geliebt zu werden. Wie es sich anfühlte nur die alleinige Person zu sein, für einen einzelnen Wesen.

„Versprichst du mir, mich niemals zu verlassen?“ War dies ihre größte Angst, weil dies ihre Mutter getan hatte und das wusste Lucien zu genau.

Sofort schloss Lucien sie in seine Arme. „Niemals. Ich werde immer bei dir bleiben, sowie du bei mir bleiben wirst, das verspreche ich dir.“
 

Drei Tage waren vergangen, als Lucien ihr das versprechen abgegeben hatte und er hatte sie nur mit seinen Gefühlen überschüttet, wie er es konnte. Sie hatte es angenommen und sich ihm hingegeben. Am Anfang hatte sie sich noch unbehaglich gefühlt, weil es zu viel war, aber Lucien hatte sie nach und nach daran gewöhnt, da es nur ihre Aufmerksamkeit war. Die alleine nur ihr galt. Ihr Herz hatte ihr immer mehr bis zum Hals geschlagen. Oder manchmal so stark, das es ihr beinahe aus der Brust hüpfte, so schnell schlug es. Er tat mit ihr Dinge, die sie vorher noch nicht gekannt hatte und er ließ sich immer mehr einfallen. Doch was sie am meisten schockierte, es gefiel ihr zunehmend und sie freute sich stets auf ihr Wiedersehen mit diesem einzigartigen Mann.

Sehr oft dachte sie an ihn und ihre Gedanken schweiften sehr oft zu ihm hin, weswegen sie sich oft zwingen musste an etwas anderes zu denken. Vor allem wenn sie mit jemanden anderen sprach. Seit dem Tag im Dorf hatte sich etwas entscheidendes in ihr geändert und es würde immer so bleiben. Es gab keinen Weg mehr zurück und sie wollte es nicht mehr. Sie hatte sich damals entschieden an der Seite von Lucien zu gehen und mit ihm. Sie wollte nicht mehr alleine sein und er hatte ihr einen Platz an seiner Seite angeboten, welchen sie angenommen hatte. Nun war sie nicht mehr alleine und das Gefühl alleine zu sein, verspürte sie auch nicht mehr, wie es sich auch anfühlte, es war nicht mehr da. Es war weg, einfach weg.

Heute war ein sonniger Tag und sie hatte etwas bestimmtes vor. Für einige mag es vielleicht etwas einfach sein, aber für sie war es ein etwas größerer Schritt, der ihr etwas Überwindung kostete. Darauf hatte sie eigentlich gewartet, aber hatte noch keine Gelegenheit dazu bekommen.

Mit einem letzten Atemzug trat sie auf dem Trainingsplatz der Drachen, denn hier war sie noch nie gewesen, auch wenn sie es von einem Fenster aus einige Male gesehen hatte. Um die Zeit schien nicht viel los zu sein, denn sie erblickte nur Segan und Cyrill, der wieder zurückgekehrt war. Lucien hatte ihr erst erzählt, dass Cyrill von einem Besuch seiner Eltern zurück sei. Weil er persönlich einen Bericht, um den Verrat von seinem Zwillingsbruders, erstatten wollte. Er wollte das nicht per Post oder Gedankenaustausch machen. Trotz Verrat wäre es seinen Eltern nicht gerecht gegenüber gewesen, hatte Cyrill damals zu Lucien gemeint. Lucien hatte damals die Erlaubnis gegeben, das sein Krieger seine Eltern besuchen gehen durfte. Es war nur gerecht und fair. Doch wie sie es vernommen hatte, waren selbst die Eltern mitgekommen, weil die Hinrichtung von Arokh noch nicht stattgefunden hatte. Auch sie wollten bei dem Tod ihres Sohnes dabei sein. Wie hart das wohl sein musste? Sie konnte sich den Verlust bei ihrer Mutter vorstellen, aber den Verlust des Sohnes und dann als Verräter eines ganzen Volkes, beileibe nicht.

Ausgiebig unterhielten sich die beiden Krieger am Rand des Kampffeldes über Strategien, worüber sie nicht wirklich eine Ahnung hatte, aber sie ging auf die beiden zu. Kaum das sie sie bemerkten, verstummten sie und starrten sie an. Die beiden schienen schon etwas ältere Freunde zu sein, sowie sie sich verhielten, bemerkte sie zuvor, aber behielt es für sich.

„Hallo Cyrill. Hallo Segan.“ Lächelte sie und versuchte nicht unsicher zwischen zwei mächtigen Kriegern zu wirken, die sie wie nichts zerquetschen konnten.

Segan nickte nur, was sie vermutlich von seiner bekanntlichen Reaktion so ausgehen konnte, als würde es ihn nichts sonderlich ausmachen. Doch Cyrill schien etwas überrascht zu sein, worauf sie nicht deuten konnte worauf.

„Entschuldige, ich wollte euch nicht stören.“ Meinte sie.

„Schon in Ordnung. Wir waren ohnehin schon fertig.“ War es Segan, der antwortete.

„Gut.“ Lächelte sie. „Wie geht es Mariah und den beiden Jungs?“ Wollte sie wissen. Sie hatte die letzten Tage nichts mehr von ihnen gehört. Dabei wollte sie Segan schon länger fragen, wenn sie ihn sah, aber sie hatte ihn nicht gesehen.

„Ihnen geht es gut. Es dauert auch bald nicht mehr lange.“ Wusste Emmanline ganz genau, worauf Segan hinaus wollte. Es ging um die Schwangerschaft von Mariah.

„Dann muss ich ihr unbedingt, wenn es passt, noch einmal einen Besuch abstatten. Wenn ich denn darf?“

„Natürlich, da würde sie sich sicherlich freuen. Sie fragt auch öfters nach und meinte, ob ich dich nicht mal fragen kann...“

„Natürlich, sehr gerne. Ich werde das nur einmal mit Lucien besprechen. Vielleicht passt das einmal. Ich würde mich sehr freuen.“ Lächelte sie weiterhin.
 

Cyrill wusste gerade nicht, was hier abging oder ob er in einem falschen Film war, die die Menschen gerne drehten, wie sie das so gerne nannten, aber anscheinend hatte er etwas entscheidendes verpasst, seit er weg gewesen war.

Diese Frau, die seinem König und besten Freund gehörte, hatte sich irgendwie verändert. Bemerkte er das jetzt wirklich, oder lächelte sie? Aus vollem Herzen? Er kippte hier gleich aus den Latschen, aber es sah atemberaubend aus. Seit wann konnte sie das?

Dennoch war da noch etwas. Verdammt noch mal, worüber unterhielten sie sich da überhaupt?

„Worüber unterhaltet ihr euch überhaupt?“ Fragte Cyrill doch jetzt nach.

„Das ich seine schwangere Gefährtin und beiden Söhne besuchen komme.“ Beantwortete sie freudig seine Frage, als müsste er das wissen.

Doch war ein Haken dran, denn er wusste von all dem nichts. Schockiert und perplex reagierte er auch entscheiden darauf. „Du hast eine schwangere Gefährtin und zwei Söhne? Warum weiß ich nichts davon?“

Nur ein Schulterzucken seines Freundes. „Du hast nie gefragt.“ Als würde das alles beantworten.

„Wir sind über fünfhundert Jahre gute Freunde und du hast nicht einmal daran gedacht das zu erwähnen, als ich gefragt habe, was gibt es Neues, wenn wir uns gesehen haben? Wie lange seid ihr Gefährten?“ Klang er schon fast empört.

„Über fünfzig Jahre. Ungefähr.“

Cyrill war fast sprachlos. Doch eher getroffen „Solange schon? Irgendwie bin ich nun irgendwie verletzt und enttäuscht. Ich dachte, wir wären gute Freunde.“

„Also das wollte ich jetzt nicht.“ Mischte sich Emmanline ein, die neben ihnen stand und zu ihnen rauf schaute.

Um das Thema auch schnell zu wechseln und vielleicht das zu vermeiden, wie das Gespräch geendet hätte, wandte Cyrill seine Aufmerksamkeit auf sie. „Was hat dich zu uns geführt? Wie können wir dir helfen?“ Versuchte er das noch zu verdauen, was sein guter Kumpel ihm verschwiegen hatte. Dabei war er ihm gegenüber stets ehrlich gewesen.

„Nun...“ Rang sie kurz mit sich. „...ich wollte eigentlich mit dir reden, Cyrill. Unter vier Augen. Alleine.“ Blickte sie ihm tief in die Augen und es überraschte ihn.

„Mich?“ Da viel ihm noch was anderes schlagartiges auf, was ihn zuvor noch gar nicht so aufgefallen war. Jetzt umso intensiver. Aber warum? „Natürlich.“

„Gut, dann werde ich mich hier verabschieden.“ Regte sich Segan neben ihnen, schnappte sich seine Klamotten und Waffen.

„Es tut mir leid, das wollte ich nicht. Wenn das ein Geheimnis bleiben sollte, dann...“

„Nein, das ist kein Geheimnis, Emmanline.“ Lächelte Segan sie an. „Jeder weiß wo ich im Dorf wohne und könnte mich besuchen kommen. Es ist kein Geheimnis das Mariah, Conner und Trey existieren und sie in meinem Leben das wichtigste sind. Wenn mich einer nach ihnen fragt, die das Gute von ihnen wollen, beantworte ich die Fragen gerne. Ich bin nun einmal nicht der Gesprächige. So bin ich nun einmal.“ Schaute Segan Cyrill an, als sagte der Blick mehr als tausend Worte und jetzt verstand er ihn. Mit einem Nicken verabschiedete er sich bei seinem Freund und blieb mit Emmanline alleine zurück.

„Er ist einer von den Guten.“ Murmelte Emmanline leise.

„Ja das ist er, aber er wird oft missverstanden. Genau den Fehler habe ich jetzt gemacht und ich könnte mich jetzt dafür Ohrfeigen.“ Knurrte er.

„Segan weiß das du es nicht böse gemeint hast. Du hast es vielleicht lieber gehabt, wenn er es dir gesagt hätte, aber er kann nicht ganz so mit Worten umgehen, wie du es vielleicht tust. Er ist mehr der Mann, der Taten sprechen lässt.“ Bemerkte sie. Mit einem Lächeln bestätigte er ihre Aussage, denn so war sein Freund wirklich.

„Worüber wolltest du mit mir sprechen?“

Einmal blickte sie um sich, als schien sie wirklich zu schauen, ob sie alleine wären, denn das waren sie auf dem riesigen Platz. Erst als sie in anschaute, sprach sie. „Ich will mich bei dir entschuldigen. Damals im Lager, als ich einfach verschwunden war, obwohl du auf mich aufpassen solltest.“ Schienen die Worte nur aus ihr raus zu sprudeln.

Dennoch war er sprachlos. „Ich verstehe nicht ganz. Warum entschuldigst du dich?“

„Lucien war damals sehr wütend auf mich gewesen, als ich den Pfeil aufgefangen habe und verüble es ihm auch nicht. Er hatte mich damals egoistisch und selbstlos genannt, weil ich nicht an andere gedacht habe. Darüber habe ich nachgedacht und er hatte Recht gehabt und es war nicht fair dir gegenüber, Cyrill. Auch wenn es mir damals nicht gefallen hatte, dass du auf mich aufpassen musstest, trugst du die Verantwortung wegen mir und ich habe so mein Leben verloren. Auch wenn ich jetzt hier lebend vor dir stehe, was für alle ein Rätsel sein muss. Ich kann euch diese Antworten nicht geben, aber ich möchte mich bei dir für mein damaliges Verhalten entschuldigen und das ich einfach abgehauen war, obwohl ich dir hätte Bescheid sagen können.“

Wie angewurzelt stand er da und starrte sie eine ganze Weile an, weil er nicht wusste wie er antworten sollte. Es gab nicht viele Augenblicke wo er keine Worte fand, aber sie hatte ihn erneut sprachlos gemacht. Sie war wirklich eine faszinierende Frau. „Also ich weiß jetzt nicht was ich sagen soll, aber damit hätte ich jetzt nicht gerechnet.“ Kurz fuhr er sich durch das Haar, auch wenn sein langes pechschwarzes Haar zu einem Zopf geflochten war, das seinem Rücken hinab hing. „Klar damals war ich auch zutiefst getroffen und habe mich meiner Aufgabe als versagt gefühlt, die mir mein König aufgetragen hatte. Dann noch mehr, als ich den Seelenschmerz von Lucien verspürte und den mächtigen Verlust und deinen Tod, den er betrauerte. Das habe ich noch nie verspürt und da spürte ich meine Schmach umso mehr. Ich war von mir selbst enttäuscht und ich hätte dich niemals aus den Augen lassen dürfen, dennoch hatte ich den Fehler begangen, den ich nicht wieder rückgängig machen konnte.“

„Ich kann damals nicht sagen was es gewesen war, aber etwas hatte bei mir damals klick gemacht. Eine kleine Erinnerung kam zurück und ich hatte das Gefühl ich dürfte keine Sekunde verlieren. Erst auf dem Schlachtfeld bewahrheitete sich es, als dein Bruder die Bogensehne spannte, um den Pfeil fliegen zu lassen. Doch was mit deinem Bruder zu tun hat, deswegen kann ich mich nicht entschuldigen.“ Wie kühl ihre Worte jetzt klangen.

„Hat er dir jemals etwas angetan?“ Musste er es wissen.

Sie schwieg kurz. „Nein, ich habe ihn so nie gesehen.“

„Woran hast du ihn dann erkannt?“

„An seiner Stimme. Oft haben sie mich in einer Ecke liegend vergessen, als sie Unterhaltungen geführt haben und da habe ich ab und an Wortgefechte aufgefangen. Da war ein Gespräch deines Bruders mit dabei gewesen.“

Ihre Worte waren einerseits schockierend, aber wenn es das Leben seines Bruders jetzt war, dann kannte er ihn bis zum Schluss nicht mehr. Auch wenn er jetzt noch lebt. Seit dem Verrat hatte er ihn in den Kerkern nicht mehr besucht, weil er es nicht ertrug ihn zu sehen. Vielleicht weil er das Gefühl besaß versagt zu haben. Alleine schon, als er seinen Eltern berichten musste, das sein eigener Sohn ein Verräter des eigenes Volkes war. Das er den König ermorden wollte und auch beinahe geschafft hätte, wenn die Frau vor ihm nicht wäre. Er fühlte sich schlecht dabei und seit sein Bruder ein Verräter geworden war, war auch ein Teil in ihm gestorben, was ein wichtiger Teil in ihm war. Dabei versuchte er es die ganze Zeit zu überspielen, weil er ein Krieger war, aber es war nicht so einfach. Sollte sein Bruder erst einmal hingerichtet sein, was würde dann erst aus ihm werden?

„Was hast du gesagt?“ Hatte er Emmanlines Lippen bewegen sehen, aber ihre Worte nicht verstanden, weil er so tief in Gedanken gewesen war.

„Ich wollte dich noch etwas anderes fragen, und zwar, sofern du es willst und auch keine anderen Angelegenheiten hast. Sofern du auch meine Entschuldigung annimmst und mir wegen deines Bruders auch nicht sauer bist. Lucien meinte ja, das es so sein könnte und...“ Redete sie einfach drauf los, als wäre sie irgendwie nervös.

„Mal langsam.“

„Emmanline.“ Lächelte sie. „Du kannst mich ruhig so nennen.“

Da war es wieder. Zu Anfang wo er sie gefragt hatte, ob er sie beim Namen nennen durfte, hatte sie es säuerlich verneint, aber jetzt bot sie es mit einem lächeln selbst an. Er war überrascht.

„Du hast dich verändert.“ Bemerkte er direkt. „Und du lächelst.“

„Ja ich weiß. Das viel mir am Anfang ziemlich schwer. Das hatte alles mit einen Streit unter Luciens Geschwistern begonnen, als ich dadurch einen Gefühlsausbruch bekommen habe. War etwas ungewöhnlich für mich, aber Lucien meinte, es musste eines Tages so kommen, wenn man die Gefühle solange unterdrückt. Stört es dich? Soll ich es lassen?“

„Nein, auf keinen Fall. So gefällst du mir besser.“ Lächelte er sie jetzt an. „Was wolltest du mich nun anderes fragen, ohne den unnötigen anderen Unfug dazu und keine Sorge, ich war dir nie sauer.“

Mit einem kleinen Lächeln antwortete sie ihm. „Um es kurz zu machen, werde mein Leibwächter.“

Jetzt hatte diese Frau wirklich eine Bombe platzen lassen und selbst sein innerer Drache war erstarrt. Reglos blickte er auf die viel kleinere Person hinunter, die eine außergewöhnliche Augenfarbe hatte und wartete anscheinend auf eine Antwort, die er noch immer selbst suchte. „Leibwächter?“

„Ja. Ich weiß, ich kann Lucien nicht immer bitten mich zu begleiten, wenn ich irgendwohin will. Er ist der König und hat genug Aufgaben die er erfüllen muss. Ich weiß auch, alleine lässt er mich nirgendwohin gehen. Alleine wegen Culebra riskiere ich das auch nicht. Diese Unruhe will ich Lucien auch nicht zumuten. Ich würde schon gerne hin und wieder irgendwohin, aber Lucien ist der König, worum ich ihn nicht ständig bitten kann, also muss ich mir was anderes einfallen lassen. Sicher kann ich die Geschwister von Lucien fragen, aber sie sind auch nicht immer da. Ich habe auf dich gewartet. Du bist ein Krieger und von Lucien ein sehr guter Freund. Er vertraut dir.“

„Anscheinend hast du ja schon lange darüber nachgedacht.“ Verschränkte er nachdenklich seine Arme vor der Brust und runzelte seine Augenbrauen. Er konnte sie nur skeptisch anschauen. Doch eines musste er ihr zu gute halten, sie dachte in der Sache an Lucien.

„Nein, eigentlich nicht. Erst als Lucien vorgestern Nacht über dich gesprochen hatte, ist mir die Idee gekommen. Als du mit deinen Eltern hier zurück gekehrt bist. Ich wollte schon eher mit dir darüber sprechen, aber ich konnte dich nur noch nicht eher sprechen. Es hatte noch nicht ganz geklappt, weil du irgendwie immer verplant gewesen warst.“

Da hatte sie wohl Recht. Entweder hatte er seinen Eltern die Umgebung gezeigt, hatte mit Lucien gesprochen, mit einer größeren Truppe Drachen trainiert bis zur Nacht hinein und dann war er auch schon ins Bett gefallen. Am nächsten Morgen ging das Spiel von vorne los und das er auf die Jagd ging. Das war ein Spaß gewesen, was er dringend nötig gehabt hatte.

„Du hättest doch Lucien darauf ansprechen können, der hätte mich fragen können.“

„Der weiß ja nichts davon. Das wollte ich selbst persönlich machen. Das ist wenn eine Sache zwischen dir und mir, sollte ich meinen. Außerdem wollte ich vorher die Sache aus dem Weg räumen und ich wollte das nichts zwischen uns steht, solltest du wirklich darüber nachdenken, mein Leibwächter zu sein. Am Anfang hätte ich mich dagegen gewehrt und würde Lucien das tun. Aber dies hier tue ich aus freien Stücken, weil es meine freie Entscheidung ist und auch zum Teil für Lucien, damit er sich besser fühlt. Sonst weiß ich, er würde eines Tages wahnsinnig werden.“ Seufzte sie auf.

Cyrill machte irgendwie ein überraschten Laut. „Hat Lucien dir etwa gesagt, das er für dich etwas empfindet?“

Emmanline wurde etwas rot um die Nasenspitze. „Das er mich liebt? Ja hat er und er tut es mittlerweile jeden Tag. Aber zurück, wirst du es machen und mein Leibwächter werden?“ Schaute sie ihn mit ihren silbernen Augen an.

Das gab es nicht, Lucien hatte Emmanline gegenüber wirklich die Gefühle gestanden und sie war noch immer hier. Wie viel hatte sich noch verändert? Würde sich noch verändern?

Als er hierher zurück gekehrt war, geschah es mit seinen Eltern genau in diesem Augenblick, als sie zu dem Ritual an dem heiligen Ruhestätte ankamen. Zulange war das her gewesen. Eine innere Stimme hatte ihm gesagt, als er zum Schloss unterwegs gewesen war, weil er eigentlich mit seinen Eltern dorthin war, sie sollten dorthin fliegen. Sofort waren sie umgeflogen. Es war ein irrer Sog gewesen, dem sie folgen mussten, der sich nicht falsch angefühlt hatte. Sogar genau richtig. Wie so viele andere Drachen es auch gefühlt hatten.

Aber was noch atemberaubender war, während sie das Ritual abgehalten hatten, waren diese tausenden von schwebenden Lichter und das gelbe Blumenmeer bei der heiligen Ruhestätte, welches noch immer andauerte. Selbst die Lichter, die Nacht für Nacht kamen. Im ersten Augenblick hatte er gewusst, Emmanline war dafür verantwortlich gewesen, aber Lucien hatte es ihm später nur noch bestätigt. Es war absoluter Wahnsinn was sie da erschaffen hatte.

„Abgemacht, ich werde dein Leibwächter, aber du solltest trotzdem noch einmal mit Lucien darüber sprechen, sonst würde er dir das niemals erlauben.“

„Wirklich?“ Wirkte sie überrascht, womit sie einer Zusage vermutlich nicht gerechnet hätte. „Mit ihm werde ich sprechen, keine Frage. Ich wollte lediglich vorher nur mit dir alleine sprechen, bevor ich mit ihm darüber spreche. Aber das ist toll und danke.“ Lächelte sie ihn an und daran musste er sich wohl noch gewöhnen.

„Aber unter der Bedingung, das du diesmal nicht abhauen wirst?“

„Nein, diesmal gilt die Abmachung der Absprache und des Bescheid geben´s.“ Schien sie es zu versprechen. „Sollte etwas sein und mir fällt etwas ein, was wichtig ist, sage ich ich dir etwas. Oder Lucien.“

Cyrill kniff etwas seine Augen zusammen. „Irgendwas ist mir etwas unheimlich an der ganzen Sache. Warum bist du so kooperativ?“

„Lass uns das doch bei Lucien besprechen, da du ja schon zugestimmt hast. Er wartet schon auf uns. Ich habe uns eben angemeldet.“ Lächelte sie und ging auf ihn zu.

„Wie angemeldet?“ Aber Emmanline tippte sich nur auf die Stirn und er verstand sofort, das sie es nur durch eine mentale Verbindung meinte. Was bezweckte die Frau eigentlich, denn keine fünf Minuten später standen sie schon in Luciens Büro. Zwar befand sich Darius noch mit drinnen, aber das war ihm egal, es war Luciens Onkel und vertrauenswürdig.

„Was führt euch zu uns, Emmanline?“ Wollte Lucien wissen, der von seinem Glück wirklich nichts zu wissen scheint. „Selten das du eine Audienz wünscht.“ Lächelte er sie an, als er von dem kleinen Tisch aufblickte, wo sie Karten ausgebreitet hatten. Anscheinend besprachen sie gerade etwas und sie störten.

„Ja, ich habe beschlossen mir einen Leibwächter zu nehmen und Cyrill hat sich dafür bereit erklärt.“ Fiel die Frau gleich ins Haus, selbst für ihn ging das zu schnell.

Lucien schien sprachlos und schockiert zu sein, aber Darius war amüsiert und lachte. Was nicht untypisch für ihn war.

„Du hast was beschlossen?“ Krächzte Luciens Stimme etwas und sie wurde sogar etwas höher gerutscht. „Für was das denn?“

„Na wenn ich mal das Schloss verlasse, um ins Dorf zu gehen oder woanders hin.“ Meinte sie.

Das machte ihn noch fassungsloser, sogar etwas wütend. „Niemals.“

„Ist es dir lieber, wenn ich alleine gehe? Ich weiß wie viel du zu tun hast und Cyrill ist ein guter Krieger. Das ich hier im Schloss herum sitze, die ganze Zeit, ist keine Option für mich. Ich will nicht wie eine Gefangene in einem Käfig eingesperrt sein, wie du wohl weißt. Ich habe mich sogar freiwillig darauf eingelassen mir einen Leibwächter zu suchen, damit du nicht wahnsinnig werden musst, während ich vielleicht mal nicht da bin und du mal nicht auf mich aufpassen musst, während es ein anderer Krieger für dich tut. Normalerweise müsste ich dagegen sein, aber ich tue es auch für mich, weil ich weiß, ich könnte mich niemals selbst so verteidigen wie ihr alle selbst oder könnte es jemals erlernen. Diese Fähigkeiten erlerne ich auch niemals, weil ich keine Klauen und Reißzähne besitze.“

Darius hatte aufgehört zu lachen und erhob jetzt das Wort. „Sie hat Recht, Lucien. Ich muss ihr zu gute halten, das sie wohlüberlegt gedacht hat. Du hast ein Haufen Arbeit als König vor dir und kannst nicht immer abwesend sein und genau das hat Emmanline jetzt bedacht, indem sie sich jemand gesucht hat. Sie hat auch an dich gedacht. Du kannst ihr die Entscheidung nicht nehmen und immer verlangen brav auf dem Zimmer auf dich zu warten.“

„Außerdem wenn ich im Dorf bin, bin ich da auch nicht ungeschützt. Wenn Cyrill an meiner Seite ist, sind da auch noch viele andere Krieger, oder nicht? Sie würden mich genauso beschützen.“

„Aber...“ Fühlte Lucien sich irgendwie überrumpelt, denn er sah so aus. „Du weißt Emmanline, wenn dir etwas passiert, ich würde mir das nie verzeihen.“

Langsam ging Emmanline auf Lucien zu und blieb vor ihm stehen. „Ja, das weiß ich und genau darum mache ich das. Du hast mir schon öfters erzählt, wie gut Cyrill als Krieger ist und er zählt einer zu deiner engsten Freunde, denen du vertraust, oder nicht?“

„Ja, das tut er. Mehr als das.“ Schaute sein König ihn an.

„Dann ist er dafür bestens geeignet.“

Jetzt hatte er das Gefühl, er müsste etwas sagen. „Ich kann das Lucien. Damals habe ich genau auf diesen Fleck den heiligen Schwur abgelegt stets meinen König und meinen Volk zu beschützen und mit meinem Leben zu verteidigen, selbst meine zukünftige Königin. Siehst du diese Frau neben euch, mein König, als deine zukünftige Königin an?“ Erinnerte er sich noch genau an dem Moment, wo er die Worte ausgesprochen hatte und den Schwur mit seinem Blut bekräftigte.

Lucien schien überrascht, aber sein Gesicht hellte sich zunehmend auf, was zu einem breiten Grinsen wurde. „Ja, ich sehe diese Frau neben mir als meine zukünftige Königin an. Du bist also wirklich bereit sie überallhin zu begleiten, wohin sie möchte, ohne wenn und aber?“

Auch wenn er es vielleicht eines Tages bereuen würde, er hatte sein Wort gegeben. „Ja, ich werde sie überallhin begleiten. Ich werde ihr Leibwächter und sie mit meinem Leben verteidigen, sollte es erforderlich sein.“

„Mir gefällt die ganze Sache noch nicht ganz, aber wenn irgendwas passiert, hörst du auf Cyrill.“

„Keine Sorge, das haben wir alles schon besprochen und das geht schon in Ordnung. Wir sind uns schon einig geworden.“ Antwortete Emmanline darauf.

„Oder wenn du was weißt, sagst du Bescheid.“

„Habe ich ihm auch schon gesagt, er weiß Bescheid.“

„Warum bist du so kooperativ?“ Runzelte Lucien mit seinen Augenbrauen, als wäre er skeptisch.

„Genau das habe ich sie auch schon gefragt.“ Wandte Cyrill sofort ein und Darius fing sofort an zu lachen.

Emmanline seufzte kurz auf. „Gebe ich einmal meine eigene Kooperation und schon wirke ich, als würde ich aus der Reihe tanzen. Dabei würde ich das Dorf wirklich gerne wieder einen Besuch abstatten, aber ohne jemanden kann ich das nicht machen. Lucien hat genug zu tun, das ich ihn nicht dauernd stören will und einer seiner Geschwister kann ich auch nicht fragen. Da bot mir die Gelegenheit an, als Lucien mir von Cyrill erzählte, der wieder zurückgekehrt war. Ich wollte mich ohnehin bei ihm entschuldigen und warum nicht fragen ob er nicht mein Leibwächter wird. Sei denn natürlich, er würde zu höheren Aufgaben abberufen, aber bei ihm bestand vielleicht eine Chance, weil Lucien ein großes Vertrauen zu ihm hatte und er mich vielleicht gehen lassen würde.“

„Gestatte es ihr doch einfach, Lucien. Sie wird es ja nicht jeden Tag machen und vielleicht würde dir die Gelegenheit auch einmal bleiben, abzuschalten, indem du sie begleitest. Außerdem sehe es einmal von der anderen Seite. Wenn Emmanline in den Dörfern unterwegs ist und außerhalb Dinge tut, macht sie das auch für dich, während du auch geschäftliche Dinge erledigen musst, wie Papierkram. Sie ist zurzeit bei vielen Drachen sehr gerne gesehen. Sie mögen sie. Niemand würde ihr noch etwas zuleide tun. Cyrill wäre auch der Beste dafür, wenn du je für Emmanline einen Leibwächter gedenken würdest.“

Mit einem finsteren Knurren ergab sich Lucien endlich. „Na schön, aber ohne ein Wort wirst du nicht vom Schloss verschwinden. Auch wenn du wieder angekommen bist, meldest du dich wieder sofort bei mir, damit ich sicher gehen kann, damit es dir gut geht.“

Da konnte selbst Cyrill kein Grinsen mehr verkneifen, wie sehr Lucien auf diese kleine Elfe fixiert war. Er war ja schon regelrecht besessen und es grenzte an ein Wunder, dass dieser Mann ihr schon gestanden hatte, dass er sie liebte. Damit hätte er nicht gerechnet, aber es stand ihm ins Gesicht geschrieben, sowie er sich benahm und sie anblickte. Alles an ihm strahlte Verliebtheit aus und er freute sich wahrhaftig für seinen alten Freund. Er würde niemals so denken, das er es ihm nicht gönnte, denn er hatte das Glück mehr als jeder andere verdient und anscheinend machte diese Frau ihn glücklich. Auch wenn sie nicht genau wussten, woher sie kam.

Lucien und Emmanline diskutierten noch eine Weile, bis sie sich auch wirklich einig waren und es war mehr belustigend zu zusehen, als sich einzumischen. Wenn das jetzt öfters so war, dann könnte er sich wirklich gut vorstellen dabei zu zuschauen. Darius ging es anscheinend nicht anders, denn er konnte sich selbst kaum vor Lachen zurück halten. Es konnte doch noch spannender werden, als er dachte.
 

Kaum war Emmanline und Cyrill aus Luciens Arbeitszimmer draußen, atmete sie tief durch. „Lief doch besser als ich dachte.“

„Du hättest nicht damit gerechnet, dass er nach gibt, oder?“ Fragte er, als er neben ihr den Korridor entlang ging.

„Eigentlich nicht. Du hast ihn doch eben gerade selbst erlebt und welche Überzeugungskünste ich aufbringen musste. Wenn Darius nicht dabei gewesen wäre, hätte ich vermutlich viel länger gebraucht.“ Und vielleicht wäre das ganze auch ganz anders ausgegangen. Konnte sie sich den Rest nur denken.

„Vermutlich. Lucien sorgt sich halt nur um dich.“

„Mit einem Leibwächter an meiner Seite?“ Schaute sie ihn etwas schief von der Seite an, dabei hätte sie es sich doch anders aussuchen sollen. Oder vielleicht doch den Mund halten?

Mit einem Lächeln blickte er auf sie herab. „Lucien ist eifersüchtig, dass ist einfach nur alles. Und weil er auch besorgt um dich ist. Aber du bist seine Seelengefährtin und kein anderes männliches Wesen darf dich normalerweise berühren und anfassen. Er hätte mich damals ja schon fast in der Luft zerrissen, als ich mich mit dir auf der Bank draußen unterhalten hatte. Ich konnte das deutlich in der Luft spüren.“ Verzog er leicht das Gesicht, als er sich anscheinend zu erinnern schien. „Wir Drachen können in der Hinsicht sehr besitzergreifend sein, wenn es um unsere Partnerinnen geht.“

Emmanline seufzte nur zustimmend darauf. „Ja, ich weiß.“ Was die Sache nicht wirklich leichter machte. Doch sollte sie wenigstens zu Gute halten, dass Lucien sie wirklich nicht einsperrte, sondern sie frei herum laufen ließ. Sie wusste, er tat es als ein Zeichen seines Vertrauens ihr gegenüber, obwohl es einige nicht tolerierten.

„Cyrill.“ Schrie von weit eine Frauenstimme den Gang runter, wobei Emmanline sich beinahe erschreckt hätte.

Mit einem genervten Seufzen, schaute Cyrill in dessen Richtung und sie folgte seinem Blick. Genau da kam eine wütende und wunderschöne Frau den Korridor entlang gestürmt. Sie musste zugestehen, die Frau hatte etwas Ähnlichkeit mit ihm und würde darauf schließen, dass es vielleicht die Mutter war. Jedenfalls hatten sie das gleiche lange pechschwarze Haar und die bronzefarbene Haut. Nur hatte sie keine braunen Augen, sondern graue.

„Mutter.“ Wie sie es gedacht hatte.

„Was musste ich hören? Du bist jetzt Leibwächter von ihr?“ Klang Missbilligung in ihrer Stimme mit.

„Woher weißt du das schon wieder?“ Verschränkte Cyrill seine Arme vor der Brust. „Und es ist meine Sache, was ich mache.“

Kaum hatte sie ihn gefragt, ob sie ihr Leibwächter sein wollte und andere wussten schon davon? Das war noch nicht einmal eine Stunde her.

„Geheime Quellen.“ Lächelte die Frau und das machte sie besonders schön. Drachen, was anscheinend alles rechtfertigte. „Aber ich akzeptiere das nicht. Du bist zu etwas besseren bestimmt, Cyrill. Nicht um Babysitter für eine kleine Elfe zu spielen.“ Wurde die Miene der Frau wieder ernst.

Jetzt war Emmanline erstaunt. Cyrill spielte für sie Babysitter? Sie konnte das ganze nur verfolgen und beobachten. Einmischen war keine gute Idee.

„Mutter du übertreibst mal wieder maßlos. Ich spiele kein Babysitter und das weißt du.“

„So habe ich meine Brut nicht erzogen, die wegen so einem Kinderkram ihre Zeit verschwenden. Ihr seid für etwas besseres bestimmt und für etwas viel größeres, wie deine älteren Geschwister.“

„Muss das jetzt sein, Mutter? Können wir dieses Gespräch nicht auf später verschieben.“

Ihr schien es so, als würde Cyrill diese Art von Gesprächen mit seiner Mutter kennen. Sie erkannte es an den Klang seiner Stimme, wie genervt und doch etwas gereizt er darauf reagierte. Anscheinend war es ein Thema, was seine Mutter sehr oft anschnitt.

„Das ist mir egal. Mir ist nur wichtig, was ihr erreicht und meine Brut ist für was höherem bestimmt. Du bist ein Krieger, Cyrill, und du lebst für den Kampf, sowie deine Geschwister. Das als Babysitter lastet dich doch nicht aus und dann endest du noch wie dein Vater.“

„Hörst du dich überhaupt mal reden, Mutter? Wenn das Vater hört, wird er sicherlich nicht gerade begeistert über deine Worte sein. Wer weiß, ob er dir da so schnell verzeiht.“ Wandte Cyrill immer noch etwas genervt ein.

Da lachte die Mutter von ihm. „Oh, er weiß das doch schon längst. Außerdem vergöttere ich deinen Vater, was du wohl weißt und nur ihm ist es gestattet so zu sein, wie er ist. Ihr seid meine Kinder und ich erziehe euch so, wie ich es für richtig halte. Und ich schwebe mir für eure Zukunft nur das Beste vor.“

„Jetzt reicht es aber. Es ist meine alleinige Sache was ich tue und ich werde Emmanlines Leibwächter, wie ich es meinem König versprochen habe. Ich werde meinem Wort ihm und ihr gegenüber nicht brechen.“ Zeigte Cyrill auf Emmanline, die noch immer perplex neben der Diskussion stand.

Anscheinend wusste Cyrills Mutter das sie nicht weiter kommen konnte, knurrte einmal und blickte ihren Sohn einmal finster an, bevor sie wortwörtlich davon stampfte. In ihrer, wie sie jetzt bemerkte, eine Kampfrüstung trug. Sie war eine Kriegerin.

„Tut mir leid, das du das alles mit anhören musstest. Das da eben war meine Mutter und sie ist ein wenig verstiegen. Vor allem wenn es um ihre sogenannte Brut geht.“ Seufzte er auf.

„Ja, sie ist wirklich etwas extravagant, dass muss ich zugeben. Sie scheint sehr besessen darauf zu sein, dich vom Vorhaben als mein Leibwächter abzubringen zu wollen. Aber sie scheint sich anscheinend sehr große Gedanken um die Zukunft ihrer eigenen Kinder zu machen.“ Bemerkte Emmanline.

„Um die Zukunft ihrer eigenen Kinder?“ Lachte er. „Eher um ihre eigene. Sie nutzt es mehr für sich selbst zu ihren Vorteil. Jeder meiner Geschwister ist ein Krieger und hat einen gewissen Rang, der nicht gerade niedrig ist. Wir Drachen sind nun mal ein kriegerisches Volk und einige lieben es zu kämpfen. Da gehört wohl ein Teil meiner Familie dazu. Meine Mutter stammt von einem kriegerischen Stamm ab, die es liebt zu töten und es liegt uns im Blut. Es ist nur die Ehre die uns eigentlich dazu antreibt. Meine Mutter ist lediglich nur auf meine Ehre aus, weil ich hätte auf meinen jüngeren Bruder aufpassen müssen. Es ist eine Schande für meine Familie, das nun ein Verräter unter uns ist und ich bin daran Schuld, weil ich auf ihn aufpassen sollte.“

Emmanline war über diese Erkenntnis schockiert. Erstens, weil er ihr überhaupt davon erzählte und zweitens, weil seine Familie ihm die Schuld daran gab. Cyrill trug überhaupt keine Schuld, denn die alleinige trug sein Bruder selbst. Nur er hatte sich entschlossen Culebra anzuschließen.

„Aber es ist nicht deine Schuld, Cyrill. Dein Bruder ist selbst daran Schuld, dass er zu Culebra über gewandert ist.“

„Das weiß ich. Lucien hat das Gleiche zu mir gesagt. Am Anfang hatte ich mich schuldig gefühlt und es wird vielleicht eine Weile noch so andauern. Aber ich weiß, es ist nicht meine Schuld. Ich habe darüber nach gedacht und bin zu dem Entschluss gekommen, egal wie sehr ich es drehe und wende, ich hätte meinen Bruder niemals davon abbringen können. Er ist ein Hitzkopf und wollte stets nur das Beste für das Volk, aber am Ende war es genau das Falsche. Culebra ist der Verbrecher und das pure Böse. Ich befürchte, wenn ich meinen Bruder jetzt gegenüber trete, genau das in seinen Augen zu lesen. Das pure Böse und das nichts mehr von meinem Bruder übrig ist, was ich je von ihm gekannt habe.“ Erzählte der Mann vor ihr einfach, auch wenn sie wusste, es fiel ihm nicht leicht. Selbst wenn sie nicht wusste, warum er das tat.

„Du musst das nicht alleine tun, Cyrill.“ Lächelte sie sanftmütig und blickte ihm direkt in die Augen, was ihn entsetzt blicken ließ, aber es war ihr mittlerweile egal. „Es es ist egal zu wem du gehst. Ob du Lucien, deine Eltern, deine Geschwister, einer deiner Freunde oder auch mich fragst. Du musst es am Ende nicht alleine tun, wenn du es nicht kannst.“ Zuckte sie mit ihren Schultern.

„Du bietest auch dich selbst an? Obwohl sein Pfeil dich getroffen hatte?“

„Wenn du mich fragen solltest, tue ich es. Außerdem war der Pfeil eigentlich nicht für mich bestimmt. Ich habe mich ihm nur in den Weg geworfen, im wahrsten Sinne des Wortes, aber das spielt keine Rolle mehr.“ Ging sie den Gang etwas weiter runter. „Aber eines interessiert mich noch.“

„Was denn?“

„Wie viele Geschwister hast du eigentlich? Du musst mehr als deinen Zwillingsbruder haben.“

Kurz lächelte er, aber es verschwand so schnell wieder, wie es erschienen war. „Mit meinem Zwillingsbruder sind es einundzwanzig.“

Ruckartig blieb Emmanline stehen und konnte ihren Ohren nicht trauen, was sie da gerade gehört hatte. „Heilige Götter.“ Schnappte sie nach Luft und drehte sich zu Cyrill um. „Ist das dein ernst? Du hast einundzwanzig Geschwister?“

„Ja.“

Sie war sprachlos. Einfach nur sprachlos. „Ich habe immer gedacht Lucien hat schon viele Geschwister, aber du hast einundzwanzig Geschwister?“ Konnte sie die Zahl einfach nur wiederholen.

„Jetzt habe ich die Anzahl oft genug gehört.“ Verschränkte er die Arme vor seiner Brust.

„Tut mir leid, aber das ist Wahnsinn. Deine Eltern waren da ja sehr aktiv, das muss ich zugeben.“ Wo sie jetzt verstand, warum die Mutter von ihm so versessen darauf war, warum sie ihre eigenen Kinder Brut nannte. Es konnte nur daran liegen, dass sie zu viele Kinder hatte.

„Das waren sie in der Tat. Und sie haben vermutlich noch nicht genug.“

„Nicht genug?“ Klang sie entsetzt. „Deine Eltern wollen noch mehr Kinder?“ Wurde ihre Tonlage irgendwie immer höher.

„Da Drachen verdammt alt werden können, kann es vorkommen, dass sie viele Kinder bekommen. Manche mehr und andere eher weniger. Meine Eltern gehören wohl zu den manche mehr.“

„Puh, ich weiß nicht wie es ist Geschwister zu haben, aber bei so vielen, kannst du dir das alles überhaupt merken?“

„Soll das jetzt beleidigend klingen?“ Schaute er etwas finster und kniff seine Augen zusammen.

Überrascht schaute sie ihn an. „Nein, überhaupt nicht. So war das gar nicht gemeint.“

Da fing der Mann vor ihr plötzlich an zu lachen. „Schon ok, ich weiß wie du das meinst. Ich muss mir das nicht alles merken. Ich haben mit einigen mehr Kontakt und mit anderen weniger. Hauptsache ich weiß wie sie heißen.“ Zwinkerte er ihr zu, was sie zum Lachen brachte. „So, aber genug von meiner Familie, wo wolltest du als erstes hin?“

„Du musst mich nicht begleiten, solange ich hier auf dem Schloss und Hof bin, Cyrill. Hier komme ich alleine zurecht. Es ist nur außerhalb.“

„Wenn ich schon einmal hier bin, begleite ich dich noch ein Stück.“ Beharrte er und sie widersprach ihm nicht.
 

Endlich war Emmanline einmal für sich alleine und hatte ihre Ruhe. Vorher hatte sie schon das erledigt, was sie erledigen wollte. Nun konnte sie dem nachgehen, was sie eigentlich vor hatte, nämlich in der Bibliothek etwas nachlesen. Das hatte sie schon den ganzen Tag vor gehabt, aber noch keine Chance dazu geboten es zu tun. Also hatte Cyrill, weil er so darauf bestanden hatte, sie genau hier abgeliefert. Sollte ihr recht sein, sofern sie jetzt alleine war.

Langsam ging sie die einzelnen und vielen Regale ab. Es mussten tausende von Büchern sein, die sich in diesem Raum befanden und sie wusste überhaupt nicht, wo sie anfangen sollte mit suchen. Sie konnte nur anhand der Titel erahnen, was für für Bücher es waren. Zumal suchte sie etwas aus der Geschichte der Drachen und es gab massenweise in dieser Bibliothek davon. Sicher könnte sie Lucien fragen, aber hier musste sie vorher etwas selbst suchen, bevor sie zu ihm ging. Zuerst wollte sie etwas selbst heraus finden und ihre Vermutung bestätigen, ob es wirklich wahr war. Eher wollte sie nicht zu Lucien gehen.

„Hast du gefunden wonach du suchst?“ Ertönte eine männliche und freundliche Männerstimme hinter ihr, die ihr fremd war.

Vor Schreck ließ sie das Buch, was sie gerade in der Hand geöffnet hatte, fallen und drehte sich zu dessen Person um. Dieser bückte sich vor, um das auf dem Boden gefallene Buch aufzuheben.

„Oh, tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken.“ Klang er aufrichtig.

„Ihr Drachen habt eine schlechte Angewohnheit, wenn es ums Anschleichen geht.“ Atmete Emmanline einmal tief durch. „Aber schon in Ordnung, ich hatte gedacht ich wäre alleine gewesen. Da habe ich mich wohl geirrt.“

„Ich bin auch eben erst gekommen. Also bin ich wohl der Schuldige.“ Lächelte er und blickte auf das Buch.

Sie fand ihn etwas eigenartig, aber er hatte ein wenig Ähnlichkeit mit jemanden, auch wenn es vom Aussehen nicht entsprach. Dieser Mann vor ihr hatte kurzes hellblondes Haar, braune Augen und eine hagere Gestalt. Er war zwar groß, aber nicht so wie die eines Kriegers. Nach einem Krieger sah er jedenfalls nicht aus. Was auch seine Kleidung verriet, der ein weißes Leinenhemd trug, dessen Ärmel hochgekrempelt waren. Am Ausschnitt seines Hemdes hatte es Schnüre, um die Hüfte einen dicken braunen Gürtel und trug eine schwarze Stoffhose mit schwarzen langen Lederstiefel, die bis zu den Knien gingen. Dabei trug er etwas auf der Nase, was Lucien ihr einmal erklärt hatte, was es war. Sie hatte es schon einmal irgendwo gesehen gehabt. Er hatte es Brille genannt, damit man schärfer sehen konnte. Das hatte sie überhaupt nicht verstanden. Seit wann mussten Drachen so was tragen, wenn ihre Augen so schon extrem gut waren?

„Ihr seid der Vater von Cyrill.“ Platze es einfach aus ihr heraus und sie wusste es einfach sofort, auch wenn die Ähnlichkeit nicht da war.

Verwundert schaute er sie an und lachte dann. „Dabei besteht überhaupt keine Ähnlichkeit zwischen uns. Aber ja, ich bin sein Vater. Mein Name ist Hal, sehr erfreut.“

„Es sind die Augen. Ihr habt die gleichen braunen Augen.“ Stellte sie nun fest, als sie in seine Augen schaute.

„Nicht schlecht. Viele glauben das meistens nicht, das diese kriegerischen und mörderischen Kinder auch eigentlich meine sind.“ Rückte er seine Brille auf der Nase zurecht.

Jetzt, wenn sie im Nachhinein darüber nachdachte, war er der Vater von den zweiundzwanzig Kindern. So viele und sie konnte es noch immer nicht fassen. Nicht das er ein schlechter Vater wäre, aber die Anzahl war schon enorm und sie fragte sich, wie hielt man so was überhaupt aus? Dabei kannte sie nicht einmal die anderen Geschwister von Cyrill und von Arokh konnte sie jetzt nicht sprechen. Alle sahen in ihn jetzt den Verräter. Aber wie sah es jetzt in den Eltern aus?

„Du scheinst dich für unsere Geschichte zu interessieren.“ Schaute er auf das Buch und blätterte etwas darin herum. „Aber willst du wirklich was von früherer Zeit wissen?“

Kurz überlegte sie. „Ja, ich muss etwas wissen und ich hoffe, ich finde es irgendwo hier in eines der Bücher.“ Lächelte sie leicht.

„Vielleicht kann ich dir ja helfen.“ Stellte Hal das Buch wieder ins Regal zurück. „Ich bin Historiker. Ein Schreiber der Geschichte. Ich bewahre die Geschichte der Drachen. Es ist meine Aufgabe, alles was unter uns Drachen passiert, niederzuschreiben, damit es nie in Vergessenheit gerät. Das Meiste was hier in diesen Regalen steht, habe ich sowieso geschrieben.“ Lachte er, als wäre es belanglos und das Einfachste der Welt, aber für sie war es das Erstaunlichste.

„Im ernst, all das haben Sie geschrieben?“ Klang sie wirklich erstaunt und so schien sie ihn wahrscheinlich auch anzustarren. Wenn das stimmt, dann könnte er ihr wirklich helfen und sie könnte schneller an ihre Informationen kommen, als sie dachte.

„Ja, auch wenn man mir es vielleicht nicht ansieht.“ Schob er seine Brille auf seiner Nase noch einmal zurecht. Anscheinend war das eine Angewohnheit von ihm, die er immer wieder machen musste. „Aber einer muss es ja tun, während andere sich in die Kriege und Kämpfe stürzen.“

Für einen Augenblick schaute sie ihn an. „Ihr habt irgendwie nichts mit den anderen Drachen gemein, die ich bisher begegnet bin. Ihr seid irgendwie anders, als wärt ihr ausgeglichen und hättet schon viele Leben und Seelen durchlebt.“ Verwundert wurde sie nun angeschaut. Hatte sie etwas falsches gesagt?

„Man hat mir von deinem Leben unter uns Drachen erzählt, mein Kind.“ Ging er zu einer der gemütlichen Sessel, die in der Bibliothek stand, wo sie auch öfters drinnen gesessen hatte, wenn sie zum lesen lernen hierher kam. „Es muss ein hartes Leben gewesen sein und ich will auch gar nicht weiter darauf eingehen, weil ich es mir schon vorstellen kann, wie grausam es sein musste unter Culebras Herrschaft zu leben. Niemand kommt eigentlich lebend dort zurück, doch du hattest Glück noch am Leben zu sein. Jetzt bist du hier und stehst unter Luciens Schutz. Wie ich sogar hörte, bist du sogar seine vorherbestimmte Seelengefährtin, was dir einen noch besonderen Schutz einfordert. Er wird dich daher nie Gefahren ausliefern und jetzt besonders behüten.“ Hatte er sich in dem Sessel bequem gemacht. „Ich habe auch noch andere Geschichten von dir gehört, wie du uns geholfen hast und ich konnte erst nicht glauben, dass eine Elfe geholfen hat, da sie ja eigentlich verschwunden und ausgelöscht wurden. Dann auf dem Weg hierher, wurden wir von einem Ereignis überrascht, was selbst mich überraschte und wovon ich seit Jahrzehnten nicht mehr daran gedacht hätte, es zu sehen. Das unsere Traditionen wieder aufgenommen werden. Aus einem Grund tut es Lucien wieder und das ist sehr wichtig für unser Volk. Selbst Raziz war zu stur gewesen es so zu sehen, auch wenn er ein guter König gewesen war. Erst bei der heiligen Ruhestätte glaubte ich an der Wahrheit.“

Erstaunt hörte Emmanline Hal zu und stand einfach nur da, während er weiter redete. Sie fand keine Worte, denn was sollte sie auch schon dazu sagen, wenn es ohnehin seine eigene Worte waren.

„Als Cyrill bei uns aufgetaucht war, um den Verrat von unserem Sohn zu berichten, ist man nie darauf gefasst. Egal wie oft wir es herumreden würden, wir als Eltern sind schwer betroffen und es wird uns immer damit belasten. Auch wenn wir es so nicht zeigen mögen, aber der Verrat an dem König ist das höchste Verbot, das man begehen kann. Auch wenn es unser eigenes Kind ist, können wir es nun nicht mehr beschützen. Eines können wir nicht mehr retten, aber wir hoffen auf das andere. Darum weiß ich es sehr zu schätzen, was du tust. Darum bedanke ich mich, was du für meinen Sohn Cyrill tust.“ Neigte er kurz den Kopf, sein Blick ernst und dankend.

Blinzelnd und verwirrend schaute sie ihn an. „Ich verstehe nicht ganz. Warum bedankt ihr Euch?“

Dann lächelte er doch. „Nicht so unwissend. Du weißt ganz genau warum. Cyrill und Arokh sind Zwillingsgeschwister und zwischen ihnen besteht ein besonderes Band. Besteht irgendwann einer der beiden nicht mehr, zerreißt es den anderen. So war es schon immer bei den beiden gewesen, wenn sie mal getrennt waren. Wenn einer erst mal tot ist, keine Ahnung was aus dem Anderen wird. Cyrill und Lucien sind zwar sehr gute Freunde und als König könnte er dem Befehl geben weiter zu leben, aber es wäre nicht das Gleiche. Cyrill müsste, wenn aus eigenem Antrieb beschließen weiter zu machen. Sowie ich hörte, hast du ihm angeboten dein Leibwächter zu werden. Aus irgendeinem Grund hat er es angenommen. Er tut es freiwillig und nicht weil er dazu gezwungen wurde. Er hat sogar seiner Mutter die Stirn geboten und das muss was heißen. So was macht Cyrill nur, wenn er unbedingt was will.“ Schmunzelte Hal breit auf, als würde er stolz auf seinen Sohn sein. „Was auch immer meinen Sohn dazu entschlossen hatte deinen Leibwächter zu sein, es soll mir recht sein. Solange er am Leben bleibt.“

„Cyrill denkt, wir tun das alles wegen Lucien. Was wir zu einem Teil auch tun und wegen mir, wenn ich außerhalb des Schlosses bin. Ich habe mir da schon was dabei gedacht, aber ihr habt schon Recht, ich habe es eigentlich für Cyrill getan, damit er eine Aufgabe hat. Ich habe mir schon etwas dabei gedacht und es nicht nur wahllos ausgesucht.“

Hal überschlug seine Beine. „Dachte ich es mir doch. Erstaunlich finde ich es nur, dass das niemand mitbekommt. Sie glauben anscheinend alles.“

Emmanline zuckte mit ihren Schultern. „Solange es hilft, soll es mir recht sein. In der Hinsicht ist es mir egal. Gelogen war es ja nicht.“

„Wenn es hilft und es niemanden schadet, ist es mir egal. Aber nun zu dem was du suchst. Was für Informationen von unserer Geschichte brauchst du denn?“ Fragte er und lenkte das Thema um.

„Ihr würdet mir das einfach so verraten? Obwohl Sie mich nicht kennen?“

Mit einem Schmunzeln antwortete er: „Ja, auch wenn ich dich nicht kenne. Aus gewissen Gründen scheinst du Informationen wissen zu müssen und ich glaube nicht aus bösen Zwecken, oder?“

„Nein, ich versuche nur etwas heraus zu finden. Ich muss jemanden finden und dafür muss ich etwas wissen.“

„Gut, dann lass uns mit unserer Geschichtsstunde anfangen.“
 

Lucien konnte noch immer nicht fassen, dass er wirklich zugestimmt hatte, aber er konnte Emmanline nicht ständig alles verbieten. Sie hatten ja alle Recht, Cyrill war ein guter Kämpfer und konnte auf Emmanline aufpassen, auch wenn es ihm nicht passte. Doch er musste vertrauen und es wenigstens versuchen. Trotz das Culebra da draußen frei herum läuft und vermutlich, oder todsicher, hinter Emmanline her war.

Nur musste er ihr zugute halten, sie kam von ganz alleine. Vor allem auf die Idee einen Leibwächter zu nehmen. Hätte er das gemacht, wäre sie mit Sicherheit wütend geworden und sicherlich nicht begeistert darüber gewesen. Natürlich tat sie das für ihn, aber sie tat es teilweise doch aus Eigennutz, nur damit sie einmal weg konnte. Dabei wusste sie doch, sie könnte ihn jederzeit fragen und er würde sie jederzeit begleiten. Doch sie schob den Grund vor, er als König habe seine Pflichten die er zu erledigen hatte. Es stimmte schon, die hatte er, aber er würde die Zeit für sie nehmen.

Jetzt wurde von seinem Onkel auch noch weiß gemacht, sie habe es auch für Cyrill getan, weil er sonst wer weiß was getan hätte, wenn er seinen Bruder Arokh hinrichten musste. Da er nun darüber nachdachte, machte das alles auch einen Sinn. Für Cyrill war es eine Aufgabe und wenn er es wollte, sollte er ihn nicht davon abhalten. Nicht wenn es um sein Leben ging.

Sein Freund machte sich so schon zu viele Gedanken und gab sich die Schuld an dem Verrat seines eigenen Bruders, aber es sollte nicht so Enden. Nicht durch seinen verräterischen Zwillingsbruder. Emmanline scheint es irgendwie gewusst zu haben und er irgendwie auch, nur hatte er noch nichts dagegen unternommen. Emmanline schon, indem sie ihm eine sinnvolle Aufgabe gegeben hatte. Indem er zu ihrem Leibwächter wurde.

„Entschuldige das ich störte, Lucien, aber wir müssen unbedingt reden.“ Meldete sich Emmanlines Stimme in seinem Kopf. „Ich habe etwas heraus gefunden.“

„Du störst mich nie, das solltest du mittlerweile wissen, Emmanline. Was hast du denn herausgefunden?“ War er neugierig.

Sie schien plötzlich still zu sein, als würde sie nachdenken. „Nicht so. Und du solltest dir überlegen, wenn wir jetzt reden, ob es nicht an der Zeit ist, andere mit hinzu zu beziehen. Das werden wir nicht alleine schaffen. Ich glaube ich habe deine beiden Großtanten gefunden und denen du vertraust, sollst du von dem Rubin erzählen. Du musst es nicht tun, aber ich habe das Gefühl, es ist langsam an der Zeit. Du stehst sonst vollkommen alleine da.“

Erst wollte er sagen, sie wäre bei ihm, aber sie hatte Recht. Auf Dauer wäre das keine Lösung und alleine würde er es auch nicht schaffen. Selbst nicht mit Emmanline zusammen. „Ich habe es verstanden. Ich werde darüber nachdenken. Aber als erstes verrätst du mir, was du heraus gefunden hast. Ich muss es wissen.“

Und dann tat sie es doch. Sie erzählte alles was sie wusste per Gedanken und er hörte ihr aufmerksam zu. Mehr konnte er ja auch nicht tun, so ununterbrochen wie sie redete und als würde sie schon fast außer Atem klingen. Dennoch hörte sie nicht auf und ihre Informationen, die sie anscheinend gesammelt hatte, schienen detailreich zu sein. Woher hatte sie die? Aber dennoch, sie gab sich die größte Mühe und er freute sich sehr darüber und das Einzige was er da machen würde, war, sie in seine Arme zu schließen.

Wenn es wirklich stimmte, was Emmanline da sagte, könnten sie seine beiden Großtanten Seena und Havanna finden. Auch wenn er wütend auf seine Großmutter war, weil sie Emmanline so schamlos ausgenutzt hatte.

Noch immer befand Lucien sich in seinem Arbeitszimmer, aber alleine. Seinen Onkel hatte er fortgeschickt, mit einem Auftrag, den er jetzt so schnell wie möglich ausführen sollte. Ohne Fragen zu stellen, war er auch einfach gegangen.

Doch als aller erstes, bevor er was machte, musste er zu Emmanline. Sein Innerstes sagte es ihm und er stürmte geradewegs zur Tür und riss sie regelrecht auf, aber kaum das er sich versah, stand sie auch schon vor ihm. Anscheinend wollte Emmanline genauso zu ihm, wie er zur ihr. Sie schien den direkten Weg zu ihm genommen zu haben. Darum hatte sie sich angehört gehabt, als wäre sie außer Atem gewesen, weil sie zu ihm gelaufen war.

Sein Herz machte einen Satz in der Brust, denn er freute sich darüber. Noch mehr, als sie sich jetzt in seine Arme warf und an ihn schmiegte. Er zog sie ins Zimmer und schloss sie fest in seine Arme. Er konnte sie nie wieder loslassen, so sehr wollte er sie haben. So sehr liebte er sie nun schon, was und wie oft er ihr das schon sagte.

Mit einem leidenschaftlichen Kuss nahm er ihre Lippen in Eroberung und gab sich dem ganz hin, wie sie selbst. Mehr als Hingabe und Leidenschaft existierte nicht zwischen ihnen und würde es auch nicht geben. Er würde von ihr auch nichts nehmen, was sie niemals wollte, sondern alles nur freiwillig, denn sie sollte es genauso genießen und Spaß haben, wie er auch.

„Lucien.“ Unterbrach sie den Kuss. „Nicht, dafür haben wir jetzt keine Zeit.“

Eigentlich müsste er beleidigt über ihre Worte sein, doch wenn er in ihr Gesicht sah und wie sehr sie weiter machen wollte, lachte er jetzt nur noch. „Ganz schön verletzend, aber für meine Küsse sind immer Zeit.“

„Nicht jetzt. Später.“ Lächelte sie etwas, während er sie immer wieder mit kleinen Küssen im Gesicht versah. „Ich muss dir unbedingt was erzählen und vorschlagen.“

„Vorschlagen?“ Unterbrach er seine wilde Knutscherei und blickte sie verwundert an. Doch sie lächelte ihn einfach nur weiterhin an. Was ging wieder in ihrem kleinen Köpfchen vor?
 

„Bist du dir da wirklich sicher, Emmanline?“ Fragte Lucien sie noch einmal nach gefühlter Stunde nach, obwohl so viel Zeit überhaupt nicht vergangen war, nachdem sie ihm alles erzählt hatte.

„Ich meine das vollkommen ernst, Lucien. Es wäre für dich eine Chance und Erleichterung. Es ist nur ein Vorschlag und ich finde, dass solltest du dir vielleicht nicht durch die Finger gehen lassen. Es wäre vermutlich ein kleiner Vorteil, mit all dem Wissen.“ Zuckte sie mir ihren Schultern.

Noch einmal ließ sich Lucien ihre Worte durch den Kopf gehen und vielleicht war es doch keine so schlechte Idee. Vielleicht hatte sie doch Recht und er könnte es zu seinem Vorteil nutzen und sich sogar gleichzeitig Erleichterung verschaffen. Dazu müsste er nur ein Gespräch führen.

„Ist gut, ich werde es in Betracht ziehen.“

„Wunderbar, mehr habe ich nicht verlangt.“

Diese Frau machte ihn schwach. „Langsam machst du mir Angst. Nicht das ich mich jetzt darüber freue, aber du bist so kooperativ und einsichtig. Zuvor wolltest du doch noch gar nichts mit allem zu tun haben. Ich war auch ziemlich erstaunt gewesen, als du mit Cyrill hier aufgetaucht bist und ihn als deinen Leibwächter vorgeschlagen hast. Zuerst war ich ziemlich überrumpelt, bis ich den wahren Grund erfahren habe, warum du das alles tust. Du hast Cyrill doch nur zu deinem Leibwächter genommen, weil du befürchtest, wenn ich endlich Arokhs Leben beende, dass Cyrill nicht mehr der sein wird, der er einmal war. Durch meine Wut habe ich zuvor nicht mehr daran gedacht, wie sehr sein Zwillingsbruder unter den Tod seines Bruders leiden würde.“ Schaute er sie einfach nur an, da sie auch so still geworden war. „Genau das schätze ich auch so an dir, Emmanline. Du tust Dinge, obwohl du es nicht tun musst, aber machst es trotzdem, weil es dir doch am Ende am Herzen liegt. Auch wenn du es nicht zu gibst, ich weiß es. Darum schätze ich auch deine Meinung und was du so denkst, weil es interessant ist, es zu hören. Deine Ideen und Vorschläge können in manchen Situationen hilfreich für mich sein, was ich umsetzen kann. Und wie ich manchmal, nein, öfters sehen kann, hast du jetzt mehr Spaß und lachst viel öfters. Das freut mich wirklich zu sehen.“ Lächelte Lucien ehrlich.

Emmanline schien ihn einfach nur anzustarren und im ersten Augenblick nichts sagen zu wollen. Oder sie überlegte was. Er konnte es nicht genau wissen, so unwissend waren ihre silbernen Augen.

„Wusstest du, dass Cyrill einundzwanzig Geschwister hat?“ Wechselte sie einfach so das Thema. „Sicher weißt du das, aber wie kann man überhaupt so viele Kinder zur Welt bringen? Dabei habe ich erfahren, es sollen noch mehr werden. Ich war da schon etwas schockiert gewesen. Bei deiner Anzahl von Geschwistern ist es schon eine Menge, aber das übersteigt alles. Doch was mich am meisten überraschte, Cyrill erzählte mir etwas über sich selbst. Je mehr mir jemand etwas über sich erzählt, je mehr habe ich das Gefühl wirklich zu jemanden dazu zu gehören. Auch wo wir im Dorf waren. Ich will mich bemühen all das zu beschützen, damit ich solange bleiben kann, wie es nur geht. Ich will niemanden schaden oder weh tun und habe es auch niemals vor. Mir ist es egal was andere über mich denken, solange es denen gut geht, die mir nahe stehen sollten und niemand soll ihnen weh tun. Dafür will ich sorgen. Dazu gehören auch die, die dir wichtig sind und nahe stehen. Wenn sie dir etwas bedeuten und verletzt werden, wirst auch automatisch du verletzt. Also muss ich auch für sie etwas tun, wenn ich kann. Außerdem ist Cyrill ein guter und ehrlicher Krieger. Er wird das tun, was er am besten kann.“

Jetzt wusste er, wo er bei ihr stand und es rührte ihn zu tiefst. Auch wenn sie es nicht zeigte, oder es nicht konnte, konnte er mit ruhigen Gewissen sagen, er bedeutete ihr etwas. Immerhin hatte sie es gerade zugegeben. Auch wenn es auf andere Art und Weise war. „Oder auch das Richtige.“ Lehnte er sich an seinen Schreibtisch und zog sie an sich, ohne das sie sich wehrte.

„Du musst ihm das jetzt alleine überlassen, Lucien. Es ist erst der Anfang.“

„Ja, vielleicht. Dafür danke ich dir.“

Reglos lag sie in seinen Armen. „Ich habe das auch etwas für mich selbst getan. Es war nicht gelogen, als ich gesagt hatte, ich würde gerne mal wieder ins Dorf gehen. Dort sind mir Personen begegnet, die ich wirklich gerne wieder besuchen würde, aber ich weiß, du würdest mich nie alleine gehen lassen. Doch ich kann dich nicht immer fragen, denn als König hast du viel wichtigere Aufgaben, als mich andauernd zu begleiten und zu beschützen, da Culebra nicht aufgeben wird. Auch wenn es mir widerstrebt andere in Gefahr zu bringen, weiß ich, ihr werdet nicht aufgeben.“

„Bedeutet das, du fängst langsam an mir zu vertrauen, dass ich das kann?“ Wollte er von ihr hören.

„Ich fange an.“ Schmiegte sie sich an ihn. „ Auch wenn es mir schwer fällt, aber ich will es versuchen, Lucien. Kann ich es?“

„Ja, kannst du. Du kannst mir vertrauen, das schwöre ich dir.“ Umarmte er sie noch fester. „Ich werde alles daran setzen, dass dir niemals etwas passieren wird. Niemals wird Culebra dich wieder in die Fänge bekommen. Schließlich gehörst du zu mir.“

„Du bist ganz schön besitzergreifend.“

„Das ist mir egal, solange ich weiß, dir geht es gut.“ Konnte er nicht genug von ihr bekommen. Er musste einfach ihre Nähe spüren. „Wie gerne ich hier noch mit dir alleine bleiben und in den Armen halten würde, aber ich glaube, wir müssen langsam los. Sie alle erwarten uns schon.“

Ungläubig schaute sie zu ihm auf. „Sie alle erwarten uns schon?“

„Ja, du hattest doch gemeint, es wäre an der Zeit, ich müsste reden und jetzt ist sie da. Als du mit mir mentalen Kontakt aufgenommen hast, war mein Onkel noch hier gewesen und als du mir dann doch erzählt hast, was du herausgefunden hast, habe ich mir das ganze doch durch den Kopf gehen lassen und was du mir empfohlen hast. So habe ich Darius den Auftrag gegeben, er soll all die zusammenrufen, die ich ihm genannt habe. Durch die Aktion mit der heiligen Ruhestätte, müssten noch alle hier versammelt sein.“ Lächelte Lucien breit, aber Emmanline war verblüfft.

Nach kurzen Zögern, fragte sie anscheinend dann doch. „Wen hast du alles versammelt?“

„Ich finde es richtig, wenn ich schon über den geheimen Fluch rede, das der Rat es wissen sollte. Er hätte es von Anfang an wissen sollen. Und da ich auch nicht besonders alleine dastehen will, werde ich meine Familie De la Cruise hin zu ziehen. Malatya vielleicht ausgeschlossen, weil sie noch zu jung ist. Da mein Bruder Raiden noch nicht zurück gekehrt ist, muss ich das bei ihm auf später verschieben.“ Wo er hoffte, das ihm nichts geschehen war. Noch immer hörte er von ihm kein Sterbenswörtchen. Er konnte noch nicht einmal mentalen Kontakt zu ihm aufnehmen. Nun konnte er nur großes Vertrauen in seinen großen Bruder setzen und dessen Erfahrung.

„Dann soll ich dich begleiten?“ Riss Emmanline ihn aus seinen tiefen Gedanken.

„Natürlich begleitest du mich. Immerhin betrifft es dich auch und du hast dich schließlich bereit erklärt, den blutroten Rubin zu hüten. Du bist eine Hüterin, schon vergessen?“

„Nein, ich habe es nicht vergessen. Auch wenn sie nicht begeistert sein werden?“ Wollte sie wissen.

Mit einem Lächeln entgegnete er ihr. „Auch wenn sie nicht begeistert sein werden. Darum werde ich mich kümmern, mache dir da mal keine Sorgen. Lass uns gehen, sie warten alle im Ratssaal auf uns.“ Löste Lucien sich auch nur ungern von Emmanline, aber es musste sein.

Gerade wollte er zur Tür gehen, als er aufgehalten wurde, indem Emmanline ihn am Ärmel packte. „Warte einmal Lucien. Wäre es möglich, wenn ich zu dieser Sitzung drei weitere Personen vorschlagen würde?“ Wurde ihr Griff fester, als wirke sie unsicher die Frage gestellt zu haben.

Verwundert blickte er sie an. „Kommt drauf an, wen du mir vorschlagen würdest. Wen hast du im Sinn?“

„Cyrill und seine Eltern.“ Platze sie einfach damit heraus und langsam wunderte es ihn nicht mehr, wenn sie mit ihren Einfällen kam.

„Warum ausgerechnet die? Ich meine, bei Cyrill könnte ich es noch nachvollziehen, aber bei seinen Eltern?“ Verschränkte er seine Arme vor der Brust, da er schon eine Erklärung haben wollte.

„Ja, bei Cyrill mag es einfach sein, weil er ein sehr guter Freund von dir ist, aber wenn er ab heute mein Leibwächter ist und auch ein treuer Gefährte, dann sollte er schon Bescheid wissen. Ich kann vor ihm keine Geheimnisse haben, wenn es dann auch um dich geht. Vor allem, wenn ich was herausfinde und er dabei ist.“ Was für ihn ein gutes und klares Argument war. „Bei seinen Eltern ist es auch einfacher. Cyrills Mutter ist eine erfahrene Kriegerin und Charia sehr ähnlich. Sie hat etwas an sich, was interessant ist. Was Hal, Cyrills Vater angeht, er hat das alte Wissen und die alte Seelen in sich. Er könnte durchaus auch eine Hilfe sein.“

Nun wurde es interessant. „Alte Seelen in sich?“

„Ja. Wusstest du nicht, Hal gehört einer zu den seltenen Seelen, die zwar wie jede andere Seele wieder geboren werden kann, aber das Wissen und Erfahrung, was sie ansammeln, stets behalten. Ihre Erinnerung bleibt. In Hal steckt ein Jahrtausend alte Seele, die wer weiß wie viele Wiedergeburten hinter sich hat.“

Davon hatte er absolut nichts gewusst. Das bedeutete, Hal war mehr als eine normale Seele in einem Körper. Wenn er immer wiedergeboren wurde und mit dem gleichen Wissen, wo stets mehr hinzu kam, musste es jetzt enorm sein. Er wusste so schon, Hal war ein kluges Köpfchen und hatte viel Wissen, aber das es so war, damit hatte er nicht gerechnet.

Alles war doch für neue Überraschungen gut. Doch, warum wusste er so was wichtiges nicht? Hatte sein Vater das gewusst?

„Gut zu wissen.“ Wurde sein Blick finster, schnappte ihre Hand und zog sie hinter sich her, als er das Zimmer verließ.

Jetzt verstand er auch noch etwas anderes, was Emmanline gemeint hatte. Genau da sollte er sich was zu Herzen nehmen.
 

„Verflucht nochmal, Mutter, lass mich mit dem ganzen Mist in Ruhe. Ich will von dem ganzen Scheiß nichts mehr hören. Wie oft muss ich dir noch sagen, dass es meine alleinige Entscheidung ist? Ob es dir nun passt oder nicht, ich werde Emmanlines Leibwächter bleiben. Auch wenn du es nicht verstehen wirst. Außerdem weißt du nur zu gut, wenn ich ein ehrbares Versprechen abgegeben habe, das ich nicht mehr zurück kann. Meine sogenannte Ehre lässt es nicht zu, bis mein Auftrag erfüllt ist.“ Verschränkte Cyrill ehrgeizig und trotzig seine Arme vor der Brust, als er schon wieder eine Diskussion mit seiner Mutter hatte, die ihn einfach nicht in Ruhe lassen konnte.

Sie hatte ihn ja einfach noch einmal aufsuchen müssen und in die verdammte Bibliothek schleifen müssen, wo sein Vater sich befand. Ihn schien es aber kaum zu kümmern, das wieder einmal einer seiner Kinder mit seiner Mutter stritt. Kein Wunder, es war schon etwas normales und an der Tagesordnung. Schließlich ließ sie ihre Brut nie in Ruhe.

„Wie redest du überhaupt mit mir?“ Protestierte seine Mutter, die entsetzt mit dem Fuß aufstampfte. „Du wirst es schon merken, wenn es zu spät ist. Und warum sagst du nicht mal was dazu, mein Lieber?“ Stemmte sie ihre Fäuste wutentbrannt in die Hüften.

Sein Vater saß noch immer unbeirrbar und hochkonzentriert mit alter Feder, Tinte und Papier am Tisch und schrieb, wie immer, wichtige Dinge auf. Er fragte sich, woher sein Vater stets die unendliche Geduld aufbrachte. Allein bei der Lautstärke und Aggression in der Luft, könnte er sich niemals konzentrieren, aber sein verehrter Herr schon.

„Lass ihn doch einfach, Rennie. Wenn er es doch unbedingt möchte, soll er es machen. Dein Sohn ist alt genug seine Entscheidungen alleine zu treffen, wie er es sagt. Er wird schon wissen was er tut und wenn muss er die Konsequenzen alleine dafür tragen.“ Schaute er kein einziges Mal auf, sondern tunkte hin und wieder die Federspitze in die schwarze Tinte.

Gerade wollte seine Mutter etwas erwidern, als es an der Tür klopfte und auch sofort geöffnet wurde. Plötzlich standen dort Lucien und Emmanline.

„Was streitet ihr euch denn wieder? Fängt es wieder an, wenn ihr wieder in einem Raum seid? Wird sich das je ändern, Rennie?“ Lächelte Lucien und verschränkte seine Arme vor der Brust. Er nahm den ganzen Raum mit seiner Autorität als König ein.

„Mein König, das ist nur eine kleine Diskussion in der Familie. Nichts besonderes, was nicht gelöst werden kann.“ Antwortete seine Mutter, die am Fenster in der Bibliothek stand.

„Gut, ich will mich nirgendwo einmischen müssen.“

Da wusste er, dass Lucien mehr wissen musste, als er zu erkennen gab. Der König wusste, seine Mutter hatte was gegen Emmanline, aber er unternahm nichts. Er musste etwas gehört haben. Doch er unternahm nichts.

„Nein, müsst Ihr nicht, mein König. Sie werden es wie immer vernünftig regeln.“ Legte sein Vater zum ersten Mal seine Feder zur Seite und schaute auf. „Doch was beehrt uns Euer Besuch?“

„Ich habe euch drei gesucht und gut das ihr alle zusammen seid. Das erleichtert meine Suche.“ Fing Lucien an, denn auch Cyrill war neugierig, was sein Freund wollte. „Ich will das ihr mich und Emmanline zu einer wichtigen Sitzung begleitet. Fragen werden dort beantwortet.“

Für Cyrill war es eindeutig und er gehorchte seinem König. Sein Vater folgte ihm, aber seine Mutter schien noch zu zögern, als sie gehen wollten. Aber anscheinend tat sie doch das was ihr geraten wurde. Irgendwas war hier im Gange, denn Lucien war am Ende plötzlich so ernst geworden. Etwas musste passiert sein und es war nichts erfreuliches.
 

„Wir wollen endlich wissen, warum wir hierher kommen sollten?“ Wollte Darco etwas angesäuert wissen, was Darius ihm nicht verübeln konnte.

Aus heiterem Himmel sollte er für Lucien alle Ratsmitglieder versammeln und seine Geschwister ebenfalls. Nun waren sie alle in einem Raum und er tauchte noch immer nicht auf, wobei sie ungeduldiger wurden, je länger er verschwunden blieb. Dabei schien sein Neffe so gedrängt zu haben und als er in seinem Arbeitszimmer mit ihm gewesen war und ihn auch darum gebeten hatte, all diese Personen in einen Raum zu versammeln, hatte er was in Luciens Gesicht gelesen, was ihn zu keinen Widerwort oder Gegenfrage gedrängt hatte. Er war einfach nur gegangen und hatte seinen Auftrag erfüllt. Irgendwas musste passiert sein und es war von höchster Wichtigkeit.

„Lucien wird sicher gleich hier auftauchen und da könnt ihr ihn selbst fragen. Ich sollte euch alle hier nur versammeln, mehr weiß ich auch nicht.“ Antwortete Darius und am liebsten hätte er auf geseufzt.

„Das hast du vor einer halben Stunde auch schon gesagt.“ Knurrte Terrador.

„Du übertreibst gewaltig, Terrador. Das waren gerade mal zehn Minuten. Mein Bruder wird schon gleich auftauchen, wenn Darius es sagt. Er wird es nicht umsonst getan haben. Oder hast du was viel dringenderes zu tun?“ Erklang Hohn in der Stimme von Charia, die Schwester von Lucien und Befehlshaberin einer Garnison von Elitedrachen. Die es auch mal wieder nicht lassen konnte.

Jeder hier im Raum wusste, worauf Charia ansprach, denn Terrador vertrieb sich gerne die Zeit mit Huren und das nicht zu knapp. Als Ratsmitglied vermied er es, dass es an die Öffentlichkeit kam, aber jeder hier wusste es, wie vergnüglich er doch war. Praktisch war er doch die männliche Hure hier.

„Du wagst es mich zu verspotten?“ Fauchte Terrador zurück.

„Oh, keinesfalls, Herr Ratsmitglied.“ Lächelte Charia. „Ich warte genauso auf meinen König, wie Ihr auch.“

„Hört auf euch zu streiten. Das ist kein richtiger Zeitpunkt. Was auch immer es ist, Darius sollte uns nicht umsonst hierher bestellen. Unser König will mit uns reden und wir werden hier warten.“ Versuchte Tarana den Streit zu schlichten, bevor einer entstehen konnte.

Genau in diesem Augenblick öffnete sich die Tür und Lucien betrat den Ratssaal. Sein Gesichtsausdruck zeigte keine Gefühlsregung, so starr war sie. Neben ihn Emmanline, die genauso ausdruckslos war. Seit sie den Raum betreten hatten, war es unglaublich still geworden, als könnte man eine Stecknadel fallen hören. Lucien wusste langsam wie er seine Autorität Ausdruck verleihen musste, wenn er einen Raum betrat, denn seine Macht schien das ganze Zimmer zu erfüllen. Es war mörderisch.

Auf einmal entdeckte er hinter den beiden noch drei weitere Personen. Es waren Hal, Cyrill und Rennie. Was suchten die denn hier? Wurden sie auch mit eingeladen? Es scheint, das die Runde immer größer wurde. Was war hier nur los?

„Sieht so aus, als wären wir jetzt alle versammelt.“ Sagte Lucien lautstark, als die Tür ins Schloss gefallen war und in die Runde geblickt hatte.



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