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Gebieter des Feuer und der Leidenschaft

von

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Tage und Wochen sind vergangen, seit Emmanline ihn nicht mehr gesehen hatte. Kein einziges Mal ließ er sich blicken. Nicht einmal seinen Schatten hatte sie von ihm sehen können. Vor allem sein erdiger Geruch war verschwunden. Seit sie all ihre Wut aus sich herausgelassen und ihn angeschrien hatte, er solle verschwinden, ließ er sich überhaupt nicht mehr blicken. Egal wohin sie ging, dort war er nicht. Manchmal konnte sie ihn spüren, aber das war in seltenen Fällen gewesen, als sie meinte, er würde sie beobachten.

Hörte er wirklich auf das, was sie gesagt hatte? Blieb er wirklich von ihr fern?

Sie sollte glücklich darüber sein, dass sie so die Luft zum atmen bekam, weil er ihr ständig den Atem nahm. Oder, da sie sich in seiner Gegenwart immer erdrückt fühlte. All das fiel ihr nun leichter und es gab keine Einschränkungen ihrer körperlichen Funktionen. Von ihrem Verstand war im Augenblick nicht die Rede, denn dort war alles chaotischer und wüster.

In ihrem Kopf schwirrten viele unzählige Gedanken herum, die einfach keinen festen Platz fanden. Es war untypisch für sie, wo sie nicht zu einem klaren Verstand kam. Es hatte zu dem Zeitpunkt angefangen, als er nicht mehr aufgetaucht war.

Wenn sie glücklich darüber sein sollte, wie es jetzt wäre, warum war sie es dann nicht? Ihr fehlte etwas entscheidendes und das empfand sie als furchtbar. Dieser Mann hatte in ihr etwas angerichtet, dass sich einfach nicht mehr beheben ließ. Er hatte ihr immer Brocken von Dingen zugeworfen, um gleich danach sich zurück zu ziehen oder es ihr einfach zu verwehren. Warum tat er ihr das an? Alles? Warum spielte er mit ihr? Was musste sie tun, damit das alles ein Ende hatte?

Niemand würde glauben, wie oft sie sich dessen bewusst gewesen war, wie sehr sie es sich wünschte, der Tod würde sie ereilen. Sie würde den Tod mit offenen Armen empfangen und sie würde sogar Glück verspüren. Trotz allem hatte sie genau diese Last oder Fluch zu tragen, nichts und niemand konnten ihr den Tod geben. Sie war verdammt, auf wirklicher Unsterblichkeit zu leben, ohne das sie eine Art Erlösung verspüren könnte. Es war nicht fair, wenn sie andere sah, das sie eine Gnade bekamen und sterben konnten, weil sie nicht mehr konnten. Emmanline war schon lange am Ende angekommen, aber es klappte einfach nicht. Egal was sie versuchte oder gar andere, sie war mit ihrem eigenen Wesen verflucht, was ihr vererbt wurde. Es war ihre größte Schattenseite dem sie niemals los sagen könnte, weil es ein Teil von ihr war. Niemand konnte ein Teil seines Wesen selbst aufgeben. Was würde geschehen, wenn jemand dazu fähig wäre?

Sie konnte darüber nicht weiter nachdenken. Je weiter sie mit ihren Gedanken ging, umso verzwickter wurde es und sie würde sich in diesen Fäden nur weiterhin verheddern, als wie sie es ohnehin schon tat. Es war eine reine Sackgasse in ihrem Labyrinth. Es gab kein entkommen, sollte sie sonst welche Bemühungen auf sich nehmen.

Das brachte sie nun zum Anfang zurück. Dieser Mann und Drache brachten ihr inneres verzerrtes Labyrinth in ungeahnte Gänge und Sackgassen. Manchmal kam sie nicht weiter und sie stand vor einer Mauer, die so groß war, das sie nicht einmal das obere Ende sehen konnte. Egal wie sehr sie ihren Kopf in den Nacken legte. Oder wie sehr sie ihre Augen dazu zwang, es zu sehen. Er zwang sie dazu, all diese verwirrenden und nicht endenden Gänge zu durchlaufen. Nur um eine Erinnerung nach der nächsten in ihr zu wecken.

Des öfteren kam es vor, kleine Gedankenfetzen, die sie gehofft hatte, nie zu existieren, oder sie einfach verdrängt hatte. Aber alles war ein Teil von ihr und das wusste sie. Es gab niemanden der ihr falsche Erinnerungen oder Gedanken einpflanzen konnten, weil sie es wissen würde. Ihr Wesen würde es wissen, wenn jemand in ihr eindrang. Seit sie hier war, hatten sich ihre Instinkte und Sinne so verstärkt, das sie übermächtig geworden waren. Sicher, sie musste mit einigem kämpfen und verarbeiten, was das alles bedeutete. Für sich selbst und welche Wirkungen es auf ihr Leben hatte. Sie konnte noch nicht wirklich das Ausmaß ihrer Fertigkeiten und Möglichkeiten deuten. Es war kompliziert und sie war noch lange nicht gänzlich bereit dafür alles zu analysieren. Eine Art Zurückhaltung war in ihr verborgen und sie konnte sie noch nicht überwinden. Vielleicht würde sie eines Tages dafür bereit sein, aber es war nur rein fraglich. Nur das Unbekannte würde je ihre Fragen beantworten und sagen können, was das Beste wäre.

Seit einigen Stunden saß sie wieder im Garten und sie wusste nicht, was sie genau hier tat. Es waren zu viele Eindrücke und Vorstellungen. Zum ersten hatte sie sich mehrere Male erwischt, wie sie heimlich und ungewollt zu dem Fenster hinauf schaute, wo der Drache sie eigentlich immer beobachtete. Aber sie wusste, er stand da nicht. Sie konnte ihn nicht spüren und von daher, war er noch immer verschwunden. Sie könnte sich dafür verurteilen und dumm nennen, aber sie vermisste es wirklich. Anfangszeit war es ihr unangenehm gewesen, aber ihr Körper und Inneres hatten sich sehr daran gewöhnt gehabt, dass sie nicht genug davon bekommen konnte. Vor allem von seinen zärtlichen Blicken und Berührungen. Stets schien er darauf zu achten ihr niemals weh zu tun. Letzten hatte er aber was anderes bewiesen und irgendwie stimmte es nicht überein.

Ja, er war sauer gewesen und Schmerz hatten ihn blind werden lassen. Aber warum konnte sie sich nicht ganz dafür durchringen, es könnte anders sein? Seine Blicke und seine Haltung hatte ihn oft verraten, dass er alles zu tiefst bereute und wirklich alles rückgängig machen wollte. In seinen Augen hatten sich viele Emotionen aufgetan, was sie nun erschaudern ließ. Dieser Mann hatte ihr alles gezeigt, aber er war in diesem Moment, als sie ihn so angeschrien hatte, kein einziges Mal wütend oder zornig geworden. Das waren Verhaltensweisen, die normalerweise nicht zu ihm passten.

Nein, und sie seufzte erschöpft auf. In letzter Zeit war sie so energielos, das sie nicht mehr ein und aus wusste. So ausgelaugt hatte sie sich noch nie gefühlt. Selbst ein wunderschöner Sonnenuntergang, der sich ihr gerade bot, brachte sie in keiner Weise zur Ruhe. Sie fühlte sich rastlos und unruhig, als würde etwas in ihr zerren. Sie verspürte einen Drang. Was geschah mit ihr?

Selbst dieses Buch in ihrer Hand, auf welches sie herab starrte, brachte ihr keine Ablenkung. Obwohl sie eine kleine Vorliebe dafür entwickelt hatte. Durch Malatya bekam sie Zutritt zu einer Bibliothek, wie sie es ihr erklärte. Sie hatte einen entsetzten Laut von sich gegeben, als sie von hunderten Büchern umgeben war. Es waren so viele, das niemand sie zählen konnte. Ein riesiger Raum, wo Regale sich von unten bis zur Decke empor ragten. Alle mit Büchern voll. Es war einfach unglaublich gewesen. Seit dem Zeitpunkt an hatte sie sich immer ein Buch genommen, um es sich anzuschauen. Sie kam immer damit zum Garten hinaus, blätterte darin herum und genoss alles. Aber dennoch wieder nicht. Egal wie sehr sie sich anstrengte, sie fand einfach keinen Punkt, wo sie sagen konnte, Endlich.

Es war zum verrückt werden und sie war nahe daran es zu werden.

„Hallo. Ich hoffe ich störe Euch nicht.“ Erklang eine monotone Stimme, die vieles versprechen konnte.

Emmanline war zusammen gezuckt, weil sie vollkommen überrascht wurde, das sie sogar ihr Buch hatte fallen lassen. Gerade wollte sie sich danach bücken, da tauchten Hände in ihrem Sichtfeld auf und da blickte sie zu der Person auf.

„Bitte entschuldige. Ich wollte Euch nicht erschrecken.“ Blickte sie in freundliche und warme Augen. „Hier, bitteschön.“ Reichte der Mann vor ihr das Buch. Sie erkannte ihn, was auch nur flüchtig gewesen war. „Ich glaube, ich habe mich noch nicht wirklich vorgestellt.“ Meinte er und blieb vor ihr kniend. „Ich bin Cyrill und ein sehr guter Freund von Lucien.“ Stellte er sich vor.

In seiner Art konnte sie nichts abwertendes erkennen. „Danke.“ Nahm sie es von ihm entgegen, als sie ihn weiterhin im Auge behielt. Er hielt einen gewissen Abstand und sie war sehr glücklich darüber. Dieser Mann hatte eine Ausstrahlung die vieles versprechen konnte und er sah auch gut aus.

Aber nicht so gut wie er. Schoss dieser Gedanke blitzartig durch ihren Kopf. Woher kam dieser Gedanke?

Auch blitzartig tauchte ein Bild vor ihrem Auge auf, was den Mann zeigte, der sie so mied. Moment mal, woher das nun wieder? War sie noch bei Sinnen?

„Darf ich mich neben Euch setzen?“ Bat der Mann und riss sie in die Wirklichkeit zurück.

Kurz zögerte sie, aber sie rutschte ein großes Stück zur Seite. Es war ihr unerklärlich, warum sie das überhaupt tat, aber ihr Gefühl sagte ihr, sie habe nichts zu befürchten, aber das war schon Befürchtung genug.

„Danke.“ Setzte er sich neben sie. Ein kurzes Schweigen herrschte, als er die Stille brach. „Darf ich Euch Emmanline nennen?“

Überrascht schaute sie ihn kurz an. „Ihr Drachen neigt doch gerne dazu, dass ihr das tut, was ihr möchtet. Oder etwa nicht? Warum fragst du mich das?“ Runzelte sie mit ihrer Stirn und sie versuchte zu erkennen, was er vor hatte.

Ein leises Lachen. „Ja, das stimmt wohl, aber ich neige eher dazu, dass ich höflich frage. Wenn Ihr es nicht möchtest, dann werde ich es nicht tun.“ Blickte er sie an und kein einziges Mal wandte er sich von ihr ab.

„Nein, ich möchte das nicht.“ Denn es würde ihr zu weit gehen. Verständnisvoll nickte er, und er respektierte das?

„Das Buch in Eurer Hand, ist ein sehr gutes Buch. Ich hatte es auch einmal durch Zufall gelesen gehabt.“ Deutete er auf ihren Schoss hinunter, wo das Buch lag. „Es wundert mich nicht, warum Ihr dir dieses Buch ausgesucht habt.“ Stellte er fest.

„Warum wundert dich das nicht?“ War sie skeptisch, und sie war es nicht bewohnt, mit Höflichkeit zu handeln.

Wieder dieses Lächeln. „Weil dies ein Buch aus Eurem Volk der Elfen ist. Es erzählt Sagen und Geschichten über euch. Es steckt voller Geheimnisse und Wahrheiten.“

„Wirklich?“ Klang sie verwundert und starrte auf das Buch. Es gab wirklich einen Grund, warum sie sich aus all den unzähligen Büchern, genau dieses heraus gesucht hatte. Sie hatte eine Verbundenheit verspürt gehabt, als würde selbst das Buch nach ihr verlangen. „Darum.“ Flüsterte sie. „Ich verstehe nur nicht, warum besitzt ihr ein Buch vom Elfenvolk, obwohl es nicht hätte sein dürfen?“ Wollte sie wissen.

Er zuckte nur mit seinen Schultern. „Ich weiß es nicht mehr ganz genau. Dein Volk lebt schon seit einigen Jahrhunderten im Verborgenem und niemand weiß wo sie sich befinden. Man munkelt viel, aber am Ende sind es reine Vermutungen und niemand weiß, worin eine Wahrheit liegt.“ Schaute er in die Ferne, als würde er über vergangene Zeiten nachdenken.

„Was ist passiert? Warum leben sie im Verborgenem?“ Wollte sie doch gerne wissen, auch wenn sie keine Verbundenheit mit den Elfen hatte. Da viel ihr auch auf, seit sie wusste, was mit dem Volk der Elfen geschehen war, hatte sie sich noch nie Gedanken darüber gemacht, warum sie sich ins Verborgene zurück gezogen hatten.

Jetzt wandte er sich ihr wieder zu und sie erkannte in seinem Blick, dass er sich nicht wunderte, warum sie dies fragte. Er antwortete ihr lediglich. „Vor einigen Jahrhunderten herrschte ein Krieg zwischen den Elfen und Nymphen. Es wird gesagt, dass das Ende grausam gewesen sein musste. Wir Drachen mögen es vielleicht ein Schwert zu schwingen oder unsere Natur heraus zu lassen, aber wir würden doch niemals so skrupellos sein, alles abzuschlachten, was uns vor die Flinte läuft. Damals wäre dein Volk beinahe ausgerottet worden, wenn sie sich nicht ins Verborgenen zurück gezogen hätten.“ Machte er eine kurze Pause, damit sie es verstehen konnte. „Viele haben mitbekommen, das die Feindseligkeit dieser beiden Völker unermesslich waren und die Fae hatten ihre Chance genutzt. Sie mischten sich im Krieg mit ein und metzelten alles nieder.“

Emmanline war entsetzt darüber, was er ihr da erzählte. Sie konnte sich das Ausmaß nicht vorstellen, wobei...doch das konnte sie. „Warum haben sie das getan?“ Räusperte sie sich vorher, bevor sie sprechen konnte.

„Weil viele Angst vor dem Volk der Elfen hatten. Sie besitzen Macht, was sie aus ihrer Umgebung schöpfen können. Es machte sie unschlagbar und viele Völker befürchteten, dass die Elfen eines Tages vieles sich aneignen würden, aber sie hätten vermutlich nichts derart im Sinne ihrer Loyalität und Ehre getan. Ihr Elfen seid mehr mit der Natur verbunden, als nach wirklicher Macht zu streben.“

„Du bist dir so sicher, als würdest du es wirklich wissen.“ Misstraute sie ihm irgendwie.

Ein gezwungenes Lächeln. „Ja, ich weiß es wirklich. Ich bin mir dadurch so sicher, weil ich dabei gewesen war.“ Schnappte sie entsetzt nach Luft. „Ich habe deinem Volk nie Schaden zu gefügt. Ich bin zufällig in die Fronten geraten.“ Wurde seine Stimme gefasster und in seinem Blick konnte sie erkennen, was für Erinnerungen ihn plagten. Es lag eine Menge Leid in seinen Augen.

„Du hast den Elfen geholfen.“ War es ihre Feststellung und keine Frage.

Er behielt das gezwungene Lächeln aufrecht. „Ja, das hatte ich. Ich konnte nicht zusehen, wie Unschuldige und Wehrlose einfach....“ Schüttelte er langsam mit seinem Kopf, als würde er Erinnerungen abwerfen können. „Das hätte ich nicht mit meiner Ehre vereinbaren können. Vor allem nicht mit meinem Gewissen.“ Seufzte er auf und fuhr sich mit einer Hand über seinen Nacken. „Im ersten Moment, als ich Euch das erste Mal gesehen hatte, dachte ich, eine Elfe? Ich war wirklich verwundert gewesen, da ihr euch nicht mehr zeigtet. Als wärt ihr komplett aus der Welt verschwunden. Bis Lucien mir etwas erzählte.“ Blickte er sie an.

Emmanline hatte sich bei dem Namen dieses Mannes versteift und blickte starr gerade aus. Wieder hatte er über ihre Herkunft erzählt und was ihr widerfahren war. Konnte er nicht einfach den Mund halten? Wusste er denn nicht, was er ihr damit an tat?

„Sei ihm nicht böse, das er mir das verraten hatte. Er meint es nicht im bösen Sinne. Er tut manchmal Dinge, die er zu voreilig beschließt, aber er ist stets bedacht was er tut.“ Wollte er ihn in Schutz nehmen? Natürlich war es so. Er gehörte zu ihm und es missfiel ihr.

„Davon sehe ich überhaupt nichts.“ Schaute sie ihn eisig an. Sie konnte nicht anders. „Das er Dinge voreilig beschließt, da gebe ich dir Recht, aber nicht im guten Sinne. Er denkt überhaupt nicht nach.“

Für einen Augenblick schaute er sie nur an. „Ich kann verstehen, warum Ihr so wütend auf ihn seid. Er hat Dinge getan, die ihm nicht zustanden oder nicht richtig waren. Lucien ist da sehr eigen, aber das Letzte was er will, ist Euch weh zu tun.“

Sie schnaubte. „Was soll das hier werden?“ Wurde sie leicht wütend und ihre Augen verengten sich. Seit wann wirkte sie immer so gereizt? „Willst du mir ins Gewissen reden? Willst du ihn jetzt bei mir gut reden?“ Warf sie ihm vor.

Er schüttelte mit dem Kopf. „Nein, ich will Euch nicht ins Gewissen rein reden. Das ist nicht meine Absicht. Ihr werdet sicherlich selbst bemerkt haben, wie selten Lucien im Augenblick hier ist, nicht wahr?“ Und ob sie das wusste. „Er ist dauernd abwesend und abweisend. Er hat kaum Zeit, als wäre er an etwas angebunden. Dabei hat er eine Menge Pflichten die er nachgehen muss. Wir haben eigentlich keine Zeit, denn es gibt viele Sachen, die verdammt schwierig und wichtig sind. Wir können sie nicht ohne ihn beeinflussen.“ Redete er offen und ehrlich mit ihr. Das konnte sie spüren.

„Soll das etwa bedeuten, es sei meine Schuld, dass ihr in solch einer Lage steckt?“ Konnte sie es nicht glauben. Machten sie ihr erneut Vorwürfe für Taten, wofür sie nichts konnte?

„Um der heiligen Götter Willen, nein. Das ist nicht Eure Schuld, sondern allein Seine. Es ist seine Pflicht für all das zu sorgen und nicht Eure. Er muss dessen nachkommen.“ Schüttelte er mit seinem Kopf.

„Dann verstehe ich eins nicht. Warum sagst du mir das alles?“ Verstand sie ihn nicht ganz recht.

Ein Schulterzucken von ihm, wies auf das Ungewisse hin.. „Weil ich glaube, dass er etwas für Euch tut. Er möchte niemanden erklären was er macht oder vor hat. Lucien wirkt so, als wäre er nur auf eines konzentriert, was ihn einfach nicht los lässt. Das nach Wochen schon. Ihm scheint etwas verdammt wichtig zu sein und eins weiß ich, dass es nur für Euch sein kann.“ Sein Blick glühend und ernst.

Emmanline konnte gerade nicht fassen, was er ihr da sagte. Es wäre nur für sie? Unmöglich. Ja, sie mochte ihn eine sehr lange Zeit nicht gesehen haben, aber es war schlicht und einfach, weil er ihr aus dem Weg ging. Anders konnte sie es sich nicht erklären, denn sie vermutete auch, sein Stolz würde es schon nicht zulassen, das sie ihn zurecht abgewiesen hatte. Er war mit Garantie wütend, dass er jetzt irgendwo war, wo er sich abreagieren musste, sowie er es an ihrem Ort getan hatte. Er hatte alles in Flammen aufgehen lassen.

Seit dem Vorfall und der Auseinandersetzung mit ihm, war sie seither nicht mehr an diesem Ort gewesen. Sie konnte irgendwie nicht in den Wald gehen, denn ein Gefühl des Verlustes würde sie einfangen. Sie konnte es schlicht und weg nicht.

„So ein Unsinn. Warum sollte er das wegen mir tun?“ Schüttelte sie mit ihrem Kopf.

„Es ist kein Unsinn. Ich will ehrlich und offen zu Euch sein. Ihr seid ihm sehr wichtig und ich weiß, dass er Euch niemals aufgeben wird.“ Welchen Grund er ihr nicht nennen konnte. „Es liegt in seiner Natur, dass er bei Euch sein muss.“

Was hatte das nun wieder zu bedeuten? Was liegt in seiner Natur, dass er bei ihr sein musste? Allein das musste, brachte in ihr Fragen auf.

„Schaut mich nicht so fragend an. Ich kann es euch nicht verraten warum.“ Blockte er ab.

Wie scherzhaft. „Erst sagst du mir das und auf einmal kannst du es mir nicht verraten?“

Leicht verzog er sein Gesicht. „Es steht mi...“

„Ihm nicht zu.“ Knurrte eine drohende Stimme hinter ihnen, als der Mann neben ihr unterbrochen wurde. Es klang mehr nach Tier, als nach einem Menschen.

Durchaus war ihr bewusst, wer hinter ihnen stand, aber sie traute sich nicht umzudrehen. Es konnte nur er sein. Allein sein Knurren und seine Anwesenheit deutete auf alles hin. Seine Energie spürte sie um sich herum und sie war so übermächtig. Es hüllte sie vollkommen ein, wie ein Mantel.

„Cyrill, verschwinde.“ Knurrte er erneut.

Mit erhobenen Händen stand er auf. „Sicher.“ Grinste er leicht. „Habt Dank für die Unterhaltung, Mylady. Bis zum nächsten Mal.“ Verbeugte er sich kurz vor ihr und verschwand kurzerhand, blitzartig. Sie sah ihm hinterher und konnte sein Haar wirklich bewundern. Er hatte schönes Kohlraben schwarzes Haar. Es wirkte, als wenn sie ihm heilig wären.

„Emmanline.“ Wurde ihr Name mit klarer und einer ausdrucksvollen Stimme aus gesprochen.

„Geh.“ Hauchte sie, aber bestimmt. „Es gibt nichts zu sagen.“

Eine Stille kehrte ein und unausgesprochene Worte lagen in der Luft. Niemand rührte sich. Er nicht. Sie nicht. Erst einen Moment später vernahm sie, wie er einen tiefen Atemzug nahm.

„Ich weiß, ich habe wahnsinnigen Mist gebaut, aber ich würde dir gerne etwas zeigen.“ Bat er sie in stiller Bitte.

Sie biss sich auf ihre Zähne. „Was verstehst du nicht darunter, dass du geh...“ Drehte sie sich in diesem Augenblick um und ihr stockte der Atem. Der Mann und Drache vor ihr, sah so niedergeschlagen und erschöpft aus, als hätte er eine sehr lange Zeit nicht mehr richtig geschlafen. Seine Augen waren von einem dunklen Schleier benetzt, sein Gesicht in ermüdender Erscheinung. An diesem Mann war nichts mehr zu sehen, was ihn zuvor ausgemacht hatte. Er sah so verändert aus. Was war mit ihm nur geschehen?

Es zuckte in ihr und am liebsten wäre sie zu ihm gelaufen und hätte sich doch tatsächlich in seine Arme geschmissen. Ein großes Bedürfnis zwang sie dazu, zu ihm zu gehen, sich um ihn kümmern und zu trösten. Woher auch immer dieser Drang kam, aber es war übermächtig. Gerade noch konnte sie sich davon abhalten, genau das zu tun. Es kostete ihr große Mühe.

„Ich verstehe, dass du noch immer wütend auf mich bist und das sollst du sein.“ Fuhr er sich erschöpft mit einer Hand über das Gesicht und der Klang in seiner Stimme war dem gleich. Es erschreckte sie.

„In Ordnung. Ich begleite dich.“ Willigte sie ein, ohne auch nur einmal darüber nachzudenken. Er schien überrascht darüber zu sein und bemerkte, wie er etwas erleichtert ausatmete. Normalerweise hätte sie mit einem Lächeln von ihm gerechnet, aber nichts. Kein einziges Zucken auf seinen Lippen. Dabei war er doch immer zuversichtlich, wenn er das bekam was er wollte. Etwas stimmte nicht mit ihm.

Emmanline ging um die Gartenbank herum und trat gebannt auf ihm zu. Sie wollte ihn so gerne berühren, aber sie durfte es nicht. Noch nicht. Als sie dann vor ihm stand und zu ihm aufschaute, schaute er sie nicht an. „Zeige es mir.“ Flüsterte sie ihm zu und er nickte nur. Dieser Mann rührte sie noch nicht einmal an. Er vermied es sie zu berühren und anzusehen. Also folgte sie ihm nur schweigend. Er lief vor ihr und sie konnte es nicht verhindern, dass sie ihn von oben bis unten musterte. Sicher spürte er es, denn sie erkannte es, wie er sich am ganzen Körper versteifte. Sein Unbehagen konnte sie tief in sich spüren.

Einen kurzen Augenblick, wie sie abgelenkt war, hatte sie nicht bemerkt, wo er sie hinführte, aber jetzt tat sie es. Sie wusste, wo er sie hinbrachte und es behagte ihr nicht. Der Mann führte sie in den Wald, wo sie zuvor immer gewesen war. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals und ihr Atem kam stoßweise. Sie wollte einen Rückzieher machen, aber ihr Verstand rügte sie. Sie durfte es nicht tun, nicht jetzt. Alles schrie in ihr auf und ihre Alarmglocken läuteten, dass sie nicht zurück durfte. Standhaft lief sie ihm weiter hinter her, befürchtend etwas zu sehen, was ihr nicht gefallen würde. Doch irgendwie war es ihm wichtig, sie sollte genau das sehen, was er ihr zeigen wollte. Sie musste sich auf alles gefasst machen, egal was kommen mag.

Die Dunkelheit am Himmel war schon längst hereingebrochen und die ersten Sterne erschienen. Auch der Mond ließ sich blicken, der sich auf dem Weg machte zu einem Vollem zu werden. Er wirkte heute so klein und unerreichbar.

Je weiter sie in den dunklen Wald gingen, umso düster wurde es. Sie konnte kaum etwas erkennen, bis sie etwas helles von weiter vorne erblicken konnte. Jetzt erst stieg ihr ein wohltuender und herrlicher Duft in ihre Nase. Es war exotisch und süßlich. Mit jedem Schritt wurden die Düfte immer stärker und intensiver, bis sie auf die sogenannte Lichtung kam, die sie so gut kannte. Was sie hier sah....stockte ihr den Atem.

Mitten auf der Lichtung blieb sie stehen, ihre Augen weit aufgerissen und sich langsam im Kreis drehend. Ihr Mund stand vor Staunen offen, so fasziniert und hypnotisiert war sie gewesen. „Oh.“ Brachte sie kaum ein Wort heraus. Um genau zu sein, überhaupt keines.

Vor ihr erstreckte sich eine Lichtung voller prachtvoller Blumen. In so vielen bunten Farben und sie schienen zu leuchten, wie damals an diesem Ort, wo er sie nach dem Angriff der Vampire hingebracht hatte. All das überstieg ihre Vorstellungen. Viele Pflanzen hatte sie noch nie gesehen, aber sie waren unsagbar schön. So große Blüten und Blätter. Alles war in voller Lebendigkeit und überall schwirrten Nachttiere herum, die sich genüsslich an den Blumen gut taten.

Was sie hier sah, war mit dem zuvor nicht zu vergleichen. All die Asche, die alles verbrannt hatte, war verschwunden, als hätte es sie nie gegeben. Als hätte hier nie ein Feuer gewütet.

„Warst du das gewesen?“ Drehte sie sich langsam zu ihm um. Er hatte sie die ganze Zeit beobachtet und tat es jetzt noch mit einem ausgiebigen Blick. Seine Augen glühten voller Begehren und es sollte sie erschrecken. Trotzdem empfand sie keine Angst ihm gegenüber. Im Gegenteil, es war etwas viel komplizierteres als Angst.

Sein Blick, der solange auf ihr ruhte, ging zur Seite. Es überraschte sie. „Ich wollte dir etwas wieder geben.“ Klang seine Stimme noch immer müde und erschöpft.

Mit Gewissheit nein, ihr gefiel es ganz und gar nicht, wie er sich ihr jetzt gegenüber gab und wie er aussah. Zum ersten Mal konnte sie es richtig fühlen, wie sehr er litt. „Sieh mich an.“ Bat sie ihn im Flüsterton. Sie klang leise bei dieser Entfernung, aber sie wusste, er hatte sie gehört. Allein sein Körper hatte ihn verraten, als er sich noch mehr anspannte. Nur schien er nicht ihrer Bitte nachzugehen. Ein kleiner Schmerz durchzuckte sie. Sie fühlte sich schlecht und ein riesiger Klumpen bildete sich in ihrer Magengegend.

Kurz zögerte sie, aber ihre Füße bewegten sich von ganz alleine, als sie auf ihn zuging. Langsam und bedacht, weil sie befürchtete, sie würde ihn dadurch bedrängen. „Sie mich an.“ Bat sie ihn erneut, als sie vor ihm stehen blieb, was noch nicht einmal einen Meter betrug. Sachte legte sie ihre Hand an seine Wange und drehte sein Gesicht zu sich um, damit er sie anschaute. Er hätte sich wehren können, aber er tat es nicht. Ihr Blick war sanft. „Du hast das für mich getan?“

„Ja.“ Nur ein einziges Wort.

Es rührte sie zutiefst.“Vielen Dank.“ Sprach sie sanft und ließ ihn keinen einzigen Augenblick aus ihren Augen. Sie empfand wirklich Dankbarkeit dafür, was er da getan hatte. Sicherlich, es war unverzeihlich gewesen, dass er zuvor all das Leben zerstört hatte, aber er hat diesen Ort wieder zum leben und zum erblühen gebracht. Wie konnte sie solch eine Geste ignorieren, wenn sie doch auch sah, das er sich wirkliche Mühe dabei gegeben hatte, alles in solch einer Schönheit zu verwandeln? „So etwas hat noch niemand für mich getan. Willst du so sehr, dass ich dir vergebe?“

„Ja.“

„Willst du so sehr mein Einverständnis?“

„Ja.“

Allein nur dieses einzige Wort brachten viele Emotionen hervor, dass sie zu Anfangs sprachlos machte, aber sie konnte nicht anders. Es war einfach nicht mehr möglich bei allem, was er tat, zu widerstehen. Sie konnte es einfach nicht mehr.

Sachte streichelte sie mit ihren Fingerspitzen über seine warme Wange, die angespannt war. „Ich verzeihe dir.“ Reichten allein diese Worte aus, damit sie spüren konnte, welch eine große Last von ihm gefallen war. Sie konnte es in seinen Augen sehen, die vor Erleichterung anfingen zu glühen. Wie heiße Kohlen, die alles in Brand setzen konnten. Nein, sie hatten ein Feuer entzündet, in ihr. Sie brannte lichterloh von diesen unglaublich schönen Augen.

„Ihr Götter, Emmanline...“ Flüsterte er rau und blickte sie voller Zärtlichkeit an. Selbst seine Berührungen waren nicht anders, als reine Zärtlichkeit und Sanftheit, während er mit seinen Händen, von ihren Schultern bis zu ihren Fingerspitzen hinunter wandern ließ. Eine Gänsehaut breitete sich auf ihrer Haut aus, weil es eine unglaubliche Berührung war. Alles kribbelte in ihr und ein Schauer der Wärme durchströmte ihren ganzen Körper.

Ein Seufzer der Zufriedenheit entfuhr ihr und für einen Moment gestattete sie sich, dass sie ihre Augen bei dem Gefühl schloss. Es tat so unglaublich gut.

„In den ganzen Wochen habe ich mich danach verzerrt dich zu berühren.“ Sprach er heiser.

Bei diesen Worten und seiner beruhigenden Stimme, öffnete sie wieder ihre Augen und blickte zu ihm auf. Er war so groß und maskulin, sein Aussehen einer fein gemeißelten Statue purer Männlichkeit ähnelnd. Seine breiten Schultern waren breit, die perfekt zum anlehnen waren und zum festhalten verleiteten. Seine Wärme die er ausstrahlte fühlte sich geborgen und sicher an. Ihr ganzes Inneres sehnte sich danach, all das zu bekommen, was er ihr geben konnte. Tief in ihrem Inneren wusste sie auch, dass er ihr all das geben würde, was sie verlangen würde. Nur ihre Angst hielt sie zurück. Angst Vertrauen aufzubauen. Ihm gegenüber. Sie hatte Angst, wenn sie all das bekommen würde, dass dies schnell wieder verschwindet, weil es immer so gewesen war. Sie hatte immer alles verloren.

„Es war grausam gewesen so von dir fern zu bleiben. Ich habe mich so sehr danach gesehnt, dich zu sehen, zu berühren, zu spüren und zu schmecken. Es war die Hölle für mich gewesen.“ Wurde seine Stimme immer flüsternder, aber sie konnte seine Worte genau verstehen, weil er ihr nahe war. Seine Hände legten sich beschützend auf ihre Wangen, während er seine Stirn an der ihren lehnte, was er gerne bei ihr tat. „Ich brauche dich, Emmanline. So sehr. Alles in mir verlangt danach bei dir zu sein, weil du mir ungeheuer wichtig geworden bist. Bitte bleibe bei mir.“ Flehte er regelrecht und dies brachte ihr Herz erst zum stillstand, aber um gleich einen fünffachen Takt aufzunehmen. Es schlug schmerzhaft in ihrer Brust und sie bekam kaum noch Luft.

Emmanline starrte ihn sprachlos an, denn was sollte sie darauf erwidern. In seinen Worten steckte solch eine große Sehnsucht, die ihr vollkommen fremd war. Seine Worte bedeuteten seine Sehnsüchte und Ängste zugleich. Sie konnte es hören und fühlen.

„Ich habe es vermisst.“ Schmiegte sie ihr Gesicht in seine Handflächen und ihre Hände legten sich auf der seinen. „Das du mich berührst.“ Gestand sie mit schnellem Herzklopfen.
 

Lucien zog scharf seine Luft ein, als er ihr Geständnis hörte. Er konnte es noch immer nicht fassen, was hier gerade geschah. Sein Herz wurde unsagbar schwer, während er sie so betrachtete. Sie war unglaublich schön und er hatte es wirklich vermisst, sie vor sich zu haben. Sie zu berühren, damit er mit seinen Fingern über ihre zarte Haut streicheln konnte. Ihren herrlichen femininen und sonnigen Duft einzuatmen. Der klang ihrer Stimme und ihre ganze Präsenz. All das hatte er an ihr vermisst. Es war eigenartig und so was banales ihre Nähe zu spüren, aber es war unglaublich wichtig für ihn. Wichtig für ihn geworden.

In der ganzen Zeit, als er von ihr fern bleiben musste, was ihn all seine Kraft und Selbstbeherrschung gekostet hatte, dachte er ständig an sie. Sehnsüchte waren in ihm aufgestiegen die eine außergewöhnliche Kraft besaßen, wogegen er sich manchmal nicht wehren konnte. Immer wieder musste er sie sehen, auch wenn es nur aus der Ferne gewesen war. Er hatte sich selbst geschworen, er würde erst vor ihr treten, wenn er es geschafft hatte, was er erreichen wollte.

Diesen Ort hatte er nur ihrer Willen zum Leben erwecken lassen, um sie glücklich zu machen und um Entschuldigung zu erbitten. Er hatte all sein Blut und Schweiß in diese eine Aufgabe und Schwur gesteckt, dass er nicht aufgeben konnte. Je schneller er es schaffte, umso eher war er wieder bei ihr, hatte es gehofft.

Darum war er von einer unglaublichen Eifersucht zerfressen worden, wo er Cyrill und Emmanline hat zusammen gesehen. Er hätte beinahe Rot gesehen. Seine Selbstbeherrschung hatte an einem seidigen dünnem Faden gehangen, der in jeder Sekunde hätte reißen können. Wenn er nicht gesehen hätte, wie zurück haltend Emmanline sich gegeben hätte, wäre er vermutlich auf seinem alten Freund losgegangen und ihn im wahrsten Sinne des Wortes in Stücke gerissen. Er wusste, das Cyrill niemals etwas tun würde, weil er wusste, dass diese Frau vor ihm seine Seelengefährtin war. Doch sein Instinkt hätte ihm beinahe jede Vernunft verlieren lassen, wenn er nicht in sich gegangen wäre. Sie war die Seine und sie würde es immer bleiben. Dafür würde er sorgen, alles geben was er konnte und hatte.

Mein.

Am Ende, wo er mit ihr alleine gewesen war, ließ seine Anspannung ihn kaum zum Luft holen, weil er befürchtete, sie würde ihn jeden Moment verwehren. Ja, er war müde und vollkommen erschöpft, weil er nicht eher Ruhen konnte, bis er seine Aufgabe erfüllt hatte. Es hatte ihn eine Menge Schlaf und Kraft gekostet, aber es war all das Wert, was er nun vor sich hatte. Ihre Augen funkelten wie ein silbriger Mondschein, der die Nacht erst richtig ein Mysterium verlieh. Das Sanfte in ihr, wärmte ihn und endlich, nach unbestimmter Zeit, konnte er wieder richtig atmen. Auch wenn sein Herz sich nicht beruhigen wollte. Ihr Herz schlug genauso schnell, welche beinahe im gleichen Takt schlugen.

„Verzeihst du mir wirklich?“ Kam er nicht drum herum, weil er sicher gehen wollte, ob sie ihre Worte ehrlich gemeint hatte.

Mit ihren wunderschönen Augen blickte sie ihn an. „Würdest du diesen Ort erneut zerstören wollen?“ Fragte sie stattdessen.

„Niemals.“ Klang er entsetzt, ihm überhaupt so eine Frage gestellt zu haben. Er hatte nicht umsonst diesen Ort zum leben erweckt, nur um ihn eines Tages wieder zu zerstören. Egal was kommen mag, aber er würde es niemals tun. „Ich werde dir nie wieder etwas wegnehmen, was dir so sehr am Herzen liegt. Bitte vergebe mir.“ Schloss er seine Augen, weil er befürchtete, sie würde ihre Entscheidung zurück nehmen.

Ein kleiner Seufzer entfuhr ihr. „Ich habe dir verziehen. Dieser Ort ist wunderschön. Wie hast du das alles geschafft? Es ist noch viel schöner als vorher.“

Lucien verzog sein Gesicht zu einer Grimasse, weil er sich daran nicht wirklich zurück erinnern wollte. Es war schon schwer genug gewesen. „Ich glaube, das ist unwichtig.“

„Unwichtig?“ Runzelte sie mit ihrer Stirn. „Ich glaube nicht. Verrate es mir.“ Beharrte sie darauf und er könnte fluchen. Allein wenn sie ihn so anschaute, wie könnte er ihr da was verwehren?

Ein Knurren des Nachgebens, entrang sich ihm. „Ich musste eine Menge Handel abschließen, um dir all das zu schenken.“

„Was für Handel?“ Blickte sie ihn fordernd an, damit er antwortete, denn sie schien zu spüren, das er sich gerne weigern würde, ihr all das zu verraten.

„Waldgeister können ganz schön gierig sein.“ Verzog er leicht sein Gesicht. „Sie besitzen keine richtige Gestalt und bestehen aus reiner Energie. Darum ernähren sie sich auch nur von reiner Energie, damit sie überleben können. Egal ob von Lebewesen oder von der Natur.“

„Soll das bedeuten, du hast als Austausch für all das, deine Energie gegeben?“ Wirkte sie überrascht. Oder entsetzt?

„So in etwa.“

„Das würde bedeuten, du hast eine Menge geben müssen. All das ist unsagbar viel. Darum bist du auch so erschöpft und müde.“ Wurde ihre Stimme zu einem Flüstern, während sie in seinem Gesicht forschte. „Du hättest das niemals tun müssen.“

„Doch das musste ich, Emmanline. Es soll nur für dich sein und diese Energie habe ich gerne für dich gegeben. Ich würde es immer wieder tun, damit du glücklich bist.“ Lächelte er sie warmherzig an.

Sie versuchte mit ihren Kopf zu schütteln, aber es gelang ihr nicht wirklich, da er ihr Gesicht noch immer mit seinen Händen umfasst hielt. „Ich hätte das auch tun können. Ich kann Pflanzen wachsen lassen.“

„Ich weiß, meine Kleine. Meine Energie kommt wieder. Mach dir da keine Gedanken, denn ich werde wieder fitter. Oder hast du schon vergessen, das ich unsterblich bin? Ich bin ein Drache.“ Würde sein Lächeln zu einem Schmunzeln.

Seine Aufmerksamkeit flog sofort auf ihre Lippen, als sie die so fest zusammen presste. Wie gerne würde er seinen Mund jetzt auf der ihren legen. Erst nur zärtlich, dann nachgiebig, was zu einem stürmischen und feurigen Kuss anwachsen würde. Diese kleine Frau war so verführerisch und anziehend, das er sich wirklich nicht mehr lange beherrschen könnte. Mit Haut und Haaren sollte sie ihm gehören.

Behutsam ließ er ihr Haar durch seine Finger gleiten. Es war weich wie Seide und so rein wie der weiße Schnee auf einem Berggipfel. Wie exquisit.

„Wirst du bei mir bleiben, Emmanline?“ Schaute er wieder in ihre Augen, die voller Wärme funkelten. „Ich versprec...“ Wurde er mit ihren kleinen zierlichen Fingern auf seinem Lippen unterbrochen.

„Nein, tue das nicht. Versprich mir nichts, was du nicht halten kannst. Immer wenn du mir ein Versprechen gegeben hast, konntest du es nicht halten.“ Sprach sie bittend.

Lucien genoss das Gefühl wie ihre Finger auf seinen Lippen lagen und sie sogar seine Konturen nach fuhren.

Leicht verlegen lächelte er und er konnte es nicht fassen. Verlegen? Er? „Würdest du, Emmanline? Bleibe bei mir.“ Legte er erneut behutsam seine Stirn gegen der ihren, während er mit seinen Fingern der ihren verschränkte, wo er sie in seine Hand genommen hatte. Ein Flehen und eine Bitte zugleich.

Ihr Kopf legte sich leicht schräg, während sie ihn prüfend anschaute. Wie gerne würde er wissen wollen, was in ihrem kleinen Köpfchen vor sich ging. Er konnte sehen, wie sehr sie darüber nach dachte und alles abwog, was sie nur zu fassen bekam. Sie war wirklich außergewöhnlich und sie überdachte alles. Sie war eben einfach nur vorsichtig, aber was am Ende herauskam, machte sie klug und wunderschön. Ja, sie war jung, aber sie hatte mehr Wissen und Erfahrungen in sich, wie je ein anderes Wesen in ihrem Alter haben könnte.

„Ich weiß nicht, was ich darauf antworten soll. Ein Teil in mir verlangt danach, ich soll soweit wie möglich vor euch Drachen fliehen. Aber ein anderer Teil.“ Schüttelte sie mit ihrem Kopf und seufzte leise auf. „Ich verstehe mich selbst nicht mehr. Ich will fliehen, aber etwas in mir drängt mich, zu bleiben. Es verwirrt mich und manchmal macht es mir Angst. Ich zweifle an mir selbst.“

Sofort riss er sie an seine Brust und umschlang sie fest und sicher. „Nein, du darfst niemals an dir selbst zweifeln. Ich bin hier, um für dich da zu sein und zu beschützen. Immer werde ich da sein. Egal wofür du dich entscheiden würdest.“

Emmanline schmiegte sich sofort an ihn und umfasste mit ihren Armen seine Taille. Genau das hatte er vermisst gehabt, wie sie anschmiegsam und weich war. Ihre schlanke Gestalt und der wohltuende Duft, der ihn immer wieder umhüllte und besänftigte. Genau hier fühlte er sich wohl und endlich angekommen. Das hatte er oft gedacht. Sie gab ihm das Gefühl, endlich ein Ziel erreicht zu haben, wo er schon immer sein wollte.

„Das habe ich vermisst.“ Murmelte sie an seiner Brust, während sie ihr Gesicht an ihn schmiegte. „Dein Geruch, der so erdig duftet.“ Schien sie tief einzuatmen. „Warum fühle ich mich von dir so angezogen? Ich weiß, dass du es weißt. Nur du verschweigst es vor mir.“

Das sollte ihn aus der Ruhe bringen, aber er wusste, was er es ihr nicht ewig verschweigen konnte. Sie hatte vollkommen Recht, er wusste es, warum sie sich genauso zu ihm hingezogen fühlte, wie er zu ihr hin. Es war ein magischer Magnet, die sie immer wieder zusammen führen würde. Sie waren in einem Stadion angekommen, wo sie nicht mehr voneinander loskommen würden. Auch wenn sie nicht bereit dafür war, aber ihre Seelen waren schon längst mit einander verwoben. Wie ein Teppich mit tausenden von Fäden.

„Ja, ich weiß es.“ Gestand er schon etwas offensichtliches. „Du hast die Wahrheit auch verdient und ich werde ab heute auch vollkommen ehrlich zu dir sein und auch nichts mehr verheimlichen. Das kann ich auch nicht mehr, egal wie sehr ich mich anstrengen müsste. Ich kann es nicht, weil du meine Se...“

„LUCIEN.“ Schrie einer aufgebracht seinen Namen und entriss sie beide aus diesem wichtigen Moment.

Er drehte sich halb um und sah, wie Cyrill auf die Lichtung gestürmt kam. Sein Freund war mehr als aufgebracht. Sofort schrillten in ihm seine Alarmglocken. Da stimmte was nicht. „Was ist passiert?“ Schlug seine Stimme zu einem Befehlston um und er war wachsam auf alles.

„Die Lykae. Sie sind weit in unser Territorium vorgedrungen. Einer der Späher ist zurück gekommen und hat berichtet, dass sie wild und sich nach einem Krieg sehnen. Selbst Garett Wisdom ist an vorderster Front dabei. Wenn du mich fragst, ist alles eine geplante Taktik und sie verlangen nach etwas.“ Berichtete der Krieger.

„Was?“ Brüllte und knurrte er wütend auf. „Warum hat mir niemand was darüber gesagt? Es kommt nicht von heute auf morgen, dass sie in unserer Territorium eindringen.“

Sein Freund knurrte ärgerlich zurück. „Wir haben versucht dich darüber zu informieren. Du warst aber mit anderen Dingen beschäftigt gewesen und warst kaum zu sehen. Du warst nicht anwesend gewesen.“

Da erkannte er, dass Cyrill Recht hatte. Er war zu sehr auf sein Vorhaben fixiert gewesen, dass er all das andere vergessen hatte. Er hatte seine wahre Aufgabe vernachlässigt, aber auch Emmanline war ihm wichtig.

„Verflucht.“ Fluchte er lautstark los und musste kurz nachdenken. Seine Gedanken rasten regelrecht an ihm vorbei. „Versammle alle Krieger und bereite alles andere vor. Wir werden sofort aufbrechen. Die dürfen nicht weiter vordringen.“ Befahl er.

„Wir sind dabei alles vorzubereiten.“ Meinte er zu ihm. Kurz schaute Cyrill Emmanline an, bis er dann wieder verschwand.

Lucien drehte sich zu ihr um und blickte sie ernst an.

„Schon in Ordnung. Ich habe es verstanden. Gehe ruhig. Alles andere kannst du mir später erklären.“ Sprach sie.

Es wärmte sein Herz, wie verständnisvoll sie doch war. Sie achtete stets darauf und setzte sich zurück, nur damit andere den Vorrang hatten. Dabei hätte sie es verdient. Vor allem in seinen Augen. „Ich werde so schnell wie es geht, zurück kommen. Zu dir.“ Zog er sie in seine Arme und versiegelte seine Lippen mit der ihren. Er musste sie kosten, bevor er gezwungen war zu gehen. Nur einmal noch, wollte er alles an ihr auskosten. Darum war er unsagbar froh gewesen, dass sie es ihm gestattete.

Es kostete ihm große Mühe sich von ihr zu lösen, aber er musste. Bald, schwor er sich selbst. Bald würde er sie wieder in seinen Armen haben und dann konnte er nicht mehr so schnell aufhören.

„Pass auf dich auf.“ Bekam Lucien gedanklich eine Nachricht, als er die Lichtung verlassen wollte. Überrascht und benommen zugleich, hielt er an und drehte sich zu Emmanline um. Zum ersten Mal hatte sie gedanklich Kontakt zu ihm aufgenommen, wo er sich stets zurück gehalten hatte, weil sie sich nicht bedrängt fühlen sollte. Diesmal aber, war sie diejenige gewesen, die Kontakt zu ihm auf genommen hatte.

„Das werde ich.“ Antwortete er ihr mit schnell schlagendem Herzen, worauf er danach verschwand. Er musste gehen, bevor sie ihn zum Gegenteil verleitete. Diese Frau würde sein Untergang bedeuten, aber er wollte es nicht anders haben. Egal was geschehen würde, er würde für sie stehen und überall hin folgen.

Lucien gab Anweisungen und Befehle, die dringend befolgt werden mussten, bevor sie endlich aufbrechen konnten. Jede Sekunde zählte. Was auch immer in Garett vor sich ging, aber er musste aufgehalten werden. Er musste wissen, was sein Anliegen war, warum er sein Volk angriff.

Sicher hatten Drachen und Lykae ihre Meinungsverschiedenheiten, aber sie waren sich desto trotz immer aus dem Weg gegangen.

Lykae waren Gestaltenwandler, die sich jederzeit in ihre Wolfsgestalt verwandeln konnten. Sei es in einen normalen Wolf oder in eines der Kreaturen, die man sich in Geschichten erzählten. Sie verwendeten nicht gerne den Namen Werwolf, aber es war am leichtesten zu beschreiben. Sie konnten sich in abscheuliche hohe Kreaturen verwandeln. Ein Wesen auf zwei Beinen, mit riesigen Klauen, der Kopf monströs groß mit scharfen Reißzähnen, die so scharf waren, dass sie alles durchbeißen und zerreißen konnten. Ihr kräftiger Kiefer gab ihnen die Kraft und Macht dazu. Einmal in einem Maul von ihnen, verspürt man so schnell nichts mehr.

Also was war es, das sich Garett Wisdom, ihnen auf diese bedrohliche Art und Weise näherte?
 

„Er wird wieder kommen.“ Erklang eine weiche und schöne Stimme hinter ihr, während Emmanline vor den Toren des Schlosses wartete. Die tödlichen Wächter hatte sie schon längst ausgeblendet.

Sie gestand es sich ein, dass sie schon seit fünf Tagen, immer wieder gegen den Himmel starrte, nur um zu sehen, dass er zurück kam. Sie hatte sich auch ständig dabei ertappt, wie sie einen mentalen Kontakt mit ihm aufbauen wollte, aber er hatte nie darauf reagiert. Langsam befürchtete sie, etwas musste schreckliches geschehen sein, aber sie konnte das irgendwie nicht glauben. Ihm durfte nichts passiert sein.

Keine ruhige Minute konnte sie verbringen, ohne das ihre Gedanken zu ihm abschweiften. Er war nicht hier, aber in ihr war seine Präsenz so stark, wo sie nicht klar denken konnte. Diese Ungewissheit machte sie verrückt und das sollte beängstigend sein. Stets war es ihr schlicht weg egal gewesen, aber mit einem Schlag war sie wie ausgewechselt. Sie hatte sich verändert und sie fühlte sich schwermütig, als würde ein Teil von ihr fehlen. Ihr war es klar, das er dieser Teil war, was niemals hätte sein dürfen. Doch warum sehnte sie sich so sehr nach ihm?

„Ja, ich weiß.“ Wandte sie ihren Blick vom Himmel ab und drehte sich zu der weiblichen Stimme um. Vor ihr stand eine Frau, ungefähr ihre Größe, die unsagbar schön war und eine warme Ausstrahlung hatte. Es war eine seiner vielen Schwester von ihm, die eine sanfte Art hatte, im Gegensatz zu seinen anderen Geschwistern. Gut, Malatya gehörte du den Sanften unter ihnen, aber sonst waren alle aufbrausender und wüster.

Langsam stellte die Frau sich neben sie und blickte sie sanft an. „Lucien wird nicht so schnell aufgeben. Was auch immer da vor sich geht, sie alle werden zurück kommen. Zumal mein Bruder nur einen Grund braucht.“ Lächelte sie mit ihren funkelnden azurblauen Augen. „Du allein bist der Grund, warum mein Bruder zurückkehren würde.“

Einen kurzen Augenblick musterte Emmanline sie nur, bevor sie ihren Blick wieder gegen dem Himmel richtete. Sie konnte darauf nichts erwidern, weil es unmöglich war. Das Ausmaß all dessen konnte sie nicht erfassen. Erahnen konnte sie es, dass er wegen ihr zurück kommen würde. Ob es allein ihretwegen so wäre, darin hatte sie keine Gewissheit.

„Da wir noch keine Gelegenheit hatten miteinander zu reden, wollte ich mich bei dir bedanken. Mein Name ist Lya.“ Wechselte die Frau das Thema, weil sie zu spüren glaubte, sie würde nicht weiter darauf eingehen, was auch stimmte. „Seit so langer Zeit war es wieder das erste Mal gewesen, dass wir alle Geschwister zusammen in einem Raum gewesen waren, als unsere Mutter gestorben war. Es liegt schon solange zurück. Als damals unser Vater gestorben war, brach für uns alle eine große Welt zusammen. Ich weiß nicht, wie das geschehen konnte, aber ab diesen Zeitpunkt an, haben sich fast alle zurück gezogen und jeder mit sich selbst getrauert. Damals wusste ich nicht, wie ich den Abstand von uns allen mindern könnte. Meine ganze Kraft ist davon in Anspruch genommen worden. Wenn mein jetziger Gefährte und Mann nicht gewesen wäre, der immer für mich da war und mich nicht hätte beschützt, wäre ich vermutlich ausgebrannt.“ Erzählte sie ohne bedenken weiter, als auch sie ihren Blick zum Himmel richtete. „Ich fühle mich schlecht deswegen, weil ich vergessen hatte, weil wir alle zusammen gehören. Ich war nur auf einen Teil von ihnen beschränkt gewesen, dass ich so vieles übersehen hatte. Das hätte mir nicht passieren dürfen.“ Klang sie etwas verbittert und schuldbewusst.

„Du hättest niemals für alle da sein können.“ Hatte sie der Frau aufmerksam zugehört. „Du hattest eben selbst gemeint, wenn du deinen Gefährten nicht gehabt hättest, der dich beschützt und für dich da gewesen wäre, dann wärst du ausgebrannt. Du kannst nicht für alle da sein.“ Betonte Emmanline ihre letzten Worte und sie konnte nicht anders, als sie anzuschauen.

„Aber ich muss.“ Entgegnete sie ihr.

„Warum glaubst du das? Weil du eine Mütterliche bist, die dazu verpflichtet ist, für alle da zu sein? Oder weil du dazu gedrängt wirst, da es in deiner Natur liegt?“

„Ich bin dazu nicht verpflichtet. Es liegt in meiner Natur, weil ich nicht anders kann. Das ist meine Priorität und ich würde alles tun, die mir lieb und teuer sind.“ War die Drachin energisch und eisern. Sie konnte es in ihrem Blick erkennen, das selbst ihr Drache verbissen war. Sie würde für jeden durchs Feuer gehen, oder gar ihr eigenes Leben geben, nur um die zu retten, die ihr so sehr am Herzen lagen.

„Ich würde auch nichts anderes behaupten. Du hast dein bestes in diesem Augenblick getan, so gut, wie du es nur konntest. Ich bin der Meinung, in solchen Momenten sind auch die anderen daran beteiligt, für andere da zu sein. Nicht nur einer, der sich die größte Mühe gibt. Irgendwann ist die Energie aufgebraucht und das hat damals dein Gefährte erkannt. Er hatte dich davor bewahrt. Es reicht nur ein kleiner Beitrag.“

Auf dem Gesicht der Frau neben ihr, erschien ein Lächeln. „Wusste ich es doch.“

Emmanline wirkte verwirrt. Was wusste sie? Hatte sie eben etwas falsches gesagt?

„Lucien hatte wirklich Recht gehabt. Du hast eine Art an dir, das du einfach nicht anders kannst. Unbewusst hilfst du, auch wenn es dir widerstreben mag.“ Klang sie hell auf begeistert.

Etwas runzelte sie ihre Stirn, während sie darüber nachdachte. „Ich verstehe nicht, worauf du hinaus willst.“ War sie verwirrt.

„Gehst du mit mir ein Stück?“ Fragte sie stattdessen, als sie zum Hof hinwies.

Egal was diese Frau vor hatte, sie wusste nicht, ob es ihr gefallen würde. Aber sie entschloss es zu wagen. Langsam gingen sie die Treppe hinunter und liefen erst schweigend nebeneinander her.

Erst als sie ein gute Stück vom Schloss entfernt waren, fing sie an zu sprechen. „Ich weiß nicht, wie ich anfangen soll, aber es tut mir schrecklich leid, was du durch unser Volk alles erleiden musste.“

Emmanline blieb prompt stehen und ihre Gesichtszüge hatten sich zur einen grimmigen Grimasse verzogen. „Ich habe das Gefühl, dass es euch allen einen riesigen Spaß macht, mich ständig daran zu erinnern. Es reicht wenn ich hier bin.“ Konnte sie nicht anders, denn in ihr stieg eine Wut hoch. Wenn es allen so furchtbar leid taten, warum sprachen sie es bei ihr immer und immer wieder an?

„Bitte, entschuldige. So meinte ich das nicht. Es ist nur, du bist eine gute Seele und ich bedauere es schrecklich, was du durchmachen musstest. In mir kommt einfach meine fürsorgliche Seite hoch, dass ich dagegen nichts machen kann. So sind wir Mütterlichen eben. Wir können es nicht lassen anderen zu helfen. Ich mag vielleicht ein ruhigeres Äußeres haben, aber selbst in mir brodelt es manchmal und ich könnte denjenigen genauso die Köpfe abreißen.“ Gestand sie ehrlich und da erkannte Emmanline, trotz ihrer sanften und ruhigen Art, steckte selbst in ihr das tödliche Raubtier.

„Ich gehöre nicht zu deiner oder eurer Art.“ Schüttelte sie mit ihren Kopf.

„Das spielt keine Rolle, Emmanline. Lucien ist verrückt nach dir und er würde alles für dich tun. Allein das mein Bruder so aufgeblüht und vor Lebenslust ist, ist Grund genug für alle, dich zu beschützen. Niemand würde dich anrühren.“ Versicherte sie ihr.

Emmanline schüttelte mit ihrem Kopf. „Es mag vielleicht sein, dass mir niemand etwas antun würde, aber ich werde nur toleriert. Ich bin eine Gefahr für euch und das lässt sich nicht leugnen. Ich kann ungeachtet Informationen über euch sammeln. Ich muss noch nicht einmal was davon mitbekommen. Culebra ist gerissen und ich kenne ihn gut genug, dass er nicht eher ruhen wird, bis er das erreicht hat, was er will. Egal über wie viel Leichen er gehen würde. Es widerstrebt mir, aber eigentlich solltet ihr mich irgendwo einsperren oder einfach nur gehen lassen.“ Seufzte sie auf. „Ich habe mir in letzter Zeit einige Gedanken gemacht und ich gebe es ehrlich zu, dass es eine andere Seite in euch Drachen gibt. Hier beschützen sich alle gegenseitig und sind für einander da. Es hatte mir einige Zeit gekostet, damit ich das verstand. Ich habe wirklich versucht aus euch zu lernen und meine Einsicht ist erst dann gekommen, als ich sah, wie aufgeweckt, fröhlich und gelassen Malatya gewesen war, trotz das sie sehr unter sich gelitten hatte. Aus diesem Grund konnte ich nicht zulassen, dass etwas in ihrem Leben sie belastet.“ War sie nachdenklich geworden und ihr Blick hatte sich zu Boden gerichtet.

Leicht wurde sie von der Frau, neben ihr, am Arm berührt. „An dem Tag, wo wir uns alle in einem Raum befanden, ist etwas geschehen, womit wir nicht gerechnet hätten. Zum ersten Mal hat Malatya uns allen die Stirn geboten. Sie hatte all ihren Zorn und ihre Gefühle uns gegenüber freien Lauf gelassen. Dabei ist das nicht ihre Art, aber wir waren sehr froh darüber. Malatya hält sehr viel von dir und sie hat dich uns sogar vorgezogen, obwohl wir ihre Geschwister sind und sie durch ihr ganzes Leben begleitet haben. Sie hatte sehr darunter gelitten, das sie sich nie hatte verwandeln können. Wir waren dem Ausmaß nie richtig bewusst gewesen, weil wir nie in ihrer Lage gewesen waren. Wir hatten immer gedacht, solange wie wir ihr alles geben würde was sie brauchte, umso mehr könnten wir ihr den Schmerz daran lindern. Aber wir haben uns tierisch getäuscht. Es hatte die ganze Sache nur verschlimmert. Darum ist dies auch ein weiterer Grund, warum dir niemand etwas antun würde. Du hast hier einiges verändert.“

„Warum erzählst du mir das alles?“ Wollte sie wissen, denn irgendwas fand sie eigenartig. Ernst schaute sie in die Augen der Frau.

„Damit du weißt, was hier passiert. Du strahlst etwas aus, was ich nicht ganz deuten kann. Etwas reines und anziehendes. Selbst ich muss es zugeben, das ich das Verlangen habe dir Dinge anzuvertrauen, was für mich nicht üblich ist. Nicht Fremden gegenüber, aber bei dir ist es ganz anders. Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass du eine Elfe bist, aber letzten Endes ist es auch einfach die Neugierde.“ Sprach sie sanft und ging auf eine der schönen wohlduftenden blutroten Rosen zu, die sie sachte berührte, um sich auch einmal vorzubeugen, damit sie daran schnuppern konnte. „Ich will ehrlich sein, Emmanline. Ich habe das Gefühl, durch dich wird sich vieles entscheidendes verändern. Etwas unbekanntes, wo wir den Ausmaß nicht deuten können. Es muss nichts schlechtes sein, aber viele scheinen es auch zu spüren. Manche sind neugierig, misstrauisch oder auch ängstlich deswegen. Lucien vertraut dir und für viele scheint es auszureichen, dass du unter unser gleichen akzeptiert wirst. Es mag für dich nicht so rüber kommen, aber du solltest es wissen, Emmanline.“

Sie war sprachlos und sie versuchte gerade das alles zu verarbeiten, was sie ihr sagte. Wenn es wirklich stimmte, sie wäre zu so etwas fähig, dann veränderte sie sich wirklich. Sie hatte vermutlich ein Verdacht, warum sie eine Wirkung auf andere ausübte und genau diese Seite in ihr konnte sie nicht kontrollieren. Es steckte tief in ihr drinnen und sie wusste es daher, weil ihre Mutter genauso gewesen war. Sie hatte ihr vieles gelehrt und was für sie wichtig war. Vor allem, wenn es um ihre zweite Natur ging, denn dann war sie ganz anders. Trotz allem, musste sie ihr zweites Ich verbergen und so tun, als würde es sie nicht geben. Es viel ihr wirklich schwer und jetzt wo sie hörte, was sie unbewusst auf andere ausübte, dann war ihr klar, sie musste sich besser unter Kontrolle bringen. Anders ging es nicht und sie hatte es ihrer Mutter versprochen.

Sie konnte sie verstehen, weil sie es aus Sorge um ihre eigene Tochter getan hatte und weil sie wusste, welche gefährlichen Gefahren ihr drohten.

Es war frustrierend und sie fühlte sich nicht wohl dabei. Sie konnte niemand vertrauen, weil die Befürchtung ihres endlosen Dasein sie wirklich leiden lassen würde, was ohnehin schon so war. Manchmal wünschte sie sich auch, sie wäre niemals geboren worden, aber es war ein falscher Gedankengang, weil sie sich dadurch nur noch schlechter fühlte. Allein schon, weil ihre Mutter für sie alles getan hatte, was in ihrer Macht gestanden hatte. Sie konnte nicht undankbar sein und rachsüchtig an sich selbst denken.

Ihr Instinkt verbietet ihr zu schlafen und zu essen. Sie brauchte all das nicht, da sie alle Aufmerksamkeit brauchte. Würde sie das Wort Überleben nutzen, dann war es wohl eine falsche Definition bei ihr, wenn sie nicht sterben konnte. Egal was geschehen würde, nichts würde ihr den Tod schenken.

„Ich habe euch Drachen noch nie verstanden.“ Musste Emmanline sich wieder wachrufen, bevor sie von einer Woge von seelischen Schmerz eingeholt wurde. Das konnte und durfte sie sich nicht erlauben.

Plötzlich fing die Frau neben ihr herzhaft an zu lachen. „Ich denke, es ist am besten so, dass wir nicht verstanden werden.“

Beide gingen noch ein Stück, als die Drachin auf einmal wie erstarrt stehen blieb. Gerade wollte sie fragen, was mit ihr war, als sie den schockierenden Gesichtsausdruck sah. Angst, Schock und Schmerz zugleich spiegelten sich in ihren Augen wieder. Leicht fing ihr Körper an zu zittern und ein entsetzlicher schmerzhafter Klag kam ihr der Kehle empor.

„Nein. Nein. Nein.“ Hörte sie bitterliche Angst in ihrer Stimme und da verstand Emmanline, irgendwas schreckliches muss passiert sein. „Ian.“ Schluchzte sie einen Namen.

„Was ist passiert?“ Ging Emmanline auf die Frau zu.

Noch ein Schluchzen. „Ich muss zu ihm. Tut mir leid, Emmanline. Aber ich muss gehen. Mein Gefährte braucht mich. Oh, ihr heiligen Götter, nehmt ihn mir nicht.“ Trat sie einen Schritt zurück. Sofort sprühten regenbogenartige Funken um sie herum und da wusste sie Bescheid. Sie nahm die Gestalt ihres Drachen an und Emmanline brachte sich außer Reichweite. Die Zeit und ihr Herz schienen gleichzeitig stehen zu bleiben.

Sekunden später stand vor ihr ein hellblauer Drache mit unglaublich schönen Augen. Das Einzige was in diesen funkelnden Augen störte, war, dass sie voller Trauer und Schmerz waren. Dann drückte sie sich mit ihrem ganzen Gewicht vom Boden ab und schoss in die Luft. Blitzartig flog sie davon.

„So warte doch.“ Schrie sie hinterher und rannte ihr nach. Sie kam nur soweit, bis sich zwei Arme um sie schlangen. „Nein, lasst mich los.“ Wehrte sie sich mit Händen und Füßen. Ein Gefühl des Dranges stieg in großen Schritten in ihr auf, dass sie unbedingt folgen musste. Doch die Arme um sie waren wie Stahlfesseln, die sie nicht los schütteln konnte.

„Es ist verboten, dass Ihr das Terrain verlasst. Auf Befehl von Lucien“ Ertönte eine tiefe und brummige Stimme, die sie zuvor noch nie gehört hatte.

Sofort hörte sie sich auf zu wehren, als sie diese schaurige Stimme hinter sich wahr genommen hatte. Eine Gänsehaut befiel ihren ganzen Körper. Erst jetzt wagte sie einen Blick über ihre Schulter. Ein riesiger Mann mit kahlgeschorenen Haaren hielt sie fest. Er hatte breite Schultern, eisblaue Augen, war mit Sicherheit über zwei Meter groß.

Warum mussten alle Drachen immer eine anormale Körpergröße besitzen?

Sein ganzer Körper strotzte nur vor Muskeln und seine Präsenz strahlte Mordlust aus. Aber was ihr am meisten einen Schauer über den Rücken laufen ließ und was ihn noch gefährlicher aussehen ließ, war seine gekreuzte Narbe in seinem Gesicht. Sie verlief von beiden Seiten seiner Stirn und kreuzten sich über seiner Nasenwurzel und verliefen zu seinen Wangen. Diese Narbe musste er sich in einem schweren Kampf zugezogen haben, weil sie konnte sich nicht vorstellen, dass er so unvorsichtig gewesen war.

Trotz allem versuchte sie nicht auf seine blasse Narbe zu starren, die sich von seiner dunklen Hautfarbe deutlich abzeichnete. Sie hielt seinen tödlichen Blick krampfhaft fest. „Lass mich los, ich muss ihr folgen.“ Versuchte sie sich ab jetzt zu wehren, als sie sich aus ihrer Starre befreite. Ihr Blick wurde verbissener und ernster, denn dieser Drang der Drachin zu folgen, war so übermächtig, dass sie es mit allem aufnehmen würde.

„Ich kann Euch nicht gehen lassen.“ War er so höflich und förmlich. .

„Ich muss.“ Wurde sie immer hysterischer.

Sie konnte sehen, das er mit seiner Stirn runzelte und sie fragend anschaute. „Warum seid Ihr so aufgebracht und wollt ihr folgen?“ Stellte er ihr doch die Frage, obwohl sie es gewusst hatte.

„Ich weiß nicht warum. Ich weiß nur, das ich ihr folgen muss. Irgendwas stimmt da nicht. Sie war voller Schmerz und Leid.“ Wehrte sie sich immer mehr, aber er ließ sie einfach nicht los. „Bitte, bevor es zu spät ist.“ Konnte sie sich nicht erklären, warum sie das Gefühl hatte, das etwas schreckliches passieren würde, wenn sie ihr nicht folgte.

„Lass sie los, Segan.“ Erklang eine weitere Stimme und diese erkannte sie diesmal.

Aiden.

Sofort wurde sie los gelassen und sie drehte sich zu ihm um. „Aiden ich muss.“ Wurde ihre Stimme zu einem Flüstern.

„Was ist passiert, Emmanline?“ Kam er auf sie zu und berührte sie federleicht am Oberarm.

Ihr blieb die Luft weg, als sie sah, mit welchem feurigen Blick er sie anschaute. Jetzt kam ihr all das wieder im Sinn, was er einmal zu ihr gesagt hatte, wo er sie auf dem Zimmer bedrängt hatte. Wie er sie liebte und haben wollte. Irgendwie hatte sie es vergessen gehabt. Vielleicht lag es auch daran, da sie ihn seit dem nicht mehr gesehen hatte. Als wäre er ihr aus dem Weg gegangen.

„Ich weiß es nicht, aber ich weiß, dass ich ihr hinter muss. Bitte, Aiden. Ich muss.“ Wurde sie immer nervöser und blickte in die Richtung, wo die Drachin verschwunden war.

„Gut.“ Sagte er fest und drehte sich zu dem anderen Mann um. „Segan, gehe wieder auf deinem Posten zurück. Danke, du hast deine Arbeit erledigt. Ab jetzt übernehme ich.“ Sprach er zu ihm. Kurz blieb der Mann regungslos stehen, aber nickte und verschwand. „Lass uns gehen. Ich werde dich nicht alleine gehen lassen und begleite dich.“ Wandte er sich ihr wieder zu und nichts anderes ließ er zu, er begleitete sie.

Emmanline könnte es abstreiten, aber erstens, wusste sie, er würde sie nicht alleine gehen lassen. Lieber würde er sie fest halten. Und zweitens, hatte sie keine Zeit zu verlieren, also stimmte sie zu.

Blitzartig drehte sie sich um und rannte los, als wäre der Teufel hinter ihr her. Sie mochte nicht fliegen können, aber sie konnte auch schneller am Boden sein. Sicher sie könnte Aiden bitten, sie durch die Lüfte zu bringen, aber sie würde es niemals tun. Also rannte und rannte sie einfach in die Richtung.
 

Aiden war sprachlos, als Emmanline einfach von dannen zog. Er war perplex welches Tempo sie an den Tag legte. Als wäre der Teufel hinter ihr her.

Normalerweise war er ins Schloss zurück gekehrt, weil er was erledigen musste und hatte Charia darum gebeten. Er war gerade hier angekommen, als er Emmanlines zärtliche und sinnvolle Stimme gehört hatte. Nur war sie diesmal voller Panik gewesen. Also musste er dem Grund nachgehen und aus einem tiefen Grund bewegte in ihr etwas dazu, dass sie Lya hinterher musste.

Ja, er hatte die Drachin von dannen ziehen sehen, als wäre auch hinter ihr der Teufel her. Er hatte in der Luft Panik und Angst wahrgenommen und die ging eindeutig von Lya aus. Irgendwas war wirklich passiert und es musste was schreckliches sein. Das schien selbst Emmanline zu spüren.

Aiden musste heraus finden, was geschehen war und er verlor keine Zeit, weil Emmanline sich schon einen großen Vorsprung verschafft hatte. Er musste wirklich zugeben, sie hatte ein ordentliches Tempo drauf. Wie schaffte sie das nur, mit ihren dünnen kleinen Beinchen? Das hätte er ihr überhaupt nicht zu getraut. Er wusste, Elfen waren schnelle Waldläufer, aber so schnell? Wirklich faszinierend. Kein Wunder, warum er sie als etwas besonderes ansah. Alles an ihr.

Eigentlich wollte er ihr aus dem Weg gehen, weil er sich zu viel heraus genommen hatte. Es war ehrlich gemeint, als er ihr vor einigen Monaten seine Gefühle gestanden hatte. Doch sie sollte es eigentlich nicht wissen. Noch nicht, aber es war zu spät gewesen. Sicher hätte er ihr das irgendwann erzählt und gestanden, aber er fürchtete sich einfach vor ihrer Entscheidung. Zumal er das Gefühl hatte, dass sie ihn abweisen würde, aber er würde nicht so schnell aufgeben. Das konnte er nicht.

Aiden gab auch zu, das Eifersucht ihn gepackt hatte. Lucien hatte genauso Interesse an Emmanline und er scheint selbst hartnäckig zu sein. Es war hart zu sehen, wie er sich an ihr klemmte, obwohl Frauen für ihn nur ein Zweck und Mittel waren. Er war auch nie ein Unschuldslamm, aber er hatte stets den Frauen Respekt gegenüber gebracht. Das mochte Lucien vielleicht auch getan haben, aber er nahm sich das Maß heraus, jede Frau war nur einmal was wert. Niemals ein zweites Mal. Sollte Lucien das bei Emmanline tun, würde er ihn ohne mit der Wimper zu zucken an die Kehle gehen. Auch wenn es sein Tod bedeuten würde, denn er würde niemals zu lassen, wenn diese außergewöhnliche Frau respektlos und wie ein Spielzeug behandelte wurde. In ihrem Leben wurde sie genug herumgeschubst, gedemütigt und respektlos benutzt. Sie wurde nicht wie ein eigenständiges Wesen behandelt, das selbst sie Anrecht auf ein erfülltes und gutes Leben hatte. Diese zarte Frau war mehr als alles andere wert.

Es dauerte eine Weile, bis er sie eingeholte. Emmanline konnte locker mit seinem Tempo mithalten, wenn nicht sogar noch besser. Sie scheint an Kräften und Ausdauer zugenommen zu haben. Er erkannte es auch daran, wie sie aufblühte und noch nicht einmal außer Atem kam. Das schaffte nicht jeder, solch eine Glanzleistung hinter sich zu bringen.

Aiden wusste durch Charia, das die Lykae einen Krieg anzetteln und niemand verstand aus welchen Grund. Bis jetzt sind sie sich immer aus dem Weg gegangen. Ysera war die Einzige die er kannte, die einen Draht zu einem Lykae hatte. Auch wenn es auf einer außergewöhnlichen und umständlichen Situation heraus war. Doch ansonsten gab es überhaupt keinen Grund, warum sie sich auf dem Schlachtfeld gegenübertreten mussten.

Charia hatte seinen Bruder gefragt, ob er sie und ihre Leute in der Schlacht dabei haben wollten, aber Lucien hatte es sofort verneint. Seine ganze Körpersprache sagte deutlich aus, er wollte Culebra zwischen seinen Klauen haben. Aiden konnte es verstehen, denn es ging ihm da nicht anders. Er wollte diesen Bastard von Verräter seine scharfen Klauen in das Fleisch stoßen und mit seinen spitzen Reißzähnen die Kehle heraus reißen. Er würde es genießen, wie er um sein Leben betteln würde. Seine Schreie würde wie Musik in seinen Ohren sein. Wie sehr er es doch genießen würde.

Emmanline rannte in genau die richtige Richtung, als würde sich in ihr ein Kompass befinden. Er musste ihr überhaupt nicht den Weg zeigen. Wenn er dachte, er müsste ihr sagen wo sie lang laufen sollte, merkte er, es war absolut nicht nötig. Sie schien nach ihrem Instinkt zu gehen und der funktionierte hervorragend. Da machte sich auch wieder bemerkbar, in ihr steckte eine Elfe, denn Elfen waren mit der Natur seelisch verbunden. Man sagt, die Natur flüstere mit ihnen, aber niemand fand je heraus, ob dies stimmte. Wenn er Emmanline da so betrachtete, nahm er die Vermutung wirklich wahr. In ihr steckte auf einmal solch eine Lebenslust und eine Energie, die er an ihr nicht kannte. Es erfreute und erwärmte ihn, das in ihr so etwas steckte.

Nicht einmal Halt machte sie, während immer wieder Hindernisse vor ihr auftauchten. Entweder sprang sie über Hindernisse oder wich ihnen anders aus. Oder sie kletterte in die Höhe oder sprang in die Tiefe. Es schien ihr überhaupt nichts auszumachen. Ihre Bewegungen waren geschmeidig und elegant. Er könnte ihr ewig dabei zu sehen.

Aiden wagte es nicht, sie anzusprechen, so konzentriert war sie gewesen. Das einzige was er konnte, war, ihr zu folgen und heraus zu finden, was sie vorhatte. Er wusste, wo die Schlacht statt fand und sie kamen ihrem Ziel schneller näher, als gedacht. Der Geruch von Tod stieg in seine sensible Nase und eine Übelkeit breitete sich in seinem Magen aus. Das viele Blut, was vergossen wurde, lag schwer in der Luft. Zu viel Grausamkeit und Gewalt vermischten sich miteinander. Eine Kombination, die nichts weiter als Verderben brachte.
 

Emmanline wusste was sie erwarten würde, wenn sie den Ort erreichte, weil sie es kannte. Sie wusste, wenn der Tod um sie herum war. Sie konnte es spüren und je näher sie sich näherte, umso schlimmer wurde ihr Gefühl dabei. Übelkeit stieg in ihr auf und es kostete ihr große Mühe, sich nicht übergeben zu müssen. Hart musste sie es sich erlernen, gegen all die Gewalt und Furcht an zu kämpfte. Es war nie leicht gewesen.

Wie oft wäre sie gerne wieder umgekehrt und vor all dem geflüchtet, was auf sie zu kommen würde?

Leid, Kummer und Schmerz erdrückten sie und lasteten schwer auf ihrem Körper. Es war so schwer, was sie große Anstrengungen kostete ihren Atem unter Kontrolle zu behalten. All diese Gefühle stürmten auf sie ein, aber es machten ihre Schritte nicht minder langsamer. Es war wirklich erstaunlich, welche Leichtigkeit sie beim Laufen verspürte. Es war ein Teil von ihr, wie es die Natur auch war. Sie fühlte sich frei und voller Energie. Selbst damals, als sie vor dem Drachen geflüchtet war, wurde sie von einer unendlichen Freiheit und Energie durchflutet, dass sie zu Beginn nicht wusste, wohin damit. All das konnte sie jetzt bündeln und endlich das sein, was sie wirklich war.

Nicht wissend, wie lange sie schon gelaufen war, konnte sie verschiedene Gerüche wahrnehmen. Es waren so viele, dass sie nicht jedes einzelne benennen konnte, aber eines vernahm sie überall heraus. Blut. Überall verbreitete sich der Geruch von Blut. Metallisch, selbst sie konnte es mit ihrer weniger empfindlichen Nase aufnehmen. Es graute sie, was sie erwarten würde, aber sie kehrte nicht mehr um. Nein, würde sie nicht tun. Sicher, sie war nicht dazu verpflichtet und hatte jedes Recht auf dieser ganzen Welt, aber sie konnte nicht zurück. Es war ihr zuwider. Schließlich konnte sie es sich nicht mit ihrem eigenen Gewissen vereinbaren, wenn sie all das Leid und den Schmerz ignorierte. Immerhin hatte sie sich auch selbst geschworen, dass sie nicht mehr davon laufen würde. Nie wieder. Dieses Versprechen musste sie mit allen Mitteln behalten, auch wenn es ihr widerstrebte. Wahrscheinlich lag es einfach in ihrer eigenen Natur, dass sie nicht anders konnte, als zu helfen. Wie es selbst der Drache zu ihr gesagt hatte.

Aus dem Wald rennend, blieb sie am Rande stehen. Vor ihr erstreckte sich ein breiter Pfad, der von hohen Felswänden umgeben war. Sie blieb taumelnd und voller Entsetzen stehen. Emmanline hatte gewusst, was auf sie zu kam, aber es jetzt vor sich zu sehen, war schockierend und furchtbar zugleich. Kummer und Klage erfüllten die Luft. Schmerz und unendliche Wut verrieten die Gesichter von all den Beteiligten.

Vor ihr erstreckte sich ein notdürftiges Lager, wo verletzte behandelt wurden oder zum ausruhen. Normalerweise konnten sich die Unsterblichen selbst heilen, aber schwerwiegende brauchten ihre Zeit, welche manche nicht hatten.

Mit unvorsichtigen und kleinen Schritten ging sie weiter. Ihren Blick ließ sie umherschweifen. Sofort vielen Blicke von Wut, Missgunst und Vorsicht auf sie, aber sie schreckte nicht zurück. Sie suchte die Frau, die sie einfach hatte stehen lassen.

„Wer bist du?“ Wurde sie von tödlichen Kriegern umzingelt, die in ihr eine Bedrohung sahen. Sogar Schwertklingen waren auf sie gerichtet. Sie konnte verstehen, das sie sie so drohend und missachtend anschauten. Immerhin war sie in einem Lager voller Drachen eingedrungen, welche eine Zufluchtsstätte war.

„Rührt sie nicht an.“ Stellte sich ein Mann vor ihr. Sein Haar verriet ihn sofort. „Verflucht, was habt Ihr hier verloren?“ Drehte sich der Mann grimmig zu ihr herum. Er war einer der Zwillinge und er hatte sich mit ihr vor wenigen Tagen auf der Gartenbank unterhalten.

„Ich habe sie hierher gebracht, Cyrill.“ Antwortete Aiden für sie, als er aus dem Dickicht kam und sich neben sie stellte.

Der Mann vor ihr knurrte Aiden bedrohlich und wütend an. „Bist du noch bei Sinnen?“ Schrie er fast. „Lucien wird dir den Kopf abreißen, wenn er erfährt das sie hier ist.“

Erneut ging es wieder um ihn. Das ärgerte sie maßlos. „Hört auf damit. Alle beide.“ Funkelte sie beide Männer wütend an, die sie nun überrascht anschauten. „Ich bin nicht hierher gekommen, um mir anzusehen, wie ihr euch die Köpfe abreißt.“ Verschränkte sie provozierend ihre Arme vor der Brust. Sie konnte es einfach nicht fassen. Wie konnten sie in diesem Moment nur darüber streiten, was sie hier zu suchen hatte?

Aiden grummelte neben ihr. „Wo ist Lya?“ Wandte er sich zu dem Mann um. „Irgendwas ist passiert?“

Das Gesicht des Mannes verzog sich zu einem leidvollen und mitfühlenden Ausdruck. „Ian wurde schwer verwunden. Es sieht verdammt übel mit ihm aus.“ Erklang Schmerz und Wehmut in seiner Stimme.

„Verfluchte Scheiße.“ Knurrte Aiden.

Emmanline war geschockt und sofort stürmte sie an alle vorbei. Sie musste sie finden. Warum verspürte sie nur den großen Drang diese Frau zu finden? Sie konnte nichts tun. Ihr Gefährte, den sie so über alles liebte, war schwer verwundet. Diese Frau musste vor Schmerz und Kummer umkommen. Am Ende konnte sie ihr nicht helfen, aber sie musste zu ihr gelangen.

Keiner hielt sie auf und sie war wirklich dankbar dafür. Natürlich waren alle Blicke auf sie gerichtet, die dazu in der Lage waren. Hier waren so viele schwer verletzt und mit unzähligen Wunden, die ihre Körper verunstalteten. Selbst Frauen waren unter den Opfern und sie kam aus ihrem Entsetzen nicht mehr heraus. So viel Leid hing in der Luft und der Tod wandelte durch dieses Lager, welch ihr einen eisigen Schauer über den Rücken laufen ließ. Allein die Schmerzenslaute und das Weinen verschlimmerten die tödliche Atmosphäre.Wenn ihr niemand half, musste sie eben alleine suchen gehen. Sie hatte keine Zeit mehr zum warten.

Ihr Kopf schmerzte fürchterlich und sie fühlte sich schrecklich. Sie bekam kaum noch Luft. Was stimmte nur nicht mit ihr? So hatte sie sich noch nie gefühlt gehabt. Noch nie so elend schlecht. Dieses Bedürfnis all dem zu entgehen war riesengroß, aber sie konnte nicht gehen. Wie sehr sie es auch wollte, denn ihr Körper hatte einen eigenen Willen bekommen.

Mit einem Mal wurde sie am Oberarm gepackt und sie zuckte zusammen. „Hier entlang. Ich bringe Euch hin.“ Zog der Mann, der eine hohe Höflichkeitsfloskel an sich hatte, sie in eine andere Richtung. Je weiter sie in dieses Lager ging, umso mehr Zelte waren aufgestellt und desto schockierter war sie. Wenn sie daran dachte, was sie bis jetzt gesehen hatte, dann war sie auf dies nicht vorbereitet gewesen. Selbst Kinder waren von all dem betroffen.

„Oh mein Gott. Was ist hier geschehen?“ Kam es erstickt aus ihrem Mund, was zu einem Flüstern wurde.

„Sie haben auf ihrem Weg Dörfer zerstört und vor nichts halt gemacht.“ Beantwortete er wütend ihre Frage.

„Für all das waren die Lykae verantwortlich? Bei Kindern?“ Fing ihr Herz an zu bluten, denn nichts und niemand durfte Kinder anrühren, die unschuldig waren.

Er musste ihr nicht antworten, wenn sie sowieso schon die Antwort kannte, aber warum sollten die Lykae das tun? Dieses Volk war dafür bekannt, dass sie niemals Kinder angriffen. Sie waren wehrlos und hilflos. Aus diesem Grund verstand sie es nicht. Ihr tat das Herz weh, als sie das Weinen der Kinder hörte, wie sie vor Angst Schutz suchten, oder ihre Leiber zitterten. Sie mussten furchtbare Angst haben und wenn sie daran dachte, was sie alles gesehen haben mochten, dann drehte sich ihr den Magen dabei um. Die Erwachsenen taten alles um sie zu trösten und zu beruhigen.

Es kostete Emmanline große Mühe, ihren Blick vor der schrecklichen Wahrheit zu entreißen, was um ihr herum geschah. Sie waren stehen geblieben und jetzt wurde sie ihrem Umfeld erst wieder richtig bewusst, als sie eine Frau vor sich sitzen sah, die bitterliche, flehende und schmerzvolle Worte von sich gab. Die Tränen rollten regelrecht über ihre gerötete Wangen. Ein Mann lag vor ihr und er sah sehr schlimm aus. Überall Blut und seine Verletzungen schienen böse auszusehen. Der Mann neben ihr hatte nicht gelogen gehabt. Dieser Mann war übel zugerichtet worden und es schien ihm sehr schlecht zu gehen. Sie hatte das Gefühl, dieser Mann lag im sterben. Diese Frau wusste das ihr Gefährte dem Tode nahe war und für immer verlieren würde.

Emmanline riss sich von ihm los und ging die letzten Schritte zu dieser Frau hin, um sich ihr gegenüber hinzuhocken, der Mann zwischen ihnen.

Aufgelöst schauten sie zwei Azurblaue Augen mit dunkelblauen und leicht grünlichen Sprenkeln an. Eigentlich steckten in ihnen viel Wärme, aber diesmal waren sie gequält und voller Trauer. Sie konnte jede einzelne Gefühlsregung dieser Frau spüren und sehen.

„Was tust du hier, Emmanline? Du darfst nicht hier sein.“ Flüsterte sie schluchzend. Sie verstand sie kaum, was durch ihren starken Gefühlsausbruch kam.

„Ich bin dir gefolgt.“ Antwortete sie nebenbei, während sie den Mann vor sich begutachtete. Es sah wirklich nicht gut um ihn aus. Irgendwas musste sie doch unternehmen können. Aber was? Emmanline wusste, wenn dieser Mann starb, würde sich vieles entscheidend verändern. Sie alle würden nicht nur ihn verlieren, sondern sie ebenfalls. Sie hatte gehört, wenn der Gefährte oder die Gefährtin starb, so würde nach geraumer Zeit, auch derjenige oder diejenige in den Tod folgen. Sowie es bei der Mutter des Drachen gewesen war. Das Schlimme aber, sie beide hatten eine kleine Tochter. Wenn ihre Eltern starben, dann würde es ihr das Herz brechen. Das konnte sie nicht zulassen.

Ihr war bewusst, während die Frau die Hände auf seiner Brust liegen hatte, dass sie ihn damit, soweit es ihr möglich war, am Leben zu erhalten. Sie versuchte seinen letzten Funken Leben bei sich zu behalten und sie versuchte ihm Lebenskraft zu geben, aber es würde nichts nützen.

„Würdest du mir vertrauen?“ Schaute Emmanline erwartungsvoll zu ihr auf. In ihren Augen herrschten Ernsthaftigkeit und Ehrlichkeit mit.

Überrascht und verwirrt blickte sie sie an. Sie schien in Emmanline etwas zu sehen, dass sie zum nicken brachte. „Ja, das tue ich.“

„Halte ihn solange am Leben, wie du es kannst.“ Sagte sie und stand auf. „Ich bin sofort wieder zurück.“ Wandte sie sich um und rannte davon. Niemand sprach sie an oder hielt sie auf, was ihr recht war. Sie konnte es jetzt nicht gebrauchen, das sich ihr jemand in den Weg stellte. Sicher wurde sie verfolgt und im Auge behalten, aber sie ignorierte es. Später konnte sie sich darum kümmern, wie verärgert sie darüber war. Sie konnte ohnehin nicht abhauen.

Zum Wald zurück gekehrt, suchte sie sich einen ruhigen Platz, der ihr für einen Moment Gelassenheit und Zufriedenheit gab. Das brauchte sie jetzt. Sie hatte beschlossen, sich von ihren Instinkten leiten zu lassen. Je mehr sie darüber nachdachte, umso komplizierter wurde es und sie konnte dadurch nicht richtig denken eine Lösung zu finden. Was anderes konnte sie jetzt nicht machen, als sich einfach leiten zu lassen. Es war ein Versuch wert, aber sie hatte das ahnende Gefühl, sie könnte etwas bewegen. Ja, sie konnte es.

Vor einem Baum kniend legte sie ihre beiden Hände auf den dicken rauen Baumstamm, als sie zu der dichten Baumkrone hinauf schaute. Es war ein saftiges Grün der Blätter, die die Sonne zur Geltung brachte.

Fest konzentrierte sie sich auf diesen langjährigen Baum, als sie ihren Kopf nach vorne sinken ließ und ihre Stirn legte sich auf die raue Rinde des Stammes. Langsam und leicht schloss sie ihre Augen dabei, während sie ihr ganzes Sein öffnete.

„Bitte helft mir. Ich brauche eure Hilfe, ihr Götter der Natur.“ Flüsterte sie in Gedanken und sie hoffte, sie wurde erhört. „Ich weiß, ich darf nicht darum bitten, aber ich muss es tun. Ich brauche das Leben.“ Wartete sie auf eine Antwort.

Für einen Augenblick dachte sie, niemand würde sie erhören, bis ein Wispern ihr antwortete. „Du bittest uns darum, dass wir dir Leben schenken, damit du Leben geben kannst?“ War die Stimme hart.

„Ja, darum bitte ich. Ich muss helfen.“

Vor ihrem inneren Auge erschienen ihr kleine Wesen von reiner Energie. Ihre Gestalten waren durch ein schimmerndes gelbes Licht kaum zu erkennen. Sie machte sich keine Mühe, sie besser sehen zu können.

„Was willst du uns bieten, wenn wir dir die Hilfe geben?“ Wisperte eine männliche Stimme.

Emmanline wusste, dass es nicht einfach war, aber sie konnte nur etwas wieder geben. „Ich will heilen können. Ich spüre in mir, dass ich das kann, aber ich kann es nicht ohne einen Tausch tun. Die Energie kann ich geben.“

Jemand lachte und es schallte in ihrem Kopf wieder. „Für eine Elfe bist du sehr unwissend. Natürlich besitzt du die Gabe zu heilen. Jede Elfe kann dies.“

Bittere Galle stieg in ihr auf, als sie diesen Anspielung auf ihre Art hörte. Was konnte sie denn dafür, dass sie nie eine Chance bekommen hatte, sich Wissen dessen anzueignen?

„Schweig.“ Gebietet eine Stimme herrisch. „Ich kann aus deinen Gedanken entnehmen, dass du über deine Fähigkeiten und Gaben absolut keine Ahnung hast. Stimmt das Mädchen?“ Fragte sie, aber sie wartete auf keine Antwort, als sie einfach weiter sprach. „Ich sehe, die Drachen sind daran Schuld, aber dennoch willst du ihnen helfen? Sie haben es nicht verdient Hilfe zu bekommen. Nicht von dir. Aber dennoch sehe ich deine Entschlossenheit. Warum?“

„Ich kann nicht genau sagen warum. Tief in mir spüre ich, ich muss es tun. Wenn mir die Gabe zu heilen wirklich angeboren ist, dann habe ich sie zuvor noch nie angewendet.“

Ein längeres Schweigen machte sich breit. Eigentlich hatte sie die Zeit nicht dafür. Jemand brauchte sie.

„Ich verstehe.“ Erklang eine neue Stimme. „Du willst unsere Hilfe nur, weil du Angst hast nur zu nehmen. Wir Waldgeister profitieren schon seit Ewigkeiten von euch Elfen. Nur so können wir überleben. Ihr schenkt der Natur Leben und dies ist euch heilig. Durch die Kräfte der Heilung nehmt ihr die Energie aus der Natur und irgendetwas stirbt ab. Es mag so sein, aber ihr gibt immer wieder einen Übergang. Leben nehmen, bedeutet zugleich Leben geben.“

„Du hast schon bewiesen, dass du Leben geben kannst. Du brauchst unsere Erlaubnis nicht mehr, Elfe. Tue das, wofür du bestimmt und geboren wurdest.“ Verschwand die Stimme und die Gestalt von ihr.

„Eines Tages wirst du wissen, wofür du geboren wurdest. Du bist etwas besonderes. Denke stets daran.“ Verschwanden alle nacheinander. Sie wollte nicht darüber nachdenken, was sie damit meinten.

Mit einem Mal riss sie ihre Augen auf und stand ruckartig auf. Nur um sich blitzartig umzudrehen. Sie hörte, dass Stimmen auf sie einredeten, aber sie konnte ihnen nichts erzählen, was geschehen war.

Bei der Frau angekommen, schien sie aufgelöster und hoffnungsloser zu sein, als sie zuvor gewesen war. Ihr Gefährte war drauf und dran von ihr zu gehen, aber das konnte sie nicht zu lassen. Ihre Hände lagen noch immer auf seiner Brust, um ihn zu erdigen. Sie war überall mit dem Blut ihres Mannes beschmiert. Vor allem in ihrem Gesicht, weil sie mit ihren Fingern immer wieder versuchte ihre Tränen weg zu wischen, weil sie einfach nicht versiegen wollten.

Sachte legte Emmanline ihre Hände auf die der Frau, die so hilflos war. „Ich mache das.“ Sprach sie sanft und blickte sie mitfühlend an. „Ich werde ihm helfen.“

Ein Wimmern der Klage kam über die Lippen der Frau, als sie sie unter Tränen anstarrte. Es widerstrebte ihr, ihren Gefährten jemand anderes zu überlassen. Das sah sie in ihren Augen. „Wenn du es kannst, bitte helfe ihm. Ich darf ihn nicht verlieren.“ Schluchzte sie verbittert.

„Das wirst du nicht.“ Klang es wie ein Versprechen, was zuerst nicht beabsichtigt war.

Zögernd und gegen ihren Willen, zog sie die Hände von ihrem Mann weg, aber rührte sich keinen Zentimeter. Das war in Ordnung und verstand sie auch.

Langsam schloss sie ihre Augen und spürte. Sie spürte, als sie sich konzentrierte, wie ein scharfer Schmerz durch ihren Körper fuhr, aber sie zuckte nicht zurück, oder gab einen Laut von sich. Sie konnte es unterdrücken. Nur einmal holte sie Luft, während sie sich ganz aus ihrem Umfeld abschaltete. Sie ließ alles in Vergessenheit geraten und sie überließ ihren Sinn und Sein ihrem Instinkt.

Ohne darüber nachzudenken, fühlte sie, wie wohlige Wärme ihrem Körper hinauf wanderte, die sich zu ihren Armen hinauf führte, um in ihre Fingerspitzen zu fließen. Der Schmerz wurde mit jeder Sekunde weniger, was eine große Erleichterung für sie gewesen war.

Ohne zu wissen, was sie genau tat, ließ sie sich einfach leiten und es fühlte sich so gut an, richtig und einfach. Niemals hätte sie gedacht, dass so was in ihr steckte.

Sie öffnete ihre Augen und schwankte leicht. Sie wäre beinahe zur Seite gefallen, wenn sie niemand gestützt hätte. Irgendwie war sie nicht erschöpft, viel mehr verwirrt und benebelt. Sie fühlte sich eigenartig und irgendwie verändert. Erst als jemand schrie, kam sie langsam wieder zur Besinnung.

„Oh mein Gott, Ian.“ Schluchzte die Frau laut auf.

Für einen Moment setzte ihr Herz aus, weil sie dachte, sie konnte nichts tun, obwohl sie es versprochen hatte. Konzentrierend schaute sie vor sich hin, als sie das Spektakel mit ansah. Die Schwester des Drachen viel stürmisch um den Hals ihres Mannes. Ihres Gefährten, der sich gerade versuchte aufzusetzen, aber wurde durch seine Frau wieder zu Boden gerissen. Ein Stöhnen entfuhr ihm.

Doch es hatte...funktioniert. Hatte sie das bewirkt, dass der Mann jetzt seine Frau in die Arme nehmen konnte, um sie zu trösten? Ungläubig starrte sie auf die zwei. Erst nach mehren Malen, hörte sie, wie Stimmen auf sie einsprachen. Langsam wandte sie sich ihnen zu.

„Emmanline, geht es dir gut?“ Klang Aidens Stimme besorgt und forschte in ihrem Gesicht. „Was hast du getan?“

Emmanline schüttelte mit ihrem Kopf. Von außen konnte man meinen, sie wüsste es nicht. Dabei versuchte sie den Nebel aus ihrem Kopf zu vertreiben. „Ja alles gut.“ Murmelte sie.

„Sicher?“ Meldete sich eine weitere männliche Stimme.

Dauernd wurde sie untersucht und ihr Gesicht wurden mit sanften Fingern gestreichelt. Es frustrierte sie etwas und schob die Berührungen immer wieder fort. „Lasst das. Mir geht es gut.“ Grummelte sie etwas. Seit wann waren sie so darauf bedacht, sich um sie zu sorgen? „Was ist passiert?“ Fragte sie lieber, als all diese Fragen zu beantworten.

„Das weißt du nicht mehr?“ Beantwortete Aiden ihr die Frage. „Du bist zweimal an uns vorbei gestürmt, ohne auch nur zu reagieren. Kurz darauf hast du dich über Ian gekniet und hast...“ Stockte er und versuchte nach den richtigen Worten zu suchen. „Ich weiß nicht wie ich das erklären soll. Aber es sah so aus, als würdest du seine ganzen Verletzung in dich aufnehmen, als du deine Hände auf seine Brust gelegt hattest. Eine nach der anderen.“ Schien er verwirrt zu sein, als sie zu ihm aufschaute. Da bemerkte sie auch, wie unzählige Blicke auf sie gerichtet waren. Alle den gleichen Gesichtsausdruck, wie auf Aidens.

Das schien sie selbst zu verwirren, während sie zu ihren blutigen Handflächen hinunter schaute, die sie immer wieder öffnete und schloss. Hatte sie es wirklich geschafft?

Warme Hände legten sich auf ihre Wangen, als sie in wunderschöne und zärtliche Augen blickte. Die Schwester von dem Drachen blickte sie so dankend und liebenswürdig an, was es ihr den Atem raubte.

„Vielen Dank, Emmanline. Oh, wie kann ich dir nur danken?“ Rückte sie näher heran und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. „Du hast mir meinen Mann zurück gegeben.“ Schluchzte sie glücklich und riss Emmanline in ihre Arme.

Eindeutig, sie war sprachlos und entsetzt zugleich. Langsam wusste sie nicht mehr, was sie tun sollte. Alle waren auf einmal so freundlich und zuvorkommen. Irgendwas stimmte nicht. Es konnte doch nicht nur mit dem zusammen hängen, nur weil sie diesen Mann geheilt hatte. Oder?

„Schon in Ordnung.“ Murmelte sie, weil sie nicht wusste, wie sie eigentlich reagieren sollte. Es viel ihr schwer. Darum versuchte sie sich von ihr weg zu drücken, da sie sich unbehaglich fühlte. Sie wusste, diese Frau war warmherzig und gutmütig, die ihr kein Schaden zu fügen wollte, aber diese vielen Berührungen waren einfach zu viel für sie.

„Ich bin dir zu Dank verpflichtet.“ Meldete sich eine tiefe Stimme. Sie war freundlich und warmherzig, wie der Frau. „Ich stehe tief in deiner Schuld.“

Emmanline schaute in warme braune Augen, die sie sanft anblickten. Der Gefährte dieser Frau unterschied sich nicht von ihr selbst. Sie waren sich ähnlich und besaßen das gleiche Gemüt und sie passten perfekt zu einander. Es erstaunte sie und jetzt verstand sie auch, welche Verbindung zwischen ihnen stand. Allein wie sie sich jetzt ansahen, voller Zärtlichkeit und Verbundenheit. Zwischen ihnen bestand eine Anziehung, die weit über eine Bindung hinaus ging.

Irgendwie verspürte Emmanline einen Stich in ihrer Brust und ertappte sich dabei, wie sie dachte, sie würde so etwas besitzen. Solch eine Zärtlichkeit, Verbundenheit und Anziehung. Sie könnte sich jetzt etwas vormachen, wenn sie daran dachte, das könnte sie mit dem Mann und Drachen besitzen, aber es war nicht so. Dieser Mann und Drache zeigte ihr, welch Interesse er an ihr hegte. Er hatte es ihr mehrere Male klar und deutlich gemacht. Schon von Anfang an. Er behandelte sie nur so, weil er sie nur an einem Ort haben wollte. Sein Ziel war es, sie würde in seinem Bett landen und sobald er das geschaffte, würde sie nichts mehr von ihm sehen. Keine lodernde Leidenschaft in seinen Augen, keine nachdrücklichen Küsse auf ihren Lippen, keine zärtliche und warmen Umarmungen, keinen erdigen Geruch, der sie so beruhigte. All das würde sie nicht mehr bekommen, wenn er das bekam was er wollte. Nichts von all dem. Das versetzte ihr einen zusätzlichen Stich in der Brust und sie wusste einfach nicht woher diese schmerzhaften Gefühle kamen. Es war seine Schuld, dass sie jetzt so empfand. Aber sie war auch selbst daran Schuld, wenn sie sich hatte so was gefallen lassen. Es wurde langsam Zeit, dass sie sich gegen ihn wehrte, um sich selbst zu schützen. Wie konnte sie nur so leichtsinnig gewesen sein, sich gehen zu lassen? Das war nie ihre Art gewesen und dafür hasste sie sich. Dabei hatte sie doch gelernt, wie man sich gegen jederart von Gefühlen und Emotionen schützen konnte. Dafür musste sie nun büßen.
 

Was Lucien da von seinem Krieger hörte, ließ ihn schockieren und wüten zugleich. Das durfte doch nicht wahr sein, was er da gerade hörte. Diese Frau würde ihn noch in den Wahnsinn treiben, wenn sie nicht schon längst damit angefangen hätte.

„Bist du dir da sicher?“ Fragte er seinen Krieger noch einmal, der ihm eine fürchterliche Botschaft überbracht hatte, die sein Herz kurz zum stehen brachte.

„Ja, mein König.“ Bestätigte er seine Frage zum zehnten Mal, während sein gegenüber den Kopf gesenkt hatte. „Cyrill hat mich geschickt um die Botschaft zu überbringen. Ich habe sie auch gesehen.“

Ein bedrohliches Knurren kam tief aus seiner Kehle. Es machte ihn nur noch wütender. Verstand Emmanline denn nicht, wie gefährlich die Lage war? Sie standen in einem heran nahenden Krieg. Diesmal könnte es schlimmer werden, als je zu vor. Es war nicht das erste Mal, dass sie mit den Lykae im Krieg standen, aber das letzte Jahrhundert waren sie sich so gut es eben ging aus dem Weg gegangen. Darum verstand er einfach nicht, warum Garett Wisdom plötzlich einen Krieg anzettelte. Was war nur mit ihm los?

Lucien konnte sich vorstellen, das Wut und Zorn in ihm kochte, weil noch immer sein älterer Bruder Dyade im Kriegsgetümmel war, und er selbst nicht. Dabei war Dyade der rechtmäßige Lykaekönig und nicht Garett. Doch trotzdem musste Garett widerstrebend das Zepter schwingen, worauf er nie das Verlangen verspürt hatte. Er kannte die Brüder und war ihnen auch schon des öfteren begegnet. Es war nicht ihre Art, dass sie ohne Vorwarnung angriffen. Was also war der Grund dafür?

Aber was die Sache mit Emmanline betraf, akzeptierte er überhaupt nicht. Es war ein falscher Moment, aber er musste zu ihr gelangen, um den Grund zu erfahren, was sie hier verdammt noch mal zu suchen hatte. Im Lager zwischen Felsen, wo alle Zuflucht gesucht hatten. Vor ein paar Tagen war er dort gewesen und hatte sich der Lage bewusst gemacht, wie es da ausschaute. Ein schöner Anblick war es nicht gewesen, wie viele Verletzte es gab, was immer mehr wurde. Vor allem hatte ihm es nicht gefallen, als er Kinder vor Ort sah. Sie hatten dort nichts zu suchen, aber was sollte er tun? Schließlich mussten sie irgendwohin fliehen. Aus den Kriegsgebieten heraus. Normalerweise taten die Lykae Junge nichts, aber er wollte kein Risiko eingehen. Nicht, bevor er eine Erklärung von Garett bekam.

Viel wichtiger war es jetzt, dass er sich auf den Weg zum Lager machte. Er konnte nicht zulassen, dass seiner Seelengefährtin etwas passierte. Eifersucht brannte in ihm, wenn er nur daran dachte, wie andere Männer sie anfassten. Offen gab er es zu, er war von Eifersucht zerfressen. Er würde jeden töten, der sie auch nur schief anschaute. Darum sah er auch rot. Drachen konnten verflucht besitzergreifend sein und manche mögen damit nicht umgehen können, aber das war ihm gerade so was von egal. Das einzige was er jetzt wollte, war zu Emmanline zu kommen. Sie würde sich einiges anhören müssen und er würde toben und schreien, wenn sie sich ihm stur entgegen stellte, was er schon direkt vor sich sehen konnte.

Ja, diese Frau hatte sich verändert. Sie war noch immer wachsam und ruhig, aber in ihr steckte mehr Temperament, als man ihr zutrauen würde. Sie ließ sich nicht mehr so schnell was sagen und das fand er auch gut, was bedeutete, dass es ihm mehr Freude bereitete. Sie bot ihm mehr und mehr die Stirn, was zu Diskussionen und Streits führten. Er mochte es, wenn sie dies taten. Das zeigte wie lebendig diese Frau war und sich endlich im Leben wehrte. Darum gab er wahrscheinlich auch so viel nach, weil sie das Gefühl haben sollte, dass sie auf vieles Rechte besaß. Sicher, er könnte sie unterdrücken, aber das beabsichtigte er nicht. Er wollte sie lediglich aus der Reserve locken und sie sollte ihre eigene Stärke entwickeln.

Eine Elfe besaß eine Menge Fertigkeiten und sie waren zu gewissen Teilen Krieger. Vermuten konnte er, das in ihr selbst eine Kriegerin steckte. Vielleicht nicht ganz im Kampf, aber im Inneren schon. Es musste irgendwas mit ihrem anderen Wesen zu tun haben, was in ihr verborgen lag. Noch immer machte er sich Gedanken darüber was in ihr steckte. Langsam wurde er verrückt vor Neugierde. Je länger er darauf wartete, sie erzähle ihm etwas, umso wahnsinniger machte es ihn. Es war manchmal zum verzweifeln, aber er ließ sich nicht von seiner Ungeduld verleiten. Das würde bei dieser geheimnisvollen und sturen Frau nichts nützen. Würde er sie nur weiterhin unter Druck setzen, desto mehr würde sie sich zurück ziehen. Es reichte auch schon, dass sie seine schreckliche Tat verziehen hatte. Ein Wunder war es schon gewesen, dies hatte sie getan. Damit hätte er niemals gerechnet, weil er wusste, wie sehr ihr dieser Ort bedeutet hatte. Sie hatte so viel Leben und Farbe in ihrer kleinen Welt gebracht, welche er ihr mit einem feurigen Inferno zerstörte. Durch seine Wut hatte er sich leiten lassen, was er sich selbst noch nicht verzeihen konnte.

Emmanline mag es nicht merken, aber sie besaß mehr Herz und Seele wie manch anderer. Oft zog sie sich einfach nur zurück und als erstes kamen die anderen. Sie stellte sich niemals an erster Stelle, was ihn nachdenklich machte. Sie konnte eine Menge verlangen, wenn sie es wollte, denn immerhin hatte sie im Leben eine Menge nachzuholen. Ihre Rechte standen ganz oben auf seiner Liste. Ihr sollte es gut gehen und an nichts fehlen. Sie sollte alles bekommen, was sie sich wünschte. Nichts. Einfach nichts nahm sie an. Dabei hätte sie es verdient.

Lucien war lediglich mit fünf der besten Fährtenleser los gezogen, um ein paar Kundschaften einzusammeln. Er musste wissen, wo sich die Lykae aufhielten und nichts und niemand kannte sich besser in ihrem Territorium aus. Erfolgreicher wären sie in den Lüften gewesen, aber das hätte sie sofort verraten.

Er sandte einen kleinen mentalen Befehl an seine fünf Begleiter aus, sie sollen weiter machen und so viele Informationen sammeln, sofern sie es konnten, ohne entdeckt zu werden. Später dann berichten, sollte sich etwas ergeben. Sie waren seine besten Fährtenleser, weil niemand sie sah. Es gab Momente, wo selbst er schauen musste und genau das zeichnete sie aus.

Keine längere Sekunde zögerte er, um ins Lager zurück zu gelangen, wo er eine kleine Elfe maßregeln musste. Er würde ihr nicht weh tun oder mit Worten, aber er wollte ihr nur zu verstehen geben, welche Sorgen er sich um sie machte, wenn sie sich in Gefahr brachte. Es machte ihn wütend, weil sie unvorsichtig war und einfach das Schloss verlassen hatte.

Fünf Tage war es jetzt schon her, als er Emmanline hatte im Wald stehen lassen müssen. Widerstrebend und schweren Herzens musste er gehen, dabei sah sie atemberaubend aus, in diesem natürlichen Licht der Blumen. Trotz all der Düfte um ihn herum, war ihr Duft noch immer am stärksten gewesen, was ihn gebannt und eingenommen hatte. Jedes Mal aalte sein Drache sich darin, wie eine Katze in Minze. So niedrig, wie die Kratzviecher, wollte er nicht sinken, aber die Götter bewahre ihn, genau so verhielt er sich. Wie ein fickeriger Kater, der den Duft einer heißen Katze wahrgenommen hatte. Emmanline sprühte vor ungestilltes Verlangen, was sie nicht mitbekam, aber sein Drache umso mehr. Es brachte ihn oft um den Verstand sich so zurückhalten zu müssen, aber was opferte er nicht alles für diese Frau?

In kurzer Zeit, mit erhöhtem Tempo, kam er ins Lager an und hielt gleich Ausschau nach Emmanline. Er konnte sie riechen, sie war hier. Freudige Erwartung durchströmte ihn und er konnte es nicht fassen, wie glücklich er darüber war, sie wieder zu sehen. Ja, er war wütend auf sie, aber sein Herz machte Sprünge, wenn er sie nur zu Gesicht bekommen würde. Nie hätte er vermutet, dessen so befangen zu sein, das er voller Freude es kaum noch abwarten konnte. Mochte er seltsame Blicke ernten, es war ihm vollkommen egal. Er musste sie einfach nur sehen und sie in seine Arme reißen, nur um ihren Duft ganz einzuatmen und ihre Nähe und Wärme zu spüren. Allein sein Drache tobte in ihn auch und er wollte sie. Mann und Drache verzerrten sich nach dieser Frau.

Auch wenn er das halbe Lager durchsuchen musste, bis er sie endlich fand, blieb er abrupt stehen. Entsetzliche Wut packte ihn, als Emmanline vor einem Mann saß und ihn berührte. Ein Knurren der rasenden Eifersucht drang seiner Kehle hinauf. Er wollte töten und zerreißen. Am besten diesen Krieger, den er kannte und auch schätzte. Was tat sie da? Niemand, absolut niemand sollte sie berühren, außer ihn. Ihm gebührte das Recht ihre Streicheleinheiten und Berührungen zu bekommen. Niemand anderen, außer ihn.

Gerade wollte er auf sie zu stürmen, als er bemerkte wie sie sich versteift hatte und blitzartig aufgesprungen war. Sie war wie erstarrt, drehte sich zu ihm um und beide blickten sich einander an. Was er in ihrem Gesicht und Augen sah, ließ sein Herz und Atem stocken. Sehnsucht und Verlangen. Nur das konnte er in ihren Augen lesen.

Sie gehört mir.

Stürmte Lucien sofort auf Emmanline zu.



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