Drachenherz von Caellon ================================================================================ Kapitel 1: Vom Tode... ---------------------- Man nannte es das Tor ins Nichts, den Pfad zur anderen Seite oder auch, wenn man in besonders dramatischer Stimmung war, den Weltenschlund. Und ohne jeden Zweifel: Jeder dieser Namen war definitiv zutreffend. Mehrer Kilometer maß der gewaltige, völlig kreisrunde Krater der wie eine gewaltige Narbe das Land zierte. Eine wattige, undurchdringliche Schicht satter Wolken schirmte seinen Grund, wenn er den existierte, vor jedem unbedachtem Blick ab. So war es wohl nicht verwunderlich das die Legenden darüber, was dort sein mochte, wild wucherten wie Unkraut im Frühling. Aris war es gleich – warum auch nicht? Gleichgültig betrachtete er die dreizehn Stege die ins ewige Nichts führten, die zwölf Balken darüber von welchen seine treuen Kampfgefährten baumelten. Haltlos, gehängt, sterbend. Nicht zum ersten Mal fragte er sich, wie es hatte so weit kommen können. Waren sie dem Herrn nicht loyale Diener gewesen, hatten sie nicht des Königs Schlachten erfolgreich geschlagen? Ein unsanfter Stoß in den Rücken erinnerte ihn daran das auch er noch den letzten Weg vor sich hatte. Nur mühsam konnte er ein zorniges Knurren unterdrücken das ihm beinahe die Kehle zerris. Wie sehr er doch danach gierte zu zerreißen, zu töten, seinem rachsüchtigen Zorn freien Lauf zu lassen! „Die Schwingen ermüden nie. Seine Klauen sind tödlich, die Wut ewig.“ zitierte er aus einer seltsamen Laune heraus sein Credo, den Satz, mit dem er an der Spitze der herrschaftlichen Armee das halbe Land unterjocht hatte. Und im selben Augenblick wurde ihm klar, das er sich selbst die Antwort gegeben hatte: Diener und Herren hatten gleichermaßen die verborgene Wahrheit dieses Satzes erkannt. Nicht der König war der Drache. Er, Aris, war es. Der Zorn verschwand, ein Lachen entwich ihm, heiter, losgelöst, womöglich wahnsinnig. Mühelos riss er sich los, streifte die lästigen Bänder ab die ihn ohnehin eher symbolisch hatten fesseln sollen. Als ob er ihnen den Gefallen tun würde, sich einfach hinrichten zu lassen! Mit weit ausgreifenden, mächtigen Schritten rannte er los, sah den Steg näher kommen. Die Wachen blieben stehen, verwirrt ob seiner Tat. Sie wären bereit gewesen, hätte er fliehen wollen, doch nun wo er schienbar in den Tod rannte... Er legte all seine Kraft in den Sprung ohne zurück zu blicken, die Augen weit aufgerissen um kein Detail seiner letzten Momente zu verpassen. Ein Gefühl unendlicher Freiheit durchströmte ihn während er auf die Wolken zuraste, ohne die Andeutung festen Bodens unter sich. Egal waren nun die Soldaten, seine toten Freunde und auch der König konnte ihm gestohlen bleiben, wennsgleich es ihn amüsiert hätte, wäre es ihm vergönnt einen Blick in dessen verdutztes Gesicht zu werfen. Er durchschlug die Wolken wie ein Pfeil. Dunkelheit umfing ihn. Kapitel 2: ...und der Wiedergeburt ---------------------------------- Er erwachte mit dem wunderbaren Gefühl eine erhebliche Dauer entspannenden Schlafes hinter sich gebracht zu haben. Gähnend, eine wenig desorientiert richtete er sich auf, streckte seine schmerzenden Glieder, die verspannten Muskeln und verkanteten Knochen. Erst dann, als er wirklich die Augen öffnete, wurde ihm klar das seine Gestalt nicht mehr die seine wahr – jedenfalls nicht so, wie es sein sollte. Er war kaum größer als eine Katze – und als wäre das nicht seltsam genug, so steckte er auch im Leib eines kleinen, schwarzen Drachens. Blinzelt blickte er über die Schultern, starrte erst sein elegantes Flügelpaar mit den scharfen Kanten an, dann die brüchigen, feucht glänzenden Eierschalen hinter ihm. Stunden später – nach einigen recht interessanten Augenblicken, die er damit verbracht hatte, dass Gehen mit vier Beinen zu erlernen, trottete er durch die Gebirgslandschaft welche ihn umgab. Über ihm trohnte ein klarer, blauer Himmel über den quälend langsam eine gleißende Sonne zog. Dennoch störte ihn die Mittagshitze nicht, wennsgleich er sie in seinem... früheren Leben stehts gemieden hatte. Mit seiner schmalen Reptilienzunge leckte er sich über die Lefzen, ließ die Gedanken kreisen. Leise raschelnd entfaltete er die ledrigen Schwingen auf seinem Rücken, deren Spannweite seine Länge, selbst wenn man den dürren Peitschenschwanz und den langen Schlangenhals mitrechnete, doch um einiges überragte. Wahrlich ein imposanter Anblick, wenn er nicht ärgerlicherweise Katzengröße hätte... Die wenigen, eher prüfenden Flügelschläge brachten jedoch nichts viel anderes als ein wenig Staub und trockene Erde aufzuwirbeln. Kritisch beäugte er eine Mücke die ob des Windstoßes ins Trudeln geriet und zwischen zwei Felsen verschwand. Nur mit Mühe konnte er ein Niesen unterdrücken als die erdige Wolke in zur Gänze einhüllte und ihm die Sicht nahm bis er schließlich einen Satz nach vorn machte. Und auch wenn er noch weit davon entfernt war, vom Boden abzuheben... immerhin bildete er sich ein zumindest ein paar Handbreit Gleitflug hinbekommen zu haben. Unter stetigem, schnurrenden Summen setzte er seinen Weg fort, unbeirrt von der Monotonie um sich herum. Natürlich beschäftigte sich ein Teil seines Geistes mit der Frage was um alles in der Welt geschehen war – er erinnerte sich allzugut an die Hinrichtung, den selbstgewählten Fall ins Nichts... Doch war es unerklärlich wie er hier gelandet war, auch wenn er eindeutig froh war sein weiteres Dasein nicht als feuchter Fleck auf dem felsigen Grund des Weltentors fristen zu müssen. Und kaum hatte er den Gedanken beendet, erstarrte er. War dies die Lösung? Hatte er das Tor durchschritten... war es überhaupt ein Tor? Er blickte in den wolkenlosen Himmel, schnupperte die Luft, die voller unbekannter Aromen war, kostete die Welt um sich herum die ihm vertraut und fremd zugleich erschien. Ja, wurde ihm klar. Er war frei. Kapitel 3: Von Freunden... -------------------------- Aris wurde klar, das er Rehe mochte. Es waren schöne Tiere, gar nicht mal so unelegant, waren sie doch schnell und trittsicher – und von erhabender Macht wenn sie es schafften zu stolzen Hirschen heranzureifen. Vor allem jedoch, das stand außer Frage, waren sie verdammt lecker. Und so biss er erneut in das unschuldige Wesen das er mit grollendem Magen und scharfen Klauen niedergerungen hatte. Es kostete ihn überraschend wenig Überwindung die Fänge in das rohe, blutige Fleisch zu schlagen, kam ihm das ganze doch wie ein Festmahl vor. Ob es daran lag, das er nach drei Tagen ruheloser Wanderung praktisch am Verhungern gewesen war? Mühsam schluckte er, bereute ein wenig die gierigen und viel zu großen Bissen und erstarrte dann als er das Scharren von Klauen auf trockenem Felsgestein vernahm. Kampfbereit wirbelte er herum, bereit seine Haut teuer zu verkaufen. Die Flügel hatte er halb angelegt, halb jedoch auch in einer unbewussten Drohgebärde dem Gegner zugewandt. Unruhig peitschte der lange Schweif über den Boden und die gelben Katzenaugen waren zu zornigen Schlitzen verengt. Erneut raschelte und schabte es... Und dann schritt mit ganz eigenen Stolz eine kleine Eidechse auf ihn zu, klein genug, einem einzigen Bissen zum Opfer zu fallen. Dennoch brachte er es nicht über sich das kleine Wesen entzwei zu teilen. Er selbst war von einer höheren Gewalt unfair gerichtet worden und sah deshalb keinen Grund sein Schicksal weiter zu reichen. So wandte er sich still wieder seiner fleischigen Beute zu, wich dabei jedoch gerade so weit zur Seite das auch die neue, schuppige Unbekannte in seinem neuen Reptilienleben genug Platz haben würde sich an dem Kadaver zu laben. Als elf weitere der vierbeinigen Echsen herbeikrabbelten um sich ihrem mutigen Gefährten anzuschließen war er längst nicht mehr in der Lage sich zu wundern. Schließlich hatte die Späheidechse eindeutig das selbe, verkniffene Anlitz wie sein ehemaliger höchst gehängter Stellvertreter. Und wenn er ein Drache geworden war... Als die Sonne sich zum vierten Mal seit dem Beginn seiner Reise über das Land senkte und einen blutigen Himmel zurückließ trottete er erneut den einfachen Gebirgspfad entlang – nicht länger alleine. Mal liefen sie vor ihm, mal neben ihn, zumeist umgaben ihn die Eidechsen jedoch in chaotischer, ungeordneter Formation die jeden anständigen Befehlshaber die Tränen in die Augen getrieben hätte. Aris allerdings lächelte. Schon im Leben war es ihm so am liebsten gewesen... weshalb also, sollte es jetzt anders sein? Kapitel 4: ...und Feinden ------------------------- Mit einem Knurren hechtete der schwarze Drache hinter einen Felsen, kam schlitternd zum Stehen während er sich zugleich tiefer duckte. Eine zornige Flammengarbe wallte über ihn hinweg, versengte seinen Rücken ohne ihm wirklichen Schaden zuzufügen. Dennoch war es nicht gerade angenehm. Sein Blick huschte zur Seite, zu einem weiteren steinernen Brocken der vielleicht ein dutzend Meter entfernt sein mochte, dorthin wo sich seine eidechsenförmigen Kampfgefährten verkrochen hatten. Einst mochte er drauf bestanden haben, dass sie nie weiter als einen Schritt hinter ihm in den Kampf stürmten... doch dies hier war etwas anderes. Er war schon winzig und sie reichten ihm kaum bis zum Knie! Eher würde er erneut sterben (oder was auch immer passiert war) ehe er seine alten Freunde ein zweites mal in den Tod schickte. Vorsichtig lugte er hinter seiner Deckung hervor, zu der boshaften Feuerschlange die sich dort mit ihrem rubinglänzenden Leib inmitten des Weges – einer schmalen Schlucht – postiert hatte. Er wusste nicht, wie er ihren Zorn geweckt oder was sie dazu gebracht hatte ihn anzugreifen. Hunger war es nicht, denn trotz der kreativen Versuche ihn um umzubringen hatte sie keinerlei Anstrengungen unternommen ihn schlangentypisch und höchstlebendig einfach herunterzuwürgen. Erneut duckte er sich unter einem Feuerstoß hinweg, sich nur allzu bewusst, dass er sich nicht ewig verstecken konnte. Dennoch, eine Flucht war keine Option. Alles in ihm drängte danach die Schlucht zu passieren. Und sie war leider im Weg. Kaum dass die zornigen Flammen versiegt waren hechtete er hinter dem Felsen hervor, wurde zu einem hakenschlagenden Schemen, zu schnell als das der überlange Feind ihm hätte Folgen können. Schlitternd entkam er einem weiteren Angriff, deutlich knapper als zuvor und ganz und gar ohne sich in Deckung zu werfen. Triumphierend grollte der kleine Drache als er erkannte, das die Schlange bei jedem dieser Angriffe von ihrem eigenen, tödlichen Atem geblendet die Augen schloss. Und als die nächste, grelle Attacke ihn erreichte war er bereit. Es war ein Sprung, der jede Katze hätte vor Neid erbleichen lassen - nicht zuletzt weil seine weit ausgebreiten Schwingen seinen Flug doch deutlich verlängerten. Die Klauen an seinen vier Beinen bohrten sich blutigst durch die überraschend dünne Rubinschuppenhaut, seine Kiefer schlossen sich knackend um die Schlangenkehle während sich sein langer dünner Schweif um den ungleich vulominöseren Leib des Gegners wickelte um ihn zusätzlichen Halt zu geben. Er hätte nicht sagen können wie lange es dauerte, wie viel des heißen Blutes in seinen Rachen floss und schmerzhaft seine Kehle hinabrann um ihn mit dem Schlangenfeuer zu erfüllen. Er zählte die Schläge nicht die ihm von Felsen und dem staubigen Boden versetzt wurden während sich die Bestie im Überlebenskampf umherwarf. Irgendwann ließ der Schmerz nach und ihm wurde klar, das er den umso größeren Feind besiegt hatte. Träge öffnete er die Augen und starrte seiner Echsenarmee entgegen, die in Reih und Glied vor ihm Aufstellung genommen hatten, ihn irgendwie ehrerbietig musterte. Seltsam. Er war sich sicher, das sie in ihrem früheren Leben nie so respektvoll gewesen waren. Und seit wann konnten sie überhaupt anständig Aufstellung nehmen? Doch noch immer loderte das Feuer in seinem Magen und so entschloss er sich, erst einmal bewusstlos zu werden. Kapitel 5: Die Gunst der Freiheit... ------------------------------------ Es war ein schöner Morgen. Der Himmel war strahlend blau, eine erfrischende Brise vertrieb jedes Hitzegefühl. Wattige, lockere Wolken zogen am Himmel wie ein Haufen leckerer Schafe daher, ließ sachtes Magengrummeln in Aris aufkommen. Sich faul streckend und räkeltend erhob er sich von seinem höchst improvisierten Schlafplatz – einem Stein der zumindest ein bisschen gemütlich ausgesehen hatte – und schlenderte zu dem, was seine Echsenfreunde von der törichten Schlange übrig gelassen hatte. Nun wo sie Tod und gründlich benagt worden war, hatte sie einen gutteil ihres Schreckens eingebüßt, dafür deutliche Sympathien als Futterquelle gewonnen. Hätte seine Mimik es zugelassen hätte er gegrinst während er in das kalte aber schmackhafte Fleisch biss, gierig wie eh und je sich keine Zeit zum Kauen nahm. Noch immer steckte das feurige Blut in ihm, wärmte ihn ebenso wie der gerechte Stolz über seinen Sieg. In ihm ruhte die sichere Gewissheit nun ebenso über einen feurigen Atem zu verfügen wie das erledigte Untier, ein Gedanke, der ihm durchaus gefiel, insbesondere wenn er erneut auf solch einen Gegner treffen sollte. Doch so verlockend es war, noch eine Weile neben dem Festmahl zu lagern – eine innere Rastlosigkeit trieb Aeris weiter, zwang ihn, seinen Weg durch die Schlucht fortzusetzen. Er wusste nicht, weshalb er weiterging, doch stehen zu bleiben wäre ebenso undenkbar gewesen wie das Atmen einzustellen – einfach unmöglich. Er wusste nicht, wie lange er brauchte bis er die schmale Schlucht hinter sich gebracht hatte. Womöglich Stunden, wahrscheinlich den halben Tag... im Grunde war es ihm egal. Alles was zählte war das Vorrankommen, dass er das Ziel erreichte dagegen eine Selbstverständlichkeit. Doch als er es endlich geschafft hatte, jagte ein kalter Schauer über seinen Rücken, ließ ihn für einen Augenblick das Schlangenfeuer vergessen. Vor ihm tat sich ein fast endloser Krater auf, der ganz und gar von Wolken ausgefüllt wurde. Nur ein Narr hätte verkannt, das es ein perfektes Gegenstück zu jenem war in den er sich in Menschengestalt gestürzt hatte um seinen Henkern die Genugtuung des henkens zu nehmen. Verdammt. Vorsichtig, mit tapsigen Schritten die ebenso unsicher waren wie die ersten nach dem unverhofften Erwachen neben der Eierschale trat er an die Felskante heran, blickte zitternd in die Tiefe. Damals hatte er nicht nachgedacht, hatte seinem Inneren Drang einfach nachgegeben... Jetzt erfüllte ihn nichts als Furcht. Seine Zunge fuhr nervös über die Lefzen, der dünne Schweif huschte unruhig über die Erde. Doch als er einen Blick über die Schulter warf, hilfesuchend die zwölf Eidechsen ansah... Er gewahrte nichts als eine stumme Aufforderung. Verständnis, Wärme aber auch den klaren Auftrag über seinen Schatten zu springen – und in die Tiefe. Aeris kam nicht umhin zu schlucken... doch er hatte nicht so viele Schlachten geschlagen weil er ein Feigling war. Und ein Hasenherz wäre schließlich niemals in den Abgrund gesprungen, ehe er überhaupt Flügel hatte! So wich er einige Schritte zurück, jedoch aus keinem anderen Grund als dem, erneut Anlauf zu nehmen. Der Sprung war ein Alptraum und er war sich sicher das sein geplatztes Herz auf der Klippe zurückblieb. Sein Magen dehnte sich aus und schlug Purzelbäume während er in die Tiefe stürzte. Und dann, endlich, öffneten sich seine Schwingen, fingen die Luft auf wie mächtige, windgeblähte Segel. Sein Fall wurde zu seinem Gleiten und nach dem ersten, kraftvollen Flügelschlag zu einem Flug. Die Augen des jungen Drachens wurden größer während er die Luft wie ein scharfes Schwert durchschnitt, das Leben am Boden zu einer unliebsamen Erinnerung wurde. Jeder Augenblick ließ ihn sicherer, kraftvoller werden, mit jeder Sekunde schmeckte die Freiheit süßer auf seinem Lippen. Mäjestätisch zog er seine Kreise im Rund des Kraters, labte sich an der Weite des Himmels ehe er mit einem Gefühl des Bedauerns zur Klippe zurückkehrte. Im selben Moment als seine Klauen wieder den staubigen Boden berührten, wurde ihm klar das er nicht mehr der war, als der er gestartet war. Zwölf Krieger, angetan mit Schwert und Rüstung warteten dort auf ihn. Melancholie und Ernst lagen in ihren Gesichtern die von den Jahren des Krieges hart geworden waren – aber auch ehrliche, treue Freundschaft. Erst nach einer Weile wurde ihm klar, das er auf sie herabsehen konnte, doch noch immer ein Drache war, wennsgleich jetzt als hausgroßer, stolzer Gigant. Es war sein Stellvertreter, sein bester Freund der sich aus der schweigenden Reihe löste, auf ihn zutrat. Eine ihm so winzige erscheinende Hand legte sich auf seine Klaue als sich ihre Blicke trafen – beim Menschen das Braun der Erde, während der Drache das Gold der Sonne sein eigen nannte – ehe die kleinere Gestalt wortlos an ihm vorbeitrat, in den Abgrund blickte. „Wir sind unseren Weg gegangen. Aber du... bist noch am Leben.“ stellte er fest, ehe er sich mit einem Nicken verabschiedete, den Weg zurückging den sie in den letzten Tagen so beschwerlich zurückgelegt hatten. Einer nach dem anderen folgte ihm, nicht ohne eine aufmunternde Berührung, einen warmen Blick der von Abschied und Frieden gleichermaßen kündete. Lange sah er ihnen noch nach, selbst dann als sie schon längst aus seinem Blickfeld verschwunden waren. Erst dann drehte er sich mit für seine Größe überraschender Eleganz auf der Stelle, starrte in den Himmel hinauf. Er durfte nicht sterben, erkannte er jetzt. Er hatte für den falschen gekämpft, war der Diener eines schlechten Herren gewesen. Er stürzte sich mit weit gespreizten Schwingen in die Tiefe, wohlwissend, das er noch eine Aufgabe zu erledigen und einen langen, blutigen Fehler zu bereinigen hatte. Kapitel 6: ...und die Bürde des Herrschers. ------------------------------------------- Kalter Wind riss an seinem Haar, seiner Kleidung, trieb ihm die Tränen in die Augen während er durch die Wolkendecke in die Tiefe stürzte. Wie viel Zeit war vergangen? Sekunden? Tage? Er wusste es nicht. Doch ihm war klar das er zurück an jenem Ort seines Falls war und jener wohl noch nicht beendet. Mit einem Schrei breitete er die Arme aus, schloss die Augen gegen die Welt um ihn herum... Doch da war keine Furcht mehr in ihm. Es kostete ihn keinen Gedanken seine Hülle abzuschütteln, die Gestalt des Drachen anzunehmen... den Leib, den er sich verdient hatte. Mühelos fingen die gewaltigen Schwingen seinen Sturz ab, ließen ihn durch die wattige Endlosigkeit gleiten ehe ihn kraftvolle Flügelschläge emporhoben, seinen Ziel entgegen. Erneut durchbrach er die Wolkendecke und wieder tat er es einem Pfeil gleich – doch nun ungleich mächtiger, beeindruckender und vor allem angefüllt mit rechtschaffendem Zorn. Noch immer pendelten zwölf Leichen, zwölf Gefährten im Wind und der Mann, welchen er blind König genannt hatte, starrte fassungslos seinem Fall nach um jetzt panisch vor seinem Aufstieg zurückzuweichen. Das Feuer der Schlange wallte in seiner Brust, seiner Kehle, gierte danach, hervorzubrechen. Es wurde Zeit, Platz auf dem Thron zu schaffen. Platz, für einen besseren Herrscher. Platz für einen König, der wusste, dass es seine Aufgabe und sein Privileg war dem Volk zu dienen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)