Okiya von yubae (Delinquent trifft Maiko) ================================================================================ Kapitel 3: "Das erste Mal im Karaoke" ------------------------------------- Den Rest des Schultages tauchte Jiro nicht mehr auf. Alle Sachen hatte er einfach bei Sora gelassen und war in die Stadt gefahren. Nach einiger Zeit zückte er sein Handy und schrieb Sora eine E-Mail: »Ich wart' in Gion auf dich. Kannste mir meine Sachen mitbringen?« Er fühlte sich nicht gerade wohl, so wie es jetzt war. Noch Schlimmer war es nur, weil Sora es auch noch mitbekommen hatte. Dabei hatte er solchen Respekt vor Maikos und Geikos... wie war es nur dazu gekommen, dass er nun eine belästigt hatte? Er verstand es einfach nicht. Als Sora die Mail bekam, verdrehte er erst einmal die Augen, nahm dann aber die Sachen des Älteren mit und brachte sie nach der Schule auch nach Gion, wo Jiro bereits ungeduldig wartete. „Danke, Kumochan...“, sagte er lächelnd, während er die Tasche entgegen nahm. Sora verbeugte sich etwas, senkte dann aber den Blick. „Welche Okiya war's?“, fragte der Ältere nach, was ihn nun doch etwas verwirrte. „Ich will mich entschuldigen. Ich bin nich' so. Ich mach sowas nich'“, erklärte sich Jiro weiter, sah Sora ernst an. Er war entschlossen sich bei dem Mädchen zu entschuldigen. „Ich...“ Sora sah ihn an, spürte wie sein Herz anfing zu klopfen. Natürlich war es seine Okiya... doch er wusste nicht, ob er das einfach tun konnte. Wenn Okaasan herauskam und ihn ansprach...? Aber es blieb ihm nichts anderes übrig. Er nickte etwas, führte ihn die Straße entlang. „Hier war es...“ Jiro folgte ihm, blieb dann vor der Okiya stehen und sah daran nach oben. Tief atmete er durch, ehe er sich wieder an den Kleineren wandte. „Du kannst... schon weitergehen... es wär' mir sonst echt peinlich“, meinte er leise. Sora nickte etwas und lächelte, verbeugte sich leicht. „Bis morgen...“, antwortete er und bog in die nächste Gasse ab, um dort zu warten bis Jiro gegangen war. Dieser stand nun vor der Tür der Okiya, atmete tief durch, ehe er die Tür aufschob. Ein Klingeln war aus den Hinterräumen zu hören. „Ojamashimasu*“, rief er durch den Flur. Kurz darum kam eine kleine, alte Frau auf ihn zu. Sie trug ihre Haare traditionell hochgebunden und war in einen Kimono gekleidet. Überrascht sah sie auf den jungen Mann vor sich. Solchen Besuch gab es nur selten. „Ja bitte?“ Sie betrachtete ihn von oben bis unten und fragte sich ernsthaft, was er hier wollte. Abgesehen davon, dass diese Gegend überhaupt nicht zu ihm zu passen schien, war ihr so jemand noch nie begegnet. Hier gingen ausschließlich Leute ein und aus, die entweder mit dem Geiko-Gewerbe zu tun hatten, oder über einen dicken Geldbeutel verfügten. Doch ihr Blick blieb an dem Wappen der Schulkleidung hängen. Dieses Wappen... war das nicht Soras Schule? Jiro sah die Frau an, dann an sich herunter. Seine Jacke war offen, sein Hemd schräg geknöpft und einige Flecken darauf. Seine Schuhe waren runtergetreten und schmutzig. Trotz seines „Standes“ wirkte er nun wirklich schäbig... Er spürte den Blick der Frau überdeutlich, schluckte schwer. Doch er überwand sich, erhob seine Stimme. „Guten Abend“, begann er unsicher. „Gestern... wurde hier... eine Maiko belästigt. Ich... ich würde gerne mit ihr reden. Ich war einer der Jungen und möchte mich dafür entschuldigen“ Er bemühte sich ausnahmsweise wirklich ordentlich zu sprechen, verbeugte sich tief vor der Frau. Diese hörte ihm zu, hob dann leicht die Brauen. So war das also... er hatte gestern zusammen mit anderen Mameha belästigt. Doch sie rechnete es ihm hoch an, dass er hier her gekommen war, um sich persönlich zu entschuldigen. Anstand musste er also doch irgendwie haben. „Nun... ich schätze es sehr, wenn so junge Leute wie du genug Rückgrat besitzen, und sich Fehler eingestehen. Und noch mehr schätze ich es, wenn man sich für eben diese Fehler entschuldigt. Mameha war sehr verängstigt gestern. Ich werde es ihr ausrichten. Vielen Dank für dein Kommen“, sagte sie mit überraschend sanfter Stimme. Jiro hatte eher mit Wut gerechnet. Er verbeugte sich erneut. „Es tut mir wirklich sehr leid“, wiederholte er. „Ich werde... ihr nie wieder zu nahe kommen. Das verspreche ich. Und... ich werde auch den anderen sagen, dass sie sich zurückhalten sollen.“ „Ich danke dir. Du bist kein schlechter Mensch. Vielleicht brauchst du nur einen anderen Umgang“, erwiderte sie und blickte ihn an, verbeugte sich ebenfalls noch einmal, als er sich abwandte und das Gebäude verließ. Tief seufzte er. Er hatte es geschafft. Zwar hatte er sich absolut bloßgestellt, aber... er hatte sich entschuldigt. Auch Sora war froh darüber. Er war irgendwie stolz auf ihn. Als er sah, wie er die Straße verließ, ging er selbst zur Okiya und betrat sie. Am nächsten Morgen kam Jiro wieder einmal zu spät in die Schule, ging zum Mittag wie immer auf das Dach, um nach Sora zu sehen. Er setzte sich zu ihm, lächelte schüchtern. „Danke, dass du mich dort hingebracht hast... Ich hab' mich entschuldigt...“ Diese Schüchternheit wirkte nun doch ungewohnt, war er doch sonst nicht so. Aber es war ihm ein wenig peinlich. Sora jedoch lächelte nur. „Das ist gut... das hast du wirklich gut gemacht... War die Okaasan böse auf dich?“ „Nein, nein... War sie nich'. Sie... fand's gut, dass ich persönlich vorbei gekommen bin“, antwortete Jiro. „Ich hatt' echt Angst, sie reißt mir den Kopf ab oder so...“ Er lachte, zog dann sein Bento heraus, um zu essen. „Aber sie war nett“ Er sah wieder kurz zu Sora, ehe er sich etwas Reis in den Mund schob. „Kommste heut' wieder an den Sportplatz?“ „Wenn du es möchtest, dann... ja.“ Jiro nickte leicht und aß schweigend von seinem Bento. Als er fertig war, schnappte er seine Tasche und verließ das Dach wieder. „Bis später“, rief er Sora noch zu, schloss dann die Tür hinter sich. Sora sah ihm etwas kopfschüttelnd nach. Er war so undurchsichtig... Als am Nachmittag das Training anstand, sah sich Jiro sofort nach Sora, der wieder zwischen den Bäumen stand, um und lächelte ihm zu. Im Gegensatz zu sonst trug er heute ein langes Trikot, obwohl es schon ziemlich warm war. Das überraschte auch den Jüngeren, doch er machte sich keine Gedanken darum. Erst als sich Jiro am Rand niederließ, trat er heran und sah ein paar blaue Flecken, als sich der Ältere streckte. Leicht presste er die Lippen zusammen. Er hatte sich wieder geprügelt. Deshalb war er heute Morgen sicher auch zu spät gekommen. Er verstand es einfach nicht. Warum machte er so etwas? Spaß? Das konnte er sich nicht vorstellen. Wer hatte schon gerne Verletzungen? „Ich kann leider nich' mit dir fahren... Werd' abgeholt...“, sagte Jiro nachdem er seine Flasche Wasser ausgetrunken hatte. „Ist in Ordnung...“, gab Sora zurück und lächelte ihn leicht an. „Würd' lieber mit dir fahren und noch 'n bisschen durch Gion gehen...“, meinte er weiter, wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht. „Aber mein Alter wieder...“ Er schmunzelte und stand auf. „Bin gleich wieder da...“ Schon verschwand er und ging duschen. Sora sah ihm nachdenklich nach. Sein Vater...? Warum hielt er ihn davor zurück? Schon ein wenig seltsam. Er wartete jedoch auf Jiro, der kurze Zeit später wiederkam. „Ich begleit' dich noch zur Station...“ Während sie dort hin liefen, sah er immer wieder zu Sora, betrachtete ihn. Er war so weiß und zart, fast schon zerbrechlich. All seine Freunde waren eher so wie Jiro: braun gebrannt, groß, muskulös... Wie kam er nur mit diesem kleinen Jungen klar? Er verstand sich selbst nicht. Sie hatten doch nicht einmal gemeinsame Interessen. „Bis dann“, sagte er an der Station, klopfte ihm leicht auf die Schulter. „Ja... bis Montag“, antwortete auch Sora, stieg in den nächsten Bus. Nachdenklich blickte er aus dem Fenster zu Jiro, der gerade in das große, schwarze Auto mit den getönten Scheiben einstieg. Das musste ein Vermögen gekostet haben, doch seine Familie hatte Unmengen an Geld. Das war ihm schon klar geworden, als er nur das Anwesen gesehen hatte. Doch ebenso wie Jiro war auch ihm noch immer schleierhaft, wieso sie sich verstanden. Sora mochte solche Leute nicht, denen alles egal zu sein schien... Den folgenden Tag, einen Samstag, nutzte Jiro, um mit seinen Freunden zum Karaoke zu gehen. Sie liefen gerade durch Kawaramachi, als sie plötzlich Sora trafen. Sofort lief Jiro auf ihn zu, legte ihm seinen Arm um die Schulter. „Hey, Kumochan“, sagte er und lächelte leicht. „Was'n das für'n Pimpf?“, fragte einer seiner Freunde nach. „Sieht aus wie'n Streber“ „Kennste den etwa?“ „Jiji, dein Umgang is' echt schlecht!“, riefen nun auch die anderen durcheinander, bis einer vorschlug, ihn auch mitzunehmen. „Je mehr je besser oder so“ „Jo, komm mit, Kurzer“ Jiro lachte etwas. „Überfallt ihn doch nich' so. Was sagste? Lust auf Karaoke?“, fragte er nun selbst den Kleineren, der sich doch ziemlich überrannt fühlte. Diese „Freunde“ waren ihm sichtlich unsympathisch. Doch er wollte Jiro eigentlich auch nicht abweisen. Vorsichtig verbeugte er sich, was einigen Lachen entlockte. „H-Hallo...“, sagte er erst einmal nur, blickte zu Jiro auf. „Ich... ich müsste erst nach Hause und fragen, ob das in Ordnung ist...“, fügte er dann hinzu. „Isses weit von hier? Sonst warten wir. Kannst ja 'ne Mail schreiben“, gab Jiro zurück und wuschelte ihm leicht durch das kurze Haar. „Kannst doch auch mal Spaß haben“ Die anderen nickten, griffen ihn leicht. „Komm doch einfach mit. Deine Eltern sollen sich mal nich' so anstellen“ „Stresst ihn doch nich' so!“, verteidigte ihn Jiro, worüber Sora sichtlich erleichtert war. Er löste sich aus dem Griff der anderen. „Ich... schreibe dir eine E-Mail, ja?“ Schnell wandte er sich ab und ging die Straße eilig nach Gion. „So ein Mamakind...“, meinte einer und Jiro seufzte. „Lasst ihn doch. Der is' noch viel jünger als ihr“ Sora wusste, dass heute eigentlich noch Lehrstunde im Schminken anstand... aber er wollte. Auch wenn ihm Jiros Freunde nicht gerade wie wirkliche Freunde erschienen. Sie waren grob und unhöflich... Aber vielleicht lernte er sie ja besser kennen und sie waren doch anders? Unsicher betrat er die Okiya, wo ihm seine Okaasan, Haruko, die Einkäufe abnahm. „Dann bist du jetzt erst einmal entlassen. Mameko wird aber später zu dir kommen, das weißt du ja.“ Sora zögerte, überwand sich dann aber. „Ich... also ich wollte fragen, ob ich es verschieben darf? Ich... ein... ein Freund wartet und wollte mich mit zum Karaoke nehmen...“, sagte er leise und sah sie unsicher an. „Ich weiß, dass jede Stunde sehr wichtig ist, aber ich würde so gerne...“ Haruko seufzte leise, sah ihn kritisch an. „Karaoke? Du solltest die Stunde nehmen“, sagte sie erst einmal kritisch, nickte dann aber. „Ich muss sagen, dass du gute Fortschritte gemacht hast. Ich werde Mameko Bescheid geben, dass wir deine Stunde verschieben. Aber du kennst die Regeln. Kein Alkohol, nicht rauchen, nichts, was die Okiya in Verruf bringen könnte“ Ernst blickte sie ihn an, lächelte dann aber. „Ich weiß, dass ich mich auf dich verlassen kann. Viel Spaß.“ Hätte sie gewusst, dass Sora mit solchen Leuten ins Karaoke gehen würde, hätte sie womöglich anders reagiert. „Vielen Dank! Ich verspreche dir, nichts davon wird passieren. Bis... bis später!“, rief er glücklich und mit roten Wangen, verbeugte sich tief. Er reichte der Frau die Tüte mit Einkäufen, die er zuvor noch erledigt hatte und rannte dann geradezu aus der Okiya und aus dem Viertel, um zurück zu Jiro zu kommen. Die anderen wurden bereits ungeduldig. Doch als sie Sora zurückkommen sagen, nahmen sie ihn in ihre Mitte. Das verschreckte Sora ein wenig und er hielt sich mehr an Jiro. „Kommste also mit, Kurzer?“ „Wie heißte eigentlich?“, fragten sie nach. „Sora heißt er“, gab Jiro für ihn zurück. Sie liefen die Straße entlang, bogen in eine Gasse und folgten ihr, bis zu einem Karaokeclub. Sie nahmen sich ein Zimmer, in dem Jiro den Jungen sofort neben sich zog. Einer seiner Freunde bestellte inzwischen allerhand alkoholische Getränke und auf Jiros Wunsch auch Soda, damit Sora etwas trinken konnte. Die anderen packten ihre Zigaretten aus und hielten auch dem Kleineren eine hin. Dieser sah irritiert darauf, schüttelte etwas den Kopf. „Nein... ich... ich rauche nicht“, sagte er leise und verunsichert. „Natürlich rauchste nich'“, meinte einer und verdrehte die Augen. „Der darf doch auch nich'“, erwiderte Jiro. „Wie alt isser denn?“ 15? 16?“, fragte einer nach. „Is ja noch ein Kleinkind“, antwortete nun ein anderer. „Kannste überhaupt schon lesen?“ „Vermutlich kann er mehr Kanji als du, Idiot“, erwiderte Jiro und gab dem, der gerade gesprochen hatte, einen Schlag gegen die Schulter. Die anderen lachten. „Willste den Anfang machen?“ Jiro reichte Sora das Tablet, das Sora sofort an sich nahm, um nach einem Lied zu schauen. Dabei hing er auch seinen Gedanken nach. Jiros Freunde waren unfreundlich und ungehobelt. Mehr nicht. Warum hatte er mit ihnen zu tun? Kurz sah er auf, als das Bier herein gebracht kam und der Ältere sich sofort eine Dose nahm. Mit zusammengepressten Lippen sah er darauf, wandte sich aber wieder dem Tablet zu, wählte ein Lied. Jiro reichte ihm das Mikro, trank von seinem Bier, das er in der einen Hand hielt und nahm folgend einen Zug der Zigarette in seiner anderen Hand. Tief atmete Sora durch, verzog den Mund etwas bei dem Qualm. Nun gut... dann würde er mal singen. Die anderen wurden tatsächlich ruhiger und applaudierten am Ende sogar. Jiro legte vorsichtig seinen Arm um Soras Taille, strich seine Seite entlang. „Du bist gar nich' schlecht...“, meinte er grinsend. „Danke“, gab Sora mit roten Wangen zurück. „Du bist dran, Jiji“, rief Tora, der Älteste der Jungen und warf Jiro ein Mikro zu. Sofort begann dieser zu singen. Er war wirklich gut darin, lehnte sich mehr an Sora. Leicht schluckte dieser, spürte den anderen mehr an sich. Es hatte ihn nie jemand so gehalten, weshalb er nun doch etwas überfordert war. Doch er ließ es geschehen, hörte Jiro zu. Seine Stimme hörte sich gut an. Je mehr Zeit verging, desto mehr Alkohol wurde bestellt. Jiro berührte Sora immer wieder, strich über seine Schulter oder seinen Rücken, wuschelte ihm gelegentlich durchs Haar. Immer wieder ging dabei ein Schaudern durch Soras Körper. Er konnte nicht sagen, ob es sich gut anfühlen sollte oder nicht. Es war eine völlig neue Erfahrung für ihn. „Dosendrehen! Wahrheit oder Pflicht!“, verkündete Tora plötzlich und ein anderer nahm eine Dose, drehte diese. Innerlich stöhnte Sora auf, als sie natürlich bei ihm zum Halten kam. „Was wählste?“, fragte Jiro und blickte zu ihm. „Uhm... Wahrheit?“ Die anderen tuschelten, sahen dann zu ihm. „An was denkste, wenn dus dir selbst machst?“, fragte dann einer und sah ihn an. Ein paar kicherten und auch Jiro verbiss sich ein Lachen. Sora jedoch sah fassungslos in die Runde und wurde hochrot. Was sollte er da bitte antworten? „Ich... das... ich mache das nicht...“, murmelte er nur und wandte den Blick beschämt ab. Nun begann auch Jiro zu lachen. „Junge, du bist 16! Haste nie an dir rumgespielt?“, fragte einer. Wie konnte jemand so drauf sein. Für die anderen war das unbegreiflich. Jiro jedoch sah schon fast nachdenklich auf Sora runter. Ob er überhaupt schon irgendwie in Berührung mit anderen Menschen gekommen war? Mädchen? Nein... so ein Unsinn. Er wirkte dafür viel zu naiv... Leise seufzte er, ließ jedoch nicht von ihm ab, hielt ihn sanft an sich gedrückt. „Sollteste dringend ausprobieren“, legte einer Sora nahe. Sora war das alles so unbeschreiblich peinlich. Das Lachen, das Nachfragen. So oder so war es ihm doch nicht erlaubt, eine Beziehung nebenbei zu führen. Er hatte auch gar keine Zeit dafür. Schweigend griff er die Dose und drehte sie. „Wahrheit oder Pflicht?“, fragte er leise. „Pflicht“, antwortete Jiro sofort. „Du nimmst immer nur Pflicht!“, widersprach einer der anderen. Er hatte Recht. Jiro wollte nie Wahrheit wählen. Lieber machte er sich zum Affen, als irgendwas über sich preiszugeben. Das überraschte Sora nicht. Jiro erschien ihm so, als ob er versuchte, viel über sich vor anderen zu verstecken. „Eigentlich müssteste verpflichtet werden Wahrheit zu nehmen!“ „Ruhe jetzt. Der Kleine is' dran“, wehrte sich Jiro und sah zu dem Jungen neben sich. Die anderen hofften natürlich auf etwas Dummes und Erniedrigendes oder auf etwas ganz tief unter der Gürtellinie. Deshalb beugte sich einer zu Sora, flüsterte ihm was ins Ohr. Dieser wurde hochrot, nickte dann aber schwach. „Zieh... deine Hose aus und... dann... musst du den Gang einmal rauf und runter rennen...“, nuschelte er kaum hörbar. Oh Gott, war das peinlich. Dass Jiro sofort akzeptierte, machte das nicht besser. Erschrocken sah er zu ihm und wollte ihn zurückhalten. Doch da stand der Ältere schon auf, zog die Hose runter und präsentierte seine Shorts mit Kätzchen darauf. Jolend rannte er auf den Gang, während ihn die anderen beobachteten und vor Lachen in Tränen ausbrachen. Sora traute sich kaum hinzusehen. Als ein Angestellter alle wieder in das Zimmer scheuchte, atmete er erleichtert auf. „Zufrieden?“, fragte Jiro nach und lachte, als Sora nur wieder rot wurde, jedoch leicht nickte. Er stieg in seine Hose, ließ sich wieder neben den Kleineren sinken. Auch die anderen erledigten ihre Aufgaben oder begannen über sich zu plaudern, wenn sie Wahrheit gewählt hatten. Dabei sankt das Niveau merklich, da inzwischen mehr Alkohol geflossen war. Die Luft füllte sich zunehmend mit dem Rauch der Zigaretten. Irgendwann kam es dann so weit, dass sich einige zu küssen hatten und einer auf dem Tisch stand, strippte. Sora war das alles eher unangenehm. Der Rauch setzte sich in seiner Kleidung fest und er bekam Kopfschmerzen durch das alles. Sicher würde auch Haruko denken, er habe selbst geraucht und getrunken... Tief seufzte er auf, als die Dose wieder vor ihm landete. Noch bevor sich Sora für Wahrheit oder Pflicht entschieden hatte, rief einer: „Lapdance! Auf Jiros Schoß!“ Leicht schluckte Jiro. Bei ihm? Doch er schmunzelte nur, sah zu Sora. „Vermutlich weißte nich' mal was das is, oder?“ Die anderen prusteten vor Lachen. „Doch! Ich... ich weiß... was es ist...“, murmelte Sora ergeben, stimmte somit zu. Das überraschte den Älteren nun doch. Er würde es tatsächlich tun? Ein Schaudern ging durch Jiros Körper. Er war angetrunken, hatte schon länger keinen Sex mehr gehabt und seine Freunde wussten nicht, dass er schwul war. Er war der Sache ja nicht einmal abgeneigt, doch wie würde Sora wohl reagieren, wenn womöglich -er- auf ihn reagierte? Doch er durfte sich nichts anmerken lassen, würde es also einfach so hinnehmen. Sora war ohnehin nicht sein Typ. Er stand nicht auf kleine, dürre Schwächlinge. „Na dann mach mal“, forderte ihn auf. Mit zitternden Knien ließ sich Sora auf Jiros Schoß sinken, traute sich nicht, ihn anzusehen. Seine Wangen waren glühend rot und er schämte sich so schrecklich. „Ich kann das nicht...“, hauchte er kaum hörbar. Jiro schmunzelte etwas, als er das hörte. „Nun mach schon...“, antwortete er und die anderen begannen zu lachen. Vorsichtig legte der Ältere seine Hände an Soras Hüfte. „Du musst dich nur bewegen...“ Verzweifelt sah Sora ihn an, nickte dann jedoch und begann sich langsam auf ihm zu bewegen. Gepeinigt schloss er die Augen, er konnte das kaum ertragen. Dem Älteren dagegen gefiel es... beinahe zu sehr. Er lehnte sich mehr zurück, betrachtete den Jungen, als dieser mehr an ihn heran rutschte. Das war nicht gut. Tief atmete er ein, als er das deutliche Reiben in seinem Schritt fühlte, krallte seine Finger mehr in Soras Hüfte und blickte zur Seite. Dies ließ den Kleineren leicht zusammenzucken, bis der dann schließlich spürte, wie sich etwas in Jiros Hose regte. Ihm war klar, was bei ihm gerade passiert war, konnte jedoch auch nicht einfach von ihm runtergehen. Die anderen würden es womöglich sehen. Überrascht stellte Jiro fest, dass Sora nun nicht einfach flüchtete, sondern sitzen blieb. Er sah entschuldigend zu ihm, überlegte, wie sie aus dieser Situation herauskommen sollten. Doch einer von Jiros Freunden nahm das alles in die Hand. Er drückte Sora näher an Jiro heran, woraufhin sich dieser sofort an dem Älteren festhielt. „Ausziehen!“, riefen alle durcheinander und Jiro zwang sich zu einem Lachen. „Überfordert ihn nich' so“, entgegnete er, hob Sora nun von seinem Schoß und schlug die Beine übereinander, sodass niemand etwas von seinem Problem mitbekam. Erleichtert ließ sich Sora zurück sinken, atmete tief durch und schloss die Augen kurz. Dieser Tag war eindeutig zu viel für ihn. Stumm drehte er die Dose. In den nächsten Runden waren die beiden zum Glück nicht mehr wirklich involviert. Außerdem wurde es langsam immer später und sie alle brachen auf. Jiro übernahm die Kosten, verließ das Gebäude mit Sora und lief mit ihm Richtung Gion. Tief atmete er die frische Luft ein, traute sich jedoch nicht zu Sora zu sehen, der ebenfalls zu Boden blickte. Stumm vergrub er seine Hände in den Hosentaschen, stolperte etwas vor sich hin, da ihm der Alkohol doch zusetzte. Das besorgte Sora allerdings. Er blickte zu Jiro auf, griff leicht nach seinem Arm. „Du solltest... nicht so viel trinken... das ist nicht gut“, sagte er leise. „Weiß ich“, gab Jiro schulterzuckend zurück. „Tut mir leid wegen vorhin... war der Alkohol...“ Sora würde vermutlich selbst wissen, dass es nicht -nur- am Alkohol gelegen haben konnte, aber ihm fiel nichts besseres ein. „Schon in Ordnung...“ Er ging mit ihm weiter, dachte über die Situation nach, nahm es dann aber so hin. Jiro hatte sicher Recht... „Wir sehen uns am Montag...“, sagte Jiro nach einiger Zeit mit einem eher gezwungenen Lächeln. Doch Sora akzeptierte es. Es war seltsam gewesen, das alles. Er verbeugte sich vor Jiro, verabschiedete sich ebenfalls und sah ihm dann nach, ehe er selbst nach Gion einbog. Es war schon spät, als er die Okiya betrat. Schnell eilte er in sein Zimmer, nahm frische Kleidung und ging sich duschen. Er stank sicher schrecklich. Wenn das Haruko erfahren würde... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)