Eine kleine Weihnachtsgeschichte, die wir uns wieder mal in unserem RPG ausgedacht haben. Wir hoffen, ihr habt Freude daran:
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25. Dezember im Jahr der 73. Hungerspiele
Effie tapste in ihren plüschigen, selbstwärmenden Hausschuhen durch ihr Haus und klatschte überall in die Hände, um all die vielen Lichter und Leuchten an zu knipsen, die ihre Avoxe im Haus verteilt hatten. Kaum, dass alle kleinen Lämpchen an waren, sah alles so festlich und gemütlich aus, dass Effie nun auch gänzlich wach war. Sie hatte schon längst keinen Blick mehr für die ganzen Lichter, die ihr Haus erstrahlten, weil sie sich schon sattgesehen hatte.
Die Party am Vorabend war ein voller Erfolg gewesen, das musste sie neidlos anerkennen. Jeder, der Rang und Namen hatte, war dort erschienen und sie war erst vor fünf Stunden zurückgekehrt. Dann hatte es sie noch einmal gut eine Stunde gekostet, sich abzuschminken und ihre Haare auf Lockenwickler aufzudrehen. In diesem Aufzug durfte sie niemand sehen. Aber bei sich zu Hause war Effie sicher. Hier schneite nie jemand uneingeladen vorbei. Es gehörte sich schließlich auch nicht.
Einer ihrer Avoxe trug einen Tasse warme Milche herbei und platzierte sie auf dem süßen kleinen Tischchen neben dem Weihnachtsbaum, der in einem schönen Silber und Rosé glänzte. Um seinen Fuß herum fuhr eine Eisenbahn über eine Schneelandschaft und gab niedliche kleine Laute von sich. Effie liebte solche Details, sie machten die Szene perfekt. Und natürlich musste ihre Weihnachtsdekoration perfekt sein.
Auch perfekt wurde das Bild durch die ganzen Geschenke, die in den letzten Tagen bei ihr abgegeben worden waren. Jeder machte jedem Geschenke zum Zeichen, dass man einander nicht vergessen hatte. Oder viel mehr, weil man sich davor fürchtete, die Gesellschaft würde über einen herziehen, weil man keine Geschenke machte. Effie selber hatte Unsummen für Geschenke ausgegeben und war nicht überrascht nun ihren Geschenkeberg zu betrachten. Sie war ganz gespannt, was sie alles erhalten würde. Geschenke waren natürlich immer sehr wichtig und sagten viel über den Status und den Anstand der Person aus, die sie machte, ebenso über den eigenen Status. Man konnte mit falschen Geschenken sogar einen absoluten Fauxpas auslösen!
Effie ließ sich auf ein rosa Samtkissen sinken und zog das erste Geschenk zu sich heran. Portia. Nun, die würde ihr gewiss das Kleid aus ihrer neusten Kollektion schenken, das Effie so überschwänglich und ausführlich gelobt hatte und das so wunderbar zu ihren Augen passen würde. Während Octavia ihr ganz sicher wie jedes Jahr ein Set voller Nagellacke zusammenstellte, die im Trend waren.
Es folgten viele Pakete, die Effie sorgsam auspackte und lächelnd zur Seite legte. Bei jedem Geschenk fühlte sie sich geehrt oder seufzte erfreut. Die nächsten Tage würden Arbeit bedeuten… immerhin musste sie Dankeskarten schreiben. Es gehörte sich so! Das würde Effie natürlich nicht versäumen.
Während sie ein Geschenk nach dem anderen bewunderte, schweiften ihre Gedanken ab und dachte an die schönsten Geschenke, die sie in ihrem Leben, von denen sie schon etliche bekommen hatte.
Als Effie fünf gewesen war, hatte sie von ihren Eltern ein kleines Kätzchen bekommen, dessen Fell sie in einem schönen Türkis färben konnte und kleine Sternchen darauf kleben durfte. Es war das beste Geschenk aller Zeiten gewesen! Jedenfalls bis das kleine Tierchen die Farbe nicht mehr vertragen hatte und ihm das weiche Fell ausgegangen war. Effie wusste gar nicht, was mit Sternschnuppe passiert war.
Dann hatte sie mit sieben zwei übereinander liegende Zimmer eingerichtet bekommen, so dass sie ein eigenes Häuschen innerhalb ihres Hauses gehabt hatte. Effie hatte die Zimmer geliebt, die sie durch eine Wendeltreppe erreichen konnte. Und sie war ja auch alt genug gewesen, endlich aus dem kleinen Kinderzimmer herauszukommen! Es war das beste Geschenk aller Zeiten gewesen!
Das Weihnachten nach den 50. Hungerspielen, als Effie neun gewesen war, hatte ihre Mutter ihr erlaubt zum Bahnhof zu fahren und die Ankunft des Zugs der Siegertour zu beobachten. Sie hatte noch nie zum Bahnhof bei einem solchen Anlass gedurft, weil sie zu klein gewesen war. Aber in diesem Jahr hatte sie sehr gebettelt. Effie war immerhin ziemlich stolz gewesen, dass sie schon ziemlich zu Anfang auf den richtigen Kandidaten gesetzt hatte. Sie hatte ihn gar nicht richtig gesehen, so voll war es gewesen. Das Gedränge war ganz fürchterlich gewesen, aber sie hatte einen Blick auf einen hoch modischen Fellmantel werfen können, den er getragen hatte. Es war das beste Geschenk aller Zeiten gewesen!
Mit zehn hatte sie die sündhaft teure Schmuckkollektion bekommen, die sie sich so gewünscht hatte. Damit war sie eine der ersten gewesen, die die ganzen kleinen Eiskristalle getragen hatte. Es war das Jahr für diesen Designer gewesen und Effie hatte sich wie eine Prinzessin gefühlt. Eine Eisprinzessin, auf die alle neidisch gewesen waren. Es war das beste Geschenk aller Zeiten gewesen!
Ihr Vater hatte sie zu der großen Weihnachtsshow von Caesar Flickerman mit ins Studio genommen, als zwölf gewesen war. Und Effie hatte sogar Caesar Flickerman getroffen. Sie war so aufgeregt und stolz wegen des gemeinsamen Fotos gewesen. Es war das beste Geschenk aller Zeiten gewesen!
Als Effie vierzehn gewesen war, hatten ihre Eltern ihr einen eigenen Avox geschenkt, der sich nur um sie und ihre mittlerweile vier Zimmer kümmern sollte. Effie war hoch entzückt gewesen, dass sie jemand nur um ihre Bedürfnisse kümmerte und sie ihn nicht mit ihren Eltern teilen musste. Denn es war so schrecklich nervig gewesen, wenn der Avox keine Zeit für ihre Wünsche hatte, weil er etwas für ihre Eltern erledigen musste. Es war auch wirklich an der Zeit gewesen, dass sie einen eigenen Avox bekam! Es war das beste Geschenk aller Zeiten gewesen!
Mit sechzehn hatte Effie eine Eintrittskarte zu einer Modenshow bekommen, bei der ihre Mutter ihre Verbindungen hatte spielen lassen. Effie hatte auch auf die Aftershowparty gedurfte und war mit vollen Tüten bepackt nach Hause gekommen. Keine ihrer Freundinnen hatte einen Backstagepass gehabt und Effie hatte sich im Neid der anderen sonnen können. Es war das beste Geschenk aller Zeiten gewesen!
Das Auto, welches sie mit achtzehn erhalten hatte, hatte sie zwar gar nicht wirklich genutzt, weil sie sich lieber in der Familienlimousine herumfahren ließ, es aber trotzdem geliebt. Es hatte goldene Felgen und rosane Ledersitze gehabt. Es war das beste Geschenk aller Zeiten gewesen!
Als Zwanzigjährige schenkten ihre Eltern ihr ihre erste eigene Wohnung, die Effie mit ihrem ersten Gehalt modern und sehr feminin einrichten konnte. Sie hatte sich frei, unabhängig und erwachsen gefühlt und vor allem hatte sie damals gedacht, sie würde sich am Anfang einer erfolgreichen Berufslaufbahn befinden. Es war das beste Geschenk aller Zeiten gewesen!
Kaum dass Effie dreiundzwanzig gewesen war, hatte sie dann angefangen auch Geschenke von Arbeitskollegen zu erhalten. Kleider, Schuhe, Schmuck, Kunstwerke, Inneneinrichtung, besondere Einladungen, eben Wertschätzungen. Sie hatte es geliebt, Geschenke zu erhalten, die niemals nur Mittelmaß waren. Für Effie war, wie es sich gehörte, einfach alles fabelhaft!
So war es natürlich auch an diesem Weihnachten. Jedes Päckchen, jede Schachtel, jeder Umschlag, enthielt etwas neues Fabelhaftes, dass ihr ein erfreutes Seufzen oder Quietschen entlockte. Es war ein gutes Weihnachten und sie würde sich mit Freuden daran machen, alle Dankeskarten zu schreiben. Und noch mehr alles auch zu nutzen, was sie bekommen hatte.
Dann aber stutzte Effie. Was war denn das? Ein Päckchen, das mehr schlecht als recht zusammen gebastelt war. Wer hatten denn so schlampige Avoxe? Und diese Farbe? Alle anderen Geschenke hatten weihnachtliche Motive, bestanden aus echtem Goldpapier oder aus Samt oder glitzerten... Dieses aber war hässlich braun. Effie fand die Verpackung schon abstoßend!
Mit spitzen Fingern öffnete sie es und starrte dann ungläubig auf den Inhalt. Was bitte war das?! Ihr Mund klappte auf und sie starrte es entgeistert an. Das musste ein schlechter Scherz sein. Jemand beleidigte sie massiv! Was hatte sie diesem Menschen bloß getan? Effie war entsetzt! Ihr kamen beinahe die Tränen. So eine Scheußlichkeit!
Ihre Hände fuhren über den knallpinken Stoff, der sich aus dem Paket ergoss, genauso wie ein extrem ekelhafter Geruch. War das, das Papier oder der Stoff? Effie hatte nicht mal gewusst, dass es so etwas Hässliches zu erwerben gab!
Mit zitternden Fingern griff sie nach der Karte und drehte sie um, um herauszufinden, wer ihr dieses Monstrum hatte zukommen lassen.
Sie las den Namen einmal, zwei Mal, ein drittes Mal, bis sich ein Lächeln auf ihre Lippen schlich.
Das war… unglaublich! Sie hatte nicht mal ein Geschenk erwartet! Sie betrachtete das hässliche Ding noch einmal und strich mit der Hand über die rauen Stoff und die vergilbten Rüschen.
Plötzlich konnte sie wenigstens einen der üblen Gerüche zu ordnen und drückte den hässlichsten Mantel der Welt strahlend an sich. Es war das beste Geschenk aller Zeiten gewesen!
"Liebe Effie.
Da es kalt ist und ich weiß, dass Sie pink mögen, ein kleines Geschenk für Sie. Frohe Weihnachten.
Haymitch.
The End
