Herrin des Feuers von Yurelia (Neuanfang 2014) ================================================================================ Kapitel 1: Mysteriöse Reise --------------------------- Auf dem Dachboden angekommen machte Ayumi erst vor einer alten, nun fast nicht mehr eingestaubten Kiste Halt, die Yuna nur zu gut kannte. Normalerweise stand sie in dem großen, alten Eichenschrank, der in der hintersten Ecke des Dachbodens stand. Sie hatten sie oft in Händen gehabt, als sie früher hier oben gespielt hatten. Aber sie war verschlossen gewesen und keiner in Ayumis Familie hatte gewusst, wo der Schlüssel zur Kiste abgeblieben war. Nun sah Yuna, dass das Schloss der Kiste geöffnet worden war. »Sag bloß, du hast den Schlüssel zur Kiste endlich gefunden?«, fragte Yuna und ihre Genervtheit und ihr Desinteresse waren auf einmal wie weggefegt. »Na, sonst wär die Kiste ja wohl kaum offen«, antwortete Ayumi. »Wo war er?« »Och, das ist doch unwichtig…« »Ayumi, wir haben jahrelang danach gesucht!«, rief Yuna ihr in Erinnerung. Das klang bedeutungsvoller als es war. Als Kinder hatten sie auf dem Dachboden oft gespielt und irgendwann diese Kiste gefunden. Damals hatten sie sie nicht öffnen können, da der Schlüssel fehlte und mit Gewalt aufbrechen wollten sie sie nicht, da es sich um ein Andenken an Ayumis Großmutter handelte. Deswegen hatten sie nach dem Schlüssel gesucht. Mehrere Jahre. Irgendwann hatten sie es aufgegeben. Und nun hatte Ayumi offensichtlich den Schlüssel gefunden. »Stimmt. Und vor lauter Suchen bin ich auch nicht auf die Idee gekommen, in meine Schmuckschatulle zu schauen…« »Er war in deiner Schmuckschatulle?«, fragte Yuna verdutzt. »Ja… Erinnerst du dich, dass Großmutter mir einen Schlüssel schenkte, bevor sie starb? Ich hatte völlig vergessen, dass ich ihn habe. Er war ganz zuunterst unter mehreren Ketten begraben…«, erzählte Ayumi. »Als ich letztens meine Ketten durchwühlte, weil ich eine bestimmte suchte, fiel mir der Schlüssel in die Hände.« »Und natürlich hast du sofort an die Kiste hier gedacht?« »Klar, du kennst mich doch. Und immerhin haben wir jahrelang nach dem Schlüssel gesucht.« Ayumi grinste ihre Freundin unternehmungslustig an. Yuna seufzte. Dieses Grinsen und dieser Blick hatte sie beide schon einige Male in Schwierigkeiten gebracht… »Was ist in der Kiste?«, wollte sie nun wissen. Misstrauisch schaute sie die hölzerne Kiste an. Sie hatte kein gutes Gefühl bei der Sache. »Nur alter Krams von meiner Großmutter. Schmuck und sowas«, antwortete Ayumi. »Wegen alten Krams machst du hier die Pferde scheu? Das glaube ich dir nicht«, meinte Yuna und schaute Ayumi ungläubig an. »Stimmt. Denn es ist nicht nur Krams da drinnen.« Ayumi beugte sich zu der Kiste nach unten und klappte den Deckel auf. Dann trat sie zur Seite, damit Yuna hinein schauen konnte. »Ein Buch«, stellte Yuna fest und war kurz davor, ihre Freundin anzubrüllen. Wegen eines Buches so eine helle Aufregung zu veranstalten… Ja, das konnte nur Ayumi. Yunas Genervtheit begann zurückzukehren… »Naja…«, machte Ayumi verlegen. Sie hatte Yunas Unterton genau richtig gedeutet. »Du bist ja von uns beiden hier die Bücherexpertin. Ich hatte gedacht, dass du eventuell erkennen könntest, um was für ein Buch es sich handelt und vielleicht wie wertvoll es ist …« »Ich bin Bibliothekarin, keine Antiquarin!«, gab Yuna verärgert zurück. »Du weißt ganz genau, dass ich mich mit so alten Büchern nicht auskenne.« »Wie alt schätzt du es denn?«, fragte Ayumi vorsichtig. »Hat es kein Impressum?«, konterte Yuna und verdrehte gereizt die Augen. Ayumi schnaubte gereizt. »Was meinst du, warum ich dich angerufen habe? Jahreszahlen in einem Impressum kann ich sehr wohl lesen! Aber ich habe keines gefunden.« »Oh«, machte Yuna nur und nahm das Buch in ihre Hände, um es zu begutachten. Als sie es aufklappen wollte, leuchtete es kurz hellgrün auf und Yuna bekam eine gewischt. Vor Schreck ließ sie das Buch zurück in die Kiste fallen und sank auf die Knie. Sie spürte, dass Ayumi direkt neben ihr saß. Offensichtlich hatte Ayumi einen mindestens genauso großen Schreck bekommen wie Yuna, denn Yuna spürte, wie sich Ayumis zitternde Hand in die ihre legte. »Was war das gerade?«, fragte Yuna leise. »Nicht die geringste Ahnung«, presste Ayumi hervor. Sie versuchte ihre Angst unter Kontrolle zu bekommen. Vergeblich. »Wir sollten wohl die Finger von dem Buch lassen.« »Vermutlich.« Und trotzdem sie Ayumi zustimmte, konnte sie den Drang nicht widerstehen, mit ihrer rechten Hand das Buch zu berühren, während ihre linke Hand von Ayumi fast zerquetscht wurde. »Yuna, was machst du da?«, fragte Ayumi angstvoll. »I-ich weiß nicht…« »Hör auf damit!«, flehte Ayumi. »Es hat dir einen Schlag verpasst! Somit kann es nur böse Absichten haben!« Mittlerweile umklammerte Ayumi mit beiden Händen Yunas Hand. Doch Yuna merkte dies gar nicht. Wie fremdgesteuert holte sie das Buch auf ihre Knie und schlug es auf. Sekundenlang geschah gar nichts und Yuna merkte dunkel wie sich in ihrem Kopf ein Satz bildete: Es ist ein Buch, Ayumi. Bücher haben keine Absichten. Aber sie sprach ihn nicht aus, denn im nächsten Moment war der Gedanke schon wieder verschwunden. Dann fing das Buch plötzlich an, hellgrün aufzuleuchten – die gleiche Farbe, die zuvor schon aufgeleuchtet war, als Yuna einen Schlag bekommen hatte. Yuna strich über die aufgeschlagenen Seiten, auf denen etwas in einer Schrift geschrieben war, die sie nicht kannte. Als würde das Buch ihr auf die Berührung antworten, fing es an zu summen und zu pulsieren und das Leuchten erfasste mittlerweile den ganzen Raum. »Was zum…?«, hörte sie Ayumi sagen. Doch Ayumi hatte keine Gelegenheit ihren Satz zu beenden. »Yuna!«, rief sie auf einmal erschrocken, denn diese begann, durchsichtig zu werden. Yuna sah erstaunt und erschrocken zu Ayumi und stellte fest, dass auch sie immer mehr an Transparenz zunahm. Ihre smaragdgrünen Augen weiteten sich erschrocken, als sie an sich heruntersah und merkte, wie das Gleiche bei ihrem eigenen Körper geschah. Viel Zeit sich zu wundern, hatten sie jedoch nicht, denn im nächsten Moment wurden sie im grünen Licht umhergewirbelt, wie in einem Wirbelsturm. Verzweifelt versuchten sie sich aneinander festzukrallen, um sich nicht zu verlieren, doch die Fliehkraft war stärker. Irgendwann reichte ihre Kraft nicht mehr aus und sie wirbelten getrennt voneinander umher. Sie versuchten sich gegenseitig im Blick zu haben, doch irgendwann musste Yuna ohnmächtig mit ansehen, wie sie beide gleichzeitig in verschiedene Richtungen auseinandergewirbelt wurden. Als das Licht verschwand, fand sich Yuna alleine mitten in einem fremden Wald wieder. Sie versuchte aufzustehen, doch ihre Knie gaben unter ihr nach und sie sackte wieder zu Boden. Ihr war furchtbar schwindelig und sie kämpfte gegen den Drang an, sich zu übergeben. Sie schaute sich um, um sich von den panischen Gedanken, die sich in ihr breit zu machen versuchten, abzulenken. Der Wald roch frisch und rein und sie bemerkte sofort den hellgrünen Schimmer, der auf ihm lag. Die gleiche Farbe wie das Leuchten des Buches nur nicht so intensiv. Sie schaute sich die Pflanzen an und stellte fest, dass sie sie noch nie gesehen hatte. Gerade als sie sich darüber Gedanken machte, wo sie hier gelandet und ob sie überhaupt noch in Japan war, hörte sie ein Rascheln hinter sich und erstarrte. Wieder versuchte sie, sich aufzurappeln aber offensichtlich hatten sich ihre Beine noch nicht von der unerwarteten Reise hierher erholt – ganz zu schweigen von der Art der Reise. Das Rascheln hatte aufgehört und nun hörte sie Schritte hinter sich, die direkt auf sie zukamen. Sie hätte sich umdrehen können, wäre sie vor Angst nicht wie gelähmt gewesen. Direkt hinter ihr stoppte die Person und Yuna spürte, wie der Blick dieser Person auf ihr ruhte. Ihr Herz, das vor Angst raste, setzte einen Schlag aus. Es fühlte sich an, als würde es sich überschlagen – auch wenn Yuna wusste, dass das nicht möglich war. Dann raste und hämmerte es wie wild weiter. »Na, da bist du ja endlich«, sagte die Person, die hinter hier stand. Es war eine männliche Stimme. Sie klang angenehm ruhig und melodisch. Yunas Herzschlag beruhigte sich ein wenig. »Du brauchst keine Angst vor mir zu haben. Ich werde dir nichts tun«, meinte der Unbekannte hinter ihr. Er sprach beruhigend und langsam, als würde er spüren, was für große Angst sie hatte. »Ja, klar. Würde jemand, der mir was antun wollte, nicht genau das auch behaupten?«, platzte es ironisch aus ihr hervor. Doch ihre Stimme hatte die von ihr beabsichtigte Festigkeit aufgrund ihrer Angst völlig verloren. Sie hörte sich zittrig, ängstlich und schwach an. Wie die Stimme eines verängstigten Kindes oder einer altersschwachen Frau. Yuna zog verärgert eine Fratze. Die Absicht des Satzes verfehlte völlig seine Wirkung. Hoffentlich stürzte sich der Fremde nun nicht auf sie… Doch sie wurde überrascht. Er lachte leise. Man könnte es schon fast ein Kichern nennen. Sie hörte seine Schritte. Offenbar ging er nun um sie herum. Wusste er, dass sie nicht aufstehen konnte? Sie starrte geradeaus ins Leere, darauf wartend, dass die Angst zurückkehrte. Doch im nächsten Moment erschien ein Gesicht in ihrem Blickfeld. Das Gesicht des Unbekannten. Sie konnte nur verwirrt zurückstarren. Unverhohlen grinste er sie an. »Na komm, ich helfe dir beim Aufstehen«, sagte er und das Grinsen verschwand aus seinem Gesicht, als er ihr seine Hand reichte. Sie ließ sich helfen, starrte ihn jedoch weiterhin an, unfähig etwas zu sagen. Amüsiert blitzte es in seinen grünen Augen… Moment mal! Das hatte sie doch schon einmal gesehen…? Wenngleich nicht so klar und deutlich… Und im nächsten Moment erkannte sie, wer da vor ihr stand. Wütend entriss sie ihm ihre Hand und stolperte zwei Schritte zurück, was ihn offenbar zu überraschen schien. »DU!«, stieß sie wütend hervor. »Oh«, machte er und die Überraschung  wich aus seinem Blick. Offensichtlich hatte er gerade verstanden, was in ihr vorging. »Ich«, bestätigte er. »Was willst du von mir?!«, fauchte Yuna ihn an. »Yuna, beruhige dich…«, versuchte er sie zu beruhigen. »Du kennst sogar meinen Namen?!«, kreischte Yuna und ihre Stimme überschlug sich dabei. »Elender Stalker, du! Bleib bloß weg von mir!« Panisch versuchte sie gleichzeitig wegzulaufen und ihn dabei nicht aus den Augen zu lassen. Das Ergebnis war, dass sie versuchte, rückwärts zu laufen, was natürlich fehlschlug, da sie nicht wusste, was hinter ihr war. Nach ein paar Schritten stolperte sie über eine Baumwurzel und fiel unsanft auf ihr Hinterteil. »Verdammt!«, fluchte sie und war den Tränen nahe. Ihre Unterlippe bebte verdächtig. Im Nu war der Fremde bei ihr und zog sie nach oben. Ihr schwacher Versuch sich zu wehren schlug fehl. Hätte er nicht das Wort ergriffen, hätte sie das letzte Bisschen Selbstbeherrschung ganz sicher verloren. »Ja, ich kenne deinen Namen. Ich kenne dich, seit du geboren wurdest. Und es tut mir Leid, dass ich die erschreckt habe. Das wollte ich nicht. Und es war sehr dumm von mir, gleich preiszugeben, dass ich dich kenne.« Er lächelte sie an. »Es ist wirklich alles in Ordnung. Ich bin ein Freund deiner Mutter.« Er kennt meine Mutter? Eigentlich sollte sie die Frage stellen, die ihr zuerst auf der Zunge lag. Ob er es beweisen könne und woher er ihre Mutter kannte. Doch sie vermisste ihre Mutter so stark, dass sie die unlogischste aller Fragen stellte, die ihr in den Sinn kam. »I-ist sie h-hier?« Beunruhigt starrte der Fremde sie an. »Nein. Sie ist vor 19 Jahren in deine Welt gegangen und hat dich dort zur Welt gebracht. Warum fragst du mich das? Du müsstest doch wissen, dass sie bei dir in Tokyo lebt.« Yuna schüttelte den Kopf und seufzte. »Okay, die Frage war mehr als dämlich.« Ihr Blick verdüsterte sich. »Und offensichtlich hast du mich nicht so gut gestalkt, wie du glaubst.« »Wieso?«, fragte der Fremde. »Meine Mutter ist vor drei Jahren gestorben«, antworte Yuna und Traurigkeit breitete sich in ihr aus. »Ich hatte nur auf ein Wunder gehofft… Dass sie vielleicht auch nur … gereist ist… So wie ich…« Der Fremde unterbrach sie. Der Schock stand ihm in den Augen. »Linora ist tot?!« »Oh«, machte Yuna und schaute ihn mitfühlend an. »Offensichtlich hast du sie wirklich gekannt…« »Ja, das habe ich…«, seufzte er. »Und dass sie tot ist, ändert alles…« Fragend schaute Yuna ihn an und sein Gesichtsausdruck bewirkte, dass sie ihm glaubte. Er wollte ihr nichts Böses. Der Schmerz in seinen Augen war echt. Wie sie ihm da so in die Augen schaute, fiel ihr etwas auf… »Deine Augen!« »Hm?« »Sie sind wie meine.« »Was meinst du?«, fragte er. »Na, die Farbe! Smaragdgrün. Wie meine. Sind wir verwandt oder so?« Wieder lachte er. »Nein, Yuna. Wir stammen zum Teil von der gleichen Spezies ab.« Er seufzte wieder. »Deinem verwirrten Blick nach zu urteilen, stimmt meine Vermutung. Linora hat dir nichts über deine wahre Herkunft erzählt, nicht wahr?« »Äh, ich denke nicht«, antwortete Yuna und war noch verwirrter als vorher. »Welche Spezies meinst du denn?« »Die Liosalfar. Lichtelfen.« Er setzte sich in Bewegung. »Komm mit. Ich zeig dir unser Dorf.«  Doch Yuna rührte sich nicht vom Fleck. Verdutzt blieb er stehen, als er merkte, dass sie ihm nicht folgte. »Was ist los?« »Ich gehe ungern mit … äh … Lichtelfen mit, deren Namen ich nicht einmal kenne.« »Ups«, gab er von  sich und ging auf sie zu. Als er wieder vor ihr stand, reichte er ihr lächelnd die Hand. »Yoru Tenshi. Erfreut dich kennenzulernen, Yuna.« »Äh … Danke. Wäre sinnfrei dir jetzt meinen Namen zu nennen, oder?«, fragte Yuna unsicher und schüttelte kurz seine Hand. »Irgendwie schon«, lachte Yoru. »Na komm. Ich führ dich ins Dorf und unterwegs versuche ich, deine Fragen zu beantworten, die du mir stellen möchtest.« Yuna nickte zustimmend. Sie folgte Yoru unsicher. Was blieb ihr auch anderes übrig? Ayumi… Wo bist du bloß?, fragte sie in Gedanken. Ich  hoffe, es geht dir gut. Sie unterdrückte ein Seufzen. Wenigstens brauchst du keine Enttarnungsaktion wegen meines Verfolgers zu starten… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)