Creepypasta Extra 2: Somnia von Sky- (Sally kehrt zurück) ================================================================================ Kapitel 12: Noahs Rettung ------------------------- Amara und die anderen waren wieder in Somnia und kaum, dass sie alle durch das Portal gestiegen waren, flogen mehrere Zahnräder wie Kugelgeschosse auf sie zu, die Thomas noch rechtzeitig abwehren konnte. Sofort spannte die Traumfresserin ihren Regenschirm auf und benutzte ihn als Schild, um sich selbst und Viola vor weiteren Angriffen zu schützen. „Belphegor muss echt stinksauer sein“, bemerkte Viola, als die nächste Angriffswelle kam, die sie ebenfalls abwehren konnten. „Ich frage mich, ob Anthony es bereits geschafft hat, Helmstedter zu töten.“ „So einfach ist er nicht totzukriegen“, erklärte Thomas kurz und knapp, was in seiner Sprache so viel bedeutete wie „Er schafft das schon. Da bin ich mir ganz sicher.“ „Sally und er haben die Traumdimension gerade verlassen, ich kann sie hier nicht mehr spüren.“ „Wieso sind sie plötzlich raus? Ich dachte, sie wollten nachkommen.“ „Er wird seine Gründe haben. Konzentrieren wir uns einfach auf unsere Arbeit.“ Zwar wunderte sich Thomas auch, warum Anthony und Sally die Traumdimension verlassen hatten, aber er kannte ihn gut genug um zu wissen, dass er niemals einfach abhauen würde. Wahrscheinlich hatte er von Helmstedter irgendwelche Informationen, oder aber ihm war etwas Wichtiges eingefallen, was ihnen bei der Bekämpfung von Belphegor helfen könnte. In dem Falle mussten sie ihm einfach vertrauen und dafür sorgen, dass Belphegor nichts davon merkte. Fragte sich nur noch, wie es die beiden eigentlich wieder zurück in die Traumdimension schaffen sollten. Dazu bräuchten sie die Hilfe eines Dream Weavers bzw. eines Traumfressers, oder eines Mediums. Nun, es machte jetzt auch keinen Sinn, sich in dieser Situation Gedanken darüber zu machen. Ein weiterer Hagel von winzigen Zahnrädern, die aber extrem scharfe Kanten besaßen, die sogar ins Fleisch schnitten, prasselte auf sie nieder. Amara zerrte Thomas zu sich und schützte sich und die anderen mit dem Regenschirm. „Belphegor! Hör auf damit, bitte!!!“ rief sie und musste enorm viel Kraft aufwenden, um mit dem Schirm gegenzuhalten, denn die Geschosse kamen mit einer unglaublichen Durchschlagskraft auf sie herab. Wäre ihr Schirm nicht so widerstandsfähig, dann wären sie alle zu Hackfleisch verarbeitet worden. „Lucy, kannst du nicht irgendetwas tun?“ „Würde ich ja gerne, aber ich kann mich nicht erinnern, wie ich das tun soll.“ „Okay, dann liegt es also bei mir. Ich borg mir mal kurz etwas von deiner Kraft.“ Amara ergriff daraufhin Violas Hand und streckte schließlich den anderen Arm aus, der den Regenschirm festhielt. Der Regenschirm schloss sich von selbst und bevor die nächsten Zahnräder auf sie niederprasseln konnten, vollführte Amara einen Schwung mit dem Schirm und der Himmel begann sich zu verdüstern. Es donnerte laut und statt Zahnräder fiel nun Regen. Mit einem weiteren Schwung öffnete sich der Regenschirm wieder, damit er den anderen Schutz bieten konnte. „Regen ist meine Spezialität“, erklärte Amara und lächelte zufrieden über ihr Werk. „Er verbindet Himmel und Erde, ohne dass sie sich jemals berühren.“ „Dann ist das also keine grüne Tränentätowierung unter deinem Auge?“ Amara lachte, als Thomas das sagte und wollte darauf etwas sagen, doch da flog ein deutlich größeres Zahnrad auf sie zu und riss Amara und Thomas mit sich. Viola gelang es noch rechtzeitig, zur Seite zu springen und dem Angriff auszuweichen, stürzte dabei aber zu Boden. „Meine Güte, ihr macht mir aber auch nichts als Arbeit“, rief eine Stimme, die Viola als die von Belphegor wieder erkannte. Sein Arm, der bei der Konfrontation gegen sie zerstört worden war, war inzwischen wiederhergestellt, aber von dem kleinen Noah war nicht die geringste Spur zu sehen. „Von dir, Gosuto, bin ich übrigens wirklich enttäuscht. Ich hatte echt gedacht gehabt, du wärst vernünftig!“ Die Traumfresserin, die sich noch nicht von dem Schlag mit dem Riesenzahnrad erholt hatte, brachte nur ein schmerzerfülltes Stöhnen hervor. „Ich dachte, du wolltest eine von uns werden und dir damit deinen größten Traum erfüllen. Stattdessen hast du einfach so die arme Mary gefressen. Aber ich gebe dir noch eine Chance: Ich verzeihe dir diese Kinderei und werde dir deinen Wunsch erfüllen. Trotz allem bist du immer noch meine kleine Schwester. Du siehst, ich bin nicht nachtragend.“ „Das kannst du getrost vergessen“, brachte die Verletzte hervor und kam langsam, wenn auch ein wenig unbeholfen wieder auf die Beine, wobei sie mit schmerzerfülltem Gesicht eine Hand gegen ihre Seite drückte. „Lieber verzichte ich auf meinem Traum, als bei deinen kriminellen Machenschaften mitzumachen. Ich will niemandem wehtun, vor allem keinem Baby. Lucy hat mir damals beigebracht, dass es nicht darauf ankommt, was man ist, woher man kommt und was für Fähigkeiten man hat. Es kommt darauf an, für was man seine Kräfte einsetzt. Und lieber bin ich äußerlich ein Monster als innerlich eines. Ich werde nicht zulassen, dass du Noah oder den anderen etwas antust. Und im Übrigen heiße ich gar nicht Gosuto Arcidiavolo, sondern Amara Delangelo!“ Belphegor verzog zunächst keine Miene, sondern schaute Amara durchdringend und schon fast drohend an. Dann aber brach er in ein lautes Gelächter aus und konnte sich gar nicht mehr beruhigen. „Amara Delangelo? Das ist doch wohl ein schlechter Witz. Weißt du überhaupt, was das bedeutet? Amara heißt „ewige Schönheit“ und „von Gott gesegnet“ und als vollständiger Name „Schönheit des Engels“. Findest du nicht auch, dass das ein absolut bescheuerter Name für ein solches Monster wie dich ist? Du bist ein Traumfresser und als solcher wirst du immer der Abschaum sein, den es auszulöschen gilt. Mag ja sein, dass du zu einem sehr geringen Teil unsere Fähigkeiten besitzt, aber du bist durch und durch ein Monster, das eigentlich nicht mal existieren dürfte.“ Zwar wollte Amara nicht mehr auf das hören, was Belphegor ihr sagte, aber es tat trotzdem unvorstellbar weh, so etwas zu hören. Das Schlimmste daran war ja, dass er Recht hatte. Traumfresser waren die Zerstörer von Hoffnungen, Leben und Träumen. Sie waren personifizierte Alpträume, völlig destruktiv veranlagte Wesen und als solche musste man sie töten. Sie hatten kein Recht zum Leben… und sie auch nicht. Amara ballte ihre Hände zu Fäusten und versuchte, ihre Gefühle zu unterdrücken, aber sie konnte die Tränen nicht zurückhalten. Doch diese waren blutrot… nicht einmal ihre Tränen waren noch annähernd menschlich. Eine Hand legte sich plötzlich auf ihre Schulter. Es war Thomas, der nun ebenfalls wieder aufgestanden war und an Amara vorbeiging, direkt auf Belphegor zu. Er sagte kein Wort zu ihr, aber sie spürte bei dieser Berührung, wie sehr es in ihm kochte. Anthony hatte ihr gesagt, dass er kein Mann großer Worte war und oft Dinge sagte, die man sehr schnell falsch verstehen konnte. Er besaß eine sehr raue Schale, aber einen weichen Kern, den er zu verbergen versuchte, um keine Schwächen zu zeigen. Diese Geste gerade war ein Zeichen dafür, dass er hinter ihr stand und ihr vertraute. Und genau diese wortlose Geste machte ihr Mut. Schließlich zog Thomas sein Schwert und machte sich bereit zum Angriff. „Genug der Worte. Ich werde nicht ohne mein Kind gehen und wenn ich dich dafür in Stücke schneiden muss.“ „Pass auf, Thomas!“, rief Viola, als sie das hörte. „Alles, was mit ihm in Berührung kommt, verwandelt sich in ein Uhrwerk!“ „Schon verstanden.“ Thomas spannte jeden Muskel in seinem Körper an und machte sich bereit zum Angriff. Gleichzeitig bereitete auch er sich darauf vor, gleich selbst angegriffen zu werden. Er wusste, dass sein Gegner extrem gefährlich und stark war, aber er wollte es endlich zu Ende bringen. Wenn Belphegor aus dem Weg geräumt war, dann bedeutete es nicht nur die Freiheit für seinen Sohn, sondern auch ein sicheres Leben für Amara und Viola, die durch ihn in der Vergangenheit Schlimmes erlebt hatten. Doch bevor er angreifen konnte, nahm Amara seine Hand und hielt ihn zurück. „Diesen Kampf kannst du nicht gewinnen, Thomas. Du musst deinen Sohn retten, bevor es zu spät ist. Ich werde mich um Belphegor kümmern.“ Der ehemalige Stasi sah die Traumfresserin schweigend an und ein innerlicher Schrecken packte ihn, als er ihre Veränderung beobachtete. Der Regenschirm, den Amara immer bei sich trug, war verschwunden. Dafür aber hatte sie ihre Jacke abgelegt und trug nur noch das schwarze Kleid. Ihre Augen waren pechschwarz mit dämonisch funkelnden roten Pupillen und an ihrem gesamten Körper begannen sich Beulen zu bilden. Sie bewegten sich und drückten unter ihrer Haut, als würden sich Lebewesen darunter bewegen. Schließlich riss die Haut an mehreren Stellen auf und Augen kamen zum Vorschein. Ebenso rot glühende Augen, die denen glichen, die sich innerhalb des Regenschirms befanden. Sie suchten umher und glotzten in verschiedene Richtungen. Einige blinzelten sogar. Ihr Körper selbst magerte in sekundenschnelle ab und die Rippen begannen sich zu bewegen. Sie drückten sich nach außen und stießen durch die Haut, wobei sie ein großes Loch bildeten, das wie ein Maul aussah. Die Rippen krümmten sich und reihten sich zu einer Art Gebiss an, während sich immer mehr Augen sich auf Amaras Körper bildeten. Die Zöpfe lösten sich und ihr Haar nahm eine beinahe drahtige Struktur an. Ihr Mund zog sich bis über beide Ohren und sie entblößte mit einem Grinsen ihre scharfen Zähne, mit dem sie einem Menschen mühelos die Kehle zerfetzen konnte. Noch nie in seinem Leben hatte er so etwas Abstoßendes und Monströses zugleich gesehen. Dieses… Ding hatte mit einem Menschen gar nichts mehr gemeinsam und für einen Moment empfand er Angst vor dieser Kreatur und auch Ekel. Das Wesen gab ein leises Knurren von sich, dann sah es ihn an und gab mit einer unheimlichen krächzenden Stimme von sich. „Ich kann ihn wittern…“ Thomas verstand nicht, was Amara damit sagen wollte, doch bevor er fragen konnte, erklärte sie „Noah ist hier. Er steckt in Belphegors Körper.“ „So sieht es aus“, verkündete der abtrünnige Dream Weaver mit einem hämischen Grinsen. „Und das heißt im Klartext: Wenn ihr meinen Traumavatar tötet, dann stirbt das Baby. Ich glaube kaum, dass das wirklich so in deinem Sinne wäre, Thomas. Wäre doch zu schade für die arme Hannah, wenn sie erfährt, dass du ihr Kind auf dem Gewissen hast.“ Thomas ließ die Waffe wieder sinken, als er das hörte. Gleichzeitig aber war er rasend vor Wut, auch wenn er äußerlich genauso kalt und desinteressiert schien wie sonst immer. Seine Hand umschloss den Griff des Schwertes, das an einem kleinen Generator angeschlossen war, noch fester, woran sich seine Wut erkennen ließ. Dieser elende Belphegor benutzte doch tatsächlich Noah als Druckmittel, um ungeschoren davonzukommen. Und er, Thomas Stadtfeld, konnte nichts machen. Wenn er Belphegor angriff, bestand die Gefahr, dass er seinen Sohn verletzen könnte und wie konnte er Hannah jemals wieder ins Gesicht sehen, wenn er Noahs Tod verschulden würde? Für sie würde eine Welt zugrunde gehen, sie würde das nicht überleben! „Verlier nicht den Mut, Thomas“, gab die Kreatur mit der krächzenden Stimme von sich. „Ich weiß, wie ich Noah retten kann. Aber dazu musst du mir vertrauen, okay?“ „Tu was nötig ist.“ Belphegor hob ein wenig erstaunt die Augenbrauen, verlor aber sein listiges Lächeln nicht. „Na, wenn ihr euch so sicher seid, dann machen wir doch ein kleines Spiel daraus.“ Spöttisch lachte der Dream Weaver und stand auf. Plötzlich begann der Boden zu wackeln und die Bäume und Häuser begannen sich zu verändern. Sie bauten sich regelrecht selbst um nahmen die Form von großen Wandspiegeln an. Überall schossen Wandspiegel aus dem Boden und reihten sich zu Wänden aneinander. Sie ahnten Schlimmes und tatsächlich tauchte in sämtlichen Spiegeln Belphegors Bild auf. Ein schadenfrohes Lachen hallte durch das ganze Spiegellabyrinth wider. „Na? Wie wäre es, wenn wir ein kleines Spiel spielen? In welchem Spiegel bin ich wohl wirklich? Versucht es doch, herauszufinden. Mal sehen, ob ihr es schafft.“ „Das sieht dir mal wieder ähnlich!“ rief Viola und stellte sich neben Amara. „Du willst doch bloß Zeit schinden, bis du endlich genug Kraft hast, um dich selbst aus deinem Gefängnis zu befreien.“ „Das will ich gar nicht abstreiten“, sagte Belphegor und grinste breit. „Aber das wird euch leider auch nicht weiterhelfen. Hier sind knapp 1.000 Spiegel und in einem davon bin ich.“ „Wenn das ein Spiel werden soll, dann sollte man schon mit fairen Mitteln spielen.“ „Hm… da habt ihr Recht, da würde ja der Reiz am Spiel fehlen. Na schön, dann machen wir es so. Ich werde euch drei Tatsachen nennen. Eine ist wahr, eine ist lediglich zur Hälfte wahr und die andere ist von Grund auf gelogen. 1. Ich verstecke mich in einem Spiegel 2. Diese Wandspiegel hier sind die einzigen, in denen ich mich verstecken könnte 3. Selbst wenn ihr Noah rettet, wird Hannahs schwaches Herz den Geist aufgeben und sie wird sterben!“ Als Thomas das hörte, durchfuhr ihn ein leiser Schreck. Woher wollte Belphegor wissen, dass Hannah ein schwaches Herz hatte und dass sie vielleicht sterben könnte? Dieser Mistkerl wollte ihn doch bloß verunsichern, damit er sich eine Blöße gab. Hier gab es immerhin drei Möglichkeiten: Eine Wahrheit, eine Lüge und eine Halbwahrheit. Es konnte genauso gut sein, dass Belphegor gelogen hatte, was Hannah betraf. In dem Falle musste eine der anderen Tatsachen falsch sein. „Also gut, wir müssen uns jetzt gut überlegen, wie wir vorgehen sollen“, sagte Viola schließlich. „Die Frage ist, ob wir uns trennen oder zusammenbleiben.“ „Wenn wir uns trennen, laufen wir Gefahr, dass Belphegor uns eine Falle stellen wird.“ Da hatte Amara leider Recht, nur war es schwierig, herauszufinden, welche der drei Tatsachen nun richtig war. Was verdächtig war, das war die zweite Theorie. Belphegor hatte gesagt, es gäbe nur diese Wandspiegel, in denen er sich verstecken konnte. Das baute auf seiner ersten Tatsache auf. Also musste doch etwas dran sein, dass er sich in einem der Spiegel versteckte. Aber welche Spiegel gab es denn sonst noch? Viola überlegte und sah sich um, konnte aber keine anderen Spiegel als diese großen Wandspiegel erkennen. Inzwischen hatte der Regen aufgehört, doch der Himmel über Somnia blieb immer noch bewölkt. Amara, deren Arme nun so lang gewachsen waren, dass sie diese auf dem Boden abstützte wie es Affen zu tun pflegten, versuchte Belphegor zu wittern. Inzwischen war der letzte Rest ihres menschlichen Äußeres verschwunden und statt einer Nase besaß sie nur noch Nüstern, die sich langsam blähten, während sie die Luft einsog. Amara war nun wirklich der Inbegriff eines lebenden Alptraums geworden. Ihr Aussehen war dermaßen abstoßend, dass es wirklich eine Zumutung war, sie überhaupt anzusehen. Langsam ging Thomas die Spiegelwände entlang, in denen sich Belphegor spiegelte, der sie hämisch anlachte. Nun galt es gut zu überlegen. Wie konnte er am Besten herausfinden, welche Tatsache richtig oder falsch war? Was konnte man außer diesen Wandspiegeln nehmen, worin man sich noch widerspiegeln konnte? Hinter sich hörte er Viola und Amara miteinander reden, die sich ebenfalls die Köpfe zerbrachen. Ein platschendes Geräusch zu seinen Füßen riss ihn aus seinen Gedanken und als er zu Boden sah, bemerkte er, dass er in eine Pfütze getreten war. Ja richtig, Amara hatte es doch regnen lassen… Als er sein Spiegelbild im Wasser sah, hatte er eine Antwort gefunden. „Es gibt noch andere Spiegel!“, rief er den anderen zu und wies auf die Pfützen. „Ja stimmt. Also steckt Belphegor tatsächlich in einem Spiegel…“ „Dann ist alles klar“, knurrte das Monster und ein breites Grinsen zog sich über das ganze Gesicht. „Dann machen wir es wie Alice…“ Sie ergriff Thomas’ Hand und zerrte ihn mit sich. „Ich werde in diese Spiegel gehen und Belphegor eigenhändig rausholen. Wenn das geschieht, Thomas, musst du versuchen, ihn zu töten.“ „Aber was ist mit Noah?“ fragte Viola besorgt und sah zu Thomas, da sie sehr wohl wusste, wie viel hier eigentlich auf dem Spiel stand. Nicht nur für Traum und Realität, sondern auch für ihn und seine Verlobte Hannah. Doch er sagte einfach nur „okay“ und nickte kühl. Er vertraute Amara voll und ganz, dass sie einen Weg kannte, um seinen Sohn zu retten. Und wenn er Belphegor töten konnte, ohne dabei sein Kind in Lebensgefahr zu bringen, dann würde er es auch tun. Amara nickte ihnen zu, dann ging sie zu einem der Spiegel und verschwand regelrecht in diesem. Und kaum, dass sie darin verschwunden war, färbten sich sämtliche Spiegel pechschwarz. Ein heftiges Donnergrollen erschallte und der Boden begann zu vibrieren. Eine unsagbare Kraft war hier am Werke und nach und nach bildeten sich Risse in dem Glas. Plötzlich war ein lautes Brüllen zu hören, welches sogar Thomas einen Schauer über den Rücken jagte und kurz darauf fiel Belphegor aus dem Spiegel heraus. In dem Moment zog Thomas sein Schwert und griff in einem Blitzspurt an. Belphegor, der ziemlich mitgenommen aussah und offensichtlich gewaltsam aus dem Spiegel gestoßen worden war, reagierte noch rechtzeitig und sprang zur Seite. Er öffnete seinen Mund, legte den Kopf in den Nacken und zog eine weitere Kettensäge hervor, die mit einem mörderischen Kreischen ansprang. Kettensäge und Schwert prallten aufeinander und Funken sprühten. Ein harter Kampf brach aus und beide bewegten sich so schnell, dass man ihnen kaum zu folgen vermochte. Viola beobachtete den Kampf, bemerkte dann aber, dass Amara fehlte und sah sich um. Diese tauchte völlig erschöpft aus dem Spiegel auf und fiel zu Boden. „Amara!“ rief Viola und lief zu ihr. Einige der Augen auf ihrem Körper waren leer geworden und begannen sich zu schließen. Andere wiederum bluteten sogar. „Verdammt, er hat mich ganz schön in die Mangel genommen. Und? Wie sieht es aus?“ „Thomas macht gleich noch Hackfleisch aus ihm.“ Tatsächlich sah man dem Ex-Stasi nun zum ersten Mal wirklich Gefühle an. In seinen Augen war der brennende Hass zu sehen und ihn wütend zu sehen, machte Viola noch mehr Angst, als Amaras abstoßende Erscheinung. Bis jetzt hatte er sich immer einigermaßen zurückgehalten, aber jetzt, da er seinen absoluten Feind vor sich stehen hatte, der Hannah und seinem Sohn sowie auch Anthony, Vincent, Hannah, Viola, Amara und Evan geschadet hatte, war die magische Grenze überschritten. Schonungslos griff er Belphegor an und schaffte es, ihm mit seiner mörderischen Kettensäge die Stirn zu bieten. Immer mehr geriet Belphegor in die Defensive und konnte kaum zurückschlagen, da Thomas ihm immer zuvor kam und weiter zurückdrängte. „Meine Güte“, murmelte Amara, als sie das sah. „Der geht ja richtig ran.“ „Thomas ist seit seiner Geburt zum Töten ausgebildet worden. Aber sag schon Amara, was hast du vor?“ „Thomas wird Belphegor erst einmal zum Schwitzen bringen und dann kommt mein Part. Bleib du besser zurück, aber halte dich bereit, wenn ich dir das Signal gebe. Du wirst schon wissen, was du zu tun hast.“ Viola nickte und suchte sich Deckung, denn schon ließ Belphegor wieder eine Salve von Zahnrädern auf sie niederregnen. Thomas wehrte sie ab, zog sich aber dennoch mehrere Schnittverletzungen zu. Dann aber schaffte er es, dem Dream Weaver einen Stoß ins Herz zu versetzen und das war die Gelegenheit für Amara. Sie preschte nach vorne, packte Belphegor von hinten und das bezahnte Maul in ihrer Brust begann ihn regelrecht aufzusaugen. Der Dream Weaver schrie und wehrte sich, aber Thomas versetzte ihm noch einen Stoß. „Jetzt hol ich mir die Kraft wieder, die du mir durch deine miesen Lügen einfach so genommen hast!“ Belphegors Haut begann sich regelrecht abzuschälen und im Inneren dieses Monstrums zu verschwinden. Statt Fleisch und Knochen kamen Zahnräder und Getriebe zum Vorschein. Und im Inneren dieses Getriebes entdeckte Thomas Noah. Er streckte die Hand aus und versuchte, ihn durch dieses Gehäuse zu erreichen, aber es war zwecklos. „Warte“, gab Amara mit einem Krächzen von sich und hielt Belphegor fest gepackt. Der Sog dieses Mauls wurde immer stärker, sodass selbst Thomas Mühe hatte, sich davon nicht einsaugen zu lassen. Belphegors Zahnradkörper begann auseinanderzufallen und die Zahnräder verschwanden nach und nach in Amaras Inneren. Jeder Versuch, sich zu befreien, war zwecklos und der Dream Weaver schrie entsetzlich und wehrte sich nach Leibeskräften. Und dann geschah alles ganz schnell: Belphegor und auch Noah wurden in das Maul gezogen und verschwanden. Der Ex-Stasi war für einen Moment lang entsetzt und hätte beinahe die Fassung verloren, da sank die Kreatur in die Knie und rief „Jetzt mach schon… hol ihn… raus…“ Nun war Viola zur Stelle und steckte ohne zu zögern einen Arm in Amaras Brust und zog vorsichtig den kleinen Noah heraus. Und kaum, dass sie ihn herausgezogen hatte, veränderte sich auch Amaras Aussehen. Langsam nahm ihr Körper wieder menschliche Gestalt an, die Augen verschwanden und sogar ihre Haut nahm Farbe an. Ihr Haar, das sonst weiß gewesen war, nahm ein ähnliches brünett wie Viola an und als die Verwandlung vollzogen war, sah sie wie ein ganz normales Menschenmädchen aus. Doch dann bildeten sich auf ihrer Kleidung dunkle Flecken und Blut floss ihr aus dem Mund. Sie hustete und brach erschöpft zusammen. „Amara!“ rief Viola und drehte sie auf den Rücken. Nun erkannten sie, was mit ihr passiert war: Sie hatte nicht nur Belphegor und Noah absorbiert, sondern auch die Verletzungen, die sich letzterer beim Kampf zugezogen haben musste. Amara hatte tatsächlich ihr Wort gehalten und Noah gerettet. Dem Kind selbst schien es gut zu gehen, der Kleine schlief seelenruhig, als wäre nichts geschehen. Kein einziger Kratzer… Thomas nahm diese kleine zarte Hand und sah, wie sich die winzigen Fingerchen dieses Kindes um seinen Zeigefinger schlossen, als wollten sie ihn nie wieder loslassen. Zum ersten Mal hielt er sein eigenes Kind im Arm. Und es war ein überwältigendes Gefühl und würde er nicht so eine unmenschliche Selbstbeherrschung besitzen, hätte er vor Freude noch geweint. Dann aber fiel sein Blick auf Amara, die sich langsam wieder aufrichtete und den letzten Rest Blut ausspuckte. Sie wankte ein wenig, hatte aber rein äußerlich gar nichts mehr mit einem Traumfresser gemeinsam. Wie war das möglich? „Ich hoffe, du bist mir nicht böse“, brachte sie mit ein wenig Mühe hervor und hielt sich an Viola fest. „Ich habe versehentlich seine ganze Kraft absorbiert, was also heißt, dass Noah rein menschlich ist.“ „Schon gut, es ist besser so“, sagte Thomas und tat dann etwas, was für ihn normalerweise völlig untypisch war und wozu er sich noch nie in seinem langen Leben überwinden konnte: Er umarmte Amara und sagte „Danke, dass du meinen Sohn gerettet hast.“ Amara errötete, als sie das hörte und vor Freude darüber, dass Thomas sie sogar umarmte, kamen ihr sogar die Tränen. Doch dann konnte sie sich endgültig nicht mehr auf den Beinen halten und sank erschöpft in die Knie, aber sie war dennoch froh über dieses glückliche Ende. Aber dann schwand dieses Lächeln auch wieder, denn sie erinnerte sich nämlich an etwas. „Wenn Belphegor einmal gelogen und einmal die Wahrheit gesagt hat, was ist dann mit der Aussage, dass Hannah mit ihrem schwachen Herzen sterben wird?“ Hierbei verdüsterte sich Thomas’ Blick wieder und man konnte ihm ansehen, dass auch ihn diese Sache beschäftigte. „Keine Sorge“, ertönte plötzlich eine vertraute Stimme hinter ihnen. „Du wirst ihr bald Gesellschaft leisten, wenn sie erst mal krepiert ist.“ Thomas wurde ein klein wenig blass als er sah, dass Belphegor hinter ihnen war. Er sah aus, als wäre ihm rein gar nichts passiert und hämisch grinste er. Er warf seine Kettensäge an, die ein Kreischen von sich gab, als würde ein Kind bei lebendigem Leibe zersägt werden. „Netter Versuch, aber leider zwecklos. Solange ich noch meinen richtigen Körper habe, werde ich in dieser Form als Traum weiterexistieren. 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