Interdependenz Buch 1 von abgemeldet (Die schweigende Lilie) ================================================================================ Kapitel 26: Seraph ------------------ Ayco konnte nicht ganz vergessen, was Lea gesagt hatte. Ihm spukten ihre Worte beständig durch den Kopf. Etwas vergessen, etwas, was ihm so viel bedeutete? Er hatte aber wirklich nie vorher mit Männern geschlafen...! Wenn er sich daran orientierte, so konnte sie nur lügen. Er ließ sich widerstandslos füttern und nahm auch brav den Tee, den Luca ihm geduldig einflößte. Erst als Luca ihn ins Bad brachte, unterbrach Ayco seine Grübeleien. Nun hatte es keinen Sinn mehr sich dagegen zu wehren. Luca trug ihn gerade die Stufen herab, direkt in den Baderaum. Er ließ es zwangsweise geschehen. Luca schloss die Türe mit dem Fuß hinter sich, setzte Ayco wieder auf das Holzbänkchen und kniete dann vor ihm nieder. Der Elf schaute stur über Lucas Schulter hinweg, zu dem dampfenden Becken... Er erinnerte sich wieder, was Luca zuletzt mit ihm hier gemacht hatte und schauderte, aber zugleich erinnerte er sich auch an das starke ziehen seiner Lenden, als Luca sich vor ihm entkleidete. Ihm machte das Bad mit Luca furchtbare Angst. Luca ergriff Aycos Hände und hielt sie in seinen. "Ayco... Aycolén?" Er sah in die Augen des Magiers. Solch sanfte, liebe Augen... Ayco merkte bereits, dass er sich dem Zauber des jungen Mannes nicht mehr erwehren konnte. Gleich ob er Angst hatte, oder nicht, aber er wollte dass Luca bei ihm war, wollte in diese warmen, grünen Augen blicken. Luca nahm einen Kamm und begann die einzelnen Strähnen von Aycos Haaren auszukämmen. Langsam und geduldig, Strähne für Strähne... Schließlich wanden sich alle silbernen Haare um Aycos Körper, flossen wie Mondlicht über den Boden... Luca kniete sich wieder vor den Elfen und sah ihn lange Zeit bewundernd und verträumt an. "Silber, geschmolzen in der eisigen nacht, herabgeflossen aus der Nacht, gefangen im Spiegelbild eines Sees... Immer wenn ich Dich ansehe, glaube ich einen Engel zu sehen, der aus der Nacht herabkam, der im Mondlicht badet, so etherisch ist, dass er zu Luft zerfasert, wenn ich nur versuche, meine Finger nach Dir auszustrecken. Du bist für keinen einfachen Menschen oder Elfen geschaffen. Du bist etwas besonderes und wunderschön, ungreifbar, irreal, ein Traum, der erlischt, wenn man ihn das Jetzt zerrt, in die Wirklichkeit, der unangetastet bleiben muss, behütet, beschützt..." Luca sah ihn an und Ayco erwiderte den Blick. Etwas darin war nun weich, offen, berührt... Und Luca begriff, dass Ayco ihn verstanden hatte... Er wirkte nicht wirklich überrascht... Nach und nach erkannte auch Ayco, dass Luca nicht in der Handelssprache gesprochen hatte, sondern in Seraphin... Seiner Sprache! "Luca..." flüsterte Ayco erschrocken. Der Magier schluckte. Er hörte seinen Namen, der Ayco über die Lippen kam, bewusst, nicht im Traum! "Du... verstehst mich, wenn ich in Seraphin zu Dir spreche," murmelte der Magier. "Aber nur wir Seraphs, unser Volk spricht noch diese Sprache! Es gibt fast keine Seraphs mehr... Wir halten uns verborgen... Wir... Wer hat Dich das gelehrt?!" Er kniete Vor Ayco, fast flehentlich starrte er den Elfen an. Dann zog er sich das Hemd über den Kopf und ließ es neben sich auf den Boden fallen. Etwas geschah, das spürte Ayco... Luca umklammerte seinen Oberkörper, krallte seine Nägel in seinen Rücken... Dann zuckte er zusammen und krümmte sich nach vorne, keuchte... Sein Gesicht, es war eine Maske, ein stummer Schrei, seine Augen fest geschlossen... dann platzte die weiße Haut längs an Lucas Rücken auf und rechts und links brachen Knochen hervor, lang, spitz... Sie wuchsen aus ihm heraus! Blut rann über seinen Rücken nach vorne zu seiner Brust, seinem Bauch und färbte seine Haut rot... dann schwarz... Seine gesamte Haut wurde schwarz! Und seine Gelenke streckten sich, wurden feiner noch, schlanker und zerbrechlicher... Seine Flügelknochen stießen gegen die Decke und dichte, schwarze Federn wuchsen heraus... Erst danach entspannte er sich wieder. Als er den Blick hob, fand er einen entsetzten, erstarrten Ayco vor sich. Enttäuscht und traurig stand er auf und trat zurück. "Ich wollte Dir keine Angst machen. Bitte... ich bin Dein Freund. Ich..." Ayco betrachtete Luca nun doch mit wachsender Neugier und Bewunderung. Langsam erhob er sich und kam auf Luca zu, blieb dicht vor ihm stehen... Gott, wie klein er sich doch fühlte, jetzt... Luca war riesig groß, weit über 2 Meter, feingliedriger als jeder Elf, zarter und schöner als ein Celestial, und sein Gefieder glänzte. Gewaltig erschienen die Schwingen, mindestens zwei mal so groß wie er selbst nun war. Sein schwarzes Haar flutete wie ein Wasserfall weit hin über den Boden und dieses reine, wunderschöne Gesicht!!! Er war ein Engel, ein Celestial, unsäglich schön... genau wie seine Seele... Er streckte seine Finger nach Lucas Gefieder aus, strich behutsam hindurch und senkte den Blick. Er spannte sich nicht an, blieb völlig ruhig und gelassen, als plötzlich sein Hemd über den Schultern zerrissen wurde und gewaltige, schwarz gefiederte Flüge sein Silberhaar teilten. Auch sein Leib streckte sich und seine weiße Haut verfärbte sich in Schwarz und er wuchs... Aber all das sah so anmutig und träumerisch schön aus, so leicht... Er war immer noch ein wenig kleiner als Luca, aber so unsäglich schön... Luca spürte einen tiefen Stich in seinem Herzen. Allein dieser Moment, in dem ihm Ayco sein Geheimnis offenbarte, zeigte ihm, dass der Junge ihm endgültig sein Vertrauen schenkte. Und Luca verliebte sich in dem Augenblick noch tiefer in Ayco... Sehr viel tiefer, und völlig neu. Lucas ganzer Körper zitterte als er Ayco gegenüberstand. "Du bist schon so lang in meinen Träumen, genau so... Du erfüllst mein Bewusstsein seit meiner Kindheit, du mein Traum, meine Liebe, mein Wunsch und meine Hoffnung," flüsterte Luca. Tränen schimmerten in seinen Augen. Ayco wollte sich sofort bei den Worten distanzieren, aber er erinnerte sich an Träume, schöne Träume, die er weit vor seiner Kriegsgefangenschaft hatte, Träume, die ihn seit seiner Jugend begleiteten, ihn wärmten und ihm Mut machten, ihn damals immer wieder zurückholten, wenn er sich das Leben nehmen wollte. Er erinnerte sich an die Augen, die leuchtenden Smaragdaugen in all der Schwärze. "Du bist ein wahrer Engel," flüsterte Luca. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)