Interdependenz Buch 1 von abgemeldet (Die schweigende Lilie) ================================================================================ Kapitel 24: Traumwelten ----------------------- Ayco schlief tief und friedlich, in Lucas Schoß gekuschelt. Mit beiden Armen umschlang er die schmale Taille des Magiers, weit entfernt von allen Ängsten und Sorgen, aber sich immer noch dessen bewusst, dass auf diese Weise nur er Luca für sich hatte. Ein gutes, beruhigendes Gefühl. Luca war ihm, nur ihm... Nachdem Ayco eingeschlafen war, begann Luca ihm sanft, bewusst vorsichtig, den Kopf zu kraulen und spielte mit den langen, silbernen Strähnen Haares, die ihm in die Stirn hingen... Dieser Elf war das reinste und schönste Geschöpf, was Luca je begegnet war. Und niemals hatte ihn eine andere Seele so sehr berührt, so tief getroffen... Alles änderte sich in Lucas unstetem Leben, angefangen mit seiner Abscheu vor dieser Stadt, bis hin zu der Tatsache, dass er es nie lang an einem Ort aushielt... Ayco brachte ihn dazu diese Stadt zu lieben, denn solch ein Geschöpf, Ayco, rein wie eine weiße Lilie, ward aus ihr hervorgebracht, aus diesem gewaltig Moloch aus Gefühlskälte und Ignoranz. Luca würde immer Valvermont mit dem zauberhaften Elfen verbinden. Ayco war es, der in Luca die Liebe weckte, der ihn mit seiner kristallenen, klingenden Seele verzauberte, bannte... Der Elf wünschte sich nur noch, immer für Ayco da zu sein. In dieser Nacht beteuerte Luca es seinem schlafenden Freund immer und immer wieder. Auch wenn Ayco es nicht direkt wahrnahm, so drangen doch diese Worte in seine Träume ein... und der Elf begann sich noch enger an Luca zu schmiegen, suchte seine Nähe, seine Wärme und seinen Schutz... Luca schwor sich, für ihn sesshaft zu werden, in Valvermont zu bleiben und auf ihn zu achten, ihn immer zu beschützen. Luca zog ihn fest in seine Arme... "Ich will immer da sein, immer, solang ich lebe. Ich brauche Dich, aber mehr als das brauchst Du im Moment mich. Ich bleibe bei Dir, solang Du mich in Deiner Nähe willst, und wenn du mich nicht mehr willst, wache ich im Stillen..." Luca lächelte und wiegte den Elfen. Der Elf räkelte sich leicht und schlang seine Arme erneut um Luca... Dann schmiegte er seinen Kopf an die Schulter seines Freundes. "Luca..." murmelte Ayco schlaftrunken, schien für einen Moment hoch zu dämmern, sank dann aber wieder in seinen erholsam tiefen Schlaf zurück. Er träumte... träumte von dem Magier... und es waren glückliche Träume... Das Herz des Magiers setz in dem Moment für einen Augenblick aus, nur um 100 mal heftiger weiterzuhämmern. Hatte Ayco eben gesprochen...? seinen Namen geflüstert...? irrte sich Luca auch nicht? Wie betäubt saß Luca da. Nur langsam, nach und nach sickerte die Bedeutung dieses einzelne Wort, Lucas Namen aus Aycos Mund, in sein Bewusstsein... Dann realisierte er, dass der Junge langsam Vertrauen zu ihm gewann... und Zuneigung für ihn entwickelte. Glücksgefühle explodierten in seinem Herzen und erfüllte in Sekunden seinen gesamten Körper, wischten alle Sorgen und Ängste weg... Allein dieses eine Wort, dass ihm über seine Lippen kam, diese sanfte, helle, klare Stimme, die an eine Kristall Harfe erinnerte, änderte alles, für immer! Und auch wenn er das noch nicht zu erkennen und zu überblicken in der Lage war, so spürte er es mit seinen weit offenen Sinnen... Und sein Herz entbrannte erneut, noch heller und stärker in dieser tiefen Liebe zu Ayco... "Ayco..." Behutsam strichen Lucas Fingerspitzen über die trockenen Lippen des Elfen. "Ayco, mein liebster Ayco..." Für ziemlich lange Zeit blieb Luca noch wach im Bett sitzen und beobachtete Aycolén, der in seinen Armen lag und schlief. Ayco schien sich mit jedem Moment mehr zu entspannen und ruhiger in Lucas Armen zu werden. Dem Magier gefiel es, Ayco zuzusehen und zugleich beruhigte ihn das Bild, sodass er nach und nach selbst einschlief... Nebelfinger streckten sich nach Lucas Bewusstsein aus, tasteten nach seiner Seele, seinem Herzen...... umsponnen ihn, begannen ihn überall zu berühren, glitten unter seine Kleider, seine Roben und erkundeten die glatte, weiche, weiße Haut, mit seinem Körper und seinem Haar spielten. Luca hatte das Gefühl, dass der Nebel stofflich wurde, zu unzähligen Händen, die ihn berührten, streichelten, ihm die Kleider vom Leib rissen und in ihn eindrangen... Luca schrie vor Angst und Schmerzen... In dem Moment erwachte der Stern zwischen seinen Brauen zu neuem Leben. Blaue Elmsfeuer fuhren die Linien des Pentagramms nach und entzündeten es. Lucas Augen füllten sich mit unsäglicher Wut. Seine Lippen formten Worte, ohne dass er sprach, seine Hände zeichneten unaussprechliche, uralte Symboliken in die Luft, längst vergessene, begrabene Zauber... Etwas berührte den Stern auf seiner Stirn und zugleich drang etwas brutal in ihn ein... Ein stummer Schrei löste sich von Lucas Lippen. Er erinnerte sich nur zu gut an den Tag, als sie alle bei ihm waren... der Tag seiner Initiation. Aber warum träumte er davon? Das lag unendlich viele Jahre zurück. Als sich Luca aber darüber bewusst wurde, lösten sich die Hände wieder in Nebel auf und faserten auseinander... Luca sah sich aufmerksam um. Auch wenn er den Alptraum abgeschüttelt zu haben schien, so war er dennoch nicht vorbei. Aus der Finsternis um ihn erwachten blaue Feuer zu leben, die aus dem Nichts zu kommen schienen, verzerrten die Schatten, gaben den Ordenshöfen den Anschein endlose, gigantische Hallen zu sein, endlos, ein Labyrinth... Dann flackerte etwas, der künstlich angelegte, runde See im Zentrum des inneren Tempels, der inneren Hallen, flammte in blauem Feuer auf und die Vertiefungen des in den Stein gemeißelten, gewaltigen Pentagramms, was den See einschloss, füllten sich mit schimmerndem, blauem Wasser... An jedem der spitzen des Pentagramms lag in den Boden eingelassen ein Opferstein für jedes der fünf Elemente. Wasser... es schimmerte in sanftem Licht, immer wenn wie aus dem Nichts ein Tropfen in die winzige Vertiefung fiel und einen hellen, silbrigen Laut ergab, als klirren Kristalle gegeneinander, wenn der Wind sie bewegte... Feuer... Eine winzige Feuerquelle erwachte. Die Flammen konnten keine Nahrung bekommen, und dennoch loderten sie mit jeder Sekunde heller und höher. Der Wind... eine winzige Windhose tote stationär an einem einzigen Punkt und brachte den Duft von Feldern, Wäldern, Meeren und Bergen mit sich. Die Erde... in dieser Vertiefung lag ein einfach erscheinender Stein, der im Rechten Licht alle schätze seines Elementes in sich trug und dennoch nicht übersättigt und tot war... Gold und Kupfer, Eisen und Diamant, Silber... und in seinem Inneren pochte etwas, im Rhythmus eines Herzens... Die Seele des ältesten Drachens dieser Welt... Das letzte Element, das fünfte Element war es, was Luca am meisten ängstigte, obgleich es der Schutzpatron des Ordens war... Die Leere. Das unfassliche, ungreifbare nichts besaß die finsterste Magie... Es war alles, der Anfang und das Ende. Luca kannte die Legende zu gut. Alles kam aus dem Nichts, und alles würde dort hin zurückkehren. Luca stand reglos auf einer der Terrassen und sah herab... Das Schauspiel faszinierte ihn, beeindruckte ihn, machte ihm aber auch Angst. Reglos wartete er darauf, was noch kommen mochte. Seine Konzentration öffnete etwas in seinem Geist. Er fühlte das kalte Feuer, dass dort brannte, erkannte die Macht darin... tief in sich antwortete auf den klaren, eisigen Klang ein Echo, ein Pendant, das im gleichen klang zu schwingen begann und eine Türe in seinem Geist aufstieß, weit aufstieß. Für einen Moment vergaß er alles um sich, trat aus seinem Körper heraus und befreite sich von allem, was man ihm so mühsam im Orden gelehrt hatte... E war so einfach... so leicht, so... Die Türe in seinem Geist, die sich gerade eben geöffnet hatte, wurde grob wieder zugeschlagen! Luca fuhr zusammen. Seine Augen waren geweitet und sein Herz raste. Er wusste, was er in dem Moment verloren hatte... Das Wissen, das Geheimnis um den Blauen Stern, für einen winzigen Moment hielt er alles Wissen über den Orden in seinen Händen, für einen Herzschlag... Keuchend wischte er sich den Schweiß von der Stirn und bemerkte mit schrecken, dass er selbst einen leichten Stromschlag bekam, als er das Pentagramm auf seiner Stirn berührte. Es musste noch immer Blitze und Funken schlagen. Er fror plötzlich und fühlte sich beobachtet... Langsam sah er sich um, ruhig, sicher seine alten Kameraden zu sehen, mit denen er gelernt und gelitten hatte, unter denen er aber auch zu leiden hatte. Und so war es. Alle 291 Adepten und Akoluthen, Pilgerer und Meister waren um ihn versammelt, auf den unterschiedlichsten Terrassen, und alle blickten ihn an. Luca störte sich nicht mehr daran. Ruhig begegnete er den Gesichtern, die e so verabscheute, so gut kannte... Dann fühlte er die Präsenz Ihads, seines Großmeisters... Ein gehörnter Schatten, imposant und gewaltig... Penetrantes Klopfen riss ihn aus seinen Träumen. Luca sah auf und unsäglicher Schmerz explodierte in seinem Rücken. Luca wurde gerade erst wieder bewusst, dass er die ganze Nacht hindurch gesessen hatte, gegen die Wand gelehnt zwar, aber nichts desto trotz schien sich jeder Muskel in seinem Rücken gegen ihn verschworen zu haben... Und so dünn wie Luca war, so sehnig und muskulös war er auch... Im Augenblick hasste er es einfach nur. Sein Blick glitt zu dem friedlich schlafenden Jungen in seinem Schoß. Lächelnd strich er über Aycos Haar. "Ja," sagte er leise. Er ging fast davon aus, dass es Justin war, und der Vampir würde ihn hören. Tatsächlich kam der Elf einen Moment später zögernd herein. "Du hast nicht vor mir abgeschlossen?" Er blieb neben der Türe stehen, den Knauf noch immer in der Hand. Luca legte den Finger über die Lippen und deutete auf Ayco. Die dunklen Augen des Vampirs folgten der Bewegung. Schmerz schlich sich in den Blick. Luca konnte sehen, dass Justin sich verraten fühlte. "Setz Dich zu mir," murmelte der Magier. "Und erzähl mir, was Dir auf der Seele liegt." Justin zögerte lange, bevor er sich dem lieben, offenen Lächeln Lucas hingab. "Komm schon..." Justin setzte sich neben Luca nieder und sah auf Ayco herab. "Er ist halsstarrig und aufbrausend, wenn er wach ist, und wie ein Kätzchen, wenn er schläft." "Er hat nur Angst, Justin," sagte Luca leise und streichelte Aycos Haar aus der Stirn. "Wie anschmiegsam und lieb er doch ist..." liebevoll fuhr er das Profil des Elfen nach. "Er verletzt Dich, und doch liebst Du ihn..." Luca sah ihn aus den Augenwinkeln an und nickte. "Ja, ich liebe ihn. Das ist der Mann, an den ich mein Herz verloren habe... Mir geht es darin nicht anders als Dir. Du leidest durch deine Liebe zu mir viel mehr als ich es je kann... Und dafür möchte ich Dich um Entschuldigung bitten, denn egal was Du von mir glaubst, ich liebe dich als meinen besten Freund. Ich will Dich nicht verletzen... Nie." Justin starrte den Jungen an, dann hob er den Blick. Die alte Wut erwachte erneut in ihm. Er wollte seine Wut an Luca auslassen, aber er tat es nicht. Noch immer gab es Hoffnung in Justins Herz. Die tiefe Hoffnung, ja beinah schon Sicherheit, dass Luca unglücklich würde, Ayco ihn abwiese und Luca schließlich wieder zurück in seine Arme käme. Dann würde er den Magier nie wieder weglassen, und wenn er Luca einsperren und an sein Bett ketten müsste...! Er lächelte nur matt. "Ich bin immer da, egal was Du tust. Du bist immer ein Teil von mir. Und deshalb komm zu mir zurück, wenn er Dich zu sehr quält..." Luca neigte sich zu Justin und gab ihm einen sanften Kuss auf den Mund. Auch wenn Justin es noch nicht begriff, aber er es war Lucas Abschiedskuss. Ein sehr sanfter, süßer Kuss, der noch immer so unschuldig wirkte wie der Kuss, den Justin als ersten von Luca bekam, als dieser ein kleiner Junge war, ein neun Jahre altes Kind. Justin wollte den Kuss erwidern, leidenschaftlich, aber Luca strich mit seinen Fingern über die Wange des Vampirs. "Bitte nicht," flüsterte der Magier und zeichnete Justins Lippen mit den Fingerspitzen nach. Er lächelte auf eigentümliche, entschlossene Weise. Er wusste, dass er nie wieder im Stande sein würde bei einem anderen zu sein als Aycolén. Auch wenn er dem Elfen nie begreiflich machen konnte, was er fühlte, und welche tiefe Bedeutung hinter der Liebe eines Seraphs stand. Aber das war gleich... Luca wäre immer da für ihn... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)