Interdependenz Buch 1 von abgemeldet (Die schweigende Lilie) ================================================================================ Kapitel 14: Duell ----------------- Obgleich Ayco selbst am Ende seiner Kräfte war, fuhr er auf und griff nach Luca, fasste seine Hände und griff um seine Schultern... Entsetzt sah Ayco ihn an, nah am Rande der Panik. Niemand schien es bemerkt zu haben. Viele schliefen noch, und die wenigen, die wach waren, schienen alle ans Bett gefesselt zu sein... Zur Hölle...! Luca war nicht schwer, aber so schlaff wie er in Aycos Armen lag würde er dem Jungen bald zu schwer werden. Behutsam lies er den Magier zu Boden gleiten und stand unsicher auf... Alles begann sich um den Jungen zu drehen, irgendetwas rauschte wie Meeresbrandung und sein Herz begann im gleichen Moment zu Rasen, in dem in seinem Schädel dumpfer, pochender Schmerz erwachte und sich in einem Herzschlag zu wilder Raserei steigerte... Ihm wurde schwarz vor Augen... Grelle Lichtblitze zuckten hinter seinen Lidern... Hinter seinen Lidern? Ayco war sich 100 prozentig sicher, die Augen weit offen zu haben... ihm war schwindelig. Für Sekunden fehlte ihm jede Orientierung. Dann sank der Schwächeanfall auf ein Minimum herab... Das Rauschen in seinen Ohren war sein eigenes Blut erkannte er nun. Durch das ständige Liegen war ihm gar nicht bewusst geworden, wie schwach sein Körper tatsächlich war. Unsicher ging er auf die Knie und strich Luca vorsichtig das haar aus dem Gesicht und erschrak ein weiteres mal. Lucas Wangen waren angeschwollen, das eine Auge blau und geschwollen, seine Lippe aufgeplatzt... Wie heftig musst Justin ihn geschlagen haben. Behutsam streichelte Ayco über Lucas Gesicht. Im Grunde sollte es ihn nicht berühren, ihm Gleichgültig sein, aber Luca war ihm nicht gleichgültig. Ganz und gar nicht. Zumal Ayco genau wusste, dass Justin den Magier zusammengeschlagen hatte, weil er sich um ihn kümmerte, weil Luca mehr Zeit bei Ayco verbrachte... Aber wieso hatte er die Besinnung verloren...? Ayco wusste es plötzlich. Als er Justin am vergangenen Abend ansprang und gegen ihn kämpfte, stürzte der Vampir und begrub Luca unter sich... dabei hatte Ayco mehr am Rande bemerkt, dass Luca kurz vor Schmerz das Gesicht verzog. Schließlich waren Ayco und der Vampir beide auf ihm zu liegen gekommen... Aber solch feine Knochen, dass er zwei solch leichte Männer nicht aushielt konnte er nicht haben. Darin war sich Ayco sicher...Behutsam tatstete er durch Lucas grobes Leinenhemd... Seine linke Seite war geschwollen, in Höhe der Rippen... Im Augenblick überwog Aycos klarer, logischer Verstand über seine Selbstvorwürfe und Selbstzweifel. Er hatte nicht so viel Zeit mit seiner Mutter und Schwester verbracht, um nicht doch sehr viel über Heilkunde und Kräuterwissen für sich zu verinnerlichen... Mit flinken Fingern löste er die Schnürung von Lucas Hemd bis zum unteren Saum und streifte es ihm von den Schultern. Die Haut des Magiers fühlte sich außergewöhnlich kühl und glatt an, fast wie Porzellan, zugleich aber auch feucht, verschwitzt. Dann sah er ein Hämatom, dass über Lucas gesamte linke Seite ging... Seine Rippen oder auch Rippe, waren gebrochen... Er tastete fachkundig sicher Lucas Flanke ab, wobei der junge Mann die Luft zwischen den Zähnen einsog und sich nervös, wohl unter Schmerzen abwendete. Dennoch erlangte er das Bewusstsein nicht wieder. Die dritte Rippe von unten war gebrochen und mehrere andere angebrochen. Seltsam... Luca musste Glasknochen haben... Aber wieso begab er sich dann in solche Gefahr im Krieg an vorderster Front zu kämpfen? Luca musste genauso wahnsinnig sein, wie... er selbst. Genau die selbe Todessehnsucht... Justin würde ihn sicher mit seinen gewalttätigen Schlägen Luca umbringen... Nur, warum wehrte sich Luca nie? Egal, es war nicht seine Sache, sich darüber Gedanken zu machen... und dennoch ging ihm nicht aus dem Kopf wie traurig und sanft Luca zu Justin aufsah, während dieser auf ihn einschlug. Es widerstrebte Ayco, zuzugeben, dass Luca solche Gewalt angetan wurde, er verstand es nicht. Der Grund dessen blieb ihm verborgen. Einerseits verabscheute er Lucas Schwäche dahingehend, hasste ihn fast dafür, andererseits bewunderte er Lucas Gleichmut und seine Beharrlichkeit. Er nahm alles hin, und dennoch blieb er freundlich und gutmütig... Behutsam strich Ayco über Lucas Wangen... Er hatte keine Kräuter und kein Verbandsmaterial. Nachdenklich sah er sich um... Niemand nahm Notiz von ihm oder dem bewusstlosen Luca... Er überlegte kurz... dann tastete er an seiner eigenen Brust entlang. Sein Oberkörper war bandagiert... Mit flinken Fingern löste er die Schnüren an seinem Hemd und zog es über den Kopf, um dann die Knoten der Leinen Binden zu öffnen. "Lass ruhig, Junge..." Justins ruhige stimme klang sehr nah. Ayco hatte ihn nicht kommen hören und nun saß der Vampir hinter ihm auf der Pritsche...?! Er fuhr zusammen, sah ihn aus weiten Augen an und konnte einen Schauer nicht verhindern. "Du hast Angst vor mir?" Aycos Lippen klafften auf. Ja, er hatte Angst, große Angst, aber nicht um sich sondern um Luca... "Ich kümmere mich um ihn." Justin erhob sich. Ayco sah zu Boden. In ihm stritten zwei Stimmen. Eine flüsterte ihm zu, dass Justin Luca quälen, verstümmeln, versehentlich töten konnte, und das passierte, wenn er nichts dagegen tat, die andere, gleichgültige wisperte, dass er schweigen sollte, nichts tun, denn es ging ihn nichts an, und Luca wäre er dann los... Er wollte doch sterben, also, was machte es dann, wenn auch Luca unter Justins Willkür litt oder im schlimmsten Falle sein Leben verlor...Justin stand breitbeinig über Luca, hoch aufgeschossen, zart, zauberhaft schön, sie der blutigste Sonnenuntergang überhaupt, den Blick der tiefen, dunklen, wissenden Augen auf seinen Geliebten gerichtet... Er bemerkte gar nicht, dass er auf Lucas Haaren stand, die wie ein schwarzes Meer über den Boden fluteten. Dafür allein stieg in Ayco schon eisige Wut auf. Wie ging er mit Luca um?! Wenn Luca sein Gefährte wäre, würde er ihn sich nicht so herablassend und wie etwas selbstverständliches behandeln... Der Magier war kein Gegenstand, sondern ein lebendes, fühlendes... Wesen... Aycos Zorn ebbte ab... Er war ein fühlendes Wesen, jemand, der darunter litt, was Justin tat, aber offenbar auch unter Aycos Reaktionen... Verdammt! Was ging ihn Luca an?!!!! Justin ging auf die Knie und nahm Luca in seinen Arm, strich ihm Haarsträhnen aus dem Gesicht und fuhr mit seinen Fingerspitzen über Lucas Brust zu der Stelle, an der seine Rippen gebrochen waren... Diese Berührung ließ Luca leise aufstöhnen... "Ich nehme dich mit und heile dich, mein Schöner... Ich will Deinen Anblick wieder genießen, wenn Du vor mir stehst, wenn Du für mich singst und tanzt und dich von mir lieben lässt..." Er wollte gerade aufstehen, als Ein leichter Ruck durch seinen und Lucas Köper ging... Justin sah fragend zu Ayco. Der Junge Elf kauerte auf dem Boden, in einer absolut verqueren Haltung, fast wie ein verängstigtes Kind, die Beine mit einem Arm umschlungen, den Kopf nach vorne geneigt und den Blick zornig, trotzig, zu Justin hinauf gerichtet. Der Vampir sah die Augen des Elfen kaum unter dem silbernen Pony... aber dennoch spürte er die Entschlossenheit darin. Aycos Hand hielt Lucas fest. Es war nicht einmal ein sonderlich fester Griff, und Justin hätte ihn mit Leichtigkeit sprengen können, aber diese Augen... Der Vampir starrte ihn an. Ayco wusste, dass er sich nun offen auf ein Duell gegen Justin einließ, bei dem der Preis Luca war. In den dunkelblauen Augen regte sich im ersten Moment nichts. Nur Verachtung... Der Ausdruck bei Ayco bleib ebenfalls unverändert. Er wollte Luca nicht hergeben, nicht jetzt, wo er Justin ausgeliefert war, bewusstlos und schwach. Unverwandt starrte er den Vampir an, bis dessen Blick nicht mehr Verachtung, sondern deutliche Niederlage zeigten... "Ich werde dennoch gewinnen," sagte er schließlich und legte Luca vor Ayco nieder. "Er gehört nur mir, Ayco. Sein Körper, seine Seele, sein Leben." Er stieg über Ayco und Luca hinweg und verließ den Saal... Aycos Hand hatte sich so fest um Lucas verkrampft, dass er seien Finger nicht mehr aus eigener Kraft zu lösen vermochte... Jetzt, wo die Anspannung von ihm abfiel, begann Ayco hilflos zu schluchzen... Was um Himmels Willen hatte er getan? Welche Dummheit...? Und das für einen Mann, der ihm nichts bedeutete und den er nicht kannte, den er nicht einmal wirklich mochte...! "Theatralisch, der gute Justin," murmelte Torben, der alles wohl beobachtet hatte... "Eben durch und durch ein Barde..." Ayco fuhr mit einem leisen Aufschrei hoch und flüchtete auf sein Bett, unter die Decken... Luca erwachte und fand einen völlig verstörten Ayco vor, der an ihm vorbei ins Nichts starrte, und alles um sich herum ignorierte an diesem Tag. Der innere Dialog der zwei Stimmen in seinem Herzen verstörten ihn immer mehr und trennten ihn eine ganze Weile von der Außenwelt. Er bekam nichts mit, was um ihn herum geschah... gar nichts. Die Grenzen zwischen wachen und schlafen, Tag und Nacht, Bewusstsein und Alpträumen verwischte immer mehr... Er registrierte am Rande Luca, der kam und ging, mit ihm redete, ohne dass seine Stimme sein Bewusstsein erreichte, der ihn wusch und verband, sich um ihn sorgte, bei ihm war... Ayco bemerkte gar nicht, dass es ihm körperlich anstatt schlechter sogar jeden Tag etwas besser ging. Er wusste nicht, dass Luca ihn jede nacht mit Milch und Tee, Suppen und Obstbreien fütterte... Aber manchmal spürte er ein leichtes ziehen, etwas, dass ihn befreien wollte. Und immer hatte es eine zarte, zerbrechliche Gestalt, die die Farbe der geronnenen Nacht besaß, eingehüllt in ein Meer von Federn... Schwarzes Blau-grün schimmerte in dem dichten, gewaltigen Gefieder... Und die liebevollsten, sanftesten, Augen, die er je gesehen hatte, betrachteten ihn... und immer wenn ihn dieser Engel, der ihm unterdessen mehr bedeutete, als je ein Geschöpf zuvor, berühren wollte, schoben sich nebelhafte Gestalten zwischen sie und drängten ihn ab... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)