Jahrhunderte währendes Versprechen von Izu-chan (RusAme) ================================================================================ Kapitel 3: „Ich bin groß und stark!“ (ca. 1763) ----------------------------------------------- England vermied es fortan, seine Kolonie mit zu Länderversammlungen zu nehmen, denn er befürchtete, der schlechte Einfluss des Russischen Reiches würde ihm den Jungen verderben. Doch seine Kolonie wuchs heran, gedieh und wurde stärker, zeigte zunehmend Interesse für andere Nationen. Jedes Mal, wenn England die Frage des Jungen, ob er mit zur Versammlung kommen dürfe, mit nein beantwortete, verschlechterte sich ihr Verhältnis. Jedes Mal, wenn er ging und ihn zurückließ, entfernten sie sich ein Stück weiter voneinander. So blieb es für mehr als hundert Jahre und die kleine Kolonie wuchs zu einem rebellischen Jugendlichen heran. Irgendwann kam der Zeitpunkt, da konnte England ihn nicht mehr bedenkenlos zurücklassen, wenn er das Haus für längere Zeit verließ, denn er befürchtete, die Amerikanische Kolonie könnte es verwüsten oder sogar anzünden. So nahm er den ruppigen Blonden mit zu dessen erster Versammlung, an der er als Vertreter seines eigenen Volkes teilnehmen durfte. Der junge Mann konnte sein Glück kaum fassen und nahm sich vor, ein anständiges Benehmen an den Tag zu legen. Unter den Augen all der anderen Kolonien, nicht anerkannten und vollwertigen Nationen sowie Großmächten, saß er schließlich beeindruckt neben England am Versammlungstisch. Dennoch konnte er die Gespräche nur am Rande verfolgen, denn schräg ihm gegenüber saß eine gewisse Nation, von der sein Blick wieder und wieder magisch angezogen wurde. Doch obgleich das Russische Reich gelangweilt zu sein schien, kreuzten sich ihre Blicke nur flüchtig, sodass Alfred sich unzufrieden zu fragen begann, ob die große Nation ihn nicht erkannte, weil er so sehr gewachsen war, oder ob sie ihn in den vergangenen hundert Jahren sogar vergessen hatte. Öfter jedenfalls, als dass die violetten Augen in seine Richtung sahen, blickten sie zu dem Sitznachbarn des Russischen Reiches, mit dem sich dieses auch hin und wieder im Flüsterton unterhielt, nickte und lächelte. Unauffällig stupste die Kolonie England an, der ihn daraufhin mit einem Blick ansah, der Ärger zu erwarten schien. Doch stattdessen sah das Empire Wissbegierde im Blick seines Schützlings, die ihn erleichterte. „Wer ist das in der blauen Uniform?“, flüsterte die Kolonie. „Mit dem gelben Vogel auf der Schulter?“, erwiderte England die Frage mit Blick auf die andere Seite des Tisches. Die Lippen seiner Kolonie kräuselten sich kurz, ob vor Belustigung oder Verärgerung, dann nickte der Junge. „Das ist Preußen, seit kurzem die fünfte europäische Großmacht“, erklärte England tadelnd. „Du solltest ihn kennen.“ Die Kolonie musterte den interessiert zum Redner blickenden Mann. England bemerkte es mit einem heimlichen Lächeln und beugte sich zu Alfreds Ohr. „Russlands Bruch mit Österreich hat Preußen vor der Vernichtung gerettet“, lächelte England gezielt. „Seit dem kommen sie anscheinend extrem gut miteinander aus.“ „Mhm“, murmelte die Amerikanische Kolonie niedergeschlagen und senkte seine Augen auf die Tischplatte, während England den Blick mit einem zufriedenen Lächeln zum Redner hob. Doch die jugendliche Kolonie wäre nicht das zukünftige Amerika gewesen, wenn sie so schnell locker gelassen hätte! Nach gut zwei Stunden war die allgemeine Versammlung beendet, sodass Amerika mit den restlichen Kolonien und anderen Ländern den Raum verlassen musste. Zurück blieben nur die Großmächte Europas – Frankreich, England, Österreich, Russland und Preußen. Die anderen Anwesenden zerstreuten sich, nur die Amerikanische Kolonie blieb entschlossen vor der Tür zurück. Dann fragte Alfred sich jedoch, ob er überhaupt dazu kommen würde, mit Russland zu sprechen, selbst wenn dieser sich doch an ihn erinnerte, doch mit ihm ein Wort wechseln wollte und doch nicht zu abgelenkt von seinem neuen Albinofreund war. Denn wenn er hier wartete, würde England der Erste sein, der es verhinderte… So schlenderte er enttäuscht von dannen, bemerkte nicht, wie ihm einige Blütenblätter aus den Feldern seiner Heimat aus der Tasche fielen. Er hatte diese ganzen Jahre über oft an das Russische Reich denken müssen. Nicht zuletzt, weil seine Begegnung mit diesem Land immer wieder zum Streit mit England führte. Weder fand England sein Bestreben, groß und stark zu werden gut, noch befürwortete er seine Versuche, Sonnenblumen zu züchten. Eigentlich schien England derzeit gar nichts mehr gut zu finden, was er machte. Betrübt ließ Alfred sich auf ein paar Treppenstufen nieder und blickte auf das verwelkte Blumenfeld hinaus. Genau hier war er Russland in seiner Kindheit zum ersten Mal begegnet. Was hatte er sich damals gedacht? Das Russische Reich hatte einsam ausgesehen. Es war verletzt gewesen. Nachdenklich betrachtete Alfred das Herabfallen der rotgefärbten Ahornblätter. Bei ihm daheim war es noch warm, doch hier in Europa hielt bereits der Herbst Einzug. „Du hast nichts dagegen, wenn ich mich dazu setze?“ „Nee“, brummte die Kolonie niedergeschlagen, bevor sie die kindliche Stimme erkannte. Abrupt hob Alfred den Kopf und starrte Russland an, der sich neben ihn setzte. „Äh-? M-Müsstest du nicht da drinnen sein?“, stotterte der junge Blonde perplex. „Njiet, England und Frankreich kloppen sich wieder“, lächelte Russland, bevor er ein nachdenkliches Gesicht machte. „Eigentlich seh ich mir das sehr gerne an, aber da es bei jeder Versammlung passiert, wird es langweilig.“ „Aber was ist mit-?“, setzte die Amerikanische Kolonie zur Frage nach Preußen an. „Ich hab mich drauf gefreut, wieder mit dir zu reden, kleine Kolonie“, unterbrach das Russische Reich ihn lächelnd. Alfred starrte die große Nation fassungslos an, als diese ihm über den Kopf streichelte. „Echt?“, kam es ungläubig aus seinem Mund. „Da“, bestätigte Russland. „Ich auch!“, rief der Blonde begeistert, wobei seine blauen Augen leuchteten. „Ich bin größer und stärker geworden, wie versprochen!“ Anerkennend nickte sein Sitznachbar, ließ die Hand jedoch von seinem Kopf auf seine Schulter sinken. „Aber ich bin auch stärker geworden, kleine Kolonie“, lächelte die russische Nation. „Ich bin jetzt eine Großmacht. Wenn du mithalten willst, musst du dich noch mehr anstrengen.“ „Ich weiß…“ Ernsten Blickes sah die jugendliche Kolonie auf ihre Hände hinab. „England ist andauernd sauer auf mich. Manchmal bin ich schuld, aber in letzter Zeit lässt er seine eigenen Probleme auch noch an mir aus.“ Es bestärkte den Blonden, dass Russland ihm zuhörte, ohne ihn zu unterbrechen. In seiner Nähe fühlte er sich nicht so überflüssig wie in Onkel Iggys Anwesenheit… Entschiedenen Blickes fasste er einen Entschluss. „Ich muss noch stärker werden und allein zurecht kommen. Es ist nicht richtig, wie es jetzt ist.“ „Mhm“, stimmte Russland begeistert zu, wohl die Schritte hinter ihnen wahrnehmend. „Wenn England zu gemein zu dir ist, kannst du auch zu mir kommen.“ Bevor Alfred auch nur ein Wort dazu sagen konnte, wurde er grob hochgerissen. „Willst du mir etwa meine Kolonie wegnehmen?“, giftete England wütend und drückte den Jungen an sich. „Untersteh dich, Russland!“ Das Russische Reich erhob sich lächelnd. „Aber nicht doch“, wehrte er ab. „So etwas Gemeines würde ich doch nie tun.“ „Verdammt nochmal!“, zeterte die Kolonie im Klammergriff Englands los und schlug dessen Hände weg. „Du tust mir weh, du Idiot!“ England war keineswegs überrascht, schließlich bekam er dieses rüpelhafte Verhalten daheim jeden Tag geboten. Energisch griff er nach dem Handgelenk. „Wir gehen, Alfred!“ „Du kannst mich mal!“, lautete die Antwort des Jugendlichen, mit der er sich gegen den Zug stemmte. „Nenn mich nicht Alfred! Für dich heiße ich immer noch Amerikanische Kolonie!“ Die Wut stand dem Britischen Empire ins Gesicht geschrieben, ebenso, dass es kurz davor war, sich zu vergessen. Die Angst, die der rebellierende Jugendliche hatte, bewiesen die ungewollten Tränen, die ihm über die Wangen des vor Trotz verzerrten Gesichts liefen. „Hm…“ Plötzlich bemerkten sie das große Russische Reich, das so dicht neben ihnen stand und undurchsichtig lächelte. Der braune Handschuh streckte sich nach der Mitte des Konflikts aus, doch bevor Russland ihn berühren konnte, ließ England seine Kolonie abrupt los. „Wag es nicht, dich einzumischen! Du bist an allem Schuld!“, fuhr England den Großen an, der daraufhin keine Miene verzog, aber auch nicht eingriff. „Und du! „Amerikanische Kolonie“! Du bist in zwei Minuten vor der Tür, sonst kannst du was erleben!“ Arthur ging und die größte Kolonie des Britischen Empire schloss um Beherrschung bemüht die Augen. Er fühlte sich innerlich zerrissen, niedergemacht und bloßgestellt. Kühle Finger strichen über seine Wange und wischten die Nässe fort. Hastig wendete er sich von Russland ab und wischte sich die peinlichen Beweise seiner Schwäche selbst weg. „Ich… Ich bin groß und stark!“, versicherte er sich selbst. „Ich habe keine Angst vor dem Teetrinker!“ Schwer schluckend wollte Alfred England folgen, doch erneut wurde er am Handgelenk gepackt – diesmal war es eine kühle Berührung, die ihn kompromisslos zurückzog. Er wehrte sich nicht, schließlich war das Letzte, was er wollte, England zu folgen. Doch er öffnete überrascht die Augen, als seine Wange den weichen Stoff von Russlands Uniform berührte. Die sanfte, aber bestimmende Hand an seinem Hinterkopf brachte seine Haare durcheinander, als sie ihn an das Russische Reich drückte, ebenso wie es der Arm um seine Schultern tat. Die große Nation sprach kein Wort. Das Erstaunen verschwand aus den Augen der Kolonie. Sie glaubte den Trost zu spüren, fühlte sich an ihre letzte Begegnung erinnert und hob langsam ihre Arme zu Russlands Rücken. „Danke“, hauchte Alfred leise. Ein letztes Mal streichelte die kühle Hand über seinen Hinterkopf, dann lockerte sich die Umarmung, die Kolonie drehte sich um und ging. Einen Blick im Gesicht, der den Sturm mit sich trug und England in den folgenden Jahrzehnten das Leben schwer machen würde. Langsam näherte sich Preußen seinem lächelnden Verbündeten, der der Kolonie nachsah. „Sag mal, war das echt in Ordnung?“, wollte er zweifelnd wissen. „Ich würd‘ dir helfen, wenn du sie unbedingt haben willst. Wir könnten uns die Kolonie teilen, nachdem wir sie eingenommen haben.“ Lächelnd erwiderte Russland Preußens Blick. „Was soll ich denn mit einer Kolonie anfangen?“, lauteten die Worte des Russischen Reiches, an denen der Verbündete erneut erkannte, wie wenig vertraut ihm sein Gegenüber war. „Ich will keine Kolonie, Gilbert.“ „Hä? Aber das sah-“ Preußen brach ab, als Russland sich zu ihm vorbeugte und ihn berechnend ansah, woraufhin dem Kleineren ein Schauer den Rücken hinab lief. „Ich kann warten, weißt du? Anders als du bin ich groß und stark und muss niemanden fürchten. Mhm, ich kann lange warten.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)