Zwischen den Welten von CanisMinor ================================================================================ Kapitel 27: Der Tag danach -------------------------- So viele Farben, wie ich sie zuvor noch nie gesehen habe, tanzen vor meinen Augen herum. Es ist fast so, als würde ich in einem Meer aus Farben schwimmen. Meine Sicht ist etwas verschwommen und ich kann nichts klar erkennen. Die tanzenden Farben bereiten mir ein leichtes Schwindelgefühl und ich schließe lieber meine Augen. Doch die Farben sind so hell, dass ich das Licht selbst durch die geschlossenen Augen wahr nehmen kann. Es ist warm und freundlich und ich verspüre das schöne Gefühl der Geborgenheit. Ein leichter Wind hüllt mich ein und ich wage es meine Augen wieder zu öffnen. Das verschwommene Meer aus Farben ist verschwunden und hat einer riesigen Wiese aus Blumen platz gemacht. Blumen in den unterschiedlichsten Farben. Viele, die ich gar nicht kenne. Ich befinde mich an einem Ort, an dem ich vorher noch nie gewesen bin. Das Gras und die Blumen kitzeln an meinen nackten Füßen und der Wind spielt mit meinen Haaren und lässt die Blumen sanft zur Seite knicken. Langsam setzte ich mich in Bewegung, doch es scheint kein Ende zu haben. Erst jetzt fällt mir auf, dass der Himmel nicht blau ist, sondern in Regenbogenfarben schimmert. Und der Boden unter meinen Füßen fühlt sich bei jedem Schritt an wie Watte. Das kann nur ein Traum sein. Etwas raschelt neben mir in den Blumen und ich bleibe stehen. Eigentlich hätte ich mich erschrecken sollen, doch aus irgendeinem Grund verspüre ich nicht die geringste Angst. Als wüsste ich ganz genau, dass ich davor keine Angst zu haben brauche. Ein paar niedliche Ohren tauchen aus den Blumen auf, kurz darauf gefolgt von einem Kopf. In den Blumen neben mir sitzt nun eine kleine, weiße Katze. Ich knie mich vor ihr hin, während sie damit beschäftigt ist ihr kleines Gesicht zu putzen. „Wer bist du?“ Ich frage es fast selbstverständlich. Und mich überkommt das Gefühl die Antwort bereits zu wissen. Das kleine Wesen vor mir hebt den Kopf und sieht mich sehr intensiv an, bevor es den Kopf leicht schief legt. „Wir haben uns lange nicht gesehen, Helena.“ „Diese Stimme... Du bist die Stimme, welche immer zu mir gesprochen hat. Und dennoch kenne ich deinen Namen nicht.“ „Das könnte daran liegen, dass ich eigentlich keinen Namen habe und auch keine feste Gestalt. Ich werde zu dem was ich möchte.“ „Und wo sind wir hier?“ „Gefällt es dir? Ich dachte, für einen schönen Traum ist das doch ganz angemessen.“ Also doch ein Traum, aber sicher kein normaler. Genauso wenig normal wie alle anderen Begegnungen mit diesem Wesen, was auch immer es sein mag. „Droht uns wieder ein Unheil?“ Das kleine Wesen steht auf, nur um um meine Beine zu streichen. „Das kommt ganz auf dich an. Du hast deine innere Stärke bewiesen. Du alleine bist in der Lage die Geschichte zu ändern. Du allein bist in der Lage sie zu retten.“ „Wen zu retten? Und wovor?“ „Die Antwort auf diese Frage musst du alleine finden.“ Noch bevor ich weiter fragen kann beginnt alles um mich herum wieder zu verschwimmen und in einem farbenfrohen nichts zu enden. Auch das kleine Wesen ist nun verschwunden und ich bin wieder alleine. Ein leises Piepen dringt an mein Ohr, das allmählich lauter wird. Aufgeschreckt setze ich mich ruckartig auf. Ich bin wieder in meinem Zimmer und mein Wecker klingelt. Ich atme einmal tief durch. Wieder einer diese Träume. Obwohl... Ich habe immer noch das Gefühl von Watte unter meinen Füßen. Als wäre ich wirklich da gewesen. Ich streiche mir einmal durch meine zerzausten Haare. Sehr erholsam ist die Nacht nicht gewesen. Ich habe das Gefühl gar nicht geschlafen zu haben. Doch es hilft nichts. Die Schule nimmt darauf leider keine Rücksicht. Also quäle ich mich aus dem Bett raus. Unten kann ich bereits meine Eltern hören. Ich beeile mich mit dem Anziehen. Als ich gerade meine Tasche für den heutigen Schultag packe scheppert es unten laut. Ich ahne wessen Schuld das ist und beeile mich lieber. Im Eilschritt laufe ich die Treppe runter, kann unten aber nur gerade noch so abbremsen um nicht direkt in Soundwave zu rennen. Natürlich, warum sonst sollten meine Eltern so außer sich sein. Meine Mutter hatte wohl direkt die Flucht ergriffen. Ich kann sie jedenfalls nirgendwo ausmachen. Und mein Vater scheint derjenige zu sein, der das scheppern verursacht hat. Zumindest scheint diesmal nichts zerbrochen zu sein. Na ja, die beiden sind es ja auch nicht gewohnt, dass Soundwave fast jeden Tag hier ist. Ich hatte da schon ein bisschen mehr Vorlaufzeit. Soundwave dreht sich zu mir um. „Da bist du ja.“ Ich nicke ihm nur zu. Dem Gesichtsausdruck meines Vaters nach hat Soundwave wohl nicht erwähnt, dass er mich immer zur Schule bringt. Wenn ich so darüber nachdenke habe ich aber gerade auch nicht wirklich das Bedürfnis dazu. Irgendwie macht es sogar Spaß sie ein kleines bisschen zu ärgern. Also schnappe ich mir Soundwaves Arm und laufe mit ihm nach draußen. Nicht, dass es noch zu Ausschreitungen in unserer Küche kommt. Ich kann auch unterwegs was essen. Ich gähne leicht, als ich mich in Soundwaves Altmode verfrachte. „Du hättest sie nicht so erschrecken sollen. Damit hast du mich erschreckt.“ „War doch lustig.“ Soundwave setzt sich in Bewegung und fährt die Straße runter. „Und was soll ich machen, wenn du meinem Vater einen Herzinfarkt bescherst? Ich bin noch zu jung um Weise zu werden.“ Obwohl es eigentlich nicht lustig sein sollte, kann ich mir ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen. Nachdem mein Vater es gestern tatsächlich noch gewagt hatte mit Soundwave zu streiten musste ich dazwischen gehen, damit unsere Küche... besser unser Haus am nächsten Tag noch steht. Soundwave musste mir versprechen meinen Eltern nichts zu tun. Zum Glück hält er sein Wort. Zumindest mir gegenüber. Ich spiele kurz mit dem Gedanken ihn dazu zu bringen meine Eltern nicht mehr zu ärgern, aber auf der anderen Seite... Vielleicht ein anderes Mal. Mit sehr guter, mir schon fast unheimlicher, Stimmung setzt sich Cateline auf den Sitz neben mir. Ich traue mich nicht zu fragen. „Und? Wie ist es mit deinen Eltern gelaufen?“ Jetzt weiß ich, warum sie so gute Laune hat. „Wie zu erwarten, sie waren schwer begeistert. Mein Vater sogar so sehr, das er sich mit Soundwave angelegt hat und er fast auf ihn losgegangen wäre.“ „Und steht euer Haus noch?“ „Ich muss doch sehr bitten.“ Soundwave klingt etwas entrüstet. So, als würde er niemals auch nur einer Fliege einen Flügel krümmen. Ich kann mir nicht verkneifen ein bisschen zu kichern. „Natürlich nicht. Soundwave hätte wohl eher die ganze Straße in die Luft gejagt.“ „Hey!“ Wenn das ein Protest gewesen sein soll, war er nicht sonderlich gut. Er ist selber fast am Lachen und ich muss wieder an eben denken. Ich sollte es wohl zumindest etwas im Rahmen halten, wenn ich meine Eltern noch etwas behalten will. „Ich will gar nicht darüber nachdenken, wie mein Vater reagieren würde.“ Cateline streckt sich etwas und ich bin mir ziemlich sicher, dass sie das nicht ganz ernst gemeint hat. „Du willst deinen Vater doch nicht etwa einweihen.“ „Wieso nicht? „Kommt nicht in Frage!“ Wir zucken beide zusammen, als Soundwave seine Stimme erhebt. Diesmal klingt er so ernst, das es mir etwas kalt den Rücken runter läuft. Und doch hat er recht. Ich habe ja selber gemerkt, dass man in diese Sache tiefer hinein rutscht als man eigentlich möchte. Soundwave hält vor dem Schultor und Cateline und ich steigen aus. „Bleib nicht wieder direkt vor dem Schultor stehen.“ Ich weiß, dass er es trotzdem machen wird. Ich beeile mich ein bisschen mit Cateline im Schlepptau. Immerhin habe ich nicht mehr viel Zeit vor dem Unterricht noch etwas zu essen. Der Klassenraum ist bereits recht voll, als wir dort ankommen. Als ich mich hinsetzen will werfe ich noch einen Blick aus dem Fenster. Natürlich steht er noch da. Doch das ist es nicht, was mich beunruhigt. Direkt hinter ihm steht ein mir nur zu bekannter Polizeiwagen. Ich schlucke kaum merklich und setze mich dann doch schnell hin. Auch Cateline hat ihn bemerkt, aber sie scheint nicht sonderlich beunruhigt zu sein. Eher im Gegenteil. Es fällt mir schwer mich heute auf den Unterrichtstoff zu konzentrieren. Immer wieder muss ich nach draußen sehen. Schon den ganzen Tag stehen die beiden da. Ich bemerke nicht einmal richtig wie die Zeit vergeht. Erst der Schulgong holt mich wieder in die Realität zurück. Die letzte Stunde ist um und alle um mich herum beginnen ihre Sachen einzupacken um so schnell wie möglich nach Hause oder wo auch immer hin zu kommen. Schließlich ist heute Freitag und damit steht schon jetzt wieder das Wochenende an. Es ist schon praktisch, wenn die Schule in der Mitte der Woche wieder beginnt. Doch ich bin mit meinen Gedanken ganz wo anders. Ich erschrecke mich ein bisschen, als Cateline vor mir steht. „Was ist? Kommst du? Soundwave wartet sicher schon.“ Ich zögere einen kurzen Moment, bevor ich antworte. „Ich bleibe noch ein bisschen.“ Sie zuckt nur mit den Schultern und geht. Im nächsten Moment bin ich alleine im Klassenzimmer. Ich klappe das Buch zwar zu, packe es aber nicht weg. Ich weiß selber nicht, warum ich nicht mit Cateline gegangen bin. Irgendwas in mir hat gesagt, ich sollte bleiben. Mein Traum von letzter Nacht kommt mir wieder ins Gedächtnis und auch meine gestellte Frage. Ich schüttle etwas den Kopf und sehe kurz nach draußen. Soundwave setzt sich gerade in Bewegung. Vermutlich um Cateline nach Hause zu bringen, oder zu Shockwave. „Hast du vor hier zu übernachten?“ Ich erschrecke mich so sehr, dass ich fast vom Stuhl falle, mich aber gerade noch so halten kann. Direkt hinter mir hat sich Barricade positioniert. Schnell stehe ich auf. „Was willst du von mir?“ „Stell dich nicht so dumm. Soundwave will, dass ich deinen Babysitter spiele. Und ich habe nicht vor die ganze Nacht hier zu bleiben.“ Ich werde ein bisschen wütend. „Ich zwinge dich ja auch nicht hier zu bleiben.“ „Soundwave tut es. Also, was ist? Sieh zu, dass du fertig wirst.“ „Ich bin kein Haustier, hast du verstanden? Du kannst mich nicht einfach herumkommandieren und dann noch erwarten, dass ich das auch machen. Wenn du so ungeduldig bist, dann fahr von mir aus alleine los. Ich werde mich deswegen nicht beeilen!“ Aus Trotz setze ich mich wieder hin und tue mit Absicht nichts. Ich höre kurz ein böses knurren hinter mir, doch dann ist es still. Ich sehe kurz nach draußen und merke gerade noch, wie Barricade wegfährt. Wenigstens den bin ich los. Aber vielleicht sollte ich mich doch auf den Weg nach Hause machen. Ich packe meine Sachen langsam zusammen. Dabei kommt mir wieder dieser Traum in den Sinn. Ich frage mich noch immer wer oder was dieses Wesen ist und wo es herkommt. Ob es wohl auch eine von Shockwaves Schöpfungen ist? Und wenn ja, was genau will es dann eigentlich von mir? Wieso warnt es mich? Ich schulter meine Tasche und mache mich auf den Weg. Auch wenn ich jetzt so nach Hause gehen muss. Obwohl es doch ein ganzes Stück ist werde ich wohl zu Fuß nach Hause gehen. Ich habe noch nicht wirklich das Bedürfnis so schnell wie möglich nach Hause zu kommen. Lieber möchte ich noch etwas nachdenken. Als ich das Schulgebäude verlasse ist die Sonne schon fast untergegangen und viele Sterne sind am orangenen Himmel zu sehen. Ein schöner Anblick. Ich mache mich langsam auf den Weg. Ich wähle für den Heimweg die ruhigen Nebenstraßen. Ich genieße die Ruhe um mich herum. Als ich mich strecke, muss ich ein bisschen gähnen. Ich weiß selber nicht, warum ich so müde bin. Eigentlich habe ich lange genug geschlafen. Ich lasse meine Gedanken wieder zum Traum schweifen. Erst jetzt kommt mir die Frage auf, warum dieses Wesen sich ausgerechnet für das Aussehen einer Katze entschieden hat. Vielleicht hätte ich es fragen sollen. Bald habe ich die Nebenstraßen hinter mir gelassen und befinde mich wieder auf der Hauptstraße. Jetzt dauert es etwas, bis ich die nächsten erreiche. Mittlerweile ist es jedoch ganz dunkel geworden und auch auf der Straße ist kaum einer unterwegs. So ist es selbst auf der Hauptstraße recht leise. Nur durch die vielen Straßenlaternen und die Geschäfte ist die Straße hell erleuchtet. In Gedanken versunken laufe ich die Straße entlang. Es wundert mich etwas, dass noch keiner wieder aufgetaucht ist. Weder Barricade noch Soundwave. Doch meine Gedanken werden unterbrochen, als ich hinter mit Motorengeräusche höre. Ich drehe mich zur Straße als etwas neben mir hält, doch es ist nicht der, den ich erwartet habe. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)