Auf den zweiten Blick von Seira-sempai ================================================================================ Kapitel 80: Sorgen und Befürchtungen * -------------------------------------- Nicholas, der schweigend zugehört hatte, wie Luca endlich mit seinem Vater gesprochen hatte, lehnte sich zurück. Mehrmals hätte er beinahe eingegriffen, seinen Freund Dinge gefragt, aber jedes Mal hatte er sich ermahnt, dass es nicht sein Gespräch war und er sich nicht einmischen sollte. Erst jetzt, wo Luca eingeschlafen war, wandte er sich wieder an Peter. „Ich hätte nicht gedacht, dass es so schlimm war“, sagte er leise. Peter nickte. „Das ist das erste Mal, dass er von sich aus darüber gesprochen hat.“ „Ich hab dir von Anfang an gesagt, dass er Zeit braucht. Wenn man ihn unter Druck setzt, stellt er sich für gewöhnlich stur. Die einzige Möglichkeit, etwas aus ihm heraus zu bekommen, ist zu warten, bis er es freiwillig erzählt“, murmelte Nicholas, „Oder du machst es so, wie ich im Krankenhaus. Aber mehr als ein 'Ja' oder ein 'Nein' wird er auch so nicht sagen.“ „Ihr zwei seid also jetzt zusammen“, wechselte Lucas Vater das unangenehme Thema. „Sind wir“, bestätigte der Schwarzhaarige. Er wusste nicht, worauf der Mann hinaus wollte, weshalb er ihn einfach machen ließ. „So richtig?“, wollte der Mann wissen, „Mit allem drum und dran?“ Daher wehte also der Wind. „Was Luca und ich tun oder nicht tun, geht nur uns etwas an“, stellte er klar, wurde dann aber wieder freundlicher. Er wusste, dass Peter sich nur Sorgen um seinen Sohn machte. „Wir sind erst seit Samstag zusammen. Mehr als Küssen und Kuscheln ist noch nicht passiert und wenn wir weitergehen, dann nur, wenn wir es auch beide wollen. Ich werde Luca zu nichts drängen.“ Das schien den Mann erst einmal zu beruhigen. „Dann werde ich Johan wohl mitteilen müssen, dass ich kein Problem mit Lucas Beziehung habe und er sich einen anderen für seine Tochter suchen muss“ Auch Karl lächelte. „Du scheinst es mit Luca richtig ernst zu meinen.“ „Natürlich!“, empörte sich Nicholas. Der Blonde war ihm zu wichtig, als dass er es riskieren wollte, ihn zu verlieren. Karl schmunzelte. „Er hat dich verändert. Seit du ihn kennengelernt hast, bist du viel ruhiger und ausgeglichener geworden und das, obwohl du dir ständig Sorgen um ihn gemacht hast.“ „Das haben mir schon einige gesagt“, entgegnete der Schwarzhaarige ruhig. Wenn er so zurückdachte, was sich seit Beginn des Schuljahres alles geändert hatte, dann musste er dem zustimmen. Luca hatte ihn verändert. „Erzähl mir von ihm“, verlangte Karl. Zuerst schaute Nicholas ihn nur verdutzt an, doch dann begann sein Vater, zu lachen. „Wenn ich schon keine Schwiegertochter bekommen, will ich wenigstens wissen, wie mein zukünftiger Schwiegersohn so ist.“ „Du hast Sheila“, antwortete der Siebzehnjährige trocken, schaffte es aber nicht, völlig ernst zu bleiben. Ein kleines Lächeln schlich sich auf sein Gesicht. Allerdings wollte er nicht zu viel über seinen Freund preisgeben, aus Angst, zu viel zu verraten. „Du lernst ihn schon noch früh genug kennen. Ich verrate dir nur eine Kleinigkeit: Seine Beobachtungsgabe ist beinahe schon erschreckend. Ich bin noch keinem begegnet, der so viel von seinem Umfeld mitbekommt, wie er.“ Der Schwarzhaarige stand auf und setzte sich neben seinen Freund, dann begann er, ihm vorsichtig durch das Haar zu streichen. Luca, der wohl nicht ganz so fest schlief, wie vermutet, lehnte sich in die Berührungen und als Nicholas erschrocken seine Hand zurückzog, kuschelte er sich an ihn heran. „Mach weiter“, nuschelte er schlaftrunken, „Fühlt sich gut an.“ Nicholas lachte leise und tat seinem Freund den Gefallen. Wenig später schien der blonde dann wirklich eingeschlafen zu sein. „Karl hat mir ein paar beunruhigende Dinge über eure Schule und die Zustände dort erzählt“, begann Peter nach einer Weile. „Ich glaube nicht, dass es zu weiteren Problemen kommen wird“, ergänzte Karl, „Aber die Sache sollte auf jeden Fall im Auge behalten werden.“ Der Schwarzhaarige nickte zustimmend. „Mein Vater hat sich schon darum gekümmert und ich glaube nicht, dass sich noch einmal jemand an Luca heranwagt. Nur diese Leonie macht mir etwas Sorgen. Einer ihrer ehemaligen Freunde hat mich gewarnt, dass sie etwas plant.“ „Das Mädchen, dass du in den Springbrunnen geworfen hast?“, wollte Karl wissen. Nicholas hob die Schultern. „Ich prügel mich nicht mit Mädchen. Aber wenn ich damals schon gewusst hätte, dass sie hinter dem Ganzen steckt, hätte ich vielleicht eine Ausnahme gemacht.“ „Lass das lieber“, warnte sein Vater ihn, „Ich mag zwar Anwalt sein und einen gewissen Einfluss auf manche Leute haben, aber überall kann ich dich auch nicht wieder herausboxen. Halte dich also besser zurück und tu nichts, was später gegen dich verwendet werden könnte.“ Nicholas brummte, so ganz war er mit dem, was sein Vater sagte, nicht zufrieden, aber er wusste, dass es so besser war. Deshalb stimmte er auch zu. „Von mir aus...“ „Ist das Mädchen wirklich so schlimm?“, fragte Peter. „René hat sich über sie schlau gemacht. Es kursieren einige unschöne Gerüchte über sie. Einige wurden auch schon bestätigt. Sie ist es gewesen, die in Lucas Mobbing im Hintergrund die Fäden gezogen und andere dazu angestiftet hat, teilweise sogar die Lehrer, dort aber weniger auffällig. Sie hat sich systematisch eingeschleimt, ihnen Lügen erzählt, behauptet, Luca würde nur Aufmerksamkeit wollen und so. Die Lehrer haben ihn daraufhin nicht mehr so ernst genommen und auch nicht auf die blauen Flecken reagiert oder ihn ignoriert, wenn er von seinen Mitschülern angegangen wurde. Natürlich ist das nicht nur auf Leonie zurückzuführen, einen vernünftigen Lehrer, der allen seinen Pflichten nachgeht, hätte sie damit nicht bekommen, aber sie war definitiv beteiligt.“ Karl zog seine Stirn kraus. „Du gehst also davon aus, dass sie ihn systematisch fertig gemacht hat?“ „Ich gehe nicht nur davon aus, ich kann es auch beweisen“, entgegnete Nicholas, „Du weißt, wie gründlich René bei seinen Nachforschungen ist. Außerdem haben es mehrere ehemalige Freunde von ihr unabhängig voneinander bestätigt. Luca hat es auch gewusst, allerdings bin ich mir nicht sicher, wie viel er weiß.“ „Ich werde schauen, was ich tun kann“, meinte Karl, „Aber bevor sie sich nicht wieder etwas zu Schulden kommen lässt, wird es nicht viel sein.“ „Und die anderen? Wer war noch beteiligt neben dieser Leonie?“, wollte Peter wissen. Wäre es nur nach Nicholas gegangen, hätte er ihm die Namen sofort genannt. Allerdings war er sich nicht sicher, ob Luca das auch wirklich wollte, immerhin schien er sich mit Thomas ausgesprochen und auch vertragen zu haben. Dazu kam, dass Peter eng mit Thomas' Vater zusammenarbeitete. Es war besser, wenn er die Frage nicht beantwortete. „Die Sache ist geklärt“, sagte er deshalb, „Es besteht kein Grund mehr, zu handeln. Einer hat sich inzwischen sogar bei Luca entschuldigt. Sie haben sich ausgesprochen. Wenn du Namen willst, wirst du Luca fragen müssen. Vielleicht sagt er es dir, vielleicht auch nicht. Du solltest dir allerdings im Klaren darüber sein, dass die Sache geklärt ist, und nichts mehr gegen die Personen unternehmen.“ Peter seufzte. „Was, wenn sie es wieder tun?“ „Ich habe mich deutlich ausgedrückt“, meinte Nicholas daraufhin locker. Auch wenn er es nicht in die Tat umsetzen konnte, funktionierte es immer noch gut als Drohung. „Wenn sie Luca noch einmal etwas tun, verbringen sie die nächsten Wochen im Krankenhaus.“ „Nicholas!“, ermahnte sein Vater ihn sofort. „Das ist die einzige Sprache, die sie verstehen“, verteidigte der Siebzehnjährige sich. Peter lachte leise. „Hat es denn wenigstens etwas gebracht?“ Der Schwarzhaarige nickte. „Sie haben Panik bekommen und einer nach dem anderen den Schwanz eingezogen. Inzwischen machen sie einen großen Bogen um Luca.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)