Kaito Kat von Mopsbacke (Ein Meisterdieb auf Samtpfoten) ================================================================================ Kapitel 2: Kapitel 2: Hexengefährte ----------------------------------- Zwei furchtbare, schmerzerfüllte, von Qualen durchdrungene Augenblicke später hatte Kaito mit seinem Leben bereits abgeschlossen und mit seinen letzten Atemzügen Akako verflucht. Umso überraschter war er, als er mehr oder weniger sanft auf einem der Balkons des Bürogebäudes, auf dessen Dach er eben noch gestanden hatte, aufkam. Er musste sehr tief gefallen sein – allein schon von der Dauer des Sturzes her zu urteilen – und dennoch hatte er sich nichts gebrochen, geprellt oder verstaucht. Tatsächlich fühlte sich Kaito reichlich unversehrt. Sein Kopf drehte sich immer noch und er konnte kaum klare Gedanken fassen – sein Puls raste und er fühlte sich, als würde er immer noch fallen. Gerade wollte er seinen Körper näher auf bisher unbemerkte Verletzungen beäugen, als ein großes, weißes Laken von oben auf ihn herab flatterte und ihn komplett unter sich verbarg. Was für ein dämliches Riesenlaken flatterte denn einfach so mir nichts, dir nichts in finsterer Nacht aus dem Himmel herab?! Kaito versuchte sich freizukämpfen, doch seine Gliedmaßen schienen nicht so ganz das machen zu wollen, was er ihnen abverlangte, und das Laken drückte schwer auf seinen Körper. Er fühlte sich unheimlich verloren unter diesem gigantischen Stück Stoff. Dennoch empfand er es als unheimlich vertraut. Wie sich der Stoff um seinen Körper legte. Der Geruch. Wenn er es nicht besser wüsste, hätte er sich fast dem unsinnigen Gedanken hingegeben, dass da soeben sein Mantel auf ihn niedergeflogen war. Unbeirrt zerrte Kaito weiter an dem Stoff, der ihn zu erdrücken drohte und ihn von der frischen Nachtluft abschnitt, doch seine Hände erschienen ihm winzig, seine Arme schwach und kraftlos. Noch ehe Kaito Zeit zum Resignieren hatte, wurde der Stoff plötzlich unangekündigt angehoben – und das, wie es schien, mit Leichtigkeit. Der gelupfte Stoff legte den Blick auf eine riesige Akako offen, sodass Kaito am liebsten sofort wieder Schutz unter dem Textil gesucht hätte. Diese Akako vor ihm unterschied sich nur in dem Punkte von der Akako, die Kaito noch vor kurzem gegenüberstand, dass sie besagtes Laken in den Händen hielt und ungefähr fünf, sechs Mal so groß war wie diese. Da stand sie, auf demselben Balkon wie Kaito, ins Unendliche aufgebäumt, und sah zu ihm herab. Ihr Gesicht verzerrte sich beim Anblick von Kaito, der den Schock seines Lebens erfuhr, als er diese Gigantin vor sich sah. Als Akakos Gesichtszüge entgleisten, ahnte Kaito bereits schlimmes. Akakos Zauber, mochte es nun ursprünglich als Segen oder Fluch gemeint gewesen sein, hatte eindeutig etwas mit ihm angestellt. Vielleicht war er geschrumpft worden? Das würde zumindest Akakos immense Größe sowie das Laken, das sich tatsächlich als Kaitos Mantel entpuppt hatte, erklären. Kaitos Gemüt verfinsterte sich zusätzlich, als er bemerkte, dass sich in Akakos Miene des Entsetzens eine Spur Amüsiertheit mischte. Das verhieß nichts Gutes. Im Gegenteil, das war ein Indikator für Übles. Sehr Übles. Das durfte doch alles nicht wahr sein. Kaito reichte es. Er bemühte sich, sich direkt an Akako zu richten, um seinem Unmut Luft zu machen, und stellte sich schon darauf ein, gleich mit Quietsche-Stimme loszupiepsen, wie geschrumpfte Menschen es eben taten. Das wusste ja jeder, der Cartoons sah und Comics las. Doch auf das, was ihn erwartete, war er nicht gefasst. Drohend erhob er seine rechte Hand – nun, zumindest wollte er seine Hand erheben. Doch statt seines normalen, wunderschönen Armes aus Fleisch und Blut, mit seiner wundervollen Haut umpackt, musste er ein dünnes Ärmchen, das über und über mit schneeweißen Haaren besiedelt war, erblicken. Sein Unterarm hatte Fell. Ihm war ein Fell gewachsen. Ihm. War. Ein. Fell. Gewachsen. Kaito Kuroba, dem großen Meisterdieb Kaito KID, war ein beschissenes, weißes Fell gewachsen! Seine fünffingrige Hand war durch eine mit Krallen besetzte Pfote ersetzt worden. Ein lauter Schrei bahnte sich seinen Weg aus Kaitos Lungen – doch das Endresultat war lediglich ein heiseres Miauen, bei dessen Klang Akako in grausames Gelächter ausbrach. Ihr schlechtes Gewissen schien augenblicklich verflogen zu sein. Sie beugte sich zu dem kleinen Würmchen, das sich vor ihr wand, herunter und nahm es auf den Arm. Das Kaito-Kätzchen passte mit Leichtigkeit in Akakos Hände, auch wenn es ihm nicht passte, dass Akako ihn so einfach aufheben konnte, um mit ihm anzustellen, was sie wollte. „Ist das nicht herrlich? Eine Hexe und ihre Katze!“ Akako lachte schallend. Bei diesen Worten, die Kaito durch Mark und Bein gingen, zuckten seine Öhrchen – Akakos schrilles Gelächter verursachte ihm Kopfschmerzen, die ihn an seinem Verstand zweifeln ließen. Am liebsten hätte Kaito sofort seine Krallen ausgefahren und sie Akako in den Arm gebohrt, doch noch hatte er nicht herausgefunden, wie das ging. Stattdessen begnügte er sich vorerst mit einem kleinen Fauchen. „Jaja, reg‘ dich ab“, beschwichtigte Akako ihn halbherzig, „stell Dich nicht so an, ich krieg‘ das schon wieder hin.“ Kaito bezweifelte das vehement. Unterdessen nahm Akako ihren Besen zur Hand und bestieg ihn beschwingt. Kaito balancierte sie währenddessen auf dem Unterarm und drückte ihn an ihren Oberkörper. „Jetzt bringen wir Dich erstmal nach unten“, erklärte Akako, als hätte sich Kaito das nicht denken können, als Akako mit dem Besen in die Lüfte hob und sich langsam, in kreisenden Bewegungen dem Boden näherte. Dass Hakuba wohlmöglich auch noch in der Nähe des Hochhauses herumschwirrte, hatte Kaito völlig vergessen. Es interessierte ihn auch nicht mehr wirklich. Seinetwegen konnte Hakuba ebenfalls vom Hochhaus gestürzt sein – oder in ein Kätzchen verwandelt worden sein. All seine Gedanken kreisten nur noch um den neuen Körper, in dem er sich befand und mit dem er sich, so wie es schien, erst einmal arrangieren musste. Er war klein, fellig, zerbrechlich, schwach und, wenn man dem Glänzen in Akakos Augen trauen durfte, unwiderstehlich niedlich. Zum Kotzen. Oder, wie Kaito es ohl in Zukunft akzeptieren musste: zum Fellknäuel auswürgen. Seine lächerlich winzigen Samtpfötchen konnten den rauen Asphalt nur allzu deutlich spüren, als Akako ihn endlich wieder auf festem Boden absetzte. Unsicher tapste er einige Schritte vor und zurück, um sich an seine neue Form zu gewöhnen. In regelmäßigen Abständen stolperte er über seine eigenen Füße, geriet mit seinen Beinen, von denen er plötzlich vier statt zwei hatte, durcheinander und fühlte sich insgesamt einfach nur hundeelend. Das musste doch alles ein schlechter Scherz sein. So etwas wie Hexen und Zaubersprüche und Flüche gab es doch gar nicht. So etwas durfte es nicht geben. „Also, Kaito. Was hältst du davon, wenn ich Dich erst mal mit zu mir nach Hause nehme?“ So zärtlich wie Akako eben sein konnte, nahm sie Kaito erneut vom Boden auf und hielt ihn direkt vor ihr Gesicht - und hatte dabei erstaunlich schnell den eigentümlichen Gesichtsausdruck von verrückten, alten Katzenladys angenommen. „Es ist nur sinnvoll. Hexe und Katze. Wir sind quasi dafür bestimmt, zusammen zu sein! Keine Widerrede und keine falsche Bescheidenheit – du kommst mit zu mir.“ Dummerweise war Kaito ganz und gar nicht nach „keine Widerrede“ – und erst recht nicht danach, mit Akako nach Hause zu gehen. Genau genommen war das das Schlimmste, was er sich vorstellen konnte. Er würde garantiert nicht bei dieser verrückten bleiben! Intuitiv fuhr Kaito seine Krallen aus – und war heilfroh, dass es diesmal tatsächlich auf Anhieb klappte. Mit einem gezielten Streich erwischte er Akako und hinterließ drei feine, blutige Streifen in ihrem Gesicht. Entsetzt und erschrocken ließ Akako Kaito fallen, der, wie es sich für ein braves, kleines Kätzchen gehörte, auch prompt auf allen Vieren landete. Zufrieden mit sich selbst rannte Kaito in die tiefe, finstere Nacht hinaus, sobald er wieder Boden unter den Füßen hatte. Wenn er doch nur die Ereignisse des Abends so leicht hinter sich lassen konnte wie Akako. Die junge Hexe stand vor Zorn zitternd zurückgelassen dar und ballte die Hände zu Fäusten. „Na schön, dann hau doch ab! Du wirst noch sehen, was Du davon hast! Ich brauch keine beschissene Katze wie Dich!“ Nach einer kurzen Pause des Überlegens fügte sie hinzu: „Ich hoffe, Du wirst überfahren!“ Doch Kaito hörte sie nicht mehr. Zu sehr war er damit beschäftigt, die Flucht zu ergreifen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)