Lost in Twilight von Bambigirl (Gefangen in einem Buch) ================================================================================ Kapitel 1: Die Macht einer Träne -------------------------------- Kapitel 1: Die Macht einer Träne „Du hast heute Morgen Felix Felicis in Rons Saft getan, deshalb hat er alles gehalten! Siehst du! Ich schaff es ganz ohne Hilfe, meine Tore sauber zu halten, Hermine!“, schleuderte Ron mir aufgebracht entgegen. Da war wieder dieser kalte, abweisende Ton in seiner Stimme. Was hatte er nur in letzter Zeit? Was hatte ich ihm denn nur getan? Sein plötzlicher Hass auf mich war vollkommen unbegründet!!! Von einem Tag auf den anderen hatte er sich verändert. Irgendetwas musste ich getan haben ... aber was? Ich versuchte mich zu rechtfertigen: „Ich hab nie gesagt, dass du es nicht schaffst –“, und ich hatte schon immer gewusst, dass er es eigentlich konnte. Ich hatte immer an ihn geglaubt und ihm vertraut! Wieso nur konnte er das nicht sehen? Ich suchte nach einem anderen Argument, eines, das er möglicherweise verstehen würde, und sagte das erste, was mir in den Sinn kam: „Ron, du hast auch geglaubt, dass du den Trank bekommen hast!“ Aber Ron hörte mir nicht mal zu, er war bereits mit geschultertem Besen an mir vorbei zur Tür hinausmarschiert. Mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Ja, ich hatte geglaubt, dass wir Freunde wären. Harry, Ron und ich. Ich hielt uns sogar für die besten Freunde… Aber scheinbar sah Ron das plötzlich etwas anders als ich. „Ähm“, sagte Harry leicht nervös in die entstehende Stille hinein. „Wollen… wollen wir dann auch hoch zur Party?“ Party? Oh richtig, Gryffindor hatte ja gewonnen. Am liebsten hätte ich die Augen darüber verdreht. Dieses verdammte Quidditch-Spiel war mir sowas von egal! Ich hatte eh nie viel für diese Sportart übrig gehabt und in diesem Moment, konnte ich es einfach nicht über mich bringen, mich für Harry, Ginny, Ron und die anderen über den Sieg zu freuen. Es war mir egal. „Geh du doch!“, stieß ich mühsam hervor und versuchte meine Tränen wegzublinzeln. „Ron macht mich im Moment einfach krank, was hab ich ihm denn eigentlich getan…?“ Die Frage war eher an mich selbst gerichtet, als an Harry. Ich wusste, dass ich mich ungerecht Harry gegenüber benahm. Schließlich konnte er nichts dafür, dass Ron mir so weh getan hatte, aber ich konnte es nicht über mich bringen, so zu tun, als wäre nichts. Ohne ein weiteres Wort, drehte ich mich um und stürmte aus dem Umkleideraum. Draußen war die Hölle los. Alle jubelten und schrien und sangen: „Weasley ist unser King“, ertönte von allen Seiten und mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Es schien, als könnte ich all dem "Ron" nicht entkommen, egal ob er da war oder nicht. Ich kämpfte mich durch die Menge. Die meisten beachteten mich gar nicht, sie warteten auf Harry, ihren großen Helden. Den Jungen, der lebt. Der Außerwählte. Harry Potter. Und Ron wurde gefeiert, der unglaubliche Torhüter, der ihnen den Sieg ermöglicht hatte. Aber ich war unwichtig. Nur die streberhafte komplett unsportliche Freundin der beiden. Eine Langweilerin, völlig unbedeutend. Neue Tränen brannten in meinen Augen und die Wahrheit, die ich so lange versucht hatte zu ignorieren stach mich mir tief ins Fleisch: Ich war ein Niemand. Das war schon so gewesen, bevor ich nach Hogwarts kam. Schon damals war ich die Streberin gewesen, die, mit der man nur sprach, wenn man was von ihr wollte. Und als ich dann nach Hogwarts kommen sollte, dachte ich, es würde sich alles ändern. Doch auch hier nervte ich die anderen mit meiner Besserwisserei. Ironischer Weise war es damals Ron, der diese Wahrheit aussprach. „Die ist super ätzend, echt Leute. Kein Wunder, das sie keine Freunde hat!“ Seine Stimme hallte aus meiner Erinnerung zu mir empor und bohrte sich wie ein spitzer Dolch. Er und Harry waren meine Freunde geworden und ich fühlte mich zum ersten Mal wirklich akzeptiert. Hogwarts war das beste, was mir je passiert ist. Harry wurde mein bester Freund und Ron… ja, Ron… war und ist der erste Junge, den ich je geliebt habe. Meine erste große Liebe. Ich weiß schon lange, dass ich mehr für ihn empfinde, als Freundschaft, aber ich wollte unsere Gruppe nicht zerstören. Was wenn er meine Gefühle nicht erwiderte? Also schwieg ich… Als er vor zwei Jahren beim Weihnachtsball so ausgerastet ist, war ich mir sicher, dass er eifersüchtig auf Victor war. Ich war mir so sicher und hoffte darauf, dass sich nun etwas ändern würde. Dass er mich vielleicht ganz genauso liebt wie ich ihn… Aber das ist scheinbar nicht mehr der Fall. Was hatte ich denn falsch gemacht? Warum hasste er mich plötzlich so sehr? Ich hatte gar nicht mitbekommen, wie mich meine Füße von ganz allein die Treppen und Korridore entlang getragen hatten. So war ich leicht überrascht, als ich plötzlich vorm Portrait der fetten Dame stand. Leise und mit schwacher Stimme murmelte ich das Passwort „Kröhnungsmahl“ und sie meinte aufmunternd: „Kopf hoch, Kindchen. Heute wird gefeiert!“, bevor sie aufschwang. Was hatte die schon für eine Ahnung? Was sollte ich denn bitteschön feiern? Ich ging hoch in den Mädchenschlafsaal, um meine Schultasche und meinen Zauberstab zu holen. Vielleicht würde ich in die Bibliothek gehen oder noch etwas Zaubern üben. Vielleicht „Avis“, den Zauber aus Zauberkunst, mit dem man Vögel aus der Zauberstabspitze erscheinen lässt… Der Mädchenschlafsaal war leer, als ich eintrat und ich war froh darüber. Wahrscheinlich hätte man mir sofort angesehen, dass etwas nicht stimmte. Meine Schultasche war wie immer gepackt. Ich hatte an ihr einen neuen Zauber ausprobiert, einen der den Innenraum auf magische Weise vergrößert, so passten immer alle meine Schulsachen auf einmal hinein und das Gewicht der Tasche war ... na ja, noch zu ertragen. Ich nahm meine Schultasche und dabei fiel mein Blick auf das kleine Taschenbuch auf meinem Nachtschränkchen. Es war ein Buch aus der Muggelwelt, meine Mutter hatte es mir dieses Jahr zum Geburtstag geschenkt. Es war mein Lieblingsbuch. Eine Romanze zwischen einem normalen Muggelmädchen und einem Vampir. Natürlich war die Darstellung von Vampiren in diesem Buch ziemlich unrealistisch, aber mir gefiel es. Diese andere Welt erschien mir so viel schöner… Ich seufzte traurig. Hätte ich doch auch einen Edward, der mich von ganzem Herzen liebt. Ich musste wieder an Ron denken und eine einzelne Träne löste sich aus meinem Augenwinkel und fiel auf das kleine, unscheinbare Buch, das ich wie ein Kuscheltier oder ein Kissen als trostbringender Anker, an meine Brust gepresst hatte. Eine Sekunde lang hatte ich den merkwürdigen Eindruck, das Buch würde in meiner Hand verschwimmen. Es wurde kurz unscharf, als wolle es mit meiner Träne zerfließen - dann war der Moment vorbei. Das Buch sah wieder genauso aus wie immer. Irritiert schüttelte ich den Kopf. Wahrscheinlich war mein Blick nur verschleiert gewesen von neuen Tränen, entschied ich und steckte das Buch in meine Schultasche. Dann verstaute ich meinen Zauberstab in die Innenseite meiner dunklen Jeansjacke. Heute war ich ausnahmsweise mal in Muggelkleidung herum gelaufen, immerhin war Samstag und somit keine Schule. Mit geschulterter Tasche verließ ich den Mädchenschlafsaal, ich hatte es nie gemocht viel Zeit hier zu verbringen. Hier fühlte ich mich nicht wohl. Ich war mit keinem der anderen Mädchen wirklich befreundet… Und wo hat man schon so wenig Privatsphäre wie in einem Internat, wo sich fünf Mädchen ein Zimmer teilen müssen? Wenn ich schon weinen musste, dann würde ich es nicht hier tun. Und eigentlich wollte ich nicht weinen. Ich wollte nicht so schwach sein, wie ich mich jetzt fühlte ... Meine Schritte führten mich langsam die gewundene Wendeltreppe hinab. Der Gemeinschaftsraum war noch immer überfüllt und voller Leute, die ausgelassen unseren Sieg feierten. Als ich mich umsah und fast schon gewohnheitsmäßig Ausschau nach Harry und Ron hielt, blieb mein Blick an einer dunklen Ecke hängen. Und was ich da sah, hätte ich besser nicht gesehen! Dort vor aller Augen, stand Ron so eng mit Lavender Brown umschlungen, dass schwer zu sagen war welche Hände wem gehörten. Übelkeit kroch in mir hoch und meine Augen brannten, als wären sie starkem Rauch ausgesetzt worden. Ich spürte wie mein Körper anfing zu zittern. Dabei wusste ich nicht einmal genau, was ich in diesem Moment empfand. Ich war unendlich wütend und eifersüchtig, dabei fühlte ich mich gleichzeitig todtraurig, verletzt und hintergangen. Aber das stärkste Gefühl in mir war die Leere. Ich fühlte mich gänzlich hohl, einsam und verlassen. Unbedeutend, unwichtig, nichtig… Ich dachte immer, ich wäre eine von denen, die einen Typen ohrfeigt und anschreit, der ihr weh getan hat, aber mir war nicht danach das zu tun. Ich fühlte mich nur müde und unfähig mit dieser Situation umzugehen. Ohne es überhaupt zu merken, verfiel ich in einen schnellen Laufschritt. Ich rannte zum Portrait der fetten Dame und so schnell ich konnte flüchtete ich aus dem Gemeinschaftsraum. Ein leises Schluchzen entwich meiner Kehle, etwas Nasses bewegte sich langsam über meine Wange und mein Körper bebte. Ich war ein Wrack. So sollte mich niemand sehen. Dafür war ich zu stolz. Ich verkroch mich in das erste unverschlossene Klassenzimmer, das ich finden konnte. Klassenzimmer hatten auf mich schon immer eine beruhigende Wirkung. Hier fühlte ich mich wohler und sicherer als im Gryffindor-Turm. Meine Tasche ließ ich neben der Tür zu Boden gleiten, dann ging ich nach Vorne und setzte mich auf das Lehrerpult. Meine Schultern erschlafften und da ich mich nicht länger mit der Suche nach einem Versteck ablenken konnte, brachen meine Gefühle nun ungehindert aus mir heraus. Halt suchend schlang ich die Arme um meinen zitternden Oberkörper und senkte den Kopf, damit meine viel zu buschige und wüste Haarmähne mein Gesicht verdeckte. „Hermine?“, hörte ich Harrys Stimme von Weitem zu mir rufen. Das Echo hallte von den Wänden des Korridores draußen wieder und ich wusste, dass er mich verfolgte. Er musste gesehen haben, wie ich auf den Anblick von Ron und Lavender reagiert hatte. Sofort strafte ich die Schultern und versuchte mich wieder zusammen zu reißen. Harry war mein bester Freund, aber nicht einmal von ihm wollte ich so gesehen werden. Er war auch Rons bester Freund. Würde er ihm erzählen, wie er mich vorgefunden hatte? Ich hob den Kopf mit Mühe und trocknete die Tränen auf meinen Wangen mit dem Ärmel - was nicht einfach war, weil meine dummen Augen nicht aufhören wollten, neue zu produzieren. Harry war so ein guter Mensch und ein wahrer Freund. Mir hätte klar sein müssen, dass er mir folgen würde… Aber auch vor ihm wollte ich nicht wie das weinende, verletzliche, kleine Mädchen wirken, das ich glaubte im Moment zu verkörpern. Ich brauchte eine Ausrede. Warum sollte ich mich je in einem leeren Klassenzimmer verkriechen? Fahrig fuhr meine Hand in meine Jacke und zog den Zauberstab heraus. „Avis“, flüsterte ich leise mit Tränen erstickter Stimme. Ein goldener Vogel brach aus meiner Zauberstabspitze. Ich wiederholte im Kopf die Zauberformel und jedes Mal erschien ein weiterer goldener Vogel. Es war schon beinahe ein kleiner Schwarm, als sich die Tür zum Klassenzimmer öffnete und Harry vorsichtig seinen Kopf hinein schob. Sein besorgter Blick glitt über die von mir heraufbeschworenen Vögel und einen Moment lang konnte ich Bewunderung über sein Gesicht huschen sehen. „Oh, hallo, Harry“, sagte ich mit entsetzlich brüchiger Stimme. „Ich bin nur am Üben." Keine besonders überzeugende Ausrede ... „Jaah… die – äh – sind wirklich gut…“, sagte Harry und seine dunkelgrünen Augen musterten mich vorsichtig, als hätte er Angst mich vielleicht noch mehr zu verletzen. Auch wirkte er unsicher, als wüsste er nicht, was er zu mir sagen sollte. Er wusste wohl nicht, wie er mich DARAUF ansprechen sollte, aber er hatte es ganz sicher vor - also beschloss ich kurzerhand es ihm leichter zu machen. Es bedeutete mir so viel, dass er jetzt in diesem Moment hier war, um mir bei zu stehen. Meine Stimme klang unnatürlich hoch als ich bemüht beiläufig bemerkte: „Ron scheint sich auf dem Fest ja bestens zu amüsieren.“ „Ähm… tatsächlich?“, sagte Harry beklommen. Er war so leicht zu durchschauen! „Tu nicht so, als hättest du ihn nicht gesehen“, erwiderte ich aufbrausend. Ich benahm mich schon wieder unfair. Ich sollte meine Wut nicht an Harry auslassen. Er konnte doch überhaupt nichts dafür, aber im Moment brauchte ich dringend ein Ventil für meine Gefühle. „Er hat es ja nicht gerade verheimlicht, nicht wa –“ Die Tür hinter uns sprang auf. Zu meinem Entsetzen kam Ron herein, er lachte und zog Lavender an der Hand mit sich. Mein Herz schlug laut und holpernd in meiner Brust. Das war die Person, an der ich meine Gefühle auslassen sollte! „Oh“, sagte Ron und blieb schlagartig stehen, als er Harry und mich sah. „Uups!“, machte Lavender, kicherte auf ihre dämlich süßliche Weise und ging rückwärts aus dem Raum. Die Tür schlug hinter ihr zu. Eine schreckliche, anschwellende, sich aufblähende Stille trat ein. Ich konnte nicht anders und starrte Ron an, der absichtlich nicht zu mir hinschaute und nur mit einer seltsamen Mischung aus gespielter Kühnheit und Verlegenheit sagte: „Hi, Harry! Hab mich schon gewundert, wo du steckst!“ Das war zu viel, ich musste hier raus, sonst würde ich noch jemanden ernsthaft verletzen. Schwungvoll rutschte ich vom Pult herunter. Der Schwarm goldener Vögel zwitscherte weiter im Kreis um meinen Kopf herum, ich hatte sie zwischenzeitlich durch Rons Auftauchen fast vergessen. „Du solltest Lavender nicht draußen warten lassen.“, sagte ich gefährlich leise. „Sie wird sich fragen, wo du geblieben bist.“ Ich ging ganz langsam und aufrecht in Richtung Tür. Es sollte nicht so wirken, als würde ich vor ihm weglaufen. Auch wenn ich das im Augenblick wohl tat. Kurz vor der Tür bückte ich mich nach meiner Tasche und warf einen Blick zurück. So sah ich Rons erleichterte Mine. Das war der Auslöser, ich konnte einfach nicht anders. „Oppugno!“, schrie ich und der kleine Vogelschwarm raste wie ein Hagel von dicken goldenen Gewehrkugeln auf Ron zu, der aufjaulte und sein Gesicht mit den Händen bedeckte, doch die Vögel griffen an, pickten und krallten sich in jedes bisschen Fleisch, das sie erwischen konnten. „Machdieweg!“, schrie Ron, doch mit einem letzten Blick auf ihn riss ich die Tür auf und verschwand. Kaum war die Tür hinter mir zugefallen, entwich mir das erste Schluchzen. Ich rannte wieder. Mir war nicht klar, wohin mich meine Füße trugen. Ich wollte einfach nur noch weg. In den Gryffindor-Turm konnte ich nicht, eben so wenig in ein leeres Klassenzimmer, da ich Angst haben musste auch dort wieder ertappt zu werden. Erst als ich heftig keuchend die aber Hundert Stufen erklomm, wusste ich, dass ich den Astronomie-Turm hoch rannte. Kalte Luft schlug mir entgegen, als ich die schwere Tür aufstieß. Hier oben würde mich hoffentlich niemand finden. Das war es, was ich jetzt brauchte, ein sehr, sehr gutes Versteck, wo mich niemand finden konnte. Ich wollte nicht weinen, oder mir den Kopf darüber zerbrechen, warum Ron diese schwachsinnigen Sachen sagte, warum er mich hasste und warum er so plötzlich Gefallen an Lavender gefunden hatte… Ich ließ mich auf den kalten, harten Steinboden sinken. Als meine Tasche den Boden berührte, ertönte der gewohnte hallende Klang und mir fiel die einzige und bestimmt beste Möglichkeit ein, mich abzulenken. "Twilight" hatte es noch immer geschafft, mich auf andere Gedanken zu bringen. Eine Träne rollte über meine Wange, als ich das kleine Taschenbuch raus holte. Mein Lesezeichen steckte noch drin. Ich wusste nicht, wie viele Male ich es schon gelesen hatte, aber ich hatte immer noch nicht genug davon. Mit zitternden Fingern schlug ich das Buch auf und fand die Stelle relativ weit am Anfang, auf Seite 19, wo ich am Vorabend zu lesen aufgehört hatte… Als ich zurück zu meinem Transporter ging, trudelten so langsam die anderen Schüler ein. Ich fuhr um die Gebäude herum, immer ihren Autos nach. Ich war froh, dass die meisten ältere Baujahre waren, so wie meins, nichts Schickes. Weiter kam ich nicht, denn das Buch verschwamm erneut vor meinen Augen, ich wollte mir die Tränen wegwischen, aber da waren keine. Meine Augen waren klar und trocken. Es war das Buch, dass sich veränderte. Es wurde plötzlich zu einer Art magischen Strudel. Ich konnte ein überraschtes Quieken nicht verhindern, als mich der plötzliche gewaltige Strom einsog. Ich verlor den Boden unter mir. Alles um mich her wurde unscharf und ich hatte das Gefühl zu Fallen. Immer weiter zu Fallen. Es fühlte sich an, als fiele ich durch tiefe, wabernde Schwärze. Nichts um mich herum wirkte greifbar. Alles war leer und finster. Ich konnte nichts erkennen, gar nichts. Doch plötzlich, ich wusste nicht, wie lange ich gefallen war, aber mit einem Mal brach die Schwärze unter mir auf. Es war als sähe ich durch einen dunklen Nebelschleier auf eine winzige, graue Kleinstadt inmitten von grünen Wäldern und Wiesen hinab. Sogar eine Küste konnte ich am Rand meines Blickfeldes ausmachen. Das Wasser war von einem dunklen, trüben Blau. Die ganze Stadt schien im Halbdunkel zu liegen, was ihr eine gespenstische Ausstrahlung verlieh. Die Schwärze um mich her verschwand nach und nach, während ich noch immer in einer unglaublichen Geschwindigkeit dem Boden entgegen fiel. Ich schrie laut auf und ruderte mit den Armen, die ich neben meinem Körper ausgebreitet hatte, als wären sie Flügel und könnten meinen Sturz abfangen. Panik und blankes Entsetzen hatten mich ergriffen und ich konnte nicht vernünftig denken. Doch mir schien es, als würde ich kurz vorm Aufprall langsamer werden, dann krachte ich mit einem widerlichen Platschgeräusch auf den nassen Asphalt. Mein Kopf schwirrte und alles tat mir weh, von dieser unsanften Landung. Mädchenstimmen schrien erschrocken und verängstigt nicht weit von mir entfernt, doch ich war zu aufgewühlt und erschöpft, um mich darum zu kümmern. Meine Augenlider, die ohnehin aus Angst vor dem Aufprall fest zu gekniffen gewesen waren, fühlten sich zu schwer an, um sie jemals wieder zu öffnen. Die Dunkelheit, die mich jetzt umgab, war angenehmer, als die zuvor. Mit dem Gefühl von festem Boden unter mir, konnte ich meine Muskeln entspannen und meinen Verstand abschalten. Erschöpft von diesem anstrengendem Tag schlief ich ein, wo ich war. Es war mir egal, dass der Boden nass und kalt war. Oder, dass meine Klamotten jetzt dreckig waren und von dem leichten Nieselregen bald durchnässt sein würden. Es war mir egal, dass ich nicht wusste, wo ich war oder wie ich hier her gekommen war. Und in diesem Moment war mir auch egal, dass Ron mit Lavender rumgeknutscht hatte. Erleichtert und entspannt ließ ich zu, wie ich immer tiefer sank, in dem trüben Tümpel der Bewusstlosigkeit. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)