Behind The Mirror von Medieval ================================================================================ Kapitel 1: Pech im Unglück -------------------------- Durch das Autofenster sah ich die Felder an uns vorbeiziehen. Ich sah die Umgebung nahm sie aber nicht wirklich war, auch hörte ich die Stimmen meiner Großeltern, verstand aber nicht was sie sagten. Meine Gedanken lagen noch immer bei der Beerdigung meiner Eltern, die wir gerade hinter uns gebracht hatten. Ich fühlte mich ausgelaugt und kraftlos, ich hatte es nur schwer ertragen können. Auch meine Familie war mir da keine große Hilfe gewesen, sie hatten es sogar noch verschlimmert. Die letzten Tage hatte ich zunehmend gemerkt, dass ich kein wirklich akzeptiertes Mitglied der Familie bin. Sie mochten uns nicht, weil mein Vater meine Mutter geheiratet hatte, als sie mit mir schwanger war. Aus irgendeinem Grund konnten sie meine Mutter nicht leiden und damit auch mich nicht. Besonders meine Großeltern hegten einen Groll gegen mich, warum sie mich dennoch bei sich aufnahmen war mir ein Rätsel. Wahrscheinlich nur um bei der Dorfgemeinde als gute Menschen da zu stehen. Ihnen war ihr Ansehen im Dorf sehr wichtig, Gerüchte verbreiteten sich dort schneller als in der Schule und wenn sie ihren pubertierenden Enkel, der seine geliebten Eltern auf tragische Weise verloren hatte, aufnahmen, standen sie regelrecht als heilige da. Meine Tante, die Schwester meines Vaters weigerte sich strickt mich aufzunehmen, sie sagte immer wieder, das sie kein Platz für ein weiteres Kind hätten. Dabei wusste ich, dass sie sich eher Sorgen machte, dass ich einen negativen Einfluss auf meinen Cousin haben könnte. Dabei war dies gar nicht möglich. Er war ein eingebildeter, verzogener Junge der nur auf sich achtete. Genau wie seine Mutter. Ich hatte mich immer gefragt wie mein Vater nicht so geworden war wie sie. Aber eine andere Möglichkeit hatte ich nun mal nicht, denn meine Mutter war Einzelkind, mein Großvater war vor ein paar Jahren gestorben und meine Großmutter lebte im Altenheim. Ich merkte wie das Auto langsamer wurde und dann in die Hofeinfahrt fuhr. Meine Großeltern wohnten in einem typischen alten Fachwerkhaus, wie in diesem Dorf so ziemlich jeder. „Elias, wie lange willst du noch im Auto sitzen bleiben. Steig endlich aus!“ Ich machte was sie wollte und stieg aus dem Auto und folgte ihnen ins Haus. „Geh hoch in dein Zimmer und zieh dich um. Ich will nicht das du den guten Anzug ruinierst!“ Mit einem Nicken ging ich hoch in mein Zimmer und sperrte die Tür ab. Ich zog mir meinen Anzug aus und eine meiner schwarzen Röhren-Jeans und einen schwarzen Hoodie an. Den Anzug hängte ich ordentlich zurück in den Schrank, damit meine Großmutter keinen Grund hatte mich wieder anzumerken. Ich hatte schon keine Kraft mehr oder die geringste Lust irgendwas zu machen, also legte ich mich auf mein Bett und setzte mir meine Kopfhörer auf. So verstrichen die Stunden und die Sonne ging langsam unter. „Elias! Komm runter, Abendessen ist fertig!“ Ich hört die Stimme meines Großvaters nur leise durch die Musik. Schwerfällig setzte ich mich auf und verließ mein Zimmer. In der Küche angekommen stellte meine Großmutter gerade ihren Teller auf den Tisch und setzte sich. Ich setzte mich ebenfalls an den Tisch und starrte auf den Teller vor mir. Ich hatte absolut keinen Hunger, aber da ich schon gestern nichts essen wollte, hat meine Großmutter mich einen undankbaren Taugenichts genannt. Um mir so was nicht schon wieder anhören zu müssen blieb mit heute nichts anderes übrig als es dennoch zu essen. Wie jedes mal vor dem Essen beteten meine Großeltern und ich war gezwungen mitzumachen, ob ich daran glaubte oder nicht. Von meiner Großmutter beobachtete mich dabei immer mit Adleraugen, damit ich auch bloß und vor allem richtig, mit betete. „Ich hab vorhin mit unserer Nachbarin gesprochen. Ihr Sohn geht ebenfalls auf die Schule an der wir dich angemeldet haben und sie hat sich bereiterklärt dich mitzunehmen, so lange bis wir Zeit haben dir ein Bus Ticket zu besorgen. Sei also bitte Pünktlich an der Straße, ich will nicht das wir eine schlechten Eindruck hinterlassen, indem wir sie warten lassen. Willi wird dich dann Abholen.“ Willi war mein Großvater. Ich nickte und schob mir einen weiteren Bissen in den Mund. Meine Großmutter seufzte einmal und aß dann auch ihr Essen weiter. Kaum hatte ich aufgegessen, räumte ich meinen Teller und das Besteck ordentlich in die Spülmaschine, bedankte mich und ging dann wieder in mein Zimmer. Ich schloss die Tür und lehnte mich an ihr an. Seit nun fast einer Woche lebte ich schon bei meinen Großeltern, doch ich konnte ihnen nicht dankbar dafür sein. Langsam rutschte ich an der Tür hinunter und zog die Beine an. Unten konnte ich meine Großmutter reden hören, verstand aber nicht was sie sagte. Bestimmt war sie sich wieder über mich am beschweren, oder tratschte über irgendwelche belanglosen Ereignisse aus dem Dorf. Ich hatte es die Tage schon öfter gehört, dass sie sich über mich aufregte. Dabei versuchte ich doch schon alles so zu machen, wie sie es wollte. Aber egal was ich machte, ich gelang nie an meinen ach so tollen und perfekten Cousin ran. Jedes Mal wenn es sich nicht vermeiden ließ dass wir uns begegneten, wurde ich immer mit meinem Cousin verglichen. Und dann hieß es immer, er hat bessere Noten, war sportlicher, größer und beliebter. Irgendwann hörte ich Schritte auf der Treppe und ich stand vom Boden auf um mich auf mein Bett zu setzten. „Hatte ich nicht gesagt du sollst morgen pünktlich sein? Also mach endlich das Licht aus und geh schlafen, damit du nicht verschläfst. Es ist schon spät. Muss ich dir wirklich alles sagen!“ Meine Großmutter redete durch die Tür zu mir und ging dann wieder weg. Ich konnte noch hören wie sie irgendwas vor sich hin meckerte ehe es leise wurde. Ich zog mich eben um, machte dann das Licht aus und legte mich ins Bett. Mit einen Blick auf mein Handy konnte ich sehen das wir gerade mal halb neun hatten. Von wegen spät. Durch das Klingeln meines Handy Weckers wurde ich am frühen Morgen geweckt. Nicht wirklich erholt kletterte ich aus meinem Bett und machte mich im Badezimmer fertig. Angezogen und mit gepackter Schultasche ging ich runter in die Küche. Auf dem Tisch lag eine Brot Tüte mit Schulbroten und eine Flasche Wasser. Es sah aus als hätte die liebe Oma für ihren Enkel Frühstück gemacht, doch ich wusste das sie das nicht aus liebe zu mir getan hatte. Es sollte nur so aussehen. Damit es in der Schule nicht hieß das ich nichts zu essen bekam und sie sich nicht um mich sorgte. Alles reiner Eigennutz. Ich packte die also Tüte und die Falsche in meinen Rucksack und ging dann raus zur Straße um dort auf unsere Nachbarin zu warten. Lange musste ich dies nicht, da kam unsere Nachbarin und ihr Sohn aus dem Haus von gegenüber. „Guten Morgen, du musst Elias sein.“ Unsere Nachbarin war bemüht darin freundlich zu sein, doch ich merkte dass mein Aussehen auf sie befremdlich wirkte. Auch ihr Sohn sah mich komisch an. Anscheinend waren sie es nicht gewohnt Jungs mit so einem Aussehen zu sehen. Dabei hatte ich heute keine Hosenketten, Nieten Gürtel oder Nieten Armbänder an, wie sonst immer. Ich wollte meine Großmutter nicht verärgern, nicht noch mehr. Sie hatte deswegen schon am ersten Tag gemeckert. „Ja, guten Morgen.“ Ich nickte einmal und lächelte sie so gut ich konnte an. „Freut mich, setzt dich hinten ins Auto neben Marcel.“ Wieder nickte ich und setzte mich dann hinten ins Auto. Sie selber setzte sich hinters Steuer und startete den Wagen. „Ich hab gehört deine Eltern sind vor kurzem gestorben. Mein Beileid, das muss sicher hart für dich sein. Aber für deine Großmutter ist es bestimmt auch nicht leicht, ich mein sie hat ihren Sohn verloren. Und jetzt nimmt sie auch noch ihren Enkel bei sich auf. Sie ist wirklich eine großartige Frau, in ihrem alter noch alles zu schaffen.“ „Ja, dafür bin ich meiner Großmutter wirklich dankbar.“ Ich hatte Mühe damit diesen Satz über meine Lippen zu bringen, aber anscheinend kam es überzeugender rüber als ich dachte. Zumindest hatte ich der alten damit geholfen besser im Dorf dar zustehen. „So Jungs wir sind da.“ Wir hielten auf dem Parkplatz der Schule und stiegen aus. „Marcel, sei so lieb und zeig Elias ein bisschen die Schule. „Ja sicher, mach ich.“ Kaum war seine Mutter weggefahren sah mich Marcel wieder mit komischem Blick an. „Ich bring dich ins Sekretariat, da helfen dir dann die Lehrer weiter. Ich will nicht mit etwas wie dir gesehen werden. Ich bin froh dass du, zum Glück, nicht in meiner Klasse gelandet bist, sondern in der Parallelklasse.“ Ich nickte einmal und folgte ihm dann ins Sekretariat. Auf dem Weg dorthin bemerkte ich die Blicke meine neuen Mitschüler. Im Sekretariat angekommen ging er wieder und ließ mich stehen, während ich weiter zur Sekretärin ging. „Entschuldigen Sie, ich bin der neue Schüler. Mein Name…“ „Ich weiß, ich weiß. Warte einfach da vorne, dein Klassenlehrer müsste gleich kommen. Ah, da ist er auch schon.“ Ich drehte mich um und dort stand ein Mann um die vierzig. „Du bist also unser neuer Schüler?“ Ich nickte und daraufhin bekam ich erst mal den Stundenplan und die neuen Bücher in die Hand gedrückt. „Komm mit, ich habe euch jetzt in der ersten Stunde.“ Wir gingen in den ersten Stock zum Klassenraum vor dem sich schon meine neue Klasse versammelt hatte. Der Lehrer schloss die Tür auf und alle drängelten sich in den Klassenraum. Ich blieb vorne an der Tafel stehen uns sah mich in Klasse um. Wie schon den ganzen Tag wurde ich mit komischen Blicken angesehen und hier und da wurde leise getuschelt. „Guten Morgen Klasse, wie ich euch letzte Woche schon erzählt haben wir ab heute einen neuen Schüler. Wie wäre es wenn du dich einfach mal vorstellst?“ „Guten Tag, mein Name ist Elias und ich bin siebzehn Jahre alt.“ „Ok, setzt dich einfach auf einen der freien Plätze hinten.“ Ich nickte uns setzte mich dann in die letzte Reihe ans Fenster. Ich konnte die Blicke die mir von der Seite zugeworfen wurden spüren. Ich merkte, dass ich es nicht so leicht haben werde hier Fuß zu fassen... „Guten Tag, mein Name ist Elias und ich bin siebzehn Jahre alt.“ „Ok, setzt dich einfach auf einen der freien Plätze.“ Ich nickte uns setzte mich dann in die letzte Reihe ans Fenster. Ich konnte die Blicke die mir von der Seite zugeworfen wurden spüren. Ich merkte das ich es nicht leicht haben werde. Kapitel 2: Hoffnungsschimmer? ----------------------------- Es klingelte zur ersten Pause und ich war froh endlich raus zu kommen. Auf dem Schulhof angekommen setzte ich mich auf eine Bank und sah mich auf dem Schulhof um. Diese Schule war ganz anders als meine alte. Hier gab es nicht die Klischee Grüppchen von Schülern. Keine Blonden Mode Püppchen, keine Hopper, keine Streber und keine Emos, Metaller oder Goths. Hier waren irgendwie alle Normal. Ich fühlte mich wie ein Außerirdischer und so wurde ich auch immer wieder angesehen. Man merkt es anscheinend sofort, wenn wer neues zwischen ihnen ist, genau wie in dem kleinen Dorf in dem ich jetzt mein da sein fristen musste. Von weitem sah ich ein paar Schüler auf mich zu kommen, ich glaub sie waren in meiner Klasse, aber sicher war ich mir nicht. Es waren drei, zwei Jungs und ein Mädchen. Das Mädchen setzte sich neben mich auf die Bank, die beiden anderen blieben davor stehen. „Hey, mein Name ist Emma und das sind Lars und Niklas.“ „Ich bin Elias.“ Das Mädchen lachte einmal ehe sie sprach. „Das wissen wir doch. Du hast dich doch vorhin vorgestellt. Wir dachten, da du ja jetzt bei uns in der Klasse bist und hier so alleine sitzt, dass wir mal zu dir gehen und uns vorstellen. Das wir uns vielleicht mal ein bisschen kennen lernen, damit du zumindest nicht mehr ganz so alleine bist und schon mal wen kennst. Vielleicht fällt dir dann das einleben etwas leichter.“ Sie war nett. Aber sie redete eindeutig zu viel und zu schnell. „Ähm, ja danke.“ Sagte ich nur, da mir das alles gerade einfach zu schnell ging und mir auch einfach nichts intelligenteres einfiel. Das war ja schon mal ein guter Anfang, dachte ich mir deprimiert. Doch sie schienen es entweder nicht bemerkt zu haben oder sie überspielten es einfach. „Tut mir Leid, sie redet einfach wie ein Wasserfall und dann auch noch so schnell.“ Emma sah Lars, ich nahm an es war Lars, gespielt böse an. „Also, wenn du willst, zeig ich dir gerne ein wenig die Schule. Die Lehrer mögen es gar nicht, wenn man zu spät kommt und ich denke dass sie es auch nicht als Ausrede akzeptieren würden, wenn du den Raum nicht gefunden hast, auch wenn du neu bist.“ Sie stand auf, winkte mir zu dass ich es ihr gleich tun sollte und ging dann los. Eilig sprang ich von der Bank auf und folgte ihr. „Hier ist der Hintere Schulhof, vorne haben wir noch einen weiteren, es ist egal, auf welchen von beiden du gehst. Im Vergleich zu der Schule in der Nachbarstadt sind diese hier nicht den Jahrgängen zugeordnet. Im Erdgeschoss haben wir neben dem Foyer einen Gang, da hinten kannst du ihn sehen, da geht es zum Technik-, Textil- und Kunstraum.“ Sie zeigte auf einen Gang am anderen Ende des Foyers und ging dann weiter Richtung Treppen. „Hier im ersten Stock findest du auf dem rechten Gang den Physik- und Chemieraum. Im Gang auf der Linken sind normale Klassenräume, so wie auch im zweiten Stock. Wir haben Unterricht meistens im zweiten Stock, bis auf Physik und Chemie eben. Seit ein paar Jahres wurde das Unterrichtssystem ein bisschen verändert. Früher hatte jede Klasse einen Raum und der Lehrer kam zu uns, jetzt ist es genau andersrum. Wir Schüler finden das so viel chaotischer nach dem Unterricht und den Pausen, aber die Lehrer haben es so bequemer und dagegen kann man wohl nichts machen.“ Die beiden Jungs die uns begleiteten, hatten die ganze Zeit noch nichts gesagt. Zu ihrer Verteidigung, Emma hatte die ganze Zeit am Stück geredet, selbst ich hätte keine Zeit gehabt dazwischen Fragen zu stellen, wenn ich welche gehabt hätte. „Ich denke das Prinzip mit der Raum Nummerierung kennst du ein wenig? Ich erklär es die auf jeden Fall nochmal. Die Räume haben ja drei Ziffern. Steht am Anfang eine Null, heißt es der Raum ist im Erdgeschoss. Eine eins heißt erster Stock und zwei zweiter Stock. Die Zahl in der Mitte, also die null oder eins, steht für linker oder rechter Gang. Die letzte Zahl ist dann einfach der Raum.“ Ich nickte, die Hälfte hatte ich mir schon gedacht. Rechtzeitig zum Ende ihrer Führung, klingelte die Glocke. „Wie praktisch, wir haben jetzt eh hier Unterricht.“ Lars und Niklas gingen in den Gang zu den Klassenräumen. Emma ging zusammen mir dann ihnen hinterher. „Ich hoffe ich konnte die etwas helfen und meiner Rolle als Klassen- und Schulsprecherin gerecht werden.“ Sie Lächelte mich an und ich nickte automatisch. „Ja, danke. Ich denke schon.“ Ich versuchte mir ebenfalls ein Lächeln aufzuzwingen, ob es mir so gut gelang wie ich es wollte, wusste ich nicht. Wir stellten uns neben die beiden Jungs und nach und nach kamen auch unsere Mitschüler. „Sag mal, Elias, warum bist du eigentlich zu uns auf die Schule gewechselt?“ Leicht Fragend sah Niklas mich an. Ein kleiner Stich ging mir durch die Brust, bei der Erinnerung daran. „Ich lebe jetzt bei meinem Großeltern im Dorf. Eigentlich komme ich aus Düsseldorf.“ „Das muss ja eine ganz schöne Umstellung sein. Großstadtleben und jetzt Dorf. Das größte in der Umgebung ist ja diese sehr kleine Kleinstadt und selbst die hat neben einem schlechten Einkaufzentrum nichts zu bieten.“, sagte Lars. „Ja, keine Läden um mal schön shoppen zu gehen.“ Emma sah etwas enttäuscht aus, bei dem Gedanken an das Einkaufzentrum hier. „Warum lebst du denn jetzt bei denen Großeltern? Was ist mit deinen Eltern?“, fragte sie aber direkt hinterher. Bevor ich antworten konnte, kam auch schon unser Lehrer und schloss den Raum auf. Wir gingen rein und ich setzte mich wieder an den selben Tisch wie auch in der Stunde zuvor. Anderer Raum, aber die Aufstellung der Tische war die selbe. Lars, Emma und Niklas saßen auf der anderen Seite des Raumes, in der Mittleren Reihe. Ab und an bemerkte ich wie Emma zu mir nach hinten sah, ihren Blick dabei konnte ich nicht richtig zuordnen. Das klingeln zur Pause erlöste mich wieder von diesem langweiligen Unterricht. Ich packte meine Sachen und verließ den Klassenraum. Auf dem Weg runter zum Pausenhof hängten sich Emma, Lars und Niklas wieder an meine Seite. „Wird man euch gar nicht mehr los?“, fragte ich gespielt genervt und lachte dabei, versucht es natürlich klingen zu lassen. „Nö, du gehörst jetzt zu uns. Haben wir beschlossen.“, sagte Lars und boxte mich freundschaftlich gegen meine Schulter. Ich war höchst verwundert über so viel freundschaftliches verhalten. So was kannte ich von früher nicht und genau das machte mich so skeptisch gegenüber den dreien. War es wirklich einfach nur Nettigkeit oder steckte da mehr hinter? Es machte bisher nicht den Eindruck auf mich, aber ich würde wohl dennoch skeptisch bleiben. „Na ok, dann werde ich mich dem wohl fügen.“ Emma lächelte vergnügt über meine direkte Kapitulation und gemeinsam gingen wir auf den Pausenhof. „Aber jetzt erzähl mal, warum bist du zu deinen Großeltern hier aufs Land gezogen?“, Emma sah mich neugierig an. Ich kam wohl nicht darum ihnen davon zu erzählen. Natürlich wäre es früher oder später dazu gekommen, doch ich hatte in meiner Naivität gehofft, dass es nicht schon an meinem ersten Tag so weit sein wird. „Meine Eltern sind vor ein paar Wochen bei einem Autounfall gestorben. Da ich Mütterlicherseits keine Verwandten habe, die in der Lage wären mich aufzunehmen, haben meine Großeltern, also die Eltern von meinem Vater, mich aufgenommen.“ „Mein Beileid, Elias. Das tut mir wirklich Leid.“, Emma sah leicht geschockt aus und auch Niklas und Lars hatten damit anscheinend nicht wirklich gerechnet. „Wenn du was brauchst oder auch nur reden willst, kannst du ruhig immer zu uns kommen.“, sagte Niklas und sah mich ehrlich an. Ich nickte zur Bestätigung und als Dankeschön. Ich war mir sicher, dass ich niemals zu ihnen kommen würde, wenn ich Probleme hätte, aber ich wollte ihnen nicht gegen den Kopf stoßen, wo sie doch bisher so nett zu mir waren und es half diese Freundschaft aufzubauen. Den Rest der Pause saßen wir da und die drei erzählten mir den neusten und auch älteren Schulklatsch. Sie informierten mich über bevorstehende Veranstaltungen und redeten über sonstiges, was im Leben von Teenagern eben so wichtig ist. Es klingelte und endlich war der Schultag vorbei und, zu meinem Glück, auch die Schulwoche. Ich hatte eine Gnadenfrist bekommen bis nach der Beerdigung meiner Eltern, bevor ich wieder zur Schule gehen musste. Von der Sozialarbeiterin war zwar empfohlen gewesen, mir noch ein oder zwei Wochen länger Zeit zu geben, aber meine Großmutter war da anderer Ansicht. Sie hätte mich am liebsten direkt hier hin geschickt, allerdings hatte sie Sozialarbeiterin dies nicht erlaubt. Ich verabschiedete mich von meinen neuen Freunden, die auf dem Weg zum Bus waren, als auch schon das Auto meines Großvater vor fuhr. Ich ging aus gewohnheit zu Beifahrertür um einzusteigen. „Nein junge, zu steigst hinten ein. Und mach deine Schuhe sauber, ich möchte nicht das du das Auto schmutzig machst.“ Innerlich seufzend tat ich das, was mein Großvater verlangte. Er sagte nichts, sah mich nur durch den Rückspiegel an und wartete bis ich mich angeschnallt hatte. Während der Fahrt starrte ich aus dem Fenster. Sah Häuser, Bäume und Felder an mir vorbei ziehen. Kurz hinter dem Ortsschild zum Dorf, sah ich in Schild, obwohl mehr ein Plakat. 'Antik Trödelmarkt' und er fand morgen auf dem Marktplatz hier statt. Normalerweise Interessierte ich mich nicht für so was, aber es war wohl die einzige Möglichkeit dieses Wochenende was unternehmen zu können, also beschloss ich kurzer Hand hinzugehen. Vielleicht fand sich ja was, für mein neues Zimmer. Darin befand sich außer einem alten Schrank, einem Bett mit Nachttisch nichts. Zuhause angekommen ging ich direkt in mein Zimmer, schmiss meine Tasche in die Ecke und setzte mich auf mein Bett. Im großen und ganzen war der Tag gar nicht so schlimm, wie ich anfangs gedacht hatte. Das war ausschließlich Emma, Lars und Niklas zu verdanken, denn der Rest der Klasse hatte mich weiterhin nur komisch angeguckt und im Laufe des Tages auch die anderen drei immer wieder. Ich hoffe es gibt keine Probleme für die drei. Für Emma als Klassen- und Schulsprecherin wäre es ja nicht gerade von Vorteil plötzlich zur Außenseiterin zu werden. Seufzend nahm ich meine Kopfhörer, steckte sie ins Handy und machte mir Musik an. Mit den Kopfhörern auf meinem Kopf lag ich dann auf meinem Bett und starte die Decke an, bis mein Handy ein leises ping von sich gab. Ich hatte eine neue Nachricht. »Hey Elias! Wie geht’s dir? Haben lange nichts mehr von dir gehört, vor allem nachdem du plötzlich aus allen Gruppen ausgestiegen bist. Wir machen uns Sorgen, vor deiner Abreise hat ja keiner mehr die Möglichkeit gehabt mit dir zu reden. Melde dich mal wieder, bitte.« Sie war von meinem besten Freund aus meinem alten Leben. Langsam bekam ich wegen meiner Aktion ein schlechtes Gewissen. Er hatte recht, ich hab mich von all meinen Freunden abgeschottet, bin aus allen WhatsApp Gruppen raus und hab mich von keinem Verabschiedet, als meine Großeltern mich abgeholt haben. Das war eigentlich nicht meine Art, vor allem gegenüber meinem besten Freund nicht. Aber die ersten Tage liefen an mir vorbei, wie in einem Film. Mir war alles zu viel und dies sah für mich nach der einzigen Lösung aus. Im Nachhinein betrachtet nicht die beste, aber zu der Zeit war sie das eben. Das ich überhaupt weg zog haben meine Freunde auch nur erfahren, weil mein bester Freund ein paar Tage später plötzlich unangekündigt vor meiner Tür stand und ich diese geöffnet hatte. Er hatte es jeden Tag versucht, allerdings immer mit Ankündigung, weswegen ich die Türe nicht aufgemacht hatte. Ich öffnete den Chat und fing an zu Tippen. »Hey, mir geht es gut soweit. Den Umständen entsprechend, wohl eher. Tut mir Leid das ich euch Sorgen bereitet habe, aber ich konnte nicht mehr. Ich bin jetzt bei meinen Großeltern, den Heiligen des Dorfes... Ich hoffe ihr nehmt mir mein Verhalten nicht zu übel.« Gerade auf senden gedrückt rief meine Großmutter auch schon zum Essen. Ich schmiss mein Handy und die Kopfhörer aufs Bett und ging runter. Noch in der Tür hörte ich wieder das leise ping meines Handys, allerdings konnte ich nicht mehr nachgucken. Wenn ich nicht sofort runter ging würde ich nur wieder ärger bekommen, weil ich trödel und das Handy mitnehmen konnte ich auch nicht, denn meine Großeltern hatten eine Null Toleranz Grenze zu Handys am Esstisch. Es musste also warten bis nach dem Essen. Die paar Minuten würde mein bester Freund nach mehreren Tagen auch noch aushalten. Am Esstisch angekommen setzte ich mich zu meinen Großeltern an den Tisch, betete mit und fing an zu essen. Nur mit halben Ohr hörte ich bei dem Gespräch zwischen meinen Großeltern zu. Es ging anscheinend wieder um ihren neuen Status als Heilige Samariter, weil sie mich aufgenommen haben. Unsere Nachbarin hat gegenüber den anderen Dorfbewohnern wohl in den höchsten Tönen von meiner Großmutter und ihrer Aufopferung für einen pubertierenden Teenager gesprochen. Das mir bei all dieser Scheinheiligkeit nicht schlecht wurde, war ein Wunder. Kapitel 3: Spieglein, Spieglein ------------------------------- Das Essen zog sich für mich in eine kaum aus haltbare Länge und ich war froh endlich wieder in mein Zimmer gehen zu können, auch wenn dieser fast leerer Raum sich nicht nach Schutz anfühlte oder danach sich wohl zu fühlen. Es war kein kleines Zimmer, aber karg und weiß. Ich verstand nicht warum dieses Zimmer weiß gestrichen war, alle anderen Zimmer waren farbig gestrichen und eingerichtet, auch das Gästezimmer. Nur meins nicht, als wollten sie mir zeigen nicht erwünscht zu sein. Deprimiert ging ich zu meinem Bett und nahm das Handy wieder in die Hand. Zwei neue Nachrichten. Ich öffnete WhatsApp und ging wieder in den Chat mit meinem besten Freund. »Klingt ja super... Lass dich nicht unterkriegen, wir sind alle für dich da, wenn auch nicht körperlich« »Melde dich auch mal wieder bei den anderen. Die würden sich freuen auch mal wieder persönlich von dir zu hören« Ich tippte eben eine Nachricht ein in der ich sagte dass ich dies die Tage tun würde, sobald ich die kraft dafür aufbringen konnte mich ihnen zu stellen. Chris, so hieß mein bester Freund, schrieb mir kurz darauf wieder eine Nachricht und so schrieben wir den ganzen restlichen Abend auch weiter. Es tat gut wieder mit jemanden reden, bzw schreiben, zu können der einen kannte und dem man was bedeutet. Er erzählte mir was in der letzten Zeit so passiert ist und ich schrieb was hier so los war. So verging die Zeit und es wurde Nacht. Von meinen Großeltern hatte ich nur selten mal die Schritte an meiner Zimmertür entlang gehört, sich bei mir gemeldet hatten sie zum Glück nicht. Irgendwann spät abends sagte ich Chris dann gute Nacht, zog mich um und ging schlafen. Die Sonne die durch mein Zimmer schien weckte mich am morgen. Ein Blick auf mein Handy verriet mir, dass wir neun Uhr hatten und jeden Moment meine Großmutter zum Frühstück rufen würde. Also stand ich auf, zog mich an und kaum das ich mir meinen Pulli über den Kopf gezogen hatte erklang auch schon ihre anstrengende Stimme, die mich zum Frühstück rief. In der Küche angekommen setzte ich mich an den Tisch und sah auf das Titelblatt der Zeitung aus dem Umkreis, die mein Großvater gerade am Lesen war. 'Noch ein Teenager spurlos verschwunden' 'Bei Informationen bitte an die Örtliche Polizei wenden' daneben die zwei Bilder der anscheinend verschwunden Teenager. Ich runzelte die Stirn, selbst hier in einem so ruhigen Dorf, mitten im Nirgendwo, wo es eigentlich keine Möglichkeiten gab für Teenager einfach abzuhauen, verschwanden diese Spurlos? So was kannte ich eher aus meiner alten Stadt, in Großstädten war dies wesentlich einfacher. Man lernt wohl nie aus. Als meine Großmutter sich zu uns an den Tisch setzte und wohl auch gerade das Titelblatt las schnaubte sie verächtlich. „Ich kenne die Mutter von diesem Mädchen da, sie ist die Tochter von Gisela. Eine nette Frau, macht viel für die Gemeinde. Sie hat letztes Jahr am Pfarrfest den Kuchen verkaufst, weißt du noch, Willi? Kann man mal sehen, wer weiß, was sich hinter verschlossen Türen abgespielt hat, dass das Mädchen abgehauen ist? Ich bin sicher es liegt am Vater. Angeblich trinkt er am Wochenende zu viel in der Kneipe. Hat sie sicher geschlagen, warum sonnst sollte ein Kind einfach abhauen.“ Mein Großvater sah sich nochmal das Titelblatt an, zog eine Augenbraue hoch, schüttelte den Kopf und legte dann die Zeitung weg. „Vielleicht sind die beiden auch zusammen Abgehauen? Der Junge ist der Sohn von Thomas, ein Problemkind, so wie ich es mitbekommen habe. Würde mich nicht wundern, wenn er das Mädchen dazu angestiftet hat. Solche Jungs sind nie ein guter Einfluss.“ Meine Großmutter nickte verständnisvoll. Ich war sprachlos über diese Szene am Frühstückstisch. Wie konnte man denn nur so sein, wie die beiden gerade? Ich war mir sicher, in ein paar Stunden erzählte meine Großmutter es einer der Nachbarn oder ihren Freundinnen bei einem ihrer Gemeinde Treffen, so als wäre es die Wahrheit und eine Tatsache und nicht aus den Fingern gezogen. Ich hasste die beiden und vor allem dieses Dorf, immer mehr. Ich zog mir meine Schuhe an und griff meine Jacke da hörte ich schon wieder die schreckliche Stimme meiner Großmutter. „Wo willst du hin? Hattest du noch vor uns Bescheid zu sagen? Du kannst hier nicht machen, was du willst, hörst du?“ Sie holte gerade Luft um mit ihrem Vortrag fortzufahren, da redete ich ihr dazwischen. „Tut mir Leid, ich hätte früher was sagen sollen. Ich wollte nur was raus, frische Luft schnappen und mir das Dorf etwas angucken. Ich bin nicht zu lange weg.“ Sie kniff die Lippen zu einer schmalen Linie und ich sah ihr an, das die innerlich mit mich weiter an meckern oder es gut sein lassen, weil ich mich entschuldigt hatte, kämpfte. Zum Glück entschied sie sich für letzteres. „Sei zurück bevor es dunkel wird. Ich hab keine Lust mir nachher noch von den Nachbarn anhören zu müssen wir hätten einen zwielichtigen Streuner aufgenommen. So dunkel wie du rumläufst halten sie dich nachher noch für einen Einbrecher. Das fällt nur wieder auf mich zurück.“ Ich nickte und verließ dann schnell das Haus. Diese Frau war ein Monster, wie konnte man sich denn nur so sehr auf die Meinung anderer Versteifen. Mir war es herzlichst egal, was die Nachbarn von mir und vor allem von diesen schrecklichen alten Leuten, dachten. Bis zum Marktplatz waren es nur ein paar Minuten und man konnte schon von weitem die Stände vom Trödelmarkt sehen. Dort angekommen, wunderte es mich dass ich die einzige Person, neben dem Standbesitzer, war. Ich sah mich ein wenig um zwischen den Paar wenigen Tischen. Es war nichts interessantes zu finden. Ein paar alte Bilder, Uhren die nicht mehr liefen oder sogar schon ein paar Teile fehlen, zwei Stühle, ein alter Kronleuchter und ein alter Kaffeetisch waren das nennenswerteste unter all dem Kram. Einen Antik Trödelmarkt hatte ich mir anders vorgestellt, aber was will man hier in dem Dorf auch erwarten. Das so was hier überhaupt stattfand, war für mich schon ein Wunder. „Hast du was gefunden, was dir vielleicht gefällt, Junge?“ Ich zuckte leicht zusammen als der Standbesitzer plötzlich neben mir stand und mich ansprach. „Eh... Nein. Bisher noch nichts.“ „Hast du denn eine Vorstellung von dem, was du hoffst zu finden?“ Erwartungsvoll sah der Mann mich an. „Nein, eigentlich nicht. Ich wollte mich nur mal so umsehen.“, sagte ich wahrheitsgemäß. Irgendwie war der Mann mir nicht geheuer. Er war groß, dünn und um die vierzig, hatte kurze dunkelbraune Haare, die an manchen stellen schon ergraut waren und sah im allgemein sonst ganz normal aus, würde ich mal sagen und dennoch gefiel mir irgendwas an ihm nicht. Ich ließ meinen Blick über die letzten Tische und Möbel streifen, bis mir ein großer, aber schmaler, Bodentiefer, schwarzer Spiegel auffiel. Ich ging zu ihm und sah mich im Spiegel an, so gut es eben ging, denn das Glas war nicht mehr wirklich reflektierend, es schien wohl nie gewechselt worden zu sein, auch der Rahmen wies starke Gebrauchsspuren auf. Die Farbe war abgesplittert und an manchen stellen waren Tiefe Kerben im Holz. „Interesse?“ Fragte der Verkäufer. Ich wusste nicht warum, aber ich hatte wirklich Interesse an dem Spiegel. Er sah ungepflegt und vernachlässigt aus, ungeliebt und nicht beachtet. Er sah aus, wie ich mich derzeit fühlte. „Ja. Wie viel kostet er?“ Der Mann, der sich mittlerweile neben mich gestellt hatte, überlegte kurz und wiegte dabei den Kopf hin und her. „Eigentlich hätte er 80€ gekostet, allerdings hat vor zwei Wochen ein Junge, in einem der Nachbardörfer, ihn um geschmissen, deswegen sieht er jetzt so ramponiert aus. Ich war froh das die Scheibe nicht gesprungen ist, dann wäre er wirklich nichts mehr Wert gewesen. Ich gebe ihn dir für 20€, in dem Zustand werde ich ihn sonst nicht mehr los. Die alten Leute hier in der Gegend versuchen auch nur jeden mickrigen Euro zu sparen. Bei einer kleinen Beschädigung wollen sie direkt mehr als die Hälfte des Preises runter. Bei antiken Gebrauchsgegenständen, wie soll man so nur über die Runden kommen.“ Verwundert über diesen Monolog zog ich eine Augenbraue hoch. Erwartete er das ich darauf einging? Ich war leicht überfordert, ich war nicht davon ausgegangen, dass er mit so was um die Ecke kam. „Tut mir Leid, du hast sicher keine Lust dir irgendein Gemecker von einem Fremden Antiquitätenhändler anzuhören.“ Er lachte kurz und sah mich dann immer noch lächelnd an. Ich holte mein Portmonee raus, öffnete das Geldfach und nahm 20€ raus. „Schon in Ordnung, es tut gut mal nicht irgendwelche ausgedachten Lügengeschichten über die Nachbarn zu hören.“ Ich versuchte mich in einem Schmunzeln und gab ihm das Geld. „Ich bedanke mich. Brauchst du Hilfe bei dem Spiegel, oder schaffst du das alleine?“ „Ich denke ich schaff das schon. Ich wohne nur die Straße rauf.“ Er nickte und ging dann wieder an einen seiner Stände. Ich sah den Spiegel an und das erste mal seit ich ihn sah, fragte ich mich wie meine Großeltern wohl reagieren würde, wenn ich mit dem Ding vor ihrer Türe stehen würde. Das würde Stress geben. Ob sie mich überhaupt mit dem Ding ins Haus lassen würden? Ich seufzte einmal und ging mir mit der Hand durchs Gesicht. Ich musste es einfach versuchen, also ging ich zum Spiegel und hob ihn an. Er war viel schwerer als gedacht. So einfach würde es also doch nicht werden ihn alleine nach hause zu tragen. Endlich zuhause angekommen, aus der puste und leicht verschwitzt, stellte ich ihn erst mal vor der Türe ab. Ich sollte wohl mehr Sport machen. Ich drückte die Türklinge nach unten und stellte fest das die Haustüre verschlossen war. Meine Großeltern waren anscheinend nicht zuhause, zu meinem Glück, sonst wäre die Türe offen. Ich hab schnell festgestellt, das die Haustüren hier nur nachts verschlossen wurden. Mir als Großstadtkind ein völlig Unding. Aber so blieb ihnen das neue Möbelstück wohl vorerst unbekannt. Ich zog also meinen Hausschlüssel aus der Hose, schloss die Tür auf und ging, zusammen mit dem Spiegel ins Haus. Das Ding die Treppe hoch zu bekommen war alleine eine echte Herausforderung, aber nach einer gefühlten Ewigkeit hatte ich es endlich geschafft. Vollkommen aus der Puste, stellte ich den Spiegel an die Freie Wand neben meinem Bett, von da konnte man ihn zum Glück auch nicht direkt sehen, wenn man in mein Zimmer kam oder guckte. Ich zog mir den Ärmel meines Pullovers über das Handgelenk und wischte damit einmal über das Glas, um es sauber zu machen. Es änderte sich allerdings nichts, dabei sah es jetzt von nahem so aus, als würde es nur Staub und Dreck sein, warum man sein Spiegelbild nicht sehen konnte. Verwundert fasste ich mit der Hand auf das kühle Glas. Ein Ruck ging durch meinen Körper, durch den ich das Gleichgewicht verlor und nach vorne, mit dem Gesicht voran, auf den Boden flog. Ich landete mit dem Gesicht direkt auf staubigen alten Holzdielen. Holzdielen? Mein Zimmer hatte doch Teppich? Während ich auf dem Boden lag, sah ich mich um und stellte fest, das war eindeutig nicht mehr mein Zimmer. Wo war ich? Ich richtete mich langsam auf und klopfte mir den Staub von der Kleidung. Ich stand in der Mitte einer Holzhütte, die ihre besten Tage schon hinter sich hatte. Das Dach hatte Löcher, durch die die letzten goldgelben Strahlen einer untergehenden Sonne schienen und durch verdreckte und zerbrochene Fenster konnte ich einen Wald sehen. Ich ging auf die Tür zu, die nur noch halb in den Angel hing und verließ die Hütte. Um mich herum war nichts außer der Wald, den ich schon von drinnen sehen konnte. Die Hütte stand alleine und verlassen irgendwo in diesem. Neugierig geworden ging ich ein Stück weiter in den Wald, aber nur so weit, wie ich die Hütte hinter mir noch sehen konnte. Um mich herum wurde es langsam immer dunkler und über mir flogen ein paar Glühwürmchen. Oder waren das keine Glühwürmchen? Ich dachte ich hätte da ein paar Arme und Beine gesehen, aber das war absurd. Obwohl, meine Anwesenheit an diesem Ort war genauso Absurd. Ich schüttelte den Kopf und ging wieder zurück zur Hütte. Dort stand ebenfalls ein Spiegel, ähnlich wie der, den ich in meinem Zimmer hatte. Er sah ähnlich verwittert aus, doch der Rahmen was nicht so beschädigt wie bei meinem. Und dennoch wirkte er, als passe er nicht zum Rest hier. Er sah elegant aus, von der verdreckten Glasscheibe mal abgesehen, denn der Rahmen war es nicht, und alles andere in der Hütte war schlicht und einfach. Aus Holz und komplett eingestaubt. Um zu gucken, ob diese Scheibe wirklich nur verdreckt war, oder ob es wie bei meinem nur so aussah, wischte ich wieder mit dem Ärmel über das Glas. Und tatsächlich war es auf diesem Spiel nur Dreck. Ich klopfte mir den Schmutz vom Ärmel und sah wieder auf den Spiegel. Wie kam ich denn jetzt wieder zurück? Auf gut Glück, berührte ich den Spiegel wieder und genau wie beim ersten mal ging ein Ruck durch meinen Körper und das nächste was ich sah, war mein Zimmerboden der sich schnell meinem Gesicht näherte. Ich drehte ich mich auf den Rücken und rieb mir die schmerzende Stirn. Das musste ich unbedingt nochmal üben, nachher brach ich mir bei einem Sturz noch die Knochen oder schlimmer. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)