Behind The Mirror von Medieval ================================================================================ Kapitel 2: Hoffnungsschimmer? ----------------------------- Es klingelte zur ersten Pause und ich war froh endlich raus zu kommen. Auf dem Schulhof angekommen setzte ich mich auf eine Bank und sah mich auf dem Schulhof um. Diese Schule war ganz anders als meine alte. Hier gab es nicht die Klischee Grüppchen von Schülern. Keine Blonden Mode Püppchen, keine Hopper, keine Streber und keine Emos, Metaller oder Goths. Hier waren irgendwie alle Normal. Ich fühlte mich wie ein Außerirdischer und so wurde ich auch immer wieder angesehen. Man merkt es anscheinend sofort, wenn wer neues zwischen ihnen ist, genau wie in dem kleinen Dorf in dem ich jetzt mein da sein fristen musste. Von weitem sah ich ein paar Schüler auf mich zu kommen, ich glaub sie waren in meiner Klasse, aber sicher war ich mir nicht. Es waren drei, zwei Jungs und ein Mädchen. Das Mädchen setzte sich neben mich auf die Bank, die beiden anderen blieben davor stehen. „Hey, mein Name ist Emma und das sind Lars und Niklas.“ „Ich bin Elias.“ Das Mädchen lachte einmal ehe sie sprach. „Das wissen wir doch. Du hast dich doch vorhin vorgestellt. Wir dachten, da du ja jetzt bei uns in der Klasse bist und hier so alleine sitzt, dass wir mal zu dir gehen und uns vorstellen. Das wir uns vielleicht mal ein bisschen kennen lernen, damit du zumindest nicht mehr ganz so alleine bist und schon mal wen kennst. Vielleicht fällt dir dann das einleben etwas leichter.“ Sie war nett. Aber sie redete eindeutig zu viel und zu schnell. „Ähm, ja danke.“ Sagte ich nur, da mir das alles gerade einfach zu schnell ging und mir auch einfach nichts intelligenteres einfiel. Das war ja schon mal ein guter Anfang, dachte ich mir deprimiert. Doch sie schienen es entweder nicht bemerkt zu haben oder sie überspielten es einfach. „Tut mir Leid, sie redet einfach wie ein Wasserfall und dann auch noch so schnell.“ Emma sah Lars, ich nahm an es war Lars, gespielt böse an. „Also, wenn du willst, zeig ich dir gerne ein wenig die Schule. Die Lehrer mögen es gar nicht, wenn man zu spät kommt und ich denke dass sie es auch nicht als Ausrede akzeptieren würden, wenn du den Raum nicht gefunden hast, auch wenn du neu bist.“ Sie stand auf, winkte mir zu dass ich es ihr gleich tun sollte und ging dann los. Eilig sprang ich von der Bank auf und folgte ihr. „Hier ist der Hintere Schulhof, vorne haben wir noch einen weiteren, es ist egal, auf welchen von beiden du gehst. Im Vergleich zu der Schule in der Nachbarstadt sind diese hier nicht den Jahrgängen zugeordnet. Im Erdgeschoss haben wir neben dem Foyer einen Gang, da hinten kannst du ihn sehen, da geht es zum Technik-, Textil- und Kunstraum.“ Sie zeigte auf einen Gang am anderen Ende des Foyers und ging dann weiter Richtung Treppen. „Hier im ersten Stock findest du auf dem rechten Gang den Physik- und Chemieraum. Im Gang auf der Linken sind normale Klassenräume, so wie auch im zweiten Stock. Wir haben Unterricht meistens im zweiten Stock, bis auf Physik und Chemie eben. Seit ein paar Jahres wurde das Unterrichtssystem ein bisschen verändert. Früher hatte jede Klasse einen Raum und der Lehrer kam zu uns, jetzt ist es genau andersrum. Wir Schüler finden das so viel chaotischer nach dem Unterricht und den Pausen, aber die Lehrer haben es so bequemer und dagegen kann man wohl nichts machen.“ Die beiden Jungs die uns begleiteten, hatten die ganze Zeit noch nichts gesagt. Zu ihrer Verteidigung, Emma hatte die ganze Zeit am Stück geredet, selbst ich hätte keine Zeit gehabt dazwischen Fragen zu stellen, wenn ich welche gehabt hätte. „Ich denke das Prinzip mit der Raum Nummerierung kennst du ein wenig? Ich erklär es die auf jeden Fall nochmal. Die Räume haben ja drei Ziffern. Steht am Anfang eine Null, heißt es der Raum ist im Erdgeschoss. Eine eins heißt erster Stock und zwei zweiter Stock. Die Zahl in der Mitte, also die null oder eins, steht für linker oder rechter Gang. Die letzte Zahl ist dann einfach der Raum.“ Ich nickte, die Hälfte hatte ich mir schon gedacht. Rechtzeitig zum Ende ihrer Führung, klingelte die Glocke. „Wie praktisch, wir haben jetzt eh hier Unterricht.“ Lars und Niklas gingen in den Gang zu den Klassenräumen. Emma ging zusammen mir dann ihnen hinterher. „Ich hoffe ich konnte die etwas helfen und meiner Rolle als Klassen- und Schulsprecherin gerecht werden.“ Sie Lächelte mich an und ich nickte automatisch. „Ja, danke. Ich denke schon.“ Ich versuchte mir ebenfalls ein Lächeln aufzuzwingen, ob es mir so gut gelang wie ich es wollte, wusste ich nicht. Wir stellten uns neben die beiden Jungs und nach und nach kamen auch unsere Mitschüler. „Sag mal, Elias, warum bist du eigentlich zu uns auf die Schule gewechselt?“ Leicht Fragend sah Niklas mich an. Ein kleiner Stich ging mir durch die Brust, bei der Erinnerung daran. „Ich lebe jetzt bei meinem Großeltern im Dorf. Eigentlich komme ich aus Düsseldorf.“ „Das muss ja eine ganz schöne Umstellung sein. Großstadtleben und jetzt Dorf. Das größte in der Umgebung ist ja diese sehr kleine Kleinstadt und selbst die hat neben einem schlechten Einkaufzentrum nichts zu bieten.“, sagte Lars. „Ja, keine Läden um mal schön shoppen zu gehen.“ Emma sah etwas enttäuscht aus, bei dem Gedanken an das Einkaufzentrum hier. „Warum lebst du denn jetzt bei denen Großeltern? Was ist mit deinen Eltern?“, fragte sie aber direkt hinterher. Bevor ich antworten konnte, kam auch schon unser Lehrer und schloss den Raum auf. Wir gingen rein und ich setzte mich wieder an den selben Tisch wie auch in der Stunde zuvor. Anderer Raum, aber die Aufstellung der Tische war die selbe. Lars, Emma und Niklas saßen auf der anderen Seite des Raumes, in der Mittleren Reihe. Ab und an bemerkte ich wie Emma zu mir nach hinten sah, ihren Blick dabei konnte ich nicht richtig zuordnen. Das klingeln zur Pause erlöste mich wieder von diesem langweiligen Unterricht. Ich packte meine Sachen und verließ den Klassenraum. Auf dem Weg runter zum Pausenhof hängten sich Emma, Lars und Niklas wieder an meine Seite. „Wird man euch gar nicht mehr los?“, fragte ich gespielt genervt und lachte dabei, versucht es natürlich klingen zu lassen. „Nö, du gehörst jetzt zu uns. Haben wir beschlossen.“, sagte Lars und boxte mich freundschaftlich gegen meine Schulter. Ich war höchst verwundert über so viel freundschaftliches verhalten. So was kannte ich von früher nicht und genau das machte mich so skeptisch gegenüber den dreien. War es wirklich einfach nur Nettigkeit oder steckte da mehr hinter? Es machte bisher nicht den Eindruck auf mich, aber ich würde wohl dennoch skeptisch bleiben. „Na ok, dann werde ich mich dem wohl fügen.“ Emma lächelte vergnügt über meine direkte Kapitulation und gemeinsam gingen wir auf den Pausenhof. „Aber jetzt erzähl mal, warum bist du zu deinen Großeltern hier aufs Land gezogen?“, Emma sah mich neugierig an. Ich kam wohl nicht darum ihnen davon zu erzählen. Natürlich wäre es früher oder später dazu gekommen, doch ich hatte in meiner Naivität gehofft, dass es nicht schon an meinem ersten Tag so weit sein wird. „Meine Eltern sind vor ein paar Wochen bei einem Autounfall gestorben. Da ich Mütterlicherseits keine Verwandten habe, die in der Lage wären mich aufzunehmen, haben meine Großeltern, also die Eltern von meinem Vater, mich aufgenommen.“ „Mein Beileid, Elias. Das tut mir wirklich Leid.“, Emma sah leicht geschockt aus und auch Niklas und Lars hatten damit anscheinend nicht wirklich gerechnet. „Wenn du was brauchst oder auch nur reden willst, kannst du ruhig immer zu uns kommen.“, sagte Niklas und sah mich ehrlich an. Ich nickte zur Bestätigung und als Dankeschön. Ich war mir sicher, dass ich niemals zu ihnen kommen würde, wenn ich Probleme hätte, aber ich wollte ihnen nicht gegen den Kopf stoßen, wo sie doch bisher so nett zu mir waren und es half diese Freundschaft aufzubauen. Den Rest der Pause saßen wir da und die drei erzählten mir den neusten und auch älteren Schulklatsch. Sie informierten mich über bevorstehende Veranstaltungen und redeten über sonstiges, was im Leben von Teenagern eben so wichtig ist. Es klingelte und endlich war der Schultag vorbei und, zu meinem Glück, auch die Schulwoche. Ich hatte eine Gnadenfrist bekommen bis nach der Beerdigung meiner Eltern, bevor ich wieder zur Schule gehen musste. Von der Sozialarbeiterin war zwar empfohlen gewesen, mir noch ein oder zwei Wochen länger Zeit zu geben, aber meine Großmutter war da anderer Ansicht. Sie hätte mich am liebsten direkt hier hin geschickt, allerdings hatte sie Sozialarbeiterin dies nicht erlaubt. Ich verabschiedete mich von meinen neuen Freunden, die auf dem Weg zum Bus waren, als auch schon das Auto meines Großvater vor fuhr. Ich ging aus gewohnheit zu Beifahrertür um einzusteigen. „Nein junge, zu steigst hinten ein. Und mach deine Schuhe sauber, ich möchte nicht das du das Auto schmutzig machst.“ Innerlich seufzend tat ich das, was mein Großvater verlangte. Er sagte nichts, sah mich nur durch den Rückspiegel an und wartete bis ich mich angeschnallt hatte. Während der Fahrt starrte ich aus dem Fenster. Sah Häuser, Bäume und Felder an mir vorbei ziehen. Kurz hinter dem Ortsschild zum Dorf, sah ich in Schild, obwohl mehr ein Plakat. 'Antik Trödelmarkt' und er fand morgen auf dem Marktplatz hier statt. Normalerweise Interessierte ich mich nicht für so was, aber es war wohl die einzige Möglichkeit dieses Wochenende was unternehmen zu können, also beschloss ich kurzer Hand hinzugehen. Vielleicht fand sich ja was, für mein neues Zimmer. Darin befand sich außer einem alten Schrank, einem Bett mit Nachttisch nichts. Zuhause angekommen ging ich direkt in mein Zimmer, schmiss meine Tasche in die Ecke und setzte mich auf mein Bett. Im großen und ganzen war der Tag gar nicht so schlimm, wie ich anfangs gedacht hatte. Das war ausschließlich Emma, Lars und Niklas zu verdanken, denn der Rest der Klasse hatte mich weiterhin nur komisch angeguckt und im Laufe des Tages auch die anderen drei immer wieder. Ich hoffe es gibt keine Probleme für die drei. Für Emma als Klassen- und Schulsprecherin wäre es ja nicht gerade von Vorteil plötzlich zur Außenseiterin zu werden. Seufzend nahm ich meine Kopfhörer, steckte sie ins Handy und machte mir Musik an. Mit den Kopfhörern auf meinem Kopf lag ich dann auf meinem Bett und starte die Decke an, bis mein Handy ein leises ping von sich gab. Ich hatte eine neue Nachricht. »Hey Elias! Wie geht’s dir? Haben lange nichts mehr von dir gehört, vor allem nachdem du plötzlich aus allen Gruppen ausgestiegen bist. Wir machen uns Sorgen, vor deiner Abreise hat ja keiner mehr die Möglichkeit gehabt mit dir zu reden. Melde dich mal wieder, bitte.« Sie war von meinem besten Freund aus meinem alten Leben. Langsam bekam ich wegen meiner Aktion ein schlechtes Gewissen. Er hatte recht, ich hab mich von all meinen Freunden abgeschottet, bin aus allen WhatsApp Gruppen raus und hab mich von keinem Verabschiedet, als meine Großeltern mich abgeholt haben. Das war eigentlich nicht meine Art, vor allem gegenüber meinem besten Freund nicht. Aber die ersten Tage liefen an mir vorbei, wie in einem Film. Mir war alles zu viel und dies sah für mich nach der einzigen Lösung aus. Im Nachhinein betrachtet nicht die beste, aber zu der Zeit war sie das eben. Das ich überhaupt weg zog haben meine Freunde auch nur erfahren, weil mein bester Freund ein paar Tage später plötzlich unangekündigt vor meiner Tür stand und ich diese geöffnet hatte. Er hatte es jeden Tag versucht, allerdings immer mit Ankündigung, weswegen ich die Türe nicht aufgemacht hatte. Ich öffnete den Chat und fing an zu Tippen. »Hey, mir geht es gut soweit. Den Umständen entsprechend, wohl eher. Tut mir Leid das ich euch Sorgen bereitet habe, aber ich konnte nicht mehr. Ich bin jetzt bei meinen Großeltern, den Heiligen des Dorfes... Ich hoffe ihr nehmt mir mein Verhalten nicht zu übel.« Gerade auf senden gedrückt rief meine Großmutter auch schon zum Essen. Ich schmiss mein Handy und die Kopfhörer aufs Bett und ging runter. Noch in der Tür hörte ich wieder das leise ping meines Handys, allerdings konnte ich nicht mehr nachgucken. Wenn ich nicht sofort runter ging würde ich nur wieder ärger bekommen, weil ich trödel und das Handy mitnehmen konnte ich auch nicht, denn meine Großeltern hatten eine Null Toleranz Grenze zu Handys am Esstisch. Es musste also warten bis nach dem Essen. Die paar Minuten würde mein bester Freund nach mehreren Tagen auch noch aushalten. Am Esstisch angekommen setzte ich mich zu meinen Großeltern an den Tisch, betete mit und fing an zu essen. Nur mit halben Ohr hörte ich bei dem Gespräch zwischen meinen Großeltern zu. Es ging anscheinend wieder um ihren neuen Status als Heilige Samariter, weil sie mich aufgenommen haben. Unsere Nachbarin hat gegenüber den anderen Dorfbewohnern wohl in den höchsten Tönen von meiner Großmutter und ihrer Aufopferung für einen pubertierenden Teenager gesprochen. Das mir bei all dieser Scheinheiligkeit nicht schlecht wurde, war ein Wunder. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)