Children of the Sea von Votani (OS-Sammlung | Marco/Ace) ================================================================================ Kapitel 5: to live and die [2] ------------------------------ Die Moby Dick schiebt sich durch das Wasser voran, das in der Dunkelheit schwarz wirkt. Nur die Sichel des Mondes spiegelt sich als fahles Abbild in ihm wider, als der Wind die Segel aufbläht und sie stetig weitertreibt. Gelächter erfüllt die frische Nachtluft, ebenso wie ein aufgeregtes Grölen, das von drei verschiedenen Ecken des Schiffes herüberschallt. Bei jedem weiteren Meteorit, bei jeder Sternschnuppe, die über das Firmament huscht, gewinnt es an Lautstärke und die Jungs stoßen mit Krügen und Sakeschalen miteinander an, während andere ihren Wunsch dreimal hintereinander vor sich hin flüstern. Auch Marcos Blick gilt dem Himmelszelt, als er einen großzügigen Schluck aus seinem Krug nimmt. Es geschieht selten, dass das Wetter auf der Grand Line beständig genug ist, um einen Meteoritenschauer zu genießen, ohne dass einem die Wolken die Sicht versperren. »Eine Frau, eine Frau, eine Frau«, murmelt Thatch und kreuzt die Finger. Mittendrin schlingt Ace einen Arm um die Schultern des vierten Kommandanten und lehnt sich zu ihm herüber. Thatch trägt sein meistes Gewicht, was Marco bestätigt, dass er bereits einiges an Sake intus hat. »Glaubst du, sie wird einfach vom Himmel fallen? So einfach ist das nicht. Dafür musst du schon etwas tun«, säuselt Ace. Marco verdreht die Augen. »Du meinst, die ausgewählte Person anstarren, bis sie sich genötigt fühlt, den ersten Schritt zu machen?« Als derjenige, der Ace ernst gemeinte Flirtversuche am eigenen Leib hat spüren dürfen, meint Marco sich ein Urteil darüber erlauben zu können. Aces Charme mag eine Menge Leute anlocken, doch unter der selbstbewussten Schale versteckt sich ein empfindlicher Kern, der nicht immer zu wissen scheint, ob er erwünscht ist oder nicht. »Es wäre wirklich nett, wenn ihr einem Single wie mir eure Beziehung – oder was auch immer, das zwischen euch ist – nicht immer unter die Nase reiben würdet«, beschwert sich Thatch, als er Aces Arm abschüttelt. Ihre Blicke treffen sich über Thatchs Schulter hinweg und ein Grinsen liegt auf Aces Lippen. Allerdings ist es zu dunkel, um zu erkennen, ob Ace etwas an Gesichtsfarbe gewonnen hat. »Oh mein Gott!«, ruft Thatch aus, als sein Kopf von einer Seite zur anderen ruckt, »könnt ihr aufhören euch anzuschauen, als ob ihr gleich übereinander herfallt?« Thatch leert seinen Krug, der zuvor auf der Reling gestanden hat, in einem Zug, bevor er davon marschiert. »Das ist ja unerträglich.« Lachend sieht Ace ihm nach und Marco trinkt schweigend seinen Sake. Thatch ist eine der wenigen Personen, die wissen, dass da etwas zwischen Ace und ihm läuft. Das ist jedoch nicht Marcos Entscheidung gewesen, denn im Gegensatz zu der Feuerfaust hat er Thatch nicht erlaubt, ohne anzuklopfen in seine Kajüte zu platzen. »Thatch hat recht«, sagt Ace irgendwann. Er setzt sich auf das Geländer, mit dem Rücken zum Meer und zum freien Himmel. »Du siehst mich wirklich so an.« Marco hebt eine Augenbraue. »Eh? Er meinte dich, nicht mich.« Ein wissendes Lächeln huscht über Aces Gesicht, welches Marco nicht kommentiert. »Sag mir lieber, ob du dir auch etwas gewünscht hast«, sagt er stattdessen. »Ich brauche nichts.« Das Zucken seiner Schultern folgt, als Ace seinen Krug an die Lippen führt. Ihn dabei unwillkürlich beobachtend zwingt Marco sich nach einigen Sekunden wegzuschauen. »Heißt das, dass du glücklich bist?«, fragt er, denn es ist eine Sache, es zu glauben und eine andere, es aus Aces Mund zu hören. Obwohl Marco neben dem Busoushoku auch das Kenbunshoku besitzt, gehört er nicht zu denen, welche die Gedanken anderer hören können. Gestört hat es ihn bisher nie, doch er würde gern Aces kennen. Aber alles, was Marco spüren kann, ist Aces Anwesenheit in der Form von glühender Kohle und die Fluktuationen in seiner Aura. Ob der minimale Verlust an Kontrolle seines Königshakis von seiner Trunkenheit oder von einer tiefsitzenden Emotion stammt, kann Marco nicht sagen. Er bezweifelt sogar, dass die, die nicht das Kenbunshoku besitzen, überhaupt den Unterschied bemerken. Ace senkt den Kopf und sein Cowboyhut nimmt Marco die Sicht auf sein Gesicht. »Ich bin ziemlich sicher, dass du das bereits weißt.« Das Lächeln ist aus seiner Stimme herauszuhören. »Aber ich habe mir etwas gewünscht. Nicht für mich, sondern für dich.« Einen Schritt vortretend bettet Marco die Ellenbogen auf der Reling neben Ace und sieht in die Nacht hinaus. Die Stimmen der Jungs nimmt er nur im Hintergrund wahr, für den Moment sind sie unwichtig. »Und das wäre?« Was das sein soll, weiß Marco beim besten Willen nicht. Er braucht nicht viel und solange er dieses Schiff mitsamt dieser Crew hat, kann er sich nicht beschweren. Ace lässt sich Zeit mit dem Antworten, während die Sekunden verstreichen. »Dass du nie allein sein wirst. Weil du mit deiner Teufelsfrucht doch nicht sterben wirst. Oder alterst.« All die Wälzer über Teufelsfrüchte, Fabelwesen und Phönixe liegen noch immer in Marcos Kajüte, nur hat er sie ordentlich auf seinem Schreibtisch gestapelt. Der einzige Grund, warum Marco weiß, dass Ace regelmäßig darin nachschlägt, sind die unterschiedlichen Reihenfolgen, in denen er die Bücher immer wieder vorfindet. Das Thema hat Ace in den letzten Wochen nicht losgelassen, aber die Wahrscheinlichkeit, dass er diese Informationen aus einem der Bücher hat, schätzt Marco als gering ein. »Wer hat dir das erzählt, Ace?« »Paps«, antwortet dieser. »Ich hab' auch die Jungs gefragt – Vista, Thatch, Jozu und so –, aber nur Paps ist mit der Sprache herausgerückt.« Wieso ausgerechnet Whitebeard der Meinung gewesen ist, Ace darin einzuweihen, ist Marco schleierhaft. Insbesondere, da sein Captain es ohne seine Erlaubnis getan hat. Für gewöhnlich mischt er sich in solche Dinge jedenfalls nicht ein. »Ist das deine Frage gewesen? Ob ich sterbe wie jeder andere auch?« Es ist Verschwendung, eine so schöne Nacht mit solch trübenden Unterhaltungen zu füllen und Marcos Lippen entfleucht ein Seufzen. »Ich kann sterben. Unter den richtigen Umständen sind selbst meine Teufelskräfte nicht allmächtig.« »Aber das wirst du nicht. Das weiß ich«, beharrt die Feuerfaust und sieht ihn wieder an. Das Schmunzeln ist auf seine Lippen zurückgekehrt, sieht offen und ehrlich, aber zeitgleich auch ein wenig wacklig, aus. »Du bist nicht wie ich. Oder Thatch. Du stürzt dich nicht kopfüber in einen Kampf oder lässt dich provozieren. Und wenn wir alle nicht mehr sind, dann musst du jemand anderen finden. Das ist okay.« »Bis dahin ist noch etwas Zeit. So schnell stirbt keiner von uns.« Wenn dem so wäre, wäre ihre Mannschaft unter Whitebeard nicht so berüchtigt. Man weiß es besser, als sich mit ihnen anzulegen. Davon will Ace aber offensichtlich nichts hören, den er übergeht Marcos Worte mit einer bekannten Intensität. »Du musst nämlich glücklich sein. Du mehr als alle anderen, Marco.« Zusammen mit Aces Worten schwingt noch etwas anderes mit, eine leise Ahnung, die wie ein Kitzeln unter Marcos Haut sitzt. Er leert seinen Krug, bevor er Ace den seinen aus den Händen nimmt und beide vor sich auf der Reling abstellt. Ace am Arm packend zieht Marco ihn in dem Augenblick von der Reling, als seine Narkolepsie zuschlägt. Er sackt in Marcos Arme, der ihn vorsichtig mit dem Rücken gegen das Gelände lehnt. Ein leises Schnarchen dringt aus Aces offenstehenden Mund und sein Gesicht ist entspannt und lässt Marco wieder einmal erkennen, wie jung Ace eigentlich ist. »Ich bin glücklich, also mach' dir mal keine Sorgen um mich«, murmelt Marco, als er sein violettfarbenes Hemd von den Schultern streift und Ace damit zudeckt. Die Nacht ist frisch, ob er nun seine Teufelskräfte im Schlaf kontrollieren kann oder nicht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)