Children of the Sea von Votani (OS-Sammlung | Marco/Ace) ================================================================================ Kapitel 14: the way you look at him ----------------------------------- »Weißt du, Marco…«, beginnt Thatch, der mit verschränkten Armen und einem unerträglichen Grinsen auf den Lippen neben ihm an der Reling steht. Allein sein Ton verrät, dass Marco es nicht weiß und eigentlich auch nicht wissen will. Zudem verrät sein Gesichtsausdruck, dass es dabei um Marco geht, was diesem noch weniger gefällt. »Irgendwann solltest du es Ace sagen. Ich meine, wenn du so weitermachst, fallen dir noch die Augen aus dem Kopf«, beendet er, bevor Marco einen Grund finden kann, um das Gespräch im Keim zu ersticken. Marco schnaubt, ein halbbelustigter und halbverärgerter Laut. Sein Blick löst sich kurz von der Feuerfaust, die stolz über das Deck und in die Richtung der Jungs marschiert, die auf leeren Kisten sitzen und Kartenspielen. »Ich weiß nicht, wovon du sprichst, yoi.« Doch er braucht Thatch nicht anzuschauen, um zu wissen, dass das schiefe Grinsen anwächst, bis es von einem Ohr zum anderen reicht. Thatch kennt einfach kein Taktgefühl und bringt damit nicht nur sich, sondern auch andere in Verlegenheit. Vor allem jedoch Marco, der über die Jahre zu Thatchs liebsten Opfer geworden ist. »Versteh mich nicht falsch«, sagt Thatch. »Ausnahmsweise kann es ich sogar nachvollziehen. Ich meine, wie kam er bloß auf die Idee, seine Haare zusammenzubinden? Scheinbar hat er nicht in den Spiegel geschaut, bevor er seine Kajüte verlassen hat.« Ein raues Lachen entflieht Thatchs Kehle und Marcos Augenbraue zuckt in stummer Zustimmung. Leugnen, dass Ace der kleine Zopf nicht sonderlich steht, kann er nicht. Er lässt Ace jünger und unerfahrener wirken. Fast unschuldig und als lauert nicht diese Dunkelheit unter seiner Oberfläche, die Marco bereits am ersten Tag in Ace erahnt hat. Von der er sofort fasziniert gewesen ist, flüstert eine kleine Stimme in seinem Hinterkopf, auf die Marco jedoch noch nie gehört hat. Doch eines muss man Ace lassen: Nur er schafft es, einen albernen Zopf wie diesen mit Stolz und Selbstbewusstsein zu tragen. Das Lachen und Kichern der Jungs dringt bis zu ihnen hinüber, als Ace sich zu den Jungs gesellt und beim Kartenspiel einsteigt. Marco schnappt ein »Ich wollte mal was Neues ausprobieren!« von Ace auf, denn für jemanden, der ein schlechtes Selbstwertgefühl besitzt, ist Ace der mutigste Mann, den Marco kennt. »Ich meine nur«, führt Thatch ihre Unterhaltung fort, als habe es das Schweigen zwischen ihnen gerade nicht gegeben. »Wenn du zu lange wartest, schnappt ihn dir vielleicht jemand weg. Andererseits hat Ace wohl nur Augen für das Meer. Da habt ihr wohl was gemeinsam.« Marcos Lippen pressen sich fest aufeinander. »Ich bin der erste Kommandant und Paps rechte Hand. Es ist vollkommen normal und bedeutungslos, wenn ich die Jungs im Auge behalte, denn immerhin bin ich für ihr Wohlbefinden verantwortlich.« Nicht, dass Marco auch nur für einen Moment annimmt, dass Thatch ihm diese billige Ausrede abkauft. Nicht einmal Thatch war dafür naiv genug. Obwohl er selbst keinen großen Erfolg in der Liebe hat, diese aber bei jedem Inselgang sucht, besitzt Thatch ein feinfühliges Radar für die Gefühle anderer. Marco hat angenommen, dass er nicht auffällig ist, aber scheinbar irrt er sich in dieser Annahme. Scheinbar sind seine Blicke doch auffälliger, länger und intensiver als erwartet. »Du kannst mir nichts vormachen«, bestätigt Thatch und sein Ellenbogen stupst Marco in die Rippen. »Du hast schon ewig keinen mehr so hinterhergesehen. Es ist fast ein wenig armselig und passt so gar nicht zu dem selbstlosen Kommandanten, der du immer vorgibst zu sein.« Natürlich muss Thatch noch Salz in die Wunde streuen. Was hatte Marco auch anderes erwartet? Marco verzieht das Gesicht, doch bevor er seinen Unmut kundtun kann, stößt sich Thatch bereits von der Reling ab und schiebt sich vor Marco, so dass ihm der Blick auf Ace verwehrt wird. »Aber ich bin froh, dass du nicht so abgestumpft bist, wie du immer tust. Es ist gut zu wissen, dass du doch noch so etwas wie Gefühle besitzt. Sie stehen dir – und reinzufällig habe ich auch einige Ideen, wie du Aces Herz gewinnen kannst!« Marco stößt ein Lachen aus, bevor er sich an Thatch vorbeitritt und davon marschiert, um die Unterhaltung zu beenden, bevor sie unangenehme Ausmaße annimmt. »Ich kenne deine erfolgreichen Methoden zur Genüge, yoi.« Thatch mag es gut meinen, aber er hat keine Ahnung, wovon er da spricht. Ace ist sein Bruder, ein Teil seiner Familie. Er ist zu jung und zu unschuldig, gleichzeitig aber auch zu wild und ein wenig zu frei. Jemand wie Marco kann jemanden wie Ace nicht bändigen, denn seine Ruhe wäre wie ein Paar Handschellen für Ace, das ihn zurückhalten und an Ort und Stelle ketten würde. Seine Füße führen ihn von ganz allein zu den Jungs hinüber. Wetteinsätze werden hin- und hergeschoben, während Karten gelegt werden. Marco bleibt auf seinen Weg unter Deck nicht stehen, verlangsamt sein Tempo lediglich und zieht Ace das Haarband heraus, bis die schwarzen Haare wieder gewohnt das markante Gesicht umrahmen, das von Sommersprossen besprenkelt ist. »Hey!«, ruft Ace aus, doch Marco geht schweigend weiter, ein zufriedenes Schmunzeln nicht unterdrückend. Er dreht lediglich den Kopf zur Seite, um die Feuerfaust wenigstens aus den Augenwinkeln betrachten zu können. Empört springt Ace auf, doch einer der Männer packt ihn an der Schulter und drückt ihn wieder auf die Kiste, die als Sitzgelegenheit dient. »Ace, scheiß auf das Haargummi. Dein Zug«, brummt Angelo und auch die anderen grunzen beipflichtend. Ace zögert, die Muskeln angespannt, als stünde ein Kampf bevor, gibt dann jedoch nach. Marco wegen eines Haargummis hinterher zu jagen ist es nicht wert, sich dafür den Zorn der Jungs auf sich zu ziehen. Kartenspiele werden nicht unterbrochen, besonders nicht, wenn Wetteinsätze im Spiel sind. Nur seinen Blick kann Marco noch auf seiner Haut fühlen, bleischwer und prickelnd, bis er unter Deck gegangen ist. Er sieht auf den dunklen Haargummi hinab, den er zwischen den Fingern hin- und herdreht. Mit einem Kopfschütteln schiebt er ihn in die Hosentasche, bevor er sich zu seiner Kajüte begibt. Ace wird ihn sicherlich noch einmal auf ihn ansprechen, aber Marco wird ihm den Gefallen tun und seinen Ruf bewahren, indem er ihn nicht mehr herausrückt. 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