Colour My World von irish_shamrock (- use every word you´ve ever heard - [3. Kapitel online.]) ================================================================================ Kapitel 3: T H R E E -------------------- COLOUR MY WORLD - use every word you´ve ever heard - T H R E E Wie sehr ich doch betete, dass er nur die Bewegungen meiner Lippen, nicht aber das, was ich sagte, wahrnahm. Es war zu laut. Der Lärm schallte über unsere Köpfe hinweg, sodass ich mich in Sicherheit wog. Noch immer starrte ich zu ihm auf und wagte nicht einmal, Atem zu schöpfen aus Angst, dass sein Trugbild, mein Trugbild, dann für immer verschwand. „Ja“, sagte er plötzlich. Nervös zwinkerte ich, da ich kaum glaubte, wie klar und deutlich ich dieses kleine, bestätigende Wort vernommen hatte. Der Raum schien augenblicklich leer, die erdrückende Enge war nicht mehr vorhanden und der Krach entpuppte sich als Stille. Nur wir waren hier. Wir... Er und ich. Verdammt, fluchte ich, als mir bewusst wurde, das dies kein Traum war. Er war, zu meinem Leidwesen und dem, meines Vaters, schon immer der bessere Zauberer gewesen und an einem Ort voller Muggel schien es ihm ein Leichtes, einen Zauber, ungesagt, zu formulieren, der uns von den Gästen abschirmte. Hör auf damit, knurrte ich zu meiner eigenen Überraschung und blickte verdutzt, als mich die Realität einholte. Die Musik fiel über mich her, sodass ich mir die Hände an die Ohren pressen musste, um die entstandenen Töne abzudämpfen. Das Musikstück, das mir entgangen war, endete und die Besucher zollten den Mitgliedern der Truppe ihren Respekt, indem sie in ohrenbetäubendes Klatschen verfielen. Scorpius tat es ihnen gleich, jedoch ließ er mich nicht aus den Augen, sondern beobachtete jede kleine Regung, die sich auf meinem Gesicht spiegelte. Ich bin betrunken, dass es so einfach schien, eine Erklärung zu finden, verblüffte mich. „Nein“, sagte er und erhob so erneut seine Stimme, „nein, Rose, nicht von einem Bier und bisschen Whiskey.“ Dann lachte er. Lachte so, wie er schon damals getan hatte. Kehlig, rauchig und doch kam ich nicht umhin zu sagen, dass es mir gefiel. Ich schob die Röte in meinem Gesicht auf den Alkohol, die ausgelassene Stimmung und die Hitze, die an diesem Ort vibrierte. „Was tust du hier?“, verlangte ich zu wissen, und meine Stimme versank in den theatralischen Klängen einer Geige, gefolgt von denen der kleinen Blechflöte. Natürlich tat er so, als hätte er mich nicht verstanden. Er neigte den Kopf ein wenig zur Seite und signalisierte mir so, meine Worte zu wiederholen. Als ich es tat, hielt er sich seine Hände um die Ohren, als könne er so das Gesagte besser verstehen. Er verspottete mich auf Muggelboden, tiefer war ich nicht einmal zu Hogwartszeiten gesunken. Doch plötzlich bemerkte ich etwas. Hoben sich seine Mundwinkel etwa zu einem Lächeln an? Ja, tatsächlich. Es war kein spöttisches Grinsen, nein, so vermutete ich es zumindest. Seine Hände lösten sich von ihrer Tätigkeit als Grammophon, ehe er Beschwichtigung erkennen ließ. Dann verschwand er in der Menge und ließ mich zurück. Ich blinzelte verwirrt. Hatte ich ihn mir bloß eingebildet? Mirandas Besuch war definitiv real. Hatte ich ihn etwa mit einem blonden, hochgewachsenen, jungen Mann verwechselt, weil ich meine beste Freundin so lange nicht gesehen hatte und unser Wiedersehen mit alten Erinnerungen verband? Mit einem Wunsch? Dem Wunsch, alten Freunden zu begegnen? Angenommen, ich verließe diesen Ort, trat auf die Straße und hinein in den nächtlichen Trubel – würde mir dann vielleicht mein Cousin Albus in die Arme laufen? Oder Fred? Oder Lysander Scamander? Kopfschüttelnd blickte zu meiner Linken, wo mich der Barkeeper misstrauisch musterte. Hastig suchte ich die Menge nach Kelly, Moira und Mrs Shea ab. Endlich hatte ich die kleine Nische wiedergefunden und die brünette Kelly erhob sich erneut von ihrem Sitz, um mir Platz zu machen. Ich huschte auf die Bank und fand meine Bestellung vor. „Dein Bier wird warm, Kindchen“, lachte Leona Shea, jedoch blieb ihr Interesse nicht lang genug an meiner Person haften. Sie unterhielt sich angeregt mit Moira, die ab und zu ein schrilles Lachen von sich gab. „Rosie?“, wandte sich Kelly mir zu und wirkte besorgt. „Ist alles in Ordnung? Musstest du dich übergeben?“ „Was? Übergeben? Die junge Leute von heute vertragen doch gar nichts mehr!“, fiel Mrs Shea in den Monolog Kellys und entlockte der rothaarigen Moira abermals ein wieherndes Kreischen. Ich warf sowohl meiner Chefin, als auch meiner Kollegin einen verstimmten Blick zu und schüttelte den Kopf. „Nein“, gab ich zurück, „alles okay.“ Und fügte im Stillen ein bitteres ´wenn ihr wüsstet´ hinzu. „Du bist ganz rot“, meinte Kelly und wedelte mit den eigenen Händen vor ihrem Gesicht herum. „Nein, wirklich“, gebot ich, und doch gab ich mir die Blöße und deutete auf das Glas Guinness vor mir, „vielleicht müsste ich noch etwas üben.“ Kelly schenkte mir ein kleines, schiefes Grinsen und schenkte ihre Aufmerksamkeit wieder den beiden anderen Damen an unserem Tisch. Sie ließ ein paar Worte einfließen und ihre Sorge um mich schien alsbald vergessen. Doch während sie schnatterten, sank ich immer tiefer in das weinrote Polster der Bank und tat meine Begegnung mit dem Jungen als Hirngespinst ab. „Nicht zu fassen!“, knurrte Leona und wandte ihr ergrautes Haupt der Eingangstür zu, bevor sie sich bei Moira und mir einhakte. „Sperrstunde! Ich glaub es nicht!“ „Für heute war es sowieso genug, oder?“, wandte Kelly ein und blickte uns auffordernd entgegen. Sie griff nach Moiras freiem Arm und gemeinsam schlenderten wir vier durch die von Laternen gesäumte und beleuchtete Straße. „Wie kommst du nach Hause?“, fragte Mrs Shea und beäugte mich kritisch. „Ist doch ein ganz schönes Stück.“ „Ich laufe“, log ich und zuckte mit den Schultern. „Ach, jetzt red´ doch keinen Unsinn, Rose!“, mischte sich Moira ein und schüttelte ihr lockiges Haupt. „Bis zu dir nach Hause?“ „Na ja“, sagte ich und zuckte erneut die Achseln, „die U-Bahn fährt ja leider nicht mehr.“ „Und deshalb bringen wir dich nach Hause“, meinte Kelly und reckte ihren Hals, um mich anzusehen. „Braucht ihr nicht“, versicherte ich und hielt im Gehen inne, „ihr wisst doch, dass ich in eine komplett andere Richtung muss.“ „Und deshalb bringen wir dich nach Hause“, wiederholte Kelly und betonte jedes, einzelne Wort. Ich kann apparieren, ihr nicht, schoss es mir durch den Kopf. Gedanklich verzogen sich bereits meine Lippen zu einem Lächeln. „Ich bringe sie nach Hause“, vernahmen wir plötzlich die Stimme eines Mannes hinter uns. Das Unbehagen war deutlich zu spüren. Keine von uns traute sich, sich umzudrehen. Kelly war die Erste, die den Kopf nach hinten wandte. „Bürschchen“, knurrte sie in die Richtung des Fremden, „spuck mal nicht so große Töne!“ Mir blieb beinahe die Luft weg, denn ich hatte eigentlich damit gerechnet, dass Moira oder Mrs Shea ihre Stimmen erhoben und nicht die freundliche, stets nette Kelly Trainor. Vorsichtig wandte auch mich um und erschrak. Da stand er, keine drei Meter von mir entfernt. Scorpius hob abwehrend die Hände und versuchte so, die erhitzten Gemüter zu besänftigen. „Meine Damen“, sagte er und seine Stimme floss wie flüssiger Samt über die Haut einer jeden von uns. Das breite Grinsen, das seine strahlendweißen Zähne zeigte, verfehlte seine Wirkung - zu meinem Missfallen? - nicht. Beinahe glaubte ich, dass selbst die resolute Leona Shea dahin schmolz. Zumindest schien sie sehr angetan und meinen Kolleginnen ging es in diesem Augenblick wohl nicht anders. „Rose“, sagte er nickend in meine Richtung, bevor uns abermals sein liebenswürdiges Lächeln schenkte. Abrupt musterten mich drei Augenpaare von oben bis unten, als könne keine der Damen begreifen, warum dieser Junge ausgerechnet mich ansprach und darum bat, mich nach Hause zu begleiten. Leona nickte kurz in seine Richtung und schien stumm zu verlangen, dass ich ihn vorstellte, denn offenbar zweifelten sie nicht daran, dass wir einander bekannt waren. Ich schnappte nach Luft. „Das ist Paul“, sagte ich verlegen und starrte auf meine Schuhe. „Paul also, ja?“, hakte Kelly nach und meine Hoffnung auf ihr Misstrauen gewann wieder Aufwind. „Paul Smith“, hörte ich zu meiner Überraschung von seinen Lippen weichen, „Rose und ich sind zusammen zur Schule gegangen.“ Es genügte anscheinend, meine dicke Lüge noch etwas zu erweitern, denn die Frauen zeigten sich neugierig, aber befriedigt mit dem, was sie gehört hatten. „Er wirkt viel zu stilsicher für einen simplen „Paul Smith“. Rose?“, wandte sich Kelly wieder meiner Wenigkeit zu, doch ich schüttelte den Kopf. Ich sah zu ihr herüber und hoffte, dass sie meinen Blick zu deuten wusste. Sie tat es und auch Moira und Mrs Shea gaben sich mit den Fakten zufrieden. Als Scorpius näher auf uns zu trat, hörte ich, wie Leona neben mir scharf Luft in ihre Lungen sog. „Wenn ich nur ein paar Jährchen jünger wäre“, murmelte sie, doch ich verstand jedes Wort. Meine anfängliche Scheu wandelte sich allmählich in Wut darüber, dass diesem jungen Mann noch immer eine Aura umgab, die die Herzen der Frauen, egal, welchen Alters, zum Klopfen brachte. Ich spürte, wie Mrs Shea ihren Arm von meinem löste und mich freigab. „Moment mal! Und wenn er sie jetzt in die nächste Ecke zerrt?“, oh, Kelly, hab tausend Dank für deinen Zweifel. Nun, offenbar hatte selbst Paul für diesen Verdacht keinerlei Worte, um jenen zu zerstreuen. Ich vermag nicht mehr zu sagen, welcher Ausdruck sich auf meinem Gesicht abzeichnete, doch die Damen nahmen plötzlich Abstand von mir, als ich eine Hand auf meiner Schulter spürte. Scorpius – Paul? - hatte seinen Arm um mich gelegt und den Anwesenden versichert, mich wohlbehalten abzuliefern, damit ich am Montag wieder unbeschadet meiner Arbeit nachgehen könne. Seine Geste und Worte wirkten augenscheinlich so vertrauenerweckend, dass keine von ihnen widersprach, als er mich in die andere Richtung lotste. Ich bildete mir ein, dass Kelly noch immer vehement dagegen sprach, das mich ein fremder, junger Mann von ihnen wegführte. Ich nahm mir vor, mich für ihr Misstrauen dankbar und erkenntlich zu zeigen, denn wie man aus den Zeitungen beinahe täglich erfuhr, gab es nur noch selten Menschen, die es für erstrebenswert hielten, einander zu helfen und zu schützen. Misshandlung, Vergewaltigung, Mord..., es verging nicht ein Tag, an dem keine Schreckensmeldung durch die Medien ging. Ich blieb wie angewurzelt stehen. Rührte mich keinen Zentimeter, weigerte mich sogar, Atem zu holen, denn noch immer lag sein Arm auf meiner Schulter, während wir dem Trio nach sahen. Meine Empörung über sein Verhalten wandte sich noch immer durch meine Adern. Doch auch über das Benehmen meiner Kolleginnen würde ich noch mit ihnen zu reden haben, immerhin hätten sie mich an der Seite eines potenziellen Mörders zurückgelassen, wenn dem so gewesen wäre. „Paul Smith, ja?“, holte er mich aus meinen Gedanken und wieder kam ich, unweigerlich, in den Genuss dieser betäubenden Klänge, die meine Sinne vernebelten. „Wäre dir Scorpius Malfoy lieber gewesen?“, fragte ich und musste recht bissig geklungen haben, denn plötzlich schienen all die romantischen Gefühle nur noch schwarze, spitze Dornen zu sein, die sich in mein Herz bohrten. „Sehr gut durchdacht“, lobte Scorpius und lächelte schief, als ich einen kurzen Blick auf ihn warf. „Mein richtiger Name hätte ihr Misstrauen nur noch mehr geweckt, nehme ich an.“ „Ja“, sagte ich knapp und untermalte meine Einsilbigkeit mit einem zustimmenden, aber dümmlichen Nicken. „Das schwere Los der extravaganten Namen.“ Mein Seitenhieb schien ihn nur milde zu stören. „Obwohl mir die Brünette doch sehr argwöhnisch vorkam“, sinnierte er und mittlerweile waren meine Kolleginnen nur als kleine, dunkle Punkte am Ende der Straße auszumachen. „Ja, das ist Kelly“, sagte ich stolz, dennoch überschwemmte mich wieder dieses kalte, bittere Gefühl, dass ich mich nicht auf sie verlassen konnte. „Du hast sicher Fragen“, begann er und ich nickte abermals. „´Ne Menge“, schloss ich und spürte, wie seine Finger von meiner Schulter glitten. Die Wärme schwand und ließ die kühle Märzluft an jene Stelle treten, die eben noch bedeckt wurde. Ich verschränkte die Arme vor der Brust, ungeachtet dessen, dass es mir, aufgrund meiner steifen Jeansjacke, nicht recht gelingen wollte und wandte mich in seine Richtung. Das Licht der Laternen schickte dunkle Schatten über sein Gesicht. Das Kinn, sein Kinn, war markanter und kantiger, als ich es in Erinnerung hatte, ebenso die hohen, spitzen Wangenknochen, die er unweigerlich von seinem Vater geerbt hatte. Meist hatte ich nur einen Blick auf die Familie Malfoy erspähen können, wenn wir nach Hogwarts aufbrachen, oder am Ende des Schuljahres Heim kehrten. Sobald Scorpius alt genug war, hatte er wohl darum gebeten, während der Ferien allein an- und abzureisen, ohne seine Mutter, die ihm das Händchen hielt. Seine Statur schien noch genauso muskulös. Offensichtlich tat ihm damals nicht nur das Spielen von Quidditch den Gefallen, gewisse Körperpartien zu trainieren, auch musste seine Ausbildung zum Auror ihm die Möglichkeit bieten, schlank und athletisch zu bleiben, denn von seiner Eleganz hatte er nichts eingebüßt. „Was willst du? Was machst du hier? Und was fällt dir, bei Merlin, überhaupt ein?“, zischte ich, als ich mich endlich dazu durchgerungen hatte und vorausging. Die Hände tief in den Taschen meiner Jacke vergraben vermied ich es, ihn anzusehen. „Ich habe dich im Pub schon für ein Trugbild gehalten, doch für ein Trugbild wirkst du ziemlich echt.“ „Trugbild?“, lachte er auf. „Du hältst mich für eine Sinnestäuschung?“ Schon immer hat er es verstanden, mit Worten zu jonglieren und Ausdrücke zu gebrauchen, die einem Dichter gleichkamen. „Du hättest auch ein Wahnsinniger sein können, der meinen Namen irgendwo auf der Straße aufgeschnappt hat.“, knurrte ich. „Da wären wir wieder bei deiner Kollegin. Die Scharfsinnige, meine ich.“, sagte Scorpius und ich nickte mürrisch. „Ziemlich unvorsichtig.“ „Ich weiß“, fauchte ich ungestüm und schnaubte, halb verächtlich und halb belustigt. „Um auf deine Fragen zurückzukommen“, Scorpius hielt plötzlich in seinen Bewegungen inne und mich am Ärmel meiner Jacke zurück, „ich wollte dich sehen.“ Nervös blinzelte ich abermals. Er wollte mich sehen? Mich? Weshalb? „Weshalb?“, platzte es auch mir heraus, während er sich umblickte und mich ein paar Schritte weiter auf den Bürgersteig schob, während eine kleine Gruppe, bestehend aus jungen Männer und Frauen, einen Bogen um uns machte. Zu meinem, oder eher unserem Glück, verstand es Scorpius, Muggel-typische Kleidung zu tragen, denn ich war sicher, dass die Damen ein wenig verwirrt dreinblickten. Vielleicht lag es aber auch nur an ihm. Und keine zwei Sekunden später war ich mir dessen sicher, denn die Mädchen kicherten verschämt, während die Männer einen verächtlichen Blick für uns übrig hatten. Keinesfalls stand ich im Fokus ihres Interesses, denn ich wurde meistens übersehen, doch neben einer Erscheinung, wie es Scorpius Malfoy war, verblasste sowieso alles und jeder. Ein Manko, mit dem sich auch Albus, im Laufe der Jahre, ebenso abfinden musste. Scorpius schenkte der Truppe keinerlei Beachtung und meine Sorge darüber, dass er sich vielleicht provoziert fühlen würde, verpuffte. Mir war, durch unsere Turniere auf Hogwarts, bestens bekannt, dass der junge Mann vor mir oft und schnell aus der Haut fuhr. Ebenso schnell jedoch besann er sich, sodass der Sturm im Wasserglas allenfalls als jener zu beschreiben war. Er galt als sehr leidenschaftlich, und diese Eigenschaft übertrug er auf jede Situation. Und man wollte ihm, bei Merlin, nicht in die Quere kommen, wenn er mit Feuer und Eifer bei der Sache war, egal, um was es sich bei der Sache handelte. Manche sahen diese Eigenheit als Schwäche, doch jemand, der so klug und talentiert war, wie Scorpius, stimmte ihnen weder zu, noch bestärkte er die armen Seelen in ihrem Irrglaube. „Können wir das woanders besprechen?“, bat er und mich beschlich ein mulmiges Gefühl. „Du wohnst doch nicht weit weg, oder?“ Doch statt ihm zu antworten, hob ich nur skeptisch eine Augenbraue in die Höhe. „Jetzt? Um diese Zeit?“, schnaubte ich und schüttelte über seine Unverfrorenheit den Kopf. „Rose, bitte“, allmählich bekam ich es mit der Angst zu tun, denn noch nie hatte ich erlebt, dass Scopius mit den Füßen auf der Stelle trat und ein gehetzter Unterton in seiner Stimme mitschwang. „Das... das ist dein Ernst, oder?“, meine Worte klangen merkwürdig hohl, als sie meinen Mund verließen, doch sein energisches Nicken ließ keinen Zweifel aufkommen. „Aber...“ Doch meine Zunge schien plötzlich wie gelähmt. Ich vermutete bereits, dass er mich unter einen Zauber gestellte hatte, doch ich irrte mich. Ich war es selbst, die mir verbot, etwas auf sein Flehen hin zu erwidernd, dass ihm missfallen konnte. „Apparieren?“, fragte er. „Hatte ich vor“, hauchte ich, als ich endlich meine Stimme wiederfand, die sich, gemeinsam mit meinem Herzen, zu meinen Füßen gesellt hatte. Das warme Gefühl, welches er in mir wachrief, allein dadurch, dass er meine Hand in seine nahm, hoffte ich mir einzuprägen, doch innerhalb eines Wimpernschlages waren wir, in einem Wirbel aus Farben und Rauschen, in eine schmale Gasse disappariert und unweit der Straße zu meiner Wohnung auf den harten Asphalt aufgeschlagen. Während ich, ganz der Tollpatsch, der ich schon immer gewesen war, ins Straucheln geriet, landete er galant mit beiden Beinen auf dem Boden. Doch ehe ich dem nassen Weg mit meiner Nase voraus ´einen schönen Abend´ wünschen konnte, hielt er mich, mit einem festen Griff, am Arm zurück. „Nett“, sagte er knapp und sah sich innerhalb der Gasse um. Neben vereinzelten Ölpfützen, die im Schein der Laternen regenbogenfarbend leuchteten, waren wir genau neben einer großen Mülltonne gelandet. Doch nicht nur Scorpius rümpfte die Nase, auch ich tat es ihm gleich und orientierte mich kurz, ehe ich es war, die ihn an der Gürtelschlaufe seines Mantels packte und aus dem Gestank und der Enge führte. Ich vermied es, ihm mitzuteilen, dass etwas „mehr“ nicht in meinem monatlichen Budget Platz fand, denn sicherlich wusste er, wie es um die finanzielle Situation meiner Familie bestellt war. Wenn ihm etwas auf der Zunge lag, so verkniff er sich tapfer - oder aus Ekel? - jeglichen Laut und folgte mir schweigend die Stufen zur Haustür hinauf. Schlüssel fand Schloss, sodass ich eiligst die Tür zu meiner kleinen Wohnung aufsperrte und in die Diele schlüpfte. Wortlos folgte er mir und duckte sich beim Eintreten. Mir war gar nicht aufgefallen, dass er dies auch vor wenigen Augenblicken, als wir den Hausflur betraten, getan hatte, doch ich sagte nichts und knipste das Licht an. Jetzt wirkte selbst der lange Gang beengt und klein, denn obwohl ich ihn im Pub und auf der Straße bereits betrachtet hatte, so war mir seine tatsächliche Körpergröße entgangen. Dass auch ich nicht gerade als klein zu beschreiben bin, verdanke ich meinem Vater. Groß und schlaksig, so bezeichnete mich Mom meistens, wenn ich ihr wieder einmal klagte, nichts passendes zu finden, das ich am Leib tragen konnte. Doch im Gegensatz zu meinen 1,78m, überragte er mich mindestens um einen, bis anderthalb Köpfe. Als Quidditch-Spieler wäre aus ihm wohl wahrlich ein Profi geworden, schloss ich, als mich Unbehagen überkam und ich nervös an meiner Jacke nestelte. „Komm rein“, sagte ich überflüssig, nur, um irgendetwas von mir zu geben. „Rose“, begann er und hielt abwehrend die Hände in die Höhe, „ich weiß, mein Auftritt scheint fragwürdig und verwirrend zu sein.“ Eine bissige Erwiderung lag mir plötzlich auf der Zunge, doch ich erinnerte mich daran, dass meine Oma immer sagte, man habe sein Gegenüber ausreden zu lassen, und daran hielt ich mich, wenn auch mit Widerwillen. Mein Blick zeigte wohl deutlich, was meine Lippen nicht preisgaben. Scorpius wirkte nervös, und die Anspannung von vorhin hatte noch nicht nachgelassen. Fahrig fuhren seine langen Finger durch die weißblonde Mähne und von dem einstigen Styling war, basierend auf seiner Tat, nur noch wenig übrig. Was auch immer ihn dazu bewog, mich aufzusuchen, es musste dringend sein, denn viel miteinander zu schaffen hatten wir wirklich nicht. Wer war er auch schon? Ein Malfoy, der beste Freund meines Lieblingscousins, obwohl ich Albus´ Position nach diesem Abend wohl ein wenig tiefer einordnen würde. Seine Familie besaß genügend Galleonen, um ihm ein gesichertes Auskommen zu ermöglichen, dennoch hatte sein Vater darauf bestanden, dass er einer Ausbildung nachging. Oh, und natürlich hatte er das „gewisse Aus- und Ansehen“, welches in manchen Augenblicken allein genügte. Während meine Gedanken, ungewollt, wieder in alte Muster zurück fielen, sah ich, wie sich sein Mund bewegte, doch die Töne, die von seinen Lippen wichen, vermochte ich nicht zu hören. „Was sagst du, Rose?“, meinte er und sah mich eindringlich an. Verdutzt und verwirrt darüber, dass ich nicht ein Wort von dem vernommen hatte, was er sagte, blinzelte ich und schüttelte unachtsam den Kopf. „Entschuldige bitte, was?“, unangenehme Röte schoss mir in die Wangen und in meinen Ohren machte sich ein Rauschen breit, das sich nicht vertreiben ließ. Warum, bei Merlin, brachte mich dieser Junge so aus der Fassung? „Du hast gerade kein Wort von dem verstanden, was ich dir gesagt habe, oder?“, Belustigung, Zynismus und Fassungslosigkeit schlugen ihre Fänge in meinen Körper. Doch es stimmte, ich hatte ihm wirklich nicht zuhören können. „Bist du benebelt?“, hakte er nach und sah zu mir herab, als hätte ich ihm mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen. „Nein“, fauchte ich empört und schüttelte den Kopf. Hatte er mir nicht vor wenigen Minuten - Stunden? - selbst gesagt, dass ich nicht betrunken wäre? Es ging mir gut, dachte ich. Vielleicht war mir etwas schwummerig, aber das lag definitiv nicht an den zwei Bieren, die ich mir zu Gemüte geführt hatte. Ich hob meine Hände zu einer entschuldigenden Geste, und offenbar genügte es ihm. Doch Scorpius´ Blick huschte innerhalb von Sekunden an mir vorbei, nur um sich dann wieder auf mich zu heften. „Gut, mir ist wirklich etwas schwindelig“, sagte ich und schnalze mit der Zunge, um ihm mein Unbehagen zu demonstrieren. „Also, malst du noch?“, wollte er wissen und wiederholte seine Frage zum wiederholten male. „Was? Wie bitte?“, innerlich rügte ich mich dafür, ihm vorhin nicht besser zugehört zu haben. „Ob du noch malst. Zeichnest. Du weißt schon, auf Papier, mit Stiften.“, erklärte Scorpius und blickte fordernd zu mir herunter. „Ich weiß, was zeichen... malen ist.“, fauchte ich und sah, dass sich seine Lippen zu einem Lächeln verzogen. Ich schüttelte den Kopf, da ich mir seiner Bitte erst einmal bewusst werden musste. „Also?“, hakte er nach und hob auffordernd eine Augenbraue. Tief holte ich Luft und entließ sie geräuschvoll durch die Nase. Deshalb war er hier? Aus diesem Grund wollte er mich sehen? Ich spürte, wie ich immer wieder blinzelte, als müsse mein Gehirn seine Worte analysieren. Sie wieder und wieder abspielen, bis auch der Rest meines Selbst Silbe für Silbe verstand und einordnen konnte. Ich zuckte mit den Schultern und musste ziemlich geschockt ausgesehen haben, denn aus dem Lächeln auf seinen Lippen wurde ein breites Grinsen. „Gut“, sagte er und wirkte zufrieden. „Warte mal!“, gebot ich und hob die Hände. „Du hast mich gesucht, mir in einem Pub aufgelauert, verlangst von meinen Kolleginnen, mich einfach so in deine Obhut zu übergeben, apparierst mit mir nach Hause und das alles nur um mich zu fragen, ob ich noch zeichne?“ „Ja“, war seine knappe Antwort und ich brach, wenn auch etwas unfein, in schnaubendes Gelächter aus. Unglaublich! Ich fing mich außergewöhnlich schnell und auch mein wieherndes Lachen erstarb. Stattdessen blickte ich kritisch und schnalze mit der Zunge. „Dass ich gemalt habe, ist allerdings schon eine Weile her.“, gab ich zu, doch Scorpius zuckte nur mit den Schultern. „Was wolltest du noch mal wirklich von mir?“ „Dass du mich zeichnest.“, sagte er und schien nun wirklich an meinem Gehör und meiner Aufmerksamkeit für sein Anliegen zu zweifeln. „Aber nicht nackt!“, platzte es auch mir heraus und nun sah ich mich wieder dem Klang und Spott seines Lachens ausgesetzt. „Nein... noch nicht“, flüsterte er mit einem schiefen, süffisanten Grinsen. Ich tat, als hätte ich den Rest seines Satzes nicht gehört, geschweige denn für voll genommen. „Ich habe ein paar Skizzen hier, aber in den letzten Monaten leider nicht viel Zeit für neues“, erklärte ich, streifte mir die Schuhe von den Füßen und betrat das Wohnzimmer. Auch hier sorgte ich erst einmal für genügend Licht und gebot dem jungen Mann, der noch immer im Flur stand, einzutreten. Scorpius zog sich sorgsam Schuhe die teuren Lederboots aus und schob die großen Knöpfe des langen, schwarzen Mantels durch die Ösen, ehe er sich von diesem befreite. Die wenigen Schränke, die ich besaß, sahen sich nun in der Pflicht, meine kleinen Werke auszuspeien. Doch wie ich verdrießlich feststellte, hatte ich die Bögen und anderen Utensilien in einem Schrank in meinem Schlafzimmer untergebracht. Ich gebot ihm, es sich auf dem Sofa bequem zu machen, während mir einfiel, dass man einen Gast stets zuvorkommend behandeln musste. „Möchtest du etwas trinken?“, fragte ich, erhob mich aus meiner hockenden Position und schloss die hölzerne Tür der kleinen Kommode, einem Erbstück meiner Oma mütterlicherseits. Doch Scorpius schüttelte den Kopf und ich bemerkte, wie sein Blick durch den Raum glitt. Dennoch trat ich in die Küche, entflammte auch hier das Licht der Deckenlampe und griff nach der Kaffeetasse auf dem kleinen Tisch, deren Inhalt jedoch süßlich duftender, und bereits erkalteter Hagebuttentee war. Nachdem ich den letzte Rest meiner Kehle hinunterstürzte, verließ ich sowohl Küche, als auch Wohnbereich und steuerte meinen Schlafraum an. Ich wühlte mich durch den diversen Krimskrams, der in meinem großen Kleiderschrank umherflog und erschrak, als ich plötzlich Scorpius´ Stimme, ganz in der Nähe ausmachte. „Rose?“, fragte er und ich stieß mit dem Kopf, gegen einen Einlegeboden. „Aua!“, fluchte ich und krabbelte rückwärts aus dem Möbel. Aber ich hatte gefunden, wonach ich suchte. Eine ziemlich große, und vorallem sperrige Schachtel fand ihren Weg in Richtung Licht. Ich schob sie ihm, so gut es mir bei diesem Teppich möglich war, zu und forderte ihn auf, sie aufzuheben. Scorpius tat es und ich erhob mich, ehe ich ihn wieder zurück in den Flur scheuchte. „Es sind nur Skizzen“, wiederholte ich den Bestand meiner Kunst. Scorpius hob die Schachtel an sein linkes Ohr und schüttelte sie. „Hey!“, fauchte ich und nahm sie ihm so schnell es mir möglich war, wieder ab. „Niemand schüttelt meine Kunst!“ Wieder zeigte sich ein belustigtes Grinsen in seinem Gesicht, ehe er abwehrend die Hände hob. „Lässt du mich deine Kunst, die nicht geschüttelt werden darf, auch sehen?“, fragte er. Ich kniff die Augen zusammen und betrachtete ihn kritisch. Widerwillig übergab ich ihm die Box und er trabte zurück ins Wohnzimmer. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)