Kill this Killing Man II von Kalea (Höhen und Tiefen) ================================================================================ Kapitel 34: Erste Erkenntnisse ------------------------------ 34) Erste Erkenntnisse Es dauerte nicht lange, bis sie vor einem kleinen Mehrfamilienhaus standen. Adam führte sie in den zweiten Stock und öffnete die Wohnungstür. Es fühlte sich irgendwie komisch an, diese fremden Männer in sein Zuhause zu lassen. Egal wie sehr er sich einredete, dass es seine Brüder waren. Sie waren fremd und so wie zumindest Dean reagierte, wohl auch nicht sonderlich erpicht auf Familienzuwachs. Er führte die beiden in sein Zimmer und ließ sich auf dem Bett nieder. Hier hatte er einen Teil seiner Kindheit verbracht. Jetzt wirkte das Zimmer irgendwie falsch. Es war so aufgeräumt, obwohl sein Rucksack und einige Kleidungsstücke rumlagen und selbst nach den zwei Tagen, die er jetzt wieder hier war, war die Luft noch immer ein wenig abgestanden. Aber er war ja auch die meiste Zeit unterwegs gewesen. Langsam ließ er seinen Blick über die Wände gleiten, die noch immer mit Baseballwimpeln und Rockpostern behängt waren. Die Brüder schauten sich ebenfalls um. Hier war jemand wirklich Zuhause. Es gab Bücher und Pokale. Und jede Menge Fotos, die überall auf den Regalen standen. Eines davon zog Dean magisch an. Er nahm es vom Regal und starrte darauf. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Enttäuschung machte sich in ihm breit und schnürte ihm die Luft ab. Er hatte immer gewusst, dass John ihn oft nur als seinen kleinen Befehlsempfänger ansah, egal wie vehement er sich dagegen wehrte, wenn Sam es ihm früher vorhielt und manches Mal konnte er sich auch des Eindruckes nicht erwehren, dass John Sam mehr liebte als ihn, aber auch dieses Gefühl hatte er immer erfolgreich unterdrücken können, doch jetzt zerriss es ihm fast das Herz. Das Foto zeigte Adam mit John bei einem Baseballspiel. „Er war mit dir beim Baseball?“, fragte er mit so rauer Stimme, dass Sam sofort alarmiert aufblickte und hinter den Älteren trat. Wie zufällig berührten sich ihre Arme, als er um ihn herum griff, das Foto anfasste und es ein wenig zu sich drehte. Er hätte es auch so gut sehen können, doch er wollte seinem Großen seinen Beistand vermitteln. Dean liebte Baseball. Hin und wieder durfte er in den Schulen, die sie besuchten, mittrainieren und jedes Mal hatte er gestrahlt wie ein Honigkuchenpferd. Und er hatte Dad immer wieder in den Ohren gelegen, dass der doch einmal mit ihnen zu einem Spiel gehen sollte. John erfüllte ihm diesen Wunsch nie, genauso wenig wie er mit seinem zweiten Sohn zum Fußball gegangen war. Aber mit einem fremden Kind war John zu einem Spiel gegangen! „Ja, wir waren ein paar Mal da“, sagte Adam ohne zu ahnen, wie tief er Dean den Dolch ins Herz rammte. „Er war mit dir bei einem beschissenen Baseballspiel?“, konnte sich Dean noch immer nicht beruhigen. Härter als nötig stellte er das Bild wieder auf das Regal. Dabei streiften seine Augen weitere Bilder, die eine glückliche Familienidylle zeigten. John mit Adam beim Angeln. John umarmte Kate. Dean war speiübel. John hatte sich mit Kate das genommen, was er Jahre zuvor mit Marys Tod verloren hatte, doch das war es nicht, was ihm auf den Magen schlug. Es war, dass er seinen Söhnen eine heile Familie oder auch nur eine halbwegs normale Kindheit vorenthalten und sich selbst immer wieder Auszeiten von diesem Leben genommen hatte, dass doch angeblich weder eigene Wünsche, noch glückliche Zeiten bereit hielt. Es spielte keine Rolle, wie oft er in Windom gewesen war. In seinen Augen hatte John seine Mom verraten! Auch Sam starrte ungläubig auf diese Fotos. Nein, er hatte Mom nicht gekannt und er wusste nicht, wie ein Leben mit einer Mutter war. Er wusste ja nicht mal, wie ein halbwegs normales Familienleben war. Er hatte sich eins aufbauen wollen, doch das hatte der Gelbäugige zerstört. Hier stand er vor Beweisen, dass John sie sich selbst überlassen hatte, um sich ein paar Tage Familie zu gönnen. Wie weh musste diese Erkenntnis Dean tun? Wie konnte er ihn unterstützen? Mit Adam hätten sie etwas mehr Familie. Wenn sie ihn in ihre Leben einbeziehen würden … Er würde mit Dean darüber reden. Mühsam atmete Dean durch. Er drängte die chaotischen Gefühle, die in ihm wüteten zurück und wandte sich der verschwundenen Frau zu. Arbeit war immer noch das beste Mittel um sich abzulenken. „Wer hat deine Mutter zuletzt gesehen?“ „Mr. Chesterfield. Unser Nachbar.“ „Wann?“ „Vor drei Tagen, als sie von der Arbeit kam.“ „Hat er die Polizei gerufen?“ „Nein, Tante Beth, ihre Chefin, als Mom am nächsten Tag nicht zur Arbeit erschien. Sie hat auch mich angerufen und ich bin, so schnell ich konnte, hergekommen. Ich bin vorgestern Nachmittag hier eingetroffen und hab sie an allen Orten gesucht, an denen sie sein könnte. Als ich nicht mehr weiter wusste, wollte ich John anrufen. „Deine Tante war ihre Chefin?“ Sam klang irritiert. Er hatte keine weiteren Verwandten hier vermutet. „Sie ist nicht wirklich meine Tante. Sie waren Freundinnen und Kolleginnen, bis Tante Beth die Leiterin des Heimes wurde. Freundinnen sind sie geblieben. Der jüngere Winchester nickte knapp. „Wann hast du das letzte Mal von ihr gehört?“, wollte Dean wissen, und seine Stimme klang noch immer heiser. „Vor vier Tagen." „Und was sagte die Polizei?“, hakte jetzt auch Sam nach. „Nichts. Sie haben nichts gefunden. Alles deutet darauf hin, dass sie einfach verschwunden ist. Aber sie würde nie irgendwohin fahren, ohne mir Bescheid zu sagen!“ Der Junge klang hilflos. „Kann ich mich umschauen?“, fragte der Ältere wider besseren Wissens. Er wollte sich hier nicht umschauen. Er wollte keine weiteren Bilder von Johns heiler Welt sehen. Dean wusste, dass diese Gedanken falsch waren. Auch John hatte ein Recht hin und wieder glücklich zu sein. Allerdings hatte er seinen Söhnen dieses Glück nicht zugestanden. Zumindest seinen älteren Söhnen nicht. Langsam und gründlich untersuchte er die Zimmer, während Sam bei Adam blieb und sich leise mit ihm unterhielt. Er kam ins Schlafzimmer. Routiniert ließ er seinen Blick durch den Raum wandern. Und schon wieder sprangen ihn die Bilder einer glücklichen Familie an. Er schluckte hart. John so zu sehen tat weh. Dabei war es doch gerade er, der immer wieder gesagt hatte, dass eine Familie nicht zu einem Jäger passte, weil er dann erpressbar wäre. Nein, John wurde für ihn immer untragbarer! Als Vater war er es schon. Als Vorbild? Auch da bröckelte die Fassade. Selbst als Jäger wollte Dean nicht mehr auf das hören, was dessen Stimme noch immer in seinem Inneren forderte. Kurz ballte er die Hände zu Fäusten, dann konzentrierte er sich auf den Raum. Er öffnete die Kleiderschränke. Hier fehlte nichts. Der Junge hatte wohl Recht gehabt. Sie war nicht verreist! Er ging zum Fenster, blickte auf das Fensterbrett und schaute hinaus. Hinter sich hörte er Schritte und es war nicht Sam, der sich ihm näherte. „Was willst du finden, was die Polizei nicht gefunden hat?“, fragte Adam skeptisch. „Wer weiß.“ „Aber du bist nur ein Mechaniker!“ „Genau. Ich bin nur ein Mechaniker!“, erwiderte er etwas herablassend und drängte sich an dem Jungen vorbei. Blieb nur noch die Küche. Adam folgte ihm. „Was suchst du?“, wollte er wissen. „Das sage ich dir, wenn ich es gefunden hab.“ Er öffnete den Kühlschrank und rümpfte die Nase. „Wie lange bist du schon hier?“ „Seit vorgestern Nachmittag, wie gesagt.“ „Und du warst noch nicht am Kühlschrank?“ „Naja, ich hab … Die Milch war sauer. Sonst hab ich nicht weiter nachgeschaut“, gab Milligan verlegen zu. Hätte er hier was merken sollen? Hatte er was übersehen? Okay, der Kühlschrank roch nicht besonders gut, aber das hatte er auf die Milch geschoben. Hatte er sich geirrt? „Sam!“, rief Dean seinen Bruder zu sich. „Was gibst?“, fragte der und tauchte in der Tür auf. „Was fällt dir hier auf?“, wollte Dean wissen und trat von der geöffneten Kühlschranktür zurück. Sofort begann Sam dessen Inhalt genauer unter die Lupe zu nehmen. „Das ist Alles seit vier oder fünf Wochen abgelaufen!“, bestätigte Sam den Verdacht seines Bruders, der nur kurz nickte. „Das ist unmöglich! Mom würde nie etwas so lange aufheben. Außerdem hatten wir nie viel. Wir konnten es uns nicht leisten etwas schlecht werden zu lassen.“ „Dann war sie seit vier bis fünf Wochen nicht mehr ...“, begann Sam seine Überlegungen. „Mr. Chesterfield hat sie doch bis vor vier Tagen regelmäßig gesehen!“, protestierte Adam hilflos. Die Brüder wechselten nur einen bedeutungsschweren Blick. „Wir sollten mit Mr. Chesterfield reden“, sagte Sam. „Auf jeden Fall.“ „Und wir sollten Adam hier wegbringen.“ „Darf ich gefälligst selbst entscheiden, was ich tun oder lassen will?“, wollte Adam bestimmt wissen. „Nein“, erklärten die Brüder unisono. „Du packst jetzt ein paar Sachen und dann verschwinden wir hier“, erklärte Dean kompromisslos. „Aber ich …“ „Nichts du. Hier geht es um deine Sicherheit. Wir können dir später alles erklären, wenn du es unbedingt wissen willst, aber jetzt solltest du dich beeilen!“ Sam grinste. Diese Reaktion seines kleinen Bruders erinnerte ihn an sich selbst. So hätte er auch reagiert, aber jetzt wusste er, dass diese Entscheidung Deans richtig war und er hätte sie genauso getroffen. Sie wussten nicht wer oder was Kate hatte, oder was mit ihr passiert war. Jetzt hieß es den Jungen zu schützen. Adam holte noch einmal Luft, wollte etwas erwidern, doch dann schluckte er die Bemerkung herunter. Er hatte Hilfe gewollt und er war froh, dass sich jemand kümmerte. Und auch wenn die beiden komische Methoden an den Tag legten, sie hatten mehr gefunden, als die Polizei. Außerdem hatte er sie gebeten zu kommen. Er beschloss mit ihnen zu fahren und sich anzuhören, was sie ihm zu erzählen hatten. Danach konnte er immer noch entscheiden. „Was meinst du, was passiert sein könnte?“, fragte Dean seinen Bruder. „Vielleicht ist sie besessen.“ „Ich habe nirgends Schwefel gefunden.“ „Mir fallen da noch einige andere Kandidaten ein.“ „Wir sollten hier verschwinden. Je schneller, desto besser.“ „Ich gehe und rede mit diesem Chesterfield“, sagte Sam und verschwand. Adam warf seinen Rucksack aufs Bett und begann einige Kleidung aus den Schränken zu holen. Viel hatte er eh nicht mehr hier. Das Meiste war in seinem Zimmer an der Uni. Er kam nicht weit. Das Gespräch der Brüder lenkte ihn ab. Worüber redeten die? Dämonen? Irritiert starrte er ins Leere. „Wie weit bist du?“, riss Dean ihn aus seinen Gedanken. Der ältere Winchester unterdrückte ein weiteres Gähnen. „Fast fertig“, beeilte sich Adam zu sagen und stopfte den Rest in den Rucksack. Gemeinsam verließen sie die Wohnung. Dean ließ sich erleichtert auf den Fahrersitz seines Impalas fallen. Er war froh diesen Ort glücklicher Familienerinnerungen zu verlassen. Er gönnte sie Adam, ohne Frage. Aber nicht mit diesem Vater! Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, schaltete er das Radio an und drehte die Musik auf. Er wollte nicht reden und so funktionierte es noch immer am Besten. Erschöpft ließ er den Kopf auf seine Rückenlehne fallen. Adam brannten jede Menge Fragen unter den Nägeln, doch sein Bruder strahlte so viel Ablehnung aus, dass er nicht wagte, auch nur eine davon zu stellen. Erst als Sam die Beifahrertür öffnete, richtete sich Dean wieder auf und machte die Musik leiser. „Und?“, fragte er, kaum dass der Lange sich auf seinem Platz zusammenfaltete. „Mr. Chesterfield ist nicht wirklich etwas aufgefallen. Er hat Kate Milligan in den letzten Wochen unregelmäßiger gesehen als sonst, sich aber keine Gedanken gemacht. Vor vier Tagen ist sie ihm das letzte Mal begegnet, als sie nach Hause kam. Danach nicht mehr. Sie waren einen Tag später verabredet, doch sie tauchte nicht auf.“ Dean blickte fragend zu Adam. „Sie treffen sich ein oder zweimal im Monat mit den anderen Hausbewohnern. Kurz nachdem wir eingezogen sind starb im Nachbarhaus eine alte Frau. Niemand hat es gemerkt, bis der Gestank zu stark wurde. Damals haben sich die Bewohner in dem Haus geschworen aufeinander zu achten“, erklärte dieser. „Löblich“, kommentierte Dean und erntete einen zurechtweisenden Blick von Sam. „Ich finde es gut“, sagte Sam. „Mr. Chesterfield war sehr nett. Er meinte, dass Kate in den letzten Wochen irgendwie anders gewesen wäre. Er konnte aber nichts genau benennen.“ Wieder wechselten die Brüder einen beredeten Blick. Adam fühlte sich ausgeschlossen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)