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Kill this Killing Man II

Höhen und Tiefen
von

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Wirklich kein guter Morgen

23) Wirklich kein guter Morgen
 

Dean atmete tief durch. Dass Sam seine Hilfe so kategorisch abgelehnt hatte, schmerzte irgendwie. Es war einfach nicht richtig, ihn um einen normalen Gang bemüht zu sehen, ohne eingreifen zu dürfen. Aber Sam war alt genug und er wollte als Erwachsener behandelt werden. Diesen Wunsch wollte er respektieren, so gut er konnte.

Er tauchte in den Fond des Impala, und angelte nach den Tüten mit ihrem Essen. Sein Blick fiel auf die Tasse mit dem Kleeblatt, die im Fußraum lag. Schnaubend angelte er mit spitzen Fingern danach. Er würde sie in den Kofferraum verbannen und vergessen! Und irgendwann würde er die Scherben aufkehren kehren!

Schnell packte er einige Waffen in eine Tasche. Die konnte er gleich noch pflegen.
 

Sam warf die Mappe auf sein Bett und ließ sich auf die Matratze sinken. Er schloss die Augen und atmete tief durch.

Ja, sein Fuß schmerzte und ja, er war sauer, aber auf sich! Wieso ließ er seinen Frust dann an Dean aus?

Er zerrte an seinem Schnürsenkel. Die Schleife löste sich und …

„Verdammt!“, fluchte er laut und starrte wütend auf den Doppelknoten, der nun anstelle der Schleife seinen Schuh verschloss. Er zerrte sich seine Jacke vom Körper und den Schlips vom Hals und warf beides über das Fußende seines Bettes. Nach der Mappe greifend rutschte er auf seinem Bett ans Kopfende, schob sich ein Kissen in den Rücken und zwang sich die Patientenblätter zu lesen.
 

Dean betrat das Motelzimmer in dem Augenblick, als Sams Jacke vom Bett rutschte.

Verwundert schaute er auf das Kleidungsstück. Sein Blick wanderte zu seinem Bruder. Ein Lächeln kräuselte seine Lippen, als er dessen Füße sah. Hatte sein Kleiner etwa schon wieder einen Schuh verloren? Er wollte gerade etwas sagen, doch Sam war von einer Aura umgeben, die nichts Gutes verhieß und er schluckte die Worte herunter, die ihm auf der Zunge lagen.

Wortlos stellte er die Waffentasche neben sein Bett, brachte das Tablett zum Tisch und stellte die Kaffeemaschine an.

Während er den Tisch deckte, warf ihm Sam immer wieder einen Blick zu, doch noch traute der sich nicht, ihn anzusprechen.

„Kommst du essen?“, fragte er, als er wieder einen dieser Blicke auf sich spürte und blickte Sam offen an.

Der nickte und kämpfte sich vom Bett. Langsam hoppelte er zum Tisch.

„Doch zu viel zugemutet?“, konnte sich Dean diese Spitze nicht verkneifen.

„Jetzt reib ruhig noch Salz in die Wunde!“

„Das tust Du selbst schon zur Genüge.“
 

Eine Weile schwieg der Jüngere betreten, bevor er Dean direkt ansah.

„Es tut mir leid!“

„Was? Dass ich Recht hatte, oder dass du dich selbst mit Vorwürfen quälst?“

„Dass ich dich so angefahren hab. Du kannst am Wenigsten dafür!“

„Naja, ich hätte dich nicht …“

„Du kannst am Wenigsten dafür!“

Dean nickte nur und griff nach einem Burger. Mit einem weiteren Blick auf Sam biss er hinein und wandte sich dann ganz dessen Verzehr zu. Er wollte nicht mehr über vertane Gelegenheiten nachdenken. Das brachte nie etwas, außer dass seine Stimmung auch noch auf einen Tiefpunkt sank.
 

Unaufdringlich und ohne ein Wort zu verlieren half er seinem Bruder nach dem Essen wieder aufs Bett und zog ihm, nachdem er den Knoten gelöst hatte, den zweiten Schuh auch noch aus.

„Ich hätte auch selbst …“ Sam schämte sich dabei in Grund und Boden, doch er ließ ihn gewähren.
 

Stunden später ließ er das Buch sinken. Es war furchtbar, was er gelesen hatte. Wie konnte ein Mensch seiner Familie nur so etwas antun? Dieser Konrad Brauer musste entweder hoffnungslos leichtgläubig oder von Grund auf böse gewesen sein. Auch wenn er letzteres nicht wirklich glauben wollte.

Elisabeth Brauer hatte an dem Abend, an dem sie nur noch allein mit ihrem Mann zu Abend aß, all ihren Mut zusammengenommen und ihn zur Rede gestellt. Sie hatte eine Antwort auf ihre Fragen gefordert und sie hatte sich auch nicht von dessen Argument, dass es sie ihr Leben kosten würde, von dieser Forderung abbringen lassen.

Mit Tränen in den Augen hatte ihr Mann ihr erzählt, dass er nach ihrem Unfall vollkommen verzweifelt gewesen war und dass er seinen Kummer im Saloon ertränkt hatte. Ein Mann war auf ihn zugekommen und hatte ihm noch den ein oder anderen Drink ausgegeben. Er war immer betrunkener geworden und wusste auch nicht mehr was er erzählte. Dabei muss wohl auch seine Liebe zur Schnitzerei zur Sprache gekommen sein. Dieser Mann hatte ihm regelrecht Honig ums Maul geschmiert und ihn gebeten einige Marionetten zu schnitzen. Er hatte ihm sogar gesagt, wem sie ähnlich sehen sollten.

Am nächsten Tag war er mit wahnsinnigen Kopfschmerzen aufgewacht.

Elisabeths Kommentar, dass ihm das nur Recht geschehen wäre, hatte Sam mit einem Lächeln quittiert. Oft genug hatte er denselben Gedanken, wenn Dean mal wieder mit einem Kater aufwachte.

Konrad hatte die Puppen geschaffen und diesem Mann übergeben. Der hatte sie geprüft, etwas in einer fremden Sprache gemurmelt und sie ihm wiedergegeben. Er sollte sie aufbewahren. Egal, was er mit ihnen machen würde, er durfte sie nur nicht verbrennen, Und dann hatte der Mann diese Puppen bezahlt, indem er Elisabeth wieder ins Leben gezwungen hatte. Mit der Ankündigung wiederzukommen war der danach verschwunden.

Der Kerl war nicht nur einmal zurückgekommen. Immer wieder hatte er Konrad gezwungen, Puppen für ihn zu fertigen und immer hatte er Wege gefunden, sich Brauer gefügig zu machen. Selbst als seine Söhne aufbegehrten, hat der noch zu diesem Teufel gehalten.

Doch jetzt war er dieses Lebens nur noch überdrüssig. Er konnte und wollte so nicht mehr weiter machen. Natürlich hatte der schwarzäugige Mann wieder gedroht, doch es war Konrad egal. Er wollte nur noch, dass es aufhört. Also hatte er eine Puppe von Elisabeth und eine von sich geschaffen und sie in der Werkstatt auf die Werkbank gelegt. Mit der Hoffnung auf Frieden wollten die Eheleute ins Bett gehen.

Diese Hoffnung hatte sich wohl nicht erfüllt. Zumindest für Brauer nicht. Soweit er wusste, hatte der seine Frau um ungefähr sechs Monate überlebt.

Wie sehr es ihn belastet haben musste, wollte Sam sich nicht vorstellen. Trotzdem hatte der das Leben seiner Kinder, seiner Frau und etlicher anderen Menschen in die Fänge der Dämonen getrieben. Aber selbst dafür hatte er wohl schon lange gebüßt, denn der Winchester vermutete, dass Brauer, wenn vielleicht auch unwissentlich, einen Pakt geschlossen hatte.

Das Buch beiseite legend, schaute Sam zu seinem Bruder, der friedlich unter seinen Decken vergraben schlief.

Sie hatten an diesem Abend nicht mehr miteinander gesprochen. Er hatte sich in den Patientenakten und danach in Elisabeths Tagebuch verkrochen und Dean hatte ihre Waffen gereinigt und noch eine Weile ferngesehen. Eigentlich war es ein Abend wie sie schon unzählige in ihrem Leben erlebt hatten. Trotzdem hatte die Stille etwas Bedrückendes gehabt.

Er nahm sich vor, sich morgen noch einmal bei Dean zu entschuldigen.
 

Ausgiebig streckte sich Sam unter seiner Decke. Er bewegte seinen Fuß ein paar Mal. Zufrieden mit dem Ergebnis schlug er die Decke zurück und setzte sich auf. Sein erster Blick ging zu Dean, der wie üblich, noch tief schlafend und das Kissen umarmend, auf dem Bauch lag.

Sein zweiter Blick ging zum Fenster, dass ihm einen Parkplatz mit zwei Wagen und ein Stück grauen Himmels zeigte.

Heute würde es wohl nicht richtig hell werden. Der Herbst hatte sie endgültig erreicht.

Er rutschte zur Bettkante, schob die Beine über die Kante und stemmte sich in die Höhe. Vorsichtig belastete er seinen Fuß immer mehr.

Ein leichtes Ziehen war alles, was noch an seinen Treppensturz erinnerte und er hoffte, dass es heute auch so blieb. Der Fall war erledigt und er wollte nicht noch einen Tag hier vergeuden. Auch wenn er nicht wusste, was sie in El Paso erwartete. Obwohl Dean da bestimmt keine Probleme haben würde. Seine Erinnerungen waren wohl eher positiv, oder? Waren sie das? Er hatte ihm mit seiner Ablehnung verdammt weh getan.

Unwirsch schüttelte Sam den Kopf. Es brachte nichts, sich hier und jetzt den Kopf zu zermartern. Wenn sie da waren, würde er Dean nochmal darauf ansprechen, irgendwann in einer Bar, wenn sein großer Bruder nicht mehr ganz nüchtern war.
 

Sam schloss die Tür und strich sich ein paar Strähnen aus dem Gesicht. Zu den grauen Wolken hatten sich auch noch Wind und leichter Nieselregen gesellt, während er unterwegs war, um ihnen Frühstück zu besorgen. Bei dem Wetter jagte man nicht mal einen Hund vor die Tür.

Er legte die Tüten auf den Tisch und beeilte sich, aus der nassen Jacke zu kommen.

Dean schien diesen Tag auf seine ganz eigene Art genießen zu wollen. Er schlief noch immer.

Ein paar Minuten wollte Sam ihm noch geben, dann würde er ihn wecken und wenn Dean wirklich noch weiter schlafen wollte, dann würden sie eben noch einen Tag hier bleiben, obwohl er dazu keine große Lust verspürte.
 

„Komm schon, Dean, der Kaffee wird kalt!“, versuchte Sam seinen Bruder zu wecken, doch der reagierte nicht.

Er zog ihm die Decke weg, fasste seinen Fuß und zerrte kurz daran.

Nichts.

„Verdammt noch mal, Dean! Es reicht. Beweg jetzt endlich deinen Arsch aus dem Bett!“

Von Dean kam keine Reaktion.

„Dean!“, brüllte er ihn an, packte unsanft dessen Arm und drehte ihn auf den Rücken.

Deans Kopf rollte zur Seite.

Die Panik fraß sich durch Sams Brustkorb.

„DEAN, verdammt noch mal! Wach auf! Hörst du mich? Dean! Hör auf mit dem Scheiß!“ Er hielt seinen Bruder bei den Schultern und schüttelte ihn heftig.

Deans Kopf pendelte von einer Seite zur anderen.

Erschrocken ließ er ihn los. Was machte er hier nur? Was war mit seinem Bruder?

Klar, Dean schlief lange und gerne und er konnte wohl auch tief und fest schlafen, aber nicht hier und nicht so, dass er noch nicht mal durch diese schmerzhaften Berührungen zu wecken war! Er wischte sich frustriert über das Gesicht und ließ sich auf Deans Bettkante nieder.

‚Was jetzt?’ Seine Kehle verengte sich immer mehr. Sie hatten in diesem Sommer so eine schon fast himmlische Ruhe genossen und jetzt sollte es so weiter gehen, wie es im Frühjahr geendet hatte?

‚Hör auf zu jammern, Sam’, wies er sich in Gedanken zu recht.

Er holte noch einmal tief Luft und rieb sich über die Augen. Das hier musste er wie einen normalen Fall behandeln, sonst würde er für niemanden eine Hilfe sein können.

Zuerst einmal legte er Dean wieder richtig in sein Bett und deckte ihn zu. Danach holte er sich die Patientenakten und die Kanne voller Kaffee, setzte sich an den Tisch und zwang sich, jede einzelne Akte noch einmal gründlich zu lesen.

Das Essen war vergessen.
 

Drei Stunden war er auch nicht viel weiter. Er hatte lediglich Dr. Bowlegs Aussagen bestätigt bekommen. Alle Patienten hatten eine erhöhte Hirnaktivität in den Bereichen, die für das Träumen zuständig waren und ihre Herzfrequenz stieg stetig an. Dr. Bowleg hatte die Vermutung geäußert, dass sie Albträume hatten.

Sein Gehirn arbeitete auf Hochtouren. Alle Patienten waren früher oder später gestorben, weil ihr Herz diese Dauerbefeuerung nicht mehr ausgehalten hatte.

Soweit durfte er es bei Dean auf keinen Fall kommen lassen. Träume! Albträume!

Da er davon ausgehen konnte, dass die Ärzte in dem Krankenhaus auch alles getan hatten, um diese Patienten zu retten und wenn er seinen schon fast brutalen Übergriff auf Dean heute Morgen bedachte, war der wohl nicht einfach so zu wecken. Er stand auf und ging zu seinem Bruder. Vorsichtig fühlte er dessen Puls. Noch schlug sein Herz ruhig und gleichmäßig.

Konnte Dean sich selbstständig aus diesen Träumen befreien? Vielleicht, aber wenn er ihm helfen konnte, würde das wohl nicht schaden, oder?



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