Kill this Killing Man II von Kalea (Höhen und Tiefen) ================================================================================ Kapitel 287: Nicht so, Sam -------------------------- 287) Nicht so, Sam Genau in diesem trüben Licht sah er eine Gestalt im Schatten zwischen den Containern stehen. Diese Gestalt schien eine kleinere im Arm zu halten. „Hey“, fragte Sam heiser. Auf keinen Fall wollte er ein Pärchen beim Knutschen stören. „Alles okay?“ Der Kopf der großen fuhr herum. „Verschwinde“, fauchte er. Das kleinere Wesen in seinen Armen nutzte diese Chance und versuchte sich zu befreien. „Hilfe, bitte“, kam es verzweifelt über ihre Lippen. Sam war alarmiert. Seine Hand wanderte zu seiner hinteren Hosentasche. „Lass sie los!“, forderte er von dem Mann. Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf und machte die Schultern breit. Vielleicht half das ja schon. Anscheinend nicht. Der Kerl ließ von ihr ab, wischte sich über den Mund und sprang auf Sam zu. „Wenn du dich als Futter anbietest“, grinste der breit, „will ich dich nicht enttäuschen!“ ‚Na toll! Es musste unbedingt ein Vampir sein!‘, schoss es Sam durch den Kopf. ‚Ein einfacher Dieb, ober von mir aus auch ein Vergewaltiger reichten nicht!‘, Er hatte keine Zeit mehr das Messer zu ziehen, sondern schaffte es nur, sich etwas sicherer hinzustellen. Der Vampir war durch die frische Mahlzeit, die er eben noch hatte, verdammt stark. Der rannte ihn regelrecht über den Haufen. Er strauchelte, versuchte sein Gleichgewicht durch einen Schritt nach hinten wieder zu finden. Sofort war sein Angreifer bei ihm, packte ihn und versuchte ihm die Zähne in den Hals zu rammen. Sams jahrelang trainierte Reflexe, waren durch die Ruhe des letzten halben Jahres etwas eingeschlafen. Deshalb schaffte er es nicht, sich diesem Angriff komplett zu entziehen, konnte sich aber soweit drehen, dass der Vampir ihn nur an der Schulter erwischte. Der Schmerz lähmte ihn trotzdem für ein paar Sekunden. Hastig verdrängte er ihn soweit, damit er endlich den Dolch aus seiner Tasche ziehen und dem Vampir zwischen die Rippen rammen konnte. Augenblicklich löste der seinen Biss, fauchte wütend und stieß Sam mit einer Leichtigkeit von sich, die der nie erwartet hätte. Er wurde ein paar Meter weit geschleudert. Erst eine Ecke der Müllcontainer stoppte ihn, schmerzhaft, und presste alle Luft aus seiner Lunge. Mit einem stummen Schrei auf den Lippen rutschte er über die Kante des Containers zu Boden. Aus dem Augenwinkel sah er seinen Angreifer über die Mauer verschwinden. Er wollte nie wieder aufstehen! Doch dann hörte er, wie die Frau: „Polizei? Ich bin überfallen worden ...“, in ihr Telefon schrie. Er riss sich zusammen. Seine Finger schlossen, sich eher unbewusst, um den Griff des Dolches. Mühsam stemmte er sich in die Höhe und sah zu, dass er verschwand. Er hörte noch, wie sie hinter ihm herrief, dass sie die Polizei verständigt hätte und auch ein Rettungswagen unterwegs war. Er wollte das nicht hören, denn er brauchte sie nicht! Oder eher doch, aber er wollte hier keine Zeit verschwenden und nichts und niemand konnte ihn dazu bringen sich mit den Ordnungshütern unterhalten zu wollen und sie folgte ihm nicht. Für die drei Blocks, die ihn noch von seinem Zimmer trennten, brauchte Sam eine halbe Ewigkeit. Immer wieder musste er anhalten und sich, an einer Mauer oder eine Laterne festhaltend, nach neuer Kraft schöpfen. Sein Rücken brannte und die Schulter pochte schmerzhaft. Doch irgendwann schaffte er es. Er stolperte durch die Tür. Am Liebsten würde er sich jetzt aufs Bett fallen lassen, doch das würde alles nur verkomplizieren und er wusste nicht, ob er so schnell wieder hoch käme. Er streifte sich seiner Jacke ab, suchte in der Minibar nach möglichst klarem Alkohol und ging ins Bad. Vorsichtig zog er sich Hemd und T-Shirt aus. Das Hemd war vielleicht noch zu retten, das T-Shirt auf keinen Fall. Langsam drehte er seinen Rücken zum Spiegel. Die linke Seite war großflächig aufgeschürft. Wenn er die vernünftig reinigen konnte, würde sie schmerzhaft bleiben und ihn behindern, aber nichts, was nicht ein paar Tage Ruhe auszukurieren war. Seine Schulter sah da doch viel schlimmer aus. Die Wundränder waren irgendwie rot, auch wenn er das Blut wegwischte. Hoffentlich war kein fremdes Blut in seinen Kreislauf gekommen. Das konnte böse ausgehen! Langsam entledigte er sich seiner restlichen Kleidung und stieg in die Dusche. Jetzt hieß es Zähne zusammenbeißen! Er atmete tief durch und stellte das Wasser an. Im ersten Moment passierte nichts, doch dann raste der Schmerz regelrecht durch ihn hindurch und er brauchte all seine Kraft, um nicht zusammenzubrechen. Irgendwann ebbte der Schmerz etwas ab. Er stellte das Wasser aus und griff nach den beiden kleinen Flaschen, die er sich nacheinander über die Wunden kippte und wieder ging es fast über seine Kraft. Vollkommen ausgelaugt taumelte er ins Zimmer und fiel in sein Bett. Er schaffte gerade noch sein Handy zu stellen, damit er morgen früh nicht verschlief. Bleich, leicht zitternd und mit fiebrig-glasigen Augen stieg er in Sioux-Falls aus dem Flugzeug. Dean fixierte seinen Bruder misstrauisch, als der ihm in der Ankunftshalle entgegenkam. „Was ist mit dir?“, fragte er auch sofort und nahm Sam die Tasche ab. Besorgt musterte er ihn. „Ich bin okay!“, erklärte der stur. „Nein, bist du nicht! Du bist bleich und dein Gesicht glänzt fiebrig.“ Noch immer schaute er ihn fragend an. Sam schnaufte genervt. Dean hatte ja Recht und wenn sein Bruder noch sein Bruder wäre, würde er ihn wohl sofort zu einem Arzt schleppen, doch er wollte nur noch in sein Bett. Also erklärte er mit so fester Stimme wie es ihm möglich war: „Aber ich werde es morgen wieder sein. Bring mich einfach nur nach Hause, bitte.“ „Soll ich dich nicht lieber zu einem Arzt fahren, oder ins Krankenhaus?“ Dean war sich nicht sicher, ob das das Richtige war. „Nein, Dean, nach Hause reicht und du musst auch nicht bei mir bleiben“, wehrte er auch gleich noch dieses Anliegen ab. Er wollte nicht reden und er wollte zu keinem Arzt. Er wollte einfach nur in sein Bett. Deans Lippen pressten sich zu einem schmalen Strich zusammen und seine Kiefermuskeln arbeiteten, doch er sagte nichts mehr. Sam war hier der, der Auf ein Leben zurückblickte und deshalb würde er auch wissen, was er tat. Wohl fühlte er sich mit dieser Entscheidung allerdings nicht. In ihrem Häuschen ging Sam sofort nach oben, in sein Bett. Dean kochte ihm einen Tee und rief Bobby an. Mit wenigen Worten schilderte er ihm die Lage und dass er Sam nicht alleine lassen wollte, aber auch nicht bleiben konnte und Sam außerdem nicht wollte, dass er blieb. Keine halbe Stunde später war der alte Jäger da und Dean ließ ihn ins Haus. „Wo ist er?“, fragte Bobby mit erzwungener Ruhe. Wortlos deutete Dean nach oben. Bobby nickte und ging hinauf. Ohne zu klopfen betrat er das Zimmer. Sam richtete sich auf und starrte erschrocken zu ihm. „Was machst du denn hier?“ „Dean macht sich Sorgen um dich und das wohl nicht zu Unrecht! Er hat mich angerufen.“ „Das hätte er nicht tun sollen.“ „Sich Sorgen machen?“, Bobby verstand ihn absichtlich falsch. „Nein, Dich anrufen!“ Langsam stieg Dean die Treppe hinauf. Er wollte Sam nur Bescheid sagen, dass er los musste. Aber Mr. Singer, Bobby, war bei ihm. Er wusste nicht, ob es richtig gewesen war, dass er ihn angerufen hatte, auch wenn der sofort gekommen war. Seine Gefühle gegenüber diesem Mann hatten sich kaum geändert. Noch immer konnte er sich nicht dazu durchringen ihn Bobby zu nennen, auch wenn er das „Sir“ inzwischen kaum noch benutzte. Noch immer lag in dessen Augen diese Hoffnung, dass er wieder der alte Dean wurde und noch immer fühlte er sich unter diesen Erwartungen unbehaglich. Noch immer wünschte er sich fast verzweifelt sich zu erinnern, um endlich diese Erwartungen erfüllen zu können. Sein Gedächtnis funktionierte seit seinem Unfall wieder hervorragend. Er konnte sich an alles danach erinnern und er hatte keine Probleme mit seinem Lernstoff. Doch alles davor lag im Dunkeln. Bis auf ein paar erschreckende, verstörende Bilder. Wütend schüttelte er den Kopf und nahm die letzten Stufen nach oben. Er klopfte an den Türrahmen und trat ein. „Danke, dass s… du bei Sam bleibst. Ich hätte ihn ungern allein gelassen“, begann Dean an Bobby gerichtet. „Das tu ich gerne“, antwortete der Ältere und lächelte tapfer. Deans Zögern war ihm mehr als deutlich aufgefallen und es verpasste ihm schon wieder einen Stich ins Herz. Doch er hatte Sam versprochen nichts zu sagen. Er hatte versprochen Dean sich selbst finden zu lassen. Doch tat er das? War er nicht gerade wieder dabei in die alte Schiene zu rutschen, auch wenn er es selbst nicht wusste? „Essen steht im Kühlschrank. Ich habe dir Reis mit Hühnchen gemacht. Es sollte für euch beide reichen“, sagte er ruhig und wandte sich dann wieder an dem Besucher. „Ich bin so gegen elf wieder da, denke ich. Wenn du solange hier bleiben könntest?“, seine Augen wanderten zu Bobby. „Kann ich, mach dir keine Sorgen.“ „Danke“, sagte Dean und ignorierte Sams wütenden Blick. Er wollte einfach sicher sein, dass sein Bruder versorgt war, auch wenn es ihm plötzlich schlechter gehen sollte. Er ließ die Beiden wieder allein. „Was ist passiert?“, fragte Bobby Sam leise. Sam seufzte. Er würde jetzt viel lieber schlafen. Er war müde und sein Magen konnte sich noch immer nicht entscheiden, ob er den Bagel, den er zum Frühstück gegessen hatte wieder hochwürgen oder jetzt doch verdauen sollte. In wenigen Worten berichtete er von dem Vampir und bat ihn, einen Jäger in die Gegend zu schicken, oder Portland wenigstens im Auge zu behalten, nicht dass dort noch mehr Menschen zu Schaden kamen. „Darum kümmere ich mich nachher. Jetzt sag mir, wie geht es dir wirklich?“, fragte Bobby Sam. „Und ich will keine Lügen hören!“ „Soweit geht es. Der Rücken schmerzt und ich bin nicht sicher, ob die Bisswunde sich doch noch entzündet. Sie sah aber heute Morgen schon viel besser aus. Die Schmerzen sind erträglich“, antwortete der Jüngere. „Gut!“, knurrte Bobby „Dann muss ich darauf ja keine Rücksicht nehmen! Ich habe dir versprochen, nichts zu sagen und nichts gegen dein Vorgehen in Bezug auf Deans Amnesie in seiner Gegenwart zu unternehmen. Doch jetzt ist er weg. Am Liebsten würde ich ihn mit zu uns nehmen. Da hätte er Ruhe zum Lernen und könnte mal wieder zur Ruhe kommen. Siehst du nicht wie fahrig er ist, wie blass er aussieht? Was ist mit ihm? Du wolltest, dass er sich selbst findet, dass er sich selbst entdeckt, weil du der Meinung warst, dass er nur durch das Trauma, das der Tod eurer Mom bei ihm hinterlassen hat, und weil er sich um dich und John kümmern musste, geworden ist, wie er ist. Du warst dir sicher, dass es für ihn eine einmalige Chance wäre, sich selbst zu finden. Zu entdecken, was er wirklich will. Doch was ist jetzt? Er kocht, putzt und macht eure Wäsche. Er macht gerade das Praktikum als Rettungssanitäter und auf dem Büfett in der Küche liegen jede Menge Bücher mit gelben Zetteln und ein vollgeschriebenes Notizbuch. So wie ich das sehe paukt er in jeder freien Minute, um den Abschluss zu schaffen. Und um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen hat er bis letzte Woche nebenbei auch noch euren Lebensunterhalt verdient. Und was tust du? Ich weiß, dass du auf der Suche nach einer Uni bist und ich wünsche dir mehr als alles andere, dass du dir deinen Traum erfüllen kannst und eine Uni dich nimmt. Das ist es auch gar nicht, was ich hier bemängle. Ich rede vom Jagen! Wie kannst du ihm und dir selbst eigentlich noch in die Augen schauen?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)