Kill this Killing Man II von Kalea (Höhen und Tiefen) ================================================================================ Kapitel 286: Weihnachtsgeschenke für Bobby ------------------------------------------ 286) Weihnachtsgeschenke für Bobby Schon am Samstagmorgen, als Dean aufwachte, fühlte er sich niedergeschlagen. Vielleicht sollte er einfach liegen bleiben, dann würde dieser Tag nicht existieren, genauso wenig wie sein letzter Arbeitstag bei Ed. Die Arbeit hatte ihm Spaß gemacht. Sie hatte ihn gefordert und, was vielleicht am wichtigsten war, mit dieser Arbeit hatte er Wut abbauen können. Die Wut, die ihn hin und wieder noch überfiel, wenn ihm sein Leben zu ungerecht erschien, wenn er alles um sich herum für seine Amnesie hasste. Diese Wut war in den letzten Wochen viel weniger geworden, aber sie war noch nicht vollständig verschwunden und sie quälte ihn immer wieder in seinem Träumen. Er hatte Angst vor den Tagen, in denen er nicht mehr auf dem Bau arbeiten ging, hatte Angst vor den Albträumen, die lange nicht mehr so schlimm waren, wie bei Bobby, ihn aber immer noch unvorbereitet trafen. Nein, eigentlich war das nicht ganz richtig. Es waren Albträume, die er hatte, doch sie hatten nichts mit denen zu tun, die ihn bei Bobby aus dem Haus getrieben hatte. Heute träumte er eigentlich nur davon, dass er verletzt wurde. Mal war es Sam, der ihn anschoss, mal war es das, was aus dem Dunklen kam oder aber er verletzte jemanden. Energisch schlug er die Bettdecke beiseite und stand auf. Irgendwie würde er auch dieses Problem lösen können. Vielleicht trainierte Sam wieder mit ihm, oder er ging in das Dojo, in dem sie ihre erste Stunde zur Konfliktbewältigung hatten. Da fiel ihm ein, dass es bei Bobby ja auch einen Trainingsraum gab. Den könnte er nutzen. Jody würde sich freuen, wenn er öfter käme und Mr. Singer wohl auch. Egal. Jetzt hieß es erst einmal seine letzte Schicht bei Ed zu absolvieren und die würde er voll ausschöpfen! Trotz dem, dass Dean sich vorgenommen hatte, diesen Tag zu genießen, schaffte er es nicht wirklich die Melancholie zu vertreiben, die ihn am Morgen erfasst hatte. Daran änderte auch der extra dicke Umschlag nicht, den sein Chef ihm zum Feierabend überreichte. Dean lächelte und versuchte den Klos in seinem Hals herunterzuschlucken. Er verabschiedete sich herzlich von Ed und bedankte sich für die Chance, die er ihm gegeben hatte. Ed bedankte sich seinerseits für die geleistete Arbeit und dafür, dass er ihm so gut aus der Patsche geholfen hatte. Schnuppernd hob Dean die Nase. Kaum dass er zur Tür ihres kleinen Häuschens hereingekommen war. „Ja, ich dachte, zur Feier des Tages könnte ich kochen, aber wir wissen beide, dass ich nur Sandwiches und Pizza wirklich gut kann. Also habe ich Ripeye-Steak und Kartoffelspalten geholt.“ Feierlich deutete Sam auf den gedeckten Tisch. „Mir ist aber nicht nach Feiern“, gab Dean zu und fügte ein: „Aber es riecht lecker und ich habe Hunger“, hinzu, als er Sams enttäuschte Mine sah. Ja, Enttäuschung konnte er zweifelsfrei zuordnen. „Warum ist dir nicht nach Feiern?“, fragte Sam, kaum dass sie sich ihre Teller gefüllt hatten. „Die Arbeit hat mir geholfen. Vielleicht kannst du mit mir ja wieder trainieren?“ „Die Arbeit hat dir geholfen?“ Dean nickte. „Ja, ich ...“ „Du hast wieder oder immer noch Albträume?“ „Ja, naja, ich ...“ stammelte der Ältere. Nur zu gut hallten die Worte der Psychologin in seinem Kopf wider. Psychisch instabilen Patienten sollten sie immer das Gefühl geben, dass sie sie ernst nehmen und schnellstmöglich professionelle Hilfe anfordern! Aber ja, Sam wusste von seinen Albträumen, von denen, die er früher gehabt hatte und er hatte ihm beigestanden! „Ja. Ich träume manchmal schlecht“, gab er jetzt zu. „Es geht dann meistens um die Verletzungen, die wir am Tag davor durchgenommen haben. Es … es erschrickt mich, was Menschen einander antun. Und ich habe gerne bei Ed gearbeitet. Es hat Spaß gemacht und ich habe viel gelernt.“ Sam nickte. „Ich kann dir nicht versprechen, immer für dich da zu sein, vor Allem nicht in den nächsten zwei Tagen, aber danach ich versuche es, okay und ja. Wenn du mit mir trainieren willst, tue ich das gerne.“ Er war sich sicher, dass da noch mehr war, allerdings wollte er jetzt nicht tiefer in Dean dringen. Er wusste, dass es Dean schwer fiel, Gefühle zu erklären, ja sie überhaupt zu empfinden. Um ihm dabei zu helfen, war ihm leider noch nichts eingefallen, was sich auch als praktikabel und nützlich erwiesen hatte. In aller Ruhe aßen sie und dann ließen sie sich vor dem Fernseher nieder. Auch am Sonntag hockte Dean noch in seinem melancholischen Loch und erst der zweite „Affenfilm“ mit Clint Eastwood schaffte es, ihm wenigstens hin und wieder ein Lächeln aufs Gesicht zu zaubern und Sam machte sich so langsam wirklich Sorgen. Wie konnte er Dean da nur raushelfen? Montagmorgen brachte Dean seinen Bruder zum Flughafen. „Das ist die letzte Uni, die ich mir anschaue und bei der ich mich bewerbe“, versprach Sam beim Abschied. „Egal ob ich bei einer einen Platz bekomme oder nicht.“ „Und wenn nicht?“, wollte Dean leise wissen. „Wenn nicht, versuche ich es zum nächsten Studiensemester noch einmal. Und wenn das auch nichts wird, werde ich meinen Traum vom Jura-Studium wohl begraben und mir etwas anderes suchen müssen. Aber darüber mache ich mir Gedanken, wenn es soweit ist, okay?“ Auf keinen Fall wollte Sam seinen Bruder jetzt damit belasten. Der hatte genug um die Ohren. Er stieg aus, nahm seine Tasche aus dem Kofferraum und beugte sich noch einmal zu Dean in den Wagen. „Morgen, kurz nach elf bin ich wieder da!“, versprach er und ging zum Terminal. ‚Das hätte ich beim letzten Mal schon machen sollen‘, überlegte er. Aber da hatten ihn die Kosten abgeschreckt und der Gedanke auf Grund der Fahrerei so wenig Zeit wie möglich mit diesem verhassten Dozenten verbringen zu müssen, war zu verlockend gewesen. Im Nachhinein betrachtet hätte er sich die Erfahrungen als Waschbär erspart, aber Marinette würde noch immer hier ihr Unwesen treiben. Energisch schob er diese Gedanken beiseite, checkte ein und beschloss den Flug einfach zu genießen. Ein Vorsatz, der ihm auch gelang. Am Flughafenin Boston angekommen nahm er sich einen Mietwagen und fuhr zu dem günstigen Motel, dass er sich schon am Abend zuvor rausgesucht hatte. Schnell zog er sich um und fuhr zur Uni. Der Nachmittag war wirklich informativ gewesen und das Uni-Gelände gefiel ihm. Hier würde er gerne studieren. Der einzige Nachteil war die Entfernung zu Bobby. Da konnte er nicht einfach mal hinfahren. Bei einer Zusage hier würde er entweder Dean schon wieder aus seinem gewohnten Umfeld reißen oder sie mussten sich trennen. Gut, Dean war inzwischen so viel selbstständiger geworden, als noch vor einem Monat. Trotzdem würde er schon gerne mit ihm zusammenbleiben, immerhin hatte Dean trotz allem noch mit seiner Amnesie zu kämpfen. Er schüttelte über sich selbst den Kopf. Hatte er immer noch nicht gelernt, dass es nichts brachte Pläne zu machen? Wann hatten die denn zuletzt wirklich so funktioniert? Hatten sie es überhaupt je? Er hatte gerade mal seine Bewerbungsmappe abgegeben und jetzt dachte er schon darüber nach wie und wo sie leben konnten. Sein Magen knurrte leise. Wenn er schon über Zukunftspläne nachdachte, dann vielleicht über den, wo er heute etwas zu essen herbekam und ob er mit dem Auto oder doch zu Fuß dahin gelangen sollte. Ganz in der Nähe seines Motels war ein Restaurant, da wollte er hingehen und ja gehen. Er war zwar heute schon genug gelaufen. Aber eigentlich konnte es ihm ja nie genug Bewegung sein. Er fuhr zu seinem Motel, stellte den Wagen ab und lief entspannt die Straßen entlang. Hin und wieder blieb er an den Schaufenstern der Geschäfte stehen und schauten sich die Auslagen an. So auch bei einem Antiquitäten-Handel. Neben den üblichen Uhren und Schmuck, lagen hier auch Bücher und ein alter Dolch, dessen Klinge mit Symbolen versehen war. Den wollte er sich näher anschauen. Waren das echte Schutzsymbole oder hatte da nur jemand irgendwas in die Klinge geritzt? Kurzentschlossen betrat er das Geschäft. „Kann ich Ihnen helfen?“, fragte die alte Dame, die in einem alten Sessel saß. Sie legte ihr Strickzeug beiseite und erhob sich. „Ich habe im Schaufenster gesehen, dass sie auch Bücher haben“, begann Sam unverfänglich. „Darf ich mich da mal umsehen?“ „Gerne“, erklärte sie und führte ihn in die Ecke, in der das Bücherregal stand. Sam überflog die Buchrücken. Er zog das eine oder andere Buch heraus und blätterte darin und verwickelt die alte Dame so in ein Gespräch über Dumas und Jules Verne, urbane Legenden und nordische Mythologien. „Das Buch im Schaufenster interessiert mich“, erklärte er, „und dieses hier.“ Er hielt das Buch in der Hand. Es befasste sich mit der Hexerei in Europa und enthielt auch einige Rituale und Auszüge aus dem Hexenhammer. Mal sehen was es kostete. Sie ging nach vorn, um das Buch zu holen. Sam folgte ihr und schaute zu, wie sie erst den Dolch, der etwas im Weg lag, und dann das Buch herausnahm und ihm gab. Er blätterte etwas darin. „Nein, das ist es nicht. Er legte es auf den Tisch und erst jetzt fiel sein Blick, vollkommen zufällig, auf den Dolch. „Darf ich?“, fragte er. Sie nickte und er nahm ihn in die Hand. „Reines Silber“, erklärte sie. „Ich habe ihn von einem Mann, der behauptete, dass sein Vater damit mehrere übernatürliche Kreaturen getötet hat.“ „Und das haben Sie ihm geglaubt?“, fragte der Winchester skeptisch. „Nicht wirklich. Aber es sieht mystisch aus und wenn es hilft.“ Sie lächelte verschmitzt. Sam nahm den Dolch und hielt ihn näher ins Licht. Eines der Symbole war ein mächtiges Schutzsymbol, ähnlich dem, das er über dem Herzen trug. Die anderen sahen eher nach Runenzauber aus. „Es ist hübsch. Ich gebe ihnen 20 Dollar dafür.“ Bot er ihr an. „40“ Letztendlich einigten sie sich auf 90 Dollar für den Dolch und das Buch. Zufrieden verließ Sam das Antiquariat, das Weihnachtsgeschenk für Bobby in einer Papiertüte verpackt. Jetzt sollte er sich aber beeilen. Sein Magen grummelte inzwischen deutlich. Ein wenig bedauerte Sam es doch, zu Fuß zum Restaurant gegangen zu sein. Das Essen war gut und reichhaltig gewesen und er hatte mehr gegessen, als es für ihn üblich war. ‚Nach dem Essen soll man ruh‘n oder 1000 Schritte tun‘, fiel ihm ein Spruch ein, den er mal irgendwo gehört hatte. 1000 Schritte würden es nicht werden, aber ein paar hundert wohl schon. Er stecke den Dolch in die hintere Hosentasche, klemmte sich das Buch halb unter den Arm und schloss die Jacke. Schnell schlug er den Kragen seiner Jacke hoch, vergrub seine Hände tief in den Jackentaschen und wandte sich in Richtung seines Motels. Er war vielleicht noch drei Blocks von seinem Zimmer entfernt, als er glaubte einen erstickten Schrei gehört zu haben. Er schaute sich um. Ein paar Schritte weiter gab es einen dunklen Durchgang zwischen zwei Häusern. Kam der Schrei daher? War es überhaupt ein Schrei? Er ging zu dem Durchgang und lauschte. „Hallo?“ Nichts! Da hatte er sich wohl getäuscht. Sam ging weiter. Er war gerade an dem Durchgang vorbei, als etwas polterte und gleich danach hörte er einen weiteren erstickten Schrei. Er ging zurück und langsam, sich sichernd umschauend, in diese Gasse hinein. Er konnte kaum etwas erkennen und mit jedem Schritt schien es noch dunkler zu werden. Links neben ihm lösten sich die Umrisse von zwei Müllcontainern aus der Dunkelheit. Daneben schien eine Treppe zu sein. Weiter hinten, kurz bevor eine Mauer den weiteren Durchgang versperrte, gab es auf jeden Fall eine Tür. Eine trübe Funzel glomm über der Treppe. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)