Kill this Killing Man II von Kalea (Höhen und Tiefen) ================================================================================ Kapitel 284: Das Ende einer tierischen Geschichte ------------------------------------------------- 284) Das Ende einer tierischen Geschichte „Bevor du was sagst, ja, ich habe meinen Bruder angelogen“, versuchte Sam dem Agenten zuvor zu kommen. „Dean hat immer noch Amnesie und weiß nach wie vor nichts von unserem Leben.“ Er brach ab. Mit hängenden Schultern schaute er zu Nick. „Dean baut sich gerade ein Leben auf und ich komme mir wie ein Versager vor, in dieser Beziehung. Irgendwie scheine ich das alte nicht loslassen zu können, dabei war ich es, der unbedingt aufhören wollte.“ „Manchmal ist es nicht so einfach, wie man denkt. Aber irgendwann wird die Zeit kommen.“ „Bist du sicher?“ „Bislang war das noch bei jedem so, den ich kenne.“ „Die Hoffnung stirbt zuletzt?“ „So sagt man“, nickte Nick. Sam schluckte hart. „Lass uns deinen Wagen holen und hier verschwinden!“ Wieder nickte der Agent. „Was machen wir mit dem Vieh?“ „Das nehmen wir mit. Am Besten gehst du auschecken und ich packe zusammen und bringe alles in den Impala. Dann verschwinden wir hier.“ „Wo willst du hin?“ „Egal. Richtung Nordwest wäre schön.“ „Okay, dann holen wir mal meinen Wagen. Kannst du mir deine Waffe geben?“ „Warum?“ Sam deutete auf den Käfig. „Du willst wirklich?“ „Du hast gesehen, was das Ding anrichten kann!“ Nick legte den Kopf schief, dann nickte er und reichte Sam seine Waffe. „Lass uns hier verschwinden. Das Zimmer ist nur für heute bezahlt. Ich gebe den Schlüssel ab.“ Sam packte das Wenige ein, dass herumlag, nahm seine Tasche und den Käfig samt Handtuch. Vor der Tür blieb er stehen und atmete die kalte Nachtluft ein. Das Gefühl war fast überwältigend. Erst jetzt schien sein Gehirn zu registrieren, dass er wieder ein Mensch war, dass sein Körpergefühl wieder stimmte. Seine Muskeln vibrierten regelrecht. Er wollte jetzt nichts lieber als laufen, doch das ging nicht, nicht mal das ging, wenn mal ein Jäger war. Nein, es war wirklich nicht das erstrebenswerte Leben. Als Anwalt könnte er das jetzt! Egal. Sie mussten erstmal hier verschwinden. Sam brachte den Agenten zu seinem Wagen und ließ ihn dann vorfahren. In einem Waldstück, irgendwo im Nirgendwo hielt er an, öffnete den Kofferraum und holte den Käfig heraus, ohne das Handtuch zu lüften. Er hörte den Waschbären schnattern und ein Schauer rann ihm über den Rücken, als ihm bewusst wurde, dass er bis vor ein paar Stunden auch so geklungen hatte. Er stellte den Käfig ab, trat ein paar Schritte zurück und feuerte das Magazin leer. Das wilde Geschnatter war schon nach dem zweiten Schuss verstummt. Sam warf die Kleidung, die der falsche Sam benutzt hatte auf den Käfig, kippte Benzin darüber und zündete es an. Erst als das Feuer erloschen war, traute er sich einen Blick auf das Tier zu werfen. Der Waschbär war nur noch ein Haufen verkohlter Knochen. Sam atmete tief durch. Er ging zum Impala zurück und fuhr zu ihrem vereinbarten Treffpunkt. Keine Stunde später saßen Sam und Nick an einem kleinen Tisch in einer Bar. Im Hintergrund lief leise Musik. Jeder hatte eine halbvolle Flasche Bier und ein leeres Whiskeyglas vor sich. Gerade brachte ihnen die Kellnerin ihr Essen. „Können wir das Gleiche nochmal haben?“, fragte Nick und deutete auf die Getränke. „Kommt sofort“, antwortete sie und ging. „Erzählst du mir jetzt, was es mit dem Hasen auf sich hat?“, wollte Nick wissen. „Und was du über diese Marinette herausgefunden hast? War wirklich eine Voodoo-Göttin in dem Waschbären?“ „Das wird `ne längere Geschichte.“ „Die Bar hat keine Sperrstunde.“ Sam nickte mit einem schiefen Grinsen. Er überlegte, wie er anfangen konnte und begann dann mit einer Zusammenfassung all dessen, was sich ereignet hatte, seit sie sich in Dallas getrennt hatten. Er berichtete wie sich ihnen die Morde an jungen Mädchen, hinter denen sie einen Werwolf vermuteten, regelrecht aufgedrängt hatten und dass der Täter Sohn einer Zigeunerin war, die Dean in einen Wolf verwandelt hat. Teile davon kannte Nick ja schon, trotzdem schwieg er gebannt. Sam erzählte, dass Dean ihm den Hasen auf dem Jahrmarkt geschossen hatte, weil er als Kind einen Plüschhasen hatte, der bei einem überhasteten Aufbruch in irgendeinem Motel vergessen worden war. Er hatte den Hasen, als er weiterzog, in die Tasche gesteckt und schlichtweg vergessen. Er erzählte von der einsamen Suche nach einer Lösung und wie die ihn gefunden hatte. Kurz umriss er die Zeit nach dem Wolf und ihren letzten Fall und berichtete dann von Deans Unfall. Je länger er sprach umso freier fühlte er sich. Es tat so gut, dass er sich alles mal vor jemandem von der Seele reden konnte, der ihm einfach nur, wertungsfrei, zuhörte. „Und jetzt bin ich eigentlich nur auf der Suche nach Unis, aber unser altes Leben scheint immer schon auf mich zu warten“, beendete Sam seine Erzählung. „Daran kann ich leider auch nichts ändern“, bedauerte Nick. „Es einfach zu ignorieren ist wohl keine Option.“ Das wäre eine Option, ja. Aber Sam war sich nicht sicher, ob er das so einfach konnte. Mit Dean an seiner Seite wohl eher, aber so? Er ließ kurz den Kopf hängen, holte tief Luft und sah wieder zu Nick: „Du hast mir mehr geholfen, als du wahrscheinlich ahnst“, gestand er. „Willst du mir erzählen was es mit dieser Voodoo-Dingens auf sich hatte und woher du weißt, dass es diese Göttin war?“ Sam fuhr sich mit der Hand durch die Haare und war schon wieder irritiert, dass sie sich so ganz anders anfühlten. Er schüttelte den Kopf, bevor er Nick ansah. „Das Voodoo-Dingens heißt Marinette. Sie ist im haitianischen Voodoo die meistgefürchtete Loa, also ein zerstörerisches weibliches Geistwesen und sehr blutrünstig. Die Worte, die sie murmelte, als sie sich meinen Körper gestohlen hatte, konnte ich schwarzmagischen Beschwörungen zuordnen, die oft mit ihr in Verbindung gebracht werden. Bei dem Tausch habe ich Bilder gesehen, die wohl ihren Erinnerungen entsprangen. Bilder von Ritualen, aber auch eine Frau, die ich als Abigail Williams identifiziert habe.“ „Abigail Williams? Die Hexenprozesse von Salem?“ „Genau die. Abigails Vormund hatte Besitzungen in Haiti und brachte eine Hausangestellte, Tituba, mit nach Salem, die sich in Voodoo und schwarzer Magie auskannte. Ich vermute, dass sie der Göttin ihren Körper überlassen hat, oder die bei einem Ritual in diese gefahren ist. Seitdem ist sie dann von Mensch zu Mensch, oder Tier gewandert und hat über die Jahrhunderte jede Menge Schaden anrichten können, ohne erkannt zu werden und sie hätte wohl weiter gemacht, wenn sie jetzt nicht das Pech gehabt hatte, einen Jäger zu erwischen, der sie mit deiner Hilfe auslöschen konnte.“ „Also war das alles, dass sie gestoppt wurde, einfach nur Zufall?“ „Das war es“, bestätigte Sam. „Wie viele solcher Zufälle gibt es? Wie viele solcher wandernden Geister, Götter oder was auch immer?“ „Die Zahl kann dir wohl keiner nennen. Mehr als es Jäger gibt, auf jeden Fall und trotzdem haben die meisten Menschen ihr Leben lang nie mit diesen Kreaturen zu tun.“ „Weil es Jäger gibt?“ Sam nickte. „Ich denke, du hast Recht.“ „Ich möchte das trotzdem nicht öfter machen!“ „Tut mir leid, dass ich dich da schon wieder mit reingezogen habe.“ „Du musst dich nicht entschuldigen, auch wenn ich mich frage, warum du mich geholt hast.“ „Dean ist in dieser Beziehung nicht existent und Bobby, unser Ziehvater, zu weit weg. Es hätte alles unheimlich in die Länge gezogen und die Gefahr, dass dieses Marinette mit meinem Körper Unheil angerichtet hätte, nur vergrößert.“ Nick starrte eine Weile in sein Whisky-Glas, nickte und trank es aus. „Lass uns schlafen gehen.“ Sam folgte seinem Beispiel, trank aus, warf ein paar Scheine auf den Tisch und erhob sich ebenfalls. Der nächste Morgen kam so unausweichlich wie immer. Sam kämpfte sich aus dem Bett und schlurfte ins Bad. Er warf einen kurzen Blick in den Spiegel und brauchte eine Weile, um zu verstehen dass das, was ihn da anstarrte, sein Spiegelbild war. Verdammt! Schon alleine dafür hatte diese, diese Missgeburt den Tod verdient. Wie sah er denn aus? Wenigstens hatte er die Elvis-Tolle nicht mehr. Das war wirklich die Krönung gewesen. Trotzdem! Es würde Monate dauern, bis er wieder aussah wie er es gewohnt war! Schnell putzte er sich die Zähne. Rasieren fiel aus, dafür musste er sich erst an den Anblick gewöhnt haben! Er zog sich an und ging zu Nicks Zimmer. Mit einem leisen „Hey“, begrüßte ihn Nick, als er ihn ins Zimmer ließ. „Gehen wir frühstücken?“ „Gerne“ Auf dem Weg ins Diner klingelte Nicks Telefon. Er nahm ab und lauschte eine Weile. „Nach dem Frühstück muss ich los“, informierte er Sam gleich nachdem er aufgelegt hatte. „Mein Chef hat Sehnsucht.“ „Das ist das einzig Gute an einem Leben als Jäger“, sagte Sam. „Uns scheucht kein Chef durch die Gegend. Wir können uns unsere Arbeit selbst suchen.“ „Oder sie findet euch.“ „Oder das“, seufzte Sam. „Ich muss ja auch zurück.“ Die Beiden frühstückten in Ruhe und trennten sich dann auf dem Parkplatz vor ihren Zimmern, nicht jedoch ohne sich das gegenseitige Versprechen abzunehmen, öfter zu telefonieren, mit einer herzlichen Umarmung. Zwei Orte weiter hielt Sam bei einem Friseur und ließ sich die Haare noch einmal richtig schneiden. Jetzt sah er dem alten Dean zwar ähnlicher als sich selbst, aber so würde er, wenn sie langsam wieder wuchsen, in ein paar Monaten wieder wie er selbst aussehen, ohne dass er immer wieder zum Friseur musste. Nur dass er Bobby einen weiteren Fall beichten musste, bereitete ihm leichte Bauchschmerzen. Aber dieses Mal konnte er ja wirklich nichts dafür. Ohne größere Pausen fuhr er bis in die Nacht hinein und fiel nur noch in das Bett, als er sich endlich ein Zimmer genommen hatte. Am nächsten Morgen stand er zeitig auf und machte sich schnell wieder auf den Weg. Er kam so gut durch, dass er es sogar pünktlich zu seinem Job schaffte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)